Quellen zur Geschichte des Klosters Werden a.d. Ruhr II

1030-1031:

Abt Bardo von Werden

Manchmal kommt es vor, dass Erinnerung - meist an einen verstorbenen Heiligen - in einer Vita aufgeschrieben wird. Es sei nur auf die Heiligenleben Gregors von Utrecht und Liudgers hingewiesen. Aus dem 11. bzw. 12. Jahrhundert kennen wir dann die zwei Viten des heiligen Mainzer Erzbischofs Bardo (1031-1051): die kleinere Vita des Vulculd, die gleich folgt, und eine größere, ausführlichere. Bardo war für wenn auch nur sehr kurze Zeit Abt des Werdener Klosters (1030-1031), auch Abt des Klosters Hersfeld. Mithin liegt mit der nachstehenden Quelle die einzige mittelalterliche Lebensbeschreibung eines Werdener Abtes vor, sieht man von den Viten Liudgers einmal ab. Vulculd, der Autor der nachstehenden Bardo-Vita, war übrigens Kaplan des Mainzer Erzbischofs Liutpold (1051-1059).

Es beginnt das Leben des seligsten Bardo, des außergewöhnlichsten und würdigsten Vorstehers der Mainzer [Kirche], das dessen würdiger Nachfolger, der Erzbischof L[iutpold], seinen Kaplan mit Namen Vulculd zur Erinnerung abzufassen veranlasst hat.

1. Geboren wurde dieser Lichtträger im Franken der Deutschen [981], der Ruhm der Eltern, die Säule der Kirche, die besondere Krone von Mainz; im Gau, der Wetterau genannt wird, im Ort, der Oppershofen heißt, ist er durch den Ursprung der irdischen Zeugung ausgesucht worden. Er war aber von jener Verwandtschaft und Familie, von der der Prophet sagt: Selig ist das Volk, dessen Herr der Gott ist [Psalm 33,12], und von dem der Prophet Jeremia den Herrn sagen lässt: Sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein; und ich will ihnen einerlei Sinn und einerlei Wandel geben, auf dass es ihnen wohlergehe und ihren Kindern nach ihnen [Jeremia 32,38f]. Sein Vater aber hatte den Namen Adalbero; er war ein frommer und gottesfürchtiger Mann. Die Mutter - sie hieß Christina - nahm durch diesen Namen ihrer Christlichkeit den Werdegang [des Sohnes] vorweg. Weil sie christlicher und edler Abstammung waren, brachten sie durch den schenkenden Gott hervor einen Sohn geistiger Anmut mit dem Adel der Tugenden.

2. Als daher in der Zeit seiner Jugend schon der heilige Körper des Jünglings, der wunderbare Tempel Gottes, durch irgendeine geachtete Erziehung zum Nutzen des zukünftigen Lebens ausgebildet werden sollte, wie es Gott gefällt, und nachdem er die weltlichen Übungen hinter sich gelassen hatte, entschieden die Eltern, ihn in der Kenntnis des Schreibens auszubilden. Während er sich bald den ersten Übungen hingab mit Hilfe der anerkannten Macht Gottes, mit der die so verbundene Kindheit erfüllt war und der Dank der Ermunterung jenen begleitete, war er durch die oben erwähnten Eltern in der Kirche von Fulda Gott und dem heiligen Bonifatius gegenüber Oblate durch die heilige, lebendige und gefallende Hostie geworden. Begünstigt durch die Gnade Gottes, ging der Diener Bardo dort den Weg, der zu menschlichem und göttlichem Ruhm führte. Bald war er beim ersten Fortschreiten in den literarischen Studien unter der Menge der Schüler im Vergleich zu den übrigen scharfsinniger, und den Fortschritt bei seinen anderen Entwicklungen erreichte er durch schnellen Scharfsinn. Und wie ich weniges streife, was heute im Himmel vor Gott und seinen Engeln klar ist, wahr gewesen zu sein, war er begabt im Schreiben, so dass der Erfolg danach gepriesen wurde und eine gleichermaßen wunderbare Klugheit und Beredsamkeit hervorblitzte. Fürsorge und Demut wuchsen jenem durch eine größer werdende Leidenschaft nicht als Geheimnis seines heiligen Herzens zu, aus dem heraus er [vielmehr] einerseits den Brüdern Liebe, andererseits den Prälaten geschuldeten Gehorsam erwies. Dank dieser beiden Tugenden gefiel er in jener Gemeinschaft den Hoch- und Niedriggestellten. In schon jugendlichem Alter glänzte er durch so große Hoffnung und durch ebensolchen Eifer, dass die Brüder es als gut ansahen, jenem im Kloster irgendwelche Pflichten anzuvertrauen. Und so, mit kleinen Aufgaben beginnend, stieg er stufenweise durch die immerwährende Gnade Gottes zu allen größeren einzelnen Pflichten auf, gemäß den Stufen des Verdienstes, dank dessen er sich von Tag zu Tag näher zu Christus vorarbeitete.

