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Bardo

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Größere Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Bardo

Aus dem 11. bzw. 12. Jahrhundert sind zwei Viten des (heiligen) Mainzer Erzbischofs Bardo (1031-1051) überliefert: die kleinere Vita des Vulculd und eine größere, ausführlichere. Bardo war für wenn auch nur sehr kurze Zeit Abt des Werdener Klosters (1030-1031), auch Abt des Klosters Hersfeld. Die größere Bardovita, entstanden im Anschluss an die kleinere Lebensbeschreibung des Vulculd, ist wohl ebenfalls ein Produkt des 11. Jahrhunderts, überliefert in mittelalterlichen Manuskripten ab dem 12. Jahrhundert, niedergeschrieben wahrscheinlich in Fulda von einem unbekannten Fuldaer Mönch.

[Größere Lebensbeschreibung des Bardo]
[...]
1. Bardo, der auch Bardeo heißt, das ist 'Sohn Gottes', stammte aus einer Stadt Deutschlands, als [Kaiser] Otto II. das römische Reich regierte, und wurde als bester Sohn von guten Eltern geboren. Wie heilig dessen Vater Adalbero und auch dessen Mutter Christina waren, zeigen - jenseits von meiner Lebensbeschreibung - die Wunder, die an ihren Gräbern unleugbar geschehen sind. Weiter [zeigen dies] dessen Brüder Heliso, hinsichtlich dessen Namen wir glauben, dass er auf barbarische Weise von Helyseus abgeleitet ist, und Harderath. Jenes ganze Geschlecht ist sowohl sehr erprobt im katholischen Glauben als auch ohne Tadel, tugendhaft ist es, so dass, wenn du irgendetwas dem Geschlecht wegnimmst, es an Tugenden gewinnt. [Sie waren] tapfer in Waffen, hervorragend im Glauben; was sie dem König schuldeten, führten sie strebsam aus, was sie Gott schuldeten, bestens. Aus solcher Wurzel entstammte der Zweig [Bardo], der, nachdem er die Leidenschaft der wahrsten Sonne empfangen hatte, an Tugenden zunahm, ganz das Heil zu sich nahm, danach den Becher des Lebens aufnahm, so dass er sich selbst verleugnete, und, nachdem er das Kreuz der Abtötung [vom Weltlichen] an sich gerissen hatte, als irdisches Glied [Gottes] dem Herrn nachfolgte. Gemäß der katholischen Religion mit dem heiligen Blut Christi in der Taufe benetzt, bemühte sich sein geistlicher Ziehvater in bewundernswerter Weise, ihn zu unterrichten in Glauben, Keuschheit und Psalter. Durch diese Geschenke wurden seine geistlichen Fähigkeiten entwickelt, so dass uns im Anfang der zweiten [geistlichen] Geburt das Zeichen der ganzen folgenden Ewigkeit erstrahlt: im Glauben nämlich, weil er ja oft mit den geistlichen Waffen niemals fleischlichen Lüsten diente; in der Keuschheit durch Geduld, die ihn viel begleitete von früher Jugend an; beim Lesen des Psalters, soweit er später beim Psalmensingen Fortschritte machte. Seine Eltern jedenfalls waren weise in göttlichen Dingen und klug in menschlichen; [Lücke] sie gaben nach dem Abstillen den Jungen einer alten Frau mit Namen Benedikta zur Erziehung beim Lesen und Schreiben. Jene Alte aber, versehen mit einfachem Verstand, lehrte ihn auf ihrem Schoß Neues; und sie brachte ihm liebevoll zwischen wahnsinnigem Flüstern in kurzer Zeit den ganzen Psalter bei. Er selbst aber vergaß sie nicht, nachdem er, zum Bischof geworden, [gleichsam] der Erzieher der alten Amme war, und versah die Hilfsbedürftige mit vielen Geschenken.
2. Nicht viel später, als er den Psalter erlernt hatte, wurde er von den Eltern nach Fulda geschickt und dort unter Abt Erkenbold [997-1011] anderen Schülern beigesellt; in wunderbarer Weise nutzte er das Jugendalter mit klugem Rat. Weil er, der Verächter der menschlichen Philosophie, nachdachte über die Zerbrechlichkeit des gegenwärtigen Lebens und obwohl er sich aus Furcht vor dem Lehrer in der Schule abmühte, drehte sich [die Schule] dennoch in der ganzen kirchlichen Einfachheit [seines] Geistes um den Psalter, Ambrosius, die Evangelien und Ähnliches. Daher wurde er von dem gerechten göttlichen Gericht sehr stark beeinflusst, und der heilige Geist war bei ihm; und er betrog nicht seine Sehnsucht, aber mit lechzendem Herzen entnahm er die Weisheit und vereinnahmte mit festem Gedächtnis das Erworbene. Nachdem er aber das Jugendalter hinter sich gelassen hatte, nahm er zur [weiteren] frommen Abtötung [vom Weltlichen] freiwillig den Habit und wurde so mit dem Mönchsgewand bekleidet; Und was er durch die Bekleidung gelobt hatte, verneinte er nicht wegen [seiner] Tugenden. Aber als er die Kukulle empfing, mit der die fromme Unschuld Christi gezeigt wird, und das Skapulier, das als [die Himmelsrichtungen symbolisierendes] Quadrat dessen vollendete Werke anzeigt, verlangte er eifrig gemäß dem Apostel Petrus und gleichsam als neugeboren und einfältig ohne Arglist nach der Milch der Einfachheit, aus der er die Tugenden nahm. Auch mit dem Fuldaer Vorsteher Branthog [II., 1012-1013] verband ihn Übereinstimmendes; durch seine Aufrichtigkeit wurde er überaus geliebt. Daher folgte dieser heilige Mann, Freund der Tugend, aber nicht des Schicksals, in der Auseinandersetzung, in der der Bischof Erkenbold des Mainzer [Bischofs-] Sitzes [1011-1021] gegen den in Fulda gewählten Abt Branthog stand und durch die diesem ohne göttliches und menschliches Urteil von Kaiser Heinrich II. seine Würde entzogen wurde [1013], als die ganzen Freien und Adligen [den Abt] verließen, dem Branthog und tröstete ihn in dessen Trauer. Er blieb solange bei ihm, bis, als sich jener Streit durch einsetzende Hilfe beruhigte, er unter Abt Poppo zum Ort seiner Berufung [Fulda] zurückkehrte. Und als Armer an [weltlichen] Dingen, als Reicher aber im Geist wohnte er am geliebten Ort. Er entbehrte des Glücks, er bemühte sich, den Brüdern zu nutzen, er unterwarf sich ganz einer ungewöhnlichen Güte, und er wollte gering gelten und gänzlich den Brüdern nützen, diesen dienen, für diese lesen und alles tun, was den Mönchen Nutzen bringt. So gefiel er auch in kurzer Zeit allen Mönchen insgesamt [und] überall - weil ja fast alle dort erzogenen [Mönche] weggingen -, so dass er sich eher durch Wohltaten bekannt machte als durch sein Fehlen bis zu seiner Rückkehr [nach Fulda].
3. Die Brüder erkannten daher seine [Bardos] Freigebigkeit, sie gaben [ihm] ein wahres Zeugnis der Güte, sie äußerten gerade im kleinen Kreis oft den Wunsch nach Armut, sie klagten über den Mangel an selbstgewählter Armut, sie anerkannten dessen fromme oder fortgeschrittene Sitten und murmelten, dass er würdig sei, sie zu leiten. Was auch geschah. Denn der Mann Gottes stieg mit dem Alter auch die Würden hinauf; er machte in keiner Weise kleinere, sondern - wie man meinte - größere [Schritte], so dass viele ihn, als er erstmals [in ein Klosteramt] gewählt wurde, mit ihren Ratschlägen bedachten, während seine Wähler ihn beglückwünschten. Dies war auch auf Grund seiner Herkunft bewundernswert und dem Andenken aller angemessen, weil es ja im Kloster [Fulda] keinen Gehorsam gab, der seine Gewissenhaftigkeit befördert hätte. Er, der im Geringen anfing, stieg ins Größte auf. Nämlich der brüderlichen Mäßigkeit unterworfen, gewann er für sich den Namen der väterlichen Würde [eines Abtes, Bischofs]. Als nämlich die Notwendigkeit an irgendeiner Sache irgendeinen der Brüder ängstigte, war es die Großzügigkeit des heiligen Vaters, die als ersten Trost das Nötige bereitstellte. Und er betrog niemandem in der Hoffnung, weil er ja wirklich nichts von dem, was erbeten wurde, hatte oder beschaffen konnte, wenn er diesem [das Notwendige] verweigerte. Wenn so etwas geschah, tröstete er fromm die Bittenden und nahm ihnen ihre Sorgen. Und wenn er jemanden ohne Zuwendung wegschickte, dann nicht ohne tröstende Worte, eingedenk dessen: 'Eine gute Rede ist viel besser als ein Geschenk.'
