www.michael-
buhlmann.de

Geschichte
> Rezensionen

Start > Geschichte > Rezensionen > H

Rezensionen (Geschichte)
H

Intro A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

H. = Heft

Haack Weltatlas. Baden-Württemberg, hg. v. Ulrich Knippert, Stuttgart-Gotha 2011 > A Atlas, geografischer Atlas

Haaf, Günter (1982), Adam und Eva. Ursprung und Entwicklung des Menschen, Gütersloh 1982 > M Menschwerdung

Haarmann, Harald (2002), Geschichte der Schrift (= BSR 2198), München 2002 > S Schriftlichkeit

Haarmann, Harald (2008), Weltgeschichte der Zahlen (= BSR 2450), München 2008, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 7,90. Zahlen sind mit dem Menschen seit der Altsteinzeit verbunden, abstrakt-symbolisch-numerisches Denken findet sich schon beim Homo erectus (ca.1900000-300000 vor heute), Rechnen in kalendarischen Zusammenhängen findet sich spätestens beim Homo sapiens sapiens (70000 vor heute) auch in Zusammenhang mit dem Entstehen von Kunst (numerische Notationssysteme des ausgehenden Magdalenien). Von Anfang war der Gebrauch von Zahlen und das Zählen verbunden mit der Zahlensymbolik etwa der Zahlen 1 bis 13 (symbolische Konnotationen). Die Fähigkeit des Zählens schlug und schlägt sich nieder in bestimmten mit dem menschlichen Körper oder durch die menschliche Sprache ausgedrückten Zählweisen (ohne Zahlwortsystem: body counting; [Sprachen] mit Zahlwortsystemen: restringierte Zahlwortsysteme [mit den Zahlen 1, 2], Quinärsysteme [zur Basiseinheit 5], Dezimalsysteme [zur Basiseinheit 10], Vigesimalsysteme [zur Basiseinheit 20], Mischsysteme [z.B. zu den Basiseinheiten 10, 20 oder komplexer], Systeme mit hoher Basiseinheit [z.B. 60], Zahlwortdubletten). Mit dem 12. Jahrhundert v.Chr. trat das chinesische Zahlensystem (Basiseinheit 10) in Erscheinung und beförderte in den folgenden Jahrtausenden mathematische und astronomische Erkenntnisse, strahlte auch nach Korea und Japan hin aus. Die mittelamerikanische Hochkultur der Maya verband das Rechnen (Schreibung von Zahlen im Punkt-Balken-System und als rituelle Glyphen; Glyphe für Null) mit einem aufwendigen Kalenderwesen (Zeremonial-/Ritualkalender [tzolkin], Sonnenkalender [haab]), in der Hochkultur der Inka wurden Zahlen durch verknotete farbige Schnüre (khipu, quipu) dargestellt. Zu den vorderasiatisch-europäischen Frühkulturen gehören die Donauzivilisation (Zahlennotation ab 6. Jahrtausend v.Chr.), das Alte Ägypten (Vorratshaltung und Siegel mit Zahlen in Hieroglyphendarstellung [ab ca.3300 v.Chr.]), die sumerische Kultur (Zahlen als piktografische und Keilschriftsymbole [ab 32./31. Jahrhundert v.Chr.]; [Bi-] Sexagesimalsystem, GAN2-System, EN-System; Modifikation der sumerischen Zahlsysteme im elamischen Kulturbereich); die sumerischen Zahlsysteme im Rahmen einer sumerisch-akkadisch-babylonischen Kultursymbiose nach ganz Mesopotamien und den Vorderen Orient (Assyrien, Perserreich, Judentum) aus. Im hebräisch-jüdischen Kulturraum der Antike findet sich ein System von Zahlbuchstaben, die Zahlenmystik der Kabbala (numerale Mystifizierung, kabbalistische Weltordnung) spielte eine besondere Rolle und strahlte auch in die Gnosis und ins Christentum aus. Auch die antik-griechische Welt, die Kultur der Etrusker und die antik-römische Welt wurden beeinflusst; im alten Griechenland wurden Zahlen als Buchstaben (phönizische Alphabetschrift) oder Buchstabenkombinationen geschrieben, die etruskischen Zahlzeichen wurden als "römische" Zahlen von den Römern übernommen (ältere, jüngere Schreibweise); im Bereich der mittelmeerischen Antike wurde mit dem Münz-, Sand-, Handabakus gerechnet. Die Verwendung von "römischen" Zahlen setzte sich im europäischen Mittelalter fort, während es im islamischen Kulturraum zu der mathematisch sehr fruchtbaren Symbiose zwischen aus Indien stammenden (aramäisch beeinflussten) Ziffern (Zahlzeichen einschließlich 0 [= arabisch sifr) und dem Schreiben von Zahlen im Stellenwertsystem kam (8./9. Jahrhundert). Von dort aus verbreitete sich die neue Technik der Zahlendarstellung auch nach und in Europa (Gerbert von Aurillac [†1003], Leonardo Fibonacci [†n.1240]), wurde aber in manchen Bereichen wie dem Bankwesen zurückhaltend aufgenommen; im Übergang zur frühen Neuzeit finden sich somit in den Rechenbüchern von Ulrich Wagner (1493) und Adam Ries (1529) (noch) beide damals verbreiteten Rechenarten: das Abakusrechnen "auf den Linien" und das Rechnen mit Ziffern. In der Moderne als Zeitalter auch der Digitalisierung spielt das binäre Zahlensystem (0, 1) eine wichtige Rolle. [Buhlmann, 09.2008]

Haarmann, Harald (2010), Die Indoeuropäer. Herkunft, Sprachen, Kulturen (= BSR 2706), München 2010 > H Haarmann, Indoeuropäer

Haarmann, Harald (2011), Das Rätsel der Donauzivilisation. Die Entdeckung der ältesten Hochkultur Europas (= BSR 1999), München 2011, 286 S., zahlreiche Schwarzweißabbildungen und Karten, € 16,95. Die neolithische Donauzivilisation des 6. bis 4. Jahrtausend v.Chr., eine der ersten auf Ackerbau und Viehzucht gegründeten Zivilisationen in Europa, hatte ihre Vorläufer in der agrarischen Kultur Anatoliens (Catalhöyük), die über die bis ca. 6700 v.Chr. bestehende Landbrücke des Bosporus u.a. durch Migrationen ins festländische Griechenland (Thessalien, Argolis) ausstrahlte. Die "Schwarzmeerflut" (ca. 6700 v.Chr.), bedingt durch den Durchbruch des Mittelmeers durch den Bosporus (Sintflutmythen), unterbrach weitgehend die griechisch-kleinasiatischen Verbindungen. Nach der "Nacheiszeit" an der Wende vom 7. zum 6. Jahrtausend v.Chr. breitete sich in der anschließenden Warmzeit agrarische Zivilisation in den bis dahin mesolithisch geprägten Raum um die untere Donau aus. Es entstand dort die Donauzivilisation mit den Kulturen der Karanova- (ca. 6200 v.Chr.), Vinca- (ca. 5500 v.Chr.), Tisza- (ca. 5400 v.Chr.), Cucuteni- (ca. 5050 v.Chr.), Lengyel- (ca. 4800 v.Chr.) und Trypillya-Gruppe (ca. 4500 v.Chr.). Alle diese Kulturen entwickelten sich auf der Grundlage des "Agrarpakets" (Ackerbau, Viehhaltung und damit verbundene Lebensweise), die Donauzivilisation war eine Zivilisation von Alteuropäern ("Pelasger"; mediterraner Genotyp ab Ausklang der letzten Eiszeit ca. 12000 v.Chr.), deren altmediterrane Sprache im (Alt-) Griechischen durch die Übernahme von (Substrat-) Lehnwörtern aus den verschiedensten Bereichen (Umwelt, Religion, Wohnen, Kleidung, Gesellschaft u.a.) Widerhall findet. Die steinzeitlich-kupferzeitliche Donauzivilisation zeichnet sich dann durch Städte (Großsiedlungen mit bis zu 10000 Einwohnern) und Dörfer aus, die vielfach durch Arbeitsteilung, Handel (zu Land und zu Wasser mit Flintstein, Kupfer, Salz; ritueller Geschenketausch [Figurinen]) und Gewerbe (Textilherstellung [Webstühle], Keramikherstellung [Brennöfen, Töpferrad], Metallverarbeitung von Kupfer und Gold, Kunst [Symbolik]) miteinander verbunden waren. Einblick in die Religion (weibliche Gottheiten [Kybele], Stiersymbolik, Kulte [um Fruchtbarkeit, Wasser], Rituale [Prozessionen, Mythen, Musik und Tanz]) geben Kultstätten, Altäre, Figurinen und Gräber. Die Gesellschaft der Donauzivilisation war egalitär-matrifokal (ohne große Rangunterschiede) ausgerichtet ("Ökumenemodell"). Ausfluss von Handel und Gewerbe sowie von Religion sind die überlieferten Zahlzeichen (Zahlenmagie, Kalender, Maße und Gewichte) sowie die wohl erstmalig in einer menschlichen Kultur erfundene Schrift (Donauschrift, ca. 5500-2600 v.Chr.; Zentrum und Ränder der Donauzivilisation; Schrift auf Gefäßen, Skulpturen und Stein; Täfelchen von Tartaria; Religion und Schrift). Ab der Mitte des 5. Jahrtausends v.Chr., mit dem Ausklingen der Kupferzeit, setzte der Niedergang der Donauzivilisation ein; unter dem Einfluss von eindringenden Steppennomaden indoeuropäischer Herkunft (mit Viehhaltung) veränderte sich die Gesellschaft durch Elitenbildung (Nekropole von Varna, ca. 4600 v.Chr.; Statussymbole) ("Staatsbildungsmodell"). Beschleunigt wurde der Wandel durch die Klimaveränderungen des 4. Jahrtausends v.Chr., die "Indoeuropäisierung" der Donauzivilisation brachte damit zusammenhängend die Aufgabe von vielen Siedlungen, den Rückgang des Ackerbaus, wohl auch soziale Unruhen und Kriege sowie massive kulturelle Veränderungen in Religion und Kunst. Die Kultur der Donauzivilisation wanderte ab in den altägäischen Raum (alteuropäische Kulturdrift von Technologien, Schriftkenntnis, Kunst und religiösen Inhalten [Figurinen]). In der Kykladen- und minoischen Kultur spiegelten sich daher alteuropäische Kulturformen (Große Göttin, minoische Doppelaxt). Auch die ägäischen Schriftsysteme (Linear A, Linear B, zyprische Schriften) schöpften aus der Kenntnis der Schrift der Donauzivilisation. Nicht zuletzt die ab 2300 v.Chr. in den Balkan eindringenden "Griechen" (Mykener, "klassische Griechen") unterlagen Kultureinflüssen von der altägäischen Zivilisation her (Versmaß Hexameter, altägäische Buchstaben im griechischen Alphabet). Die minoisch-altägäische Kultur beeinflusste (über Zypern) Kleinasien und die Levante (sowie Spanien und Nordafrika) (altägäischer Schriftexport u.a.). Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die alteuropäische Donauzivilisation trug gerade als geistige Kultur zum kulturellen Gedächtnis der nachfolgenden europäischen Zivilisationen bis heute bei. [Buhlmann, 11.2011]

Haarmann, Harald (2016), Auf den Spuren der Indoeuropäer. Von den neolithischen Steppennomaden bis zu den frühen Hochkulturen, München 2016, 368 S., Schwarzweißabbildungen, Pläne, Karten, € 19,95. Die Urheimat der Indoeuropäer befand sich bei den neolithischen Steppennomaden nördlich bis nordöstlich des Schwarzen Meeres der südrussisch-ukrainischen Steppenlandschaft (indoeuropäische Urheimat, 11.-8. Jahrtausend v.Chr.); menschliche Bevölkerungsgruppen hatten hier den Übergang von den mesolithischen Jäger- uns Sammlerkulturen zum Viehnomadentum vollzogen, wobei kulturelle und sprachliche Konvergenzen mit den benachbarten Uraliern festzustellen sind. Ab dem 8./7. Jahrtausend v.Chr. bilden sich protoindoeuropäische (Kurgan-) Kultur und Sprache heraus; protoindoeuropäische Regionalkulturen sind: Elshan-Kultur (8./7. Jahrtausend v.Chr.), Samara-Kultur (6. Jahrtausend v.Chr.), Chvalynsk-Kultur (5. Jahrtausend v.Chr., 1. Hälfte), Srednij Stog (ca.4500-3350 v.Chr.), Jamnaja-Kultur (ca.3600-2000 v.Chr.), Usatovo-Kultur (ca.3300-2900 v.Chr.); das Protoindoeuropäische lässt als Sprache (Wörter, Namen, Begriffe; Grammatik, Sprachstil) das wirtschaftliche Umfeld der Kulturen erkennen (Hirtennomadentum, Weidewirtschaft, Pferd), weiter frühe gesellschaftliche Hierarchien (patriarchalische Herrschaftsstrukturen), den gesellschaftlichen Aufbau (Familie, Sippe, Clan), die indoeuropäische Mythologie (Hirtengott, Himmelsgötter, Weltende). Ab dem 5. Jahrtausend v.Chr. sind indoeuropäische Kontakte zu den alteuropäischen Ackerbaukulturen (Trypillya-Kultur, Varna) nachweisbar, einhergehend mit der (teilweisen) Aneignung des neolithischen "Agrarpakets" durch indoeuropäische Gruppen und wichtigen Innovationen (Goldverarbeitung, Rad und Wagen). Dabei beeinflussten - archäologisch und genetisch feststellbar - einwandernde Indoeuropäer (Kurgan-Migrationen I-III [5. Jahrtausend, 2. Hälfte; ca.4100-3800; ca.3200-2800 v.Chr.]) die alteuropäischen Kulturen (Hierarchisierung und Elitenbildung, indoeuropäische Sprachen als Superstrat, alteuropäische als Substrat). Die Wanderbewegungen führten zur Ausgliederung indoeuropäischer Sprachen (Kentum-, Satemsprachen) und Kulturen aus dem Protoindoeuropäischen (Auflösung des Protoindoeuropäischen, ab 4. Jahrtausend v.Chr.); die indoeuropäische Ausbreitung betraf nicht nur den Westen und Europa, sondern auch den Süden (indo-iranische Gruppe) und Osten (Afanasevo-Kultur [ca.3500-2500 v.Chr.], Andonovo-Kultur [ca.2300-900 v.Chr.]). Im Einzelnen können erfasst werden: hellenische Kulturen in Südosteuropa (vorgriechische Pelasger, Ägäis-Kulturen, Helladen; Hellenen, mykenische Kultur, Griechen; Griechisch; ab 3. Jahrtausend v.Chr.); italische Kulturen in Südeuropa (Etrusker, Latein, Römer; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); altbalkanische Kulturen (Mazedonier, Thraker, Illyrer, Albaner; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); Kulturen in Mittel- und Westeuropa (Kelten, Keltiberer, Germanen; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); osteuropäische Kulturen (Slawen, Balten; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); anatolische Kulturen (Hatti, Hurriter; Hethiter, Luwier, Phryger; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); zentralasiatisch-iranische Kulturen (Arier, Mitanni, Skythen, Meder, Perser; Persisch, Zoroastrismus; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); indische Kulturen (Draviden; Arier; Vedisch, Sanskrit, Prakrit; ab 2. Jahrtausend v.Chr.); westchinesische Tocharer (ab 2. Jahrtausend v.Chr.). An die kulturell solcherat ausgegliederten indoeuropäischen Sprachen schlossen sich ab ca.1700 v.Chr. Verschriftlichungsprozesse an (Silbenschriften: mykenisch-griechisches Linear B, griechisches Kyprisch-Syllabisch, anatolische Hieroglyphenschrift, persische Keilschrift; Alpabetschriften: minoisch-griechisches Alphabet, persische Pehlevischrift, germanische Runenschrift, inselkeltisches Ogham, gotische Schrift, armenische Schrift). Insgesamt zeigen die indoeuropäischen (Misch-) Kulturen und Sprachen eine indoeuropäische Globalisierung an (abhängig von der Verkehrstechnik [Pferd, nomadische Mobilität], von der Waffentechnologie [Streitwagen], von der Kommunikation [Sprache, Griechisch und Latein als Leitsprachen in Hellenismus und römischer Antike]). Vgl. noch dazu: Haarmann, Harald (2010), Die Indoeuropäer. Herkunft, Sprachen, Kulturen (= BSR 2706), München 2010, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 8,95. [Buhlmann, 11.2010, 06.2016]

Haarmann, Harald (2019), Vergessene Kulturen der Weltgeschichte. 25 verlorene Pfade der Menschheit (= BSR 6336), München 2019, 223 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 18,-. Beleuchtet werden rezeptionsgeschichtlich (zu Unrecht) als "Nebenschauplätze" eingeordnete menschliche Kulturen der Weltgeschichte: I. Eiszeitliche Jägerkultur des Homo heidelbergensis (vor 320000 Jahren), nachweisbar anhand reichhaltiger Funde im ostniedersächsischen Schöningen (Deutschland): Steingeräte, Tierknochen, Schöninger Speere (Pferderitual des Heidelberger Menschen?). II. Eiszeitliche Jägerkultur(en) des Homo sapiens am sibirischen Baikalsee (Russland) (vor 35000/23000 Jahren), nachweisbar in Mal'ta anhand altsteinzeitlicher Kunstwerke (Figurinen korpulenter/schlanker Frauengestalten als Fruchtbarkeitssymbole bzw. [animistisch interpretierter] Schutzgeister [menschliche Clangesellschaften]; Tierskulpturen [Bären, Schwäne], Plakette mit [abstrakten] Gravuren beginnender eurasiatischer Mythologie der Altsibirier). III. Eiszeitliche Jägerkultur von Robbenjägern am Atlantikschelf (vor 23000/19000 Jahren) und deren (vermutete) Einwanderung ins nordöstliche Nordamerika (?), (vielleicht?) feststellbar anhand humangenetischer Besonderheiten der Altamerikaner (Amerind) im nordöstlichen Nordamerika (Verbindungen nach Südwestfrankreich und Nordspanien), anhand der besonderen Rolle der (polysynthetisch aufgebauten) Algonkin-Sprachen auf dem amerikanischen Kontinent und anhand von Steinwerkzeugen (Proto-Clovis-, Cloviskultur); ermittelt werden können (vielleicht?) zwei eiszeitlich-nacheiszeitliche Immigrationswellen des Homo sapiens nach (Nord-) Amerika: 1. vom europäischen Solutréen her (ca.23000/19000 vor heute), 2. von Asien aus über Alaska (ab ca.24000 vor heute) nach Nordamerika (ab ca.11500 vor heute), zudem von Asien nach Alaska (ca.11000, ca.10000/9000 vor heute). IV. Ins ostanatolische Mesolithikum (Türkei; ca.10000-7000 v.Chr.) gehört eine Jägerkultur (10. Jahrtausend v.Chr.), die in Göbekli Tepi auf einer Bergkuppe einen Tempelbau (Kultstätte als Versammlungsort) errichtete (zwanzig Rundbauten mit je acht megalithische T-Kopf-Pfeilern [Säulenreliefs mit Tierdarstellungen]; apotropäisches Relief einer in obszöner Haltung dargestellten Frauengestalt). V. Ebenso findet sich in Anatolien (Türkei) im beginnenden Neolithikum (8.-6. Jahrtausend v.Chr.) mit Catalhöyük die "älteste Großstadt der Welt" mit insgesamt 18 Siedlungsschichten (aneinandergereihte Lehmhäuser ohne dazwischengelgene Wege, Häuserzugänge im Dach), bewohnt von einer sozial (wohl) kaum gegliederten Bevölkerung, deren religiöse Vorstellungen u.a. mit Frauengestalten und Göttinnenkult (Frauenschädel; sitzende korpulente Frauen, u.a. von Leoparden flankiert) zusammenhingen (daneben: Bärenkult). Das Ende der Siedlung kam wohl mit der Verbreitung der Malariamücke infolge einer Klimaerwärmung (ca.5800 v.Chr.). VI. Die neolithisch-alteuropäische Donauzivilisation des 6. bis 4. Jahrtausend v.Chr. wird in Verbindung gebracht mit den (Regional-) Kulturen der Karanova- (ca.6200 v.Chr.), Vinca- (ca.5500 v.Chr.), Tisza- (ca.5400 v.Chr.), Cucuteni- (ca.5050 v.Chr.), Lengyel- (ca.4800 v.Chr.) und Trypillya-Gruppe (ca.4500 v.Chr.). Sie war geprägt von Landwirtschaft (Ackerbau, Wein, Oliven, Gemüse), (Profan-, Sakral-) Architektur, Keramikproduktion (Töpferrad), Metallbearbeitung (Kupfer, Gold), Anfänge von Schriftlichkeit (Zahlen, Schrift), Kunst (Figurinen, Kultobjekte, Vaseb, Ältäre, Tempel). VII. An der Südküste des Persischen Golfs lag wahrscheinlich das "mythische" (Gilgameschepos, "Elysium", Garten Eden) Dilmum (3. Jahrtausend v.Chr.), das hauptsächlich als Handelszivilisation fungierte und handelstechnisch Mesopotamien und Induskultur verband. Phasen der Dilmun-Kultur waren: formative Periode (3. Jahrtausend v.Chr.), Periode I (2200-2000 v.Chr.; hierarchisch gegliederte Gesellschaft, Eliten, weitreichende Handelsaktivitäten, Städte, Gräberfelder), Periode II (2000-1800 v.Chr.; Niedergang der Handelsaktivitäten, Verstärkung der Beziehungen nach Mesopotamien), Periode III (1800-1650 v.Chr.; Verlagerung des Zivilisationsschwerpunkte nach Nordwesten, Richtung Mesopotamien), Niedergang (n.1650/1000 v.Chr.; Dilmun als Teil des neubabylonischen Reiches und des persischen Reiches). VIII. Die Induskultur (2800-1800 v.Chr.; Pakistan), enstanden als Kultur (eingewanderter) sesshafter Ackerbauern (Altdraviden), lässt als bronzezeitliche Hochkultur sich wie folgt periodisieren: frühe Harappa-Phase (3300-2600 v.Chr.; Siedlungen, Bewässerungssysteme), Blütezeit (2600-1900 v.Chr.; Städte mit ausgedehnter Infrastruktur; Harappa, Mohenjo-Daro als Großstädte), späte Harappa-Phase (1900-1700 v.Chr.; Ausdehnung der Bewässerungssysteme), Niedergang (n.1700 v.Chr.; Austrocknung von Flüssen, ökologische Katastrophe auf Grund eines Klimawandels). Ausprägungen der Induszivilisation waren: Keramikproduktion (religiöse Ikonografie, Tonsiegel), Feuerbestattung, (logografische) Schriftlichkeit. IX. Das indoeuropäische Hethiterreich (2. Jahrtausend v.Chr., Türkei) war zeitweise eine Großmacht im politischen Mächtesystem des Vorderen Orients der Bronzezeit. Hauptstadt des Hethiterreichs war Hattuscha (Zitadelle, Ober-, Unterstadt, Tempelanlagen), das um 1200 v.Chr. verlassen wurde (Niedergang des Hethiterreiches bzw. dessen Verlagerung nach Nordsyrien, hethische Kleinkönigreiche). X. Eine indoeuropäische Kultur am Rand des asiatischen Tarimbeckens bestand im 2. bis 1. Jahrtausend v.Chr. (Mumien, Seidenstraße, Jade), hervorgegangen aus der Afanasevo-Kultur von Steppennomaden (3. Jahrtausend v.Chr.). Chinesische Einwanderung ins Tarimbecken erfolgte seit etwa 1000 v.Chr., etwas später folgten die ebenfalls indoeuropäischen Tocharer, deren Kultur zwischen dem 1. Jahrhundert v.Chr. und dem 8./9. Jahrhundert n.Chr. blühte. XI. Unter der Pharaonin Hatschepsut (1478-1458 v.Chr.) nahm Ägypten - neben anderen friedlichen Aktivitäten (ostafrikanische Küste, Indien) - auch diplomatische und Handelskontakte mit dem sagenhaften Goldland Punt auf. Punt dürfte am ehesten mit der Region Äthiopien-Somalia-Jemen beiderseits des Golfs von Aden zu identifizieren sein. XII. Zu den alten neolithischen Kulturen des Mittelmeerraums gehörten die Pelasger (3.-1. Jahrtausend v.Chr.), die "autochthonen Vorfahren" der nach Griechenland eindringenden frühen Griechen. Es entstand die "Mosaikkultur" der griechischen Antike, ablesbar an Sozialformen, technischen Innovationen oder am pelasgischen Lehnwortschatz (Begriffe betreffend das Meer, Pfanzen, Handwerk oder menschliche Eigenschaften). XIII. Ebenfalls vorgriechisch war die minoische Kultur Altkretas (2. Jahrtausend v.Chr.), die eine Nähe zur Kultur der Pelasger und zur Kykladenkultur aufwies. Paläste (Knossos), Handel, Schriftlichkeit (Linear A, Diskos von Phaistos) und Stierkult machten die minoische Kultur aus, die im 17./16. Jahrhundert v.Chr. unterging. XIV. Vielleicht ursprünglich aus Nordwestanatolien kommend, beherrschten die Etrusker (9.-3. Jahrhundert v.Chr.) weite Teile Italiens politisch und wirtschaftlich (Villanova-Kultur, etruskische Städtekultur [Zwölfstädtebund], Ausgreifen in die Po-Ebene und nach Süditalien, Beeinflussung der römischen Kultur [Religion, Recht, Kunst, Unterhaltung]). XV. Die indoeuropäischen Skythen prägten als Steppennomaden oder auch Ackerbau betreibende Stämme die Region nördlich des Schwarzen Meeres über viele Jahrhunderte (10.-2. Jahrhundert v.Chr.) (Grabhügel [Kurgane], skythischer Goldschmuck, Skythen und Griechen [Herodot, Handelsort Gelenos], skythisch-[griechisch]e Königreiche auf der Krim [Pantikapaion, Neapolis Skythika]). Ab dem 3. Jahrhundert v.Chr. wichen die Skythen vor den eindringenden Sarmaten zurück, das skythische Königreich um Neapolis Skythika ging im 3. Jahrhundert n.Chr. durch das Eindringen der germanischen Goten unter. XVI. Die skythische und sauromatische Kultur brachte auch Kriegerinnen hervor (1. Jahrtausend v.Chr.; Frauengräber mit Waffenbeigaben), Ausgangspunkt der (nicht nur) griechischen Amazonenlegende und der Behandlung der Amazonenlegende in der griechisch-antiken Kunst. XVII. Die (wohl egalitäre) Chachapoya-Kultur in den peruanischen Anden und am Oberlauf des Amazonas (8.-15. Jahrhundert) war ab der Mitte des 15. Jahrhunderts n.Chr. Teil des Inkareichs, von dem auch viele kulturelle Impulse ausgingen (Mumifizierung der Toten, senkrecht stehende Sarkophage, Schamanismus). Unklar ist die Herkunft der europäisch aussehenden Chachapoya (Einwanderung von Westeuropa aus [Kelten?], Chachapoya und Amerind-Populationen). XVIII. Vor den Azteken existierte im mexikanischen Hochland die Kultur von Teotihuacán (1.-8. Jahrhundert n.Chr.), der ältesten Großstadt Mittelamerikas (Sonnen-, Mondpyramide, Straße der Toten, Glyphen und Zahlen, soziale [?] Verwerfungen [6. Jahrhundert, Mitte], Nachblüte [8. Jahrhundert], kulturelle Ausstrahlung [Cacaxtla, Xochicalco, Azteken]). XIX. Die Kultur der pazifischen Osterinsel (9.-18. Jahrhundert n.Chr.) begann mit der einmaligen polynesischen Besiedlung der bis dahin unbesiedelten Vulkaninsel (Rapa Nui) (700/1100), gesellschaftlich bildeten sich Klane heraus (westliche, östliche Klanföderation), bis ins 17. Jahrhundert wurden moai aufgestellt (Ahnenkult), es existierte eine lokale Schrift (Rongorongo). 1722 wurde die Insel von holländischen Seefahrern entedeckt, 1770 von Spanien in Besitz genommen; die Kultur der Osterinsel wurde christlich überformt, es folgten Ausbeutung und Verschleppung der indigenen Bevölkerung. XX. Das Königreich von Aksum zwischen oberem Nil und Jemen hatte den im 1. Jahrhundert n.Chr. gegründeten Handelsort Aksum als Hauptstadt (Stelen, Ruinen als archäologische Überlieferungen). Den Großkönigen von Aksum gelang mit ihrer expansiven Politik (Könige Endybis [227-235], Kaleb [520/30-er-Jahre] u.a.) die Ausdehnung ihres Reiches bis an den Nil (Eroberung von Kusch) und auf die arabische Halbinsel (Eroberung des himjaritisch-jemenitischen Reiches); unter König Ezana II. (330-356) kam es zur Annahme des Christentums. Seit dem 7. Jahrhundert ist für das Reich von Aksum ein (auch handels-) politischer Machtrückgang feststellbar, eine Spätblüte erlebte das Reich im 11. und 12. Jahrhundert (Agaw Zagwe-Dynastie bis 1270). Eine Fortsetzung fand das Reich von Aksum in der äthiopischen Staatsbildung, das Gebiet des Reiches von Aksum wird auch mit der biblischen Legende um die Königin von Saba in Verbindung gebracht (sabäische Immigration [5./4. Jahrhundert v. Chr.]). XXI. Das kleinasiatische Kappadokien (1.-11. Jahrhundert n.Chr.) war schon früh ein Gebiet, in dem sich das Christentum ausbreiten konnte ([christlicher Märtyrer Georg von Kappadokien,] kappadokische Kirchenväter, Felsenkirchen). Ab dem 11. Jahrhundert (Schlacht bei Mantzikert 1071) besiedelten zunehmend Türken Kappadokien, was letztendlich den Religionswechsel zum Islam bedeutete. XXII. Die Krise des römischen Reiches im 3. Jahrhundert n.Chr., die Zeit der "Soldatenkaiser" brachte u.a. die Verselbstständigung von Teilen des Reiches mit sich. U.a. entstand das Zwischenreich des von Rom abhängigen Vasallenstaats Palmyra unter der Königin Zenobia (267-272), die auch einige römische Provinzen unter ihre Kontrolle brachte. Der Feldzug des römischen Kaisers Aurelian (270-275) brachte das palmyrenische Reich wieder unter römische Kontrolle (272, Gefangennahme Zenobias). XXIII. Die Tempeltürme von Angkor-Wat sind eine kulturelle Schöpfung des buddhistischen Alten Khmer-Reiches (802-1431 n.Chr. und später), das sich in der Nachfolge des Reiches von Fu Nan in Südostasien u.a. gegen die hinduistischen Champa oder der Thai behaupten musste (Aufgabe der Hauptstadt Angkor Wat 1431). XXIV. Die Zyklopenmauern von Groß-Simbabwe stehen für ein Handelszentrum im südlichen Afrika, das im 11. bis 15. Jahrhundert n.Chr. seine Blütezeit hatte: Hill Complex (9./13. Jahrhundert), Great Enclosure (13./15. Jahrhundert), Valley Complex (14./16. Jahrhundert) (Stadt mit Festungsmauern, Kunst [Figurinen]). XXV. Geometrische (kreisrunde, vierecke) Erdwerke im Regenwald Amazoniens datieren auf das 13. bis 15. Jahrhundert n.Chr. und sind Zeugnis einer hochentwickelten Kultur indigener Bevölkerung der Amazonasregion; die Erdwerke schützten Dörfer oder Zeremonialplätze. Sie stehen für die Umgestaltung der Umwelt durch Menschen auch der präkolumbianischen Epoche. [Buhlmann, 06.2019]

Haarmann, Harald (2023), Die Erfindung des Rades. Als die Weltgeschichte ins Rollen kam (= BSR 6497), München 2023, 191 S., Farbabbildungen, Karten, € 20,-. Das Rad und im Zusammenhang mit dem Rad stehende Techniken wurden - unter Vorbild des damals schon innerhalb der neolithischen Donauzivilisation in Anwendung befindlichen Töpferrades (primäre, sekundäre Technologie) - erfunden in einer Kontaktzone zwischen den Ackerbauern der alteuropäischen östlichen Donauzivilisation (Trypillja-Kultur) und protoindoeuropäischen Steppen-/Viehnomanden (Kurgan II-III-Kulturen). Um die Mitte des 4. Jahrtausend v.Chr. entstanden Rad (Vollräder [aus Vollscheiben, halbrunden Scheiben, Scheibenkomponenten]) und vierrädrige (Kasten-) Wagen und Karren, die durch Zugtiere (Ochsen, Esel, Pferde) bewegt wurden; für die umherziehenden Steppennomaden stellten die Wagen einen entscheidenden Vorteil hinsichtlich ihrer Mobilität in der Steppe dar. Mit Rad und Wagen entstand eine "indoeuropäische Transportterminologie" (Rad: kyklos, róth), die durch ein "alteuropäisches Begriffsinventar" (Wagen) ergänzt wurde ("zweisprachige Spezialterminologie"). Bis zur Mitte des 3. Jahrtausends v.Chr. sollte sich noch als Transportmittel der zweirädrige Wagen entwickeln, daraus in den folgenden Jahrhunderten der Streitwagen als militärische Waffe; einrädrige Schubkarren sind erst aus dem Griechenland des endenden 5. Jahrhunderts v.Chr. überliefert. Im Verlauf des 3. Jahrtausends v.Chr. entwickelten sich zudem Räder mit Speichen. Rad und Wagen als Erfindungen der Steppe fanden schnell Verbreitung im westlichen Steppengebiet und im Kaukasusvorland während der 2. Hälfte des 4. Jahrtausends v.Chr. (Handelsmetropole Maikop). Um die Wende vom 4. zum 3. Jahrtausend v.Chr. gelangte die Kenntnis von Rad und Wagen auch nach Mesopotamien, wie die sumerische archäologische Überlieferung (Kisch) und die berühmte Standarte von Ur zeigen; Letztere lässt den Gebrauch vierrädriger Wagen als Transportmittel, für den Krieg und zur Repräsentation erkennen. Auch in der Induskultur ist die Rad-/Transporttechnologie in Form zweirädriger Wagen ab 2800 v.Chr. bezeugt, vermittelt wohl über Mesopotamien. Im Rahmen der indoeuropäischen Migrationsbewegungen während der Zivilisationen Kurgan II-III (3800-2800 v.Chr.) verbreiteten sich Rad und Wagen auch nach Mitteleuropa (Trichterbecherkultur; Fund von Flintbek) sowie nach Zentralasien (Afanasevo-, Andronovokultur); nicht zu überschätzen ist hierbei die Bedeutung des Tarimbeckens für den Transfer der Radtechnologie nach Südsibirien und Westchina. Erst mit der Eroberung durch die Hyksos (17. Jahrhundert v.Chr.) gelangten Rad und (Streit-) Wagen auch nach Ägypten, während - wohl nach Anfängen im Gebiet des Südurals (Sintashtakultur) - von Pferden gezogene Streitwagen sich als wichtige militärische Waffe in den Hochkulturen des Vorderen Orients und Indiens verbreiteten. In Indien geschah dies über "arische Streitwagenleute", die wohl schon im 19./18. Jahrhundert v.Chr. in den Norden des Subkontinents eindrangen (arische Kriegerkaste, Verbreitung der Bronzeherstellung), im Mittleren und Nahen Osten über die Mitanni (Mitannireich ca.1600-1260 v.Chr.) und Hethiter (Hethiterreich in Kleinasien; ägyptisch-hethitische Streitwagenschlacht bei Kadesch). Streitwagen fanden auch im China der Shang- und Westlichen/Östlichen Zhou-Dynastien Verbreitung. In Asien und auch in Europa (griechisch-mykenische Kultur) spielte der militärische Einsatz von Streitwagen ab dem 1. Jahrtausend v.Chr. kaum noch eine oder keine Rolle mehr (Bedeutung der Reiterei [Alexander der Große gegen das Perserreich]. Stattdessen kamen in der griechisch-römischen Antike Pferderennen mit Gespannen auf (Olympische Spiele), der Streitwagen wurde zum Gegenstand der Repräsentation in römischen Triumphzügen. In der griechischen Religion und Mythologie verwendete der Sonnengott Helios einen Streitwagen, der Philosoph Platon nutzte die Streitwagenmetaphorik zur Darstellung von Begierden und Tugenden des Menschen. In den Religionen des Hinduismus und Buddhismus taucht eine Radsymbolik auf, mobile Zeremonialplattformen gab es bei den frühen Mongolen, Germanen und Kelten nutzten Radkreuz und Sonnenwagen ("Kultwagen von Trundholm", irisch-christliche Hochkreuze), Kalenderzahnräder (tzolkin, haab) und Votivgaben mit Rädern gab es bei den Mayas. Rad und Wagen sind in der Antike nicht vorstellbar ohne ein ausgebautes Wege- und Straßensystem (persische Königsstraße, Römerstraßen), Räderwerke und Zahnräder verweisen auf den technologischen Fortschritt bis hin zur modernen Industrialisierung (Belagerungstürme, archimedische Schraube, Getriebe, Wind- und Wassermühlen, Erfindung des Spinnrads [11./13. Jahrhundert?]). [Buhlmann, 07.2023]

Haas, Walther (1963), Leben unter einem Dach. Die Familie damals und heute (= Herder Tb 148), Freiburg i.Br. 1963 > F Familie und Verwandtschaft

Haber, Heinz (1965), Unser blauer Planet, Stuttgart 1965 > E Erde

Haber, Heinz (1968), Der offene Himmel, Stuttgart 1968 > A Astronomie

Haber, Heinz (1970), Brüder im All, Stuttgart 1970 > U Universum

Haber, Heinz (1971), Unser Wetter, Stuttgart 1971 > U Umweltgeschichte der Moderne

Haber, Heinz (Hg.) (1973/74), Das Mathematische Kabinett (= dtv 904, 996), 2 Bde., München 1973-1974 > S Stillwell, Mathematics

Haber, Heinz (1987), Die Zeit. Geheimnis des Lebens, München-Wien 21987, 160 S., Farbabbildungen, DM 34,-, betrachtet die physikalische Zeit in ihrer evolutionär-biologischen Ausprägung in den geologischen Zeiträumen des Lebens auf der Erde (Lebensursprung, Evolution, Menschheitsgeschichte, menschliches Zeitverständnis). > Z Zeit [Buhlmann, 05.2020]

Haberey, Waldemar (1957), Kastell Haus Bürgel, in: BJbb 157 (1957), S.294-304. In einer mittelalterlichen Burganlage - eine Urkunde vom 17. Juni 1147 erwähnt ein castrum Burgele - haben Teile einer spätantiken römischen Befestigungsanlage überlebt. Das unter Kaiser Konstantin dem Großen (306-337) erbaute, annähernd quadratische, 64 m x 64 m große Kleinkastell, dessen römischer Name unbekannt ist, hatte mehr als 2 m starke Außenmauern, die an den Ecken durch vier Rundtürme, an den Seiten durch je zwei Rundtürme gesichert waren. Rechteckige Einzeltortürme schützten die Zugänge in der West- und Ostmauer der Anlage, die zudem durch ein doppeltes Grabensystem, nur unterbrochen vor den Tortürmen, verteidigt wurde. Nach Westen führte vom Kleinkastell eine Verbindungsstraße in Richtung der Limesstraße. Im Kastell konnten Reste eines Bades festgestellt werden, Kleinfunde und ein Ziegelstempel. Letztere datieren ins 4. und 5. Jahrhundert. Damals lag die römische Militäranlage noch linksrheinisch. Erst die im Jahr 1374 erfolgten Veränderungen des Rheinlaufs ließen Haus Bürgel rechtsrheinisch werden. [Buhlmann, 10.2003]

Habeth-Allhorn, Stephanie (2003), 175 Jahre Cellitinnen zur hl. Maria in der Kupfergasse. Eine sozial-caritative Ordensgemeinschaft im Herzen von Köln, Köln 2002, 128 S., Schwarzweiß-, Farbfotos, Karte, € 14,95. Im spätmittelalterlichen Köln entstanden seit dem 13. Jahrhundert kleinere Beginenkonvente "frommer Frauen". Unter den mehr als zwanzig Beginenkonventen befanden sich auch die Kommunitäten Klein-St. Ursula (1291), Tulenkonvent (1307), Klein-Nazareth (14. Jahrhundert, Anfang), Lore-Konvent (1312), Zederwald (1314), Zur Zelle (1314), Zum Denant (1374), die sich teilweise zusammenschlossen (Zum Denant-Tulenkonvent 1470/84 -> Zur heiligen Dreifaltigkeit, Zederwald-Zur Zelle 1496/1503 -> Zur Zelle) und sich an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert in Klöster (und damit kirchliche Institutionen) umwandelten (Lore-Konvent als St. Elisabeth 1454, Zur heiligen Dreifaltigkeit 1470, Klein-Nazareth 1474, Klein St.-Ursula 1480/87, Zederwald-Zur Zelle 1503). Es entstanden die Kölner Cellitinnenklöster der frühen Neuzeit als Ordensgemeinschaft. Am Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Klöster Klein-Nazareth (1802) und Klein-St. Ursula (1827) aufgehoben, 1828 schlossen sich die Cellitinnen der Klöster Zur Zelle und Zur heiligen Dreifaltigkeit zur Kommunität St. Maria zusammen, die bis heute als Cellitinnen zur hl. Maria in der Kupfergasse besteht - ebenso wie die aus dem 1838 gegründeten Bürgerhospital hervorgegangenen Cellitinnen nach der Regel des hl. Augustinus in der Severinstraße. [Buhlmann, 10.2023]

