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Jugoslawien: Moderne

Österreich-Ungarn · serbische Geschichte

Um 1900 lebten ingesamt rund 12 Millionen Slowenen, Kroaten, Bosnier, Serben, Montenegriner und Makedonen in südslawischen Ländern, die zum Teil zur Donaumonarchie Österreich-Ungarn (Dalmatien, Istrien, Krain, Steiermark; Kroatien-Slawonien; Bosnien-Herzegowina) gehörten oder als Königreiche (Serbien, Montenegro) organisiert waren, vielfach vordem Teile des osmanischen Reiches waren. Eine weitgehend gemeinsame Sprache (mit unterschiedlichen Dialekten; Stokavische als serbisch-kroatische Standardsprache und als Identitätsmerkmal) verband die Südslawen auch kulturell miteinander, ebenso wirkte die orthodoxe Kirche verbindend (Milletverfassung im osmanischen Reich), wenn auch die Südslawen unterschiedlichen Religionen (Christentum: Katholizismus [Kroaten], Orthodoxie [Serben]; Islam [Bosnien-Herzegowina]) anhingen (Volksreligiösität und Synkretismus). Ein massives Bevölkerungswachstum führte damals zu gesellschaftlichen Umbrüchen (Familienstruktur, ökonomischer Wandel, mäßige Industrialisierung und Marktwirtschaft, Agrarreformen, verhaltene Urbanisierung, Auswanderung), wenn auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen gegenüber dem westlichen Europa rückständig blieben. U.a. aus dieser Rückständigkeit erwuchs auf der schmalen Grundlage einer bürgerlichen Elite und vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung des Ausscheidens des südslawischen Raums aus dem osmanischen Reich (Erster Serbischer Aufstand [1803/13], Zweiter Serbischer Aufstand [1815/17], serbische Autonomie [1830]; Wiener Abkommen zur serbokroatischen Schriftsprache [1850]; Orientalische Krise [1875/78] und Berliner Kongress [1878]; habsburgische Besetzung Bosnien-Herzegowinas [1878], Wegfall der Militärgrenze [1881], "südslawische Frage" und Habsburgermonarchie; Unabhängigkeit Serbiens [1878]) eine südslawisch-national Bewegung (1878/1903), die sich in der Folge (1903/12) (auch auf andere Bevölkerungsschichten) ausweitete und radikalisierte (südslawisches "Pulverfass"; südslawischer Nationalismus und Öffentlichkeit, Presse, Vereinwesen, politische Parteien und Beziehungen zur Religion). Gerade die Annexion Bosnien-Herzegowinas durch die Habsburgermonarchie (Annexions-, Balkankrise 1908) beförderte nationalistische Tendenzen. Hinzu kam der wachsende Einfluss des russischen Zarenreiches auf dem Balkan (Balkanbund 1912: Bulgarien, Griechenland, Montenegro, Serbien), der auch gegen die Habsburger gerichtet war. Der 1. Balkankrieg des Balkenbundes (1912-1913) war indes gegen das osmanische Reich gerichtet ("ethnische Säuberungen"), das im Frieden von London (1913) den Großteil seiner europäischen Besitzungen an die Verbündeten verlor (Gründung Albaniens als Fürstentum 1913). Streitigkeiten um die neu erworbenen Gebiete (Makedonien) führten alsbald zum Zerfall des Balkanbundes und zum 2. Balkankrieg (1913), in dem sich Bulgarien auf der einen und Serbien und Griechenland auf der anderen Seite gegenüberstanden. Im Frieden von Bukarest (1913) ging der Krieg für Bulgarien verloren. Serbien als Verbündeter Russlands war aber der Gewinner der Balkankriege und bedrohte durch sein Setzen auf die nationale Karte und seine Expansionsbestrebungen den Zusammemhalt der Donaumonarchie. Hinzu kam die durch Balkankriege erfolgte Militarisierung der Region, die die Frontstellung zwischen Habsburgermonarchie und Serbien noch verstärkte. Das durch einen Serben in Sarajevo begangene Attentat auf den österreichischen Thronfolger (24. Juni 1914) und die "Julikrise" mündeten dann ein in den Ersten Weltkrieg (1914-1918), in dem sich Serbien zunächst behauptete, um schließlich von Truppen der Habsburger, Deutschen und Bulgaren besetzt zu werden (1915; serbischer Marsch zur Küste, Ausplünderung Serbiens). Die Frontlinie des Stellungskriegs zwischen den kämpfenden Kriegsparteien sollte schließlich in Makedonien verlaufen (Salonik-Linie), um gegen Endes Krieges von der serbischen Armee schließlich durchbrochen zu werden (September 1918).