4. Der Mann war deshalb von süßestem Honig und tat nichts anderes und bemühte sich, immer über das gewöhnliche Maß hinauszuwachsen durch den Wunsch, Gutes zu tun; ihm blieb keine Zeit für Ausschweifungen, keine zur Muße. Aber was getan werden musste, erklärte er aufmerksam oder drängte auf Durchführung. Daher war er rein an Herz und Körper, wie geschrieben steht: 'Die Seligen sind rein im Herzen, weil sie Gott sehen.' [Matth. 5, 8] Gemacht als Tempel des heiligen Geistes, verdiente er es bei jenem zu wohnen, der sagt: 'Wer mich liebt, folgt meinen Worten, und mein Vater liebt ihn; und wir kommen zu ihm, und wir werden bei ihm wohnen.' [Joh, 14, 23] Er riss das Kraut des fleischlichen Gedankens ganz und gar heraus mit der Sichel geistlicher Arbeit. Was stören konnte, entfernte er sorgfältig, was seiner Meinung nach jenem [heiligen Geist] helfen und erfreuen konnte, führte er vorsorglich ein. Er liebte jenen [heiligen Geist], er sehnte sich nach jenem. Und weil er durch das Fleisch beschwert war, wo er doch im Geist ihm folgte, konnte er wegen des Körpers nicht aufsteigen und lud jenen ein, zu ihm herabzusteigen. Wie es geschrieben steht: 'Sie werden gelangen von Tugend zu Tugend.' [Ps. 83,8], erneuerte daher die himmlische Sorge jenen [Bardo] als Gefährten der heiligen Klugheit, und die himmlischen Eingebungen des heiligen Geistes erfüllten den auf der Erde tätigen Freund Gottes, so dass in ihm durch göttliche Eingebung die Gnade der Prophetie wirkte. Er beachtete nämlich neben den Flüssen der heiligen Schrift, aus denen er als frommer Schüler des Herrn trank, aufs Sorgfältigste die Seelsorge und führte diese ohne nachlassende Geschäftigkeit durch. Seine Umgebung sah, dass das, was er tat, nicht ohne göttlichen Willen geschah. An irgendeinem Tag erkundigten sie sich bei ihm, wo denn die Ursache dafür lag, dass er die Bibel mehr als alle anderen mit großer Sorgfalt las. Ihnen antwortete der heilige Vater fröhlich und - wie ich sagen möchte - lachend: 'Wenn ein törichter König hierherkommt und keinen als Vorsteher [des Klosters] vorfindet, möge er mich vielleicht als Vorsteher einsetzen, wozu es nötig ist, dass ich mich als wissend sehe.' Während alle mit ihm lachten und keiner dies hinterfragte, erklärte er dann mit einem Lachen, dass es für ihn selbst notwendig gewesen war, sich zu ändern.
5. Auch feilte er an seinen Tugenden, zum vollendeten Verstand kam das richtige Alter. Er verließ die vierte Woche der Lebenszeit, die Jugend, und kam in die fünfte Woche, wo die Kraft ihn zum Mann heranführte. Der himmlische Bräutigam, der höchste König krönte daher eingedenk seines Freundes und Dieners [Bardo] ihn mit der Krone des Ruhms, umgab ihn mit den Waffen der Tugenden und schützte ihn mit dem Schild der Demut; er schmückte ihn mit der Geduld der Einfachheit und umgürtete ihn mit dem Schwert der Klugheit; und er umkleidete ihn, der geschützt war durch den Brustpanzer wohlwollender Gerechtigkeit, mit dem Mantel der Liebe. Die göttliche Majestät erhöhte den Niedrigen. Die Mönche sahen nämlich den Diener Christi, wie er unermüdlich kämpfte, und wählten ihn mit Zustimmung des Abtes Richard [von Fulda] einmütig zum Dekan. Und die Mitstreiter am engen Weg, der zum [geistlichen] Leben führt, machten ihn zum Anführer, der weder nach rechts noch nach links [vom Weg] abwich, wie wenn der Herr zu ihm sprach: 'Freund, steige hinauf.' [Luk. 14,10] Er war von solcher Art, wie viele der mit ihm Lebenden bezeugten, die sich wunderten, dass aus der Begrenztheit des Fleisches jemals eine solche Freiheit des Geistes kam gemäß dem Wort: 'Sie setzten dich als Richter ein. Werde nicht übermütig, aber sei mit ihnen wie einer von ihnen. [Eccl. 32,1], weil du an Würde erhöht und gereift bist und allen an Demut gleichkommen sollst.' Der Größte unter den Großen, der Geringste unter den Geringen, gab er sich den Großen furchtbar, den Geringen liebenswürdig. Die Geringen traten an ihn heran wie zu einem Vater, die Großen wie zu einem Richter. Das, was die Liebe befahl, vernachlässigte er nicht. Als [der heilige] Petrus ihn fragte, ob er sieben Mal verzeihen würde, versiebenfachte dieser [Bardo] [das Verzeihen] 77 Mal. Er war auch gegen die Fäulnis der Kränkung durch das Schwert der Züchtigung eingedenk dessen, menschlich zu sein; er deckte den Verband der Nachsicht über den Kummer. Was für das Kloster wichtig war, vermittelte er allen. Er stellte die Gehorsamen nicht vor die Ungehorsamen, die Besitzenden nicht vor die Armen. Als ein gewisser Kellner dort ein mit Essig gefülltes Fass besaß und den zu ihm geschickten Brüdern verweigerte, was er schon öfter gegeben hatte, ist dieses Eigentum des Erlösers [d.h. des Klosters] zum Vater [Bardo] gebracht worden. Wegen eines Ölkruges, der ihm verweigert wurde, hatte der selige Vater Benedikt [von Nursia] einem Diakon befohlen, diesen [Krug] auszuleeren. Durch dieselbe Segnung des heiligen Geistes veranlasst, sagte er [Bardo]: 'Daraus wird weiter kein Unheil mehr entstehen.' Und ohne Verzögerung befahl er, das ganze [Fass] zu leeren.
6. Inzwischen sann der vorgenannte Abt Richard guten Angedenkens darauf, die kreisförmige Anordnung der Kirchen um Fulda durch Hinzufügung eines weiteren Gotteshauses zu vervollständigen. Und was ihm durch vernünftige Überlegung gefiel, fand er geeignet für den göttlichen Lobpreis. Gelegen nämlich zum Norden hin am Ort, der Bischofsberg heißt, sah er immer das Gebetshaus der Jungfrau Maria [Frauenberg]; auf der anderen Seite [nach Süden hin] befand sich die Kirche des heiligen Täufers Johannes und des Evangelisten [Johannes; Johannesberg]; und im Osten fand er am Ort Ugesberg das dem heiligen Petrus geweihte Gotteshaus [Petersberg]. Nach Westen hin sah er die Fläche von solchem Lobpreis [Gottes] entblößt. Der Mann Gottes erkannte, dass die göttliche Vorsehung diese Fläche [ihm] vorbehalten hatte, damit er seine Verdienste vermehre. Die Kirchen lagen also ausgebreitet in einem weiten Dreieck, er vervollständigte dies [durch den Kirchenbau] im Westen diesseits der Langen Brücke am Ufer des Flusses Fulda zu einem Viereck. Nach dem im Westen ein Kloster errichtet worden war, gab er diesem den Namen zu Ehren des heiligen Andreas, so dass es 'Neues Kloster' genannt wurde. Diesbezüglich war das Verdienst des frommen Vaters [Richard] lobenswert und [seine] Idee bewundernswert; er hatte erkannt, dass von Norden nach Süden die Jungfrau [Maria] die Jungfrauen erblickt, vom Sonnenaufgang zum Sonnenuntergang der Apostel [Johannes] den Bruder [Andreas]. Mit vernünftiger Erwägung vertraute der Abt daher die junge Tochter [-kirche] dem heiligen Mann [Bardo] an, damit sie mit der Zeit durch die Milch der Kindheit geweidet und ohne die Herbheit des Gehorsams erzogen werde. Damit wandelte sich der Mann [Bardo] von frommer Kindheit zu vollkommenem Leben; er, der gewohnt war, zu Füßen des Herrn ein geistiges Leben zu führen, zeigte endlich nach Art einer Amme ein tätiges Leben und wurde zu einem, der die Dunkelheit des Fleisches annahm und sich einfand in unserem Körper [der Fuldaer Mönchsgemeinschaft], weil er über einen solchen Verstand verfügte, dass die Engel wünschten, ihn anzuschauen. Er machte darin die erwarteten Fortschritte. Es kann aber in diesem Werk nicht dargestellt werden, was vielfach bezeugt und an Beispielen beleuchtet werden kann.
