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O
Olympiade. Die antik-griechische Ära besteht aus Vier-Jahres-Zeiträumen, die Olympiaden heißen. Eine Olympiade umfasst also ihr 1. bis 4. Jahr; jedes Jahr beginnt ungefähr am 1. Juli eines julianischen Jahres. Bezugspunkt zum julianischen Kalender und zur Inkarnationsrechnung ist der 1. Juli 1, mit dem das 1. Jahr der 195. Olympiade begann.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Osterbuchstabe. Die Lunarbuchstaben zwischen 22. März und 25. April (also von B. bis .Q) heißen Osterbuchstaben und bezeichneten im Rahmen der mittelalterlichen Osterrechnung den Ostertermin eines bestimmten Jahres.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Osterfestkreis. Der Osterfestkreis als Teil des
Kirchenjahres besteht aus den dem -> Ostersonntag in einer festen
zeitlichen Distanz vorangehenden bzw. nachfolgenden Festtagen. Das sind
(bezogen auf ein Gemeinjahr) u.a.:
Septuagesimae (-63 d), Esto mihi (-49 d), Aschermittwoch
(-46 d), Ostersonntag (0 d), Himmelfahrt (+39
d), Pfingsten (+49 d), Trinitatis
(+56 d), Fronleichnam (+60 d) (d=Tag; -: vor
Ostern; +: nach Ostern; d=Tag).
Die Zeit zwischen Septuagesimae und
Aschermittwoch heißt dann Vorfastenzeit, die von Aschermittwoch bis
Ostern 40-tägiges Fasten (Quadragesima), die zwischen Ostern und
Pfingsten 50-tägige Osterzeit (Quinquagesima). Septuagesimae ist der 9.
Sonntag vor Ostern, Esto mihi (als letzter Sonntag der Vorfastenzeit)
der 7., Pfingstsonntag der 7. nach Ostern, Trinitatis der 8.
Nur
eingeschränkt mit dem Osterfestkreis verbunden sind die Daten der
Quatember. Die durch die vier Jahreszeiten bestimmten Quatembertermine
liegen dabei eine Woche nach Aschermittwoch, am Mittwoch nach Pfingsten,
am Mittwoch zwischen dem 15. und 21. September und am Mittwoch zwischen dem
14. und 20. Dezember. Im Kirchenjahr sind die Quatember durch besondere
Fastenzeiten (Quatemberfasten) ausgezeichnet.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Osterfeststreit, Osterstreit. Die innerkirchlichen
Streitigkeiten um eine richtige Bestimmmung des Ostertermins nennen wir
Oster(fest)streit. Schon seit dem beginnenden 2. Jahrhundert sind
Unterschiede in der terminlichen Praxis beim Feiern des Osterfestes
feststellbar. Diese Unterschiede sollten bis in das 8. Jahrhundert anhalten. Erst
zu diesem Zeitpunkt hatte sich der 532-jährige, alexandrinisch-römische
Osterzyklus auch in ganz Europa durchgesetzt. Die Einheitlichkeit des
Ostertermins war damit erreicht.
Wir können im Osterfeststreit eine
qualitative und eine quantitative Ebene feststellen. Bei der
qualitativen ging es u.a. um folgende Fragestellungen: Ostertermin an
einem Sonntag; zeitliches Zusammenfallen von Ostern und Passah;
Beachtung der Tagundnachtgleiche; Einheitlichkeit in der Osterrechnung.
Auf der quantitativen Ebene wurden Ostertafeln und Osterzyklen erprobt
und verbreitet.
Somit kristallisieren sich folgende Richtungen (u.a. Häresien)
heraus: Quartodezimaner (Passah-Ostern [=
Todestag Christi] als Nisan 14; 2.Jh.; Palästina, Syrien, Kleinasien); Novatianer,
Audianer, Protopaschiten (Ostern "mit den Juden",
Ostern am Sonntag nach Nisan 14, egal ob vor oder nach dem Äquinoktium;
3. bzw. 4.Jh.; u.a. Syrien, Kleinasien); Montanisten (Ostern am Sonntag
nach dem 6. April bzw. am 6. April; 2./4.Jh.; Kleinasien); Gallien
(Ostern am 25. März; 5.Jh.); irischer Osterzyklus (84-Jahres-Zyklus;
6./7.Jh.; Irland, England).