3. Wie eine auf einem Berg gelegene Stadt nicht versteckt werden kann, so wurde der selige Bardo durch göttliche Fügung beim Tod des Abtes des Klosters in der Burg [in castro], genannt Werden, als Nachfolger im Abbatiat bestimmt. Als er schon bald Vater der Mönche genannt wurde und war, zeigte sich der Diener Gottes bei der ihm anvertrauten Leitung [des Klosters] väterlich, und was er schon an Gutem verfolgen konnte, damit hörte er kraft seiner eifrigen Sinnesart nicht auf. Den Gehorsam, den er seinen Vorgesetzten gegenüber leistete, verlangte er von den ihm untergebenen Brüdern, so dass sie diesen ihm und den übrigen Vorgesetzten des Klosters erwiesen. Dem Beispiel der Nächstenliebe folgend, trieb er sie an. Ich komme, nachdem ich diese Frömmigkeit geschildert habe, zum ganzen Gottesdienst, der niemals ungeordnet ablief, während sich viele Brüder im Gottesdienst zum Lob Gottes versammelten. Außerdem brachte er Künstler jeder Art zum Nutzen der Kirche zusammen und jenen das Nötige und den Lohn; er lehrte anderen aus der kirchlichen Hausgenossenschaft deren Handwerkskünste. Nach drinnen und draußen hielt er die Augen offen bei den ihm anvertrauten Angelegenheiten, damit er als verständiger Vater klug über die Hausgenossenschaft wachen konnte. Durch seine Treue, Wahrheit und Liebe, durch den in der ganzen Zeit aufkommenden Ertrag fruchtbarer Erde, durch die Ruhe des Friedens und den vorsorgenden Gott konnten sie sicher leben. Was er von seinem Lebensunterhalt und dem der Brüder zurückbehalten konnte, versäumte er nicht, Fremden und Gästen zu geben; dazu verteilte er an jeden Bedürftigen - gemäß der Apostel mit ganzer Fröhlichkeit und Einfachheit -, was er konnte. Also liebte Gott den fröhlichen Geber, so dass aus den vorangegangenen gerechten Verdiensten die Erträge immer größer wurden. So entsagte zufällig der Abt von Hersfeld der Welt, und der friedsamste Bardo wurde durch den befehlenden Gott an jenem Ort gewählt und an die Stelle [des Verstorbenen] gesetzt.

4. Weil deshalb der Mann Gottes, [der Mann] des vorhersehenden Lenkers [der Welt], den Dienst bei zwei Kirchen verrichtete, beschäftigte er sich trotz des Vorzugs der größeren Kirche nicht weniger mit der kleineren; er kümmerte sich mit ganzem Eifer darum, sie wie früher zu umsorgen. Auch die größere Kirche schadete der kleineren nicht, die kleinere wandte den Gedanken nicht von der größeren ab. Er brachte diese und jene in Ordnung, damit, während er bei einer war, er mit der anderen ganz und gar verbunden war. Wer gute Werke bei der kleineren [Kirche; das ist Werden] tat, der begehrte in lobenswerter Sehnsucht bei der größeren, auf jede Weise durch den größeren Aufwand der größeren Kirche [die guten Werke] zu vergrößern. Tag und Nacht hielt er die Öllampe der guten Taten in den Händen, und die Schar des Herrn folgte ihm auf dem Weg, den er vorausgehend zeigte. Durch den mithelfenden Gott brachte er nicht wenige Brüder in jenem Kloster auf den richtigen Weg; er führte die Freien und ihm untergebenen Diener aus der Geistlichkeit und aus dem Volk wie das Volk Gottes mit milder Herrschaft und väterlicher Frömmigkeit. Den Reichtum der Sachen, mit denen er sie überströmte, verausgabte er reichlich in klugem Maß, insoweit sie durch seinen ganzen Reichtum ein seliges Leben führten und auch die Vorbeikommenden die offene Tür der Nächstenliebe fanden. Daher verbreitete sich nach kurzer Zeit der Ruhm des Mannes, der gleichermaßen seine Klugheit und Frömmigkeit pries. Und so wurde er bekannt in den Städten und Provinzen und wurde ganz Diener und Freund der Gattin des Kaisers Konrad, Gisela, der klugen Frau und erhabenen Kaiserin. Dann ging Aribo, der Erzbischof der Mainzer Kirche, den Weg allen Fleisches.