7. Es kam inzwischen so, wie es geschrieben steht: 'Seht, mein Diener versteht; er wird erhöht und erhoben, und er wird sehr erhaben sein.' [Jes. 52,3] Es kam nämlich an diesen Tagen der König Konrad [II.] nach Fulda und wurde vom seligen Vater Richard zur neuen Tochterkirche [Neuenberg] geführt, wo damals der Leiter dieser Tochterkirche, der vorgenannte Mann [Bardo], jenen entgegenging und, damit der König milde und sehr geistreich gestimmt wurde, sie mit zuvorkommender Ehrerbietung empfing. Aber weil der König nicht mit leeren Händen kam - ihn schickte die göttliche Voraussicht -, ging er, nachdem er gebetet hatte, aus der Kirche heraus, erkundigte sich über den Ort, über die, die dort Dienst leisteten, wer die Brüder sind, wer der Vater. Als er alles erfuhr, hörte er auch den Namen des Leiters [der Kirche], plötzlich erfüllt von höchster Freude, weil er den sah, von dem lange und häufig erzählt wurde; er begrüßte, umarmte und küsste diesen mehrmals, und er versprach, was Reichtum oder Zeit anbetraf, ihn nicht zu entlassen, ehe dieser erhöht würde. Es war auch dieser Diener Gottes [Bardo] ein Verwandter der Königin, und daher erlangte er leichter ein [diesbezügliches] Versprechen. Dies stellte die königliche Würde zufrieden; er versprach nicht, sondern gab, was er selbst auch konnte, nämlich ein reich geschmücktes Faldistorium [Faltstuhl], das er auf Befehl und mit Erlaubnis seines Abtes Richard vorbereitet hatte. Vielfach erfreut, ging der König nach der Bekräftigung des Versprechens weg.
8. Eingedenk seines Versprechens bestellte aber der Kaiser nicht viel später, nachdem er einen Boten zum Abt Richard geschickt hatte, den besagten heiligen Mann [Bardo] zu sich. Die Nachricht verbreitete sich, dass der fromme Vater vom König gerufen worden war. Er wurde also von den weinenden Schülern und den zusammengekommenen anderen Gottesdienern, die er mit Ermahnungen erleuchtet und durch beispielhaftes Leben unterstützt hatte, zum König geschickt. Diesen empfing ehrenvoll der König, stellte ihn den umstehenden Freunden vor und sagte: 'Ihr habt von Bardo aus Fulda gehört?' Jene antworteten: 'Viel.' Er sagte: 'Was?' Sie sagten: 'Nur das Beste.' Und der König sagte: 'Was ihr hört, glaubt, weil es wahr ist. Hier ist jener selbst', sagte er, 'den wir wahr redend loben oder nicht erkennen, wer lobenswert ist.' Nachdem er ihm ein Lehen, das er von seinem frommen Vater erlangt hatte, zur Verfügung stellte, ehrte er ihn vor allen. Danach erhob der Kaiser ihn unter seine Freunde und machte ihn zum Werdener Abt; er sagte: 'Was wir von dir gehört haben, möchten wir so sehen.' So wohlwollend behandelt, schickte Gott ihn mit Ehre aus den Augen des Königs zum anvertrauten Schafstall [Werden].
9. Hört aber: Seine Schüler und Freunde, gefestigt an den [mönchischen] Gewohnheiten und am [Mönchs-] Leben, spendeten Trost, weil die Fröhlichkeit über den Weggang [Bardos] die Trauer seiner Abwesenheit übertraf; sie wussten, gut damit umzugehen, weil sie ihn gehorsam [gegenüber den Ansinnen des Königs] sahen. Er selbst aber richtete seine Aufmerksamkeit auf das, was gering zu schätzende Macht [des Abtes], und das, was Väterlichkeit [im Abtamt] heißt, er war ein Neuling in den Gewohnheiten [dieses Amtes], er veränderte etwas nur notwendigerweise, so wie es geschrieben steht: 'Sie werden gelangen von Tugend zu Tugend.' [Ps. 83,6] Der Emsige sagte sich jenes: 'Wie hoch du auch bist, erniedrige dich in allem.' [Eccl. 3,20] Daher erfüllte jenen die [heilige] Schrift, die sagt: 'Über wem ruht mein Geist, wenn nicht über dem Demütigen und Friedfertigen und dem mein Wort Fürchtenden?' Aber auch jenes: 'Siehe meinen Diener: ich nehme ihn auf, meinen Erwählten: meinem Geist gefällt es in jenem.' [Jes. 66,2; 42,1]. Nichts, was Gott an ihm bewirkte, war gering, so dass aus vergangenen Wohltaten die sichtbaren Verdienste seines Dieners wurden. Daher wuchsen ihm neue Ehren zu, seine Macht wuchs, ihm wuchsen neue Tugenden zu. Von daher in Armut mit einer Braut [Werden] verbunden, erhielt er plötzlich eine zweite Braut, nachdem ihm vom König [das Kloster] Hersfeld übergeben worden war, das nach dem Tod seines Hirten [Abt Arnold, 1012-1031] verwitwet war. Der Mann Gottes aber forschte, weil die Liebe es verlangte, danach, was nicht ihm, sondern den anderen nützte, und handelte danach. Wohin er auch mit göttlichem Willen zum Hirten eingesetzt wurde, sprachen seine Untergebenen nichts anderes außer Gutes über ihn. Dafür war sein Leben Beweis genug und das aller gemeinsam. Weil diesen [Untergebenen] gefiel, dass er die Amtsgewalt [als Abt] innehatte, gefiel es ihnen notwendigerweise, dass er in einzigartiger Weise Liebe gewährte. Jene Anstiftung des Teufels - ich sage: Beeinträchtigung -, jenen unheilbaren Schaden und besseren Gifttrunk, die wechselseitige brüderliche Beschuldigung - gleichsam als Angeklagter in einem Mordfall - verabscheute er ganz und gar, warf sie von sich und wies sie zurück, indem er bemerkte: 'Weil ja der Ankläger unserer Brüder hingeworfen wird.' [Apok. 12,10] Wenn irgendjemand verborgen und heimlich zu ihm kam, um kriecherisch zu tun, und wenn er andere Nachlässigkeiten sah, erzählte er dieses und jenes. Er sagte [z.B.]: 'Ihr wisst nicht, in welchem Maße Frechheit zur Gefahr für euch wird, in welchem Maße Überheblichkeit [und] Arroganz. Die Jugend wird [dann] niemanden ehren; die Ehrerbietung gegenüber den Alten wird für nichts erachtet.' Geduldig hörte er dann kurze Zeit zu. Er sagte [hinsichtlich der Einwendungen]: 'Was? Was tut der Dekan?' Während jener gänzlich den Vorwurf untersuchte, sagte er: 'Sie [die Mönche] haben einen Dekan; jener ist ein Vorsteher, ich bin der Abt. Was er mir verheimlicht, ist zu wissen nicht recht.' [Er verhielt sich] wie die kluge Biene im Bienenkorb seiner Klöster, nachdem die Blüten der Tugenden eingesammelt worden waren, wo immer er sich aufhielt und er die Erinnerung an die Süße und die Frucht der Aussprache hinterließ.