Habsburger, mittelalterlich-neuzeitliche Adelsfamilie: I. Die Anfänge der Habsburger reichen vielleicht bis in die Merowingerzeit (Etichonen?) zurück, bestimmt aber bis in die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts, als mit Guntram ("den Reichen") der erste "Habsburger" vielleicht als Graf im elsässischen Nordgau in Erscheinung trat. Die Enkel Guntrams, Ratbod und Rudolf (I.), stifteten die Klöster Muri und Ottmarsheim (um 1020), ihr Verwandter (Bruder?) Werner (I.), Bischof von Straßburg (1001-1028), errichtete die ("Habichts"- oder) Habsburg an der Mündung der Reuss in die Aare (um 1020). Knapp einhundert Jahre später, im Jahr 1108, sollte sich dann ein Graf nach dieser Burg nennen. Damals bzw. im 12. und 13. Jahrhundert besaßen die Habsburger schon umfangreichen Besitz, "Eigen" zwischen Aare und Reuss sowie die Vogtei über die Mönchsgemeinschaft Muri, Güter im Elsass und Vogteirechte u.a. über Ottmarsheim, Murbach, Straßburg und Säckingen, die Grafschaften im Oberelsass, Klettgau, Aargau und westlichen Zürichgau. Die Besitzteilung zwischen Landgraf Albrecht (IV.) dem Weisen (1211-1239) und Graf Rudolf III. (1232/39-1249) irgendwann zwischen 1232 und 1239 ließ die Nebenlinie der Grafen von Habsburg-Laufenburg (bis 1408) entstehen. Auf Albrecht folgte dessen Sohn Rudolf IV. (1239-1291), der das habsburgische Territorium nochmals ausdehnen konnte. 1254 gelang der Erwerb der wichtigen Klostervogtei über St. Blasien, die Gründung von Waldshut (ca.1240) schuf ein Zentrum habsburgischer Herrschaft im Südschwarzwald, das Aussterben der Grafen von Kyburg im Jahr 1264 nutzte Rudolf, seine Macht auf Winterthur, Frauenfeld und Freiburg im Üchtland auszuweiten sowie die Thurgaugrafschaft und die Reichsvogtei Zürich zu erwerben. Als Anhänger der Staufer stand Rudolf auf der Seite von König Konrad IV. (1237-1254) und dessen Sohn Konradin (Italienzug 1267/68). Am 1. Oktober 1273 wurde Rudolf von geistlichen und weltlichen ("Kur"-) Fürsten in Frankfurt zum König gewählt. Seitdem war habsburgische Geschichte auch und vornehmlich Reichsgeschichte. Über König Rudolf I. haben wir oben schon berichtet. Zu nennen sind weiter die habsburgischen Könige und Kaiser des römisch-deutschen Spätmittelalters Albrecht I. (1298-1308), Albrecht II. (1438-1439), Friedrich III. (1440-1493) und Maximilian I. (1486/93-1519). II. Seit Albrecht II. stellte die Dynastie der Habsburger in ununterbrochener Folge die Herrscher im Reich und stützte sich dabei auf umfangreiche Territorien: die österreichischen Herzogtümer (Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain), das Königreich Böhmen, Vorderösterreich (im deutschen Südwesten), außerhalb des Reiches das (Rest-) Königreich Ungarn. Die Universalmonarchie Kaiser Karls V. (1519-1556), die zudem das Königreich Spanien mit den mittelmeerischen Besitzungen (Sizilien, Neapel, Sardinien), die spanischen Kolonien in Mittel- und Südamerika und wesentliche Teile des ehemaligen spätmittelalterlichen burgundischen "Zwischenreiches" (Burgund, Niederlande) umfasst hatte, stand am Anfang der frühen Neuzeit. Es folgte spätestens mit der Resignation Karls V. vom Kaisertum (1556) die Trennung in die österreichischen und spanischen Habsburger, wobei Letztere im Bereich des römisch-deutschen Reiches die ehemals burgundischen Territorien erhielten. Die österreichischen Habsburger ab Kaiser Ferdinand I. (1556-1564) bauten auf den unter Karl V. erfolgten Weichenstellungen gerade auch bzgl. der sich im Reich ausbreitenden pro-testantischen Reformation auf. Die Habsburger hielten - alleine schon aus Gründen ihres Kaisertums - weitgehend am katholischen Glauben fest; die Gegenreformation fiel in ihren Territorien jedenfalls auf fruchtbarem Boden. Das Verhältnis zu den Protestanten im Reich war unter Ferdinands Sohn Maximilian II. (1564-1576), der der Reformation durchaus nahestand, gut; auch gegenüber den protestantischen Niederlanden oder England verfolgte der Herrscher eine Politik der religiös-konfessionellen Mäßigung. Dagegen misslang der Griff nach der polnischen Krone (1573/75). Die Politik Maximilians gegenüber dem Reich fand durch seinen Sohn Rudolf II. (1576-1612/19) keine Fortsetzung, was auf längere Sicht Widerstände in Ungarn und Böhmen hervorrief. Es kam weiter zu politischen Auseinandersetzungen mit Rudolfs jüngerem Bruder Matthias, der 1612 Kaiser wurde (1612-1619), indes die schwierige konfessionelle Lage im römisch-deutschen Reich nicht zu lösen vermochte. U.a. die sich verstärkenden habsburgischen Rekatholisierungsmaßnahmen führten in den Dreißigjährigen Krieg, der die habsburgische Machtstellung im Reich unter den Kaisern Ferdinand II. (1619-1637) und Ferdinand III. (1637-1657) teilweise als Spielball der am Krieg beteiligten Mächte sah, teilweise als Vormacht der katholischen Konfession und der Rekatholisierung. Der Westfälische Frieden verschob den Dualismus zwischen Kaiser und Reichsständen zu Gunsten der Letzteren; die Habsburger blieben aber weiterhin im Besitz der Kaiserwürde, wenn auch die Wahl von Ferdinands III. Sohn, Leopold I. (1658-1705), erst nach Überwindung einiger politischer Widerstände gelang (1657/58). Unter Leopold rückten Türkenkrieg und Türkengefahr für die habsburgischen Territorien und das Reich politisch-militärisch in den Vordergrund. III. Die "Entdeckung" der "Neuen Welt" und die gerade unter König (Kaiser) Karl I. (V.) (1515/16/19-1556/58) stattfindende Eroberung und Kolonisierung Mittel- und Südamerikas (Unterwerfung des Aztekenreiches 1519/22, Eroberung des Inkareichs 1532/39) bildeten die Grundlagen des spanischen Weltreiches und Spaniens als Hegemonialmacht im Europa des 16. Jahrhunderts unter den (habsburgischen) Königen (Austrias mayores) Karl I. und Philipp II. (1556-1598). Die spanische Monarchie der (spanischen) Habsburger war eine zusammengesetzte, nicht nur was die spanischen Besitzungen in Italien (Königreich Neapel-Sizilien), im römisch-deutschen Reich (Niederlande, Burgund) sowie die Kolonien in Amerika (Vizekönigreiche Neu-Spanien, Peru) und Asien (Philippinen) betraf, sondern auch die Iberische Halbinsel selbst, wo Philipp II. Spanien mit dem Königreich Portugal vereinigen konnte (1580). Allerdings hatte Spanien mit den aufrührerischen nördlichen Niederlanden zu kämpfen (ab 1579); zudem verursachte - neben den Kriegen etwa gegen Frankreich (Frieden von Cateau-Cambrésis 1559, Frieden von Vervins 1598) oder England (Große Armada 1588) - der Zustrom von Edelmetallen aus der "Neuen Welt" massive Verwerfungen im Wirtschaftsgefüge des Königreichs. Das 17. Jahrhundert stand in Spanien unter den Vorzeichen einer sich weiter verstärkenden negativen Wirtschaftsentwicklung bei Bevölkerungsabnahme (Pestepidemien), Verarmung der Landbevölkerung (Refeudalisierung) und Zuspitzung gesellschaftlicher Gegensätze. So kam es wiederholt zu Aufständen gegen die spanische Monarchie der Könige (Austrias menores) Philipp III. (1598-1621), Philipp IV. (1621-1665) und Karl II. (1665-1700), z.B. im Rahmen des spanisch-französischen Krieges von 1633/59 (Pyrenäenfrieden von 1659), als Katalonien revoltierte (1640/52, Eroberung Barcelonas 1652). Auch gelang es Portugal, sich von Spanien abzuspalten (1640). IV. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1713/14) endete u.a. mit der Verlust der habsburgischen Herrschaft über Spanien. Die Habsburger behaupteten sich als Kaiser des römisch-deutschen Reiches - abgesehen von einem wittelbachischen Zwischenspiel unter Kaiser Karl VII. (1742-1745) - auch im 18. Jahrhundert: Joseph I. (1705-1711), Karl VI. (1711-1740), Franz I. (1745-1765), Joseph II. (1765-1790), Leopold II. (1790-1792), Franz II. (1792-1806/35). Durch die "Pragmatische Sanktion" (1713) sicherte Karl VI. den Habsburgern und dem "Haus Österreich" dessen Fortbestand auch in weiblicher Nachfolge, ein Umstand, dem es Karls Tochter Maria Theresia (1740-1780) verdankte, die Habsburgerdynastie als Haus Habsburg-Lothringen weiterzuführen. Allerdings führte der zunehmende, letztlich auch auf das Reichsganze einwirkende Dualismus zwischen Habsburg und dem Königreich Preußen u.a. zum Verlust Schlesiens (Erster Schlesischer Krieg 1740-1742, Zweiter Schlesischer Krieg 1744-1745) während des Österreichischen Erbfolgekriegs (1740-1748) und mit dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763). Französische Revolution und (napoleonische) Koalitionskriege brachten das Ende des römisch-deutschen Reiches (1806); es entstand das Kaisertum der habsburgischen Donaumonarchie, die nach dem Wiener Kongress (1814/15) teilweise im Deutschen Bund (1815-1866) eingebunden war und als eine der Großmächte Europas die Politik auf dem Kontinent mitbestimmte. Dies galt gegenüber dem Osmanischen Reich und auf dem Balkan (Besetzung Bosnien-Herzegowinas 1878) ebenso wie in Italien (Verlust der italienischen Besitzungen 1866) oder im Deutschen Bund (Deutsch-dänischer Krieg 1864). Die Spannungen zwischen Preußen und der Habsburgermonarchie (als Gesamtheit der habsburgischen Herrschaftsgebiete) entluden sich dann im Deutschen Krieg (1866), der mit der Niederlage Österreichs und seiner Verbündeten (Frieden von Nikolsburg und Prag 1866) sowie der Selbstauflösung des Deutschen Bundes (1866) endete und Österreich endgültig politisch aus Mitteleuropa verdrängte. Die österreichisch-habsburgischen Kaiser des "langen" 19. Jahrhunderts - Franz I. (1804-1835), Ferdinand I. (1835-1848), Franz Joseph I. (1848-1916) und Karl I. (1916-1918) - standen auch als ungarische Könige der (k. u. k.-) Doppelmonarchie Österreich-Ungarn (österreichisch-ungarischer Ausgleich 1867) vor. Mit dem Deutschland und Österreich-Ungarn verheerenden Ausgang des Ersten Weltkriegs (1914-1918) ging die Donaumonarchie unter, was das Ende der politischen Machtstellung der Habsburger bedeutete (1918). Als Adelsfamilie ohne politische Macht existieren die Habsburger noch heute.
Zu den Habsburgern s.: Görlich, Ernst Joseph (1970), Grundzüge der Geschichte der Habsburger-Monarchie und Österreichs (= Grundzüge 15/16), Darmstadt 21970, 358 S., DM 29,80; Grössing, Sigrid-Maria (2001), Amor im Hause Habsburg. Eine Chronique scandaleuse (= Heyne Sachbuch 767), München 32003, 340 S., Schwarzweißtafeln, Stammtafeln, € 9,60 (mit den Beiträgen: Maximilian I. und Maria von Burgund; Philipp der Schön und Johanna die Wahnsinnige; Margarete von Österrcih; Barbara Blomberg; Ferdinand I. und Anna von Ungarn; Erzherzof Ferdinand und Philippine Welser; Franz Stephan und Maria Theresia; Joseph II. und Isabella von Parma; Erzherzog Johann und Anna Plochl; Franz Joseph und seine Frauen; Kronprinz Rudolf und Stephanie von Belgien; Franz Ferdinand und Sophie Chotek; Karl I. und Zita von Bourbon-Parma); Krieger, Karl-Friedrich (1994), Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III. (= Urban Tb 452), Stuttgart-Berlin-Köln 1994, 267 S., Karten, DM 30,-; Leitner, Thea (1987), Habsburgs verkaufte Töchter (= SP 1827), München 41995, 272 S., Schwarzweißabbildungen, DM 17,90, München 172011, 272 S., Schwarzweißabbildungen, € 12,- (mit den Lebensbildern Kunigundes [*1465-†1520], Margaretes [*1480-†1530], Marias [*1505-†1558], Annas [*1601-†1666], Marie Karolines [*1752-†1814] und Leopoldines [*1797-†1826]); Leitner, Thea (1989), Habsburgs vergessene Kinder (= SP 1865), München 21995, 288 S., Schwarzweißabbildungen, DM 16,90 (über: Don Juan Josè de Austria [†1679]; Maria Anna [†1789]; Louis [†1795] und Marie Thérèse [†1851]; Pedro [†1891]; Ludwig Salvator [†1915]); Niederhäuser, Peter (Hg.) (2010), Die Habsburger zwischen Aare und Bodensee (= AGZ 77), Zürich 2010, 254 S., Abbildungen, € 38,-; Schulte, Aloys (1886), Studien zur ältesten und älteren Geschichte der Habsburger und ihrer Besitzungen, vor allem im Elsass, in: MIÖG 7 (1886), S.1-20, 513-554; Weissensteiner, Friedrich (2000), Habsburgerinnen auf fremden Thronen, Wien 2000, 192 S., Schwarzweißabbildungen, Stammtafel, DM 39,80. [Buhlmann, 11.2010, 04.2019, 07.2023]

Hacks, Peter (1972), Das Poetische. Ansätze zu einer postrevolutionären Dramaturgie (= es 544), Frankfurt a.M. 1972, 146 S., DM 4,-. Der DDR-Literat und Dramatiker Peter Hacks (*1928-†2003) stellt neben das "Poetisieren" das Historisieren als "postrevolutionäre" Wiederherstellung und Erneuerung der im historischen Durchlauf als inhaltlich überragend erkannten Literatur. Dabei bezieht sich der Autor auf Wissenschaft und Vernunft, Utopie und Realität, Kunst und Welt und eine literarische Beispiele mit ein (Beiträge: Literatur im Zeitalter der Wissenschaften; Versuch über ein Theaterstück von morgen; Die Ästetik Brechts; Faust-Notizen; Über Korthners "Sendung der Lysistrata"; Iphigenie oder: Über die Wiederverwendung von Mythen; Kritik zu Käte Hamburgers Buch "Von Sophokles zu Sartre; Über Langes "Marski"; Unruhe angesichts eines Kunstwerks; Das Poetische; Halet ohne Geheimnis; u.a.). [Buhlmann, 07.2020]

Haderer, Manfred-G. ([2000]), Spurensuche. Stumme Zeugen am Wegesrand. Geschichten und Bilder aus Schluchsee, Blasiwald, Fischbach, Faulenfürst, Schönenbach, Titisee-Neustadt o.J. [2000] > S Schwarzwald

Hadwig, schwäbische Herzogin: Die um 938/40 geborene Hadwig war die Tochter Herzog Heinrichs I. von Bayern (948-955), des Bruders Kaiser Ottos I. des Großen (936-973). Hadwig sollte wohl zunächst nach Byzanz verheiratet werden, doch zerschlug sich das Eheprojekt, und sie heiratete Burkhard (II.), den späteren schwäbischen Herzog, der das Herzogtum wegen seiner Verwandtschaft mit dem Königs-haus erlangte. Das Ehepaar gründete auf dem Hohentwiel ein Ge-orgskloster, der Berg war für Hadwig als schwäbische dux das Zentrum ihrer Herrschaft. Die Herzogin geriet allerdings mehrfach zwischen die politischen Fronten, etwa beim Aufstand der drei Heinriche (977), als Hadwigs Bruder, der Bayerherzog Heinrich der Zänker (955-976), Herzog Heinrich von Kärn-ten (976-978, 982-989) und Bischof Heinrich von Augsburg (973-982) gegen die Königsherrschaft Ottos II. (973-983) erfolglos rebellierten, oder beim Thronstreit von 984.
Die historische Herzogin Hadwig diente als Grundlage für den bekannten Mittelalterroman: Scheffel, Joseph Viktor von (1855), Ekkehard (= detebe 21292), Zürich 1985, 471 S., DM 16,80 > S Scheffel, Joseph Viktor von [Buhlmann, 08.2019]

Hadwig von Wied, Äbtissin der Frauengemeinschaften Gerresheim und Essen: Die Gerresheimer und Essener Äbtissin Hadwig aus der mittel-rheinischen Adelsfamilie der Grafen von Wied (*vor 1120?-†v.1172?/1176?) war eine beaufsichtigte Frau, eingebunden in ein Geflecht von patriarchalischer Herrschaftsordnung und Patronage, eingebunden auch in die Adelskirche ihrer Zeit, innerhalb der die Sanktimoniale ihre kirchliche (Aus-) Bildung erhielt und - als Schwester des Kölner Erzbischofs Arnold II. von Wied (1151-1156) - die Vorsteherin zweier geistlicher Frauengemeinschaften am Niederrhein, die Äbtissin von Gerresheim und Essen, wurde. Hadwig war eine selbstständige Persönlichkeit auf Grund ihrer adligen Sozialisation und der erreichten kirchlichen Position. Nicht nur der Tag der Kirchweihe von Schwarzrheindorf (24. April 1151) sah sie in enger Bekanntschaft zu den staufischen Königen Konrad III. (1138-1152) und Friedrich I. Barbarossa (1152-1190), zu Bischöfen und Äbten, u.a. zu Abt Wibald von Stablo-Malmedy und Corvey (1130-1158 bzw. 1146-1158) und zum Geschichtsschreiber Bischof Otto von Freising (1138-1158). Die Urkunden, die sie als Essener Äbtissin ausstellte, lassen das Bild einer Trägerin von weltlicher Macht und Herrschaft erkennen. Nach dem Tod ihres Bruders Arnold übernahm Hadwig den Aufbau der Frauengemeinschaft in Schwarzrheindorf, wo sie ihre jüngeren Schwestern Sophia und Siburgis als Äbtissin bzw. Dechantin einsetzte (nach 1167). Noch heute zeigen die Wandgemälde der dortigen Kapelle (um 1170) die Stifter Arnold und Hadwig demütig vor dem Weltenrichter Christus. Und eine Urkunde des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinsberg (1167-1191) spricht von Hadwig als einer "starken Frau", die "viele bedeutende und größere Mühen, die üblicherweise keine Arbeiten des weiblichen Geschlechts sind", erfolgreich bewältigte.
Zu Hadwig von Wied sei verwiesen auf: Buhlmann, Michael (2003), Die Essener Äbtissin Hadwig von Wied, in: MaH 56 (2003), S.41-78; Buhlmann, Michael (2008), Die Gerresheimer Äbtissin Hadwig von Wied (= BGG 3), Essen 2008, 36 S., € 3,-; Wirtz, Ludwig (1898), Die Essener Äbtissinnen Irmentrud und Hadwig II. von Wied, in: EB 18 (1898), S.21-41. [Buhlmann, 10.2003, 11.2003, 07.2008, 07.2016]

Haedeke, Hanns-Ulrich (1975), Sächsisches Zinn (aus einer Glauchauer Sammlung) (= Die Schatzkammer, Sonderbd.), Leipzig 31980, XVIII, 94 S., M 9,80. Die wirtschaftliche Blüte im Großherzogtum Sachsen im 14. und 15. Jahrhundert resultierte gerade aus dem Erzbergbau, der Silbergewinnung und der Förderung von Zinn. Sachsen war im 15. Jahrhundert neben Böhmen und Cornwall der wichtigste Zinnexporteur in Europa; Zinngießer(eien) sind ab Beginn des 15. Jahrhunderts in Freiberg, Zittau und Leiprig bezeugt. Die Verarbeitung von Zinn blieb in Spätmittelalter und früher Neuzeit im Wesentlichen gleich (Ausgießen des Zinns in eine Form -> Abdrehen, Verputzen, Glätten des Zinngefäßes -> Anlöten von Henkeln, Ausgüssen u.a.). Die Markierung der produzierten Zinnteile durch den Zinngießer geht ins 16. Jahrhundert zurück, Qualität anzeigende Marken und Zeichen kommen im 17. und 18. Jahrhundert auf. Zinngefäße wurden von wohlhabenden Bürgern und Stadtgemeinden, aber auch von Kirchengemeinden nachgefragt bzw. in Auftrag gegeben (Reformation, Dreißigjähriger Krieg). Eine aus dem sächsischen Glauchau stammende Sammlung von sächsischem (Gebrauchs-, repräsentativ-zeremoniellen Edel-) Zinn liefert dann einen Überblick über die Entwicklung der Gegenstände aus Zinn zuvorderst im 17. und 18. Jahrhundert (Abendmahlkannen, -kelche; Taufbecken, -geschirr, -kannen; Altarvasen; Pokale, Trinkbecher, Krüge; Öllampen, -uhren; Schraub-, Teekannen, Teekessel, Tassen; Teller, Terrinen; Büchsen, Dosen, Flaschen, Kannen; Kerzenleuchter; Töpfe). [Buhlmann, 10.2021]

Häffner, Martin, Ruff, Karl Martin, Schrumpf, Ina (1997), Trossingen - Vom Alemannendorf zur Musikstadt, Trossingen 1997, 544 S., Abbildungen, DM 38,-. Trossingen, gelegen auf der Baarhochebene (660-760 m über NN) am Drosselbach, reicht bis in alemannische Zeit zurück, die Anwesenheit von Menschen im Trossinger Raum bis in die Mittel- und Jungsteinsteinzeit (ab 8000/5000 v.Chr., Fund- und Wohnplätze Schröten und Burgbühl). Keltisch-hallstattzeitlich sind Grabhügel u.a. auf dem Dachsbühl, keltisch-latènezeitlich die Viereckschanze "Waltersweite" (2./1. Jahrhundert v.Chr.). In die römische Zeit gehören Fundamentreste eines Gutshofes auf dem Burgbühl sowie Siedlungsfunde im Gewann "Bonnen"; eine aufgefundene römische Bronzemünze datiert in die Zeit des Kaisers Septimius Severus (193-211). Der merowingerzeitliche alemannische Ortsfriedhof von Trossingen oberhalb des ehemaligen Kerndorfs (Bereich Löhrstraße) besteht aus ungefähr 70 Gräbern aus dem 6. Jahrhundert. Trossingen wird in einer St. Galler Traditionsurkunde, die auf den 30. Juli im Jahr 796, 797, 799 oder 800 datiert, zum ersten Mal erwähnt; es folgt die St. Galler Urkunde vom 31. Oktober wahrscheinlich 843. Rund einhundert Jahre später ist Trossingen in einer Schenkungsurkunde des ostfränkisch-deutschen Königs Otto I. (936-973) an das Kloster Reichenau zum 1. Januar 950 belegt; in Trossingen gab es mithin Königsgut. Trossingen war Zentrum eines hoch- und spätmittelalterlichen Reichenauer Hofverbands; erstmals zum Jahr 1211 sind mit einem Heinrich (I.) die sog. (niederadligen) Meier von Trossingen bezeugt, die über Generationen hinweg - bis zum endenden 15. Jahrhundert - die Geschicke des Reichenauer Grundbesitzes in und um Trossingen bestimmten. Dabei traten die Meier durchaus unabhängig vom Reichenauer Abt auf, was sich u.a. im Erwerb von Besitz und Rechten im erweiterten Umfeld der Baar und in Rottweil zeigt. Herrschaftlichen Rückhalt fanden die Meier in zwei (heute abgegangenen) Burgen beim Dorf Trossingen sowie in den Burgen Hüribach und Neckarstein. Das Reichenauer Hofgut der Meier war der Hilpoltshof. Im späten Mittelalter waren in Trossingen zudem die Herren von Lupfen, die Herren von Blumberg, die Grafen von Geroldseck, die Schramberger Herrschaft (Hofgut der Meier als Schramberger Lehen), die Klöster Amtenhausen und Rottenmünster sowie Rottweiler Johanniterkommende und Kapellenkirche besitzmäßig und grundherrschaftlich vertreten. Die Herren von Lupfen und die von Blumberg hatten zeitweise die Vogtei über das (Unter-, Ober-) Dorf inne; 1444 gelangten die Vogtei und damit die Herrschaft an die Grafen von Württemberg. Die Trossinger Pfarrkirche (im Unterdorf Niederhofen) ist erstmals 1275 bezeugt, das Patronatsrecht lag beim Kloster Reichenau; neben der Pfarrkirche gab es im Trossinger Oberdorf (Sontheim) ein (heute nicht mehr bestehendes) Gotteshaus ("Türmle"). In der frühen Neuzeit war Trossingen Teil des württembergischen Herzogtums und machte die protestantische Reformation mit (Martin-Luther-Kirche 1742/46). Ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Musikinstrumentenindustrie (Mathias Hohner), nach 1880 das Trossinger Stadtzentrum zwischen Unter- und Ober-Trossingen. 1927 wurde Trossingen Stadt, 1971 bzw. 1975 erfolgte die Eingemeindung der Nachbarorte Schura und Talheim. Daneben ist Trossingen Standort einer Musikhochschule. Vgl. noch Buhlmann, Michael (2014), Die Klöster St. Gallen und Reichenau, das Königtum, die Baar und Trossingen im frühen Mittelalter (= VA 69), Essen 2014, 72 S., € 4,50. [Buhlmann, 02.2014]

Hägermann, Dieter (1980), Studien zum Urkundenwesen König Heinrich Raspes (1246/47), in: DA 36 (1980), S.487-548 > H Heinrich Raspe

Haensch, Olaf (2010), NachtZüge. Dampf-Träume am Brocken, Fürstenfeldbruck 2010 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Haff, Karl (1952), Die Wildbannverleihungen unter Kaiser Heinrich III. und IV. an die Bischöfe von Augsburg und Brixen und die Paßhut, in: ZRG GA 69 (1952), S.301-309 > D Dasler, Forst und Wildbann

Haffner, Sebastian (1978), Anmerkungen zu Hitler (= Fischer Tb 3489), Frankfurt a.M. 252003 > H Hitler, Adolf

Haffner, Sebastian (1979), Die deutsche Revolution 1918/19. Wie war es wirklich?, München 21979 > D Deutsche Geschichte, 1918/19-1933

Haffner, Sebastian (Hg.) (1982), Große Deutsche. Von Karl dem Großen bis Wernher von Braun, Stuttgart-Hamburg-Berlin 1982, Schwarzweiß-, Farbabbildungen, DM N.N. Das Buch enthält Kurzbiografien über: Karl der Große (*747-†814), Otto I. der Große (*912--†973), Friedrich I. Barbarossa (*1122--†1190), Walther von der Vogelweide (*ca.1170--†ca.1230), Wolfram von Eschenbach (*ca.1170-†ca.1220), Friedrich II. von Hohenstaufen (*1194-†1250), Albertus Magnus (*ca.1200-†1280), Johannes Gutenberg (*ca.1397-†1468), Jakob Fugger (*1459-†1525), Maximilian I. (*1459-†1519), Franz von Taxis (*1459-†1517), Tilman Riemenschneider (*ca.1460-†1531), Albrecht Dürer (*1471-†1528), Nikolaus Kopernikus ('1473-†1543), Martin Luther (*1483-†1546), Thomas Müntzer (*ca.1490-†1525), Paracelsus (*ca.1493-†1541), Hans Sachs (*1494-†1576), Karl V. (*1500-†1558), Gerhard Mercator (*1512-†1594), Johannes Kepler (*1571-†1630), Albrecht von Wallenstein (*1583-†1634), Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst (*1620-†1688), Gottfried Wilhelm Leibniz (*1646-†1716), Johann Sebastian Bach (*1685-†1750), Friedrich II. der Große (*1712-†1780), Maria Theresia (*1717-†1780), Immanuel Kant (*1724-†1804), Gotthold Ephraim Lessing (*1729-†1781), Meyer Amschel Rothschild (*1743-†1812), Johann Wolfgang Goethe (*1749-†1832), Wolfgang Amadeus Mozart (*1756-†1791), Karl Freiherr vom Stein (*1757-†1831), Friedrich Schiller (*1759-†1805), Neidhardt von Gneisenau (*1760-†1831), Johann Gottlob Fichte (*1762-†1814), Alexander von Humboldt (*1769-†1859), Friedrich Hölderlin (*1770-†1843), Georg Wilhelm Hegel (*1770-†1831), Ludwig van Beethoven (*1770-†1827), Rahel Varnhagen (*1771-†1833), Klemens Fürst Metternich (*1773-†1859), Caspar David Friedrich (*1774-†1840), Carl Friedrich Gauß (*1777-†1855), Heinrich von Kleist (*1777-†1811), Carl von Clauswitz (*1780-†1831), Karl Friedrich Schinkel (*1781-†1841), Jacob & Wilhelm Grimm (*1785-†1863 & *1786-†1859), Arthur Schopenhauer (*1788-†1860), Joseph von Eichendorff (*1788-†1857), Leopold von Ranke (*1795-†1886), Annette von Droste-Hüslhoff (*1797-†1848), Heinrich Heine (*1797-†1856), Justus von Liebig (*1803-†1873), Carl Spitzweg (*1808-†1885), Robert Schumann (*1810-†1856), Alfred Krupp (*1812-†1887), Richard Wagner (*1813-†1883), Otto von Bismarck (*1815-†1898), Werner von Siemens (*1816-†1892), Karl Marx (*1818-†1883), Theodor Fontane (*1819-†1898), Rudolf Virchow (*1821-†1902), Heinrich Schliemann (*1822-†1890), Alfred Brehm (*1829-†1884), Friedrich von Bodelschwingh (*1831-†1910), Wilhelm Raabe (*1831-†1910), Wilhelm Busch (*1832-†1908), Johannes Brahms (*1833-†1897), Robert Koch (*1843-†1910), Friedrich Nietzsche (*1844-†1900), Carl Benz (*1844-†1929), Wilhelm Conrad Röntgen (*1845-†1923), Helene Lange (*1848-†1929), Otto Lilienthal (*1848-†1896), Max Planck (*1858-†1947), Lovis Korinth (*1858-†1925), Hugo Junkers (*1859-†1935), Max Weber (*1864-†1920), Richard Strauss (*1864-†1949), Käthe Kollwitz (*1867-†1945), Ernst Barlach (*1870-†1938), Rosa Luxemburg (*1870-†1919), Albert Schweitzer (*1875-†1965), Thomas Mann (*1875-†1955), Ferdinand Sauerbruch (*1875-†1951), Konrad Adenauer (*1876-†1967), Hermann Hesse (*1877-†1962), Gustav Stresemann (*1878-†1929), Otto Hahn (*1879-†1968), Albert Einstein (*1879-†1955), Paul Klee (*1879-†1940), Martin Heidegger (*1889-†1976), Carl von Ossietzky (*1889-†1938), Kurt Schumacher (*1895-†1952), Paul Hindemith (*1895-†1963), Bertolt Brecht (*1898-†1956), Erich Kästner (*1899-†1974), Werner Heisenberg (*1901-†1976), Wernher von Braun (*1912-†1977). [Buhlmann, 03.2023]

Haffner, Sebastian (1987), Von Bismarck zu Hitler. Ein Rückblick, München 21987 > D Deutsche Geschichte, 1870/71-1945

Haffner, Sebastian ([ca.1939], 2000), Geschichte eines Deutschen. Die Erinnerungen 1914-1933, Stuttgart-München 62001 > D Deutsche Geschichte, 1918/19-1933

Hagemann, Manuel (2007), Johann von Kleve (†1368). Der Erwerb der Grafschaft Kleve 1347 (= Libelli Rhenani, Bd.21), Köln 2007, Schwarzweißabbildungen, Stammtafeln, Karte, € N.N. Die Regierungswechsel in der Grafschaft Kleve in den Jahren 1310/11, 1347 und 1368 gefährdeten von Mal zu Mal das niederrheinische Territorium. Der Tod Graf Ottos von Kleve (1305-1310) brachte unter dynastischen Schwierigkeiten (politisches Gegenspiel der Witwe Ottos Mechthild von Virneburg, des Kölner Erzbischofs und des Grafen von der Mark) dessen Halbbruder Dietrich IX. (1310-1347) an die Macht, nach dem Tod Dietrichs sollte dessen Bruder Johann relativ problemlos die Herrschaft in der Grafschaft antreten. Dieser Johann, zu einem unbekannten Zeitpunkt geboren, war der Sohn des Klever Grafen Dietrich VIII. (1275-1305) und von dessen zweiter Ehefrau Margaretha von Kiburg (†v.1388). Für eine geistliche Karriere bestimmt, konnte er mit Hilfe seines Halbbruders Otto schon frühe eine Reihe von ertragreichen Kanonikaten erlangen, u.a. an den Domkapiteln von Köln und Mainz und am Xantener Stift. Nachdem sich Dietrich IX. in der Grafschaft Kleve politisch durchgesetzt hatte, kam es zur formellen Einigung mit seinem Bruder Johann (1318; Linn und Orsoy als Apanage des Bruders, Nachfolge Johanns beim söhnelosen Tod Dietrichs). Johann verfolgte weiterhin seine geistliche Karriere insbesondere im Erzbistum Köln (Kölner Domdekan, Neusser Archidiakon 1320, Propst von Xanten ca.1325-1327), behielt aber auch die Grafschaft Kleve im Blick (Aussöhnung mit Mechthild von Virneburg 1325). Die Ankündigung Dietrichs IX., die Grafschaft Kleve unter dessen somit nachfolgeberechtigten Töchtern aufzuteilen, führte zum vorläufigen politischen Dissens mit Johann, zumal sich Letzterer eines guten Verhältnisses zu Erzbischof Walram von Jülich (1332-1349) erfreute (Johann als erzbischöflicher Lehnsmann 1336). Als Johann das Wittum Dinslaken von Mechthild von Virneburg erwarb (1337), kam es zum offenen Bruch zwischen den Brüdern, dem indes bald die Einigung folgte. Ab 1338 beteiligte sich Johann an der Politik der Grafschaft Kleve an der Seite Dietrichs (Vermittlung der Ehe zwischen Dietrich IX. und Maria von Jülich 1338, Verlegung des Stifts Monterberg nach Kleve 1340/41, Kontakte mit Herzog Rainald III. von Geldern [1343-1361]). Unter günstigen dynastischen Bedingungen (Tod Graf Adolfs II. von der Mark 1346) trat Johann die Nachfolge seines Bruder als Klever Graf (1347-1368) an. Dabei versicherte er sich zunächst der Anerkennung und Unterstützung der klevischen Städte (Privilegienbestätigungen für Wesel, Kalkar 1347; Privilegienbestätigung für Kleve 1349; Handfesten und Stadtrechtsurkunden für Kleve, Orsoy und Huissen) sowie der klevischen Vasallen (Räte des Grafen, Stellung des Neffen Johanns Dietrich von Horn-Parwijs-Kranenburg), holte bei Kaiser Ludwig dem Bayern (1314-1347) Privilegien ein (klevische Pfandschaft Duisburg, Verlegung des Nimwegener Rheinzolls 1347; Bestätigung und Erweiterung der Privilegien durch König Karl IV. [1346-1378] 1349), anerkannte die zur Grafschaft gehörenden kölnischen Lehen gegenüber Erzbischof Walram und hatte die Auflösung des Lehnsverhältnisses zur (bis dahin lehnsabhängigen) Grafschaft Moers zu akzeptieren (ab 1347). 1348 heiratete Johann Mechthild von Geldern, die Schwester Herzog Rainalds III. Johann gelang in der Folge eine Konsolidierung seiner Herrschaft in der Grafschaft, auch gegenüber den Städten (Kleve, Wesel, Kalkar, Büderich, Grieth, Dinslaken, Sonsbeck, Huissen, Orsoy, Linn, Duisburg, Kranenburg, Emmerich, Griethausen, Uedem, Kervenheim; Bürgschaftsleistungen der Städte); der Nimwegener Zoll wurde nach Griethausen verlegt (1352/57), die Stadt Emmerich wurde vom geldrischen Herzog an Kleve verpfändet (1355); die an Kleve verpfändete Reichsstadt Duisburg fiel (als Mitgift von Johanns Schwester Agnes) an die Grafschaft Kleve zurück (ca.1361/62; Verlegung des Zolls vor dem Duisburger Wald nach Büderich 1349/52, Verpfändung des Duisburger Marktzolls 1364). Im Konflikt zwischen Rainald III. von Geldern und dessen Bruder Eduard (1361-1371) um das Herzogtum stand Johann auf der Seite Rainalds (Inbesitznahme der Reichsherrschaft Rindern durch Kleve 1350, Kampfhandlungen in Geldern ab 1354, Landfrieden 1359). Folge des Eingreifens Johanns in Geldern war die weitere Verschuldung des Grafen, die finanzielle Lage der Grafschaft bleib weiterhin angespannt. Nach innen verfolgte Johann zielstrebig und pragmatisch den Ausbau von klevischer Gerichtsverfassung und Ämterverfassung (als Verwaltungsorganisation, Drost des "Klever Landes", Amtmänner; Klever Hof des Grafen) sowie die Weiterentwicklung der gräflichen Kanzlei zu einer Behörde der Landesherrschaft (scryvecamer, Abschriftensammlungen [ab ca.1360, Klever Kopiar 1336/37], Registerführung). Johann von Kleve starb söhnelos am 13. November 1368. Die Nachfolge in der Grafschaft sicherte sich Graf Adolf (III.) von der Mark (1368/80-1394), der schon in den 1360er-Jahren durch Johann in Klever Belange eingebunden worden war (Territorium Kleve-Mark). [Johann war damit der letzte der bis ins 11. Jahrhundert zurückreichenden Klever Grafen.] [Buhlmann, 09.2016]

Hagemann, Manuel (2015), Zur Geschichte der Burg Dinslaken, in: AHVN 218 (2015), S.15-44. Ab den 1170er-Jahren belegen Geschichtsquellen eine Burg im niederrheinischen Dinslaken, weiter eine Ministerialenfamilie als Burggrafen, die allerdings 1263/66 nach Holten umsiedelte, als die Grafen von Kleve sind die Dinslakener Burg sicherten. Im Schatten der wohl schon im 12. Jahrhundert teilweise in Stein aufgeführten Burg wurde Dinslaken im Jahr 1273 Stadt erhoben. Im 14. Jahrhundert war Dinslaken - Stadt und Burg - zeitweise Apanage von Mitgliedern der Klever Grafenfamilie, ab dem Jahr 1404 die weiterhin ausgebaute Burg Verwaltungsmittelpunkt und repräsentative Schlossanlage der Klever Herzöge u.a. für die Jagd (16. Jahrhundert). In der frühen Neuzeit geriet die Burg zunehmend ins Abseits, seit dem beginnenden 20. Jahrhundert dient sie als Sitz von Kreisverwaltung bzw. Dinslakener Rathaus (Neuaufbau nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg). [Buhlmann, 05.2016]

Hagemann, Wilfried, Verliebt in Gottes Wort. Leben, Denken und Wirken von Klaus Hemmerle, Bischof von Aachen, Würzburg 2008 > A Aachen

Hagen, Victor W. von (1962), Sonnenkönigreiche. Azteken, Maya, Inka (= Knaur Tb 125), München-Zürich 51973 > A Altamerikanische Kulturen

Hahn, Dorothea, Frenzel, Burkhard, Wein, Gerhard (1982), Kloster Reichenbach 1082-1982, Freudenstadt 1982 > R Reichenbach, Klosterreichenbach

Hahn, Ronald M., Jansen, Volker (Hg.) (1983), Lexikon des Science Fiction Films. 720 Filme von 1902 bis 1983 (= Heyne Tb 7236), München 1983 > S Science Fiction

Hainke, Wolfgang, Siebdruck. Technik, Praxis, Geschichte (= DuMont Tb 77), Köln 41987 > H Hilz, Geschichte des Buches

Hakenjos, Wilhelm (1993), Brigach. Hofchronik und Ortsgeschichte, St. Georgen 1993 > S St. Georgen im Schwarzwald

Hakenjos, Wilhelm (1997), Langenschiltach. Familien- und Hofchronik (mit Ortsgeschichte), St. Georgen 1997 > S St. Georgen im Schwarzwald

Haldon, John (2002), Das Byzantinische Reich. Geschichte und Kultur eines Jahrtausends, Düsseldorf-Zürich 2002 > B Byzantinische Geschichte

Halfmann, Helmut (2011), Marcus Antonius (= GdA), Darmstadt 2011 > G Gestalten der Antike

Hall, Ewald M. (1991), Die Sprachlandschaft der Baar (und des ehemaligen Fürstentums Fürstenberg). Eine phonetisch-phonologische Untersuchung über das oberrhein-alemannisch - schwäbisch - südalemannische Interferenzgebiet, 2 Tle. (= Studien zur Dialektologie in Südwestdeutschland, Bd.4), Marburg 1991 > B > Baar

Haller, Johannes (1936), Nikolaus I. und Pseudoisidor, Stuttgart 1936, 203 S., € 9,-. Das Pontifikat Papst Nikolaus' I. (858-867) war geprägt von einer verstärkten Einflussnahme des Papsttums gegenüber Kirche und Politik in den spätkarolingisch-fränkischen Teilreichen ("Ehehändel" König Lothars II. [855-869] 863/67 und Absetzung der Erzbischöfe Theutgaud von Trier [847-863] und Gunther von Köln [850-863] 863, Einschreiten zu Gunsten des abgesetzten Bischofs Rothard von Soissons 860/65, Einschreiten zu Gunsten des vom ehemaligen Erzbischof Ebo von Reims zum Priester geweihten Wulfhad 866/67, Konflikte mit Kaiser Ludwig II. [855-875]). Zur Durchsetzung seiner Führungsrolle gegenüber der fränkischen Kirche bediente sich der Papst pseudo-isidorischen Dekretalen, die aller Wahrscheinlichkeit nach 847/52 im Zusammenhang mit der Absetzung Ebos von Reims in Reims gefälscht worden waren. Nikolaus griff ebenfalls in die Belange der griechischen Kirche ein (Nichtanerkennung des Patriarchen Photios 861/67, Versuch der Unterstellung Bulgariens unter die römische Kirche 866/67). Die Politik des Papstes wurde u.a. ab 862 von Anastasius Bibliothecarius unterstützt bzw. beeinflusst. In der Zusammenschau von Gewolltem und Geleistetem bleibt das Pontifikat Nikolaus' zwiespältig. [Buhlmann, 01.2012]

Halm, Heinz (1982), Die islamische Gnosis. Die extreme Schia und die 'Alawiten (= BdM), Zürich-München 1982 > H Halm, Schia

Halm, Heinz (1988), Die Schia, Darmstadt 1988, X, 261 S., DM 49,80. Das Schiitentum ist eine Ausprägung des Islams bzw. der islamischen Religion. Im Unterschied zum islamischen Sunnitentum kreist die schiitische Religion um die Familie Mohammeds als Nachfolger des Propheten und legitime islamische Herrscher, repräsentiert durch Mohammeds Schwiegersohn Ali als vierten Kalifen (656-661; erste Fitna und Omaijaden, islamisches Schisma), durch dessen Sohn Husain (Schlacht bei Kerbela, 2. Oktober 680) und durch die diesen nachfolgenden Imame bis auf Muhammad al-Baqir (†733; Fünfer-Schia [Zaidiya]) bzw. auf Musa al-Kazim (†799; Siebener-Schia [Ismailiya]) bzw. bis auf den von Gott (874) entrückten Imam Muhammad al-Mahdi ("Große Verborgenheit" und [endzeitliche] "Wiederkehr" des Mahdi; Zwölfer-Schia als "klassisches" Schiitentum). Rechtmäßige Herrschaft üben nach schiitischer Auffassung nur die Imame aus der Familie Mohammends und Alis aus (Gerechtigkeit gegen "Despotie"); die schiitische Religion ist daher geprägt von der Imamatstheorie und der Rolle des Mahdi, von der Verehrung der Märtyrer (Husain, <-> Ketman), der Volksfrömmigkeit und den religiösen Gewohnheiten (Glaubenslehre, Gottesdienst, Fünft, Eherecht), von der herausgehobenen Rolle der schiitischen Rechtsgelehrten ("Vier Bücher" der Überlieferungen, Hierarchie, Idschtihad [als Aufstellen von Rechtsgutachten]). Schiitische Staatenbildungen in der Geschichte waren/sind: Buyidendynastie im Irak (945-1055); ismailitische Fatimidendynastie in Nordafrika, Ägypten, Palästina, Syrien (909-1171); Safawiden- (16. Jahrhundert, Anfang-1722; Schah Abbas I. [1588-1629]), (Afghanen-, Zandherrschaft,) Kadscharendynastie im Iran (ab 1779), konstitutioneller Iran, Dynastie der Pahlavi-Schahs (1924-1979), theokratisch-islamische Republik (ab 1979). Die Schiiten machen heute rund 15 Prozent der muslimischen Weltbevölkerung aus; zu finden sind sie hauptsächlich im Iran, dann im Irak und auf der arabischen Halbinsel; die Zaiditen als Anhänger der Fünfer-Schia sind im nördlichen Jemen zu finden, die Ismailiten als multikulturelle Siebener-Schiiten auf der ganzen Welt (Aga Khan als Oberhaupt der Ismaliya). Vgl. noch: Halm, Heinz (1982), Die islamische Gnosis. Die extreme Schia und die 'Alawiten (= BdM), Zürich-München 1982, 406 S., DM 89,-. [Buhlmann, 01.2022]