Der Erste Weltkrieg hatte nationalistische Tendenzen bei den Südslawen weiter befördert, der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie am Ende des Krieges machte den ("keineswegs zwangsläufigen") Weg nach Jugoslawien als südslawischem Staat letztendlich frei (serbische Exilregierung aud Korfu, "Jugoslawischer Ausschuss" in London, "Jugoslawischer Klub" im Habsburgerreich [1917] -> Loslösung der Südslawen aus der Habsburgermonarchie, Vereinigung Montenegros mit Serbien [1918] -> Proklamation des "Königreichs von Serben, Kroaten und Slowenen" [1. Dezember 1918]). Im Rahmen der Versailler Friedensverhandlungen nach dem Weltkrieg fand das jugoslawische Königreich (Erstes Jugoslawien) durch die Großmächte Aberkennung, freilich unter Verzicht auf einige an Italien gelangende Gebiete (Triest, Istrien; Fiume [als Freistaat des Dichters Gabriel D'Annunzio 1919/24]) bei Kompromissen hinsichtlich der Grenzen zu Österreich und Bulgarien bzw. bei Abtretung der Vojvodina durch Ungarn (Vertrag von Rapallo 1920). Dabei sollte auch Jugoslawien Rechte von ethnischen Minderheiten respektieren; trotzdem sollten die beschlossenen Grenzziehungen und die im Königreich versammelten Nationalitäten schon bald zu politischen Schwierigkeiten führen. Zunächst galt es aber, eine Organisationsform des Königreichs zu finden, bei der sich ein von den Serben befürworteter starker Zentralismus (Unitarismus; Hauptstadt Belgrad) mit demokratischem (Männer-) Verhältniswahlrecht und Parlament gegen föderalistische Strukturen durchsetzte (verfassungsgebende Versammlung 1920, zentralistischte Verfassung [Vidovdan-Verfassung] 1921). "Staatsvölker" des Vielvölkerstaats Jugoslawien waren immer noch die Serben, Kroaten und Slowenen; Montenegriner, bosnische Muslime und Makedonier blieben weiterhin politisch am Rand. Die "kroatische Frage" gegen den serbischen Zentralismus beflügelte in den 1920er-Jahren eine kroatische Nationalpolitik (eines Stjepan Radic), die immer wieder zu politischen Streitigkeiten innerhalb Jugoslawiens Anlass gab; die kroatische Nationalpolitik war nicht zuletzt auch Spiegelbild einer unterschiedlichen Taktung von wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Wandel und Fortschritt in den verschiedenen Regionen des Staates, waren doch gerade die 1920er-Jahre von Tradition und Wandel geprägt (Inflationskonjunktur und wirtschaftliche Modernisierung; Bevölkerung und Familie, Mann und Frau; Armut, Landwirtschaft und Industrialisierung; sozialstaatliche Anfänge; Kultur und [westliche] Massenkultur; Religion, konfessionelle Milieus und säkularer Staat). Die Krise der jugoslawischen Demokratie (1927/28) in der Folge der "kroatischen Frage" führte (Anfang 1929) zur Auflösung des Parlaments und Außerkraftsetzung der Verfassung durch den jugoslawischen König Alexander (1921-1934) und zur Errichtung einer "Königsdiktatur", die in den Folgejahre auf nationale Geschlossenheit und eine "Jugoslawisierung" des Vielvölkerstaats drängte (nationale Frage). Doch scheiterte Alexander letztlich damit und auch mit der Einführung einer Scheindemokratie (1931). Hinzu kamen die negativen Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise (1930/35), die das noch stark agrarisch geprägte Jugoslawien