Quellen zur Geschichte Gerresheims

1368 März 5:

Gerresheimer Stadterhebungsurkunde

Nach dem Ende der Duisburg-Kaiserswerther Amtsgrafschaft war es den Grafen von Berg seit der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts gelungen, im Raum zwischen Rhein, Ruhr und Wupper kontinuierlich ihre Landesherrschaft auszubauen. Geschickt nutzten sie dabei ihre Gerresheimer Kirchenvogtei, um auch gegenüber der dortigen Äbtissin ihre territorialen Ansprüche durchzusetzen. Und so verwundert es nicht, daß es bei der 1368 erfolgten Stadterhebung Gerresheims auch ohne das Stift abging. Schon fast ein Jahrhundert früher hatten die bergischen Grafen Ratingen (1276) und Düsseldorf (1288; nach der Schlacht bei Worringen) zu Städten gemacht. Die nach 1200 so erfolgreiche Entwicklung Gerresheims war durch diese Konkurrenz erschwert, wenn nicht gar unterbrochen worden. Die späte Stadterhebung - die Urkunde spricht in diesem Zusammenhang von einer "Freiheit zu Gerresheim" - resultierte daher aus der kleinen Einwohnerzahl und dem geringen wirtschaftlichen Potential Gerresheims. - In der Stadterhebungsurkunde, die sich im übrigen an die Privilegien Ratingens und Düsseldorfs anlehnte, wurden den Gerresheimer Bürgern zugestanden die freie Bürgermeisterwahl und eine freie Abgabenerhebung, soweit es städtische Dinge betraf. Graf Wilhelm II. von Berg (1306-1408) verzichtete auf seine Steuern mit Ausnahme der sog. Herbstbede und einer Anerkennungsabgabe. Zollfreiheit der Gerresheimer Bürger im Territorium des Grafen und ein sechstägiger Jahrmarkt sollten das wirtschaftliche Wohlergehen der Stadt sicherstellen. Dafür wurde den Gerresheimer Bürgern die Befestigung ihrer Stadt nahegelegt.