10. Irgendwer aus dem Umfeld des Dieners Gottes [Bardo] sagte nun, ob der spendende Gott jenen erhöht habe oder ob dieser sich erniedrige. Wir werden antworten, dass wir es nicht besser wissen, dass wir endlich von beidem Kenntnis haben, weil ein freigebiger Gott einen demütigen Diener bedingt und ein demütiger Diener einen freigebigen Gott. Es war die Gnade Gottes, dass auch dieser [Bardo] in der Erhöhung demütig blieb und er selbst freigebig im Schenken. Wir sprechen vom Schenken, weil geschrieben steht: 'Welcher Vorsteher gab ihm, wer lässt ihm etwas zukommen? Weil ja aus ihm selbst und durch ihn und in ihm alles ist, ihm ist die Ehre und der Ruhm im Zeitalter der Zeiten. Amen.' [Röm. 11,35] Dieser [Jesus Christus] wies den Sünder nicht zurück, sondern rief ihn herbei, er, der Schlechtes mit Guten vergab, zerstörte nicht, sondern baute auf; er führte den Beiseitegeschobenen zurück, er, der durch Barmherzigkeit den Sohn des Zorns stützte, richtete den gefallenen Diener der Sünde auf durch den Ruhm der Freiheit. Sein Werk war die Gnade, seine Geißel die Liebe, seine Barmherzigkeit die Gerechtigkeit, seine Gerechtigkeit die Barmherzigkeit. Sein Werk war der Willen, sein Reich das Heil, der ewige Lohn, der bewundernswerte Ratschlag. [Der folgende Satz ist unklar.] Wer dient? Ihm zu dienen ist zu herrschen. Und wer möchte dienen? Wir sagen nicht, dass dieser Diener Gottes groß ist. Und was sagen wir? Ihm genügte nicht viel, dass er, durch das Fleisch auf Erden beschwert, mit dem Geist im Himmel wohnte; auch wenn er hinabstieg, wohnte sein Geist dort, damit erfüllt wird, was geschrieben steht: 'Ich stehe an der Tür und klopfe. Wer meine Stimme hört und mir öffnet, zu diesem werde ich eintreten und bei jenem wohnen.' [Apok. 3,20] Er ist nämlich wahrlich zu ihm oder besser in ihn [Bardo] eingetreten, den er zum Mitwisser seines Geheimnisses machte, dass es ihn [Bardo] erfreute, würdig am himmlischen Vorwissen teilzuhaben, während er an der irdischen Macht nicht viel Freude hatte. Umgekehrt machte der Geist der Prophezeiung ihn hellsichtig: er sei gewählt und auserwählt - das wurde ihm versteckt deutlich. Als der Abt zweier Orte [Werden, Hersfeld] nämlich mit Feierlichkeit zum König gekommen war, stand er zwischen den [politisch] Mächtigen wie dem Mainzer Erzbischof Aribo. Dieser berührte den [Abts-] Stab [Bardos], ein Zeichen der Macht. Ihn sprach der Bischof - er war aus bayerischen Geschlecht - daraufhin an: 'Hallo Abt! Dieser Stab befiehlt angemessener durch unsere Hand als durch eure.' Jener aber, ein Sohn der Liebe, antwortete ruhig: 'Und wenn euch das gefällt, seid ihr mit wenig zufrieden!' Und beide schwiegen. Und als der Abt in die Kemenate kam, schickte er den kostbaren Stab und ein wunderbar zisiliertes Kochgeschirr, in dem das monatliche Hostiengebäck gebacken wurde, und Stoff aus griechischem Leinen durch Rohing, der ihn damals begleitete und der später [das Kloster] Fulda leitete [1043-1047], dem oben genannten Bischof. Als jener [Rohing] sich nun aber an ihn wandte, sagte der Diener Gottes: 'Hat er unser Geschenk empfangen?'. Als jener zögerte, sagte er: 'Was? Sag schon!'. Jener sagte: 'Er war zufrieden!', und er sagte: 'Zufrieden?' und, als er den Kopf bewegte, von Neuem: 'Was wenn alles Dargebrachte irgendwann zu uns zurückkehrt?' Und wiederum: 'Nicht viel Zeit vergeht, wie ich glaube, und dies alles wird in unsere Verfügung zurückkehren.' Was so geschehen ist. Er wurde nämlich nicht viel später in Mainz Bischof und fand dies alles, wie prophezeit, in seiner Kammer und dankte Gott.
11. Es ist notwendig darzustellen, wie die Prophezeiung sich erfüllte, damit geschah, was auch ein zweiter Prophet sagte, was wahrhaftig ist. Es starb nämlich nicht viel später der besagte Bischof [6.4.1031], und der Bischofsstab seiner Macht wurde zum König gebracht, wo er nun eine Zeit lang blieb [April 1031]. [Lücke] Es versammelten sich die rechtgläubigen Getreuen in einem Konzil an diesem Ort [Mainz?] mit den Vätern der Kirche. Ihnen sagte der König: 'Weil die göttliche Stimme uns in unzähligen Schriften sowohl Schrecken als auch Ehre vorhersagt, seid ihr die Sachwalter und Herolde des göttlichen Rates. [Lücke: Es ist nicht nur] mein Wunsch, sondern noch mehr die ewige Majestät [Gottes, die will], dass von euch jemand gewählt werde, der sicher zur festesten Wand der heiligen Kirche wird.' Die [so] Ermahnten berieten kundig; er [der König] benannte mal diesen, mal jenen, der ihm geeignet erschien. Viel zu lange verzögerte sich [die Entscheidung]. Es war irgendjemand dort, der sagte, dass der Fuldaer Abt auf Grund von alten Rechten herbeizuziehen sei und dass die Fuldaer Gemeinschaft jeden dritten Vorsteher des Mainzer Bischofssitzes stellen müsse. Es gefiel dem König daher, das Konzil zu verschieben, solange sie [die Konzilsteilnehmer] von diesem [Abt] einen geeigneten Rat einholten. Sie sprachen daher über diese Vorrechte und bezeugten diesbezüglich den Beschluss der früheren Könige. In gemeinsamem Beschluss ging darüber die Versammlung auseinander, weil ja bis dahin kein Mann gefunden worden war, den Gott wollte.
12. Daher wurde Abt Richard auf Grund der rechtmäßigen Vorrechte [Fuldas bzgl. der Bischofswahl] angegangen und begab sich zum Hof [des Königs], nachdem er sein Zuhause unter den Tränen vieler verlassen hatte. Er kam unter schweren Bedenken und ängstlich an, befangen in unsicherer, zwiespältiger Hoffnung, ob er auf Grund der Beschlüsse [des Konzils] Bischof werde. Aber irdische Macht war ihm unwichtig, er erwartete den Willen Gottes. Daher war er ausgezeichnet, wie der Psalter sagt: 'In dich, Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt; du wirst mich nicht verwirren in Ewigkeit.' [Ps. 30,2] Aus dem Unsicheren wurde schnell Sicheres, so dass der Fleißige [Richard] in unverletzlicher Hoffnung Gott herbeirief, um durch Dinge, die ihn nichts angingen, nicht beschwert zu werden. In der dunklen Zeit nämlich, wenn die Sonne die untere Hemisphäre der Welt durchläuft, verfinstert sich der Himmel über der Erde, was Nacht heißt; der Schlaf ist der Diener des Vergessens, der Wiederhersteller des Geistes bei den täglichen Sorgen, der Wiederhersteller der heute Ermüdeten für den morgigen Tag; er drängt sich hinein in die bekümmerten Sterblichen. Der besagte Abt suchte nach der Vigil den Schlaf gemäß dem, was geschrieben steht: 'Die Jüngeren unter euch werden Träume sehen, und die Älteren unter euch schlafen den Schlaf.' [Iocl. 2,28]. Er wachte auf in der Morgenröte, schon sicher darüber, wer Bischof sein würde. Nach wiederholten Gebeten sagte er den Anwesenden: 'Dass ihr nicht traurig werdet, Brüder, wegen mir, als wenn ich von euch weggezogen werde wegen dieser bischöflichen Angelegenheit. Durch die reichliche göttliche Gnade genügt uns die Fuldaer [Abts-] Würde, einen anderen nämlich erwartet die Mainzer [Bischofswürde].' Und mit göttlicher Voraussicht sagte er: 'In dieser Nacht sah ich einen Berg von wunderbarer Erhabenheit, dessen Spitze ich nicht ersteigen konnte. Ich sah den Bruder Bardo dort stehen, an dessen Fuß eine Quelle reinsten Wassers entsprang. Ich sah diesen erhabener als mich, ich erblickte in dessen Hand einen Stock zum Hüten der Schafe, und diese Schafe weideten um ihn herum.' In seinen Ausführungen fuhr er weiter fort und sagte: 'Der Berg ist die Erhabenheit der fürstlichen [bischöflichen] Herrschaft, der Stock die Schlichtheit der Züchtigung. Die Quelle ist die göttliche Weisheit, die in diesem [Bardo] ist, die Schafe aber sind das das Futter des himmlischen Grases abweidende Volk. Jener', sagte er, 'ist auserwählt worden. Der himmlische Willen geht an uns vorbei.' Hinsichtlich dieser Sache [der Bischofswahl] sollten sich die Väter [der Synode] wundern, denen [so] auf Erden ein himmlischer Rat nicht verborgen blieb, die, im Körper [der Kirche] vereint, als eine Gemeinschaft im heiligen Geist verbunden waren.