Halm, Heinz (1991), Das Reich des Mahdi. Der Aufstieg der Fatimiden, München 1991, 470 S., Schwarzweißtafeln, Karten, DM 68,-; Halm, Heinz (2003), Die Kalifen von Kairo. Die Fatimiden in Ägypten 973-1074, München 2003, 508 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 39,90; Halm, Heinz (2014), Kalifen und Assassinen. Ägypten und der Vordere Orient zur Zeit der ersten Kreuzzüge, München 2014, 431 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 34,95. Die Dynastie der fatimidischen Kalifen im islamischen Kulturbereich des 9. bis 12. Jahrhunderts fusst auf dem Siebener-Schiitentum, der ismailitischen Geheimlehre (Da'wa, Verbreitung durch Da'is, "Inseln" der Geheimlehre im Iran, am Persischen Golf, im Irak, in Nordafrika, im Jemen; Lehre: Abstammung von Mohammed/Fatima, [Wiederkehr des verborgenen Mahdi], Propaganda gegen das abbasidische Kalifat). Zu Beginn des 10. Jahrhunderts gelang den Fatimiden die Gründung eines Gegenkalifats in Ifriqiya (Nordafrika) und Sizilien (909), gestützt auf die Kutama-Berber. Dynastiegründer war al-Mahdi (909-934), der in Kairuan bzw. (ab 916) in al-Mahdiya residierte. Die Einbeziehung Ägyptens in den fatimidischen Machtbereich schlug zunächst fehl, bis 969 unter dem Kalifen al-Muizz (953-975) die Eroberung des Lands am Nil gelang (Gründung Kairos). Von Ägpyten aus übten sie Einfluss über den Hidschas und auf die heiligen Stätten Mekka und Medina aus und griffen in den palästinensisch-syrischen Raum über (Byzanz, Bagdader Kalifat, Türken). Neben den Kutama stützten sich die Herrschaft der Fatimidensultane zunehmend auf türkische Soldaten (Mamluken), in der Verwaltung traten auch Juden und Christen an prominenten Stellen in Erscheinung. Die fatimidische Politik innerhalb des Kalifats zeichnete sich weitgehend durch religiöse Toleranz gegenüber den sunnitischen Muslimen, den Juden und Christen aus (Übergriffe zur Zeit des Kalifen [und Imam] al-Hakim [996-1021], Kairoer Moschee al-Hakims, "Haus der Weisheit" [1005]). Die ersten Jahre der Regierungszeit des Kalifen al-Mustansir (1036-1094) können dann als Höhepunkt fatimidischer Herrschaft gelten (Bagdad in fatimidischer Hand 1059), während das westliche Nordafrika dem fatimidischen Einfluss entglitt (1051). Den armenischen Wesiren al-Gamali (1074-1094) und al-Afdal (1094-1121) gelang noch einmal die Stabilisierung des Fatimidenreichs, wobei Palästina an die lateinischen Kreuzfahrerstaaten verloren ging. Nach der Ermordung des Kalifen al-Amir (1101-1130) herrschte in Ägypten unter den politisch wenig einflussreichen fatimidischen (Kinder-) Kalifen zunehmend Anarchie; Ägypten sank teilweise zum "Protektorat" des christlichen Königs von Jerusalem ab (Eroberung von Askalon 1161), das Bündnis mit dem Emirat Aleppo brachte die aijubidische Inbesitznahme des Nillandes und das Ende des schiitischen Fatimidenkalifats (1171) durch den Wesir bzw. Sultan Saladin (1171-1193). Einen Seitenzweig ismailitisch-fatimidischen Bekenntnisses bildeten die Assassinen (11. Jahrhundert, 4. Viertel) mit ihrem religiösen und politischen Zentrum Alamut und einer Vielzahl von Stützpunkten (Burgen) etwa in Persien und Syrien. Ebenfalls schiitisch-fatimidischen Ursprungs waren (sind) die Drusen, deren Lehre die Gestalt des Kalifimams al-Hakim zum Ursprung hatte. [Buhlmann, 03.2014, 04.2014]

Halm, Heinz, Der Islam. Geschichte und Gegenwart (= BSR 2145), München 2000 > I Islam

Halm, Heinz (2017), Die Assassinen. Geschichte eines islamischen Geheimbundes (= BSR 2868), München 2017, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 8,95. I. Der schiitische Islam der Anhänger des ermordeten dritten Kalifen Ali (656-661) war (auch) im Mittelalter in (zahlreiche) religiöse Gruppierungen u.a. der Zwölferschiiten und der Ismailiten gespalten (firqa, firaq; Frage nach dem wahren Imam, Rolle des Mahdi als "verborgenen" Imam); hinzu kam der starke religiös-politische Gegensatz zum sunnitischen Islam. Die Anfänge der Ismailiten reichen in das 8. bzw. frühe 9. Jahrhundert zurück; (heimliche) ismailitische Missionierung (dawa; "Rufer" [dai], innere Botschaft des Koran [bâtin -> Batiniten]) bekehrte u.a. algerische Berber, die Nordafrika (Kairuan 909) besetzten und in Ägypten die Dynastie der ismailitischen Fatimiden begründeten (969/73). In Kleinasien und im Iran etablierten sich seit dem 11. Jahrhundert die türkisch-sunnitischen Seldschuken u.a. als Schutzherrn des weitgehend machtlosen Abbasidenkalifats. II. Auch das Land südlich des Kaspischen Meeres stand der ismailitischen Missionierung offen. Hier war es Hasan-e Sabbah (Hasan I., 1090-1124), der Ismailit wurde und nach der Besetzung der Burg Alamut (1090) eine ismailitische Kleinherrschaft im türkisch-sunnitischen Territorium aufbauen konnte (Eroberung weiterer Burgen, Angriffe der großseldschukischen Sultane auf die Batiniten, Batiniten um Hasan-e Sabbah als Nizari-Ismailiten [nizaritsche Doktrin], Attentate als politische Abwahrmaßnahme Hasans [Attentatsliste von Alamut]); Machtkämpfe innerhalb des Seldschukenreichs begünstigten die batinitische Herrschaftsbildung. Ebenso gelang das Eindringen der Batiniten in das politisch gespaltene Syrien, zumal die Ausbildung der Kreuzfahrerstaaten ab dem Ersten Kreuzzug (1096/99) die Region weiter destabilisierte (Batiniten in Aleppo, fatimidische Reaktionen); unter Bozorg Omid (1124-1138), dem Nachfolger Hasan-e Sabbahs, erwarben die Batiniten die ersten syrischen Burgen (Grenzfestung Bâniyâs [1126], Burgen al-Qadmûs [1132/33], al-Kahf [1135/39], Masyâf [1140/41], ar-Rusâfa u.a.). Bozorg Omid gelang die Begründung der Dynastie der "Großmeister" (Herren) von Alamut; ihm folgte sein Sohn Kiya Muhammad I. (1138-1162), der einen politischen Ausgleich mit dem letzten großseldschukischen Sultan Sandschar (1118-1157) fand. Muhammads Sohn Hasan II. (1162-1166) leitete als "Kalif" des "verborgenen" Imams mit einer Abkehr vom islamischen Gesetz (qiyâm(a) als "gesetzloser, paradiesischer Urzustand") eine die Endzeit ankündigende Zeitenwende ein, seine Sohn Muhammad II. (1166-1200) machte nach der Ermordung Hasans (1166) aus diesem einem Imam in der Nachfolge des Fatimidenkalifen Nizar; alle auf Hasan folgenden nizaritisch-ismailitische Imame waren (und sind bis heutzutage Karim Aga Khan IV.) Abkömmlinge Hasans II. III. Verkünder der qiyâma in Syrien war Raschid ad-Din Sinan (1162-1193), der als der "Alte vom Berge" bei den Kreuzfahrern bekannt war und die dortige batinitische Herrschaft festigte und erweiterte, auch gegen den ayyubidischen Sultan Saladin (1171-1193) (Beziehungen zu den Kreuzfahrerstaaten, Ende der Fatimidenkalifats [1171], batinitische Attentate auf Saladin [1174, 1176], Schlacht bei Hattin und Eroberung Jerusalems durch Saladin [1187], Ermordung Konrads von Montferrat [1192]). Die syrischen Batiniten wurden zu politischen Gefolgsleuten der Ayyubidendynastie Saladins, waren zeitweise aber auch von dem christlichen Ritterorden der Templer tributabhängig, erpressten aber umgekehrt von Muslimen und Kreuzfahrern Schutzgeld (Kaiser Friedrich II. 1226/27, König Ludwig der Heilige 1250). Nachfolger des "Alten vom Berge" in Syrien waren u.a.: Asad ad-Din, Madsch ad-Din, Tâdsch ad-Din. Die batinitische Herrschaft in Syrien wurde durch den Mongoleneinfall nach Syrien (Ende des Bagdader Abbasidenkalifats [1258], Einzug der Mongolen in Damaskus [1260]) entscheidend geschwächt und kam durch den Mamlukensultan Baibars (1260-1277) (Sieg der Mamluken über ein mongolisches Heer an der Goliathsquelle [1260]) unter dem "Alten vom Berge" Nadschm ad-Din (1262-1271) zu ihrem Ende (1271). IV. Unter dem Imam Hasan III. von Alamut (1210-1221) erfolgte eine Annäherung der Nizariten an Sunna und Scharia (Pilgerfahrt Hasans III. nach Mekka [1213], Bündnisse mit dem Kalifen von Bagdad und dem Khârezm-Schah Ala ad-Din Muhammed [1220-1220]). Das Eindringen der Mongolen in den Iran (1220) veränderte indes zunächst die politische Bühne, der letzte Khwârezm-Schah Dschalal ad-Din Mankubirti (1220-1231) konnte sich in seinem Reich behaupten, während die Beziehungen zum Herrn von Alamut Ala ad-Din Muhammad III. (1221-1255) gespannt waren. Die Ermordung des Schahs (1231) rief die Mongolen wieder auf den Plan, die Batiniten in Alamut waren von diesen politischen Entwicklungen jedoch zunächst nicht betroffen. Erst unter Imam Runkn ad-Din Khur-Schah (1255-1257) kam es zur Unterwerfung der Nizariten unter die Mongolen; u.a. wurden die Burgen Alamut (1256), Lamassar (1258) und zuletzt Gerdkuh (1270) eingenommen, der letzte Imam von Alamut auf seiner Reise zum mongolische Großkhan Möngke ermordert (1257). V. Die Anhänger der Imame von Alamut, die Nizariten, überlebten das Ende der Herrschaft Alamut; nizaritische Gemeinden gab es in Spätmittelalter und früher Neuzeit in Iran, Aserbaidschan und Indien. Um die Nizariten, u.a. als "Assassinen" ("Haschischkonsumenten" als sunnitisches Schimpfwort für "Kriminelle, Religionslose, Pöbel") bezeichnet, um den "Alten vom Berge" bildeten sich seit der Zeit der Kreuzfahrer eine Anzahl von Legenden aus (Arnold von Lübeck [1172]; Burchard von Straßburg [1175]; Jakob von Vitry [1216-1228]; Marco Polo [1298/99]; Joseph von Hammer-Purgstall, Geschichte der Assassinen [1818]; Umberto Eco, Das Foucaultsche Pendel [1988] u.a.). [Buhlmann, 05.2017]

Hamann, Brigitte (1982), Elisabeth. Kaiserin wider Willen, Wien-München 1982 > E Elisabeth von Österreich

Hammel-Kiesow, Rolf (2000), Die Hanse (= BSR 2131), München 2000 > H Hammel-Kiesow u.a., Hanse

Hammel-Kiesow, Rolf, Puhle, Matthias, Wittenburg, Siegfried (2009), Die Hanse, Darmstadt 22015, 216 S., Farbabbildungen, Karten, € 14,95. I. Die Landwirtschaft war die Grundlage des hochmittelalterlichen Wirtschaftens. "Vergetreidung", Übergang zur Dreifelderwirtschaft, Wandel in der landwirtschaftlichen Technik (Wende- statt Hakenpflug), die Organisationsform der Grundherrschaft mit ihrem Villikationssystem waren Voraussetzung und Ergebnis der hochmittelalterlichen Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung. Die (adlige) Oberschicht, Krieger und auch Geistlichkeit, lebte von den Erträgen der in den Grundherrschaften eingebundenen abhängigen Bauern. Daneben gab es freie Bauern und die Zwischenschicht der Ministerialen (Dienstleute) und villici ("Meier"). Kaufleute, Handwerker und Bürger waren in dieser sich im 10./11. Jahrhundert formierenden Feudalgesellschaft zunächst nur Randgrößen. Folge und Ursache des sich ausbildenden Städtewesens war ab dem hohen Mittelalter eine Intensivierung von Handel und Gewerbe. Kaufleute waren schon im frühen Mittelalter in Gilden organisiert, Handwerker in den spätmittelalterlichen Städten in Zünften als berufsständische Einrichtungen u.a. mit eigener Gerichtsbarkeit (Zunftmeister, Beteiligung von Zünften an Rat und städtischer Politik). II. Für den norddeutschen Raum wurde im späten Mittelalter die Hanse als Wirtschaftsorganisation der Kaufleute und der Städte bedeutsam. Beginnend im 12. Jahrhundert mit den Fahrtgemeinschaften von Kaufleuten ("Hansen", Gotlandfahrer), beginnend auch mit dem Aufstieg Lübecks ("Haupt der Hanse") zur erfolgreichen Handelsmetropole nicht nur des Ostseeraums, entwickelte sich im späten Mittelalter die Städtehanse als Zusammenschluss zahlreicher niederrheinisch-westfälisch-norddeutscher, niederländischer und preußisch-livländischer Städte (Dortmund, Köln, Lübeck, Magdeburg als Vororte [von Dritteln, Vierteln]), die den Schutz ihrer Kaufleute garantierten und alsbald den Wirtschaftsraum von Nord- und Ostsee beherrschten. Über die großen Hansekontore Bergen ("Deutsche Brücke"), Brügge, London ("Stalhof") und Novgorod ("Petershof") lief der Handel der Hansekaufleute mit Waren (Hering, Stockfisch, Pelze, Häute, Wachs, Bauholz, Wolle, Tuche, Leinwand, Metallwaren, Glas, Papier, Wein, Bier, Salz, Eisen, Zinn, Kupfer, Silber) zu Wasser (See- und Binnenschifffahrt [Organisation, Navigation, Häfen, Stapel, Warenlagerung]; Schiffe [Kogge, Holk]) und zu Lande (Landtransport [Transportwesen, Straßen, Geleit, Zölle]; Karren [vierrädrig, zweirädrig]). Zur Durchsetzung ihrer Interessen (Handelsprivilegien) schreckte die Hanse auch vor Kriegsführung nicht ab (Kölner Konföderation [1367/85] und Stralsunder Frieden [1370]; Englandkonflikt [1469/74] und Frieden von Utrecht [1474]). Umgekehrt war die Hanse von kriegerischen Auseinandersetzungen (Kaperkrieg der Vitalienbrüder [ab 1390]), waren viele Hansestädte als Territorialstädte von ihren Landesherren bedroht (hansische Tohopesaten und Landesherrschaften; Einbindung Braunschweigs in die Landesherrschaft 1671); nur wenige Hansestädte waren Reichs- oder freie Städte (Dortmund, Köln, Lübeck). Der Aufstieg der holländischen Kaufleute und der englischen merchant adventurers, die Entwicklung der Territorialstaaten und der Territorien sowie das Aufkommen süddeutscher Kaufleute (Fugger, Welser; europäisches Fernhandelssystem der frühen Neuzeit) führten am Ende des Mittelalters zum Niedergang der Hanse, trotz Reorganisationsbemühungen in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, der Beibehaltung der Hansekontore Antwerpen, Bergen und London und der Behauptung der Hanse im Westfälischen Frieden (1648). Der letzte Hansetag der noch nicht "abgedankten und abgeschnittenen" Städte (als politisches Beschlussgremium der Hansestädte) fand im Jahr 1669 statt, die letzten drei Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck fanden sich in einem locker organisierten Dreibund zusammen, der im Jahr 1920 endete. III. Mit der "dudeschen Hanse" verbunden war die (sich im Verlauf der Jahrhunderte immer neu definierende) Gestalt des hansischen Kaufmanns, der als Fernkaufmann ein großes Netzwerk an Handelspartnern besaß, Eigen-, Gesellschafts- und Kommissionshandel betrieb, seine Geschäfte mit einem Warensortiment oder mit speziellen Waren (Warenqualität) mit Hilfe von Buchhaltung (Handlungsbücher) und Zahlungsverkehr (Bargeld, Kredite und Wechsel) organisierte und wesentlich Gesellschaft und Kultur seiner Stadt mitbestimmte (Architektur, [religiöse] Kunst der Hansestädte, hansisches Recht). IV. An besonderen Orten für die Hanse sind dann noch zu nennen: Bergen, Braunschweig, Bremen, Danzig, Hamburg, Köln, Lübeck, Lüneburg, Münster, Reval, Riga, Soest, Thorn, Visby, Wismar, Zwolle. Vgl. noch Hammel-Kiesow, Rolf (2000), Die Hanse (= BSR 2131), München 2000, 128 S., Karten, DM 14,80. [Buhlmann, 10.2010, 06.2015]

Hampicke, Ulrich (1991), Naturschutz-Ökonomie (= UTB 1650), Stuttgart 1991 > U Umweltgeschichte der Moderne

Hanbury-Tenison, Robin (Hg.) (2006), Die 70 großen Reisen der Menschheit, München 2006, 304 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Karten, € 29,90. Reisen - und davon nicht zu trennen Eroberung, Vertreibung, Wanderung, Entdeckung und Abenteuer - unternahm der Mensch als homo migrans in allen Epochen der Menschheitsgeschichte, angefangen bei der Ausbreitung von verschiedenen Menschenarten, u.a. des homo sapiens von Afrika nach Asien, Europa, Australien und Amerika während der Steinzeit. Auch die polynesische Besiedlung des Pazifik (ca.3000 v.Chr.-1200 n.Chr.) gehört hierher. Im Alten Orient gab es ägyptische (Harkhuf, Kehsi) und phönizische Entdeckungsreisende (Hanno, Himlico) (23.-5. Jahrhundert v.Chr.), berühmte Reisende und Eroberer der griechisch-römischen Antike waren Herodot, Xenophon, der Makedonenkönig Alexander der Große, Pytheas, der karthagische Feldherr Hannibal, der Apostel Paulus, der römische Kaiser Hadrian. Schon in der Antike fand Handel mit Indien und China über die [auch maritime] Seidenstraße statt (etwa 5.-7. Jahrhundert n.Chr.), im Rahmen des aufkommenden Christentums bildete sich - besonders im europäischen Mittelalter - ein christliches Pilgerwesen (ins Heilige Land und nach Jersualem, nach Rom, nach Santiago de Compostella [Jakobsweg]) aus, dem im islamischen Kulturraum die Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch) entsprach. [Die Kreuzzüge als "bewaffnete Pilgerreisen" fehlen.] Für das hohe Mittelalter wird Dschingis Khan als Gründer des Mongolenreichs erwähnt. Für das späte Mittelalter sind die Reisen des Marco Polo (1271/95) und des Ibn Battuta (v.1325/53) sowie die (Meeres-) Expeditionen des chinesischen Eunuchen Zheng He (1405/33) aufzuführen. Für die europäische Renaissance [und den "Aufbruch Europas in die Welt"] sind die "Entdeckungsreisen" eines Christoph Kolumbus (1492/93), Vasco da Gama (1497/98), Ludovico di Varthema (1501/08) und Fernando de Magellan (1519/22) zu nennen, die Eroberungen des Hernàn Cortès (1519/23) und Francisco Pizarro (1524/33); der Erforschung des "neuen" (Nord-, Süd-) Amerika dienten Expeditionen des Francisco de Orellana (1541/42), des Francisco Vázquez de Coronado und Hernando de Soto (1529/42), des Samuel de Champlain (1606/16). Zu nennen sind weiter die Weltumseglung des Francis Drake (1577/80), die frühe Suche nach der Nordwestpassage (Martin Frobisher, John Davis, Henry Hudson, William Baffin; 1576/32). Für das 17. und 18. Jahrhundert sind als [europäische, nordamerikanische] Entdeckungsreisende auszumachen: Abel Tasman (Neuseeland, Tasmanien; 1642/43), Mari Sibylla Merian (Surinam; 1699/1701), Ippolito Desideri (Zentralasien; 1715/21), Vitus Bering (Alaska, Aleuten; 1733/43), James Bruce (Rotes Meer; 1768/73), James Cook (Südpazifik, Australien; 1768/71), Jean Francois de La Pérouse (Pazifik, China; 1785/88), Alexander Mackenzie (nordamerikanische Arktis; 1793/93), Muno Park (Zentralafrika; 1795/1806), für das 19. Jahrhundert: Alexander von Humboldt (Mittel-, Südamerika; 1799/1804), Meriwether Lewis und William Clark (Nordamerika; 1804/06), Johann Ludwig Burckhardt (Rotes Meer; 1812/15), Charles Darwin (Weltumseglung; 1831/36), Lloyd Stephens (Mexiko; 1839/40), Edward Parry und John Franklin (Nordwestpassage; 1819/47), Heinrich Barth (Zentralafrika; 1849/55), Joh Hanning Spake (Nil; 1857/63), Robert O'Hara Burke (Australien; 1860/61), Henry Morton Stanley und David Livingstone (Zentral-, Südafrika; 1853/77), Farncis Garnier (Mekong; 1866/68), Charles Doughty (Arabien; 1876/78), Adolf Erik Nordenskiöld (Nordwestpassage; 1878/79), Thomas Montgomerie (Tibet; 1865/85), Nikolai Prschewalski (Mittel-, Ostasien; 1871/88), daneben die Zwangsumsiedlung von "Indianern" Nordamerikas (1838/39). Im 20. Jahrhundert standen im Vordergrund u.a. Entdeckungen in Asien (Sven Hedin 1890/1935; Gertrude Bell 1913/14; Edmund Hillary 1953), in der Arktis (Nordpol; Robert E. Peary und Frederick A. Cook 1909), in der Antarktis (Südpol; Robert Falcon Scott und Roald Amundsen 1910/12; Ernest Shackleton 1914/16); die Luft- und Raumfahrt sowie das Tauchen mit U-Booten eröffneten neue Möglichkeiten der Erkundung (Charles Lindbergh 1927, Amelia Earhart 1930, Amy Johnson 1937; Apollo-Mondmissionen 1969, das Sonnensystem erkundende Sonden ab 1977; Robert Ballard 1977; Bertrand Piccard 1999). Weiter werden genannt der "Lange Marsch" der Kommunistischen Partei Chinas (1934/35), die Kon-Tiki Expedition Thor Heyerdahls (1947) oder eine Einhand-Weltumseglung (Robin Knox-Johnston 1968/69). [Insgesamt ist im Buch nicht klar, was eine "Reise" ist und nach welchen Kriterien die Auswahl der Beiträge erfolgte.] [Buhlmann, 03.2024]

Handbuch der (klassischen) Altertumswissenschaft, hg. v. Iwan von Müller, Robert von Pöhlmann, Walter Otto, Hermann Bengtson, Hans-Joachim Gehrke, Bernhard Zimmermann, bietet seit dem Ende des 19. Jahrhunderts einen systematischen Zugang zu Bereichen der Altertumskunde/-wissenschaft zur altorientalischen, griechischen und römischen Antike. Bisher sind u.a. erschienen: I. Einleitende und Hilfsdisziplinen: Bd.I,7 (1972): Samuel, Alan E., Greek and Roman Chronology. Calendars and years in classical antiquity, München 1972, XVII, 307 S., DM 25,-; II. Griechische und lateinische Sprachwissenschaft: Bd.II,1 (1900): Brugmann, Karl, Griechische Grammatik, München 31900, XX, 772 S.; Bd.II,2 (1900): Stolz, Friedrich, Schmalz, Joseph H., Lateinische Grammatik, München 31900, X, 924 S.; III. Alter Orient, Griechische Geschichte, Römische Geschichte: Bd.III,1,3 (1933): Kulturgeschichte des Alten Orients: Abschn. 3,1: Götze, Albrecht, Kleinasien, Abschn. 3,2: Christensen, Arthur, Die Iranier, München 1933, XVIII, 309, 11 S., DM 5,-; Bd.III,4 (1896): Pöhlmann, Robert, Grundriß der griechischen Geschichte nebst Quellenkunde, München 21896, DM 28,-, München 31906, VI, 377 S., DM 30,-, > Bengtson, Griechische Geschichte; Bd.III,5 (1897): Niese, Benedictus, Grundriß der römischen Geschichte nebst Quellenkunde, München 21897, > Bengtson, Römische Geschichte; Bd.III,6 (1989): > Demandt, Spätantike; Bd.III,8 (1990): > Huß, Karthager; Bd.III,10 (2012): > Maier, Kelten; IV. Griechische Staatskunde, Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer: Bd.IV,1,2 (1893): Müller, Iwan von, Bauer, Adolf, Die griechischen Privat- und Kriegsaltertümer, München 21893, IX, 502 S.; Bd. IV,2 (1887): Schiller, Hermann, Voigt, Moritz, Die römischen Staats-, Kriegs- und Privataltertümer, München 21893; V. Geschichte der Philosophie, Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften, Religionsgeschichte: Bd.V,1 (1894): Windelband, Wilhelm, Geschichte der alten Philosophie, nebst einem Anhang: Abriss der Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften im Altertum, v. Siegmund Günther, München 21894; Bd.V,4 (1912): Wissowa, Georg, Religion und Kultus der Römer, München 21912, XII, 612 S., DM 48,-; VII. Geschichte der griechischen Literatur: Bd.VII (1889): Christ, Wilhelm von, Geschichte der griechischen Litteratur, München 31898, € 35,-, München 41905 € 5,-; VIII. Geschichte der römischen Literatur: Bd.VIII,1 (1890): Schanz, Martin, Die römische Litteratur in der Zeit der Republik, München 21898, DM 20,-; Bd.VIII,2,1 (1899/1901): Schanz, Martin, Die römische Litteratur in der Zeit der Monarchie bis auf Hadrian: Tl.1: Die augusteische Zeit, München 31911, DM 20,-, Tl.2: Vom Tode des Augustus bis zur Regierung Hadrians, München 31913, DM 20,-; IX. Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters: Bd.IX,2,3 (1931): Manitius, Max, Vom Ausbruch des Kirchenstreites bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts, München 1931, 1164 S., DM 35,-; XII. Byzantinisches Handbuch (im Rahmen des Handbuchs der Altertumswissenschaft): Ostrogorsky, Georg, Geschichte des Byzantinischen Staates, München 1940, XIX, 448 S., Karten, DM 40,-. [Buhlmann, 04.2016]

Handbuch der europäischen Geschichte, hg. v. Theodor Schieder, gibt einen ereignisgeschichtlich-politischen, sozialgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen Überblick über die Geschichte Europas und der europäischen Staaten vom frühen Mittelalter bis zur Moderne. U.a. sind erschienen: Bd.1 (1976): Schieffer, Theodor (Hg.), Europa im Wandel von der Antike zum Mittelalter, 1976, Ndr Stuttgart 1979, XXXI, 1162 S., DM 196,-; Bd.2 (1987): Seibt, Ferdinand (Hg.), Europa im Hoch- und Spätmittelalter, Stuttgart 1987, XIX, 1278 S., DM 220,-; Bd.3 (1971): Engel, Josef (Hg.), Die Entstehung des neuzeitlichen Europa, Stuttgart 1971, XX, 1254 S., DM 148,-; Bd.4 (1968): Wagner, Fritz (Hg.), Europa im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung, Stuttgart 1968, 853 S., € 50,-; Bd.5 (1981): Bußmann, Walter (Hg.), Europa von der Französischen Revolution zu den nationalstaatlichen Bewegungen des 19. Jahrhunderts, Stuttgart 1981, 1077 S., € 20,-; Bd.7/1 (1979): Schieder, Theodor (Hg.), Europa im Zeitalter der Weltmächte, Stuttgart 1979, XXVI, 698 S., € 1,-. [Buhlmann, 12.2017, 01.2018]

Die Handschriften der großherzoglich badischen Hof- und Landesbibliothek Karlsruhe > S Säkularisationen im Großherzogtum Baden

Hankel, Wilhelm (1978), Caesar. Goldne Zeiten führt' ich ein. Das Wirtschaftsimperium des römischen Weltreiches, Berlin 1978 > C Caesar

Hanko, Helmut (2012), Herzog Heinrich II. Jasomirgott. Pfalzgraf bei Rhein - Herzog von Bayern - Herzog von Österreich, Darmstadt 2012, 144 S., Stammtafel, Karte, Zeittafel, € 19,90. Heinrich Jasomirgott (Jâsan elkund Harri [arabische Überlieferung, 12. Jahrhundert?], Jochsamergot [österreichische Überlieferung, 13./14. Jahrhundert], *ca.1107-†1177) war - nach seinem Halbbruder Adalbert - der älteste Sohn aus der Ehe des babenbergischen Markgrafen der Ostmark Leopold III. (1095-1136) und der Agnes, der Tochter Kaiser Heinrichs IV. (1056-1106), Bruder u.a. des Geschichtschreibers und Bischofs Otto von Freising (1138-1158) sowie des Passauer bzw. Salzburger (Erz-) Bischofs Konrad (1149-1164 bzw. 1164-1168), - über die Ehe der Agnes mit dem staufischen Herzog Friedrich I. von Schwaben (1077-1105) - Halbbruder u.a. des staufischen Königs Konrads III. (1138-1152). Heinrich war zunächst politisch aktiv am Mittelrhein (salisches Hausgut der Agnes); sein nächstjüngerer Bruder Leopold IV. (1136-1141) übernahm von daher die Markgrafschaft nach dem Tod des Vaters (1136); König Konrad übertrug im Rahmen des staufisch-welfischen Konflikts um den bayerischen und sächsischen Herzog Heinrich den Stolzen (†1139) zudem das Herzogtum Bayern an Leopold (1139). Heinrich Jasomirgott wurde 1140 - nach dem Tod Wilhelms von Ballenstedt (1129-1140) - von König Konrad III. mit der rheinischen Pfalzgrafschaft belehnt (1140-1142); nach dem Tod seines Bruders Leopold (1141) rückte Heinrich als Markgraf nach (1141-1143) und erhielt von seinem Halbbruder weiter das bayerische Herzogtum (1143-1156). Am Grenzfluss Leitha erlitt der Babenberger - trotz des raschen Entschlusses zum Angriff - eine Niederlage gegen die Ungarn (1146). An der Seite König Konrads nahm Heinrich am wenig erfolgreichen Zweiten Kreuzzug (1147-1149) teil; das Unternehmen brachte dem Herzog aber immerhin die Heirat mit der byzantinischen Prinzessin Theodora Komnena ein (1148/49). Im Zuge des staufisch-welfischen Ausgleichs zwischen König Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) und Heinrich dem Löwen (†1195) musste Heinrich Jasomirgott auf das bayerische Herzogtum verzichten, behielt indes honor et gloria (der Herzogswürde) durch die Erhöhung der österreichischen Markgrafschaft zum Herzogtum (Privilegium minus 1156 [Sonderrechte: Erblichkeit des Lehens, herzogliche Gerichtsgewalt, eingeschränkte Pflichten des Herzogs bei Hoftagen und militärischen Unternehmungen des Königs). Dabei ging - im Umfeld einer kaiserlichen und herzoglichen "Ostpolitik" gegenüber Ungarn, Böhmen, Mähren und Byzanz - der territoriale Ausbau der Markgrafschaft bzw. des Herzogtums unter dem "Markherzog" Heinrich weiter (markgräfliche Rechte [Grafschaftsrechte, (Kirchenhoheit), Marchfutter, Burgwerk], Kirchen- und Klostervogteien [Klosterneuburg, Göttweig, (Seitenstetten), (St. Emmeram), (Admont), Bistum Passau], "klassische" Rechte [Heerführung, Landfriedenswahrung, Landtage, Gerichtsbarkeit], Ministerialität und Landesausbau [Kuenringer], Beerbung von Adelsfamilien ["Poigenreich" der Grafen von Poigen-Rebgau 1188], Wien als Residenzstadt und Zentrum höfisch-ritterlicher Kultur). Als magnus imperii princeps engagierte sich Heinrich Jasomirgott auch reichspolitisch (Belagerungen Mailands [1158, 1162], Eroberung von Crema [1159]), im alexandrinischen Papstschisma (1159-1177) nahm er - u.a. mit Rücksicht auf seinen Bruder, dem Salzburger Erzbischof - eine unentschiedene Haltung ein. Zwischen 1175 und 1177 hatte sich der Herzog böhmischer, ungarischer und steirischer Übergriffe zu erwehren; er starb am 13. Januar 1177, nachdem er am 29. November des Vorjahres bei einem Reitunfall einen Oberschenkelbruch erlitten hatte. Alles in allem erscheint Heinrich Jasomirgott in seinen politischen und militärischen Handlungen im Sinne einer stark durch das Rittertum beeinflussten Lebensweise als durchsetzungsfähig und maßvoll, als um Repräsentation, honor et gloria bemüht. [Buhlmann, 06.2013]

Hansberger, Irmgard (1996), Münster St. Paul Esslingen am Neckar (= Schnell & Steiner, Kleine Kunstführer, Nr.998), Regensburg 31996 > E Esslingen, St. Dionysius

Hansjakob und seine Zeit. Zum 150. Geburtstag, hg. v.d. Heinrich-Hansjakob-Gesellschaft Freiburg i.Br., Waldkirch 1987 > B Badische Reihe

Hanssler, Bernhard (1963/90), "Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben". Predigten, Vorträge, kleine Schriften, hg. v. Karl Christ u. Johanna Jantsch (1999), Köln-Weimar-Wien 1999, X, 612 S., Schwarzweißfoto, Lebenslauf, DM 108,-. Bernhard Hanssler (*1907-†2005; Theologiestudium in Tübingen, Priesterweihe 1932, Seelsorger in Ulm und Tübingen 1934/45, Pfarrer in Schwäbisch Hall und Stuttgart 1945/55, Mitbegründer und erster Leiter des Cusanuswerks in Bonn 1956, Mitglied im Deutschen Bildungsrat 1966/70, Rektor im Colegio Teutonico di Santa Maria in Rom 1970/74, Lehrtätigkeit am Bochumer Studienkolleg des Bistums Essen 1974/81, Seelsorger der Diözese Rottenburg-Stuttgart 1981/92) war ein bedeutender Vertreter des deutschen Katholizismus im 20. Jahrhundert, erkennbar nicht zuletzt an seinen reflektierenden Predigten und Schriften, u.a.: zur Glaubenslehre, zur Rolle von katholischer Kirche und katholischem Glauben in Deutschland, zur Bedeutung des Humanismus, zu Kirchenmännern (Bernhard von Clairvaux, Nikolaus von Kues, Friedrich Ozanam, Reinhold Schneider), zu Dante Allighieri. [Buhlmann, 01.2020]

Hantsche, Irmgard (2010), Niederländische Glaubensflüchtlinge am Niederrhein im 16. Jahrhundert und die reformierten Gemeinden in Wesel und Düren, in: AHVN 213 (2010), S.127-151, 7 Karten. Der Niederrhein des 16. Jahrhunderts steht für das Mit- und Gegeneinander der Konfessionen, für die Vertreibung der Protestanten aus den habsburgischen Niederlanden (und dem Herzogtum Geldern) und ihre Aufnahme in den niederrheinischen Städten z.B. der Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg, deren Herzog Wilhelm V. (1539-1592) sich um eine via media zwischen den Konfessionen bemühte. Niederländische Glaubensflüchtlinge gelangten so erstmals 1544 nach Wesel, in der Folgezeit erhöhte sich der Zustrom, so dass das vormals lutherische Wesel an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert zu einer reformierten, calvinistischen Stadt wurde und unter der Herrschaft des brandenburgischen Kurfürsten (ab 1609) auch blieb. Auch Düren war von der Reformation erfasst worden (1530), doch wird erst in den 1570er-Jahren eine kleine evangelisch-reformierte Gemeinde sichtbar, die wahrscheinlich von Exulanten beeinflusst war und in Folge des Übergangs der Herzögtümer Jülich-Berg an Pfalz-Neuburg (1609) offiziell anerkannt wurde (1610), neben einer lutherischen Gemeinde, die noch 1609 eingerichtet worden war, und neben der großen Mehrheit der Dürener Katholiken. [Buhlmann, 03.2012]

Hanus, Christian (2007), Stellwerk Kerzers. Geschichte der Eisenbahnsicherungstechnik, Zürich 2007 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Happ, Sabine (2002), Stadtwerdung am Mittelrhein. Die Führungsgruppen von Speyer, Worms und Koblenz bis zum Ende des 13. Jahrhunderts (= RA 144), Köln-Weimar-Wien 2002, 470 S., Tabellen, Karten, € 14,90. Die mittelrheinischen Städte Speyer, Worms und Koblenz weisen für den Zeitraum vom 11. bis zum endenden 13. Jahrhundert gleich- und verschiedenartige Entwicklungen auf. Unter der Stadtherrschaft von Bischöfen (Koblenz: Trierer Erzbischof) bildeten sich in diesem Zeitraum städtische Gemeinden aus, eine städtische Oberschicht, bestehend aus Bürgern und Ministerialen (Rittern), wird erkennbar. Für Speyer und Worms ist ein städtischer Rat (Schöffenkolleg) für die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert bezeugt, für Koblenz erst für das Ende des 13. Jahrhunderts. In Worms und Koblenz spielten die Ministerialen eine wichtige Rolle im Rat. Ausfluss der Ausbildung der Orte zur Stadt waren - einschränkend bzw. zeitversetzt für Koblenz -: das Stadtsiegel, das Recht auf städtische Verordnungen, die Verantwortung für die Stadtmauer, die Verfügung über die Allmende, eine eingeschränkte Gerichtsbarkeit unter der des Stadtherrn. Dabei erkämpften sich die Bürger und Ministerialen der Städte ihre Gemeinderechte von den bischöflichen Stadtherren (Worms: Aufstand 1073, Auseinandersetzungen des beginnenden 13. Jahrhunderts, 1. Rachtung 1233; Speyer: Auseinandersetzungen in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts; Koblenz: Auseinandersetzungen am Ende des 13. Jahrhunderts). Bürgertum und Ministerialität gingen durchaus getrennte Wege, insbesondere orientierten sich Ministeriale (ministeriales) und Ritter (milites) mindestens seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts neu. Eine "bürgerliche Ministerialität" hat es so nicht gegeben, wenn (vielleicht) auch wenige Bürgerfamilien des sich ausbildenden städtischen Patriziats ministerialische Abstammung besaßen (Worms). Eine Abschließung des Patriziats ist jedenfalls nicht vor dem Ende des 13. Jahrhunderts erfolgt (Aufstieg "neuer" Familien). Bürger und (erfolgreicher) Ministeriale besetzten Positionen in den geistlichen Kommunitäten der Städte (Speyer, Worms: Domstift; Koblenz: Deutschordenshaus; Klöster, Stifte), die städtischen Oberschichten waren in und im Umkreis der Städte begütert (weniger: Speyer), sie nutzten die Städte als Handelsplatz (Märkte, Nah- und Fernhandel [Wein, Tuche, Luxusgüter], jüdische Gemeinden) und als Orte für Handwerk und Gewerbe (Güterproduktion). Die Nähe von Bürgertum und Ministerialität zu kirchlich-bischöflichen Institutionen macht es wahrscheinlich, dass vielfach die führenden Bürgerfamilien durch Handelstätigkeit aus der kirchlichen familia aufgestiegen sind. [Buhlmann, 08.2015]

Harari, Yuval Noah (2020), Fürsten im Fadenkreuz. Geheimoperationen im Zeitalter der Ritter 1100-1500, München 2020, 347 S., Farbtafeln, Karten, € 26,95. Auch im hohen und späten Mittelalter sowie der beginnenden frühen Neuzeit spielten Geheimoperationen als Teil einer militärischen Auseinandersetzung eine gewisse Rolle. Kleine Gruppen von Kombattanten konnten auf diese Weise, kriegsentscheidend eingreifen. Die militärischen Spezialkommandos waren dabei eingebunden innerhalb von Strategie und Politik der jeweiligen Kriegspartei. Erfolgreich waren solche Spezialkommandos, wenn es um die Eroberung nur schwer zu belagernder Städte, Orte oder Burgen ging, wobei vielfach Verrat im Spiel war, oder wenn Könige oder Fürsten entführt und gefangen oder ermordet werden sollten. Beispiele für solche Geheimoperationen sind: die Eroberung der bedeutenden Stadt Antiochia letztlich durch den Normannen Bohemund (1098) im Rahmen des Ersten Kreuzzugs (1096-1099); die Rettung König Balduins II. von Jerusalem (1118-1131) aus seiner Gefangenschaft im artukidischen Herrschaftszentrum Kharpurt durch eine Gruppe armenischer Kämpfer (1123); die Ermordung des designierten zum König von Jerusalem designierten Konrad von Montferrat in Tyros (1192); die englische Einnahme der französischen Stadt Calais durch Verrat (1350); die Ermordung des burgundischen Herzogs Johann Ohnefurcht (1404-1419) auf der Brücke von Montereau (1419), die angebliche (?) Vergiftung (1462) und Entführung (1464) Herzog Karls des Kühnen (1467-1477), der Aufstand der Stadt Lüttich gegen die burgundische Herrschaft, die faktische Gefangenschaft des französischen Königs Ludwig XI. (1461-1483) in Péronne (1468) und der misslungene Mordanschlag von Lüttichern auf Karl den Kühnen in Péronne (1468), die Festnahmen Graf Heinrichs von Württemberg (1474) sowie der Herzogin Jolande von Savoyen (1476) jeweils durch Karl den Kühnen, dies alles im Rahmen der burgundisch-französischen Auseinandersetzungen im 15. Jahrhundert; der Einfall Kaiser Karls V. (1519-1556) nach Frankreich, die Besetzung der Provence und die Zerstörung der für die Versorgung der habsburgischen Truppen so wichtigen Mühle von Auriol durch ein französisches Spezialkommando (1536). [Buhlmann, 11.2020]

