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925 Jahre
St. Georgen im Schwarzwald

2009 - 925 Jahre St. Georgener Klostergründung

1084-2009
925 Jahre Benediktinerkloster St. Georgen im Schwarzwald

Zwei Protagonisten des schwäbischen Adels aus der Zeit der (gregorianischen) Kirchenreform und des Investiturstreits (1075-1122) sind uns auf Grund des mittelalterlichen Gründungsberichts des Klosters St. Georgen genauer bekannt: Hezelo (†1088), der Vogt des Bodenseeklosters Reichenau, und Hesso (†1113/14), ein Verwandter Hezelos aus der Familie der Sülchgaugrafen. Zusammen mit Konrad - er stammte aus dem Niederadel im Eritgau - sollten sie im Jahr 1084 die Gründer des Schwarzwaldklosters werden. Zuvor waren aber noch eine Reihe von Vorbereitungen und Umwege zu bewältigen. Hezelo hatte nämlich vor, das Kloster im oberschwäbischen Königseggwald zu errichten, doch bestand der von Hesso um Mitwirkung gebetene Hirsauer Abt Wilhelm (1069-1091) auf eine Verlegung der Stiftung, um das neue Kloster weitgehend der weltlichen Einflussnahme zu entziehen. Man einigte sich schließlich auf einen Ort im Schwarzwald als Platz für die Klostergründung: den Hügel, der sich nördlich an das Quellgebiet der Brigach auf dem "Scheitel Alemanniens" anschloss und der heute den Namen St. Georgen trägt.

Die Besiedlung St. Georgens erfolgte dann im Jahr 1084 durch die Mitgründer Hesso und Konrad, einige Konversen (Laienbrüder) und aus Hirsau entsandte Mönche. Die Ankunft der Mönche vollzog sich am Vortag des Georgfestes, am 22. April. Die Mönche hatten bewusst diesen Termin gewählt, aus Ehrfurcht vor dem Heiligen, dessen Fest sie dann sicher am Tag nach ihrem Einzug feierten. Die Ankunft der Mönche am 22. April macht augenfällig, dass man der Mönchsgemeinschaft den Namen "Kloster des heiligen Georg" gegeben hat.

Mit Beistand des Heiligen, dessen Reliquien die Mönche von Anfang an besaßen, entwickelte sich das Benediktinerkloster St. Georgen erfolgreich. Das "St. Georgener Jahrhundert" von dem bedeutenden Reformabt Theoger (1088-1119) bis zu Abt Manegold von Berg (1169-nach 1193/94) sah den Aufbau einer großen klösterlichen Grundherrschaft, die Aufnahme von Beziehungen zu Papsttum und deutschen Königtum sowie das Kloster als Reformmittelpunkt benediktinischen Mönchtums. Im späteren Mittelalter gelang die Ausbildung eines St. Georgener Klostergebiets, doch geriet die Mönchsgemeinschaft ab der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts zunehmend in Abhängigkeit seiner Klostervögte, der württembergischen Grafen und Herzöge. Die katholische Abtei ist dann 1536 im Zuge der württembergischen Reformation aufgelöst worden, die Mönche fanden in der frühen Neuzeit im habsburgischen Villingen Zuflucht. Das Villinger Georgskloster ist dann 1806 säkularisiert und aufgelöst worden.

Die Stadt St. Georgen, die vom Benediktinerkloster nicht nur den Namen geerbt hat, hat 1984 das Jubiläum der 900. Wiederkehr der Klostergründung gefeiert. Im Jahr 2007 beging man "500 Jahre St. Georgener Marktrecht".