13. Es kam auch der Diener Gottes, von dem wir sprechen, zum König, nicht ängstlich darüber, wer Bischof sein würde, aber wie der ist, der es sein wird. Daher trafen diese zwei Tauben [Bardo und Richard] in einer Herberge zusammen in gegenseitiger Ehrerbietung. Nachdem sie sich umarmt hatten, begaben sie sich mit Begleitern zu einer Kapelle, die dort war. Und als sie den Eingang der Kirche erreicht hatten, blieben beide stehen und zeigten an, dass der jeweils Andere vorgehe. Dieser erwies dem alten Lehrer die Ehre, jener dem, den er als Gewählten in Christus ansah. Lange zögerten sie, und Richard sagte: 'Was zu tun ist, muss hier den Anfang nehmen: Der möge vorangehen, den die göttliche Wohltat auswählt.' Jener aber, als er die Aufforderung hörte, zögerte - aber aus Gehorsam heraus - nicht und lief schnell hinein. Vor Gott ging der daher durch Verdienst voran, den das göttliche Urteil voranstellte. Nach dem Gebet verließen sie aber die Kirche, der fromme Diener [Gottes] erzählte dem frommen Diener [Bardo], was ihm ihr frömmster Herr offenbart hatte. Sie übernachteten dort, am folgenden Tag setzten sie jeder ihren Weg fort. Es ging aber dieser Liebhaber der Frömmigkeit [Bardo] voran, und er kam früher zum [Königs-] Hof. Als einige ihn erkannten, murmelten sie vor sich hin und sprachen: 'Dieser ist es, den die Kaiserin uns als Bischof vorschreibt.' König und Königin hatten sich nämlich nach der früheren Zusammenkunft [der Synode] beraten und bekannten, dass sie keinen anderen als diesen Diener Gottes wollten. Es war daher der Monat Juni, und es näherte sich das Fest der heiligen Apostel Petrus und Paulus. Es kam die Vigil der Apostelfürsten [28.6.], und ein Gerücht kam am folgenden Tag auf über den, der den Mainzer Bischofssitz innehaben würde. Zugegen war nämlich der, den Gott dazu auserwählt hatte.
14. Als am folgenden Tag [29.6.] die Sonne die nördlichen und östlichen Gegenden der Welt erstrahlte und den Schlaf als Abbild des Todes und die Schrecken der Dunkelheit vertrieben hatte, kam der König aus dem Schlafgemach und betrat mit der Königin in der ersten Morgenröte die Kirche. Hingestreckt zum Gebet, erwarteten sie aufmerksam das göttliche Urteil, wonach der für würdig befunden wurde, der für das [Bischofs-] Amt die entsprechenden Verdienste besaß. Daraufhin verließen sie [die Kirche]. Und nachdem sich eine fromme Menge von Getreuen versammelt hatte, setzten sie sich, um über den vorliegenden Fall zu beraten. Aber über die, die da waren, sagt der Apostel: 'Wir sind Helfer Gottes, und wir haben den Geist Gottes [in uns].' [1. Kor. 3,9] Einer sprach [in der Versammlung] über Geduld [, die ein Bischof haben müsse], einer über Selbstbeherrschung, dieser über Mäßigkeit, jener über Demut, dieser über Nächstenliebe, jener verwies auf die geistliche Versenkung als das Höchste aller [dieser Dinge]. Irgendwer teilte mit, wer immer auch damit begabt sei, müsse darüber Zeugnis abgeben. Dadurch [durch die Uneinigkeit] war dem Willen des Königs Tür und Tor geöffnet; sie unterbrachen die Wortmeldungen, sie erwarteten die Entscheidung des Königs, sie selbst wollten [mit dem König] übereinstimmen. Ein Stück des Tages war vergangen, als die Dinge plötzlich in Fluss kamen. Nachdem um Schweigen gebeten worden war, begann der Kaiser zu sprechen: 'Was wir gehört und geprüft haben, Väter und Brüder, verkünden wir euch. Ich kenne einen Mann von großartiger Tugend, vollendeter Heiligkeit und einzigartigem Verstand, ein Gefäß der Keuschheit, einen Sohn der Weisheit mit Körperbeherrschung, groß an Demut, herausgehoben durch Liebe, arm in der Welt, reich im Himmel. Unser Ansehen ist ihm gewogen, wenn die Menschen erneuern, was sie für würdig befinden.' Alle Großen erörterten die Rede des Königs; und was jener bezeugt hatte, bezeugten alle. Diese aber wussten nicht den Namen von dem, über den sie sprachen; sie meinten, es wäre ihr jeweiliger Nachbar [in der Versammlung]. Sie hörten genau zu, und endlich nannte der Kaiser den Namen und sagte 'Vater', zeigte mit dem Finger auf ihn [Bardo] und befahl ihm heranzutreten. Mit Gleichmut, undurchdringlichem Gesichtsausdruck und maßvollem Gang trat er hinzu. Alle bemerkten: 'Es ist jener hier!'; die Augen aller waren auf den frommen Vater gerichtet, die Ohren auf den König. Als jener also vor dem Herrscher stand, sagte der König: 'Wir wenden das Fuldaer Privileg [bzgl. der Bischofswahl] an, und wir brechen den Beschluss unserer Vorgänger nicht. Aber weil es Gründe gibt, befördern wir nicht den Abt, sondern befehlen nach dem Willen der Oberen [der Kirche], dass du dem Bistum voranstehst.' Nachdem er dem Mainzer Volk vorgestellt wurde, freuten sich alle, und er wurde unter dem Lob Gottes zur Kirche geführt, und sie erhoben und weihten ihn zum Bischof. Somit konnte der Herr über ihn sagen: 'Freund, steige hoch!' [Luk. 14,10] Im dritten Monat [nach dem Tod Aribos] empfing er also den heiligen [Bischofs-] Ring, umgürtete sich mit dem Gürtel der Keuschheit und zog das Gewand der Gerechtigkeit an. Die Älteren der Kirche weihten den wahren Aaron, so dass dies ihm ein ewiges Zeugnis gleichwie ein großes Priestertum war. Neben der göttlichen Weihe empfing er den Lobpreis des ganzen Volkes. Der Herr verließ ihn nämlich nicht, er brachte jenem das Zepter des [himmlischen] Königreichs. Der geweihte Bischof war als wahrer Hüter der Seelen fast fünfzig Jahre alt, als er am Fest der heiligen Apostel mit Ehren in das ihm anvertraute Bistum geschickt wurde.
15. Der Verwalter des himmlischen Hofes, dem mit dem Apostel [Petrus] die Schlüssel des himmlischen Königreichs gegeben wurden und die Macht zu binden und zu lösen auf Erden und im Himmel, nutzte in keiner Weise seine Macht wie die Vögel im Himmel oder die Tiere der Erde, aber mit den apostolischen Fischern fischte er im Berg [des Herrn] gemäß dem Propheten [Jer. 16,16] und umfing [die Menschen] mit dem Netz der Demut. Was er an Sünden demütig fand, machte er zunichte mit Hoffnung auf Trost, immer war er begierig darauf, dass er den Dienern des höchsten Vaters nicht eitel erschien. Dann war er nicht sparsam in der Austeilung geistlicher Schätze, er öffnete das Schatzhaus der Weisheit. Den Armen und Kleinmütigen bot er geistlichen Trost. Die Nackten bekleidete er bußfertig, die Blinden erleuchtete er durch himmlische Berge. Den Lahmen ging er voran auf dem Weg, der in den Himmel, sein Herzogtum führt. Er war körperlich und geistig, wie der selige Hiob sagt: 'Ich war blind mit den Augen, schwach auf den Füßen.' [Hiob 29,15] Er kam daraufhin zum König am Geburtstag des Herrn und unseres Erlösers [25.12.] und wurde ehrenvoll empfangen; er war damals in Goslar. Am Tag der Geburt des Herrn fing er früh morgens an, gemäß seiner Würde die Messe zu lesen; er stand hinter dem Evangelium auf den Stufen, verrichtete das Gebet mit nicht vielen Worten [Lücke: Bardo predigt schlecht] bis zum Abend. Und als er zum Altar zurückging, waren dort die anderen, die ihre Missgunst über ihn ausschütteten; sie bemängelten die Einfachheit dieses zum Bischof eines solch bedeutenden [Bischofs-] Sitzes gemachten Menschleins, sie neideten ihm auch, dass er Mönch war. Es schmerzte auch den Kaiser, dass er ihn mit solchem Lob über alle emporgehoben hatte, es strafte ihn, dass er irgendwen zum Bischof gemacht hatte. An jenem Tag wurden häufig die gehört, die sagten: 'Er ist ein Mönch, er kann nur etwas in seinem Klösterchen; in keiner Weise passt er zu solch einem [Bischofs-] Thron.' Und sie schleuderten irgendein Geschrei auf ihn und nannten ihn einen Mönch, der ihnen in dem, was sie wahrnehmen konnten, bei Weitem missfiel. Der König war hungrig, er fragte nach keiner Speise, weil er ja selbst verspottet wurde durch die Beleidigungen der Angreifer. Es kam der nächste Tag, und der Metzer Bischof Dietrich feierte die Messe, er goss verschwenderisch aus, was er fand. Jener wurde von allen gelobt, die sagten: 'Dies ist ein Bischof.' Der Mann [Bardo] aber, der es besser wusste, sagte: 'Ein Törichter offenbart sein ganze Seele, ein Weiser bewahrt sie für später auf.' Weder war er durch das Licht der Gunst übermütig, noch änderte er sich durch [die Angriffe von] Neid; er blieb ruhig, er war sicher in dem, was er vorhatte.
