Lexikonartikel: Heiliger, Klosterpatron, Reliquien

Heiliger, Klosterpatron, Reliquien

Heilige waren/sind Frauen oder Männer, die in der christlichen Religion nicht nur des Mittelalters auf Grund ihrer Verdienste (Martyrium, Bekennertum u.a.) allgemein Anerkennung und Verehrung erfuhren (Heiligenkult). Da die Heiligen als Vermittler zwischen den Menschen und Gott angesehen wurden, stellten sich Kirchen und Klöster unter deren Schutz. Der Heilige wurde so zum Kirchen- und Klosterpatron, das Institut der Patronage heißt Patrozinium. Die Reliquien (sterbliche Überreste, Berührungsreliquien) halfen die Verehrung eines Heiligen erleichtern. Die Art der Verehrung von Heiligen unterlag dabei räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten, „Moden“ (Kultlinien).

Das Beispiel des heiligen Georg mag die Verehrung eines Klosterpatrons verdeutlichen: Georg war ursprünglich ein Heiliger der östlichen Christenheit gewesen. Der aus Kappadokien stammende Soldat soll am Beginn der Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Diokletian (284-305) den Märtyrertod gestorben sein. In den ersten Jahrhunderten des Mittelalters gelangten Verehrung und Reliquien Georgs auch nach Italien und ins merowingische Frankenreich. Später war es der Mainzer Erzbischof Hatto (891-913), der im Rom des Jahres 896 von Papst Formosus (891-896) Georgsreliquien erhielt – die stadtrömische Kirche San Giorgio al Velabro spielt hier eine bedeutsame Rolle - und mit den Reliquien nach Ostfranken zurück über die Alpen zog. Dort verteilte er das Erworbene, so dass das Bodenseekloster Reichenau, dessen Leitung Hatto besaß, in den Besitz von einigen Georgsreliquien - darunter ein Stück vom Haupt des Märtyrers - gelangte. Das „Georgshaupt“ auf der Reichenau, genauer im von Hatto gegründeten Oberzell, muss die Verehrung des kappadokischen Erzmärtyrers im mittelalterlichen Schwaben befördert haben. Nicht zuletzt die Reichenauer Klostervögte, die im 11. Jh. aus der Familie des St. Georgener Klostergründers Hezelo stammten, müssen vom Georgskult beeinflusst worden sein. Ihr Gebetshaus bei ihrer Stammburg in Königseggwald war wohl an der Wende vom 10. zum 11. Jh. dem heiligen Georg geweiht und mit entsprechenden Reliquien versehen worden. Im Zuge der Klostergründung Hezelos und Hessos (1084/85) erreichten Name und Reliquien des Kappadokiers schließlich St. Georgen. Am Vorabend des Georgstages (23. April) 1084 gelangten die ersten Mönche aus Hirsau in das neue Kloster, Besitzschenkungen an die Schwarzwälder Mönchsgemeinschaft geschahen über den Reliquien des Märtyrers, der kappadokische Heilige bezeichnete fortan das Kloster und den Ort.

Angenendt, Heilige und Reliquien; Angenendt, Religiosität; Buhlmann, Heiliger Georg; Buhlmann, Gründung und Anfänge, S.13; Meyer, Sankt Pelagius; Schwaiger, Mönchtum, S.228f, 340f, 376f.

Artikel aus: Michael Buhlmann, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004

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