Harbecke, Ulrich (1983), Abenteuer Bundesrepublik. Die Geschichte unseres Staates, Bergisch Gladbach 1983 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Hard-Friederichs, Friederun (1980), Markt, Münze und Zoll im ostfränkischen Reich bis zum Ende der Ottonen, in: BlldtLG 116 (1980), S.1-31. I. An Markt- (Ma), Münz- (Mü) und Zollorten (Zo) finden sich im karolingischen und ottonischen Ostfrankenreich links- und rechtsrheinisch: Allensbach (MaMü, 998/1000), Bardowick (MüZo, 965), Bremen (MaMüZo, 888), Chiavenna (Zo, 980), Chur ([Ma]Zo, 952, 976), Corvey (MaMüZo, 833), Deventer (Zo, 896), Diedenhofen (Zo, 900), Dinant (Zo, merowingisch), Dorestad (Zo, 896 und früher), Echternach (Mü, 992), Eichstätt (MaMüZo, 908), Gerresheim (Zo, 977), Gondreville (Zo, 865), Halberstadt (MaMüZo, 989), Helmershausen (MaMüZo, 1000), Huy (Zo, merowingisch), Kaiserslautern (MaZo, 985), Köln (MaZo, 975/89), Konstanz (MaMü, 998/1000), Kornelimünster (MaMü, 985), Lüdinghausen (MaMü, 974), Lüneburg (Zo, 956), Maastricht (MüZo, 779), Magdeburg (MaMüZo, 937/65), Metz (Ma[Zo], 948), Minden (MaMüZo, 977), Münstereifel (MaMüZo, 898), Neuss (Zo), Niedermarsberg (MaMüZo, 900), Nordhausen (MaMüZo, 962), Ranshofen (Zo, 885), Rimlingen (Zo, 865), Rommersheim (MüZo), Stein am Rhein (Ma, 995), Tauersheim (Zo, 885), Tiel (Zo, 896), Toul (Zo, 927), Trier (MüZo, 902), Verden (MaMuZo, 985), Werden (MaMü, 974), Worms ([MaMü]Zo, 858), Würzburg (MaZo, 918), Zaltbommel ([Ma]MüZo, 999), Zizers (Zo, 980), Zürich ([Ma]MuZo, 972) u.a. II. In der Karolingerzeit regelten Kapitularien (Diedenhofener Kapitular 805), Verordnungen und Gesetze (814, 819) Zoll und Zollerhebung, in karolingischer und ottonischer Zeit informieren Urkunden über Märkte und Münzstätten, besonders über die Einrichtung und Durchführung von Märkten (Marktfrieden). Markt, Münze und Zoll gelten als eine Wurzel hochmittelalterlicher Stadtentwicklung. [Buhlmann, 10.2014, 08.2015]

Harder-Merkelbach, Marion (1996), Buxheim. Kartause und Pfarrkirche, Buxheim 1996 > B Buxheim

Harenbergs Weltreport. Länder, Städte, Reiseziele, hg. v. Ewald Gläßler u.a. (1990), Bd.1: A-G, Bd.2: H-O, Bd.3: P-Z, Dortmund 1990 > W Weltgeografie

Harich, Wolfgang ([1968]), Jean Pauls Kritik des philosophischen Egoismus. Belegt durch Texte und Briefstellen Jean Pauls im Anhang (= SV Studienausgaben), [Frankfurt a.M.] o.J. > P Paul, Jean

Harless, Woldemar (1869), Urkunden des Stiftes und der Stadt Gerresheim, in: ZBGV 6 (1869), S.77-95 > G Gerresheim

Harless, Woldemar (1884), Die Erkundigung über die Gerichtsverfassung im Herzogtum Berg vom Jahre 1555, in: ZBGV 20 (1884), S.117-202 > G Gerresheim

Harleß, W[oldemar] (1911), Zwei Denkschriften über das Verhältnis von Rellinghausen und Bifang zum Stift Essen und dessen Bergregal, mitgeteilt v. Wilh[elm] Grevel, in: EB 33 (1911), S.79-132 > R Rellinghausen

Harms Geschichts- und Kulturatlas, hg. v. Hans Zeissig (1961), München-Frankfurt a.M.-Berlin-Hamburg-Essen 60-621968, 120 S., Karten, Register, DM 13,80, München-Frankfurt a.M.-Berlin-Hamburg-Essen 66-681970 > A Atlas, historischer Atlas

Harper, Kyle (2017), Fatum. Das Klima und der Untergang des römischen Reiches, München 2020, 567 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 32,-. Das römische Reich der Kaiserzeit unterlag nach der Epoche des römischen Klimaoptimuns seit dem 2. Jahrhundert n.Chr. einem Klimawandel ("Kleine Eiszeit"), der auch eintretende Seuchen begünstigte und die Resilienz der Bewohner des Imperium Romanum auf Dauer schwächte (Krankheitsökologie des römischen Reiches: römische Zivilisation, Handel mit Afrika und Asien -> Mensch und [ungesunde, z.B. städtische] Umwelt -> Krankheit, Sterblichkeit <-> Evolution von Krankheitserregern). Angefangen bei der Antoninischen Pest (165-n.191; bei etwa 10 Prozent Bevölkerungsverlust), wurde ab dieser Zeit das Reich immer wieder durch Seuchenzüge heimgesucht, etwa auch durch die Cyprianische Pest (c.249-262 bzw. 270?), mit vielfach verheerenden politisch-militärischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen (Reichskrise des 3. Jahrhunderts). Die Spätantike (4./5. Jahrhundert) sah eine politische Stabilisierung der Kaiserherrschaft (neues Gleichgewicht des Imperiums bei niedrigerer Bevölkerungszahl und ungünstigen klimatischen Verhältnissen [Temperaturrückgang, Regen, Überschwemmungen, Dürren]). Schlusspunkt von antiker Geschichte und römischem Reich (in seiner bisheriger Form) war die Justinianische Pest (558-749), die nochmals mit massiven Bevölkerungsverlusten einherging und den Bestand des oströmischen Reiches Kaiser Justinians I. (527-565) massiv in Frage stellte. Dabei war gerade der römische Orient von durch die Klimaverschlechterung bedingten wirtschaftlichen Veränderungen betroffen (Zerfallszonen und Kraftzonen innerhalb des Reiches). All diese negativen Entwicklungen mündeten schließlich ein im "Scheitern" eines geschwächten Imperiums, das sich immer weniger auf seine ökologischen Grundlagen verlassen konnte (Schwanken zwischen Fragilität und Resilienz). An die Stelle des römischen Reiches traten - weltgeschichtlich gesehen in der "letzten Stunde der Welt" - die germanisch beeinflusste Staatenwelt des westlichen Europas, die islamische Welt und das byzantinische Reich. [Buhlmann, 06.2020]

Harpprecht, Klaus (Ess.) (1998), Deutschland. Ein Land auf dem Weg in das 21. Jahrhundert, fotografiert v. Horst u. Daniel Zielske, Rheda-Wiedenbrück 1998 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Harrington, Michael (1964), Das Andere Amerika. Die Armut in den Vereinigten Staaten (= dtv 254), München 1964 > U US-amerikanische Geschichte

Harter, Hans (2008), Die Herzöge von Urslingen in Schiltach (= Beiträge zur Geschichte der Stadt Schiltach, Bd.5), Schiltach 2008, 106 S., zahlreiche Schwarzweiß-, auch Farbabbildungen, 1 Stammtafel, € 11,90. Die ab 1137 nachweisbare Adelsfamilie derer von Urslingen (Irslingen, bei Dietingen) stieg im Reichsdienst in Italien unter den Stauferkaisern Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) und Heinrich VI. (1190-1197) auf: Egenolf von Urslingen begründete im elsässischen Rappoltstein die Rappoltsteiner Linie, Konrad "der Schwabe" war Herzog von Spoleto (1174-1198), musste aber Italien verlassen und kehrte nach Urslingen zurück, wo mit ihm die Linie der Herzöge von Urslingen begann. Beide Linien zeichneten sich durch ein gemeinsames Wappen (drei rote Schilde in zwei Reihen) aus. Die letzten Urslinger Herzöge im 14. und 15. Jahrhundert standen mit dem Schwarzwaldstädtchen Schiltach a.d. Kinzig in Verbindung; Schiltach war damals Mittelpunkt einer Pfarrei (1274/75), Stadt (1293) und befestigter Ort (1334, 1430), versehen mit einer Burg (1381), angeschlossen das "Lehengericht von Schiltach" mit den bäuerlichen Erblehen (vor 1381, 1491). Der mit der Herzogin Beatrix von Teck verheiratete Reinold (V; 1337, 1365) von Urslingen, verpfändete 1357 Schiltach, dessen Besitz er sich mit den letzten Herzögen Hermann II. und Hermann III. (†1363) der Oberndorfer Linie der Teck teilte. Reinold "der Deutsche" und sein Bruder Werner (†1353) waren unterdessen als Söldnerführer in Italien tätig (1337 Venedig, 1338/39 "Kompanie des heiligen Georg", 1342/43 "Große Kompanie", 1347/49 Kämpfe um Neapel, 1348 Plünderung Anagnis, 1351 Mailand). Nach dem Tod Hermanns III. von Teck vermochte es Reinolds Sohn, Konrad (VII; 1363, 1372), Schiltach für die Urslinger bei Verzicht auf Oberndorf und Verkauf der Alpirsbacher Vogteirechte zu sichern (1371). Um diese Zeit kam es verstärkt zu Kontakten mit dem benachbarten Kloster Wittichen, einer Gründung der heiligen Liutgard (1325) (1365 Zollbefreiung für das Kloster in Schiltach; 14. Jahrhundert, 2. Hälfte Grablege [Urslinger Grabplatte]). Herzogin Anna (1382, 1424), die Tochter Konrads, heiratete in die Familie derer von Geroldseck zu Sulz ein, die Pfandrechte an Burg und Stadt Schiltach besaßen. Anna und ihr Bruder Reinold (VII; 1381, †1442) verkauften nach der Eroberung Schiltachs durch Mathis von Signau (1375/76) und der Einnahme der Stadt durch Württemberg (wohl 1380) im Jahr 1381 den Ort und die Burg an den Grafen Eberhard II. von Württemberg, der 1391 schließlich alle Rechte an Schiltach im Zuge seiner "Westpolitik" erworben hatte. Da Württemberg mit der Zahlung der Kaufsumme in Höhe von 4000 Pfund Heller in Verzug geriet, rückte Reinold (VII) 1398 pfandweise in die Stellung als Stadtherr von Schiltach wieder ein und heiratete zudem Anna von Üsenberg (ca.1399/1400), die ihm die Hälfte von Stadt und Burg Hornberg einbrachte (ca.1409). Parallel dazu beteiligte sich der "Herzog von Schiltach", wie er üblicherweise genannt wurde, an Fehden (1410/25 Gruber-Fehde, 1429/30 Fehde gegen Konstanz, 1429/34 "Geroldsecker Bruderkrieg", 1440/42 Hegaufehde u.a. zusammen mit Hans von Rechberg), stand auch zwischenzeitlich immer wieder in fürstlichen oder königlichen Diensten (1415/18 König Sigismund, 1419/20 Grafen von Württemberg u.a.) oder nahm am Konstanzer Konzil teil (1418). Der durch spätmittelalterliche "Adelskrise" und adlig-"herzogliche" Repräsentation ausgelöste drohende finanzielle Ruin seit den 1420er-Jahren begegnete Reinold mit Besitzverkäufen, so dass er am Ende seines Lebens fast nur noch die Rechte über Hornberg innehatte. Die Urslinger in Schiltach sind dann auch nachfolgenden Generationen in Erinnerung geblieben (Wappen von Schiltach [und Rappoltsweiler] als Urslinger Wappen, "Schwyzertag" in Tiengen, Fastnacht in Irslingen). [Buhlmann, 08.2012]

Harter, Hans (2010), Rotwilo im Gründungsbericht des Klosters Alpirsbach. Anmerkungen zur Geschichte Rottweils im Hochmittelalter, in: ZWLG 69 (2010), S.91-124. Rottweil als ein Vorort des schwäbischen Herzogtums wurde im staufisch-zähringischen Ausgleich von 1098, mit dem die Auseinandersetzungen des Investiturstreits (1077-1122) in Schwaben ein Ende fanden, zwischen den staufischen und zähringischen Herzögen geteilt. Der Zähringer Berthold II. (1078/92/98-1111) besaß weiterhin die Verfügung (als Reichslehen) über den Rottweiler Königshof (oppidum Rotwilere, Mittelstadt; Herzogstage Bertholds in Rottweil 1094 [Unterstellung des Klosters St. Georgen unter den Papst], 1099/1100 [conditio libertatis des Klosters Alpirsbach durch den testamenti doctor Benno von Spaichingen]; Rottweiler Diözesansynode Bischof Gebhards III. von Konstanz [1084-1110] 1092/98 [Pelagiuskirche, "geistlich-weltliche Partnerschaft" der Brüder Berthold und Gebhard]) und die bis in den Schwarzwald hineinreichende Rottweiler Reichsvogtei (Pürsch als königlicher Wildbann). Daneben waren die Zähringer durch Stützpunkte, Ministerialen und Vasallen am oberen Neckar vertreten (Gottfried de Rôtwila [1099/1100], Deißlinger Ministerialenfamilie [frühes 12. Jahrhundert], Herren von Neckarburg [?; 12. Jahrhundert, 1. Hälfte], Heinrich von Dietingen [1180/87], Liutold von Neukirch [v.1183], Grafen von Sulz [12. Jahrhundert]; Sicherung der Zugänge nach Rottweil) und beherrschten zudem die für den "Staat der Zähringer" wichtige Kinzigtalstraße durch den mittleren Schwarzwald von der Ortenau über Schiltach (Ritter von Schilteck, Willenburg) nach Rottweil. Mit dem Tod Herzog Bertholds IV. von Zähringen (1152-1186) gelangte die (lehnbare) Rottweiler Reichsvogtei an Herzog Adalbert I. von Teck (1187-n.1195), den Bruder Bertholds (dux-Titel Adalberts, Adlersiegel [als Reichssiegel] der Zähringer als Ausfluss der zähringischen Verfügung über [reichsunmittelbares] Reichsgut und Reichsrechte), was gleichbedeutend mit dem Rückzug der Zähringer aus dem Neckarraum war (Burgundpolitik Herzog Bertholds V. [1186-1218]). Die Rottweiler Altstadt (Hochmauren) erhielten im Ausgleich von 1098 die staufischen Herzöge von Schwaben; 1167 ist daher in loco qui dicitur Hohinmur ein placitum des Pfalzgrafen Hugo II. von Tübingen als Amtsträger des schwäbischen Herzogs bezeugt; für 1197 wird ein Aufenthalt des Herzogs Philipp von Schwaben (König 1198-1208) in Rottweil angenommen, dem 1205 ein weiterer Aufenthalt folgte (Streitigkeiten zwischen Kloster Maulbronn und Pfalzgraf Rudolf I. von Tübingen). Die Rottweiler Neustadt ("drittes Rottweil") könnte vielleicht 1214 bei einem Aufenthalt des Stauferkönigs Friedrich II. (1212-1250) gegründet worden sein (weiterer Aufenthalt Friedrichs II. in Rottweil 1217, Schutzurkunde für das Zisterzienserinnenkloster Rottenmünster 1227 [königliche Vogtei]). Für die Folgezeit ist eine Siedlungsverlagerung von der Alt- zur Neustadt belegbar ("Verlagerung der Altstadt"), während der Königshof der Mittelstadt erst 1358 an die spätmittelalterliche Stadt Rottweil gelangte. [Buhlmann, 03.2013]

Hartmann, Johannes (1955), Das Geschichtsbuch. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (= BdWi 73), Frankfurt a.M. 111963 > W Weltgeschichte

Hartmann, Martina (2003), Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger, Darmstadt 2003 > M Merowinger

Hartmann, Martina (2012), Die Merowinger (= BSR 2746), München 2012 > M Merowinger

Hartmann, Peter Claus (2007), Das Heilige Römische Reich deutscher Nation 1486-1806 (= RUB 17045), Stuttgart 2007; 178 S., € 5,-. Das Verfassungsgefüge des frühmittelalterlichen Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation war (in seiner zeitlichen Entwicklung) geprägt von der spätmittelalterlichen Reichsreform 1486-1512, dem Dualismus von Kaiser und Reichsständen, dem Augsburger Religionsfrieden 1555 und der Konfessionalisierung, dem Westfälischen Frieden 1648 sowie dem Reichsdeputationshauptschluss 1803. Grundlegende Teile des Reiches bildeten die Territorien (Landesherrschaften) der geistlichen und weltlichen Fürsten, die Reichsritterschaft und die Reichsstädte. Institutionell fand das Reich seine Verankerung im Kaisertum und den (den Kaiser wählenden) Kurfürsten, dem Reichslehnwesen, den Reichstagen (u.a. Immerwährender Reichstag ab 1663 in Regensburg), den Reichskreisen und den Reichsgerichten (Reichskammergericht in Speyer bzw. Wetzlar, Reichshofrat in Wien). Gesellschaftlich lässt sich eine ständische Gliederung in Adel, Geistlichkeit (unterschiedlicher Konfession), Stadt- und Landbevölkerung (mit ihren Ober-, Mittel-, Unterschichten), Minderheiten (Juden, Mennoniten, "Zigeuner") ausmachen. Landwirtschaft, Handel, Gewerbe (Manufakturwesen) und Bankwesen (Geld- und Münzwesen) bestimmten die Wirtschaft des Reiches. Die unterschiedliche (katholische, lutherische, reformierte) Konfessionalisierung bedingte in Religion, Kultur und Gesellschaft eine große Vielfalt (konfessionell bestimmte Kulturen neben der höfischen Kultur der Residenzorte, dem Bildungswesen, der Wissenschaft und der Literatur). Insgesamt besaß das Reich eine föderative Struktur, war ein lockerer Territorienverband und eine Friedengemeinschaft (u.a. auf konfessionellen Ausgleich gerichtet), eben kein Nationalstaat. Nichtsdestotrotz hatte das Reich in der frühen Neuzeit eine Vielzahl von ("innen-" und "außen-") politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen zu bestehen. Die 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts war die Zeit der habsburgischen Universalmonarchie Kaiser Karls V. (1519-1556) und der Kriege gegen Frankreich und die Türken (Belagerung Wiens 1529). Auf den Augsburger Religionsfrieden (1555) folgte der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) mit seinen großen Bevölkerungsverlusten und Verwüstungen, nach dem Westfälischen Frieden (1648) kam es zum Pfälzischen (1688-1697) und Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) gegen Frankreich, während parallel dazu die Türken zurückgedrängt wurden (Belagerung Wiens 1683). Im 18. Jahrhundert entwuchsen die Habsburgermonarchie und das Königreich Preußen dem politischen Rahmen des Reiches (Siebenjähriger Krieg 1756-1763). Im Gefolge von Französischer Revolution (1789), der Besetzung der linksrheinischen Reichsgebiete (bis 1803), von Reichsdeputationshauptschluss (1803) und Rheinbund (1806) erlosch das Reich im Jahr 1806. Das Buch führt präzise und umfassend in die deutsche Geschichte der frühen Neuzeit ein, ist gut strukturiert und bietet ein umfgangreiches Grundlagenwissen. [Buhlmann, 03.2011]

Hartmann, Wilfried (1977), Das Konzil von Worms 868. Überlieferung und Bedeutung (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philosophisch-historische Klasse, Dritte Folge, Nr.105), Göttingen 1977 > J Jürgensmeier, Bistum Worms

Hartmann, Wilfried (1993), Der Investiturstreit (= EdG 21), München 1993 > I Investiturstreit

Hartmann, Wilfried (2002), Ludwig der Deutsche (= GMR), Darmstadt 2008, X, 294 S., € 24,-. Geboren wurde Ludwig, dem schon Zeitgenossen den Beinamen "Germanicus" gaben, als Sohn des karolngischen Kaisers Ludwig des Frommen (814-840) und der Ermengard um das Jahr 806. 814 und in der Ordinatio imperii, dem Reichseinheitsplan Ludwigs des Frommen von 817, wurde ihm Bayern als Unterkönigreich zugewiesen. Seine Königserhebung (826) und die 827 vollzogene Heirat mit der Welfin Hemma, der Schwester der Kaiserin Judith, ermöglichten bald eine selbstständigere Politik für oder gegen den Vater bzw. die Mitbrüder (Aufstand gegen Ludwig den Frommen 833/34; Aufstand Ludwigs des Deutschen 838/39). Im karolingischen Bruderkrieg (840-843) sicherte sich Ludwig der Deutsche trotz des von Kaiser Lothar I. (817/40-855) initiierten Stellinga-Aufstandes in Sachsen (841-843) die ostrheinischen Gebiete des Frankenreichs; durch die Reichsteilung von Verdun (843) wurden ihm aber auch die wichtigen linksrheinischen Hausgutkomplexe um Mainz, Worms und Speyer zugestanden. Die in Verdun vereinbarte Dreiteilung des Frankenreiches führte dabei in der Folgezeit zur Herausbildung eines ostfränkischen Reiches. Der Vertrag von Verdun regelte auch die friedlichen und gesamtherrschaftlichen Beziehungen zwischen den Brüdern. Dies hielt indes Ludwig den Deutschen nicht davon ab, Kontakte mit der westfränkischen Adelsopposition gegen König Karl den Kahlen (829/40-877) zu pflegen und auf deren Einladung nach Westfranken zu ziehen (858); die Herrschaftsübernahme scheiterte indes, und Ludwig zog sich schon im folgenden Jahr wieder nach Ostfranken zurück. Immerhin gelang 870 im Vertrag von Meersen der Erwerb des östlichen Teils von Lothringen. Erfolgreich war Ludwig der Deutsche auch bei seinen Kriegszügen im Norden und Osten seines Reiches. Hier seien die Normannenabwehr (Frieden von Paderborn 845) und die Feldzüge gegen das mährische Reich (846, 855/58) erwähnt, wobei die Mährer nach einem weiteren Feldzug (864) zumindest die fränkische Oberhoheit anerkannten. Im Innern des ostfränkischen Reiches führte u.a. die Einrichtung eigener Herrschaftsbereiche zu Konflikten zwischen dem Vater und seinen Söhnen Karlmann, Ludwig dem Jüngeren und Karl III. (856, 863), die wiederum Rückhalt bei regionalen Adelsfamilien fanden. Der Beilegung solcher Auseinandersetzungen dienten nicht zuletzt die Teilungspläne für das ostfränkische Reich (865, 872). Als Ludwig der Deutsche am 31. Januar 876 in Regensburg - neben Frankfurt sein bevorzugter Aufenthaltsort - starb und dort in St. Emmeram beerdigt wurde, traten seine drei Söhne ohne Schwierigkeiten die Nachfolge an. Vgl. noch: Hartmann, Wilfried (Hg.) (2004), Ludwig der Deutsche und seine Zeit, Darmstadt 2004, VIII, 264 S., € 39,90 (mit den Beiträgen: Wilfried Hartmann, Ludwig der Deutsche - Portrait eines wenig bekannten Königs; Thomas Zotz, Ludwig der Deutsche und seine Pfalzen. Königliche Herrschaftspraxis in der Formierungsphase des Ostfränkischen Reiches; Roman Deutinger, Hludovicus rex Baioariae. Zur Rolle Bayerns in der Politik Ludwigs des Deutschen; Eric J. Goldberg, Ludwig der Deutsche und Mähren. Eine Studie zu karolingischen Grenzkriegen im Osten; Nicholas Brousseau, Die Urkunden Ludwigs des Deutschen und Karls des Kahlen - Ein Vergleich; Boris Bigott, Die Versöhnung von 847. Ludwig der Deutsche und die Reichskirche; Ernst Tremp, Ludwig der Deutsche und das Kloster St. Gallen; Hannes Steiner, Buchproduktion und Bibliothekszuwachs im Kloster St. Gallen unter den Äbten Grimald und Hartmut; Astrid Krüger, Sancte Nazari ora pro nobis - Ludwig der Deutsche und der Lorscher Rotulus; Wolfgang Hauibrichs, Ludwig der Deutsche und die volkssprachige Literatur; Chiara Staiti, Das Evangelienbuch Otfrids von Weißenburg und Ludwig der Deutsche). > L Ludwig der Deutsche [Buhlmann, 11.2002, 02.2005]

Hartmann, Wilfried (Hg.) (2004), Ludwig der Deutsche und seine Zeit, Darmstadt 2004 > H Hartmann, Ludwig der Deutsche

Haubrichs, Wolfgang (1979), Georgslied und Georgslegende im frühen Mittelalter. Text und Rekonstruktion (= Theorie - Kritik - Geschichte, Bd.13), Königstein i.T. 1979 > G Georg (Heiliger)

Haubrichs, Wolfgang (1988), Die Anfänge. Versuche volkssprachlicher Schriftlichkeit im frühen Mittelalter (ca.700-1050/60) (= Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zum Beginn der Neuzeit, Bd.I), Frankfurt a.M. 1988 > D Deutsche Literaturgeschichte

Hauck, Karl (1970), Die Ausbreitung des Glaubens in Sachsen und die Verteidigung der römischen Kirche als konkurrierende Herrscheraufgaben Karls des Großen, in: FMSt 4 (1970), S.138-172 > K Karl der Große

Hauck, Karl (1986), Karl der Große in seinem Jahrhundert, in: FMSt 9 (1975), S.202-214 > K Karl der Große

Hauck, Karl (1986), Karl als neuer Konstantin 777. Die archäologischen Entdeckungen in Paderborn in historischer Sicht, in: FMSt 20 (1986), S.513-540 > K Karl der Große

Hauff, Wilhelm, deutscher Dichter: Der schwäbische Dichter Wilhelm Hauff (*1802-†1827) ist noch nicht einmal 25 Jahre alt geworden, war aber zu seiner Zeit schon ein berühmter Märchendichter, der, Kindheit, Jugend und Ausbildung (Tübinger Lateinschule, Blaubeurer Klosterschule, Studium am Tübinger Stift) hinter sich lassend, durch seine Märchen und Romane - u.a. "Kalif Storch", "Kleiner Muck", "Zwerg Nase", "Das Wirtshaus im Spessart", "Das kalte Herz", "Mann im Mond", "Lichtenstein" - das Lesepublikum beeindruckte. Vgl. Jordan, Harald (2001), Der Märchenerzähler vom Lichtenstein. Wilhelm Hauuf - ein schwäbischer Dichter. Zum 200 Geburtstag und 175. Todestag, in: Schwarzwälder Hausschatz 2002, Oberndorf [2001], S.54ff; Kuhnert, Hannes (2001), Wo das Märchen vom "Kalten Herz" lebendig wird. Schwarzwälder Heimatgeschichte im besten Sinne. Hauffs Märchen-Museum in Baiersbronn, in: Schwarzwälder Hausschatz 2002, Oberndorf [2001], S.58ff. [Buhlmann, 08.2020]

Haug, Gunter (1990), Landesgeschichten. Denkwürdiges aus Baden, Württemberg und Hohenzollern, Stuttgart 1990 > B > Baden-Württemberg

Hauke, Hermann (1973), Das Isingrim-Missale von Ottobeuren, in: SMGB 84 (1973), S.151-157 > O > Ottobeuren

Haumann, Heiko (2011), Dracula. Leben und Legende (= BSR 2715), München 2011; 128 S., Abbildungen in Schwarzweiß, Karten, € 8,95. Vlad Dracul(e)a (III., *ca.1431-†1477) war der Sohn des Fürsten Vlad II. (1431-1447) von der Walachei, der wohl als Ritter des Drachenordens Kaiser Sigismunds (1411-1437) den Beinamen "Dracul" erhielt. Als Herrscher der Walachei musste Vlad II. politisch zwischen den christlichen Reichen Ungarn, Polen und Moldau und dem Reich der türkischen Osmanen lavieren (Schlacht bei Varna 1444, Eroberung Konstantinopels 1453), Vlad Dracula war zeitweise eine Geisel des Sultans Murad II. (1431-1451), bevor er von diesem als Herrscher über die Walachei eingesetzt wurde (1448). Vlads Herrschaft festigte sich jedoch erst und mit christlicher Unterstützung ab 1456, als es dem Woiwoden auch im zeitweisen politisch-wirtschaftlichen Gegensatz zu Ungarn und den Siebenbürger Städten die Straffung der fürstlichen Zentralgewalt in der Walachei gelang. Dem Abfall vom osmanischen Reich Sultan Mehmeds II. (1451-1481) im Jahr 1460 folgten Siege über die Türken in Bulgarien und an der Donau (1461/62). Auf Grund einer politischen Intrige wurde Vlad jedoch Ende 1462 vom ungarischen König Matthias Corvinus (1458-1490) gefangen genommen, seit 1476 war er Feldherr des Königs und konnte im selben Jahr die Walachei von den Osmanen zurückgewinnen, unterlag aber 1477 seinem Widersacher Basarab Laiota. In den auf Vlad Draculas Tod folgenden Jahrzehnten wurde aus dem Woiwoden zum einen der siegreiche Feldherr gegen die Osmanen, zum anderen der Schlächter und Pfähler (Flugschriften, bildliche Darstellungen). Erst der englische Schriftsteller Bram Stoker (*1847-†1912) verknüpfte im Zuge eines gestiegenen Interesses der europäischen Öffentlichkeit am Vampirglauben während des 18. und 19. Jahrhunderts den historischen (Vlad) Dracul(e)a mit dem Vampirmythos: Dracula wurde zum Vampir, und das so erfolgreich, dass die historische Gestalt des Woiwoden im 20. und 21. Jahrhundert völlig in den Hintergrund trat (Dracula in Literatur, Film und Theater). Vgl. noch: Stoker, Bram (1897), Dracula (= Penguin Popular Classics), London 1994, 449 S., £ N.N.; Stoker, Bram (1897), Dracula (= RH = dtv 62017), München 2000, 551 S., DM 17,50; Stoker, Bram (1897), Dracula (= Bastei-Lübbe Tb 77082), Bergisch Gladbach 2005, 558 S., € 4,99; Stoker, Bram (1897), Dracula (= Vintage Books), London 2007, 421 S., £ 5,99. [Buhlmann, 05.2011, 11.2020, 05.2021]

Haupt, Werner ([2010]), Heeresgruppe Mitte. Der Kampf im Mittelabschnitt der Ostfront 1941-1945, Eggolsheim o.J. [2010] > Z > Zweiter Weltkrieg

Hauptmann, Carl, deutscher Schriftsteller und Dramatiker: Carl (Ferdinand Max) Hauptmann (*1858 in Ober-Salzbrunn, †1921 in Schreiberhau), der ältere Bruder des bekannteren Schriftstellers Gerhard Hauptmann (*1862-†1946), studierte Naturwissenschaften und Philosophie in Jena (1880/83; Promotion 1883). Durch Heirat (1884) finanziell unabhängig geworden, schlug Hauptmann den Weg der Schriftstellerei ein; seine Werke (Dramen, Lustspiele, Novellen, Romane) erschienen ab dem Jahr 1890, u.a.: Hauptmann, Carl (1912), Nächte. Novellen, Villingen-Schwenningen 2015, 225 S., € N.N. (mit den Novellen: Claus Tinnappel, Franz Popjels Jugend, Ein Später Derer van Doorn). [Buhlmann, 07.2022]

Hauptmann, Gerhard, deutscher Schriftsteller und Dramatiker: Gerhard (Gerhart) Hauptmann (*1862 in Ober-Salzbrunn, †1946 in Agnetendorf) versuchte nach der Beendigung der Realschule es weitgehend erfolglos mit der Bildhauerei, der Zeichnerei und einem Studium der Philosophie und Literaturgeschichte in Jena. Erfolgreich hingegen war Hauptmanns schriftstellerische Karriere, die er ab den 1880er-Jahren einschlug und bei der das Schreiben von (sozialen) Dramen im Vordergrund stand. Hauptmann wurde zu einem "repräsentativen Dichter" Deutschlands, der auch trotz seiner ambivalenten politischen Einstellung im Nationalsozialismus (1933/45) Anerkennung fand. Bei seinem Tod hielt sich Hauptmann in seinem Haus im niederschlesischen, unter polnischer Verwaltung stehenden Agnetenburg auf, der Leichnam konnte auf sowjetische Initiative hin auf dem Inselfriedhof von Hiddensee begraben (1946).
An Werken Gerhart Hauptmanns sind zu nennen: Hauptmann, Gerhart (1887), Bahnwärter Thiel. Novellistische Studie (= RUB 6617), Nachdruck Stuttgart 2006, 55 S., € 1,60; Hauptmann, Gerhart (1889), Vor Sonnenaufgang. Soziales Drama (= Ullstein-Theater-Texte = Ullstein Tb 4979), Nachdruck Frankfurt a.M.-Berlin 1988, 93 S., DM 4,80; Hauptmann, Gerhart (1893), Der Biberpelz. Eine Diebskomödie (mit Materialien) (= Pegasus Editionen), Nachdruck Stuttgart-Düsseldorf-Berlin-Leipzig 1996, 119 S., Abbildungen, DM 4,20; Hauptmann, Gerhart (1932), Vor Sonnenuntergang. Soziales Drama (= Ullstein-Theater-Texte = Ullstein Tb 4980), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1979, 107 S., DM 2,80; Hauptmann, Gerhart, Die großen Dramen, Berlin [1965], 918 S., DM 19,80 (mit den Dramen: Die Weber, Hanneles Himmelfahrt, Der Biberpelz, Florian Geyer, Die versunkene Glocke, Michael Kramer, Rose Bernd, Und Pippa tanzt!, Die Ratten, Vor Sonnenuntergang, Fuhrmann Henschel, Iphigenie in Delphi); Hauptmann, Gerhart, Dramen (= RUB 1125), Berlin 1986, 422 S., M 3,-. Biografisch erfasst Gerhart Hauptmann: Hilscher, Eberhard (1996), Gerhart Hauptmann, Leben und Werk (= AtV 1158), Berlin 1996, 608 S., Schwarzweißabbildungen, Schwarzweißtafeln, Zeittafel, DM 19,90; Leppmann, Wolfgang (1986), Gerhart Hauptmann. Leben, Werk und Zeit, Bern-München-Wien 1986, 415 S., Schwarzweißabbildungen, DM 39,80. [Buhlmann, 05.-06.2022, 03.2023, 05.2023]

Hauptwerke der deutschen Literatur (= Kindlers Neues Literatur Lexikon): Bd.1: Von den Anfängen bis zur Romantik. Einzeldarstellung und Interpretationen, hg. v. Rudolf Radler (1994), München 1994, 563 S., DM 39,80 (mit Beiträgen zu den Autoren: Von den Anfängen bis zum Ausgang des Mittelalters: Meister Eckart, Eike von Repgow, Gottfried von Straßburg, Hartmann von Aue, Heinrich von dem Türlin, Heinrich von Meissen, Heinrich von Veldeke, Hrotsvit von Gandersheim, Pfaffe Konrad, Konrad von Würzburg, Pfaffe Lamprecht, Der Marner, Neidhart von Reuental, Otfried von Weißenburg, Ottokar von Steiermark, Reinmar von Zweter, Rudolf von Ems, Der Stricker, Ulrich von Lichtenstein, Ulrich von Türheim, Walther von der Vogelweide, Wernher der Gartenlaere, Wolfram von Eschenbach, daneben anonym überliefert: Annolied, Dietrich-Epik, Georgslied, Herzog Ernst, Hildebrandslied, König Rother, Kudrun, Lohengrin, Ludwigslied, Manesse-Handschrift, Merseburger Zaubersprüche, Muspilli, Nibelungenlied, Rabenschalcht, Rosengarten zu Worms, Wartburgkrieg, Weingartner Liederhandschrift, Wessobrunner Gebet; Humanismus und Reformation: Sebastian Brant, Conradus Celtis, Friedrich Dedekind, Johann Fischart, Philipp Nicodemus Frischlein, Pamphilius Gengenbach, Ulrich von Hutten, Johannes von Tepl,. Martin Luther, Georgius Macropedius, Thomas Murner, Johannes Pauli, Johannes Reuchlin, Georg Rollenhagen, Hans Sachs, Burkard Waldis, Jörg Wickram, Jakob Wimpheling; Barock: Angelus Silesius, Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel, Johann Beer, Jakob Bidermann, Jakob Böhme, Paul Fleming, Pauö Gerhard, Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen, Andreas Gryphius, Johann Christian Günther, Georg Philipp Harsdörffer, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Daniel Caspar von Lohenstein, Martin Opitz, Christian Reuter, Johann Rist, Friedrich Spee von Langenfeld, Christian Weise, Philipp von Zesen, Heinrich Anselm von Ziglerund Kliphausen; Aufklärung, Sturm und Drang: Christian Friedrich von Blankenburg, Johann Jakob Bodmer, Ulrich Bräker, Johann Jakob Breitinger, Barthold Heinrich Brockes, Gottfried August Bürger, Matthias Claudius, Christian Fürchtegott Gellert, Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, Salomon Gessner, Johann Christoph Gottsched, Friedrich von Hagedornn, Albrecht von Haller, Johann Georg Hamann, Wilhelm Heinse, Johann Gottfried Herder, Friedrich Heinrich Jacobi, Johann Heinrich Jung-Stilling, Friedrich Maximilian Klinger, Friedrich Gottlieb Klopstock, Sophie von La Roche, Johann Anton Leisewitz, Jakob Michael reinhold Lenz, Gotthold Ephraim Lessing, Georg Christoph Lichtenberg, Karl Philipp Moritz, Johann August Musäus, Friedrich Nicolai, Gottlieb Wilhelm Raabe, Johann Elias Schlegel, Johann Gottfried Schnabel, Johann Gottfried Seume, Heinrich Leopold Wagner, Christoph Martin Wieland, Johann Joachim Winckelmann; Klassik, Romantik: Ludwig Achim von Arnim, Clemens Brentano, Adelbert von Chamisso, Joseph Freiherr von Eichendorff, Friedrich de La Motte Fouque, Johann Wolfgang von Goethe, Jacob Ludwig Karl und Wilhelm Karl Grimm, Wilhelm Hauff, Johann Peter Hebel, Friedrich Hölderlin, Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, Wilhelm von Humboldt, Jean Paul, Heinrich von Kleist, Novalis, Friedrich von Schiller, August Wilhelm von Schlegel, Ludwig Tieck, Wilhelm Heinrich Wackenroder, daneben anonym überliefert: Nachtwachen von Bonaventura); Bd.2: Vom Vormärz bis zur Gegenwartsliteratur. Einzeldarstellung und Interpretationen, hg. v. Rudolf Radler (1994), München 1994, 772 S., DM 39,80 (mit Beiträgen zu den Autoren: Vormärz, Biedermeier, Realismus: Georg Büchner, Annette von Droste-Hülshoff, Marie von Ebner-Eschenbach, Theodor Fontane, Jeremias Gotthelf, Christian Dietrich Grabbe, Franz Grillparzer, Christian Friedrich Hebbel, Heinrich Heine, Karl Leberecht Immermann, Gottfried Keller, Nicolaus Lenau, Conrad Ferdinand Meyer, Eduard Mörike, Johann Nepomuk Nestroy, August von Platen, Wilhelm Raabe, Ferdinand Raimund, Fritz Reuter, Adalbert Stifter, Theodor Storm; Naturalismus, Jugendstil: Theodor Däubler, Stefan George, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hoffmannsthal, Arno Holz, Ricarda Huch, Christian Morgenstern, Rainer Maria Rilke, Renè Schickele, Johannes Schlaf, Arthur Schnitzler, Robert Walser; Expressionismus, Avantgarde: Hans Arp, Hugo Ball, Ernst Barlach, Johannes Robert Becher, Gottfried Benn, Kasimir Edschmid, Albert Ehrenstein, Carl Einstein, Reinhard Goering, Walter Hasenclever, Georg Heym, Jakbob von Hoddis, Richard Huelsenbeck, Franz Kafka, Georg Kaiser, Else Lasker-Schüler, Alfred Lichtenstein, Kurt Pinthius, Kurt Schwitters, Walter Serner, Reinhard Johannes Sorge, Ernst Stadler, Carl Sternheim, August Stramm, Ernst Troller, Georg Trakl, Fritz von Unruh, Ernst Wedekind, Franz Werfel; Weimarer Republik, Nationalsozialismus: Werner Bergengruen, Bertolt Brecht, Georg Britting, Hermann Broch, Ferdinand Bruckner, Elias Canetti, Hiemito von Doderer, Alfred Döblin, Hans Fallada, Lion Feuchtwanger, Marieluise Fleisser, Leonhard Frank, Yvan Goll, Oskar maria Graf, Hermann Hesse, Ödön von Horvath, Meinrad Inglin, Hans Henny Jahnn, Ernst Jünger, Erich Kästner, Herman Kasack, Gertrud Kolmar, Karl Kraus, Elisabeth Langgässer, Gertrud von Le Fort, Wilhelm Lehmann, Oskar Loerke, Heinrich Mann, Thomas Mann, Robert Musil, Theodor Plievier, Erich Maria Remarque, Joseph Roth, Nelly Sachs, Reinhold Schneider, Anna Seghers, Manès Sperber, Ludwig Thoma, Kurt Tucholsky, Georg van der Vring, Jakob Wassermann, Ernst Weiss, Carl Zuckmayer, Arnold Zweig, Stefan Zweig; Gegenwart: Ilse Aichinger, Alfred Andersch, Hans Carl Artmann, Rose Ausländer, Ingeborg Bachmann, Jürgen Becker, Thomas Bernhard, Wolf Biermann, Johannes Bobrowski, Heinrich Böll, Wolfgang Borchert, Nicolas Born, Volker Braun, Rolf Dieter Brinkmann, Paul Celan, Tankred Dorst, Friedrich Dürrenmatt, Günter Eich, Hans Magnus Enzensberger, Hubert Fichte, Erich Fried, Max Frisch, Franz Fühmann, Eugen Gomringer, Günter Grass, Peter Härtling, Peter Handke, Ludwig Harig, Christoph Hein, Helmut Heissenbüttel, Wolfgang Hildesheimer, Rolf Hochhuth, Peter Huchel, Franz Innerhofer, Ernst Jandl, Elfriede Jelinek, Walter Jens, Unwe Johnson, Marie Luise Kaschnitz, Heinar Kipphardt, Sarah Kirsch, Alexander Kluge, Wolfgang Koeppen, Franz Xaver Kroetz, Karl Krolow, Reiner Kunze, Hermann Lenz, Siegfried Lenz, Kurt Marti, Ernst Meister, Franz Mon, Heiner Müller, Herta Müller, Hans Erich Nossack, Gerhard Rühm, Peter Rühmkorf, Arno Schmidt, Botho Strauss, Erwin Strittmatter, Peter Turrini, Martin Walser, Peter Weiss, Christa Wolf). [Buhlmann, 05.2023]