Wir, Wilhelm, Graf von Jülich, und Anna von Bayern, seine eheliche Hausfrau, Gräfin von Berg und von Ravensberg, bekennen vor allen Leuten in diesem vorliegenden Brief, dass wir mit gutem, vorbedachten Mut und Willen und mit dem Rat unserer lieben Frau und Mutter, der Gräfin Margarethe des vorgenannten Landes, und schließlich mit gutem Rat und Übereinkunft unserer gemeinsamen Freunde vermittelst dieses offenen Briefes, da die Erbvogtei durch uns abgeschafft wurde, dem Dorf, genannt Gerresheim, und allen Bürgern - einzeln und insgesamt -, die nun darin wohnhaft sind oder die später darin wohnen werden einschließlich allem Gut und Erbe, das in Gerresheim und außerhalb Gerresheims gelegen ist, aus dem besonderen Vogtgut eine ganz beständige Freiheit [eine gantze stede vryheit], erblich, ewig und immerwährend gewähren, so dass die vorgenannten Bürger, die nun innerhalb der Freiheit zu Gerresheim wohnen oder später darin wohnen werden einschließlich allem ihren Erb und Gut, so wie bezeichnet, und die darin vormals Summenschätzungen [summenschetzingen] zu geben gewohnt waren - d.h. drei Mark und acht Schillinge kölnisch Pagament, eingerechnet die Mühle auf dem Damm mit sechs Pfennigen vom besonderen Vogtgut und die Mühle am Rodenberg mit sieben Pfennigen und einem halben - los, ledig und frei sein und bis auf ewige Tage bleiben sollen von allerlei Schätzungen und Abgaben, d.h. von den Summenschätzungen und den Zinsen einzelner Schätzungen, vom Kurgeld, Vogtgeld, Grafengeld und von allerlei Abgaben, mit denen man die vorgenannten Bürger von Gerresheim beschweren mag. Doch sollen dieselben Bürger uns und unseren Nachkommen jährlich die Herbstbede bezahlen, wie sie es bisher getan haben. Auch wird für wert erachtet, dass dieselben Bürger von Gerresheim keinem unserer Vogtmänner, die uns üblicherweise die Schätzungen geben, zu einem ihrer Bürgerzusammenkünfte einladen sollen, es sei denn mit Erlaubnis und gutem Willen. Weiter haben wir den vorgenannten Bürgern von Gerresheim die Erlaubnis gegeben, dass sie unter sich einen Bürgermeister wählen und einsetzen mögen, der vermittelst des Rates der Bürger zu Gerresheim der Freiheit zum Nutzen und Besten sein soll. Auch gestehen wir ihnen zu, dass sie sich befestigen und ihre Freiheit verbessern mögen zu all ihrem Nutzen und Vorteil. Weiter wollen wir, dass zu Gerresheim niemand etwas dem anderen bezeugen soll außer vor zwei Schöffen oder mehr. Und wer der Höchststrafe überführt wird, der soll uns und dem Stift von Gerresheim zahlen fünf Mark und den Bürgern fünf Schilling; und wer der Mindeststrafe überführt wird, der soll uns und dem vorgenannten Stift fünf Schillinge und den vorgenannten Bürgern zwanzig Pfennige Pagament schuldig sein. Weiter wollen wir, dass, wenn es vorkommt, dass die Schöffen von Gerresheim kein einiges Urteil fällen, so dass sie nicht weiter wissen, sie das Urteil holen und suchen sollen bei der Gerichtsbank zu Ratingen. Auch wollen wir, dass kein Gerichtsbote noch seinesgleichen innerhalb der Freiheit zu Gerresheim sich irgendwelchen Angelegenheiten annimmt, es sei denn, er wäre geschworener Fronbote zu Gerresheim. Wenn die vorgenannten Bürger von Gerresheim irgendwelche Abgaben innerhalb ihrer Freiheit festsetzen oder andere gute Maßnahmen zum Besten der vorgenannten Freiheit treffen, so soll dies der geschworene Gerichtsbote von Gerresheim eintreiben und zuteilen. Falls er dies nicht tun will, so geben wir die Erlaubnis, dass sie es selber tun mögen. Weiter wird es für wert erachtet, daß, wenn irgendein fremder Mann aus eines anderen Herren Land in der Freiheit zu Gerresheim wohnhaft wird und derselbe Mann innerhalb von Jahr und Tag nach dem ersten Tag, an dem er in der Freiheit vor einem Bürger empfangen wurde, von seinem Herrn zurückgefordert wird, man diesen seinem Herrn mit all seinem Gut wiedergibt; wird er innerhalb von Jahr und Tag nicht zurückgefordert, so soll er bis in ewige Tage in der Freiheit ruhig und friedlich leben gleich den anderen Bürgern in Gerresheim. Weiter geben wir den vorgenannten Bürgern die besondere Gunst und Gnade, dass sie und all ihre Nachkommen mit ihrem Leben und all ihrem Gut durch unser ganzes Land, wie oft und wann ihnen das wichtig und von Nutzen ist, aus und ein fahren, reiten und gehen mögen und sollen, ohne dass irgendwelcher Zoll uns oder unseren Nachkommen zu geben ist. Weiter wollen wir, dass die vorgenannte Freiheit und besondere Gnade, die wir den vorgenannten Bürgern und der Freiheit zu Gerresheim verliehen und gegeben haben, beständig unverbrüchlich sei und bestehen bleibt in ewigen Tagen. Weiter geben wir den vorgenannten Bürgern zu Gerresheim bis in ewige Tage den Markt, den sie seit alters her am Tag der heiligen Margarete gehabt haben, um ihn frei drei Tage davor und drei Tage danach zu befahren und benutzen. Und weil wir den vorgenannten Bürgern von Gerresheim diese vorgenannte Freiheit und Gnade gegeben haben, sollen sie darum zum Zeichen unserer Herrschaft uns und unseren Nachkommen jedes Jahr am Tag des heiligen Remigius [1.10.] zehn Mark Pagament kölnischen Geldes, wie es zu der Zeit gang und gäbe ist, bis in ewige Tage geben, jedoch in all diesem unter dem Vorbehalt der Rechte des Stifts von Gerresheim, die wir auch in allen Belangen beibehalten wollen. Und damit all diese vorgenannten Punkte und Bedingungen fest und und beständig bleiben und von uns und unseren Nachkommen bis in ewige Tage unverbrüchlich eingehalten werden, haben wir den vorgenannten Bürgern zu Gerresheim diesen Brief mit unserem Siegel beglaubigt übergeben zum Zeugnis der Wahrheit und haben weiter unsere liebe Frau und Mutter, Frau Margarete, vorgenannte Gräfin von Berg und Ravensberg, gebeten, daß sie ihr Siegel neben dem unseren zum ganzen Zeugnis an diese Urkunde hängt. Und wir, vorgenannte Margarete, bekennen, dass alle diese vorgenannten Dinge wahr sind, und haben wegen der Bitte unseres vorgenannten lieben Sohns und unserer Tochter unser Siegel an diesen vorliegenden offenen Brief gehängt im Jahr unseres Herrn, da man schreibt tausenddreihundertachtundsechzig, am zweiten Sonntag der Fastenzeit, zu Reminscere [5.3.]. [Buhlmann]

Es liegen drei Abschriften der mittelniederdeutschen Urkunde aus dem 16. und 17. Jahrhundert vor. - Harless, Urkunden, S.81-84, Nr.4.