besonders betraf. Alexanders Ermordung (1934) sowie die Ministerpräsidentschaft Milan Stojadinovics (1935/39) beendeten das autoritäre Regime des Königs; Jugoslawien wurde politisch pluralistischer (Zentralismus und Selbstverwaltung, nationale Ideologie und Gleichberechtigung der jugoslawischen Völker), auch gab es eine wirtschaftliche Modernisierung ("Neue Ökonomische Politik": Investionsprogramme, Förderung der Schwerindustrie und der Rüstung, staatliche Außenhandelsmonopole). Im Gegensatz zu manchen europäischen Industrienationen fiel der Faschismus in den 1930er-Jahren in Jugoslawien als politische Ideologie wenig ins Gewicht (kroatische Ustascha, serbische Zbor), während die seit 1921 verbotene Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ; unter Josip Broz [Tito] als Generalsekretär [ab 1937]) über eine zunehmend breitere Anhängerschaft verfügte. Außenpolitisch geriet nicht zuletzt auf Grund der enger werdenden wirtschaftlichen Verflechtungen Jugoslawien in eine stärkere Abhängigkeit vom nationalsozialitischen Deutschland ("Anschluss" Österreichs [1938], Ende der Tschechoslowakei [1938/39], slowakischer Staat [1939]; Achse Deutschland-Italien). 1939 gelang der serbisch-kroatische Ausgleich (Sporazum) in der "kroatischen Frage" (kroatische Autonomie in der Banovina Hravtska). Dieser stand jedoch unter den Vorzeichen des Zweiten Weltkriegs (1939-1945), in dem Jugoslawien einen neutralen Kurs verfolgte (unblutiger Staatstreich serbischer Generäle 1941), jedoch bald - in der Folge der Unterstützung der italienischen Truppen auf dem Balkan - ins Visier Deutschlands und des deutschen Diktators Adolf Hitler geriet; im Unternehmen "Strafgericht" wurde von der deutschen Luftwaffe die "offene Stadt" Belgrad bombardiert (April 1941). Jugoslawien kapitulierte alsbald (17. April 1941) und wurde im Rahmen einer "neuen (Un-) Ordnung auf dem Balkan" in einen unabhängigen kroatischen Staat (Ustascha) und ein deutsch besetztes Serbien aufgeteilt (kroatische Gebietseinbußen gegenüber Italien, Gebietsgewinne Ungarns und Albaniens). Die deutsche Herrschaft über den Balkan war eine des Unrechts; sie dividierte im Namen des Faschismus Volksgruppen auseinander ("Volksdeutsche" und Banater Schwaben, Kroaten, Slowenen, Serben), beantwortete Übergriffe auf die Besatzer mit "Sühne-" und "Strafaktionen" und beteiligte sich an der Deportation von Juden und Roma. Eine Mittelstellung zwischen Besatzern und Besetzten nahmen die serbischen Tschetniks ein, während die jugoslawischen Kommunisten unter Tito als Partisanen einen Volksbefreiungskrieg gegen die deutschen und italienischen Okkupanten begannen (Republik von Uzice [1941], Republik Bihac [1942], "Operation Weiß" [1943], Kapitulation Italiens [1943] und Ausweitung des von Tito geführten Aufstands, Erklärung zu einem sozialistischen Nachkriegsjugoslawien [1943], "Operation Rösselsprung" [1944]). In der Endphase des totalen Kriegs mit seinen Gewaltausbrüchen und "ethnischen Säuberungen" setzte sich die kommunistische Armee Titos vollends durch (Eroberung Belgrads [1944], Abkommen von Vis mit dem jugoslawischen König [1944], deutsche Verteidigung Kroatiens und deutscher Rückzug [1945], Massaker von Bleiburg [1945], Besetzung Istriens und Triests [1945]).