5. Durch den lenkenden Wink des allmächtigen Gottes und auf Eingreifen der oben genannten erhabenen Kaiserin wurde der Diener und Mönch Gottes zum ehrwürdigen Erzbischof der Mainzer Stadt gemacht. Wie das Leben der Guten der Schaden der Schlechten ist und wie die Missgünstigen das Sanftmütige leugnen, richteten sich viele im Dienst Gottes durch unablässige und unbillige Eifersucht auf. Sie verschmähten und verspotteten, dass ein Mönch und hässlicher Mensch den Mainzer Bischofssitz innehatte, wie sie nur jemanden von außen sahen und mit fleischlichen Sinnen ihn aburteilten, hingegen nach innen in keiner Weise die verborgene Gnade der geistlichen Geschenke bewerteten. Der heidnische Mensch empfängt nämlich nicht nach Treue und Lehre des Apostels das, was der Geist Gottes ist. Er kommt nicht näher als an das Mindeste von Streit und Verleumdung, je nachdem, was ihm die Lüge der neidischen irdischen Sprache und die eigene Lebensweise bringt. - Wie die Tugend der göttlichen Ruhe ihn ermahnte, ertrug jener dennoch - demütig und gottesfürchtig - sowohl die heimischen als auch die auswärtigen Unmutsbekundungen mit Gleichmut; er schaute nicht verächtlich auf die ihn Verachtenden und erwog nicht, was ein Bischof kann, sondern was den Bischof schmückt. Die, die vom Hof, aus dem Haus oder woher auch immer zu ihm kamen, sprach er mit außerordentlicher Liebenswürdigkeit des Wohlwollens an, um hastig dies zu erfüllen, was geschrieben steht: Wie groß du auch bist, das Niedrige ist dir in allem. So brachte er die neue hohe Stellung zu Anfang ins richtige Maß, dass schon seine Umgangsformen zu jenem Rang aufstiegen, von dem der Evangelist sagt: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich [Matthäus 5,3]. Und diese Armut oder Demut im Geiste war gerichtet auf eine so große Prüfung der Menschlichkeit, und dies war dem seligen Mann eine Sache nicht geringer Arbeit. Die königlichen Befehle bedrängten jenen dazu noch mehr, und die Seinigen fürchteten ihn weniger, und er versäumte es, diese, die nur die eigene Ehre für wichtig hielten, an sich zu binden; so fand er sich von den Seinigen verlassen und von den eigenen Leuten denunziert. Seine Kriegsleute nämlich rückten von ihm und den verächtlich gemachten Zügeln seiner milden Herrschaft ab und unterwarfen sich dem königlichen Gefolge. Nicht wenige auch von den kirchlichen Dienern, die Dienstleute vom Hofdienst, die ihm Gehorsam schuldeten, wollten beim Kaiser verpflichtet sein. Während die feindlichen Diener sich gerade wegwandten und die treulose Nichtsnutzigkeit erschien, forderten sie oft von ihm glänzende Geschenke und erlegten ihm immer schwerere Lasten auf. Aber die Verkehrtheit der Böswilligen glaubte, den Dienst an Gott mit Unehre und Beleidigung einzuschränken. Der hervorragende Gott erwies ihm aber Ehre und Gnade. Denn Gott überließ jenem bei jedem Geschäft einen so großen Ertrag, dass jener und sein Bischofssitz einen nicht geringen Zuwachs der Erhöhung erhielt.

