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Z

Zeit. Entstanden in der "universellen" Singularität des Urknalls, entstanden "aus" der Planckzeit und der vielleicht zeitlosen "Ewigkeit" des Raums "vor" dem Urknall durch einen relativistisch-quantenmechanischen Tunneleffekt, bildete sich mit dem Urknall die heute, seit 15 oder mehr Milliarden Jahren existierende Raumzeit der allgemeinen und speziellen Relativitätstheorie, bildeten sich Galaxien, Sonnen, Planeten und Monde und damit ein (in Teilen?) anthropisches Universum. Das (schwache) anthropische Prinzip besagt dabei, dass die physikalischen Voraussetzungen des Universums so gegeben sind, dass "menschliche" Beobachter existieren können. Dem Prinzip entspricht es, dass die Menschen in der Lage sind, das Universum in einem "menschlichen" Sinne zu "verstehen", besser: zu interpretieren. Dass dieses Interpretieren nicht nur auf unsere moderne Zeit beschränkt ist, ist daran zu ersehen, dass schon Menschen in vorgeschichtlichen Zeiten, den Lauf von Sonne, Mond und Planeten beobachtet haben. Die Kalenderrechnung ist damit Ausfluss dieses Erkenntnisprozesses und verbindet religiös-philosophisch-wissenschaftliche Denkweisen vom "Himmel" mit den auch praktischen Gegebenheiten einer zeitlichen Ordnung auf "Erden". Zeit bestimmt damit das Leben der Menschen, heute mehr denn je. Zeit bestimmt auch Geschichte, denn Geschichte ist als das Aufeinanderfolgen von Ereignissen in der Zeit erklärbar. Nur in einem zeitlichen Kontext werden Entwicklungen fassbar, Entwicklungen, die nicht nur den Menschen betreffen sondern auch etwa die Erdgeschichte oder die Geschichte des Universums.

Buhlmann, Zeitrechnung des Mittelalters

Zeitgleichung. Die Erde beschreibt auf ihrer Bahn um die Sonne eine Ellipse, die Erdachse ist in Bezug auf die Erdbahnebene geneigt. Dadurch sind die Tage eines Jahres nicht gleich lang, es unterscheiden sich wahre Sonnenzeit und mittlere Sonnenzeit. Die Zeitgleichung gibt den Unterschied zwischen wahrer und mittlerer Sonnenzeit im Laufe eines Jahres an. Dabei geht die wahre Sonnenzeit der mittleren bzw. die mittlere der wahren um bis zu 15 Minuten voran.