Das Ende des Zweiten Weltkriegs sah den kommunistischen Terror gegen innerjugoslawische Gegner ("Säuberungen") und schließlich den Aufbau und die Durchsetzung einer kommunistischen Volksdemokratie (1945/48; Interimsregierung unter Beteiligung auch bürgerlicher Minister [1945], Anerkennung des "Demokratischen Föderativen Jugoslawien" durch die Großmächte, verfassungsgebende Versammlung [1945], wirtschaftlicher Wiederaufbau, Propagierung des Sozialismus, kommunistisches Einparteiensystem). Als Vielvölkerstaat war (das Zweite) Jugoslawien föderal in die Teilrepubliken Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien (u.a. mit Kosovo, Montenegro, Vojvodina), Mazedonien gegliedert; dies geschah u.a. durch die Einbeziehung Dalmatiens und Istriens (Italien; Triestkrise und Anschluss Istriens [1945/47]). Im Nachkriegsjugoslawien war der kommunistische Führer Tito der starke Mann; sein Bruch mit der Sowjetunion unter dem Diktator Stalin (1948; "Moskauer Erklärung" [1955]) sollten Jugoslawien zu einem außen- (Blockfreiheit, Jugoslawien als Puffer zwischen West und Ost) und innenpolitisch eigenständigem jugoslawischen (Titos) Sozialismus (1948/64) führen (sozialistisch-jugoslawischer Patriotismus [Jugoslawismus] als ideologischer Gegenentwurf zum sowjetischen Kommunismus, Selbstverwaltung[ssystem] und wirtschaftliche Freiräume, Wirtschaftswunder und sozialistische Modernisierung [<-> Bauernaufstand von Cazin 1948], politische Liberalität [KPJ, Kunst, kulturelle Öffnung, Tourismus, Reisemöglichkeiten für Jugoslawen]; "Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien" [1963]). Es entstand in den 1960er-Jahren eine durchaus erfolgreiche "sozialistische Marktwirtschaft" im Übergang zu einer Industriegesellschaft, während der sozialistische Kurs auch durchaus Reformen (1964/68; Dezentralisierung, Liberalismus, Studentenbewegung) und Modernisierungen (1967/71; nationale Frage und [muslimische] Minderheiten [Muslime in Bosnien, Albaner im Kosovo; politischer Islam], ethnische Politisierung und Sprachenfrage [Sprachennationalismus]) beinhaltete (gesellschaftlicher Wandel, gesellschaftliche Differenzierung). Dem "kroatischen Frühling" (1971) begegnete Tito als "kommunistischer König" indes mit autoritären Gegenmaßnahmen, die sich auch niederschlugen in der Verfassung von 1974 (Dezentralisierung statt Demokratisierung, Bundespolitik als Politik der Teilrepubliken, Tito als Präsident auf Lebenszeit [charismatische Führung, Popularität]). Jedoch unterlag auch Jugoslawien in 1970er-Jahren einer wirtschaftlichen Rezession (Ölkrise u.a.), die aus diesem Jahrzehnt einen politischen und wirtschaftlichen Wendepunkt in der Geschichte dieses Staates machen sollte. Kurz vor und nach dem Tod Titos (1980) verschlimmerte sich die Wirtschaftskrise (Schuldenkrise [restriktive Geld-, Finanzpolitik], Inflation, schrumpfende Wirtschaft), die die Legitimation des Jugoslawismus Titos zunehmend in Frage stellte (Krise des politischen Systems, kommunistischer Oligarchismus). Daraus resultierten Reformdiskussionen (Verfassung, kommunistisches Einparteiensystem, Marktwirtschaft, Selbstverwaltung), aber auch Teilrepubliken und Ethnien betreffende Unruhen (Kosovo-Aufstand [1981], serbische Nationalisten), die sich allgemein zu Nationalisierungstendenzen (bei Kroaten, Serben, Slowenen u.a.) auswuchsen und den Untergang des kommunistischen Regimes in Jugoslawien sowie des Vielvölkerstaats Jugoslawien herbeiführen sollten.