16. Es kam der dritte Tag. Es wurde geschickt nach dem frommen Vater, wer die Messe halten solle. Er bekannte sich [zu dieser Aufgabe] im Vertrauen auf die Gnade Gottes. Seine Freunde wandten sich verstehend an ihn. Sie ermunterten ihn wegen der Größe der Aufgabe, dass er sie einem anderen anvertrauen solle; sie befürchteten auch eine Predigt von der Art, wie er sie zuvor gehalten hatte. Jener aber erkannte für sich selbst: 'Ich werde meinem Ruhm keinem anderen geben.' [Jes. 42,8] Und er sagte demütig: 'Jemand wird seine Last tragen.' [Gal. 6,5] Als sie [die Freunde] die Arbeit [für die Predigt] ansprachen, sagte er: 'Was ist mir nützlich? Tätige Mühe oder der Weg in die Nachlässigkeit?' Mit Gottesfurcht bereitete er sich vor und ging zum Altar. Nachdem er das Evangelium gezeigt hatte auf den [Altar-] Stufen, begann er über den Vers zu predigen: 'Vor dem Glanz seines Angesichts gingen Wolken vorbei.' [Ps. 17,3] Nachdem er die Augen mit einem Seufzen kurze Zeit wie zu seinem [himmlischen] Freund erhoben und sie wieder zur Erde gesenkt hatte, sprach er in demütiger Haltung und mit demütiger Stimme zum Volk: [?; Predigt Bardos] Er erörterte vieles, nachdem er diese [die Zuhörer] mit dem Wasser der heiligen Schriften benetzt hatte; er führte sie zur Beichte, er rührte sie zu Tränen, er versöhnte jene in der Zuflucht geistlicher Reue; er hielt ihnen den Opfertod Gottes im lieblichstem Duft vor Augen. So kehrte er zum Altar zurück. Er versetzte alle durch die Predigt in Staunen. Denn er, der kurz zuvor so bäurisch geredet hatte, wurde von allen gelobt, so würdig zu sein wie der beste Bischof. Sie schwiegen, hingerissen durch die Kraft der Rede, sie beklagten mit verzerrter Miene ihre vorige Einschätzung. Nachdem später dies an der Tafel dem König zugetragen wurde, erklärte der König mit heller Miene: 'Heute ist für mich der Geburtstag des Herrn, weil ja der verwirrte Chor der Neider verstummt ist.' Wieder zurückgekehrt zur Fröhlichkeit, fragte er wie selbstvergessen: 'Wo sind unsere Gegner?' Und er befahl dem Bischof zuerst, Wasser für die Hände zu geben. Der Bischof aber war weder zuvor traurig, noch an diesem Tag fröhlich; er schwieg wie zuvor über den Tadel nun über das Lob. Von da an wurde er mehr und mehr bewundernswert, von jenem Tag an war er überaus groß.
17. [...]
18. [...]
19. [...]
20. [...]
21. Der Mann Gottes war schon alt, wenn er auch bei seinem Tod großen [himmlischen] Lohn erworben haben und dank des Verdienstes seiner Frömmigkeit niemals sterben würde. Er war auf Grund seines fortgeschrittenen Alters und seiner Gebrechen durch eine große Beschwerlichkeit des Körpers geschwächt. Ihn besuchte der heilige Mann Papst Leo [IX.; Oktober 1049] und forderte ihn auf, dass er durch das Essen von Fleisch die Gesundheit wiederherstelle. Er gehorchte und speiste; aber weil die Tür [zu seiner Unterkunft] immer dem Wanderer und Fremden offenstand, zum Vespermahl und zum Frühstück, kam ein fremder Mönch zu ihm, wurde empfangen und zur Tafel geführt. Als dort Fisch fehlte, der Bischof aber Fleisch verspeiste, wurde jenem Mönch auf Befehl des Bischofs eine Portion Fleisch gereicht. Dieser erinnerte sich an den Ausspruch des Erlösers, der sagte: 'Esst, was euch gereicht wird.' [Luk. 10,8] Er mochte Fleisch nicht und deutete dies dem Bischof durch Zeichen und Nicken an. Diesen ermunterte der Bischof, zeigte ihm, dass er selbst Mönch sei und dennoch Fleisch verspeise, und sagte: 'Bruder, Fische fehlen uns; du hast die Erlaubnis das zu essen, was wir haben.' Aber jener war hin- und hergerissen zwischen dem höchsten Gehorsam, ein mönchisches Leben zu führen, und dem Gehorsam [dem Bischof gegenüber]. Der Vorsteher [Bardo] sah, dass dieser nicht zugriff; mit erhobener Hand machte er im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit das Kreuzzeichen und verwandelte - unter Negierung der Natur - Fleisch in Fisch, ein Stück Fleisch in süßesten Fisch. Den Mönch, der davon sehr erschreckt war und sich vorbereitete fortzugehen, tadelte er harsch; er sagte, dass das Höchste am Dienst für Gott der Gehorsam sei. Er sprach: 'Deswegen war Christus gehorsam dem Vater gegenüber bis zum Tod.' [Philip. 2,8]
22. [...]
23. Es gefällt auch, etwas zu seiner [Bardos] Demut zu sagen. Es war in Fulda ein gewisser Mönch mit Namen Luidnand, beschwert durch Krankheiten und das Alter, dem heiligen Mann [Bardo] sehr vertraut. Dieser sah in einer Nacht sich auf einem sehr tiefen, schwarzen und hässlichen Weg. Und als er dort unter großer Mühe herumirrte, bemerkte er plötzlich am Ufer eines Sees eine jugendliche Gestalt blühendsten Alters mit sehr leuchtender Bekleidung. Diese sagte ihm: 'Wohn gehst du, Elendster? Du irrst umher, du weißt nicht, wohin du dich begeben sollst.' Der Mönch sagte: 'So ist es, Herr. Ich bin ein Elender. Ich weiß nicht, woher und wie ich hierhin gekommen bin. Ich weiß nicht, wohin ich mich wenden soll.' Und er fügte hinzu: 'Ich frage dich, helfe mir.' Der junge Mann erbarmte sich seiner, ergriff seine Hand und führte ihn über eine Wiese mit verschiedenen Blumen; er zeigte ihm einen Ort großer Würde. Zwei Jünglinge standen an diesem Ort und bewachten diese Stelle. Und der junge Mann sagte zum Mönch: 'Kommt dir dies bekannt vor?' Dieser antwortete: 'Nein, Herr.' Der junge Mann sagte: 'Dies ist der [Bischofs-] Sitz des Erzbischofs Bardo, dem solche Würde allein durch Demut gebührt. Die, die da stehen, bewachen ihn, bis sie den Leichnam [Bardos] an diesem Ort empfangen.' Nachdem dies gesagt worden war, wachte der Mönch auf und schrieb uns mit großer Süße über diesen Traum.