Hauschild, Stephanie (2005), Die sinnlichen Gärten des Albertus Magnus, Ostfildern 2005, 152 S., Farbabbildungen, € 12,95. Albert von Bollstädt (?), geboren um 1193 im schwäbischen Lauingen a.d. Donau, genannt Albertus Magnus ("Albert der Große", †1280), wurde 1223 Dominikanermönch, 1242 Lehrer an der Pariser Universität, wo er 1245 das Theologiestudium mit der Erlangung des Magistergrads beendete. Im Jahr 1249 soll er - der Legende nach - König Wilhelm von Holland (1248-1256) im winterlichen Köln zu einem wundersamen Gastmahl im Garten des Dominikanerklosters eingeladen haben. Als Mönch und Diplomat vermittelte Albertus in weltlichen (Großer Schied in Köln 1258) und kirchlichen Angelegenheiten (Bistum Regensburg 1260) u.a. als päpstlicher Legat (1263-1264). Ab 1270 lebte der Dominikaner in Köln. Alberts Schrift "Über die Pflanzen", verfasst 1256/57, ist ein Kommentar zu De plantis des Nikolaus von Damaskus, geht darüber aber weit hinaus. Buch 1-5 gibt einen Überblick über die allgemeine Botanik (Leben, Eigenschaften, Fortpflanzung und Wachstum, Wild- und Kulturpflanzen), Buch 6 umfasst die spezielle Botanik (Pflanzenarten, Kräuter, Heilpflanzen), Buch 7 die Bedeutung der Pflanzen in der Landwirtschaft (Nutzpflanzen, Ackerbau, Gärten, Baumgärten, Weingärten). Buch 7 beschreibt u.a. Ziergärten, deren Pflanzen mit ihrem Duft und ihren Farben sinnlich auf die Gartenbesucher wirken. Zentral ist hier die Rasenfläche mit Brunnen, umgrenzt von Bäumen und Rasenbänken; dem Ensemble schließt sich ein Würzgarten mit Kräutern und Blumen an; der ganze Ziergarten ist umgeben von einer Mauer, einem Zaun oder einer Hecke. An Pflanzen, die den Ziergarten bevölkern, führt Albertus Magnus an: Weinraute, Gartensalbei, Veilchen, Goldlack, Akelei, Lilie, Rose, Iris, Schwertlilie, Wein, Birnbaum, Apfelbaum, Zypresse, Basilikum, Lorbeer, Granatapfel, Letztere wohl als Topfplanzen zur Überwinterung in nördlichen Breiten. Denkbar wären auch als Pflanzen für den Ziergarten: Feigenbaum, Zitrone, Bitterorange, Anis, Borretsch, Bohnenkraut, Christrose, Walderdbeere, Fenchel, Günsel, Immergrün, Lavendel, Majoran, Dost, Stockrose, Malve, Eibisch, Meerrettich, Melisse, Minze, Poleiminze, Bergminze, Mohn, Narzisse, Pfingstrose, Ringelblume, Rosmarin, Thymian, Quendel, Ysop, Goldregen, Mandelbaum, Quitte, Schwarzer Holunder. Das Pflanzenbuch des Albertus Magnus steht für das 13. Jahrhundert einzig dar und ist vergleichbar mit dem Capitulare de villis Kaiser Karls des Großen (768-814) oder dem St. Galler Klosterplan (ca.820); spätmittelalterliche Gemälde von Zier- und Paradiesgärten sowie mittelalterliche Darstellungen von Pflanzen stützen die Ausführungen des Albertus Magnus. [Buhlmann, 01.2013]

Hauser, Sigrid Gertrud, Staufische Lehnspolitik am Ende des 12. Jahrhunderts (ca.1180-1197), Tl.1: [Darstellung], Tl.2: [Anmerkungen], Diss. Tübingen 1986, zus. LXVI, 386 S. Der Entzug der in der Verfügung des welfischen Herzogs Heinrich des Löwen (†1195) stehenden Herzogtümer Bayern und Sachsen durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) nach Land- und Lehnrecht (1180) steht für das Ende der früh- bis hochmittelalterlichen Stammesherzogtümer als Bestandteile des ostfränkisch-deutschen Reiches. Die Herzogtümer wurden zergliedert (Sachsen -> Westfalen, Restsachsen), die entstehenden "mittelgroßen Territorien" standen unter der Herrschaft von Mitgliedern (principes imperii) des sich entwickelnden Reichsfürstenstandes, der lehnsrechtlich vom König abhing. Auch die Umwandlung autogener Adelsherrschaften (Allodialbesitz; Feudalisierung, Verdinglichung des Lehnswesens) in vom König abhängige Lehen gehört hierher (süddeutsches Herzogtum Welfs VI. [1171], Herzogtum Steiermark [1180], Markgrafschaft Namur [1184]). Das Verhältnis, die Bindung zwischen Königtum und (geistlichen, weltlichen) Kronvasallen wurde dank der staufischen Lehnspolitik des ausgehenden 12. Jahrhunderts unter den Kaisern Friedrich Barbarossa und Heinrich VI. (1190-1197) intensivert, wenn auch für Reichsitalien und Burgund andere Voraussetzungen galten, in Reichsitalien die Regalienpolitik im Vordergrund stand. Die staufischen Herrscher bemühten sich, die Verfügung über die ausgegebenen Lehen (gerade auch beim Mannfall) zu behalten (rheinische Pfalzgrafschaft und Heinrich von Braunschweig [1195], Böhmen, Eventualbelehnung). Sie nutzten Lehnspolitik und Lehnsrecht zur Steigerung von Macht, sichtbar etwa an der Lehnsnahme/Lehnsabhängigkeit ausländischer Könige vom Kaiser (nord-, osteuropäische Könige; englischer, zyprischer, armenischer König). Lehnsrechtliche Überlegungen spielten auch eine Rolle beim Eingreifen König Heinrichs VI. in Flandern (1180er-Jahre). [Buhlmann, 07.2016]

Hauser, Uwe (2009), Johann Peter Hebel. Vom Lesen und Verstehen des Lebens, Karlsruhe 2009 > H Hebel, Johann Peter

Hauser, Uwe, Fries, Helmut (2011), Sulzburg. St. Cyriak (= Peda Kunstführer Nr.832), Passau 2011 > S Sulzburg

Hauß, Fritz (1931), Zuchtordung der Stadt Konstanz 1531 (= Veröffentlichungen des Vereins für Kirchengeschichte in der evangelischen Landeskirche Badens, Bd.V), Lahr 1931, 144 S., € 6,-. Im Zuge der Reformation ist unter besonderer Federführung der Reformatoren Ambrosius und Thomas Blarer, Konrad und Johannes Zwick und in Verbindung stehend mit der Reformation besonders in Basel und Zürich (Memminger Beschlüsse vom 26. Februar 1531) Anfang April 1531 die "Zuchtordung der Stadt Konstanz" entstanden und beschlossen worden, die die Konstanzer Bevölkerung strengen moralischen Regeln bei städtisch-obrigkeitlicher Kontrolle (auch der kirchlichen Institutionen, Kleiner und Großer Rat, Zuchtherren) unterwerfen sollten. Dabei reglementierte und definierte die rigide Zuchtordnung, die die urchristliche Gemeinde zum Ideal erhob: (Tl.1:) Schwören und Fluchen, Trank und Spiel, Wucher, Widertäufertum und Zauberei, Kleidung, Prostitution und Ehebruch, Ehe; (Tl.2:) Geistlichkeit, Gemeinde (Ratskontrolle), Kirchenordnung (Lehre [Erziehung], [Kinder-] Taufe, Feiertagsordnung, Abendmahl und Vorbereitungspredigt, Kirchendiener). Die Zuchtordnung stieß indes bei der Konstanzer Bevölkerung zunehmend auf Widerstand, mit dem Übergang von Konstanz an die Habsburger (1548) kam die Reformation dort ans Ende; die Zuchtordnung wurde abgeschafft (14. Oktober 1548). [Buhlmann, 01.2014]

Hauviller, Ernst (1896), Ulrich von Cluny. Ein biographischer Beitrag zur Geschichte der Cluniazenser im 11. Jahrhundert (= Kirchengeschichtliche Studien 3/3), Münster 1896 > U Ulrich von Cluny/Zell

Haverkamp, Alfred (Hg.) (1992), Friedrich Barbarossa. Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers (= VuF 40), Sigmaringen 1992 > F Friedrich I. Barbarossa

Haverkamp, Alfred (Hg.) (1999), Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge (= VuF 47), Sigmaringen 1999 > J Juden im Mittelalter

Hawking, Stephen (1988), Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums, Reinbek b.H. 1988 > U Universum

Hawking, Stephen (1988), Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums, Zürich 1990 > U Universum

Hawking, Stephen (1988), Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums (= rororo 8850), Reinbek b.H. 1991, Nachdruck Reinbek b.H. 1997 > U Universum

Hawking, Stephen (1988), Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit, Reinbek b.H. 21998 > U Universum

Hayes, Colin (1961), Renoir, Wiesbaden 1961 > R Renoir, Pierre-Auguste

HB = Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung

He

Heather, Peter (2005), Der Untergang des römischen Weltreichs (= rororo 62665), Reinbek 2010, 640 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Regententabelle, Zeittafel, Glossar, Karten, € 15,-. I. Das römische Reich, das vom 1. Jahrhundert v.Chr. bis zum 5. Jahrhundert n.Chr. über 400 Jahre lang den Mittelmeerraum und große Teile Westeuropas beherrschte, war der größte jemals existierende Herrschaftsraum im westlichen Eurasien. Die Zeit der Spätantike (4./5. Jahrhundert), beginnend mit den römischen Kaisern Diokletian (284-205) und Konstantin I. (306-337), war die Zeit der Spätblüte und des Untergangs des Weltreichs. II. Die politischen, militärischen, judikativen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen der beiden Kaiser, die die "Reichskrise" des 3. Jahrhunderts überwinden halfen, bewirkten u.a. eine Neuorganisation des römischen Reiches (Vergrößerung der Anzahl der Provinzen, Diözesen, Präfekturen), eine Neuaufstellung des römischen Heeres (Grenzverteidigung und Limitantruppen, Bewegungsheer und comitatensische Legionen) sowie die Anerkennung des noch unter Diokletian verfolgten christlichen Glaubens (Konstantinische Wende) bei Gründung einer zweiten römischen Hauptstadt Konstantinopel (330). Die Dynastie Konstantins, repräsentiert durch die Kaiser Konstantin II. (337-340), Constans (337-350), Constantius II. (337-361) und Julian (361-363), konnte (im Wesentlichen) ihre Macht im römischen Reich bis zum Tod Julians behaupten. Im dabei zeitweise faktisch geteilten Imperium Romanum der drei augusti und Konstantinsöhne Konstantin II., Constans und Constantius II. (Westen, Mittelteil, Osten des römischen Reichs) kämpften diese um die Macht (Einfall Konstantins II. ins Italien Kaiser Constans' 340; Constans als Kaiser des Westens nach Konstantins II. Tod 340/50; Usurpation des Magnentius, Ermordung des Constans 350; Schlacht bei Mursa 351; Selbstmord des Magnentius, Constantius II. als Alleinherrscher 353; Caesar Gallus 351/54; Usurpation des Silvanus 355; Caesar Julian 355/60; Usurpation Julians 360, dessen Feldzug gegen Constantius II. 361; Tod Constantius' II. 361). Auch ging es um die Verteidigung der römischen Außengrenzen; Bruderkämpfe und Usurpationen hatten selbstverständlich negative Auswirkungen darauf. Im Westen bedrohten Sachsen, Franken und Alemannen die Grenzen (Kämpfe am Rhein; Britannienfeldzug Constans' 343; Schlacht bei Straßburg gegen die Alemannen 357; Krieg Julians gegen die salischen Franken 358), im Osten war es das sassanidische Perserreich unter Großkönig Schapur II. (†379) (geplanter Feldzug Konstantins des Großen; Armenien unter römischem Einfluss 338; persischer Angriff auf Nisibis 338; römische Niederlage bei Singara 344; persische Angriffe auf Nisibis 346, 350; persische Eroberung Amidas 359; Perserfeldzug Julians 363), entlang der Donau Quaden und Sarmaten (erfolgreiche Kriege Constantius' II. gegen Quaden 358 und Sarmaten und Limiganten 359). Die Kaiser wirkten - wie Konstantin I. auch (Konzil von Nikaia 325) - mit ihrer je katholischen oder arianischen Politik auf die in verschiedene Glaubensrichtungen gespaltene christliche Kirche ein (Bischof Athanasius von Alexandrien; Enkämien-Synode von Antiochien 341; Konzil von Serdica 342/43; Donatisten in Nordafrika, Synode von Karthago 348; Synode von Mailand 355; Synoden von Sirmium 357, 358; Wiederbelebung heidnischer Kulte unter Julian, Philosophengesetz 362). Nicht nur hinsichtlich des Christentums, sondern generell erhöhte sich der Einfluss von Kaisertum und kaiserlicher Bürokratie in vielen Lebensbereichen der Bevölkerung des Imperium Romanum (Idealisierung des Kaisertums [Rombesuch Constantius' II. 357, Roma aeterna], administrative Intensivierung [zivile, militärische Ämter], Wirtschaft und Finanzen, Steuererhebung [Dekurionen] und Münzwesen; Senatoren, honestiores/potentes, humiliores/humiles, coloni, ["barbarische"] Soldaten). Nach dem Tod Kaiser Julians auf dem Perserfeldzug (363) und der kurzen Regierung Kaiser Jovians (363-364) (römisch-persischer Friedensvertrag und Aufteilung Armeniens 363; Aufhebung des Philosophengesetzes 364) wurden Valentinian I. (364-375, Westen) und dessen Bruder Valens (364-378, Osten) zu neuen augusti und begründeten damit die valentinianische Herrscherdynastie (Erhebung des Valentiniansohns Gratian zum augustus 367; Kaiser Valentinian II. [375-392]). Die beiden Herrscher setzten sich gegen innere (Usurpation des Procopius 365; Schaffung des Amtes des defensor plebis 368; "Studentengesetz" 370; Aufstand des Firmus in Nordafrika 373/75) und äußere Feinde (Alemmannenkriege Valentinians I. 365/67; Kämpfe Valens' gegen die Goten 369) durch, an der Ostgrenze gegenüber dem Perserreich blieb u.a. in der Frage der Stellung Armeniens als Pufferstaat die politischen Verhältnisse unentschieden. Das Eindringen der Hunnen in Europa und das Ende des nördlich des Schwarzen Meers gelegenen Ostgotenreichs (375) sollten dann den Druck gotischer Völkerschaften auf die römische Grenze entlang der unteren Donau erhöhen (römische Niederlage in der Schlacht bei Adrianopel und Tod des Valens 378). Der von Kaiser Gratian (367/75-383) für den Osten des römischen Reichs zum augustus ernannte Theodosius I. der Große (379-395) konnte die Verhältnisse indes noch einmal stabilisieren (foedus mit den Westgoten 382; römisch-persischer Frieden 384), machte das nikaianische Christentum zur Staatsreligion (Edikt Cunctos populos von 380; Konzil von Konstantinopel 381 [nikaianisch-konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis]; Ambrosius von Mailand, Damasus von Rom, Martin von Tours als Vertreter der westlichen, Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa als Vertreter der östlichen Kirche; Priscillianismus) und setzte sich auch gegen den Usurpator des westlichen Kaisertums, Magnus Maximus (383-388), durch (Ermordung des Maximus in Aquileia 388; Rombesuch des Theodosius 389 [heidnische Senatoren in Rom]) sowie gegen den von dem Franken Arbogast erhobenen Usurpator Eugenius (393-394) durch (Schlacht am Frigidus, Tötung des Eugenius, Selbstmord des Arbogast 394). Theodosius war damit Alleinherrscher (Verbot der Olympischen Spiele 394), starb jedoch alsbald unter Hinterlassung seiner Söhne Arcadius (395-408) und Honorius (395-423) als augusti im Osten und Westen des römischen Reiches. Es folgte im 5. Jahrhundert eine fortbestehende faktische Teilung des römischen Reichs in einen West- und einen Ostteil, wobei insbesondere der Westen unter verheerenden Germaneneinfällen und feindlichen Invasionen zu leiden hatte. Hier entfalteten die nun in Ravenna residierenden weströmischen Kaiser (Honorius, Valentinian III. [423/25-455], Petronius Maximus [455], Avitus [455-456], Maiorian [457-461], Libius Severus [461-465], Anthemius [467-472], Olybrius [472], Glycerius [473-474], Nepos [474-475], Romulus Augustulus [475-476] kaum noch politisch-militärisches Gegenspiel, was z.B. die Bedrohung Italiens durch die Westgoten unter Alarich anbetraf (Heermeister Stilicho und Alarich; Feldzug Stilichos gegen Vandalen und Alanen 401; Ermordung Stilichos 408; militärische Aufgabe Britanniens 410; westgotische Eroberung Roms 410; Westgotenreich im südlichen Gallien 416) oder die zunehmende Ablösung Britanniens und Galliens von der römischen Herrschaft (Abzug römischer Truppen aus Britannien 401; Eindringen von Sueben, Alanen, Burgundern und Vandalen nach Gallien; Usurpationen in Gallien [Konstantin III. 407, Jovinus 411, Constantius III. 421]). Auch Spanien und Nordafrika war von den geramanischen Invasionen betroffen (Vandalen unter König Geiserich in Nordafrika, Belagerung von Hippo Regius 430, vandalische Eroberung von Karthago 439, vandalische Plünderung Roms 455). Lediglich in Gallien gelang es dem römischen Heermeister Aetius (†454) zwischenzeitlich und mit fränkischer, burgundischer und westgotischer Hilfe, sich in der Schlacht auf den "Katalaunischen Feldern" (451) gegen ein hunnisch-ostgotisches Heer unter Attila (†453) durchzusetzen. In Gallien fanden dennoch unvermindert die fränkische Landnahme (Norden, Nordosten), die Ausdehnung des Westgotenreichs (Süden) und die Ausdehnung des (zweiten) Burgunderreichs (Niederlage und Umsiedlung der Burgunder in die Sapaudia 435/36) statt. Vom Eindringen äußerer Feinde in das Reichsgebiet war der Osten des römischen Reichs weit weniger betroffen. Mit Kaiser Theodosius II. (408-450) ("Zitiergesetz" 426; Konzil von Ephesus 431; Codex Theodosianus als Gesetzbuch 435; latrocinium von Ephesus 449) endete die theodosianische Kaiserdynastie. Ihm folgten die (auf den Osten beschränkten) Kaiser Marcian (450-457) (Konzil von Nikaia-Chalkedon 451), Leon I. (457-474) und Zenon (474-491). Mit dem Ende des westlichen Kaisertums (Ricimer als germanischer Heermeister in Italien; König Odoaker in Italien [476-493] als römischer patricius) kamen römische Staatlichkeit (auf der Ebene des Kaisertums <-> lokale römische Verwaltung) und Spätantike zu ihrem Ende. Resümierend lässt sich für das römische Reich im 4. Jahrhundert festhalten: die Christianisierung des Reiches unter christlichen (katholischen, arianischen) Kaisern bei christlich-kirchlichen Glaubensstreitigkeiten und bei einer teiweise toleranten, teilweise gemäßigten antipagane Religionspolitik, die Bürokratisierung des Reiches, der Aufstieg Konstantinopels als eine Reichshauptstadt, das Nebeneinander von meist miteinander verwandten Kaisern in der Herrschaft über das Reich, die Eindämmung von Usurpationen, die weitgehende Stablisierung der römischen Grenzen bei Einbeziehung "barbarischer" Völkerschaften (Germanen, Goten) in römisches Reich und römische Armee (foederati, laeti, hospitalitas). Für das 5. Jahrhundert kann gelten: die Erosion römischer Herrschaft im Westteil des Reiches (weströmisches Reich, germanische Königreiche auf römischem Boden) als Folge militärischer Niederlagen und wirtschaflichem Niedergangs (abnehmende Bedeutung der Städte, Rolle der gallorömischen Senatorenschicht), die Stabilisierung des Ostteils ("oströmisches Reich") auch auf wirtschaftlicher und kultureller Basis (Bedeutung des Städtewesens, hellenistische Traditionen). Die Teilung des römischen Reichs in eine lateinische West- und eine griechische Osthälfte kann so unabhängig von äußeren Bedrohungen und militärischen Gegebenheiten auch als ein allmähliches (die Spätantike durchziehendes) Auseinandertreten von West und Ost im ökonomischen und kulturell-geistigen Bereich interpretiert werden. III. Der Untergang des weströmischen Reiches bedeutete das Ende des römischen Gesamtreichs, wenn auch dessen Ostteil überlebte und im 6. Jahrhundert unter Kaiser Justinian I. (527-565) durchaus eine Blütezeit erlebte. Der politische Untergang des (bis dahin romanisierten) Westteils war indes wohl hauptsächlich äußeren Faktoren geschuldet, während innere Faktoren (Kaisertum, Steuerpolitik, Wirtschaft, Zusammenhalt der Provinzen im Weltreich) doch eher stabilisierend wirkten. So waren es große, zeitweise stabile Gruppen ("Stämme, Ethnien", Kriegergesellschaften [Gefolgschaften, Kriegerverbände] als militärisch-politische Gegenkräfte zum römischen Reich) von (germanischen) Goten, Burgundern, Vandalen, Franken u.a., die - angestoßen durch hunnische Angriffe (Hunnenmacht in Osteuropa ab 4. Jahrhundert, Mitte; Hunnenreich Attilas in Zentraleuropa ca.440-453) - in großer Zahl ins römische Reich eindrangen (Beute, Siedlung) (376/80, 405/08) und sich dabei auch militärische Schwächen des römischen Reiches zunutze machen konnten (Grenztruppen und Bewegungsheer [deren durch wirtschaftliche Faktoren beschränkte Anzahl], Kaisertum als Zentrale gegen Landbesitzereliten in den Provinzen ["primitive Kommunikations- und Verwaltungstechniken"; Rebellengebiete, Ablösung Britanniens vom Reich] -> wirtschaftliche, militärische und politische Grenzen der römischen Herrschaft ["begrenzte Möglichkeiten"]). Was für den geografischen Bereich des (ehemaligen) weströmischen Reichs von der römischen Herrschaft übrig blieb, war bei "Zerstörung der zentralen Romanitas" (Wegfall des Kaisertums, der zentralen Bürokratie und der zentralen Armee) eine von Provinz zu Provinz (Italien - Britannien) sich unterscheidende "lokale Romanitas" mit ihren Kontinuitäten (Grundbesitzerschicht als Elite, lateinische Sprache, Städte, lokale Verwaltung, Christentum, Bildung) und Diskontinuitäten (Zerfall der "politischen und kulturellen Ordnung", Bildungswandel, "christliche Mikrokosmen" in den nachrömisch-germanischen Königreichen) zwischen Spätantike und frühem Mittelalter. [Buhlmann, 07.2019]

Hebbel, Christian Friedrich, deutscher Dichter: Christian Friedrich Hebbel (*1813-†1863), geboren in Dithmarschen, gestorben in Wien, in ärmlichen Verhältnissen aufwachsend bzw. lange Zeit lebend, wurde ab den 1830/40er-Jahren als Dramatiker und Lyriker bekannt. Bildungsreisen brachten ihn nach Frankreich, Italien und schließlich Wien, wo er seit 1846, verheiratet mit einer Schauspielerin am Burgtheater, lebte. Bedeutende Werke des Dichters sind u.a.: Judith (1840, Tragödie), Gedichte (1842), Genoveva (1843, Tragödie), Maria Magdalene (1844, Trauerspiel), Anna (1847, Erzählung), Schnock (1848, Erzählung), Die Kuh (1849, Novelle); Hebbel, Friedrich (1851), Agnes Bernauer. Ein deutsches Trauerspiel in fünf Akten (= RUB 4268), Leipzig 1941, 87 S., RM N.N.; Gyges und sein Ring (1854, Tragödie), Die Nibelungen (1862, Trauerspiel). Hinzu kommen: Hebbel, Friedrich (1835/63), Tagebücher: Bd.2: 1843-1847 (= dtv 5947), München 1984, 398 S., DM N.N. [Buhlmann, 08.2020, 01.2021]

Hebel, Johann Peter, deutscher Schriftsteller: Johann Peter Hebel, geboren am 10. Mai 1760 in Basel, verstorben am 22. September 1826 in Schwetzingen, wuchs u.a. in Hausen im Wiesental auf, besuchte u.a. die Lateinschule in Schopfheim und Gymnasien in Basel und Karlsruhe. Nach Absolvierung eines Studiums der evangelischen Theologie in Erlangen (1778/80) war er Hauslehrer und Seelsorger in Hertingen (1780), Hilfslehrer am Lörracher Pädagogicum (1783). Sein beruflicher Weg führte Hebel dann nach Karlsruhe. Hier wurde er Subdiakon am Gymnasium (1791) und Hofdiakon am Fürstenhof (1793), außerordentlicher Professor (1798). Im Großherzogtum Baden war er Prälat der badisch-lutherischen Landeskirche und Mitglied in der 1. Kammer der badischen Ständeversammlung (1819), war auch Prälat der lutherisch-reformierten badischen Landeskirche (1821). Hebels schriftstellerische Karriere begann mit den Allemannischen Gedichten (1803), sein wohl bekanntestes Werk. Es folgten: Kalendergeschichten (1803/11), Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes (1811), Biblische Geschichten (1824). Daneben sind von Hebel überliefert: Briefe, Excerpthefte, Predigten, theologische Schriften. Vgl.: Hebel, Johann Peter (1803/11), Kalendergeschichten. Auswahl und Nachwort v. Ernst Bloch (1973) (= it 17), Frankfurt a.M. 122005, 152 S., Schwarzweißabbildungen, € 6,50 und: Hauser, Uwe (2009), Johann Peter Hebel. Vom Lesen und Verstehen des Lebens, Karlsruhe 2009, 40 S., Farbabbildungen, Karten, € 7,95. [Buhlmann, 03.2021, 05.2021]

Heberer, Pia, Reuter, Ursula (Hg.) (2013), Die SchUM-Gemeinden Speyer - Worms - Mainz. Auf dem Weg zum Welterbe, Regensburg 2013 > J Juden im Mittelalter

Hechberger, Werner (2004), Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter (= EdG 72), München 2004 > A Adel

Hechberger, Werner, Schuller, Florian (Hg.) (2009), Staufer und Welfen. Zwei rivalisierende Dynastien im Hochmittelalter, Regensburg 2009, 277 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 24,90. Staufer und Welfen - das ist das politische und familiäre Mit- und Gegeneinander zweier hochmittelalterlicher Adelsfamilien, die Herzöge, Könige und Kaiser im deutschen Reich des 12. und 13. Jahrhunderts stellten. I. Manfred Weitlauff, Das "welfische Jahrhundert" in Bayern und sein kirchengeschichtlicher Hintergrund, lässt Revue passieren die Geschichte der Welfen von deren Anfängen im and zwischen Bodensee, Donau und Lech (Welf I., II., III.) über das welfisch-bayerische Herzogtum (Welf IV., 1070) und den Investiturstreit (1075-1122), den Konflikt zwischen Staufern und Welfen (Heinrich der Stolze) bis zum bayerischen Herzog Heinrich den Löwen (1156-1180) und dessen Absetzung (1180). II. Das Ende der Königsdynastie der salischen Herrscher mit dem Tod Kaiser Heinrichs V. (1106-1125) und die Wahl König Lothars von Supplinburg (1125-1137) gegen den Stauferherzog Friedrich II. (1105-1147) brachten das deutsche Reich mit seinen erinnerten Wirklichkeiten oder wirklichen Erinnerung (Chronik und Gesta Ottos von Freising, Bericht Sugers von St. Denis, Narratio de electione Lotharii) in Unruhe (Bernd Schneidmüller, 1125 - Unruhe als politische Kraft im mittelalterlichen Reich). III. Heinrich der Löwe (†1195) schöpfte vornehmlich als sächsicher Herzog Herrschaftspotentiale aus (Hierarchisierungsmöglichkeiten, Bistumspolitik, reichsfürstliche Konflikte); gesteigerte Herrschaft ging dabei einher mit gesteigerter fürstlicher Repräsentation (Braunschweiger Hof) (Bernd Schneidmüller, Heinrich der Löwe. Innovationspotentiale eines mittelalterlichen Fürsten). IV. Rudolf Schieffer, Heinrich der Löwe, Otto von Freising und Friedrich Barbarossa am Beginn der Geschichte Münchens, beleuchtet die Schiedsurkunde von 1158, betreffend die Einigung zwischen Heinrich dem Löwen und Bischof Otto von Freising (1138-1158) über den Isarzoll, und den im Diplom erstmals auftretenden Ortsnamen Munichen. V. Um Konflikte, Konfliktlösungen und Handlungsspielräume Kaiser Friedrich I. Barbarossas (1152-1190) mit dem Papsttum (alexandrinisches Papstschisma 1159-1177, Frieden von Venedig 1177) und mit den oberitalienischen Kommunen (Reichstag von Roncalia 1158, Unterwerfung Mailands 1162, Frieden von Konstanz 1183) geht es bei Knut Görich, Konflikt und Kompromiss: Friedrich Barbarossa in Italien. VI. Der Sturz Heinrich des Löwen (1180) sah Kaiser Friedrich I. Barbarossa in der Defensive gegenüber den deutschen Fürsten, war der Kaiser doch am bis dahin bestehenden Einvernehmen mit dem Welfen weiterhin interessiert; ob das schlecht bezeugte "Zerwürfnis von Chiavenna" der Hilfeverweigerung des Löwen (1176) so überhaupt stattgefunden hat oder erst nachträglich dazu gemacht wurde, ist somit unklar (Knut Görich, Jäger des Löwen oder Getriebener der Fürsten? Friedrich Barbarossa und die Entmachtung Heinrichs des Löwen). VII. Fürstliches Mäzenatentum und adlige Repräsentation findet sich bei Kaiser Friedrich I. Barbarossa und Herzog Heinrich dem Löwen in verschiedener Ausprägung (Willibald Sauerländer, Dynastisches Mäzenatentum der Staufer und Welfen). VIII. Gerd Althoff, Kaiser Heinrich VI., legt dar, dass die dem deutschen und sizilischen Herrscher Heinrich VI. (1190-1197) in der Historiografie nachgesagte persönliche Grausamkeit und Härte vornehmlich im Königreich Sizilien den politischen Regeln der Zeit entsprach (übergroße, abschreckende Härte gegenüber denjenigen, die wiederholt in Konflikt mit dem König gerieten). IX. Die Doppelwahl von 1198 und das Gegeneinander zwischen den staufischen Königen Philipp von Schwaben (1198-1208) und Friedrich II. (1212-1250) und dem welfischen Herrscher Otto IV. (1198-1218) im deutschen Thronstreit (1198-1208/15) hatte nicht nur Auswirkungen auf das deutsche Reich, sondern beschäftigte auch Papst Innozenz III. (1198-1216) sowie die Königreiche Frankreich und England (Schlacht bei Bouvines 1214) (Peter Csendes, Die Doppelwahl von 1198 und ihre europäische Dimension). X. Den staufische König und Kaiser Friedrich II. (1198/1212-1250) in Politik und Herrschaft in Deutschland (Kaiser und Fürsten), Italien (Kommunen und Papsttum) und im Königreich Sizilien (Konstitutionen von Melfi 1231) beleuchtet Wolfgang Stürner, Kaiser Friedrich II. als Herrscher im Imperium und im Königreich Sizilien. XI. Der deutsche Thronstreit ermöglichte Papst Innozenz III. die Konsolidierung des päpstlichen Kirchenstaates (angebliche Konstantinische Schenkung, Pippinsche Schenkung, Ottonianum, Zugeständnisse Friedrichs II.) (Thomas Frenz, Das Papsttum als der lachende Dritte? Die Konsolidierung der weltlichen Herrschaft der Päpste unter Innozenz III.). XII. Wolfgang Stürner, Die Söhne Friedrichs II. und das Ende der Staufer, beschäftigt sich mit: König Heinrich (VII.) (1220-1235), König Konrad IV. (1237-1254), König Manfred (1254-1266) und Friedrichs Enkel Konradin (†1268). XIII. Von den Welfen und "Waiblingern" über das Aussterben der Staufer (1268; nicht der Welfen) geht der Blick auf die spätmittelalterliche Staufererinnerung ("falsche Friedriche"), auf die Stauferrezeption der Reformation (Friedrich I. und Alexander III.), der frühen Neuzeit und des 19. Jahrhunderts ("Befreiungskriege", Kyffhäusersage, Dramen [Grabbe], Geschichtswissenschaft [Raumer, Höfler, Giesebrecht, Ficker, Droysen, Burckhardt]) sowie auf die Staufer- und Welfenrezeption und -tradition im 20. Jahrhundert (Nationalsozialismus [Heinrich der Löwe, staufische Weltherrschaft], Bundesrepublik Deutschland ["Verlust der Geschichte", Stuttgarter Stauferausstellung 1977) (Werner Hechberger, Bewundert - instrumentalisiert - angefeindet. Staufer und Welfen im Urteil der Nachwelt). [Buhlmann, 07.2013]

Hecht, Konrad (1975), Zur romanischen Abteikirche des Klosters Neresheim, in SMGB 86 (1975), S.31-80 > N Neresheim

Hecht, Winfried, Bausteine zur Geschichte der Familie Möck von Balgheim (= Kleine Schriften des Stadtarchivs Rottweil, Bd.7), Rottweil 2001 > K Kleine Schriften des Stadtarchivs Rottweil

   Hecht, Winfried (2008), Vor 771 n.Chr. Anfänge und Wurzeln der Stadtgeschichte, Rottweil 2008, 108 S., Karten, Abbildungen auch in Farbe, € 10,-; Hecht, Winfried (2007), Rottweil 771-ca.1340. Von "rotuvilla" zur Reichsstadt, Rottweil 2007, 124 S., Karten, Abbildungen auch in Farbe, € 10,-; Hecht, Winfried (2005), Rottweil ca.1340-1529. Im Herbst des Mittelalters, Rottweil 2005, 192 S., Karten, Abbildungen auch in Farbe, € 10,-. I. Die drei Bücher, Bd.1, 2 und 3 der Geschichte Rottweils aus der Feder von Winfried Hecht, befassen sich mit der vormittelalterlichen (Bd.1) und mittelalterlichen Zeit Rottweils: (Bd. 2:) Ersterwähnung des Ortes als "rotuvilla" (771), Rottweil als Königshof und Pfalz in karolingischer, ottonischer, salischer Zeit, Stadtgründung in staufischer Zeit, Rottweil zur Zeit der späten Staufer, reichsstädtisches Rottweil von König Rudolf I. bis Ludwig den Bayern, (Bd. 3:) Blütezeit im 14. und 15. Jahrhundert, Rottweil und die Schweizer Eidgenossenschaft, Zeit König Maximilians I., Rottweil und die Reformation. Der Autor schildert neben der Ereignis- und auf Rottweil einwirkenden "großen" politischen Geschichte besonders die soziale, wirtschaftliche, religiöse und kulturelle Entwicklung des Ortes und stützt sich dabei auf die in großem Umfang vorliegenden Rottweiler Geschichtsquellen. Letzteres macht die Darstellung so lebendig. Mit der Rottweiler Geschichte liegt ein gut lesbares, höchst informatives und preiswertes, mithin ein sehr gelungenes und für die Orts- und Stadtgeschichte Weg weisendes Werk vor. II. Es ergibt sich daraus: Rottweil tritt als Arae Flaviae der römischen Antike und als Rotuvilla in einer mittelalterlichen Urkunde von 771 in Erscheinung, für die Zeit Karls des Großen (768-814) wird ein Königshof bei der Rottweiler Altstadt erkennbar, Aufenthalte spätkarolingischer und salischer Herrscher in diesem Vorort des schwäbischen Herzogtums sind bezeugt. In staufischer Zeit entwickelte sich nördlich des Königshofes eine befestigte Stadt, 1241 wird Rottweil im Reichssteuerverzeichnis genannt. Im späten Mittelalter wurde aus der königlichen Stadt eine Reichsstadt (Gerichtshoheit 1299, 1359; Privileg gegen Verpfändung 1348). 1415 erlangte sie das königliche (Rottweiler) Pürschgericht als Reichslehen, 1434 eine "Goldene Bulle" von Kaiser Sigismund (1411-1437), die alle bis dahin erworbenen Rechte bestätigte. Parallel dazu schritt die innere Entwicklung voran (Schultheiß 1230; Rat und Bürgermeister 1289). Patriziat und elf bzw. neun Zünfte waren 1316 im Großen und Kleinen Rat der Stadt vertreten, eine Verfassungsreform schuf 1378 das Gremium der Zweiundzwanziger, aus dem später das der Achtzehner wurde. An der Spitze der Stadt standen noch der Obervogt, der Pürschvogt, der Bruderschafts- und der Spitaloberpfleger. Die Repräsentanten der vornehmsten Stadtämter waren zudem Beisitzer im Rottweiler Hofgericht, das sich als höchste Instanz freiwilliger Gerichtsbarkeit in dieser Form unter König Rudolf von Habsburg ausgebildet hatte. Das Hofgericht war nach den Worten Kaiser Maximilians I. (1493-1519) das "oberste Gericht in Teutschland" (1496). Handel und Gewerbe (Metallverarbeitung und Glockenguss, Textilherstellung, Holz-, Vieh- und Getreidehandel) waren in der Kernstadt und den Vorstädten (Hochbrückvorstadt, Auvorstadt) vielfach vertreten. Zwei Jahrmärkte und städtische Kaufhäuser (ab 1285) sorgten wie die Pfleghöfe der Klöster Petershausen, St. Blasien, Gengenbach oder Alpirsbach für Handel und Warenumschlag. Die Rottweiler "Kirchenlandschaft" bestand aus der Pfarrkirche St. Pelagius in der Altstadt, Kirche der Hauptpfarrei Heiligkreuz (ab 14. Jahrhundert) war das Münster, daneben gab es eine Kapelle mit dem Kapellenturm im Rottweiler Stil (ca.1330), Niederlassungen der Johanniter (ca.1247), Dominikaner (1266) und Dominikanerinnen (v.1306) sowie die Reichsabtei Rottenmünster, ein Zisterzienserinnenkloster (1217). Spital (v.1275), Leprosenhaus (1298) und Heiligkreuz-Bruderschaft (1314) waren für Kranke und Arme zuständig. Die Stadt Rottweil betrieb ab dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts eine Politik zur Festigung und Ausweitung ihres Territoriums (Sinkinger Dorfherrschaft 1377; Rottweiler Pürsch 1415; Unterstellung Dunningens 1435). Die fehdefreudige Stadt war u.a. mit Villingen, Freiburg im Breisgau und Schaffhausen verbündet, seit 1463 und 1519 war Rottweil zugewandter Ort der Schweizer Eidgenossenschaft. 1529 konnten die Anhänger des Protestantismus aus der Stadt verdrängt werden, der Ort blieb in der frühen Neuzeit eine katholische Reichsstadt. > R Rottweil [Buhlmann, 08.2007, 12.2008]

Heck, Christian, Cordonnier, Rémy (2011/18), Bestiarium. Das Tier in mittelalterlichen Handschriften, Darmstadt 2020, 620 S., Farbabbildungen, € 60,-. I. Das hier vermittelte moderne Bestiarium ist angelehnt an die mittelalterlichen Bestiarien mit deren auf dem spätantiken Physiologus beruhenden christlich-symbolischen Deutung von realen und als (real imaginierten) fantastischen Tieren. Die Publikation ist zweigeteilt. Zunächst geht es um die Einordnung von Texten über Tiere und von Tierabbildungen in mittelalterlichen Handschriften. Dabei weisen Letztere naturgemäß eine große Vielfalt auf: von naturkundlichen, historiografischen oder theologischen Abhandlungen über Ritterromane und Heldenepen bis hin zu biblisch-liturgischen Handschriften (Bibeln, Breviere, Evangeliare, Missale, Missale, Psalter, Sakramentare) sowie Stunden- und Gebetsbüchern. a) Die in den Handschriften abgebildeten Tiere stehen in mittelalterlich-christlicher Vorstellung für den allgegenwärtigen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bestimmenden göttlichen Heilsplan, für die christliche Weltordnung. Tiere waren daher einbezogen in die menschlich-weltliche und christlich-göttliche Sphäre des mittelalterlichen Kosmos. Mit dem Tier textlich und bildlich verbunden sind somit verschiedene Bedeutungsebenen. Zunächst unterliegt ein in mittelalterlichen Handschriften abgebildetes Tier - den Vorstellungen des Illustrators entsprechend - durchaus unterschiedlichen Darstellungsweisen. So erscheint der Drache ikonografisch mal als Wurm bzw. Schlange oder Reptil, mal geflügelt oder mit Reptilien- oder Hundekopf, Feuer oder Wasser speiend. Dabei stand das Tier den biblisch-alttestamentlichen Aussagen zufolge immer in Beziehung zum Menschen seit dessen Erschaffung; die im Buch Genesis vorkommende Benennung der Tiere durch Adam definierte dabei eine Überlegenheit des Menschen über das Tier, wie sie auch bei der Rettung der Tiere vor der Sintflut durch Noah und dessen Arche zum Vorschein kommt. Das Tier als Begleiter des Menschen war denn auch in der ritterlich-höfischen Kultur des mittelalterlichen Adels präsent. Die Darstellung von exotischen Tieren, Jagdszenen oder geheimnisvollen Obstgärten unterstich die gesellschaftlich herausgehobene Stellung des Adels und versinnbildlichte eine adlig-höfische Vorstellungswelt zwischen Repräsentation, Krieg und Minne. b) Die Tierikonografie der Handschriften vermittelt auf einer anderen Ebene die Deutung des Tieres als Symbol. Im Rahmen des für das Mittelalter so typischen Konzepts der Allegorisierung stehen wirkliche oder vermeintliche Eigenschaften von Tieren für die Tugenden und Laster der Menschen, das Tier wird zum Spiegelbild des Menschen, wenn etwa der Hund als treu, der Esel als störrisch oder die Schlange als klug galt. Gerade auch die christliche Ikonografie bediente sich des Tieres als religiöses Symbol. So stand der Löwe für den auferstandenen Christus oder den Evangelisten Markus, der Pfau für die Menschwerdung Gottes, das Einhorn, um ein Fabelwesen zu nennen, ebenfalls für die Inkarnation Christi oder die Jungfräulichkeit z.B. der Gottesmutter Maria. Der Symbolgehalt konnte indes wechseln, die Tiere waren dann je nach Situation mit positiven oder negativen Eigenschaften besetzt. Aus dem Einhorn wurde dann u.a. nach alttestamentlicher Überlieferung ein wildes Tier, das - lasterhaft und dämonisch - im Schoß einer Jungfrau gezähmt und so im Rahmen einer mythischen Einhornjagd erlegt werden konnte. Im höfisch-ritterlichen Bestiaire d'amour, im "Liebesbestiarium" des gelehrten Kanonikers Richard de Fournival (†1260) stehen die Tiere für einzelne Aspekte des Liebeswerbens, u.a. die Aggressivität des Löwen als Liebessymbol dafür, mit welcher Wucht die Liebe einen Menschen erfasst, der sich auf sie einlässt. c) Die mittelalterlichen Handschriften verorten die Tiere zudem im christlichen Kosmos der Schöpfung Gottes. Tiere fungierten dann in Abbildungen als Reittiere der aus der antik-mittelalterlichen Naturkunde herkommenden vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer, sie machten den Großteil der zwölf Tierkreiszeichen in Astronomie und Astrologie aus. Zudem wurden im Rahmen einer symbolische Geografie Fabelwesen und Tiermenschen an den Rand der christlichen Ökumene bzw. der bewohnten Welt platziert, etwa in Äthiopien Drachen, Einhörner oder wilde Menschen oder wenn Pygmäen auf Schafen gegen Kraniche und Störche kämpften. d) Als Teil des göttlichen Heilsplans und der christlichen Weltordnung traten die Tiere in ihrer Symbolhaftigkeit aus ihrer angestammten, dem Menschen untergeordneten Rolle heraus. Die Tiersymbolik diente der religiös-moralischen Unterweisung der Gläubigen und verortete das Tier (nicht immer einheitlich und auf die gleiche Weise) im göttlichen Heilsplan - positiv, aber auch negativ, etwa wenn (Raub-, exotische) Tiere für den Menschen zur Gefahr werden (zehn ägyptische Plagen des Alten Testaments, Tiere der Nacht als Bewacher der Pforte zur Hölle). Selbiges gilt für Hybridwesen, für Tiermenschen und Monster (Werwolf, Missgestalten, Mischwesen), die im Mittelalter dennoch als Teil der Schöpfungsordnung angesehen wurden. Das Tier als Objekt der erfahrbaren Sinnenwelt steht also neben dem Tier als Symbol allegorisch-moralischer Deutung. Diesbezüglich ist nicht zuletzt auf die antik-mittelalterlichen Fabeln zu verweisen, in denen Tiere im Mittelpunkt stehen. Gerade hier wird den Tieren Vernunft zugeordnet, während mitunter Menschen umgekehrt als unvernünftige Tiere parodiert werden oder ein Mensch wie etwa der babylonische König Nebukadnezar seinen Verstand verliert und sich wie ein Tier verhält. II. Vorgestellt aus mittelalterlichen Handschriften werden insgesamt 100 Tiere, Tiergruppen und Fabelwesen: Aal und Neunauge, Adler, Affe, Alkyon, Ameise und Ameisenlöwe, Amsel, Antilope, Bär, Basilisk, Biber, Biene, Blässhuhn, Bonnacon, Caladrius, Delfin, Drache, Eichhörnchen, Einhorn und Rhinozeros, Elefant, Ente, Esel mit Maultier und Wildesel, Eule und Nycticorax, Falke und Habicht, Feld- und Turteltaube, Fische, Fischotter, Fledermaus, Fliege, Frosch und Kröte, Fuchs, Gans, Geier, Giraffe, Greif, Hahn und Huhn, Halsbandsittich, herkynische Vögel, Heuschrecke, Hirsch, Hund, Hyäne mit Leucocrota, Corocotta und Wildhund, Hydra, Ibis, Igel und Stachelschwein, Kamel und Dromedar, Kaninchen und Hase, Katze, Kentaur, Krähe mit Elster und Eichelhäher, Kranich, Krokodil, Lerche, Löwe, Luchs, Mantikor, Maulwurf, Maus, Milan, Muscheln und Mollusken, Nachtigall, Panther, Parandrus und Yale, Parder und Leopard, Pelikan, Pfau, Pferd, Phönix, Rabe, Rebhuhn, Reiher, Rinder mit Stier, Ochse, Kuh und Kalb, Säge, Salamander, Satyr und wilder Mann, Schafe mit Widder und Lamm, Schalentiere, Schildkröte, Schlangen, Schmetterling, Schecke, Schwalbe, Schwan, Seepferd(chen) und Nilpferd, Sirene, Skorpion, Sperling und Singvögel, Spinne, Steinbock, Storch, Strauß, Tiger, Wachtel, Wal, Wiedehopf, Wiesel mit Ginsterkatze und kleineren Raubtieren, Wild- und Hausschwein, Wolf, Wurm, Ziege mit Ziegenbock und Zicklein, Zimtleser. In den einzelnen Artikeln zu bestimmten Tieren kommen die im ersten Teil behandelten mittelalterlichen Deutungsebenen in loser Reihung zur Sprache. Auch hier sind Text und hinzugestellte Abbildungen aufeinander bezogen. [Buhlmann, 09.2021]