Demgegenüber setzt sich schon im 2. Jahrhundert
(z.T. mit dem Osterfest überhaupt) der Sonntag als Festtag in
Jerusalem, Alexandrien und Rom durch. Seit dem Beginn des 3. Jahrhunderts
bemüht man sich, das Osterfest mit Hilfe von Osterzyklen
vorauszubestimmen. Miteinander konkurrierende Osterzyklen sind z.B. der
alexandrinische und der 84-jährige, römische Zyklus, der auch nach der
Übernahme der alexandrinischen Berechnungsmethode durch Rom in Irland
und England zunächst vorherrschend blieb. In Gallien zeigte die dort
vom 5. bis zum 8.Jh. verwendete Osterberechnung des Victorius von
Aquitanien ebenfalls Abweichungen vom alexandrinischen
532-Jahres-Zyklus. Ein 95-Jahres-Zyklus wurde noch im 6.Jh. in Italien
und Afrika benutzt, ein 112-jähriger Osterzyklus in Gallien und Spanien
(Ostertafeln, Osterzyklen).
Fassbar wird der Streit um den richtigen
Ostertermin in den Jahren 387, 417, 444 und 455. In Rom wurde Ostern am
21. März 387 und 25. März 417 gefeiert, in Alexandrien am 25. April
387
bzw. am 22. April 417; im Jahre 387 feierten auch viele Kirchen Ostern am 18.
April. Bzgl. der Jahre 444 und 455 setzte Papst Leo der Große nach
langem Hin und Her das alexandrinische Osterdatum durch.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Ostergrenze. Als Ostergrenze wird der Termin des ersten Frühlingsvollmonds bezeichnet. Der Ostersonntag ist also immer der auf die Ostergrenze folgende Sonntag.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Ostern. Das ab dem 2. Jahrhundert erst als (quartodezimanisches)
christliches Passahfest erfassbare Ostern
sollte zum Hauptfest der christlichen Kirche werden. Basierend auf den
heilsgeschichtlichen Begebenheiten des Abendmahls sowie der Kreuzigung
und Auferstehung Christi, stand zunächst die Abendmahlsfeier in der
Osternacht (Ostervigil) im Vordergrund. Die Zergliederung des
Osterfestes in Abendmahl, Karfreitag, Grabesruhe und Ostersonntag (ab
dem 4. Jahrhundert) führte zu einer stärkeren Betonung des Leidens-
und Auferstehungsgedankens, dies auch im eschatologischen Zusammenhang
der Parusie. Nicht zuletzt war aber solch eine Relativierung der
österlichen Einheit von Leiden, Tod und Auferstehung Christi ein
Ausgangspunkt zur Herausbildung des Osterfestkreises.
Der Name
"Ostern" soll dabei - u.a. mittelalterlichen Erklärungen
zufolge - auf eine germanische Göttin oder auf die im Osten
auftauchende Morgenröte zurückzuführen sein. Dagegen lassen sich
Bezeichnungen wie Passah, Paschen oder Pasen leicht aus dem jüdischen
"Passah" erklären.