Holford-Strevens, Zeitrechnung

Zeitrechnung (europäisches Mittelalter). Der Umgang der Menschen mit der physikalisch-astronomischen Zeit prägte über Christentum und Kirche im Rahmen des antiken julianischen Kalenders die mittelalterlichen Zeitvorstellungen ungemein. Da gab es zunächst vom spätantik-frühmittelalterlichen Osterfeststreit bis zur gregorianischen Kalenderreform (1582) das Ringen um den "richtigen" Kalender mit dem Ostersonntag als christlichem Fixpunkt und, daraus resultierend, der mittelalterlichen Komputistik als algorithmische (und daher heute wieder aktuelle) Berechnungsmethode. Das die immerwährende Heilsgeschichte abbildende und sich daher immer wiederholende kultisch-liturgische Kirchenjahr des Christentums beeinflusste den All- und Festtag der Menschen, von der Politik bis hin zur Arbeit der Bauern und Bürger. "Kaufmännische" Zeit und die Erfindung der mechanischen Uhr gehören dann ins Spätmittelalter, auch blieben viele der antiken und mittelalterlichen Grundlagen der europäischen Zeitrechnung nach der gregorianischen Kalenderreform erhalten. - Im Rahmen der mittelalterlichen Zeitrechung fanden unterschiedliche Jahres- und Tageszählungen Verwendung, doch setzte sich allgemein die Inkarnationsrechnung mit den Jahren nach Christi Geburt durch, während die Jahresanfänge noch variieren konnten (Circumcisions-, Annunziations-, Oster-, Nativitätsstil). Andere Jahreszählungen waren die der Indiktion (?Römerzinszahl?) und die nach Regierungsjahren von Herrschern oder den Pontifikatsjahren von Päpsten und Bischöfen. - Die julianisch-römische Einteilung des Jahres in zwölf Monate mit verschiedenen Längen entspricht der heutigen. Die 365 bis 366 Tage eines julianischen Jahres wurden indes unterschiedlich bezeichnet: Das Abzählen der Tage innerhalb eines Monats kam gerade im späteren Mittelalter vor, häufig wurden aber die römische Tagesdatierung mit ihren Kalenden, Nonen und Iden benutzt oder die Datierung nach Heiligen- und Festtagen. Dabei gehörte das Jahr Jesus Christus (annus domini), durch den die Heilsgeschichte verwirklicht wurde, der Tag aber gehörte den Heiligen (dies sancti), den Mittlern zwischen Himmel und Erde. - Im Bereich der Klöster und geistlichen Institutionen offenbarte sich Zeitrechnung insbesondere als Teil der liturgisch-gottesdienstlichen Verrichtungen der Mönche. Das Gerüst um Gottesdienst und liturgische Handlungen bildeten das christliche Kirchenjahr mit seinen Festtagen und der in zwölf (ungleiche) Tag- und Nachtstunden unterteilte Tag. Zentraler Bezugspunkt der klösterlichen Liturgie war das tägliche Stundengebet als Nachtgebet, als Gebet zu den kanonischen Horen von der Matutin bis zur Komplet. Nach der Prim, auch nach der Terz wurden zudem Messen gehalten, Gebet und Psalmen, Hymnen und Wechselgesänge waren zu hören. Die höchsten Feiertage wie Ostern, Weihnachten oder der Tag des Klosterpatrons erforderten eine gesteigerte Liturgie, Prozessionen wurden veranstaltet, die Kirche geschmückt und festlich beleuchtet. Daneben mussten die memoria, das Totengedenken an die verstorbenen klösterlichen Wohltäter vollzogen, außerhalb der engeren liturgischen Verpflichtungen sonstige Arbeiten verrichtet werden. Zeit bestimmte also im System z.B. der Benediktregel den klösterlichen Tagesablauf (kirchliche Horen). - In den Bereich von Mathematik und Astronomie gehörte die Unterteilung der Stunde in kleinere, mehr theoretische Zeiteinheiten. So galt das folgende Umrechnungsschema: 1 Stunde (hora) = 4 punctae = 40 momenta = 480 unciae = 21600 atomi (bei ungleichen Stunden) bzw.: 1 Stunde (hora) = 60 Minuten = 3600 Sekunden = 216000 tertiae (bei gleichen Stunden, also Äquinoktialstunden). Rechnungen mit diesen Zeiteinheiten fanden Verwendung, wenn es etwa ab dem 11. Jahrhundert um den Nachweis der Fehlerhaftigkeit des julianischen Kalenders bzgl. des Frühlingsbeginns, des Mondumlaufs und der Osterrechnung ging. Mittelalterliche Räderuhren gingen hingegen nur bis auf die (halbe) Stunde genau und benötigten daher eine genauere Zeiteinteilung nicht. - Mit Hilfe der Zeitrechnung konnten zudem historiografische Werke verfasst werden, die auf Rechtsakten basierenden Urkunden waren formgemäß mit einer Datierung zu versehen. Aus alledem folgt, dass die Mönche einer strengen Zeitdisziplin unterworfen waren, und wir vermuten daher richtig, dass die Zeitdisziplin der Benediktiner am Anfang des modernen europäischen Zeitverständnisses stand. Die mittelalterliche Zeitrechnung spiegelt sich dann in den artes liberales insofern wider, als dass von ihr besonders die Fächer der Arithmetik und Astronomie tangiert wurden.

Buhlmann, M., Bildung im Mittelalter, Tl.1: Bildungsträger und -formen, Tl.2: Bildungsinhalte (= Vertex Alemanniae, H.41/1-2), St. Georgen 2008

Zeitzone. Die moderne, globalisierte und standardisierte zeitliche Einteilung der Erde spiegelt sich in den Zeitzonen wider. In den Zeitzonen herrscht jeweils dieselbe Tageszeit, Zeitzonen sind geografisch gesehen Längsstreifen von Pol zu Pol, ein Längengrad von 15 entspricht einer Stunde, 360 Grad also 24 Stunden. Bei den Zeitzonen geht man vom Nullmeridian durch Greenwich aus. Die Zeitzonen orientieren sich nur grob an den Längengraden, eher an den politischen Gegebenheiten (Staats-, Landesgrenzen). Als Nomenklatur der Zeitzonen ergibt sich: GMT + n (n Stunden voraus), GMT - n (n Stunden zurück) mit GMT als Greenwich Mean Time.

Holford-Strevens, Zeitrechnung

Zusatztage sind (Schalt-) Tage (oder Monate) innerhalb des Sonnenkalenders bzw. Mondkalenders, die ergänzt werden, um das Kalenderjahr mit dem Sonnenjahr bzw. Mondjahr in Einklang zu bringen.

Holford-Strevens, Zeitrechnung

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