Quellen zur Geschichte des Klosters Werden a.d. Ruhr II

1311 Juli 24:

Verpflichtungen des Werdener Propstes

Den Einfluss des Werdener Konvents spüren wir auch in der jetzt vorzustellenden Urkunde. Die im 10. und 11. Jahrhundert erfolgte Trennung von Abtei- und Konventsgut machte den Propst zum Verwalter des Konventsguts; spätestens seit dem 13. Jahrhundert besaß er auch die Verfügung darüber. Um dennoch seine Ansprüche zu sichern, ging der Konvent dazu über, vor Propstwahlen mit dem Abt "Wahlkapitulationen" zu vereinbaren, die recht detailliert die Pflichten des Propstes und die Folgen pflichtvergessenen Handelns aufführen. Die bekannteste Vereinbarung ist dabei die vom 24. Juli 1311, die vielleicht den zwischen 1312 und 1329 als Werdener Propst nachweisbaren, späteren Abt Johann von Hernen betraf.

Im Namen des Herrn amen. Wir, Wilhelm, durch Gottes Gnade Abt, Prior Heinrich, Kellner Konrad, Küster Jonathas, Pförtner Werner und der ganze Konvent des Werdener Klosters. Wir machen allen, den Gegenwärtigen und Zukünftigen, bekannt, dass wir, weil die Propstei unseres Klosters vakant ist und damit nicht hinsichtlich der Verwaltung der Pfründen und Dienste und hinsichtlich der Dinge, die unser Propst unserem Konvent zuteilt, irgendeine Meinungsverschiedenheit oder ein Zweifel entsteht, nach reiflicher Überlegung und mit besserem Rat, dazukommendem Wunsch und Übereinstimmung unseres ganzen Kapitels die besagten Pfründen und Dienste aufs sicherste vor- und festgeschrieben haben in der Weise, die folgt: Wer auch immer nämlich unser Propst sei, gibt und teilt jedem Mitglied unseres Konvents jährlich 3 Mark und 6 Schillinge zu an Lebensmitteln und Nahrung an den nachfolgenden Tagen, nämlich: Am Tag des seligen Lamberts [17.9.] 18 Schillinge. Am Tag der Reinigung der seligen Jungfrau Maria [2.2.] 1 Mark und am Tag der seligen Walburga [1.5.] 1 Mark. Jedem Klosterschüler gibt er jährlich 30 Schillinge, entsprechend aufgeteilt an den vorgenannten Tagen. Wenn es aber dazu kommt, dass Münze oder Pagament sich verschlechtern, gibt er einen Turnosgroschen für 4 Pfennige. Wenn sie besser gestellt ist, gibt er die bessere Münze oder das Pagament für die [Münze], die umläuft. Ebenso gibt er sowohl jedem Mönch als auch jedem Klosterschüler an jedem Tag ein Weizenbrot von solchem Wert und Gewicht, wie es bis jetzt üblich ist, dies hochstehenderen Personen zu geben. Aber er fügt bei einem Mönch an jedem Sonntag ein Brot desselben Werts und Gewichts hinzu. Zum Ausgleich empfängt er jährlich 8 Malter Weizen aus dem gemeinschaftlichen Kornspeicher unseres Konvents. Ebenso gibt er aus 16 Maltern Weizen von der Insel Friemersheim Brote, die gewöhnlich an den Tagen der Apostel [Peter und Paul, 29.6.; Zwölfaposteltag, 15.7.] ausgeteilt werden; und er gibt diese auf eigene Kosten und führt dies durch, es sei denn die besagten 16 Malter Weizen sind vollständig und auf immer unserem Kloster verloren gegangen. Ebenso veranlaßt er, dass wöchentlich zwei Malter Gerstenmalz und zwei Malter Hafer zu Bier gebraut werden; und von diesem Bier gibt er wöchentlich jedem Mönch 8 Maß und jedem Klosterschüler 6, insoweit sie bis jetzt dazugehörten. Aber das doppelte Maß wird den Personen gegeben, denen es von alters her zukommt. Ebenso gibt er jährlich unserem Konvent drei Karaffen Wein, eine zu Ostern, eine am Tag des seligen Martin [11.11.] und eine am Geburtstag unseres Herrn [25.12.]. Wenn er eine Karaffe Wein für fünf Mark nicht herbeischaffen kann, möge er mit Zustimmung des Priors und des Kellners irgendeine Karaffe [aus der Kellnerei] mit 5 Mark Geldes oder oben bestimmten Pagaments zurückkaufen. Ebenso gibt er an den Festtagen Becher Wein gemäß der bis jetzt geleisteten Gewohnheit. Ebenso sorgt er mit 30 Ladungen Holz, das Zahlholz [talholt] genannt wird, dafür, rechtzeitig Feuer in der Kammer vor dem Schlafsaal des Klosters zu machen. Ebenso wenn ein Mönch durch göttlichen Ratschluss [aus dem Leben] herausgerufen wird, fällt der ganze Ertrag seiner Pfründe sofort an die, die ihm innerhalb von zwei Jahren [als Mönche] folgen. Ebenso gibt er dem Schulleiter dasselbe wie dem Klosterschüler. Ebenso wird der Ertrag der Pründe einer Person zur Erhaltung unseres Klosters vollständig verwendet. Zur Unterstützung des Vorausgeschickten bleibt der besagte Propst von den Diensten, die wingenninghe [zu winnen für "Arbeit, Erwerb"] heißen, [und den Diensten hinsichtlich] Honig, Schuhe und Beleuchtung, was unserem Konvent seit jeher gewohnheitsmäßig zusteht, frei und befreit. Außerdem ist beschlossen und bestimmt worden, dass der Propst, der Mann, der dies zu der Zeit sein wird, jährlich am Freitag nach dem Tag des seligen Michael [29.9.] zu unserem Kapitel tritt, damit angehört und erörtert werden kann, ob er irgendeine Person unseres Konvents, ob groß oder klein, irgendwie vernachlässigt hat in den Dingen, die er angehalten wurde zu tun. Wenn er darin schuldig befunden wird, bekommt er eine größere Kerkerstrafe von uns, aus der er erst dann entlassen wird, wenn er als Propst den, der die Vernachlässigung erlitten hat, völlig zufriedenstellt. Zum Zeugnis des Vorausgeschickten und zur Befestigung haben wir, der vorgenannte Abt, veranlasst, unser Siegel mit dem Siegel unseres Konvents an das vorliegende Schreiben zu hängen. Gegeben im Jahr des Herrn 1311 an den Vigilien des seligen Apostels Jakobus [24.7.]. [Buhlmann]

Abschrift im Werdener Liber minor privilegiorum des 14. Jahrhunderts. - Kötzschke, Urbare Werden A Anh.A, S.368f, Nr.8.