Heck, Gerhard, Wöbcke, Manfred (1987), Mexiko (= DuMont Richtig reisen), Köln 42001 > M Mexikanische Geschichte

Hecker, Hans (Hg.) (2005), Krieg in Mittelalter und Renaissance (= SH 39), Düsseldorf 2005, € 24,50. Die durchaus nicht einheitliche Einstellung der Kirche zum Krieg im früheren Mittelalter (Heiliger Krieg, Kreuzzüge u.a.) behandelt Raymund Kottje, Tötung im Krieg als rechtliches und moralisches Problem im früheren und hohen Mittelalter (7.-12. Jh.). Das bellum iustum im früheren Mittelalter (Kirchenväter, Isidor von Sevilla, Papsttum, Karl der Große) hat zum Inhalt Josef Semmler, Bellum Iustum. Hans Hecker, Die Kriege der Kiever und Moskauer Rus'. Skizzen zu einer Typologie führt anhand der osteuropäischen Geschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit eine Typisierung osteuropäischer Kriege (Kriege um Hegemonie und Tribute, Eroberungskriege, Befreiungs- und Einigungskriege) an. Albrecht Noth, Der Kampf des Muslim für seine Religion (Gihad). Seine Grundlegung und seine Anforderungen in der Geschichte (bis ca.1300), beschäftigt sich mit den Kriegen zwischen Islam und Christentum in Europa (Spanien, Sizilien) und der Levante (Kreuzfahrerstaaten). Helmut Brall, Sit Abel starp durch bruoders nit. Bewertungen des Krieges in volkssprachlichen Dichtungen des Mittelalters, untersucht die Einstellung zum Krieg u.a. im Annolied, den Arthursagen, im Rolandslied, im Willehalm (Adel, Ritter- und Kriegertum, enge Beziehung zwischen höfischer Dichtung und Krieg [Kriegstaten, Heldentum], Kain und Abel [primordiale Tat des Tötens]). Die (nur zum Teil fiktive) Person des Guillaume d'Orange (Graf Wilhelm von Toulouse [790-804] o.a.?) im altfranzösischen Heldenepos des Sarazenenkämpfe grausam schildernden Wilhelmsliedes (Chansons de geste, Wilhelmsgeste) steht im Mittelpunkt des Beitrags von Peter Wunderli, Guillaume d'Orange, der Krieg und der Frieden; die Wilhelmsgeste beinhaltet aber auch die Moinage Guillaume, die Darstellung des Guillaume d'Orange als Mönch und Einsiedler. Mit der Rolle von Krieg und Frieden in den philosophischen Werken "Utopia" des Thomas Morus (*1477/78-†1535) und "Leviathan" des Thomas Hobbes (*1588-†1679) beschäftigen sich Hubertus Schulte Herbrüggen, Krieg im Nirgendwo. Bild und Funktion des Kriegs in Thomas Morus' Utopia und Lutz Geldsetzer, Bellum omnium contra omnes. [Buhlmann, 09.2012]

Hedgecoe, John (1982), Fotografie für Könner, Stuttgart 1992 > K Fotografie

Hedin, Sven, schwedischer Geograf und Reiseschriftsteller: Sven (Anders) Hedin (*1865 in Stockholm; †1952 in Stockholm) arbeitete nach Erlangung des Abiturs (1885) als Hauslehrer in Baku (1885/86) und absolvierte danach ein Geologie-, Mineralogie- und Zoologiestudium in Stockholm und Uppsala sowie in Berlin (1886/90); eine Promotion folgte im Jahr 1892 in Halle. Hedins umfangreiche Sprachkenntnisse (Latein, Französisch, Deutsch, Persisch, Russisch, Englisch, Tatarisch, persische Dialekte, Türkisch, Kirgisisch, Mongolisch, Tibetisch, [Chinesisch]) ermöglichten ihm die Verständigung auf seinen Reisen, die er er als Entdeckungsreisender, Forscher und Geograf gewissenhaft aufbereitete (Dokumentation, Kartierung), während seine populärwissenschaftlichen Reiseberichte und Vorträge ihn berühmt machten. An Forschungsreisen unternahm Hedin: 1. Persienreise (1886), 2. Persienreise (1890/91), 1. Hochasienexpedition (1893/97, Pamir, Taklamakan), 2. Hochasienexpedition (1899/1902; Taklamakan, Tibet), 3. Hochasienexpedition (1905/09; Transhimalaya), Sino-schwedische Expedition (1926/35; Mongolei, Gobi, Turkestan). Hedins germanophile und monarchische Prägung äußerte sich im Eintreten für Deutschland im Ersten Weltkrieg (1914-1918) und in seinem zumindest ambivalenten Verhältnis zum nationalsozialistischen Deutschland (1935-1945). Als Geograf erhielt Hedin zu Lebzeiten und postum zahlreiche Ehrungen.
Sven Hedin verfasste u.a. die Reisebeschreibungen: Hedin, Sven (1922), Meine erste Reise (= Reisen und Abenteuer, Bd.20), Leipzig 1926, 160 S., Schwarzweißabbildungen und -tafeln, Karte, RM N.N.; Hedin, Sven (1936), Die Seidenstraße, Leipzig 1936, 264 S., Schwarzweißabbildungen und -tafeln, Karten, DM 8,-; Hedin, Sven (1952), Transhimalaja. Entdeckungen und Abenteuer in Tibet, Wiesbaden 71985, VIII, 441 S., Schwarzweißtafeln, Karte, DM 34,-. [Buhlmann, 02.2023]

Heftner, Herbert (2011), Alkibiades. Staatsmann und Feldherr (= GdA), Darmstadt 2011 > G Gestalten der Antike

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, deutscher Philosoph: I. Geboren am 27. August 1770 in Stuttgart, besuchte Georg Wilhelm Friedrich Hegel, für den die Eltern wohl eine theologisch-kirchliche Laufbahn vorgesehen hatten, das Gymnasium illustre der Stadt, um danach am Tübinger Stift zu studieren (1788/93). Dort, schon mit zwanzig Jahren von Kommilitonen als der "Alte" apostrophiert, absolvierte er ein Studium in evangelischer Theologie und Philosophie, um danach als "Hofmeister" in Bern und Frankfurt (Hauslehrer, Verwalter) zu arbeiten (1793/99). Tod und Erbe seines Vaters (1801) ermöglichten Hegel, auf seiner akademischen Laufbahn voranzuschreiten; an der Jenaer Univerität interessierten Hegel Geschichte und Philosophie besonders. Er habilitierte sich 1801 über das naturphilosophisch-astronomisches Thema "Über die Planetenbahnen" und wurde 1805 außerordentlicher Professor, war zudem Mitherausgeber des "Kritischen Journals der Philosophie" (1802/03) und seiner Bamberger Zeit Chefredakteur der "Bamberger Zeitung" (1807/08). In Nürnberg war Hegel Rektor des Egidiengymnasiums und mit (philosophischer) Propädeutik beschäftigt (1808/16), in Heidelberg wurde er Professor für Philosophie (1816/18), ebenso an der Berliner Universität in der Nachfolge von Johann Gottlieb Fichte (1818/31; Hegel als Rektor der Universität 1829). Der herühmte und wohl bedeutendste Philosoph des 19. Jahrhunderts starb am 14. November 1831 in Berlin. II. Hegel entfaltete mit seinen philosophischen Schriften eine ungeahnte Wirkung. Hierzu gehören: Die Phänomenologie des Geistes (1807), eine Hinführung zur Philosophie als systematischer Wissenschaft ("Erscheinungslehre" des menschlichen Geistes: Wissensstand und Entwicklungsstufe des Geistes -> Entwicklungsprozess -> Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung, Geist als "dynamisches Grundprinzip" von Wirklichkeit und deren vielfältigen Ausformungen [Bewusstsein und Gegenstand der Wirklichkeit; Wissendes und Gewusstes; Bestimmung eines Gegenstandes von der Erkenntnis her] -> Idealisierung von Bewusstsein und Wirklichkeit, Wissensformen als aus dem Selbstbewusstsein des Menschen resultierendes gegenständliches Bewusstsein -> Anerkennung des Menschen als Individuum [Herrschaft und Knechtschaft], "subjektiver Geist" des Menschen, "absoluter Geist" der Kulturäußerungen einer Gesellschaft als "Volksgeist", als kollektives Prinzip von "Sitte"/Ethik), Die Wissenschaft der Logik (1812/16) und Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften (1817/27), in denen es um Denken und Wirklichkeit geht (Prinzip: Logik und Metaphysik als formaler Unterbau des philosophischen Systems; Vernunft -> Denk- und Seinsbedingungen -> Widersprüche, Negativität, Nichtigkeit -> philosophische Gegensätze aufgehoben in einer höheren Dialektik der Übergegensätzlichkeit; Folgerungen aus dem Prinzip: Sein und Wesen <-> Begriffslogik als subjektive Logik sowie Wesenslogik und Seinslogik als objektive Logik, Geist und Natur <-> Bewusstsein, Selbstbewusstsein, Vernunft als subjektiver Geist sowie Phänomonologie und absolutes Wissen als onjektiv-absoluter Geist), Grundlinien der Philsosophie des Rechts (1820/21), beruhend programmatisch auf Vernunft als Wirklichkeit und umgekehrt und einer daraus resultierenden "Realphilosophie" des Rechts (mit einer "begreifenden Erkenntnis" gesellschaftlich-historisch-sittlicher Phänomene als allgemeines "Ideal" -> reale Entwicklungen von Rechtsgestaltungen -> Recht, Willensfreiheit, Moralität als "innere Freiheit des Wollens" -> Recht, Moral, Sittlichkeit in Staat und Gesellschaft), daneben: seine Vorlesungen/Vorlesungszyklen betreffend geschichtliche, über die Zeitlichkeit hinausgehende Aspekte der Philosophie (1820er-Jahre) als objektiver Philosophie des sich selbst erkennenden objektivierten, absoluten ("Welt"-) Geistes (Sinnhaftigkeit als Bedeutsamkeit der Weltgeschichte menschlicher Epochen [antikes Griechenland, "germanische Welt" des Mittelalters, Renaissance, Geschichte des mittleren und fernen Ostens] -> Freiheit, Fortschritt, Kunst und Ästhetik, Religion und Philosophie, Philosophiegeschichte [als "Vernunft in der Geschichte" der Antike, des Mittelalters, der Neuzeit, als Geistgeschichte von dem als objektiv verstandenen Geist der Antike hin zur modernen Subjektivität, als Übergang vom "endlichen" zum "absoluten Selbstbewusstsein"]) (nach: Zöller, Hegels Philosophie).
Zu Hegel s.: Gessmann, Martin (1999), Hegel (= Herder Spektrum Meisterdenker), Freiburg [i.Br.]-Basel-Wien [1999], 156 S., DM 16,80; Riedel, Manfred (1973), System und Geschichte. Studien zum historischen Standort von Hegels Philosophie (= es 619), Frankfurt a.M. 1973, 158 S., DM 5,- (mit den Beiträgen: Hegel und Marx. Die Neubestimmung des Verhältnisses von Theorie und Praxis; Fortschritt und Dialektik in Hegels Geschichtsphilosophie; Wissem, Glauben, Wissenschaft: Religionsphilosophie als kritische Theologie; Freiheitsgesetz und Herrschaft der Natur: Dichotomie der Rechtsphilosophie; Anthropologie bei Hegel und Marx); Zöller, Günter (2020), Hegels Philosophie. Eine Einführung (= BSR 2912), München 2020, 128 S., Zeittafel, € 9,95. [Buhlmann, 12.2020, 05.2021]

Hegele, Anton, Knüpfer, Steffi, Mundorff, Martin, Rueß, Karl-Heinz, Göppinger Geschichten. Von Menschen, Ereignissen und Bauwerken (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Göppingen, Bd.44), Göppingen 2005 > G Göppingen

Heger, Hedwig (1970), Das Lebenszeugnis Walthers von der Vogelweide. Die Reiserechnungen des Passauer Bischofs Wolfger von Erla, Wien 1970 > W Walther von der Vogelweide

Heiber, Helmut, Die Republik von Weimar (= dtv 4003), München 151982 > D dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts

Heidelberg, Universität: Im Jahr 1386 sollte mit Heidelberg die erste deutsche Universität durch Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz (1353-1390) gegründet werden, ausgestattet mit einem Stiftungsprivileg des römischen Papstes Urban VI. (1378-1389) und einer guten materiellen Grundlage. Gründungsrektor war der bedeutende Gelehrte Marsilius von Inghen (†1396). Es gab eine theologische und eine Artistenfakultät, beeinflusst von der via moderna. Universitätslehrer waren u.a. Matthäus von Krakau (†1410; Bischof von Worms 1405-1410) und Konrad von Soest (†1407), der Philosoph und Kirchenmann Nikolaus von Kues (†1464) studierte im Jahr 1416 in Heidelberg, der Kosmograf Sebastian Münster (†1552) studierte dort ebenfalls (1505/07) und war an der Universität Professor für Hebräisch (1524/29). Die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts kann für eine erste Blütezeit der Lehranstalt stehen. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) sah den Abtransport der berühmten Bibliotheca Palatina nach Rom (1623), eine gewisse Erholung Heidelbergs und seiner Universität nach dem Krieg (Wiedereröffung 1652) endete in der Zerstörung Heidelbergs im Pfälzer Krieg (1688-1697) (1688). Erst im 19. Jahrhundert konnte die Universität wieder Fuß fassen. Das 20. Jahrhundert war geprägt von der nationalsozialistischen Barbarei (1933-1945) und der Entwicklung hin zu einer Massen- (20. Jahrhundert, 2. Hälfte) und Exzellenzuniversität (2006). Zur Heidelberger Universität s. an Quellen und Darstellungen: Ritter, Gerhard (1936), Die Heidelberger Universität im Mittelalter (1386-1508). Ein Stück deutscher Geschichte, Heidelberg 21986, XIII, 533, 10 S., Abbildungen, DM 65,-; Sohn, Georg (1615), Rede vom Ursprung der Universität Heidelberg (1587), hg. v. Reinhard Düchting (1988), Heidelberg 1988, 13 S., Abbildung, DM N.N. [Buhlmann, 06.2005, 10.2008]

Heidemanns, Martin, Harbusch, Nikolaus (2012), Affäre Wulff. Bundespräsident für 598 Tage - Die Geschichte eines Scheiterns, [Berlin] 2012 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Heil, Dietmar (1998), Die Reichspolitik Bayerns unter der Regierung Herzog Albrechts V. (1550-1579) (= SHKBAW 61), Göttingen 1998, 685 S., DM 148,-. Herzog Albrecht V. (1550-1579), Sohn und (auf Grund der Primogenitur) einziger Nachfolger Herzog Wilhelms IV. von Nieder- und Oberbayern (1508-1550), katholisch-jesuitisch erzogen, hatte mit mäßigem Erfolg in Ingolstadt studiert (v.1544), trat ab 1545/46 als bayerischer Erbprinz in Erscheinung und nahm (wohl eher passiv) an den Regierungsgeschäften in der bayerischen Residenz Landshut teil. Nach der Regierungsübernahme (1550) agierte und regierte Albrecht indes mit politischem und - trotz einer hohen vom Vater ererbten Schuldenlast - finanziellem Geschick, so dass er die weitere territoriale Entwicklung seiner Landesherrschaft erfolgreich betreiben konnte und ihm - vor dem Hintergrund von Reformation und habsburgischem Kaisertum (Ferdinand I. [1556/58-1564], Maximilian II. [1564-1576], Rudolf II. [1576-1612]) - im bayerischen Raum bzw. Kreis und im Reich Einwirkungsmöglichkeiten offenstanden. Für die Politik des Herzogs spielten dessen Räte und Kanzler (Wiguleus Hundt, Georg Stockhammer; Simon Thaddäus Eck, Christoph Elsenheimer) eine wichtige Rolle. Im Einzelnen sind hinsichtlich der Reichspolitik Albrechts folgende Phasen festzuhalten: 1. Phase (1550-1557): "Ausklingen" der väterlichen Politik und Anlehnung Albrechts an Kurpfalz und Württemberg (Fürstenaufstand 1552, Passauer Vertrag 1552, Heidelberger Bund 1553, Markgrafenkrieg 1553/54), Anlehnung Albrechts an Habsburg-Österreich (Augsburger Religionsfrieden 1555, ständische Friedensordnung im bayerischen Kreis 1555/56, [katholischer] Landsberger Bund 1556), katholische Religionspolitik in Bayern; 2. Phase (1557-1572): Eck als bayerischer Kanzler, zunehmende Unterordnung der Reichspolitik Albrechts unter die bayerischen und katholisch-altgläubigen Interessen (katholische Reform im Herzogtum Albrechts, Versuch der Übernahme der pfälzischen Kur 1558/59), defensive Reichspolitik Ecks und zeitweise Anlehnung an Kursachsen (1560er-Jahre; Grumbach-Krise), Formierung einer katholischen Partei im Reich (ab 1565) und konfessionelle Blockbildung statt ausgleichender bayerischer Politik (niederländischer Aufstand 1566/67, westeuropäische Religionskriege 1567/69, kompromisslose Religionspolitik in Bayern 1569, weitgehend missglückte Umgestaltung des Landsberger Bundes [als Objekt katholischer Interessenpolitik] 1569, versuchter Ausgriff Albrechts auf das Kölner Erzbistum 1569/71, Speyerer Reichstag 1570), Scheitern der auswärtigen Politik Ecks (1572); 3. Phase (1572-1579): Elsenheimer als bayerischer Kanzler, zunehmende Abkehr Albrechts von der Reichspolitik (Bedeutungslosigkeit des Landsberger Bundes und des bayerischen Kreises), fehlender politischer Gestaltungswille, fehlende "konstruktive Mitgestaltung" des bayerischen Herzogs auf der Ebene des Reiches (stattdessen: Hauspolitik, Förderung der Gegenreformation, Territorialisierung Bayerns in Konkurrenz zu anderen Landesherrschaften). [Buhlmann, 02.2017]

Heilige des Christentums: Die christliche Religion ist ohne die Verehrung von Heiligen nicht denkbar. In der christlich(-katholisch)en Religion spiel(t)en die Heiligen eine überragende Rolle. Der Bogen christlicher Heiligenverehrung umfasst dabei - mit Brüchen - alle Epochen der Kirchengeschichte (Frühes Christentum - Reformation, Konzil von Trident - Aufklärung, Aufklärung - Gegenwart). Entstanden ist die Heiligenverehrung in der Frühzeit des Christentums wohl aus dem Grabkult (Petrusgrab unter St. Peter in Rom) und der Märytrerverehrung; gerade die Märtyrer galten als Fürsprecher der Christen bei Gott. Ausfluss von Heiligenkult und -verehrung war u.a. der Glaube an jene Reliquien, die man mit einem bestimmten Heiligen in Verbindung bringen konnte. Das konnten körperliche Überreste, also Haare, Fingernägel, Skelettteile u.a. sein, aber auch das Heiligengrab und Gegenstände, mit denen der Heilige in Berührung gekommen war oder die in Beziehung zu seinem Grab standen, so genannte Sekundärreliquien. Reliquientranslationen und aufwändige Reliquienpräsentationen sind von daher nicht nur für das Mittelalter belegt; auf Pilgerfahrten begaben sich Gläubige zu den Reliquien. Ikonografisch dazu gehör(t)en die Heiligendarstellungen, hagiografisch die Heiligenviten und -legenden. Innerhalb der katholischen Amtskirche bildete sich schließlich im hohen Mittelalter das Verfahren der Heiligenkanonisation an der römischen Kurie aus. Es lassen sich historische Schichten und Typen von Heiligen ausmachen: Märtyrer, Eremiten, Bekenner und Bischöfe, Ordensgründer und -mitglieder, Visionäre, Helfer und Seelsorger, Herrscher(innen), Heilige Familie.
Hinsichtlich der Heiligenverehrung im Christentum sei dann verwiesen auf: Angenendt, Arnold (1994), Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München 1994, 470, [16] S., DM 68,-; Beissel, Stephan (1890/92), Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland im Mittelalter (Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts. Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland während der zweiten Hälfte des Mittelalters), 1890, 1892, Nachdruck Darmstadt 1991, 334 S., DM 68,-; Dinzelbacher, Peter, Bauer, Dieter R. (Hg.) (1990), Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart, Ostfildern 1990, 379 S., Schwarzweißabbildungen, DM 64,-; Färber, Karl (1962), Heilige sind anders (= Herder-Bücherei 14), Freiburg-Basel-Wien 1962, 187 S., DM 2,50; Gemeinhardt, Peter (2010), Die Heiligen. Von den frühchristlichen Märtyrern bis zur Gegenwart (= BSR 2498), München 2010, 128 S., € 8,95; Meier, Esther (2010), Handbuch der Heiligen, Darmstadt 2010, 400 S., Schwarzweißabbildungen, € 19,95; Melchers, Erna, Melchers, Hans (1965), Das große Buch der Heiligen. Geschichte und Legende im Jahreslauf, bearb. v. Carlo Melchers (1978), Gütersloh-München 1978, 848 S., Farbtafeln, DM 36,-; Nigg, Walter (1973), Die Heiligen kommen wieder. Leitbilder christlicher Existenz. Elisabeth von Thüringen, Hedwig von Schlesien, Niklaus von Flüe (= Herder Tb 468), Freiburg i.Br. 61978, 160 S., DM 5,90; Pernoud, Régine (1988), Die Heiligen im Mittelalter. Frauen und Männer, die ein Jahrtausend prägten, Bergisch-Gladbach 1988, 368 S., Farbabbildungen, DM 48,-. Reclams Lexikon der Heiligen und biblischen Gestalten, hg. v. Hiltgart L. Keller (1968), Stuttgart 71991, 655 S., DM 29,80; Schütte, Albert (1923), Handbuch der deutschen Heiligen. Alphabetisches Verzeichnis der deutschen Heiligen, Seligen, Ehrwürdigen und Gottseligen, Köln 1941, 358 S., DM 50,-.
Von der bildenden Kunst (Malerei, Skulptur) her betrachtet Heilige und Heiligenlegenden (biblische, außerbiblische Quellen [Apokryphen], Legenda aurea des Jacobus de Voragine: Jesus Christus, Apostel Andreas, Johannes, Jakobus, Petrus, Bartholomäus, Evangelist Markus, Märtyrer Thomas von Canterbury, Sebastian, Georg, Christopherus, Laurentius, Mauritius, Dionysius, Bischöfe und Bekenner Nikolaus, Ambrosius, Silvester, Dominikus, Hieronymus, Franziskus, Martin, Frauen Lucia, Agatha, Margareta, Maria, Maria Magdalena, Ursula, Elisabeth) Wetzel, Christoph (2011), Heiligenlegenden in der bildenden Kunst (= RUB 18704), Stuttgart 2011, 295 S., Schwarzweißabbildungen, € 9,-. [Buhlmann, 11.1991, 12.2001, 12.2010, 12.2013, 06.2014, 01.2019]

Heiligenbronn, Kloster, karitativ-kirchliche Einrichtung: I. In (Schramberg-) Heiligenbronn bestanden wahrscheinlich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts ein Weiler sowie die Burg Lichtenau. Letztere wurde von den Burgherren nach 1353 verlassen - diese siedelten sich im Bernecktal an -, während der Weiler noch bis nach 1444 existierte. Daneben gab es das Lichtenauer Gotteshaus, eine Filiale der Pfarrkirche in Dunningen. Ausgangspunkt für die weitere kirchliche Entwicklung in Heiligenbronn war indes die Ansiedlung des Tertiars Konrad, eines Mit-glieds des franziskanischen dritten Ordens aus Villingen, im Jahr 1385. Ein Bildstock der Mutter Gottes bzw. ein 1442 angefertigtes Gnadenbild Marias wurden in der Folgezeit spiritueller Mittelpunkt von Marienverehrung und Wallfahrt. Eine 1450 errichtete Marienkapelle, der sich bald eine Wallfahrtskirche anschloss, ein Pilgerhaus von 1463/64 und die zwischen 1467 und 1493 erfolgten Ablässe des Konstanzer Bischofs förderten zunächst die Wallfahrt nach Heiligenbronn, doch zogen sich die Villinger Franziskaner u.a. aus finanziellen Gründen zurück (1532), Heiligenbronn war von 1529 bis 1553/54 Lehen des Ludwig von Rechberg, der Ort wurde in der Landenbergischen Fehde von der Reichsstadt Rottweil zu einem beträchtlichen Teil zerstört (1538). II. Eine neue Entwicklung nahm Heiligenbronn, als der katholische Priester David Fuchs (†1885) dort 1857 ein Kloster gründete, das als sozial-karitative Einrichtung noch heute besteht und franziskanische Tertiarinnen beherbergt. Seit 1991 gibt es die Stiftung "St. Franziskus Heiligenbronn", die neben Heiligenbronn im Bistum Rottenburg-Stuttgart noch 15 weitere kirchliche Einrichtungen betreibt.
Zu Heiligenbronn vgl.: Kirchengemeinde Heiligenbronn (Hg.) (1995), Festschrift anläßlich der Einweihung des neuen Kindergartens und des Gemeinderaumes St. Gallus der Kirchengemeinde Heiligenbronn am 03. September 1995, Heiligenbronn [1995], 48 S., Schwarzweißabbildungen, DM N.N.; Windhab, Ulrich (2007), Wallfahrt und Wohlfahrt. Die Geschichte von Heiligenbronn und seinem Kloster, Ostfildern 2007, 198 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Pläne, € 20,-. [Buhlmann, 10.2021]

Heiligenbronn: Kirchengemeinde Heiligenbronn (Hg.) (1995), Festschrift anläßlich der Einweihung des neuen Kindergartens und des Gemeinderaumes St. Gallus der Kirchengemeinde Heiligenbronn am 03. September 1995, Heiligenbronn [1995] > H > Heiligenbronn

Heiliges Land, Kanaan und Palästina als terra sancta: I. Begriff: Das "Konzept" des Heiligen Landes als Gebiet biblischen, alt- und neutestamentlichen Heilsgeschehens (angebliche Auffindung des Christuskreuzes durch Kaiserin Helena, [himmlisches] Jerusalem) entwickelte sich mit dem Aufstieg des Christentums zur maßgeblichen Religion im römischen Reich (4. Jahrhundert) und blieb als Teil christlicher Religion und gelehrten Diskurses sowie als Ziel christlicher Pilger auch im Mittelalter relevant. U.a. im Rahmen von Kreuzzügen und christlichen Kreuzfahrerstaaten in der Levante (1096-1291) war der Begriff des Heiligen Landes als Gebiet des Aufeinandertreffens der drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam zusätzlich religiös-politisch aufgeladen. In früher Neuzeit und Moderne war das Heilige Land insbesondere Ziel von adligen und bürgerlichen Bildungsreisen, ab dem 20. Jahrhundert spielt der biblische Tourismus nach Israel eine große Rolle. Auf die biblische Grundlegung des Heiligen Landes als antik-jüdische Geschichte soll daher im Folgenden der Schwerpunkt liegen. II. Als Epochen der Vor- und Frühgeschichte können genannt werden: Altpaläolithikum (-ca.70000 v.Chr.), Jungpaläolithikum (ca.70000-14000 v.Chr.), Mesolithikum (ca.14000-8000 v.Chr.), Neolithikum (ca.8000-4000 v.Chr.), Chalkolithikum (ca.4000-3100 v.Chr.), frühe Bronzezeit (ca.3100-2100 v.Chr.), mittlere Bronzezeit (ca.2100-1600 v.Chr.), späte Bronzezeit (ca.1600-1200 v.Chr.), Eisenzeit (ab ca.1200 v.Chr.). Palästina war in Bronze- und (früher) Eisenzeit eingebunden in das System der altorientalischen Mächte wie Ägypten, Babylonien, das Hethiterreich usw. Für die mittlere und späte Bronzezeit lässt sich in Palästina ein "kanaanitisches Stadtstaatensystem" unter der Vorherrschaft des ägyptischen Neuen Reiches (1550-1069 v.Chr.) ausmachen (Thutmosis III., Armanazeit, Ramses II.). Die politische Korrespondenz der Pharaos Amenophis IV. (1377-1358 v.Chr.) nennt "Hebräer" (?), die Siegesstele des Pharaos Merenptah (1213-1203 v.Chr.) "Israel". "Seevölkersturm" (12. Jahrhundert v.Chr., Anfang) und Niedergang der kanaanitischen Kleinstaaten (12. Jahrhundert v.Chr.) führten ab dem eisenzeitlichen 11. Jahrhundert v.Chr. zu einer stärkeren Besiedlung des palästinensischen Berglands ("Protoisraeliten"? mit kanaanitischer Kultur, "Stämme"). III. Jüdische Geschichte in der Antike: Die biblischen Erzählungen eines israelitischen (Gesamt-) Königreichs unter den König David und Salomo können nur insofern bedingt herangezogen werden, als dass für das 10. und noch 9. Jahrhundert von einer "segmentären Dorfgesellschaft" und "Häuptlingstümern" ausgegangen werden kann; Letztere bestimmten die geringe "Staatlichkeit" der Herrschaftsbildung Davids (10. Jahrhundert v.Chr., 1. Hälfte; Jerusalem als Residenz) und Salomos (10. Jahrhundert v.Chr., Mitte; erster Jhwh-Tempel?) über das palästinensische Bergland. Das mithin wenig gefestigte israelitische "Königreich" zerbrach im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts v.Chr. ("Reichsteilung"); es entstanden unter zunehmender staatlicher Konsolidierung die Königreiche Israel und Juda, wobei Israel zunächst die bedeutsamere Staatenbildung war. Unter den Königen Omri (882-871 v.Chr.) und Ahab (871-852 v.Chr.) aus der Omridendynastie wurde Israel zu einer Regionalmacht in der südlichen Levante mit Samaria als Hauptstadt, der zeitweisen Abhängigkeit des Südreichs Juda vom Nordreich und einem Ausgreifen des Nordreichs auf Regionen östlich des Jordan (Aramäer von Damaskus, Moabiter). Mit dem Ausftieg des Neuassyrischen Reiches (1. Jahrtausend-612 v.Chr.) begann die Phase sich steigernder Abhängigkeit Israels von den assyrischen Königen ab König Jehu (845-818 v.Chr.) und unter den weiteren Herrschern aus der Jehu-Dynastie. Zahlreich waren die Kriege Israels gegen die Aramäer (9. Jahrhundert v.Chr., 2. Hälfte-8. Jahrhundert v.Chr., Anfang). Unter König Jerobeam II. (787-747 v.Chr.) hatte das Reich nochmals eine Blütezeit. Seit König Menachem (747-738) war Israel Vasall Assyriens (Tributzahlungen); ein Aufstand Israels und anderer Königreiche brach im "syrisch-ephraimitischen" Krieg zusammen (734/33 v.Chr.). König Hosea (732-722 v.Chr.) war der letzte israelitische Herrscher, ein Herrscher über einen Rumpfstaat, der mit der Eroberung Samarias durch den Assyrerkönig Sargon II. (722-705 v.Chr.; Salmanassar V. [?, 727-722 v.Chr.]) zu seinem Ende kam (722 v.Chr.; Deportationen?). Israel wurde zur assyrischen Provinz Samerina/Samaria. Im Südreich Juda regierten durch die Jahrhunderte Könige aus dem "Haus David". Juda war von einem Kriegszug des Pharaos Scheschonq I. (ca.945-924) betroffen (920er-Jahre) und stand teilweise in Abhängigkeit von Israel bzw. von den Aramäern (9./8. Jahrhundert v.Chr.). Noch vor dem Ende des Nordreichs war der judäische König Ahab (741-725 v.Chr.) ein Vasall des assyrische Reiches geworden, sein Sohn Hiskia (725-697 v.Chr.) konnte unter diesen Bedingungen gleichwohl die Macht seines Königtums stärken; die Residenzstadt Jerusalem mit dem Tempel wurde erweitert und ausgebaut, die Verwaltung gestärkt. Nach dem Tod des Assyrerkönigs Sargon (705 v.Chr.) scheiterte ein Aufstand Hiskias und seiner Verbündeten (705/01 v.Chr.); der neue Assyrerkönig Sanherib (705-681 v.Chr.) belagerte Jerusalem und erpresste Tributzahlungen (701 v.Chr.). Trotzdem erlebte das Königreich Juda in der Folgezeit einen weiteren wirtschaftlichen und politischen Aufschwung (7. Jahrhundert v.Chr.), der sich auch in kulturell-religiösen Einflüssen Assurs bemerkbar machte (judäische Jhwh-Verehrung). Der Zusammenbruch der assyrischen (Ober-) Herrschaft in Palästina und das Ende des Neuassyrischen Reiches (612 v.Chr.) brachten den Wechsel Judas unter die Oberherrschaft der ägyptischen Pharaonen (König Josia [640-609 v.Chr.], josianische Reformen des Tempelkults; Pharao Necho II. [610-594 v.Chr.]). Schließlich stand das Südreich zwischen Ägypten und dem Neubabylonischen Reich Nebukadnezars (605-562 v.Chr.), der Jerusalem belagerte (597 v.Chr.; Deportationen, Tempelschatz als Tribut), den judäischen König Zedekia (597-587 v.Chr.) einsetzte und schließlich nach erneuter Belagerung Jerusalem (und andere Orte in Juda) zerstörte (589/87 v.Chr.; Deportationen). (Benjamin-) Juda wurde zur Provinz im Neubabylonischen Reich; der Teil der Judäer, der deportiert wurde, richtete sich im babylonischen Exil ein. In der Provinz Benjamin-Juda lag der wirtschaftliche und politische Schwerpunkt im Gebiet Benjamin (6./5. Jahrhundert v.Chr.; Hauptort Mizpa), die Provinz unterstand einem Statthalter (Landreform; Aufstand gegen Gedalja 582 v.Chr.; Prophet Jeremia), die Einflussnahme der babylonischen Könige war gering, es bestand eine Doppelverwaltung unter dem Statthalter bzw. in einem sich entwickelnden benjaminitisch-judäischen Gemeinwesen, das sich Gesetze und eine geschichtliche Überlieferung gab (6. Jahrhundert v.Chr., 2. Hälfte; Abfassung des Pentateuch [Bundesbuch, Gerichtsbarkeit]). Mit dem Ende des Neubabylonischen Reiches (539 v.Chr.) begann die persische Zeit der Provinz Jehud (Benjamin-Juda) bei Beibehaltung der Verwaltungsdoppelstruktur mit der Rückkehr von babylonischen Exulanten nach Juda (unter dem persischen Großkönig Dareios I. [521-486 v.Chr.]), dem Jerusalemer Tempelbau (zweiter Jhwh-Tempel) sowie der Entwicklung zu einem Tempelstaat. Das judäische Gemeinwesen definierte sich bei Volksversammlung, Ältestenrat und Priesterschaft (Hohepriester) auf der Grundlage des damals entstandenen Gesetzbuchs des Deuteronomium (Ämtergesetze, Priestergesetz, Heiligtumsgesetze). Bis in die 420er-Jahre v.Chr. übte Nehemia die Statthalterschaft über die judäische Provinz aus (Sozialreformen Nehemias, Jerusalemer Stadtmauer?), daneben existierte die persische Provinz Samaria, die wirtschaftlich und politisch Juda beeinflusste. Im 4. Jahrhundert v.Chr. erlebte der Jerusalemer Tempelstaat eine Blütezeit, als der Perserkönig Artaxerxes II. (404-359 v.Chr.) den Jhwh-Tempel privilegerte ("Artaxerxes-Edikt" als Befreiung von Steuern und Abgaben [4. Jahrhundert v.Chr., Ende?]); Tempel, Tempelpriester und -bedienstete unter dem Hohenpriester waren Teil einer "Bürger-Tempel-Gemeinde", die zudem als laikales Element über einen Ältestenrat (Gerusie [später als Synhedrion]) verfügte. Mit der Eroberung Syrien-Palästinas (Koilesyrien) durch den makedonischen König Alexander den Großen (336-323 v.Chr.) trat der judäische Tempelstaat in die Epoche des Hellenismus ein (332 v.Chr.; niedergeschlagener Aufstand in Samaria). Verfassung und Verwaltung des Tempelstaats blieben im Wesentlichen unverändert, nach den Diadochenkriegen (323/01 v.Chr.) kam Judäa unter ägyptisch-ptolemäischer Herrschaft, die aber in der Folge der fünf Syrischen Kriege gegen das Seleukidenreich (274-271, 260-253, 246-242, 221/19-217, 202-198/94 v.Chr.) immer wieder gefährdet war (proptolemäische, proseleukidische Strömungen im Tempelstaat [Tobiadenclan, Oniaden]; Hellenisierung Judäas; seleukidische Eroberung im Fünften Syrischen Krieg). Unter dem Seleukidenherrscher Antiochios III. dem Großen (223-187 v.Chr.) blieb der Tempelstaat als solcher zunächst erhalten (Teilautonomie, Hohepriester als Ethnarch). Unter König Antiochos IV. Epiphanes (175-164 v.Chr.) eskalierten im Zusammenhang mit dem Scheitern der Eroberung Ägyptens durch den Herrscher (Sieg bei Pelusium 170 v.Chr., römisches Eingreifen 169 v.Chr.) innerjudäische Spannungen (Hellenisierung, Reformer <-> Tempelstaat, Traditionalisten), die die Selekeudenherrschaft in Frage stellten und zur Unterwerfung des Tempelstaats durch den seleukidischen General Apollonios führten (167 v.Chr.; "Religionsverfolgung" und Zwangshellenisierung Judäas?). Letzteres provozierte im (durch Thronkämpfe geschwächten) Seleukidenreich den Makkabäeraufstand (167-139/38 v.Chr.) unter Judas, Jonathan und Simon Makkabäus; Simons Sohn Johannes Hyrkanos I. (135-104 v.Chr.) gelang die Begründung der Hasmonäerdynastie und -herrschaft über Judäa, die in der Folgezeit erweitert und ausgestaltet werden konnte (politische Eigenständigkeit Judäas, hasmonäische Expansion [Samaria, Galiläa, Kontrolle von Städten am Mittelmeer, Einbeziehung von Landschäften östlich des Jordan]; Königstitel des Alexander Jannaios [103-76 v.Chr.]). Dabei beeinträchtigten innere und dynastische Spannungen die Hasmonäerherrschaft (Sadduzäer, Pharisäer, Essener als aufkommende religiös-politische Gruppen; Regentin Salome Alexandra [76-67 v.Chr.], Aristobulos II. [67-63 v.Chr.]). Die römische Neuordnung des östlichen Mittelmeerraums unter Pompeius (63 v.Chr.) beseitigte das hasmonäische Königtum und das erbliche Hohepriestertum bei nur loser Angliederung des auf Judäa reduzierten Tempelstaats als römisches Klientelfürstentum (Aufstände von Hasmonäern gegen Rom [57, 56 v.Chr.], Partherinvasion [40/37 v.Chr.]). Unter römischer Kontrolle konnte sich der Idumäer Herodes der Große (40/37-4 v.Chr.) bei Beseitigung letzter hasmonäischer Herrschaftsansprüche als Tetrarch und König in Judäa durchsetzen. Als römischer Klientelkönig betrieb Herodes unter erfolgreicher Ausschaltung seiner politischen Gegner (Schreckensherrschaft) eine Politik der Romanisierung bei Einschränkung jüdischer Kultur und der Macht des Hohepriesters (Kaiserverehrung, Bautätigkeiten [Caesarea Maritima, Jerusalemer Tempel und Tempelbezirk]). Die Herodessöhne Archelaos (4 v.Chr-6 n.Chr.), Philippos (4 v.Chr.-34 n.Chr.) und Herodes Antipas (4 v.Chr.-39 n.Chr.) herrschten nur noch über Teile des Reiches ihres Vaters (römische Provinz mit Judäa, Samaria und Idumäa unter Statthaltern [Volkszählung 6 n.Chr., Pontius Pilatus 26-36 n.Chr.], Tetrarchie des Antipas [Galiläa, Peräa], Tetrarchie des Philippus [Gebiete östlich des Jordan]). Gravierende wirtschaftliche Fehlentwicklungen riefen damals politische Widerstands- und religiöse Erneuerungsbewegungen hervor (Jesus Christus, Christen u.a.). Der römische Kaiser Caligula (37-41 n.Chr.) griff mehrfach in die labilen politisch-religiösen Zustände in Palästina ein (Einsetzung des Herodesenkels Herodes Agrippa I. [37/39-44 n.Chr.], Absetzung des Herodes Antipas 39 n.Chr., Caligulakrise 39/41 n.Chr.). Herodes Agrippa II. (50-70 n.Chr.) regierte in Teilgebieten Palästinas, während sich in der römischen Provinz die wirtschaftlichen und religiösen Spannungen in innerjüdischen Konflikten (Zeloten) und im jüdischen Aufstand gegen die römische Herrschaft (66-70/73 n.Chr.) entluden (römische Belagerung und Eroberung Jerusalems 69/70 n.Chr. [Zerstörung des Jhwh-Tempels], Eroberung der Bergfestung Masada 73 n.Chr.; römischer Titusbogen). Nach dem Aufstand wurde eine kaiserliche Provinz Judäa gegründet, eine römische Legion erhielt Jerusalem als Standplatz. Die durch die Tempelzerstörung stattfindende Aufwertung jüdischer Laiengelehrsamkeit führte zum Aufstieg der jüdischen Rabbiner (rabbinische "Lehrhäuser" in Jabne [70/135 n.Chr.] und Uscha [135/70 n.Chr.; Sanhedrin]; rabbinisches Patriarchat). Jüdische Unruhen gab es weiterhin zurzeit des Partherkrieges Kaiser Trajans (98-117) (Eingliederung des Nabatäerreiches und römische Provinz Arabia 106, römische Besetzung Armeniens und Mesopotamiens 114/17 n.Chr.), schließlich endete der aus sozialen und religiösen Verwerfungen entstandene Bar Kochba-Aufstand unter Simon ben Kosiba mit der Niederschlagung durch die römische Besetzungsmacht (132/35), einhergehend mit der Neugründung Jerusalems als römische Aelia Capitolina (mit Jupiterheiligtum) und der vereinigten Provinz Syria-Palestina. Die Juden waren nun vollständig der römischen Herrschaft unterworfen und erhielten mit der Constitutio Antoniniana (212) das römische Bürgerrecht. Für die folgenden römischen Jahrhunderte ist von einer weitgehend friedlichen Entwicklung in Palästina auszugehen, wobei die jüdische eine Minderheit unter einer zunehmend christlich werdenden Bevölkerung (Konstantinische Wende, christliche Spätantike) war. Unter Kaiser Justinian I. (527-565) kam es zu einem Aufstand der Samariter (529). Die oströmisch-byzantinische Herrschaft über Palästina kam zu ihrem Ende nach einem persisch-sassanidischen Zwischenspiel (614-627) durch die islamische Eroberung (637/38). IV. Islam: Seit dem 7. Jahrhundert war Palästina Teil des islamischen Kulturbereichs u.a. des Omaijaden- und Abbasidenkalifats, Jerusalem wurde zu einer Stadt der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum, Islam. Mit dem Zerfall des Abbasídenkalifats (10./11. Jahrhundert) traten in Palästina das byzantinische Reich (Feldzüge Kaiser Johannes I. Tzimiskes [969-976] nach Akkon und Tiberias) und islamische Mächte (Seldschuken, seldschukische Eroberung von Jerusalem 1071) in Erscheinung. Die christlichen Kreuzfahrerstaaten in der Levante - Grafschaft Edessa (1098-1144), Fürstentum Antiochien (1098-1268), Königreich Jerusalem (1099/1100-1291), Grafschaft Tripolis (1109-1289) - nahmen Bezug auf das "Heilige Land" und auf die durch die biblische Geschichte vollzogene heilsgeschichtliche "Aufladung" Palästinas (Mit- und Gegeneinander von Christen, Juden und Muslimen in Palästina). Mit dem Ende der Kreuzfahrerstaaten (1291) war Palästina Teil des Mameluckenreichs in Ägypten und Syrien. Die Schlacht bei Aleppo (1516) mit dem Sieg des osmanischen Sultans Selim I. (1512-1520) über die Mamelucken leitete die türkisch-osmanische Herrschaft über Syrien, Palästina und Agypten ein. Palästina blieb Teil des osmanischen Reiches bis zum Ersten Weltkrieg (1914-1918). V. Das britische Mandat über Palästina (1920) und die Entstehung des modernen Staates Israel (1948) prägen die Geschichte Palästinas ab dem 20. Jahrhundert. VI. Kulturstätten des Heiligen Landes sind dann: Abu Gosh, Akko, Askalon, Bar'am, Be'er Sheva, Berg der Versuchung, Berg Tabor, Bet Alfa, Bet She'an, Bet She'arim, Betanien, Betlehem, Betsaida, Caesarea, Caesarea Philippi, Elat, Emmaus, En Gedi, En Hemed, En Kerem, Gibeon, Haifa, Hattin, Hebron, Herodeion, Jericho, Jerusalem (Altstadt, Tempelberg, Berg Zion, Kidrontal, Ölberg), Kana, Kapernaum, Karmel, Lachish, Latrun, Lydda, Masada, Megiddo, Montfort, Na'aran, Nazaret, Netanya, Qumram, Ramla, Safed, Samaria, Sedom, See Gennesarat, Sichem, Teiche Salomos, Tel Aviv, Tel Gezer, Tel Hazor, Tiberias, Totes Meer u.a.
Vgl.: Bernartz, Johann Martin (1841/55), Bilder aus dem Heiligen Land, erl. v. Gotthilf Heinrich von Schubert, Stuttgart 1992, 48 S., Farbabbildungen der Stiche, DM 45,-; Gorys, Erhard (1984), Das Heilige Land. Historische und religiöse Stätten von Judentum, Christentum und Islam in dem 10000 Jahre alten Kulturland zwischen Mittelmeer, Rotem Meer und Jordan (= DuMont Kunst-Reiseführer), Köln 71988, 494 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Zeittafel, Pläne, Karten, DM 39,80. > I Israelische Geschichte, Moderne, > J Jüdische Geschichte, Antike, > K Kreuzzüge [Buhlmann, 07.2018, 07.2021]