24. Seine [Bardos] Mühe und sein Werk waren mit göttlicher Zuneigung erfüllt, um ihn aus der zeitlichen Unbeständigkeit und Arbeit zur Ruhe der ewigen Glückseligkeit zu erheben. Er selbst war sich auch bewusst der göttlichen Geheimnisse durch viele Gebete und machte sich dem heiligen Martin beliebt. Er eilte nach Paderborn und begrüßte dort demütigst den König. Am Tag des heiligsten Pfingstfestes [19.5.1051] feierte er öffentlich die Messe, nach der Lesung des heiligen Evangeliums stand er vor dem Volk. Aber weil wir in dieser Schrift nur das Nötigste erwähnen, beeilen wir uns, damit der Leser nicht verärgert ist. Seine überragenden Predigten wollen wir in einem dritten Büchlein vorstellen; wir glauben, dass wir damit den eifrigen Leser zufrieden stellen werden. Diese [Predigten] sind würdig, nicht vergessen zu werden, weil er ja auch die Predigt, die wir oben zitierten, hielt und weil er durch seine Stimme den heiligen Geist verbreitete. Nachdem er also die Predigt zu Ende gebracht hatte, war es einen Augenblick still, und er seufzte aus tiefstem Herzen und sagte mit prophetischer Stimme: 'Ich werde mich auf den Weg machen, Väter und Brüder, auf den ich weniger behutsam vorbereitet bin. Lang ist der Weg, aber ich habe wenig Speise, und hinsichtlich dessen, was ich mache, bin ich unschlüssig. Ich bin nämlich gerufen worden zur Burg des ewigen Königs, wo mir die ganze Auseinandersetzung [um himmlische Urteil] bevorsteht, die ganze Hitze des Kampfs. Auch wenn ich siegreich sein werde, bin ich durch meine Verdienste nicht wert, [dort] zu bleiben; was ich dem Richter als Gefälligkeit anbieten kann, weiß ich nicht. Ich bitte, dass eure Bitten mir vorangehen und folgen, auf dass ich es verdiene, vor den höchsten Richter ohne Urteil zu treten. Nicht nämlich wird ein Lebender gerechtfertigt vor dessen Anblick. Und wenn ihr', sagte er, 'jemals etwas Gutes über mich gehört habt, - so bitte ich - rettet mich und bereitet euch würdig auf das Königreich, zu dem wir gerufen werden, vor. Die Zeit nämlich ist kurz.' Er sagte: 'Nun also vertraue ich euch dem an, der mich euch anvertraut hat: Gott, dem allmächtigen Vater, seinem Wort, dem Herrn Jesus Christus, und dem heiligen Geist, in dem wir diesen Tag [Pfingsten] feiern, auf dass ihr geschützt seid vor aller Feindschaft und es verdient, den Weg der rechten Tat zu gehen. Damit ihr also nicht betrübt werdet, Söhne, sage ich [dies] als Letztes von mir, weil ihr mich so nicht mehr hört.' Dann war ein Wehklagen nicht des Volkes, aber der Kirche zu hören, weil ja die einen gleichsam entseelt erstarrt waren, die anderen, in Tränen aufgelöst, schwer seufzten. Alle sprachen wie aus einem Mund: 'Sag uns, wann wir dich entbehren müssen.' So also ließ er sich an demselben Tag [Pfingsten] vernehmen, an dem er vormals [1031, durch Investitur] den Ring empfangen hatte. Als er nämlich am Festtag der heiligen Apostel Petrus und Paulus geweiht wurde, empfing er am Tag des heiligen Pfingstfestes endlich den Ring.
25. Nachdem die Feiertage vergangen waren, erhielt er vom König die Erlaubnis, nach Mainz zurückzukehren. Er begab sich dahin; mit dem Körper anwesend bei der Reise, mit dem Geist anwesend im Himmel, ordnete er schon seine Dinge mit dem Herrn, die Strenge des [himmlischen] Urteils, die Hoffnung auf Trost. So bezeugte es mehr und mehr sein Gesichtsausdruck, dass er der Welt entfremdet wurde. Er stöhnte wegen der fleischlichen Dinge, er war erfreut über die himmlischen. Sein Herz schwankte zwischen Hoffnung und [Angst vor dem] Urteil. Oft traten auch die Oberen, die ihn begleiteten, eines Rates wegen an ihn heran, und sie legten ihm zweimal und dreimal irgendetwas vor, weil sie dessen Urteil über eine Sache hören wollten; jener [aber] war zögerlich hinsichtlich dessen, was sie wollten. Wenn jene ihm aber wieder und wieder etwas vorlegten, blieb er schweigsam, als ob er nicht anwesend wäre. Als sie ihm einmal das Kleid wechselten, zitterte er plötzlich, wie aus einem Schlaf aufgeschreckt. Allein nur mit dem Körper befand er sich unter den Menschen, er erblickte das, was sich außerhalb des menschlichen Herzens befand. Und er dachte mehr über das Zukünftige als über das Gegenwärtige nach. Als er inzwischen zu dem Ort kam, der Distelwald, für gewöhnlich auch Dorneloh genannt wird, bekam er es dort mit seinem körperlichen Gebrechen zu tun. Der Schmerz wuchs von Stunde zu Stunde, es wurde offenbar, dass er dem Tod nicht entgehen konnte. Er schickte daher in aller Schnelligkeit zu seinem Weihbischof Abbelin [von Fritzlar], der sich zu dieser Zeit in Fulda aufhielt und dorthin von dem ehrwürdigen Vater und Abt Egbert [1048-1058] zur Feier des Festes des süßesten und heiligsten Patrons Bonifatius gerufen wurde: wenn er ihn lebend sehen wolle, solle er nicht zögern, zu ihm zu kommen. Mit denselben Worten schickte er nach dem jüngeren Bardo, dem Sohn seines Bruders, einem Mönch des besagten Klosters, dass dieser sofort zu ihm eile. Beide beschleunigten die Reise, schnell kamen sie zu ihm. Beide wurden also zu ihm geführt. Er hätte sie, auf dem Bett liegend, mit der üblichen Freundlichkeit begrüßt, darüber hinaus auch mit gleichem Tonfall und mit süßem Trost angetrieben, doch er richtete, als sie um den Bischof standen, die Rede an diesen [Weihbischof]: 'Der Tag meiner Abberufung ist nahe, oft von mir gewünscht, immer [von mir] gefürchtet. Und es ist nun nicht so, dass ich meine Gemeinde verlasse, wie ich dem Tod nicht entfliehen kann, weil ich sicher weiß, dass ich sterben werde. Verberge du aber nicht, was für mich sicher ist, noch lüge, wenn du gefragt wirst, weil ich nicht geeignet bin, das Seufzen des Volkes zu ertragen. Du weißt nun schon also wie ein Sohn der Weisheit, was du machen sollst, damit du dem betrübten Volk Trost geben kannst. Mich aber salbe gemäß der Religion des rechtmäßigen Glaubens mit dem heiligen Öl. Ich bin nämlich sicher, dass ich der Beschwerde dieser Krankheit nicht entrinnen kann.' Dieser ertrug die Worte eines solchen Mannes nicht, und aus seinem Herzen kam ein Seufzer. Der heilige Mann sagte: 'Was machst du, wenn du mein Herz schädigst? Ich bitte, fröhlich zu sein von meiner Fröhlichkeit; seufze insoweit, dass ich es verdiene, im Angesicht des Herrn fröhlich einzutreten.' Nachdem er dies gesagt hatte, wurde alles ausgeführt, was der Bischof befahl.