Ostern fällt in die Zeit des
beginnenden Frühlings. Das Wiedererwachen der Natur entspricht also der
Auferstehung Christi, aber auch (abergläubischen)
Fruchtbarkeitssymbolen (wie die im Mittelalter wohl nicht belegten
Ostereier und -hasen). Erwähnt werden muss noch - auch im
Zusammenhang mit einem Jahresbeginn zu Ostern (Paschalstil) - die
wirtschaftliche Bedeutung des Osterfestes hinsichtlich Abgaben und
Steuern.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Osterrechnung. Hier seien nur noch die für die mittelalterliche Osterrechnung relevanten Größen genannt (Komputistik, Ostersonntag, Ostertafeln usw.). Ausgehend von den astronomischen Tatsachen über Sonnen- und Mondlauf, entwickelte man schon früh mathematische Kennzahlen zur Bestimmung des Ostertermins. Diese waren u.a.: Claves terminorum, Epakte, Festzahl, Goldene Zahl, Indiktion, Inkarnationsjahre, Konkurrente, Lunarbuchstaben, Osterbuchstaben, Ostergrenze, Regulare, Sonnenzirkel, Sonntagsbuchstabe. Die Kennzahlen fanden bei der abzählend vorgehenden, mittelalterlichen Komputistik Verwendung.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Osterregulare = Regulare.
Ostersonntag, Ostertermin. Für den Termin des Ostersonntages gilt (u.a. gemäß Beda Venerabilis): Der Ostersonntag ist der Sonntag unmittelbar nach dem ersten Frühlingsvollmond. Daraus folgt: 1. Ostern muss auf einen Sonntag fallen; 2. Ostern wird nach der -> Tag- und Nachtgleiche gefeiert; 3. Ostern wird nach dem Frühlingsvollmond begangen, der auf oder als erster nach der Tag- und Nachtgleiche fällt. Die Nicht- oder mangelhafte Beachtung dieser sich erst im Laufe der Jahrhunderte ausbildenden Regeln führte zu Streitigkeiten innerhalb der frühen (antiken und frühmittelalterlichen) Kirche (Osterfeststreit).
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
Ostertafel. Dem induktiv-sequentiellem Rechnen nicht nur des Mittelalters entsprechend, traten schon früh Tabellen zur Osterberechnung auf. Diese Ostertafeln, also die Fortschreibung der Ostertermine von Jahr zu Jahr, basierten u.a. auf (spätantiken) Osterzyklen.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters
Osterzyklus.Von den Osterzyklen sind die wichtigsten: 1. Oktaeteris (8-Jahres-Zyklus; 2.Jh.); 2. 16-Jahres-Zyklus (16=2*8; Hippolyt von Rom, 3.Jh.,A.); 3. 76-Jahres-Zyklus (532/7=76; Alexandrien, 3.Jh.,E.); 4. 84-Jahres-Zyklus (84=3*28; Laterculus des Augustalis, 3.Jh.; ältere Supputatio Romana, 4.Jh.,1.H.; Chronograph von 354; jüngere Supputatio Romana, 4.Jh.,2.H.); 5. 95-Jahres-Zyklus (95=5*19; Kyrillos von Alexandrien, 5./6.Jh.); 6. 112-Jahres-Zyklus (112=7*16; verbreitet in Gallien, 5.Jh.); 7. 532-Jahres-Zyklus (532=19*28; Victorius von Aquitanien, 5.Jh.,M.; -> Dionysius Exiguus, 6.Jh.,1.H.; -> Beda Venerabilis, 8.Jh.,A.). - Die Ostertafeln hatten einen unterschiedlichen Aufbau. Fortlaufend nach Jahren gegliedert, gab z.B. die Ostertafel des Kyrillos das Jahr gemäß der -> Diokletianischen Ära an, worauf -> Indiktion, Epakte, Konkurrente, Jahr im Mondzyklus, Datum des Vollmondes, Ostersonntag und das Mondalter am Ostersonntag folgten. Die Zeitzer Ostertafel (um 447) gibt als Jahreskennung das entsprechende Konsulat an, Dionysius Exiguus die Jahre nach der Inkarnationsära, ebenso Beda Venerabilis. - Die "Laufzeit" der Ostertafeln war recht verschieden und orientierte sich meistens an den zugrundeliegenden Zyklen. Die Ostertafel des Dionysius bezog sich auf die Jahre zwischen 513/531 und 626, also über 114 (=19+95) Jahre. Neben anderen (früheren) Komputisten sollte Beda Venerabilis diese Ostertafel bis zum Jahre 1063 (=531+532) fortsetzen.
Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters; Holford-Strevens, Zeitrechnung
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