Heiligmann, Karin (1992), Sumelocenna - Römisches Stadtmuseum Rottenburg am Neckar (= Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg, Bd.18), Stuttgart 1992 > R Rottenburg

Heimat als Begriff zur geografisch-gesellschaftlich-kulturellen Verortung von menschlichen Individuen: Der deutsche Begriff "Heimat" erlebte und erlebt im deutschen Sprachraum seit dem 17. Jahrhundert bzw. der Moderne (19.-21. Jahrhundert) immer wieder Konjunkturen vor dem Hintergrund sozialen Wandels. Offensichtlich erweckt der Begriff im deutschen Sprachraum immer wieder positive Konnationen, die u.a. von der Politik (und deren jeweiliger Deutungshoheit) besetzt und/oder missbraucht wurden und werden (Nationalismus, Nationalsozialismus, Populismus). Mit "Heimat" verbunden wurde und wird daher ein subjektiv-positives Gefühl mit seinen geografisch-materiellen Bezügen und Erinnerungen, so dass Heimat mit Bodenständigkeit, Bewahrung, Begrenzung, Gemeinschaft zu tun hat, aber auch mit irrationalen und illusionären Gefühlen zu tun hat. Heimat beschreibt damit als Heimatbewusstsein eine je eigene kulturelle, in der regionalen Landschaft verankerte Identität von Menschen. Heimat als Umschreibung einer in seinen historischen Dimensionen statisch begriffenen Regionalität (Heimatliebe) muss indes vor dem Hintergrund des Vorhandenseins vielfältiger kultureller Identitäten und des geschichtlichen Wandels von Gesellschaften z.B. durch ein "überregionales Verständnis von Heimat" modifiziert werden (Heimatkritik) (nach: Krug, Nora (2018), Heimat. Ein deutsches Familienalbum, München 2018; Scharnowski, Susanne (2019), Heimat. Geschichte eines Missverständnisses, Darmstadt 2019). Schließlich ist noch auf die Bezüge zwischen Heimat und Kultur-, Orts- und Regionalgeschichte zu verweisen.
Vielfältig ist die "Heimatliteratur": Liebing, Jürgen (Hg.), Heimat deine Heimat. Ein Lesebuch (= SL 400), Darmstadt-Neuwied 1982, 157 S., DM 12,80. [Buhlmann, 07.2021]

Heimat- und Bürgerverein Kaiserswerth. Museum Kaiserswerth. Dokumente zur Vereinsgeschichte, hg. v. Wilhelm Mayer, beschäftigt sich mit dem Geschehen beim und der Geschichte des 1949 gegründeten Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth und des 1984 gegründeten Museums Kaiserswerth.
Bisher sind erschienen: H.1 (2014): Mayer, Wilhelm, 65 Jahre Heimat- und Bürgerverein Kaiserswerth 1949-2014, Düsseldorf-Kaiserswerth 2014, 40 S., Schwarzweißabbildungen, € 4,-; H.2 (2014): Mayer, Wilhelm, 30 Jahre Museum des Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth 1984/1991-2014. Dokumentation über 30 Jahre Ausstellungen zur Geschichte Kaiserswerths und zu Künstlern des Düsseldorfer Nordens, Düsseldorf-Kaiserswerth 2014, 32 S., Farb- und Schwarzweißabbildungen, € 4,-; H.3 (2014): Mayer, Wilhelm, Veröffentlichungen und sonstige Schriften des Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth. Zusammenstellung der verschiedenen Schriftenreihen und sonstigen verkäuflichen Schriften zur Geschichte Kaiserswerths und zu Künstlern des Düsseldorfer Nordens, Düsseldorf-Kaiserswerth 2014, 10 S., Farb- und Schwarzweißabbildungen, € 2,-. Beispielhaft für die im Museum Kaiserswerth veranstalteten Kunstausstellungen seien genannt: Witte, Hartmut (2016), Friederich Werthmann in der Villa Vessel, Bad Honnef 2016, 48 S., Schwarzweißfotos der Stahlplastiken; Witte, Hartmut (2017), Friederich Werthmann: Stahl. Poesie. Dynamik, Bad Honnef 2017, 48 S., Schwarzweißfotos der Stahlplastiken. [Buhlmann, 03.2015, 09.2018]

Heimatblättle, Heimatbote ist die heimatkundliche Zeitschrift des Vereins für Heimatgeschichte e.V. St. Georgen im Schwarzwald und des Geschichtsvereins Buchenberg e.V. Einem mitunter mäßigen Inhalt steht gewöhnungsbedürftiges Layout gegenüber. U.a. sind erschienen: Heimatbättle Jg.1992 [3], St. Georgen 1992, 40 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: 20 Jahre Verein; Fahrten nach Hirsau, Langenschiltach, Ottobeuren, Ramsen; Der "alte Frankfurter"; Vom alten Galgenhof); Heimatbättle Jg.1993 [4], St. Georgen 1993, 52 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Die St. Wendelins-Kapelle in Oberkirnach; S'Sorgekind: Die Kobismühle (Gedicht in Mundart); Auf der Suche nach der ursprünglichen Entstehung des Klosters St. Georgen; Abendlicher Besuch beim römischen Gutshof in Fischbach; De Bluemeschmuckwettbewerb in on om Sanderge rom; Ausflug des Vereins für Heimatgeschichte St. Georgen am 29. August 1993; Wer kennt sich aus? Rätsel; Eine kindliche Betrachtung und Beschreibung der Lorenzkirche; 'Zuegloffe in Menchwieler' (Gedicht in Mundart); Höfe um St. Georgen: 'Vogelmartinshof'; Phonomuseum St. Georgen; Theil - und Verwieß- Zettel; Geschichtliches von 1959: Erhaltung des Klosterkellers; Nachahmenswert: Der Lehrer Willi Dold; Kleine Jubiläumsfeier unseres Vereins für Heimatgeschichte; D'r Stockwald isch elektrisch jetz; Sylvesterglocken); Heimatbättle Jg.1994 [5], St. Georgen 1994, 44 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Die St. Wendelins-Kapelle in Oberkirnach; Die St. Wendelins-Kapelle in der Schwäb. Reformationsgeschichte; Die St. Wendelins-Kapelle im Buch 'Urquell der Donau'; Strohflechterei in St. Georgen - Brigach-Bote 1934; Darstellung der Strohflechterei im Heimatmuseum - Brigach-Bote l935; Geschichtsbewußtsein? Damals wie heute? Aufruf am 11.4.1921; Alt St. Georgen erwache - Brigach-Bote 1935; Das Nonnenkloster Amtenhausen im Spiegel der Korrespondenz mit den Äbten von St. Georgen; Ausflug des Vereins für Heimatgeschichte ins Elsaß; Die Ruine der alten Klosterkirche der Benediktiner von St. Georgen auf dem Schwarzwald; Rätsel; Kopie der Originalschrift von Pfarrer Ledderhose); Heimatbättle Jg.1995 [6], St. Georgen 1995, 52 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Kobismühle; Württembergisch-fürstenbergische Grenzprobleme im Bereich Oberkirnach; Übersetzung eines Kaufvertrages aus dem Jahre 1842; Handschriften aus der einstigen Klosterbibliothek; Mittelalterliche Bannfahrt); Heimatbättle Jg.1997 [8]: 25 Jahre Verein für Heimatgeschichte e.V. St. Georgen/Schwarzwald, St. Georgen 1997, 88 S., Abbildungen, DM 8,- (enthält u.a. die Beiträge: Zum Jubiläum; Anfänge des Vereins für Heimatgeschichte e.V. St. Georgen; 25 Jahre Vereinsarbeit; Fundbericht (Stein aus der Klosterzeit); Vor dem Untergang bewahrt (die alte Feuerwehrspritze); Gedichte verschiedener St. Georgener; Die Revolte der bäuerlichen Hintersassen des Klosters St. Georgen (1524/1525); Mühlentag an der Kobismühle; Kobismühle (Gedicht zur vollendeten Restaurierung); Ausflug nach Cluny); Heimatbättle Jg.1998 [9], St. Georgen 1998, 44 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Die ehemalige Abtei von Graufthal; Sinnspruch; Sitz und Stimme; Sinnspruch; Die Revolution von 1848-1849 in St. Georgen; Waldenburg, Balkon Hohenlohes; Sinnspruch; Mii Muettersproch; Alte Strickkunst; Alte Annoncen (Brigach-Bote)); Heimatbote 10 (1999), St. Georgen-Buchenberg 1999, 80 S., Abbildungen, DM 10,- (enthält u.a. die Beiträge: Hunde in der Kirche; Ergänzung zum Heimatblättle 1998; Das Naturwunder des Kirchhofs zu Buchenberg; Michael Buhlmann, Besitz des Klosters St. Georgen in der Zeit von 1084-1179; Die Revolution vor 150 Jahren (bad. Revolution); Bericht der Hirschwirtin Chr. Haas über die Zeit 1848-1849; St. Georgen um 1860: Handwerker und Häuser; Flurnamen in Buchenberg und ihre Bedeutung; Berufe und Namen in Buchenberg; Alraune, die Zauberwurzel; Der Heidenstein bei Triberg, eine alte Landmarke der Baar; 10 Jahre Dorfmuseum Buchenberg; Wilhelm im Turm, ein St. Georgischer Lehensmann in Schaffhausen; Abt Gaissers Protokoll von 1633 über Verbleib von Wertgegenständen; Sprache lebt. Dialektstammtisch in St. Georgen); Heimatbote 11 (2000), St. Georgen-Buchenberg 2000, 88 S., Abbildungen, DM 10,- (enthält u.a. die Beiträge: Wahl zum Dorfvogt im Flecken St. Georgen Anfang Mai 1728; Kein Stein fällt vom Himmel; Sinnspruch; Kunsthistorischen Werke in der Nikolauskirche Buchenberg; Die Museen in Buchenberg und Hornberg erhalten großes Lob; Denkmalschutz der Schlüssel zur Geschichte; Tagebuchaufzeichnungen über den Besuch des Württ. Herzogs Karl Eugen; Geschichtliches Erbe und Tradition gegenwärtig zu halten; Alte Akten; Ein Bauer als Fuhrunternehmer; Die 1729 festgesetzte Steuerveranlagung der privaten Gebäude in St. Georgen; Ein Lesebuch der Schule nach 1945; Wer urtümliche Landschaften erhalten hilft; Das Kondominat Buchenberg des Herzogtums Württemberg und der Reichsabtei Rottenmünster im Dreißigjährigen Krieg; Alte Gewann-Namen in St.Georgen (aus einem Güterbuch von 1600); D'Harzlochfrieder; Rezepte aus einer alten St. Georgener Handschrift); Heimatbote 12 (2001), St. Georgen-Buchenberg 2001, 92 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Mit dem Schiff über den Schwarzwald; Die wahre Donauquelle; Schuldverschreibung von Peterzeller Einwohnern; Urkunden zur Geschichte der Peterzeller Säge; Unerlaubter Waldverkauf; 'und vermutlich gar ein Hexenmeister'; Der Jungbauernhof in Buchenberg; Ein Kornspeicher in Oberkirnach; Rosenfeld; Dialektwörter und Redewendungen; Bürgerrechte und Bürger von St. Georgen in der Mitte des 17. Jahrhunderts; Das Kloster St. Marx); Heimatbote 13 (2002), St. Georgen-Buchenberg 2002, 92 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Amtenhausen, ein Tochterkloster von St. Georgen; Prior und Abt Cölestin Wahl; Heimat; Aus der Früh- und Vorgeschichte von Buchenberg; Untere Pregetz Linden- und Donishof; Eine alte Hof- Verkaufs- Urkunde von 1761 (Donishof); Ehehalten (Dienstboten) vor hundert Jahren; Ein Heiratsvertrag vom Jahre 1768; Der St. Georgener Klosterbrunnen; Sinnspruch; Erst Bildstock, dann Gedenkstein; Der Großbrand von 1865 in St. Georgen; Geschenk für die Mutter oder Zeugnis tiefen Glaubens; Klosterbote; Klosterspuren (Bericht zur Ausstellung in der Lorenzkirche); Sinnspruch; Pflügender Bauer; D' Küechli); Heimatbote 14 (2003), St. Georgen-Buchenberg 2003, 96 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Geschichte von Buchenberg; Die Wasserversorgung von Buchenberg; Der Bartleshof in Buchenberg; Das Stabswirtshaus Krone in Buchenberg, Das neue Lapidarium; Das St. Georgener Tochterkloster Urspring; Michael Buhlmann, Inklusen im Kloster Amtenhausen (12.-16.Jh.?); Besuch von Villinger Konventualen in St. Georgen; Anfänge der Georgsverehrung in Palästina (6.-7.JH.); Im Hochwald; Die Pfarrfrau Anna Hofheinz-Gysin; Der Glashöferle; Scheitholzflößerei im Stockwald und in der Nachbarschaft; Brennholz für Pfarrer Wüst; Turmstrafe für den Glashofbauern; St. Georgen zwischen 1949-1955; De Schimmelriter; Auf der Heuneburg - im Land der Kelten; Einigkeit (ein altes Lied)); Heimatbote 15 (2004), St. Georgen-Buchenberg 2004, 96 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: 15 Jahre Vereinszeitschrift; Michael Buhlmann, Abt Manegold auf dem dritten Laterankonzil?; Leben und arbeiten im Schwarzwald; Wie es früher war: Schneeräumen; Schuhmacher-Lehen, unterer Weisserhof; 'Für das Schweine'; Geschichte des Howardweges in Martinsweiler; Ein Haussegen; Die alte Buchenberger Schule; Ein Speicher von 1609 in Buchenberg, Ein Unkraut Namens Roggen; Dr. Ludwig Marx, ein Förderer der Kultur in St. Georgen; Aus dem Vereinsleben 2004); Heimatbote 16 (2005), St. Georgen-Buchenberg 2005, 96 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Christoph Jäckle, ein St. Georgener Bürger; Die Korb-Imkerei im Schwarzwald; Das Bienenwachs; Volksglaube und Bräuche um Bienen, Wachs und Honig; Der Schemel oder das Fußbänkchen; Alter Spruch; Die Los-Tage; Hochdeutsch; Zur Geschichte der Glashöfe auf der Sommerau im Stab Brigach; Rechtsordnung des Klosters St. Georgen zu Owingen und zu Stetten bei Haigerloch um 1380; Staurecht für den Klosterweiher; Michael Buhlmann, Der St. Georgener Prediger, eine spätmittelalterliche Handschrift; Immer was los - Die Aktivitäten unseres Vereins; Im Schritt fahre; Aus Buchenberger Gemeinderatsprotokollen); Heimatbote 17 (2006), St. Georgen-Buchenberg 2006, 96 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Die attraktive Stadt und das Torwartshaus; Michael Buhlmann, Rupert, Mönch aus St. Georgen, Abt von Ottobeuren; Das Draiershuus in St. Georgen; Emil Riemensperger, ein Leben für die Bürger der Stadt St. Georgen; Zwei Briefe zum Kriegsende 1945 in Buchenberg; Deutsches Notgeld 1914-1923 (Mehr Schein als Sein); Buttermodel; Die Botin, mit dem Ziehkarren beim Einkauf in Königsfeld; Die Mähder von der Baar und vom Schwarzwald; Die Pflanzensetzerinnen; Die Pfalz, vom Denkmal der deutschen Demokratie bis zu den Reichskleinodien; 2006: Aus dem Vereinsgeschehen); Heimatbote 18 (2007), St. Georgen-Buchenberg 2007, 96 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: 500 Jahre Marktrecht in St. Georgen; Der St. Georgener Künstler Willi Dorn; Michael Buhlmann, Wolfhold, Mönch in St. Georgen, Abt in Admont; Michael Buhlmann, Besitznotiz im St. Georgener Gründungsbericht; Geschichtliche Spuren auf der Vogte in Langenschiltach; Korbwaren; Säcklestrecken; Der Streit um den Bäschenhof in Martinsweiler; Die Donauquelle; Einst und Jetzt; Studie zu den Höfe in Oberkirnach; Stockburg, die Burg und die Stähelin; Zehn Jahre renovierte Kobismühle in Betrieb; Denkmalschutz einmal anders; Das erste Buchenberger Lied; Unser Verein im Jahreslauf 2007); Heimatbote 19 (2008), St. Georgen-Buchenberg 2008, 96 S., Abbildungen, € 2,- (enthält u.a. die Beiträge: Michael Buhlmann, 1084-2009 - 925 Jahre Klostergründung; Michael Buhlmann, Grundherrschaft des Klosters St. Georgen in der Baar; Wasser- und Energieversorgung in unserer Nachbarschaft; Der Blaudruck; 'Vo de Trachtenaiere vo Sant Jörge'; Hafnerkeramik - sogenannte Bauerntöpferei; Die Fenster im Chorraum der Nikolauskirche in Buchenberg; Ein Lied geht durch unser Land; Brigachquellfest der Höhepunkt 2008; Das Handwerk und seine Zünfte in St. Georgen von 1687-1862); Heimatbote 20 (2009), St. Georgen-Buchenberg 2009, 80 S., Abbildungen, € 6,- (enthält u.a. die Beiträge: Michael Buhlmann, Zähringer und Staufer - die politische Zweiteilung des Südwestens im hohen Mittelalter; Michael Buhlmann, Das Kloster St. Georgen im Schwarzwald und die Herren von Otterswang; Erinnerungen eines Tankwarts; Straßennamen und ihre Bedeutung - Die Friedrichstraße; Versuch des Zugangs zu dem Menschen Otto Leiber über die Zeitumstände, in denen er lebte; Stadtansicht vom Turm der Lorenzkirche; Bemalte Bauernmöbel eines Dorfschreiners und Schreinermalers, tätig in St. Georgen und Buchenberg; Eine tolle Knolle - die Kartoffel; Die Kommunalwahl 2009; 18 Jahre Blumenschmuck-Wettbewerb; Handwerkskunst; Flachs oder Lein - einst eine wichtige Pflanze); Heimatbote 21 (2010), St. Georgen-Buchenberg 2010, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Michael Buhlmann, Kloster St. Georgen und Engen; Michael Buhlmann, Die Familie Kanzler aus Rottweil und das Kloster St. Georgen im Schwarzwald; Streit um Peterzell; Schicksal eines Musikanten in Langenschiltach; Der Krammetvogelfang in Buchenberg; Die Welt des Hermann Wiehl, Ein Bild geht auf Reisen; Die 2 ältesten Grabsteine aus der Klosterzeit St. Georgens; Jagd anno dazumal; Die "Gummi-Klau-Ohrfeige" im Maierhof; Vor 400 Jahren Lernmittelfreiheit in Klosterschulen; Theodor Hakenjos - Uhrmacher; Auf der Spur der Johanniter (Jahresausflug); Die Ludwig-Weisser-Straße); Heimatbote 22 (2011), St. Georgen-Buchenberg 2011, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Geschichte der Maierhöfe des Benediktinerklosters St. Georgen; Michael Buhlmann, Der St. Georgener Abt Johannes von Sulz oder: Der Versuch einer "feindlichen Übernahme" des Klosters St. Georgen durch die Abtei Reichenau; Der Bauernkrieg 1524/25 in unserer Region; Der Friedensschluss und seine Folgen, Aus den Protokollbüchern der Jahrgerichte von 1769 bis 1785; Der Kirchturm der Lorenzkirche; Heuen in Buchenberg bis in die 1960; Sage vom Heumale (Heumännle); Lichtgang in Buchenberg; Das Russenlager; Nachruf: Freifrau Herta von Gültlingen; Richard Staiger "Windmühle - Staiger", ein St. Georgener Pionier in Sachen Windkraft; Amtliche Bekanntmachung der Gemeinde Langenschiltach; Deutsches Phonomuseum; Der Verein für Heimatgeschichte St. Georgen und der Geschichtsverein Buchenberg im Hohenloher Land); Heimatbote 23 (2012), St. Georgen-Buchenberg 2012, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: 40 Jahre Verein für Heimatgeschichte; Michael Buhlmann, Der St. Georgener Klostergründer Hezelo und sein Sohn Hermann als Vögte des Klosters Reichenau; Aus der Geschichte des Bartlehofes in Buchenberg, St. Georgen, den 22. Dezember 1746; Windmühle-Staiger - die Propellerflügel aus dem Föhrenbächle; Das St. Georgener Bauhandwerk; Tiefbrunnen auf dem 'Siehdichfür'; Geschichte der Gebäude im ehemaligen Vorhof; Jahresausflug nach Ravensburg; Erinnerungen von Eleonora Kayser - Das alte Schulhaus in St. Georgen; Wappen; Jakob Maier, Uhrenschildmaler und Heiligenpfleger; Aus den Buchenberger Gemeinderatsprotokollen; Petitionen); Heimatbote 24 (2013), St. Georgen-Buchenberg 2013, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: 25 Jahre Geschichtsverein Buchenberg; Lokaltermin im Kloster St. Georgen am 7. Juni 1607; Der Storzenhof auf der Sommerau; Erwählung des Stabvogts; Beschwerde der Brigacher Bauern über den Klostermüller Haas beim Großherzoglichen Bezirksamt; Von des Klosters Leibeigenschaft im Oberamt St. Georgen; Motormähmaschine von Albert Ebner; Jahresausflug der Geschichtsvereine Buchenberg und St. Georgen nach Reutlingen; Die Bahnhofstraße und ihre bauliche Entwicklung im Vergleich der Jahrhunderte; Überlagerunsplan 1813 Säggaß/Bahnhofstraße; Die Sage vom Uhrenmichel vom 'Sieh-dich-für'; Zur Aktionswoche zum 80. Jahrestag der Bücherverbrennung; Gedenkstätte 'Vulkan'; Unser neuer Laden; Die Kirchenfens-ter der Nikolauskirche; Historische Bilder aus St. Georgen um 1957); Heimatbote 25 (2014), St. Georgen-Buchenberg 2014, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Die neue Heimat; Die alte Rathausuhr in St. Georgen von 1867; Der St. Georgener Funkverein - ein Rück-blick; Vom Joosen- Brunnen; Ausgrabungen in der Ruine Kloster-kirche; Vor und im 1. Weltkrieg - Ein neuer Truppenübungsplatz in Baden - Das Feldpostwesen im 1. Welt - St. Georgener Bürger im 1. Weltkrieg - Alfred Steidinger und Heinrich Ludwig Heinemann; Auf den Spuren der deutsch- französischen Kriegsgeschichte; Flößerei vor 150 Jahren; Aufbruch von St. Georgen in die 'Neue Welt'; Johannes Haas - der Auswanderer; Michael Buhlmann, Abt Johannes III. Kern von St. Georgen und das Konstanzer Konzil (1414-1418); Evangelische Beichtstühle in der St. Nikolauskapelle in Buchenberg; Sanierung und Versetzen der Grabsteine (Epitaphien) an der Nikolauskapelle; Das Bühlhaus, Wirtschaft, Schulhaus und Zollstation in Oberkirnach; Sonderausstellung im Dorfmuseum Buchenberg); Heimatbote 26 (2015), St. Georgen-Buchenberg 2015, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Vor zwanzig Jahren: 1995, ein wichtiges Jahr für das Lapidarium; Die wirtschaftliche Situation und soziale Gliederung der Einwohner im Stab St. Georgen (Dorf, Stockwald, Bruderhaus, Gsod); Die Flohhütte - nicht in Vergessenheit geraten; Geschichte des Klosterweihers St. Georgen; Barbara - Märtyrerin (4. Dezember); Michael Buhlmann, Der Brand des elsässischen Klosters Neuweiler (1177); Eindringen in die Häuser und plündern ist bei Todesstrafe verboten; Heil- und Kochrezepte aus einer im Kloster - St. Georgen/Villingen um 1600 aufgezeichneten Sammlung; Opfer der NS-Justiz aus dem Raum St. Georgen; Das Benediktinerkloster St. Georgen im Schwarzwald, Geschichte und Kultur; Eine Zeitreise auf den Spuren des Mittelalters - Jahresausflug 2015 der Geschichtsvereine Buchenberg und St. Georgen; Spuren der Geschichte Buchenbergs - Der Altvogtshof, Buchenberg-Martinsweiler; Aus der Geschichte des Donishofes); Heimatbote 27 (2016), St. Georgen-Buchenberg 2016, 80 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Die Sprungschanzen von St. Georgen; Funkenflug reist um die Welt; Begriffe und Maße in alten Dokumenten aus der Zeit von 1750 bis 1870; Michael Buhlmann, Abt Erbo I. von Prüfening; Michael Buhlmann, Georg, Mauritius und Epiphanius - Kloster Reichenau als Umschlagplatz für christliche Reliquien; Feier zur Bahneröffnung in St. Georgen am 10. November 1873; Die Hausschlachtung und die Rauchküche; Die Flohhütte; Eine Stadt pflegt ihre Geschichte(n); Der Weiherhof, Buchenberg-Martinsweiler; Buchenberg und die Familie Fallet; Die Privilegien der Handwerker in den oberen Stäben des Amtes Hornberg; Die Geschichte über den Howardsweg und der Brücke über das Roggenbächle); Heimatbote 28 (2017), St. Georgen-Buchenberg 2017, 96 S., Abbildungen, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Rechtsverhältnisse in der Klosterzeit St. Georgens; Der Brand des elsässischen Klosters Neuweiler [!]; Aus der Bahnhofsgeschichte St. Georgens; Die Steuertricks der Stockwaldbauern; Alte Übernahmen von Bürgern der Stadt St. Georgen; Begriffe und Redensarten im Dialekt; Abt Gaisser's Protokolle von Gegenständen aus dem Kloster St. Georgen, ein frühes Dokument nach Kriegsende; Der "Minnesänger" Bruno von Hornberg; Aus der badischen Handschriftensammlung; Das Wirtshaus "Siehdichfür"; Strohflechten in St. Georgen; Die etwas andere Schwarzwalduhr - der "Surrer"; S'Annedurles Brief; 900 Jahre Geschichte festgemauert; Der untere Weisser-Hof, Buchenberg-Dorf; Ein Nachbarschaftsstreit und wie das Auto nach Buchenberg kam; "Zum Rössle" - Martinsweiler/Buchenberg); Heimatbote 30 (2019), St. Georgen-Buchenberg 2019, 106 S., Abbildungen, Faltakrte, € 9,- (enthält u.a. die Beiträge: Über den Maierhof; Kuckucksuhr im Schwarzwald; Die etwas andere Kuckucksuhr - der "Surrer"; Württembergisch-fürstenbergische Grenzprobleme im Bereich Oberkirnach [!]; Geschichtssplitter aus den Nachkriegsmonaten; Jahresausflug; Der Bregnitzhof Buchenberg-Martinsweiler; Die Wege des Buchenberger Wassers; Willi Mößner: Erinnerungen an die Kinderzeit). [Buhlmann, 10.2005-12.2009, 06.-08.2017, 12.2021, 05.2022]

Heimatbuch der Stadt Siegburg, hg. v. Hermann Joseph Roggendorf (1964/71), 3 Bde., Siegburg 1964, 1967, 1971 > S Siegburg

Heimatkundliches in und um Kaiserswerth ist die Schriftenreihe des Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth e.V. mit Veröffentlichungen großteils zur Geschichte von (Düsseldorf-) Kaiserswerth. Bisher erschienen u.a.: Nr.1 (1977): Kels, Manfred, Alte Straßen, Plätze, Häuser und Kirchen, [Düsseldorf-Kaiserswerth] 21977, 15 S., Zeittafel (nennt historische Straßen und Gewanne [Alte Landstraße, Schleifergasse, Hingbenden, Klemensbrücke] und moderne Straßen mit auf die Kaiserswerther Geschichte zurückgreifender Namengebung); Nr.6 [o.J.]: Lange, Irmgard, Caspar Ulenberg (1548-1617), [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J., 12 S. (beschäftigt sich mit dem Dichter und Schriftsteller Herbert Eulenberg [*1876-†1949]); Nr.8 [o.J.]: Klaemmt, Martin, Diakoniewerk Kaiserswerth, [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J., 14 S., Überblick (schildert Entstehung und Geschichte der Kaiserswerther Diakonie des Theodor Fliedner); Nr.9 [o.J.]: Weidenhaupt, Hugo, Kaiserswerth in der Biedermeierzeit. Die Amtszeit des Bürgermeisters Johann Joseph Rottlaender (1833-1852), [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J., 23 S. (behandelt, ausgehend von einer Rede des Bürgermeisters Rottlaender [1846], Lebenslauf und Leistungen Rottlaenders, Stadtbild, Finanzen, Schulwesen und Wirtschaft der preußischen Garnisonsstadt Kaiserswerth); Nr.10 (1978): Sticker, D. Anna, Kaiserswerther Schattenbilder. Die Büsten von Caspar Ulenberg, Friedrich von Spee, Theodor Fliedner, Florence Nightingale und Herbert Eulenberg im Burggarten der Kaiserpfalz, [Düsseldorf-Kaiserswerth 1978], 40 S. (enthält Kurzbiografien der in Kaiserswerth in Skulpturen verewigten Kaiserswerther Persönlichkeiten Caspar Ulenberg [*1548-†1617; katholischer Pfarrer und Reformer], Friedrich von Spee [*1591-†1635; Gegner der Hexenverfolgungen], Theodor Fliedner [*1800-†1864; evangelische Diakonie in Kaiserswerth], Florence Nightingale [*1820-†1910; Reformerin der Krankenpflege], Herbert Eulenberg [*1876-†1949; Dichter und Schriftsteller]); Nr.11 [o.J.]: Richtsteig, Georg (Bearb.), Kaiserswerther Notizen. Fragmentarische Kurzmanuskripte zur Vergangenheit unserer Stadt, [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J., 19 S., Schwarzweißabbildung (behandelt: Rheinzölle, Zollhaus; Walburgiskirche; Stadtgrenzen; Belagerung von 1702; Rathaus; Napoleon in Kaiserswerth 1811; Schifferfamilie Segermanns; Marienkrankenhaus; Buchhandlung des Diakoniewerks; Hochwasser; Post; Eisenbahn); Nr.12 [o.J.]: Weber, Dieter, Friedrich Barbarossa und Kaiserswerth. Eine Skizze der städtischen Entwicklung Kaiserswerths im 12. Jahrhundert, [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J., 19 S., Schwarzweißabbildungen (stellt die Entwicklung von Stift, Pfalz und Stadt Kaiserswerth im 12. Jahrhundert dar); Nr.13 [o.J.]: Hübner, Erika, Zur Chronik des Hauses Walter Linder. Eine familiengeschichtliche Erinnerung in Wort und Bild an das frühere Kaiserswerth, [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J., 15 S., Schwarzweißabbildungen (behandelt die Geschichte des Hauses und der Familie Linder [am Kaiserswerther Markt] im 20. Jahrhundert); Nr.14 (1984): Gansfort, Karl-Heinz, Die bauliche Entwicklung der Kaiserpfalz in Düsseldorf-Kaiserswerth, Düsseldorf-Kaiserswerth 1984, 39 S., Schwarzweißabbildungen (behandelt die Geschichte der Kaiserswerther Pfalz vom Mittelalter bis zur Neuzeit); Nr.15 (1989): Bauer, Bruno, Straßen- und Flurnamen in Kaiserswerth, Düsseldorf-Kaiserswerth 1989, 33 S., Schwarzweißzeichnungen (behandelt die meist neuzeitlichen Straßen- und Flurnamen in und um Kaiserswerth); Nr.16 (1992): Sauer, Walter, Der WC - Wanderclub. Heitere Geschichten, Düsseldorf-Kaiserswerth 1992, 26 S. (handelt von Kaiserswerther Freunden, lose zusammengschlossen in einem "Wanderclub" ab den 1950er-Jahren); Nr.17 (2008): Vogel, Franz-Josef, Sagenhaftes Kaiserswerth. Sagen, Legenden, Geschichte und Geschichten, Kaiserswerth 2008, 88 S., € 7,- (enthält Sagen und Legenden vom neolithischen Kaiserswerther Menhir und Suitbert über die Entführung König Heinrichs IV. bis zur heutigen Reliquienverehrung); Nr.18 (2013): Vogel, Franz-Josef, Rund um St. Suitbertus. Beiträge zu Basilika und katholischer Gemeinde in Kaiserswerth, Kaiserswerth 2013, 104 S., € 7,- (u.a. mit Beiträgen aus katholischen Pfarrbriefen ab den 1970er-Jahren betreffend: Kaiserswerth im 20. Jahrhundert, katholisches Leben in Kaiserswerth, Suitbertusbasilika und Suitbertusverehrung [auch in Düsseldorf-Bilk, Duisburg-Wanheim, Heilgenhaus, Ratingen, Rheinbrohl, Verden a.d. Aller]). > K Kaiserswerth [Buhlmann, 09.2006, 01.2014, 08.2014]