26. Es kam dann die Stunde des Todes, für viele eine Betrübnis und mit vielen Tränen. Und jener Mann Gottes vergaß die Schwäche aus Fröhlichkeit, als wenn er sich schon dem [himmlischen] Ruhm näherte. Er befahl, ein Bußgewand auf die Erde zu legen und ihn darauf zu betten. Als dies geschehen war und während alle aus Seelenschmerz heraus erstarrten, bis Tränen aus den Augen flossen, seufzte der heilige Vater schwer wegen der körperlichen Beschwerden. Und was er belachen konnte, trug bei den Zuhörenden zum Vergessen der Trauer bei. Er lachte also aus dem Mund und weinte im Herzen. Er sagte: 'Wann habe ich jemals auf einem Bett solange geschlafen?' Und als alle mit tränenfeuchtem Gesicht lachten und sich wunderten, dass jemand mit solchen Beschwerden lachen könne, nahmen sie wahr, dass dies alles zur Tröstung geschah. Die aber, die zu ihm herantraten, sagten ihm: 'Halte diese Hoffnung fest in Gott, Vater, und erwarte seine unermessliche Güte. Sei sicher, weil er dich nicht verlässt.' Sie glaubten, dass er nämlich wegen der menschlichen Schwäche schwanken werde. Und daher sprachen sie Worte der heilsamen Ermahnung. Jener aber war durch diese Worte bewegt: 'Und was', sagte er, 'habe ich die ganzen Tage meines Lebens getan? Ich selbst erneuere mich oder setze in ihn [Gott] Hoffnung; und in niemanden außer in ihn setze ich meine Hoffnung. Sein Werk bin ich, jener ist meine Hoffnung. Was dem Herrn gefällt, wird vollbracht im Diener.' Und so wandte er die Augen zum Himmel, kurz vor dem Tod sagte er leidend: 'Deine Barmherzigkeit geschehe, Herr, für uns, wie wir Hoffnung in dich setzen.' Dann, nicht so sehr vom Schmerz des Fleisches bezwungen, als sich der drohenden Enge bewusst, schloss er demütig die Augen und zog die übrigen Glieder an sich. Und er allein war fröhlich, während alle traurig waren, er allein unerschütterlich; unruhig wegen der Welt starb er, fröhlich, nachdem er den fleischlichen Leib verlassen hatte, entschlief er in der Begleitung von Engeln. Nachdem sie dies gesehen hatten, sagten alle Trauernden gleichsam zuerst: 'Vater, warum hast du uns verlassen?' Und wiederum sagten sie: 'Für unseren Teil möge der Herr zurückbringen, was er dir schuldet, weil nicht einer unter uns ist, den du betrübt hast.'
27. Nachdem er also mit schmerzendem Herzen laut beklagt wurde, bedachten endlich alle, was mit dem Körper zu geschehen habe. Und darauf beerdigten sie ehrfurchtsvoll die Eingeweide in der Kirche dieses Ortes [Dorneloh], weil es ja in der Sommerhitze am Mittag war. Nämlich an den 3. Iden des Juli [13.7.; richtig: 11.6.] legten sie den Körper auf eine Trage, um ihn mit Ehren nach Mainz zu überführen. Aber verlassen wir das [Geschehen] und unterbrechen. Wir sprechen lieber von den Wohltaten, die der Herr dort [in Dorneloh] durch die Verdienste seines Bekenners [Bardo] bewirkte. Es war Samstag, als jene heilige Seele den heiligen Körper verlassen hatte. Als an demselben Tag dieser [Körper] gewaschen wurde, gossen sie das Wasser, mit dem sie ihn badeten, an die Wurzeln eines dürren Baums, der dort auf dem Feld stand. Sie, die den Baum tränkten, bemerkten nichts, denn sie warteten darauf, dass der Leichnam des gütigen Mannes reisefertig gemacht wurde. Aber Wunder, die wegen dessen Verdiensten dort das göttliche Wohlwollen bewirkte, werden bekannt bei Gott. Nämlich am selben Ort zur selben Zeit, als Wasser auf die Wurzeln des sehr dürren Baums gegossen wurde, flossen an diesem Samstag in diesem Augenblick aus dem dürren Holz zum Wohl vieler - Gott sei Dank - vollste Wasserströme. Aber wir kehren [nun] zum Geschehen zurück.
28. Daher feierten sie eifrig die Exequien für den Körper des Mannes Gottes. Sie machten sich endlich auf mit der Bahre und zu Pferd und nahmen ihn [den Leichnam] mit sich. Als sie von dort weggingen, kamen ihnen traurige Menschen mit starren Gesicht und trauriger Haltung entgegen. Es erhob sich beiderseits Wehklagen und Schluchzen und das Geschrei vieler, so dass man das Psalmensingen und anderes, was gesungen wurde, kaum hören konnte. Jeder - ob Vater, Mutter, Bruder oder sonstwer - klagte nämlich, sie hörten nicht auf mit dem unbeschreiblichen Weinen - Kinder, Einheimische und Fremde, Jünglinge, Greise, Männer und Frauen. Die Stimmung aller war einmütig: 'Weh, weh, geliebter Vater!' Auch die [Mainzer?] Juden, denen keine [geistliche] Fürsorge [durch Bardo] zuteil wurde, kamen ihnen entgegen, um die Bahre mit dem ehrwürdigen Mann zu sehen, und seufzten, den Kopf zur Erde senkend, und sagten: 'Weh, weh, frommer Vater! Weh, frommer Vater!' Und sie fügten hinzu: 'Wenn jemals die Seele eines Christen Ruhe findet, dann deine durch Verdienst.' Solche Klage und Trauer wurde niemals zuvor gesehen in unseren Zeiten. Keiner konnte den anderen trösten, keiner bekam Trost. Jeder weinte, so dass der eine den anderen nicht trösten konnte. Endlich erreichten sie die Kirche [Dom] des heiligen Martin [in Mainz], wo sie eintraten und den Körper des heiligen Mannes vor dem heiligen Kreuz niederlegten. Sie bemerkten dann, dass der Körper keinerlei Verwesung zeigte, als sie herantraten. Sie fanden ihn nicht nur unversehrt, sondern auch von süßen Weihrauchdüften umhüllt. Diese große Sache wurde [allerdings] für nichts gehalten, weil sie, die nicht viel von seinen Tugenden wussten, glaubten, dass jener Duft Weihrauch sei, der zum Menschen [natürlich] gehöre. Dann, am elften Tag, nachdem sie [den Leichnam] zu allen Kirchen herumgeführt hatten, trugen sie ihn nach den feierlichen Messopfern und den kirchlichen Bußopfern zum Ort der Grablege. Mein Geist schreckt [vor dem Geschehen] zurück, das Herz siecht dahin, die Worte versiegen, Wehklagen kommt auf. Ich schweige, weil ich weine, ich rede leise, weil ich schluchze. Ich komme [indes] zum Erfreulichen, wenn ich vortrage, was die göttliche Güte dort geschehen ließ. Viele vom Volk zeigten unter Tränen Erbarmen mit jenem, als er in der Kirche des heiligen Martin vor dem Kreuz aufgebahrt wurde. Sie nahmen solche Düfte wahr, die alle [anderen] Wohlgerüche leicht in den Hintergrund drückten. Er [Bardo] starb also im etwas mehr als siebzigsten Jahr seines Lebens. In keiner Weise erfuhr er jene Mühe, über die der Psalmist sagt: 'Wenn es aber achtzig und mehr Jahre Mühe und Schmerz gibt, ?' [Ps. 89,10], aber er wurde in der Welt bestattet in einem guten Alter und nach einem heiteren Leben und fand ohne Verzögerung die ewige Anmut [des Himmels]. [Es war] im dreimal siebten Jahr der Bischofswürde. Nun aber glänzt er mit Zeichen und Tugenden, die durch ihn in Gott bewirkt werden.
29. Wir haben wenig gesagt über Bardo, wenn wir unsere Worte einfach zusammentragen. Aber wer findet Worte, die Bardo entsprechen? Unsere Unfähigkeit [bei der Schilderung] reicht nicht an dessen Würde heran. Dieser ist Bardo, den das hörende Ohr preist und das sehende Auge sich als Zeugnis nimmt dafür, dass er den jammernden Armen befreit hat und den Waisenknaben, der keinen Helfer hatte. Der Lobpreis über ihn kam dem Sterbenden zugute, und das Herz der Witwe ist getröstet. Er umgab sich mit Gerechtigkeit, er kleidete sich wie mit der Kleidung durch seine Gerechtigkeit mit dem Diadem. Er war dem Blinden das Auge, dem Lahmen der Fuß. Er war der Vater der Armen, und er untersuchte sorgfältigst die Sache, von der er nichts wusste. Er achtete die Mühlsteine des Ungerechten gering und entfernte die Beute aus dessen Zähnen. [...] Es spricht die Erde, es spricht der Himmel, Gott spricht in den vielen Wundern, die durch jenen bewirkt wurden. Also möge sein Andenken nicht verloren gehen, und sein Name möge weitergereicht werden von Generation zu Generation. [Buhlmann]

Edition: Bardonis archiepiscopi Moguntini vita duplex. Vita Bardonis maior, hg. v. WILHELM WATTENBACH, in: Monumenta Germaniae Historica. Scriptores (in Folio), Bd.11: [Historiae aevi Salici], hg. v. G.H. PERTZ, 1854, Ndr Stuttgart 1963, S.321-342.

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