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Reichenau

Regesten & Quellen

Regesten und Quellen

Abt Witigowo (985-997)

Mainz, 990 April 21

König Otto III. (984-1002) bestätigt der Reichenauer Mönchsgemeinschaft Immunität, Zollfreiheit, Zehntrechte und die freie Abtswahl.

Lateinische Originalurkunde; Siegel verloren gegangen. - MGH DOIII 61. - Regest

(C.) Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Otto, begünstigt durch göttliche Gnade König. Wenn wir die den Klöstern zugestandenen Privilegien unserer Vorgänger, der Könige gleichwie der Kaiser, durch den Schutz unserer Autorität auch sehr bekräftigen, ahmen wir damit nicht allein eine königliche Sitte nach, sondern vertrauen mit der Sicherheit der Ruhe darauf, durch die Gebete der lebenden Mönche unterstützt zu werden. Daher sei dem Diensteifer unserer Getreuen, sowohl der gegenwärtigen als auch der zukünftigen, bekannt gemacht, dass die ehrwürdigen Männer, der Erzbischof Williges der Mainzer Kirche mit unserem sehr getreuen Herzog Konrad der Alemannen und nicht zuletzt der ehrwürdige Abt Witigowo des Klosters Reichenau, unseren Blicken dargelegt haben die Privilegien der heiligsten Päpste Stephan und Johannes und nicht zuletzt die Urkunden unserer berühmtesten Vorgänger, der Kaiser wie der Könige Karl [der Große] und nochmals Karl [III.], Ludwig [der Fromme], Konrad, Heinrich, Otto [I.], ebenso unseres unbesiegbarsten Vaters, des Kaisers und Augustus Otto [II.]. In diesen [Privilegien] ist enthalten, wie die oben genannten, sehr frommen päpstlichen Männer und nicht zuletzt die besagten, sehr christlichen Kaiser und Könige diesem Kloster Reichenau durch Befestigung der Autorität zugestanden hatten, dass kein öffentlicher Richter, weder ein Herzog noch ein Graf noch irgendeine Person mit richterlicher Gewalt es wage, die kirchlichen Höfe oder Orte oder Äcker oder die übrigen Besitzungen, die dem besagten Kloster zum gegenwärtigen Zeitpunkt unterworfen sind bzw. die bald in das Recht und die Herrschaft dieses Klosters durch göttliche Gunst gelangen werden, zu irgendeiner Zeit aufzusuchen, um Rechtsfälle anzuhören, Bußen einzutreiben, Unterkunft oder Bereitstellungen zu erlangen, Bürgen wegzubringen, Menschen, ob Freie oder Knechte, die auf den Ländereien dieses Klosters wohnen, in Anspruch zu nehmen oder irgendwelche Abgaben, Bannbußen oder unerlaubte Übergriffe einzufordern oder irgendein Gerichtsurteil zu erlangen, oder dies, was eben erwähnt ist, festzusetzen; [weiter] dass die zinspflichtigen Leute der Hofgemeinschaft, die an diesen Orten [des Klosters] angesiedelt sind, Frieden haben und vor keinem Grafen erscheinen oder den Bann ablösen oder [ihr] weltliches Geschäft betreiben außer vor dem Abt oder dem Vogt dieses Klosters, aber dass es den Leitern des oben genannten Klosters ziemt, [sie] unter dem Schutz der herrschaftlichen Immunität in ruhiger Ordnung in allem zu besitzen; und was darüber hinaus der Fiskus [an Einnahmen] erhoffen kann, sei insgesamt den dort dem Herrn dienenden Brüdern durch königliche Großzügigkeit in ewiger Festigkeit zugestanden. Darüber hinaus zeigten sie uns auch Schriftstücke, in denen enthalten ist ein Insert, worin Kaiser Karl der Große dem Kloster zugestanden hatte den Zoll von den Schiffen, die auf den Flüssen hin- und herfahren, und nicht zuletzt von den Karren und Lasttieren, die Notwendiges für das Kloster bzw. die Gemeinschaft der dort Gott dienenden Brüder und deren Hofgemeinschaft herbeibringen, wo immer der Fiskus den Zoll erheben mag. Die besagten ehrwürdigen Männer forderten uns nämlich mit dem Eifer der Festigkeit auf, dass wir der väterlichen Sitte folgen und derartig die Wohltat unserer Autorität dem Kloster zugestehen und versichern. Und nicht zuletzt legten sie Urkunden vor, worin dieselben oben genannten Kaiser und Könige der Franken, nämlich Kaiser Karl [III.] und sein Großvater Ludwig [der Fromme] und nicht zuletzt dessen Urgroßvater Karl [der Große], der Kaiser und Augustus, diesem Kloster zugestanden einen gewissen Anteil der Steuer oder des Tributs, der ihnen jährlich aus Alemannien bezahlt wurde, nämlich von den Zentene, der Erigau und Apphon genannt wird, und nicht zuletzt vom Zehnten aus dem Anteil, der sich auf den Alpgau bezieht, und den Neunten vom Fiskus, der mit dem Namen "Sasbach" bezeichnet wird, und auch den neunten Teil der Abgabe, die aus dem Breisgau für uns gefordert wird. Dies, was oben vorgebracht wurde, haben wir zum Heil unserer Seele auch für dieses Kloster zusammengebracht, damit die Mönche einen genügenden Unterhalt haben und in der Lage sind, für uns die Barmherzigkeit des Herrn fröhlicher zu erflehen. Aber wir haben auch festgesetzt und befohlen, dass die Neunten und Zehnten, die wir als unser vorgenanntes Almosen dem Kloster dargebracht haben, den Betreibern des Klosters gegeben werden, wobei zuerst der [klösterliche] Anteil an Steuern und Tributen verteilt wird, dann die Teilung der Anteile geschieht, die uns und unsere Grafen betreffen. Wir aber begehren, den Bitten und dem Wunsch der vorgenannten ehrwürdigen Männer, des Erzbischofs Williges und des oben genannten Herzogs Konrad gleichwie des vorgenannten Witigowo, dem wir wegen seines häufigen Dienstes [für den König] die Leitung der Abtei gegeben haben, zu entsprechen, und bekräftigen die von unseren Vorgängern zugestandenen Privilegien mit festester Großzügigkeit in solchem Maß, dass er selbst [Witigowo], solange er lebt, diese Abtei ohne jegliches Hindernis von Neid innehabe und die Mönche nach der Regel des heiligen Benedikt die Erlaubnis haben, nach ihm als Äbte unter sich zu wählen, wen sie wollen. Und wir haben befohlen, diese Urkunde unserer Autorität von daher aufzuschreiben, in der wir entscheiden und befehlen, dass das, wie es von unseren oben genannten Vorgängern dem Kloster und den Brüdern durch königliche und kaiserliche Großzügigkeit zugestanden wurde, so in unseren und zukünftigen Zeiten in festester Beschaffenheit bestehen bleibe. Und damit diese Urkunde unserer Autorität in den folgenden Jahren fester und sorgfältiger beachtet wird, haben wir [sie] mit eigener Hand bekräftigt und befohlen, [sie] durch den Eindruck unseres Rings zu siegeln.

Zeichen des Herrn Ottos (MF.), des ruhmreichsten Königs.

Ich, Bischof und Kanzler Hildebald, habe statt des Erzkanzlers Willigis rekognisziert. (SI.D.)

Gegeben an den 11. Kalenden des Mai [21.4.] im Jahr des Herrn 990, Indiktion 3, im siebten Jahr, als Otto III. regierte. Geschehen in Mainz; glücklich [und] amen.

Bearbeiter, Übersetzer: Michael Buhlmann