925 Jahre Benediktinerkloster St. Georgen im Schwarzwald
1084-2009

Foto: Verein für Heimatgeschichte St. Georgen (Grabstein des Adalbert von Ellerbach, 1121)

 

Jubiläumsjahr 2009 in St. Georgen im Schwarzwald

Die Feiern zur 925. Wiederkehr der St. Georgener Klostergründung im Jahr 2009 gestalten sich in St. Georgen im Schwarzwald eher schleppend bis peinlich. Das liegt zum einen daran, dass Stadt und Bürgermeister sowie die angeschlossenen städtischen Institutionen wie Verkehrsverein oder Volkshochschule bis zum April (und darüber hinaus?) keine Anstalten gemacht haben, "ihr" St. Georgener Jubiläum durch ein schlüssiges Konzept von Geschichte und Kultur in eine irgendwie geartete Realität umzusetzen und dass es wahrscheinlich überhaupt kein solches Konzept gibt. Noch nicht einmal auf der städtischen Website wird auf das Kloster- und Ortsjubiläum hingewiesen. Dabei ist heutzutage Geschichte und Kultur neben Handel und Wirtschaft ebenfalls ein Standortfaktor, und ein Jubiläum hätte sicher auch Auswirkungen auf den Tourismus im "Ferienland Schwarzwald". So ist in St. Georgen - anders als im benachbarten Villingen, wo sich das Kloster St. Georgen vom 16. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert ja befunden hatte - der Jubiläumstag des 22. April ziemlich sang- und klanglos vorbeigegangen.

Die Stadt St. Georgen scheint das ihr lästige Jubiläum auf die Kirchengemeinden und einige mit Geschichte und Kultur befasste Vereine abgeschoben zu haben. Diese präsentierten - immerhin rechtzeitig zum Jubiläumstag - ihr Programm der St. Georgener Klosterspuren (2009). Von Ende April bis Ende Oktober gibt es Veranstaltungen zum Jubiläum, viele peinlich, wenige gerade noch vertretbar. Auch hier vermisst man ein schlüssiges Konzept, es fehlt fast überall der Bezug zum Kloster- und Ortsjubiläum. Lediglich die Führungen durch das St. Georgener Lapidarium und durch die evangelische Klosterkirche sowie eine Fahrt nach Hirsau lassen erahnen, dass es hier um St. Georgener Geschichte gehen soll. Kirchenkonzerte und Gottesdienste als weitere Veranstaltungen sind zwar recht nett, aber doch ziemlich belanglos in Bezug auf das im Programm so genannte Jubeljahr.

Darüber hinaus hat man sich bei der Planung der St. Georgener Klosterspuren davon leiten lassen, dass das Schwarzwaldkloster doch wohl irgendetwas mit dem Mittelalter zu tun hatte. Da die fähigen Programmplaner aber nun das Mittelalter mit Kräutern, Pilgern und Hexen in Verbindung gebracht haben, gibt es im Rahmen des Jubiläums eine Naturgartenführung, die Einweihung eines (des wievielten?) Jakobsweges und - besonderes peinlich - den Vortrag "Finsteres Mittelalter - Hexen-Inquisition". Hier sind denn nun mal wieder alle Klischees über das Mittelalter versammelt, und nichts - aber auch rein gar nichts - hat mit St. Georgen und dessen Kloster zu tun. Selbst die Hexenverfolgungen waren ja doch ein Phänomen der nachmittelalterlichen frühen Neuzeit und traten erst am Ende des Mittelalters und dann nur sporadisch in Erscheinung.

Einen Wissenszuwachs - gerade in Hinblick auf die St. Georgener Geschichte - bringt also das Programm der Klosterspuren für diejenigen, die sich daran beteiligen wollen, bestimmt nicht. Eher ist davon auszugehen, dass die üblichen Klischees über Mönche und Mittelalter bestätigt werden. Zum Glück wirkt der lieblos zusammengestellte Flyer zu den Klosterpuren alles andere als einladend. Und den Wenigen, die sich den Flyer durchlesen, rate ich: Lieber zu Hause bleiben!

Stand: Mai 2009, Michael Buhlmann

 

Nachtrag: Wie erwartet, hat die Stadt St. Georgen nichts zum 925. Jubiläum der Klostergründung und damit der Existenz des Ortes St. Georgen beigetragen und es lieber Vereinen überlassen, das oben beschriebene, allzu dürftige "Jubiläumsprogramm" über die Bühne zu bringen. Dies geschah denn auch weitgehend geräuschlos und von der Öffentlichkeit zu Recht unbeachtet.

Stand: November 2009, Michael Buhlmann

 

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