6. Der heilige und milde Mann stellte nicht in Schlachten seine Lage wieder her, sondern besiegte das wahre Schlechte im Guten und überdachte den Evangelisten, der sagt: Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen [Matthäus 5,5]. Sein Graf, ein gewisser treuloser Mann mit Namen Erkenbald, unverdient Vorsteher der Stadt Mainz - ich sage deshalb unverdient, weil er in der Verachtung und Misshandlung des mildesten Erzbischofs die ganze Ungerechtigkeit und ungleiche Gewaltherrschaft über die Menschen des heiligen Martin ausübt -, nahm einen von den Richtern der Stadt, wohlgeboren und ein ehrenhafter Mann, gefangen und schor den mit Ruten Geschlagenen [das Haar]. Er stellte dem Volksvertreter vielfach nach und bewirkte endlich nichts; beim Kaiser verleumdete er jenen durch eine falsche Anklage, von der sich dieser reiche und hochbetagte Mensch, beklagenswert ins Wasser geschickt, durch Gottesurteil mit göttlicher Hilfe reinigte. Einen dritten von den Mainzer Bürgern legte auf dessen [Erkenbalds] Wunsch hin der Kaiser in Ketten; dieser erkaufte durch Geld das Heil seiner körperlichen Unversehrtheit. Viele anderer in dieser Stadt überzog derselbe Erkenbald, voll von Schlechtigkeit, mit verschiedenen Anklagen, und er beschmutzte selbst den heiligsten Diener Gottes Bardo, seinen Herrn, zahlreich beim Kaiser durch die giftige Einflüsterung der Verleumdung. Oft zwang er jenen zur Buße, indem er ihn körperlich angriff. Dieser heiligste Bardo aber ertrug das ihm aufgezwungene Unrecht geduldig, betrauerte die Rechtsverdrehungen und überschüttete mit bitteren Tränen die Verluste. Er fügte sich und war darüber betrübt; er flocht dies in die Gebete an Gott und dessen Heilige an.

7. In irgendeiner Nacht, als der heilige Mann sich Erholung gönnte, sah er im Schlaf einen Baum stehen und hörte durch diesen eine Stimme das sagen, wovon der heilige Johannes spricht: Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt [Lukas 3,9]. Und es war so, wie im Evangelium gesagt wird: Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden [Matthäus 5,4]. Nach einer gewissen Zeit musste der obengenannte Graf, wie es dem Herrn gefiel, in Gegenwart des seligen Erzbischofs zu Gericht kommen. Er aber erkannte das Urteil [des Erzbischofs] nicht an und verlor die Lehen, die er zuvor durch die Versicherung der Treue erworben hatte; so empfing er schimpflich diese "Wohltat". Und nicht lange danach wurde er angegriffen von jenen Einsichtigen, denen er vorher mit soviel Härte begegnet war; und bis zum Ende seines Lebens war er ein gebrochener Mann. Jener [Bardo] aber war der Baum, an dessen sicher gelegene Wurzel die oben gehörte Stimme ermahnt. Und dies ist, was wir sagen: Ruhig nämlich ist der Höchste, der zurückgibt. Und das sagt Jeremia: Wer saure Trauben gegessen hat, dem sollen seine Zähne stumpf werden [Jeremia 31,30]. Was auch durch andere Worte derselbe Prophet sagt: Ein jeder wird durch seine Schuld sterben [Jeremia 31,30].

8. Durch die ganze Zeit des Winters und des Sommers hindurch war es der ehrwürdige Priester gewohnt, nach der Ruhe des ersten Schlafes immer zu unzeitiger Nacht vor der Matutin zur Kirche zu gehen, dem Propheten folgend, der sagt: Herr, ich denke des Nachts an deinen Namen [Psalm 119,55]. Dort stand er lange und unbeweglich bei Vigilien und Gebeten und sprach mit dem Herrn im Himmel. In dieser Nacht aber wurde er in der Stadt Mainz bei den Altären der Kirche allein von einem Gewalttäter vorgefunden und von diesem mit einem Stock heftig geschlagen. Am nächsten Morgen stand derselbe Gewalttäter mit den übrigen Armen für sein Almosen an. Wie er [Bardo] ihn sah, erkannte er ihn, und nachdem er als Almosen einen Pfennig gegeben hatte, gab er ihm für den erduldeten Schlag weiteres Geld. - So oft er bei der Matutin dabei war, gewöhnte er sich daran, mit heißhungrigem Herzen die vorgetragenen Lesungen der heiligen Schrift gierig in sich aufzunehmen; und so war er zufriedengestellt durch diese Speise, von der der Herr sagt: Meine Speise ist die, dass ich tue den Willen dessen, der mich gesandt hat [Johannes 4,34]. Und er trank Quellwasser vom ewigen Leben und war teilhaftig der Seligkeit, von der im Evangelium gesagt wird: Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden [Matthäus 5,6]. Dem Volk seiner Fürsorge ließ der Bischof große Barmherzigkeit angedeihen und den Klerikern und Laien aus dem niedrigen Stand und den meisten unter dem beistimmenden Gott große Ehre. Er erzählte oft, dass seinen Armen die Schätze des heiligen Martin gehören müssten. Nicht allein gegenüber den Seinen betrieb er diese Frömmigkeit, sondern er war auch gegenüber Bekannten oder Unbekannten mit Herz und Seele dabei. Er war den Unglücklichen und Glücklichen gegenüber sehr wohltätig; er war von Possenreißerei nicht angetan, zog aber Gott bei der Bedürftigkeit der Unglücklichen zu Rate, in Erinnerung des Wortes, das bezeugt ist: Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen [Matthäus 5,7].