Die wirtschaftliche Krise der 1980er-Jahre sowie eine zunehmende soziale Ungleichheit beförderten eine geistig-mentale Umorientierung in Richtung Religion und Nationalismus; u.a. ethnische Unterschiede mündeten somit ein in Distanz, die das Gefüge des Vielvölkerstaates vielfach zerrüttete, zumal die kommunistische Ära Titos mit ihrem Fortschrittsgedanken zunehmend kritisch hinterfragt wurde (Werteverluste). Die Jahre zwischen 1989 und 1991 brachten daher den Staatsverfall Jugoslawiens und die Desintegration des Vielvölkerstaates. Die Teilrepubliken dividierten sich durch ihre nationale Politik - etwa die des Slobodan Milosovic in Serbien oder die des Franjo Tudjman in Kroatien - soweit auseinanderdividiert, das etwa der Kommunismus für Jugoslawien keine Klammer mehr bot. Hinzu kam der allgemeine politische Wandel in Osteuropa der Jahre 1989/90, der das Ende von Kommunismus und West-Ost-Gegensatz sah. Die in Jugoslawien eingeleitete Phase der Demokratisierung und der Mehrparteiendemokratie (1990) führten zu einem Übergewicht von nationalen Parteien in den jeweils einzelnen Teilrepubliken, was wiederum z.B. in Ostbosnien (Srebrenica) eine Verschärfung ethnischer Spannungen verursachte. Die Teilrepubliken Slowenien und Kroatien sowie der Kosovo bereiteten ihre Unabhängigkeit vor (Jugoslawien als Konföderation unabhängiger Staaten [1990]); die "serbische Frage", wonach alle Serben in einem Staat vereinigt werden sollten, betraf auch Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Die Unabhängigkeitserklärung Sloweniens und Kroatiens (25. Juni 1991) und der anschließende zehntägige "Kleine Krieg" gegen die jugoslawisch-serbische Volksarmee brachten faktisch für Slowenien die Unabhängigkeit, während die Kämpfe zwischen Kroaten und Serben in Kroatien (Angriff auf Dubrovnik, "Serbische Republik Krajina" [1991]) in den jugoslawischen Nachfolgekrieg (1991-1995) einmündeten. Neben Kroatien war von Letzterem auch Bosnien-Herzegowina betroffen (serbische Eroberung bosnischen Territoriums [1991/92], kroatischer Staat Herceg Bosna [1991/92], "Serbische Republik Bosnien-Herzegowina" [1992], serbische Belagerung Sarajevos [1992/95], "ethnische Säuberungen"). Der Granatenangriff auf einen Markt in Sarajevo (6. Februar 1994) und später das Massaker von Srebrenica (Juli 1995; UN-Schutzzone Srebrenica) ließ indes die internationale Staatengemeinschaft an konkrete Maßnahmen zur Eindämmung des Krieges in (Ex-) Jugoslawien denken (NATO-Luftangriffe auf serbische Stellungen); das Friedensabkommen von Dayton (21. November 1995) beendete den Krieg, nachdem - etwa nach kroatischen Eroberung des Pseudostaats Karjina (1995) - auch Serbien zum Einlenken bereit war. Kroatien blieb nach dem Krieg in seinen historischen Grenzen erhalten, aus Bosnien-Herzegowina wurde ebenfalls in den Vorkriegsgrenzen ein Staat mit einer kroatisch-muslimischen ("Föderation Bosnien-Herzegowina") und einer serbischen Teilrepublik (Republika Srpska). Ruhe war aber mit dem Friedensabkommen von Dayton auf dem Balkan noch nicht eingekehrt. In der (autonomen) Region Kosovo innerhalb Serbiens bzw. (Rest-) Jugoslawiens kam es ab 1997 zu Unruhen, serbische Repressalien führten zum Einstaz der NATO gegen Serbien (Operation Allied Force [1999]), aus dem Kosovo wurde ein UNO-Protektorat, um sich schließlich für selbstständig zu erklären (2008). Im Jahr 2006 trennte sich Montenegro durch Volksabstimmung von Serbien, womit der ehemalige Vielvölkerstaat Jugoslawien vollends in seine föderalen Bestandteile zergliedert wurde. Auch die Republik (Nord-) Makedonien spaltete sich schon früh von Jugoslawien ab (1991), um schließlich erst 2018 Anerkennung durch das benachbarte Griechenland zu finden (Streit um den Staatsnamen). Statt ethnischer Pluralität in einem südslawischen Staat, wie in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg propagiert, waren durch den Untergang Jugoslawiens "ethnische Nationen" südslawischer Teilvölker entstanden, die auf der Grundlage der unvollendeten Friedensordnung von Dayton schon teilweise in Europa bzw. die NATO und die Europäische Union integriert sind (Kroatien, Slowenien) bzw. noch auf diese Art der außenpolitischen Integration warten (Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro als EU-Beitrittskandidaten). Nach dem jugoslawischen Nachfolgkrieg erleben die Staaten auf ehemaligem jugoslawischen Territorium im Großen und Ganzen jedenfalls einen wirtschaftlichen Aufschwung und einen gesellschaftlichen Wandel, mit dem eine intensivere Demokratisierung verbunden ist.

Kroatien · Montenegro · Serbien · Slowenien

Literatur:

Calic, Marie-Janine (2010), Geschichte Jugoslawiens (= C.H. Beck Paperback 6330), München 2018

Bearbeiter: Michael Buhlmann, 12.2023