9. Von der Einfachheit des Mannes ist es kaum noch notwendig zu sprechen. Es ist nämlich von den Menschen sofort zu erkennen, dass seine Einfachheit nicht die große Weisheit wäre, wenn er nicht durch Wunder berühmt geworden wäre. In der Einfachheit des Herzens suchte er Gott, und jenes Herz erzeugte in ihm die Welt. Und er verdiente ohne Zweifel, Gott zu erkennen, wie in den Evangelien steht: Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen [Matthäus 5,8]. Der Apostel sagt dies: Ist es möglich, soviel an euch ist, so habt mit allen Menschen Frieden [Römerbrief 12,18]; er selbst übte dies in allem aus. Und so stieg er empor zu jenem Grad, von dem das Evangelium sagt: Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen [Matthäus 5,9]. In der ersten Zeit nach seiner Inthronisation wurde er gering geschätzt von den Brüdern und Mitbischöfen - unter ihnen der ungetreue Bischof Sibicho von Speyer - und ertrug die Verfolgung und das Unrecht der Untreue und keine Barmherzigkeit. Darin war er selig wegen seiner Geduld und seiner Gerechtigkeit. Aber mit diesen acht Tugenden der Seligkeit wurde er all jenen, die den heiligen Mann zuerst verachtet hatten, doch noch ein Freund und ehrwürdiger [Mann].

10. Wir müssen noch kurz hinzufügen, was jener an außergewöhnlichen Taten in Mainz vollbracht hat. Die größere Kirche, die die neue heißt, fand er ohne Dach und innen überwuchert vor. Nachdem gleichsam dieser Wald gelichtet war, begann er vom Dach aus zu bauen, nämlich eine getäfelte Decke des Hauses Gottes, einen Estrich und, nachdem Flächen gestrichen wurden, Teile der Fenster; dann bereitete er die Weihe vor. Nachdem er den allerchristlichsten Kaiser Konrad, dessen Frau, die erhabene Kaiserin Gisela, deren erlauchtesten Sohn, König Heinrich III., und dessen Ehefrau Kunigunde eingeladen hatte, weihte er mit siebzehn anwesenden Bischöfen dieses Haus Gottes ehrenvoll [10.11.1036]; zuvor hatte er alle Gegenstände der alten Kirche, die Ausstattung und die Gemeinde in die neue führen lassen. Danach erbaute er [bei der alten Kirche] ein Kloster mit dazugehörigen Pforten und Kellern, [und zwar] mit so großem Aufwand, dass die alte Kirche der größeren nicht nachstand. In der alten Kirche, von der er die frühere Gemeinde weggeführt hatte, setzte er für sein Seelenheil und zu Ehren Gottes und des heiligen Martin mit Eifer und Zuweisung von Besitz eine andere (Mönchs-) Gemeinschaft ein. In der neuen aber, die er selbst weihte, schmückte er den Altarbaldachin mit Gold und Silber und befahl, den Altar des heiligen Martin neu zu bauen. Zuletzt, ungefähr am Ende seines Lebens, veranlasste er, ansehnliche Bilder zu malen, östlich des Altars an einem emporführenden Bogen. Endlich fand der glückliche Lauf des Lebens sein Ende, und, voll der Tage, schlief er in hohem Alter im Herrn ein [11.6.1051]. Amen. [Buhlmann]

Lateinische Vita, verfasst vom Kaplan Vulculd kurz nach der Mitte des 11. Jahrhunderts. - Bardonis archiepiscopi Moguntini vita duplex. Vita auctore Vulculdo, in: MGH SS 11, S.317-321.