Hein, Dieter (1998), Die Revolution von 1848/49 (= BSR 2019), München 62019, 144 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, € 9,95. I. In der vermeintlichen politischen Ruhe der Restaurationszeit und der 1830er-/40er-Jahre des Vormärz hatten sich vielfach in Europa gesellschaftliche Spannungen aufgebaut, die sich im Jahr 1848 sowohl in Ländern mit Vorindustrialisierung wie Frankreich oder Deutschland als auch agrarisch geprägten Ländern wie der Habsburgermonarchie entladen sollten. Politisch standen sich eine bürgerlich-liberale Opposition und monarchisch regierte Obrigkeitsstaaten gegenüber, deren Vertreter jegliche Reformen ablehnten. In den zeitlichen Vorlauf der revolutionären Bewegungen in Europa zu stellen sind der Schweizer Sonderbundskrieg (1847) und die von Palermo ausgehende revolutionäre Bewegung im Königreich beider Sizilien (Januar 1848). Der Ausbruch der Revolution in Paris (22.-26. Februar 1848) führte zur Abdankung des Königs und zur Ausrufung der Republik. Frankreich und die Schweiz wiederum beeinflussten zuerst den deutschen Südwesten und somit die Revolution im Großherzogtum Baden (1806/1918). II. Es breitete sich in den Fürstenstaaten des Deutschen Bundes (1815-1866) die "Märzbewegung" (Märzrevolution) weiter aus, einmal in Baden, wo in Städten und Gemeinden zahlreiche Bürgerversammlungen tagten und Bauernunruhen einschließlich von Ausschreitungen gegen Juden um sich griffen, zum anderen über das Großherzogtum hinaus: in der Bundeshauptstadt Frankfurt a.M., im Herzogtum Nassau, im Königreich Bayern liefen die Märzereignisse nach dem selben Muster wie in Baden ab; im Königreich Preußen, in Berlin, und im österreichischen Kaiserreich, in Wien, gab es hingegen keinen (weitgehend) gewaltfreien Umbruch, wie Tote und Barrikadenkämpfe bewiesen. Mit dem letztendlichen Einlenken der Obrigkeitsstaaten durch Zugeständnisse und mit der Beteiligung von Liberalen an den jeweiligen Regierungen schien die Revolution manche Ziele erreicht zu haben (Mitte März und danach). Parallel zu dieser Entwicklung organisierten sich Liberale und Demokraten aus den Fürstenstaaten des Deutschen Bundes untereinander. Am Anfang stand die Heidelberger Versammlung vom 5. März, am 31. März trafen sich 574 Abgeordnete und Ständemitglieder, die als Vorparlament in der Frankfurter Paulskirche über die nationale Einheit, Verfassungsfragen (Monarchie oder Republik, Nationalversammlung, Wahlrecht) und Sozialpolitik (adlige Privilegien, Steuern) berieten und damit einen revolutionären Gegenpol zum Bundestag in der Bundeshauptstadt bildeten. Zwar hatte der Bundestag als Zentralorgan des Deutschen Bundes Zugeständnisse z.B. hinsichtlich der Pressefreiheit gemacht (30. März, 7. April), doch blieb die revolutionäre Bewegung misstrauisch gegenüber der Rolle des Bundestages (des Deutschen Bundes) als Vermittler zwischen Liberalen und Fürsten. Umgekehrt gerieten im Vorparlament die radikalen Republikaner, repräsentiert durch die Badener Friedrich Hecker und Gustav Struve, mit ihren Forderungen ins Abseits; Hecker und Struve sollten dann im badischen Großherzogtum zu Mitteln der militärischen Gewalt greifen ("Heckerzug", "Struveputsch"). Der Monat Mai stand im Zeichen der Wahl zur Nationalversammlung, die in Baden über Wahlmänner vollzogen wurde. Wahlberechtigt waren gemäß den Beschlüssen des Frankfurter Vorparlaments Männer mit einem Mindestalter von 21 Jahren, die über eine gewisse "geistige Reife" und wirtschaftliche Unabhängigkeit verfügen sollten. Somit wählten, auf den Deutschen Bund bezogen, immerhin im Durchschnitt 80 Prozent der männlichen Erwachsenen direkt oder indirekt, eine solide demokratische Grundlage. Die Nationalversammlung konstituierte sich am 18. Mai in der Frankfurter Paulskirche und begann mit ihrer Arbeit. Das Parlament beschloss zunächst mit dem Gesetz über die "Einführung einer provisorischen Zentralgewalt für Deutschland" vom 28. Juni 1848 die Einrichtung einer Exekutive unter dem Reichsverweser Johann von Habsburg (1848-1849) und einem Reichskabinett, doch verfügte die Regierung über keine durchgreifende Verwaltung und war abhängig von den Bundesstaaten. Weiter wurde um die nationale Einheit Deutschlands in (Mittel-) Europa gerungen. Weitreichende Phantasien eines nationalen Überschwangs (gegen Polen, Italien, die Habsburgermonarchie) wichen dabei nach dem deutsch-dänischen Krieg um die Herzogtümer Schleswig und Holstein (Juni-August 1848) und dem Waffenstillstand von Malmö vom 26. August sowie dessen Ablehnung und letztendlicher Zustimmung durch die Nationalversammlung (5., 16. September) einer realistischeren Einschätzung. Im Streit um das Malmö-Abkommen büßte die Nationalversammlung innenpolitisch Vertrauen ein, was die Revolutionswende vom Herbst 1848 und die Gegenrevolution begünstigte. Befördert wurde diese Revolutionswende durch eine weitere Auffächerung der politischen Strömungen, durch politische Gruppierungen, "Parteien" und "Fraktionen" in den Fürstenstaaten, in Stadt und Land, in der Nationalversammlung und deren Ausschüssen. Nach dem Ende des Verbots, das die Gründung politischer Vereine untersagt hatte (1832), entstanden Komitees und Vereine - im Rahmen von "freier Kommunikation und Vereinsbildung" - in einer Vielzahl (Volksvereine, "Vaterländische Vereine", "Deutsche Vereine" u.a.) und repräsentierten mit ihren unterschiedlichen politischen Einstellungen Sozialisten, Demokraten, Liberale, Katholiken und Konservative bzw. politische Gruppierungen als deren Vorläufer (Linke bis Rechte gemäß der Sitzordnung im Parlament); eine "Demokratisch-republikanische Partei" (April 1848) stand für die in der Nationalversammlung kaum vertretenen radikalen Republikaner einschließlich von gemäßigten Kräften und Kommunisten, die gemäßigten Demokraten konnten sich erfolgreich im "Zentralmärzverein" (November 1848) als "erste deutsche Partei" organisieren. Überlagert wurden die durchaus gegeneinander stehenden politischen Strömungen von konkreten Forderungen an die Nationalversammlung, die von eigens zu diesem Zweck gegründeten Vereinen gestellt wurden, etwa abzielend auf einen Schutzzoll-Protektionismus oder auf eine gegenteilige liberale wirtschaftliche Ausrichtung eines vereinten Deutschland. Der Herbst 1848 sah dann im Deutschen Bund und in Baden die "Septemberunruhen". In Frankfurt a.M. gab es Proteste und Barrikadenkämpfe gegen die Nationalversammlung mit vielen Toten (17.-19. September), das reaktionäre Deutschland holte in den Gebieten der Habsburgermonarchie, in Preußen und anderswo im Verlauf des Oktober und November erfolgreich zur Gegenrevolution aus; am Ende verfügte z.B. Preußen als konstitutionelle Monarchie über eine Verfassung, freilich von Gnaden des Herrschers. Der revolutionäre Aufstand der österreichischen Hauptstadt Wien (26. Oktober) hatte als prominentestes Opfer den Abgeordneten der Nationalversammlung Robert Blum, der in der Brigittenau (bei Wien) standrechtlich durch Regierungssoldaten erschossen wurde (9. November 1848). III. Im Dezember hatte das Frankfurter Parlament noch um die Ausgestaltung der zukünftigen bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland gerungen. Grundlage dafür bildeten die Grund- und Menschenrechte als individuell-menschliche Freiheitsrechte (Unverletzlichkeit der Person, Meinungs-, Glaubens- und Gewissensfreiheit, Rechtsgleichheit, Aufhebung ständischer Sonderrechte [Adel], Wahlrecht; Unverletzlichkeit des Eigentums, [vorbehaltliche] Niederlassungs- und Gewerbefreiheit, Pressefreiheit), ergänzt um den freien, zwischen Individuum und Staat vermittelnden Zusammenschluss von Menschen in Genossenschaften, Korporationen, Religionsgemeinschaften, Vereinen usw. (Assoziations- und Vereinigungsfreiheit; Schutz nationaler Minderheiten, Juden als Staatsbürger). Die bürgerliche Gesellschaft sollte somit eine "Gesellschaft gleichberechtigter Staatsbürger" werden, in der die in der Nationalversammlung vereinbarten (einklagbaren) Grundrechte eine zentrale Rolle zu spielen hatten. Daher verfügte das Parlament, dass der von diesem am 20. Dezember beschlossene Grundrechtekatalog als Teil der Reichsverfassung sofort für das (zukünftige) Reich und die (bestehenden) Fürstenstaaten zu gelten habe (28. Dezember). Die weitere Ausgestaltung der Reichsverfassung eines nationalen deutschen Verfassungsstaates beschäftigte die Nationalversammlung noch bis Ende März 1849. Es setzte sich hier die sog. kleindeutsche Lösung gegen eine großdeutsche (unter Einschluss Österreichs und angrenzender Gebiete) durch. Das projektierte (klein-) deutsche Reich sollte mit dem Reichstag ein für die Gesetzgebung zuständiges Parlament erhalten, das aus den zwei Kammern des Staatenhauses und Volkshauses bestand, wobei die Abgeordneten des Volkshauses in allgemeiner, gleicher, freier, geheimer und direkter Wahl (von Männern mit einem Mindestalter von 25 Jahren) bestimmt wurden; das Reich sollte ein ("eher unitarischer") Bundesstaat sein, in dem die Einzelstaaten beschränkte politische Mitwirkungsmöglichkeiten besaßen; es sollte schließlich eine Erbmonarchie unter einem Kaiser als preußischen König (Erbkaisertum) und Reichsoberhaupt werden (27. März 1849). Am 28. März trat die Reichsverfassung in Kraft, am selben Tag wurde der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1840-1861) zum "Kaiser der Deutschen" gewählt. Allerdings stand dieser - auch unter den Vorzeichen der Revolutionswende und dem machtpolitischen Übergewicht der reaktionären Kräfte - als Kaiser nicht zur Verfügung (Frankfurter Kaiserdeputation vom 3. April, Anerkennung der Reichsverfassung durch die Mehrzahl der Staaten im Deutschen Bund am 14. April, schlussendliche formelle Absage des preußischen Königs am 28. April). Die Nichtannahme des (freilich von einer revolutionären Bewegung erdachten) Kaisertums durch den preußischen König führte in den nachfolgenden Monaten zu einer von weiten Teilen der Bevölkerung getragenen "Reichsverfassungskampagne". Es ging um die Anerkennung und Durchsetzung des auf der Nationalversammlung Beschlossenen (erzwungener Rücktritt des württembergischen Königs Wilhelm I. [1816-1864] am 25. April), und auch das Frankfurter Parlament bemühte sich nach kurzem Schwanken an vorderster Stelle darum. Doch geriet die Nationalversammlung politisch alsbald ins Hintertreffen (Ankündigung von Wahlen für das Volkshaus für den 15. Juli, Streitigkeiten mit dem Reichsverweser um das weitere Vorgehen, Rückzug der Parlamentarier der größeren Bundesstaaten und vieler liberaler Abgeordneter). Sie wurde zu einem überwiegend beschlussunfähigen "Rumpfparlament", das zudem nach Stuttgart ausweichen musste (30. Mai), wo am 18. Juni die noch ungefähr 100 übrig gebliebenen Abgeordneten an einem weiteren Zusammenkommen gehindert wurden. IV. Das Ringen um die Anerkennung und Durchsetzung der Reichsverfassung schlug sich auch in den politischen Entwicklungen in den Fürstenstaaten des Deutschen Bundes nieder (Mairevolution). Während aber in den großen Bundesstaaten wie Preußen, Bayern oder Sachsen die Anfang Mai auftretenden Unruhen (provisorischer Landesverteidigungsausschuss für die Pfalz [2. Mai], provisorische Regierung Aufständischer in Dresden [3./5. Mai], Barrikadenkämpfe in Breslau [6./7. Mai]) schon bald niedergeschlagen werden konnten, ging es z.B. im Großherzogtum Baden nicht nur um die Bundesverfassung - diese war nämlich vom Großherzog und seiner Regierung am 4. Mai schon anerkannt worden -, sondern darüber hinausgehend um die Errichtung einer demokratischen badischen Republik. Nach der Flucht von Großherzog und Regierung war hier der Weg frei für eine (provisorische) Regierung von gemäßigten und radikalen Revolutionären, die sich alsbald mit ihren Truppen u.a. der nach Baden eindringenden preußischen Armee unterwerfen musste (Kapitulation der badischen Soldaten in der Festung Rastatt [23. Juli 1849]). V. Die Revolution von 1848/49 in den Fürstenstaaten des Deutschen Bundes war insgesamt gescheitert, ein "grundlegender Systemwechsel" fand in Politik und Gesellschaft nicht statt. Zu disparat waren die Voraussetzungen für revolutionäre Entwicklungen gewesen. Im deutschen Süden und Südwesten, von Schlesien bis ins Rheinland gab es ein größeres revolutionäres Potential (kommunale Partizipation, Reichsnationalismus, Gesellschaftsstruktur) als etwa in Preußen oder dem habsburgischen Vielvölkerstaat. Die revolutionären Leitbilder einer entstehenden bürgerlichen Gesellschaft in einem deutschen nationalen Verfassungsstaat fanden daher mal eine größere, mal eine kleinere Anhängerschaft und konnten schließlich nicht durchgesetzt werden. Auch innerhalb der revolutionären Bewegung gab es Parteiungen und Risse zwischen den gemäßigten Liberalen, Demokraten und Republikanern; dies trug ebenfalls zum Scheitern der Revolution bei. Hingegen beförderte die Revolution, unabhängig von ihren Zielen, die politische Willensbildung in vielen Bevölkerungsteilen; bei der Verbreitung revolutionärer Ideen und dem gesteigerten Bedürfnis nach Kommunikation halfen die Post und nicht zuletzt aufkommende technische Innovationen wie der elektrische Telegraf (1833) oder die Eisenbahn (1829), auch die Bedeutung von Presse und Zeitungen nahm erheblich zu. All dies änderte aber nichts am Misslingen der Revolutionsbewegung, was deren eigentliche Ziele anbetraf. Zwar gab es ab 1848/49 in allen deutschen Fürstenstaaten (außer dem Habsburgerreich) Verfassungen, doch blieb der monarchische Obrigkeitsstaat im Grunde erhalten. Auch scheiterten Neuordnungsversuche Preußens, einen kleindeutschen Bundesstaat als "Fürstenunion" ins Leben zu rufen, am Widerstand des österreichischen Kaiserreichs. So fanden sich die Fürstenstaaten im Jahr 1851 im wiederhergestellten Deutschen Bund zusammen. Dieser mündete politisch ein in den Norddeutschen Bund (1867-1870/71) und in das Deutsche Kaiserreich (1870/71-1918). Unter dem Blickwinkel von heute erscheint damit die bürgerliche Revolution von 1848/49, "als die Deutschen die Freiheit entdeckten", durchaus prägend für die deutsche Demokratiegeschichte und die demokratische Erinnerungskultur der Bundesrepublik Deutschland. Jedoch gilt dies nur für die "modernen" Elemente der Revolutionsbewegung, die sich mit individuellen Freiheiten und menschlicher Selbstbestimmung, auch mit dem Begriff der deutschen Nation und dem Parlamentarismus der Frankfurter Nationalversammlung verband. Es gab auch traditionelle, rückwärts gewandte Tendenzen innerhalb der Revolution, die sich als "Abwehrkampf gegen die Moderne" in den meist vorindustriellen Zuständen in den Fürstenstaaten widerspiegelten und die es erschweren, die Revolution von 1848/49 zu schematisch in die deutsche politische Entwicklung vom 19. bis zum 21. Jahrhundert einzuordnen. [Buhlmann, 02.2023]

Hein, Dieter (2016), Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert (= BSR 2840), München 2016 > D Deutsche Geschichte, 1789-1815

Hein, Wolfgang (2010), Die Mathematik im Mittelalter. Von Abakus bis Zahlenspiel, Darmstadt 2010, 196 S., Schwarzweißabbildungen, € 24,90. Im Übergang von der Antike zu Mittelalter vermittelte die (griechisch-) römische Kultur über heidnische Wissenschaft und christlichen Glauben Kenntnisse der Artes liberales und des mathematischen Quadriviums (Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii; Quadrivium als Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie; biblische Zahlenexegese, Zahl und christliche Weltordnung), konkret(er) vermittelt Boethius (Institutio arithmetica), Cassiodor (Institutiones divinarum et saecularium litterarum) und Isidor von Sevilla (Etymologiae) (6./7. Jahrhundert); Beda Venerabilis (De temporum ratione, Fingerrechnen) leistete wichtige Beiträge zur christlichen Zeit- und Osterfestberechnung (computus) (7./8. Jahrhundert). Im Rahmen der "karolingischen Renaissance" (8./9. Jahrhundert) kam es zu einer Erneuerung von Bildung und Bildungsorganisation (Klöster, Domschulen), auf der die Mathematik eines Gerbert von Aurillac (Abakus, Geometrie), eines Hermann von Reichenau (Abakus, Monchord, Astronomie) oder von Gelehrten der Lütticher Domschule einschließlich Frankos von Lüttich (De quadratura circuli) aufbaute (10./11. Jahrhundert), aber auch die Unterhaltungsmathematik (Zahlenrätsel, Rithmomachia) oder erste Kenntnisse über negative Zahlen (8./9. Jahrhundert). Die Übernahme griechisch-arabischer Mathematik im europäischen Hochmittelalter (11./13. Jahrhundert; Renaissance des 12. Jahrhunderts, Schule von Chartres) geschah über die Übersetzung der "Elemente" Euklids durch Adelard von Bath (Proportionenlehre, Harmonielehre der Musik und des Kosmos) und die zunehmende Kennntis der "arabischen Ziffern" und des Stellenwertsystems beim Rechnen mit Zahlen (Algorismus [al-Hwarizmi]) u.a. durch Leonardo Fibonacci (Liber abbaci). Die Anfänge universitärer Ausbildung (12./13. Jahrhundert) u.a. mit ihrer so wichtigen Aristoteles-Rezeption brachte Fragestellungen nach dem Kontinuum und dem Unendlichen auf; universitäre Scholastik beschäftigte sich u.a. mit Arithmetik, Zahlentheorie und Algebra, erweitert durch Jordanus de Nemore (Elementa arithmetica, De numeris datis), mit physikalischen Bewegungen, vermittelt u.a. von Thomas Bradwardine, mit der Proportionenlehre, den Formlatituden und Konvergenzbetrachtungen, vermittelt von Nicole Oresme (De proportionibus proportionum, Quaestiones super geometriam euclidis, Tractatus de configurationibus qualitatum et motuum) (13./14. Jahrhundert). Mit Nikolaus von Kues und seinen auch an der Praxis orientierten mathematischen Beiträgen (Aurea propositio in mathematicis, De circuli quadratura) schließt die Mathematik des Mittelalters (15. Jahrhundert). [Buhlmann, 07.2018]

Heine, Heinrich, deutscher Dichter: Harry Heine, geboren am 13. Dezember 1797 in Düsseldorf, gestorben am 17. Februar 1856 in Paris, entstammte einer jüdischen Familie. Seine schulische Laufbahn in Düsseldorf bereitete Heine auf seinen Beruf als Kaufmann vor, doch war er darin wenig erfolgreich (Tuchgeschäft "Harry Heine & Comp." 1818/19). Wiederum unterstützt von seinem Onkel, dem erfolgreichen Hamburger Bankier Salomon Heine (†1844), schlossen sich Studien an den Universitäten Bonn, Göttingen, Berlin und wieder Göttingen an (1819/25). 1825 wurde er zum Doktor der Recht promoviert, ließ sich evangelisch-lutherisch taufen und nannte sich fortan (Christian Johann) Heinrich Heine. Trotzdem sah sich Heine wegen seiner jüdischen Herkunft von der damaligen Gesellschaft in Deutschland ausgegrenzt (literarischer Streit mit dem Dichter August Graf von Platen 1826), was wohl neben politischen Gründen (Pariser Julirevolution 1830) ein Grund dafür war, dass er nach Paris übersiedelte (1831). Als Journalist und Publizist blieb er bis zu seinem Tod in Frankreich, besuchte Deutschland nur noch zweimal (1843, 1844), zumal er dort mit einem Publikationsverbot belegt wurde. In Paris gehörte Heine einem umfangreichen internationalen Literatenkreis an (deutsche Schriftsteller, Pariser Salons, George Sand); er lebte mit der Französin Augustine Crescence Mirat zusammen (1834/41), die er 1841 heiratete. Heine war seit 1848 gelähmt, wohl eine Folge einer in jungen Jahren erworbenen Syphilis, und hielt sich bis zu seinem Tod nur noch in der "Matratzengruft" in seiner Pariser Wohnung auf. II. Seit der Schulzeit war Heine an Literatur interessiert. Seine im Studium einsetzende Literaturproduktion weist ihn als politischen, dem literarischen Kreis des "Jungen Deutschland" verpflichteten "Zeitschriftsteller" aus, der aber durchaus auch Anleihen aus der Romantik als Literaturepoche nahm. An Werken Heines sind zu nennen: Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo (1823), Dreiunddreißig Gedichte (1824), Reisebilder (1826/31, vier Teile), Buch der Lieder (1827), Französische Zustände (1832), Der Salon (1834/40, vier Teile), Die romantische Schule (1836), Der Schwabenspiegel (1838), Ludwig Börne (1840), Neue Gedichte (1844), Deutschland. Ein Wintermärchen (1844), Atta Troll (1847), Romanzero (1851), Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem (1851), Vermischte Schriften (1854), Tragödien (1857), Letzte Gedichte und Gedanken (1869), Memoiren (1884).
Zu den Werken Heinrich Heines s.: Heine, Heinrich (1822/28), Hätt ich Siebenmeilenstiefel. Reisebilder, Stuttgart-München 1986, 456 S., Frontispiz, DM N.N.; Heine, Heinrich (1826), Die Harzreise (= RUB 2221), 1955, Nachdruck Stuttgart 1978, 88 S., DM 1,60; Heine, Heinrich (1837), Buch der Lieder, Villingen-Schwenningen 2015, 279 S., € N.N. (zwischen 1837 und 1844 in fünf Auflagen erschienen und eine chronologisch geordnete Sammlung aus 237 Gedichten enthaltend [Zyklen: "Junge Leiden", "Lyrisches Intermezzo", "Die Heimkehr", "Aus der Harzreise", "Die Nordsee"]); Heine, Heinrich (1844, 1847), Atta Troll. Ein Sommernachtstraum, Deutschland. Ein Wintermärchen (= Goldmann Klassiker [7583]), Sonderausgabe, München 1983, 269 S., DM 2,-; Heine, Heinrich, Sämtliche Werke (1887), hg. v. Gerd Bleeker (1999), 4 Bde.: Bd.4: Französische Zustände, Tagesberichte, Lutetia I, Lutetia II, Memoiren, o.O. 1999, 432 S., DM N.N. Zur Person Heinrich Heines s.: Reich-Ranicki, Marcel (1997), Der Fall Heine, Stuttgart 21997, 128 S., € 5,-; Ziegler, Edda (2005), Heinrich Heine. Der Dichter und die Frauen, Düsseldorf-Zürich 2005, 207 S., Schwarzweißabbildungen, € 19,90. [Buhlmann, 06.2019, 09.2021, 07.2022, 11.2022, 02.2023, 05.2023]

Heinemann, Bartholomäus (1939), Geschichte der Stadt St. Georgen im Schwarzwald, Ndr St. Georgen o.J. > S St. Georgen im Schwarzwald

Heinemann, Lothar von (1882), Heinrich von Braunschweig, Pfalzgraf bei Rhein. Ein Beitrag zur Geschichte des staufischen Zeitalters, Gotha 1882, Nachdruck Hildesheim 2005, VIII, 351 S., € 28,-. Heinrich (der Ältere) von Braunschweig (*ca.1173/74-†1227) war der älteste Sohn des sächsisch-bayerischen Herzogs Heinrichs des Löwen (†1195) und der Mathilde von England. Nach einem Aufenthalt in der Normandie und in England im Zusammenhang mit der Exilierung seines Vaters (1182/89) kehrte er nach Sachsen zurück, wo er die den Welfen noch verbliebenen Allodialgüter und Rechte gegen Übergriffe u.a. des staufischen Königs Heinrich VI. (1190-1197) verteidigte (1189/90). Beim misslungenen Italienzug Heinrichs VI. (1191) setzte sich Heinrich nach Deutschland ab, wo er Ende 1193 Agnes, die Erbtochter des rheinischen Pfalzgrafen Konrad von Staufen (1156-1195) heiratete. Die Versöhnung mit Kaiser Heinrich VI. (1194) sicherte Heinrich von Braunschweig die Pfalzgrafschaft nach dem Tod des Schwiegervaters (1195). In der Folgezeit war der Pfalzgraf der Repräsentant welfischer Interessen in Deutschland. Als solcher nahm er an dem Kreuzzug Heinrichs VI. ins Heilige Land teil (1197/98). In Abwesenheit Heinrichs von Braunschweig war inzwischen dessen jüngerer Bruder Otto von der welfischen Partei im deutschen Thronstreit (1198-1208) zum König (Otto IV., 1198-1218) gewählt worden. Heinrich unterstützte Otto zunächst, obwohl die Pfalzgrafschaft alsbald an den Stauferkönig Philipp von Schwaben (1198-1208) fiel. Bei der Teilung des welfischen Allodialbesitzes zwischen den drei Brüdern Heinrich, Otto und Wilhelm bekam Heinrich nur einen mäßigen, zumal durch Übergriffe des dänischen Königs gefährdeten Anteil. Heinrich übernahm während der Kriegshandlungen im Thronstreit den Schutz des welfischen Besitzes und Braunschweigs (Paderborner Teilung 1202). 1203 stellte er sich auf die Seite Philipps, 1208 - nach dem Tod Philipps - schloss er sich wieder seinem Bruder an, der nun allgemein als König Anerkennung fand. Italienzug (1209/11) und Kaiserkrönung Ottos IV. (1209) sahen Heinrich von Braunschweig als Verteidiger der welfischen Stammlande und des welfischen Königtums in Deutschland. Im Kampf gegen den Stauferkönig Friedrich II. (1212-1250) stand Heinrich bis zuletzt auf der Seite seines Bruders Otto. Er übertrug die Pfalzgrafschaft an seinen gleichnamigen Sohn Heinrich (den Jüngeren) (1212-1214), der jedoch alsbald und jung starb. 1213 fiel Heinrich Teile des Erbes seines damals verstorbenen jüngeren Bruders Wilhelm von Lüneburg zu. Nach dem Tod Ottos IV. (1218) schloss sich der Welfe König Friedrich II. an (1219) und erhielt - u.a. gegen Übergabe der Reichsinsignien auf einem Goslarer Hoftag (1219) - das Reichsvikariat zwischen Weser und Elbe. Die letzten Jahre seines Lebens nutzte Heinrich zum weiteren territorialen Ausbau und zur Verwaltung der welfischen Machtstellung in Sachsen (Allodialgüter, Verdener Bistums-/Stadtvogtei [?], Erzbistum Bremen, Grafschaft Stade, Kirchenlehen). Sein Neffe Otto das Kind (1213-1252), Sohn seines Bruders Wilhelm, sollte der Erbe der welfischen Besitzungen Heinrichs werden (1223). Der nicht unumstrittene Erbfall trat mit dem Tod Heinrichs am 28. April 1227 in Braunschweig ein. Heinrich wurde im Braunschweiger Dom neben seinem Vater und seinem Bruder bestattet. Aus der Ehe mit Agnes hinterließ Heinrich die zwei Töchter Irmengard und Agnes, die mit Markgraf Hermann V. von Baden (1190-1243) bzw. Herzog Otto II. von Wittelsbach (1231-1253) verheiratet waren. [Buhlmann, 03.2016]

Heinemeyer, Karl (1981), Der Prozeß Heinrichs des Löwen, in: BlldtLG 117 (1981), S.1-60 > H Heinrich der Löwe

Heinemeyer, Walter, Jäger, Berthold (Hg.) (1995), Fulda in seiner Geschichte. Landschaft, Reichsabtei, Stadt (= VHKH 57), Fulda 1995 > F Fulda

Heinrich II., deutscher König und Kaiser: Nach dem frühen Tod Kaiser Ottos III. (983-1002) musste sich der Bayernherzog Heinrich (II.) (995-1004), der Sohn Heinrichs des Zänkers, gegen Markgraf Ekkehard I. von Meißen (985-1002) und Herzog Hermann II. von Schwaben (997-1003) durchsetzen und wurde am 7. Juni 1002 vom Mainzer Erzbischof Williges zum König gewählt und gesalbt. Heinrich war am 6. Mai 973 oder 978 vielleicht in Hildesheim geboren. 995 wurde er Herzog von Bayern. Im Frühsommer 1000 vermählte er sich mit Kunigunde, der Tochter des Grafen Siegfried von Luxemburg. Nach einem Königsumritt durch Thüringen, Sachsen, Lothringen und Schwaben war Heinrich allgemein als König anerkannt (1002). Er bemühte sich zunächst - unter Hintanstellung Italiens - um die Stabilisierung der deutschen Verhältnisse. Langjährige Kämpfe hatte er mit Herzog bzw. König Boleslaw Chrobry von Polen (992-1025) zu bestehen; der Konflikt konnte erst mit dem Frieden von Bautzen (1018) beendet werden, der u.a. die Lehnsabhängigkeit Polens vom deutschen Reich wiederherstellte. In Italien hatte sich Heinrich mit dem 1002 zum König erhobenen Markgrafen Arduin von Ivrea auseinander zu setzen. 1004 drang Heinrich zum ersten Mal nach Oberitalien vor und ließ sich in Pavia zum König erheben. Die Kaiserkrönung empfing er - zusammen mit Kunigunde - erst zehn Jahre später am 14. Februar 1014. Erst danach wurde Arduin völlig ausgeschaltet (1014/15). Ein Feldzug Heinrichs nach Apulien endete mit der Wiederherstellung der Abhängigkeit einiger langobardischer Fürstentümer (1021). Hervorzuheben ist schließlich die Kirchenpolitik des letzten ottonischen Königs. Der Sicherung der Herrschaftsgrundlagen entsprach eine offensive Besetzungspolitik bei Bistümern und Reichsabteien. Dadurch gelang es Heinrich, die ottonisch-salische Reichskirche noch stärker als bei seinen Vorgängern an das Königtum zu binden, wobei die Hofkapelle als wichtige Schaltzentrale fungierte. Auch die Gründung des Bistums Bamberg durch Heinrich II. (1007) darf nicht unerwähnt bleiben. In der Bamberger Domkirche ist der am 13. Juli 1024 verstorbene König auch begraben worden. 1146 wurde Heinrich II. heilig gesprochen, 1200 seine Frau Kunigunde.
An Literatur zu Kaiser Heinrich II. seien genannt: Hirsch, Siegfried (1862/75), Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II.: Bd.I: 1002-1006, 1862, Nachdruck Berlin 1975, XIV, 560 S., Bd.II: 1007-1014, 1864, Nachdruck Berlin 1975, VIII, 466 S., Bd.III: 1014-1024, 1875, Nachdruck Berlin 1975, X, 417 S., zus. DM 150,-; Kaiser Heinrich II. (1002-1024), hg. v. Josef Kirmeier, Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter u. Evamaria Brockhoff (2002) (= Ausstellungskatalog), Stuttgart 2002, 439 S., 1 CD-ROM, € 19,90; Weinfurter, Stefan (1999), Heinrich II. (1002-1024). Herrscher am Ende der Zeiten, Regensburg 1999, 400 S., DM 68,-, an Quellen: Die Urkunden Heinrichs II. und Arduins, hg. v. Harry Bresslau, Hermann Bloch, Robertz Holtzmann u.a. (1900/03) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.3), 1900-1903, Nachdruck München 1980, XXX, 853 S., DM 132,-. [Buhlmann, 06.2001, 09.2002, 07.2012]

Heinrich III., deutscher König und Kaiser: Die Nachfolge Kaiser Konrads II. (1024-1039) trat der einzige, am 28. Oktober 1017 geborene Sohn Heinrich III. (1039-1056) problemlos an; Heinrich war schon 1028 zum Mitkönig gekrönt worden. Im Juni 1036 heiratete er in Nimwegen Kunigunde, die Tochter des Dänenkönigs Knut des Großen (1016-1035). Doch starb Kunigunde schon zwei Jahre später, so dass sich Heinrich mit Agnes von Poitou (†1077), der Tochter des Herzogs Wilhelm V. von Aquitanien (990/95-1029), vermählte (November 1043). Unter Heinrich III. erreichte - nach allgemeiner, aber auch kritisierter Einschätzung - das deutsche Königtum seinen machtpolitischen Höhepunkt in weltlicher und kirchlicher Einflussnahme (königliche Kirchenhoheit). Im Inneren blieben die engen Bindungen der süddeutschen Herzogtümer an den König wegen ihrer Wiedervergabe an landfremde Adlige (Heinrich von Lützelburg in Bayern 1042; Welf III. in Kärnten 1047; Otto von Schweinfurt in Schwaben 1048) weiterhin bestehen. Auch fand Heinrich in der Reichskirche eine verlässliche Stütze seiner Politik. Nach außen hin konnte der König seine politisch-militärische Vormachtstellung in Ostmitteleuropa ausbauen, was letztlich zur Integration Böhmens in das deutsche Reich führten sollte. Außerdem unterstützte er die kirchliche Reformbewegung, indem er auf der Synode zu Sutri (Dezember 1046) durch Absetzung zweier der Simonie beschuldigter Päpste und durch Einsetzung des Sachsen Clemens II. (1046-1047) als kirchliches Oberhaupt die römische Kirche neu ordnete und dabei u.a. ein königliches Mitspracherecht bei der Papstwahl durchsetzte. Von Clemens II. ließ sich Heinrich Weihnachten 1046 zum Kaiser krönen. Die Kirchenreform machte weitere Fortschritte unter dem von Heinrich ebenfalls eingesetzten Papst Leo IX. (1049-1054); Papst und Kaiser sprachen sich gegen Simonie und Priesterehe und für ein von weltlichen Mächten unabhängiges Mönchtum aus; das Papsttum legte zu dieser Zeit auch die Grundlagen für eine Zentralisierung der römischen Kirche. Die letzten Jahre Heinrichs III. waren durch Rückschläge und Misserfolge gekennzeichnet. Zwar konnte der König seinen Sohn Heinrich (IV.) zum Nachfolger wählen lassen (1053), doch geschah dies nur unter fürstlichem Vorbehalt. Die Feldzüge gegen Ungarn scheiterten (1051, 1052), Papst Leo IX. geriet in Süditalien in normannische Gefangenschaft (1053). Ein 2. Italienzug Heinrichs konnte die salische Herrschaft in Nord- und Mittelitalien wiederherstellen (1055), zumal mit dem Tod der Herzöge Konrad von Bayern (1049-1053) und Welf III. von Kärnten (1047-1055) auch die süddeutsche Opposition zusammenbrach. Heinrich III. starb am 5. Oktober 1056 in der Pfalz Bodfeld am Harz. Er liegt im Dom zu Speyer begraben.
Quellen und quellennahe Werke sind: Steindorff, Ernst (1874/81), Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich III., 2 Bde. in 1 Bd., Leipzig 1874, 1881, XII, 537 S., IX, 615 S., zus. DM 200,-; Die Urkunden Heinrichs III., hg. v. Harry Bresslau u. Paul Kehr (1936/41) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.5), 1936-1941, Nachdruck München 1980, LXXVII, 705 S., DM 114,-. An Abhandlungen und Aufsätzen lassen sich nennen: Boshof, Egon (1963), Das Reich in der Krise. Überlegungen zum Regierungsausgang Heinrichs III., in: HZ 228 (1963), S.265-287, Sonderdruck, DM 2,-; Boshof, Egon (1978), Lothringen, Frankreich und das Reich in der Regierungszeit Heinrichs III., in: RhVjbll 42 (1978), S.63-127, Sonderdruck, DM 4,-. [Buhlmann, 10.1994, 07.2016]

Heinrich IV., deutscher König und Kaiser: Heinrich IV. (1056-1106) wurde am 11. November 1050 wohl in Goslar geboren; die Eltern waren Kaiser Heinrich III. (1039-1056) und Agnes von Poitou. Beim Tod seines Vaters übernahm für den noch unmündigen Heinrich seine Mutter - unterstützt von Papst Viktor II. (1055-1057) - die Regentschaft. Nach dem Tod Viktors verschlechterte sich aber das Verhältnis zwischen Königtum und Reformpapsttum; der Einfluss der Reichsregierung auf die römische Kirche schwand (Papstwahldekret Nikolaus' II. 1059; Papstschisma 1061). Auch in Deutschland musste die Regentin bei der Neubesetzung der süddeutschen Herzogtümer Zugeständnisse an den Adel machen (Schwaben an Rudolf von Rheinfelden 1057; Bayern an Otto von Northeim 1061; Kärnten an Berthold von Zähringen 1061). Der Machtverfall der Monarchie wurde schließlich beim sog. Kaiserswerther Staatsstreich (April 1062) augenfällig, als Erzbischof Anno II. von Köln den jungen Heinrich entführte und nun die Regentschaft ausübte, die er aber bald mit Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen (1043-1072) teilen musste. Am 29. Mai 1065 wurde Heinrich IV. mündig. Die Spannungen zwischen Fürsten und König steigerten sich nun: Die von den Großen erzwungene Entmachtung Adalberts von Hamburg-Bremen (1066) führte zu einer entscheidenden Schwächung der königlichen Herrschaft in Norddeutschland und Nordeuropa; hinzu kamen der Sturz des bayerischen Herzogs Otto von Northeim (1070) und die königliche Territorialpolitik im Harz. Letztere war Anlass zum schließlich vom König erfolgreich unterdrückten Sachsenaufstand (1073-1075). Mit der zwischen König und Papst strittigen Investitur im Mailänder Erzbistum (1070-1075) begann der sog. Investiturstreit (1075-1122). Vordergründig ging es dabei zunächst um die Einsetzung von Bischöfen im deutschen Reich einschließlich Burgund und Italien durch den König (Laieninvestitur). Doch offenbarte sich damit ein Konflikt, der die Rolle des Königs und des Papstes neu und im Bruch zur frühmittelalterlichen Weltanschauung definieren sollte und mit Stichworten wie Unterordnung des Königs unter den Papst, Entsakralisierung des König-tums und Herrschaftswandel nur unzureichend umschrieben werden kann. Stationen der ersten Phase des Investiturstreits waren: das Schreiben Papst Gregors VII. (1073-1085) zur Mailänder Investitur (1075/76), die Absageerklärung Heinrichs IV. und der deutschen Bischöfe an den Papst auf der Wormser Synode (24. Januar 1076), die damals unerhörte Absetzung und Bannung Heinrichs durch den Papst (15. Februar 1076), die Formierung einer sächsisch-süddeutschen Adelsopposition gegen den Salier (Fürstentag zu Tribur, Oktober 1076), die öffentlich geleistete Kirchenbuße Heinrichs in Canossa (Gang nach Canossa) und seine Lösung vom Bann (25./27. Januar 1077). Die Fürstenopposition gegen Heinrich IV. betrieb trotz der Ereignisse von Canossa die (Forchheimer) Wahl (15. März 1077) des (Gegen-) Königs Rudolf von Rheinfelden (1077-1080). Der Gegenschlag Heinrichs blieb mit der Absetzung der süddeutschen Herzöge nicht aus (1077); das Herzogtum Schwaben wurde 1079 mit dem Staufer Friedrich I. (1079-1105) besetzt. Der Entscheidungskampf zwischen den beiden Königen endete mit dem Tod des in der Schlacht an der Weißen Elster verwundeten Rudolf (15. Oktober 1080). An dessen Stelle trat der neue Gegenkönig Hermann von Salm (1081-1088). Inzwischen war Heinrich IV. wiederum vom Papst gebannt worden (1080), was aber kaum noch Eindruck machte. Vielmehr ging Heinrich nun in Italien gegen Gregor VII. vor. Mit der Erhebung des Gegenpapstes Clemens III. (1080), der Verdrängung Gregors aus Rom, der dort stattfindenden Verurteilung und Absetzung Gregors sowie der Kaiserkrönung (31. März 1084) war Heinrich IV. durchaus erfolgreich. Als er Mitte 1084 wieder nach Deutschland zurückkehrte, hatte aber das salische Königtum dort viel von seiner einstigen Machtstellung eingebüßt. Immerhin gelang es Heinrich IV., seinen Sohn Konrad in Aachen zum König krönen zu lassen (30. Mai 1087). Die unsicheren Verhältnisse in Italien - auch wegen des neuen Papstes Urban II. (1088-1099) - nötigten Heinrich, 1089 sich wieder um die Verhältnisse südlich der Alpen zu kümmern. Der Italienzug Heinrichs endete indes in einer Katastrophe: Heinrich selbst blieb - es hatte sich inzwischen ein Städtebund in der Lombardei gegen den Kaiser gebildet - zwischen 1089 und 1093 im östlichen Oberitalien eingeschlossen; in Deutschland setzte der Abfall von ihm massiv ein, sogar sein Sohn Konrad fiel von ihm ab (1093). Immerhin ermöglichte das Auseinanderbrechen der tuszisch-welfischen Koalition (1093) die Rückkehr des Kaisers nach Deutschland, wo es spätestens nach seiner Aussöhnung mit dem als Herzog bestätigten Welf IV. von Bayern (1096-1101) mit der Fürstenopposition zu einem Ausgleich kam. Erfolgreich war Heinrich IV. auch bei seiner Neuordnung der Thronfolge; der abtrünnige Konrad wurde für abgesetzt erklärt (1098), der jüngere Sohn Heinrich (V.) zum König gekrönt (1099). Im Jahre 1103 verkündete Heinrich IV. zudem den Mainzer Reichsfrieden. Doch auch Heinrich (V.) sollte sich gegen seinen Vater wenden (1104). Dem Sohn gelang es, den Vater gefangen zu nehmen und Anfang 1106 in Ingelheim zur Abdankung zu zwingen. Heinrich IV. konnte indes fliehen und am Niederrhein seine Anhänger sammeln. Dort ist er bei den Vorbereitungen, seine Herrschaft wiederzugewinnen, am 7. August 1106 in Lüttich gestorben. Nach mehreren Jahren fand der als Gebannter verstorbene König endlich im Dom zu Speyer seine letzte Ruhestätte.
Verwiesen sei auf die Biografie: Althoff, Gerd (2006), Heinrich IV. (= GMR), Darmstadt 2006, 335 S., € 27,90, weiter auf die Quellen und quellennahen Werke: Die Urkunden Heinrichs IV., hg. v. Dietrich von Gladiss, Alfred Gawlik (1941/78) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.6), 1941-1978, Nachdruck Hannover 1959/78, X, 1107 S., DM 180,-; Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich IV. 1056 (1050)-1125, bearb. v. Tilman Struve (1984-2010) (= RI III,2,3,1-2): Tl.1: 1056 (1050)-1065, Köln-Wien 1984, X, 164 S., DM 88,-, Tl.2: 1065-1075, Köln-Wien-Weimar 2010, VIII, 202 S., € 59,90; Meyer von Knonau, Gerold (1890-1909), Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V.: Bd.I: 1056-1069, 1890, Nachdruck Berlin 1964, XXIV, 703 S., Bd.II: 1070-1077, 1894, Nachdruck Berlin 1964, XXI, 911 S., Bd.III: 1077-1084, 1900, Nachdruck Berlin 1965, XV, 656 S., Bd.IV: 1085-1096, 1903, Nachdruck Berlin 1965, XV, 558 S., Bd.V: 1097-1106, 1904, Nachdruck Berlin 1965, XIV, 516 S., (Bd.VI: 1106-1116, 1907, Nachdruck Berlin 1965, XII, 396 S., Bd.VII: 1116-1125, 1909, Nachdruck Berlin 1965, XIII, 413 S.), zus. DM 380,-. Eine Neubewertung König Heinrichs IV. versucht: Althoff, Gerd (Hg.) (2009), Heinrich IV. (= VuF 69), Ostfildern 2009, 379 S., € 54,- (mit den Beiträgen: Althoff, Gerd, Einleitung; Meier, Christel, Der rex iniquus in der lateinischen und volkssprachigen Dichtung des Mittelalters; Becher, Matthias, Luxuria, libido und adulterium. Kritik am Herrscher und seiner Gemahlin im Spiegel der zeitgenössischen Historiographie (6. bis 11. Jahrhundert); Schieffer, Rudolf, Gerold Meyer von Knonaus Bild von Heinrich IV.; Zey, Claudia, Vormünder und Berater Heinrichs IV. im Urteil der Zeitgenossen; Körntgen, Ludger, "Sakrales Königtum" und "Entsakralisierung" in der Polemik im Heinrich IV.; Struve, Tilman, Der "gute" Kaiser Heinrich IV. Heinrich IV. im Lichte der Verteidiger des salischen Herrschaftssystems; Garnier, Claudia, Der bittende Herrscher - der gebetene Herrscher. Zur Instrumentalisierung der Bitte im endenden 11. Jahrhundert; Patzold, Steffen, Die Lust des Herrschers. Zur Bedeutung und Verbreitung eines politischen Vorwurfs zur Zeit Heinrichs IV.; Althoff, Gerd, Noch einmal zu den Vorwürfen gegen Heinrich IV. Genese, Themen, Einsatzfelder; Seibert, Hubertus, Geld, Gehorsam, Gerechtigkeit, Gebet. Heinrich IV. und die Mönche; Weinfurter, Stefan, Das Ende Heinrichs IV. und die neue Legitimation des Königtums; Kamp, Hermann, Die Vorwürfe gegen Heinrich IV. - eine Zusammenfassung). [Buhlmann, 05.2011, 08.2012]

Heinrich V., deutscher König und Kaiser: Im Jahr 1086 wurde Heinrich als Sohn von Heinrich IV. und dessen Ehefrau Bertha geboren. Ab 1098/99 war er Mitkönig seines Vaters, ab 1101 mündig. Ende 1104 rebellierte er gegen Heinrich IV., Anfang 1106 trat er seine selbstständige Regierung an und wurde nach dem Tod des Vaters allgemein als König anerkannt. Verhandlungen mit Papst Paschalis II. (1099-1118) - auf der Grundlage der Unterscheidung zwischen spiritualia und temporalia ("geistliche Befugnisse" und "weltliche Rechte") - führten zunächst zu einem radikalen Lösungsversuch in der Investiturfrage (1111), aber auch zur Kaiserkrönung des Saliers (13. April 1111). Schließlich einigten sich Kaiser und Papst Calixt II. (1119-1124) im Wormser Konkordat (23. September 1122) auf einen Kompromiss bei der königlichen Bischofsinvestitur in Deutschland, Burgund und Italien; das Wormser Konkordat stellt damit das Ende des Investiturstreits dar. Auch nördlich der Alpen handelte Heinrich V. anfangs erfolgreich, indem er die Konsolidierungspolitik seines Vaters (Ausbau des Reichsguts, Errichtung von Burgen, Förderung der Ministerialität) fortsetzte. Nach dem Aussterben der Billunger erhielt Lothar von Supplinburg das sächsische Herzogtum (1106). Der Abfall der Friesen und zahlreicher niederrheinischer Großer weitete sich nach der Niederlage Heinrichs bei Andernach (Oktober 1114) auch auf Sachsen aus, wo in der Schlacht am Welfesholz (bei Eisleben) der Kaiser gegen die Sachsen unter Lothar von Supplinburg unterlag (11. Februar 1115). Immerhin blieb Süddeutschland weitgehend auf Seiten des Saliers und mündete der Würzburger Friedensschluss zwischen Erzbischof Adalbert von Mainz (1110-1137) und Heinrich V. (29. September 1121) in ein allgemeines Ende der Auseinandersetzungen zwischen König und norddeutschen Großen; Heinrich V. hat dabei durchaus noch einmal die salischen Positionen festigen können. 1124 unternahm der Kaiser auf Grund eines englisch-deutschen Bündnisses - Heinrich V. war seit 1114 mit Mathilde, der Tochter König Heinrichs I. von England (1100-1135) verheiratet - einen erfolglosen Feldzug gegen Frankreich. Am 23. Mai 1125 ist Heinrich in Utrecht gestorben; er liegt im Dom zu Speyer begraben. Heinrich V. hatte keine Nachkommen.
Zu Kaiser Heinrich V. sei verwiesen auf die Biografie: Waas, Adolf (1967), Heinrich V. Gestalt und Verhängnis des letzten salischen Königs, München 1967, 135 S., DM 7,80. Quellennah sind: Meyer von Knonau, Gerold (1890-1909), Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V.: (Bd.I: 1056-1069, 1890, Nachdruck Berlin 1964, XXIV, 703 S., Bd.II: 1070-1077, 1894, Nachdruck Berlin 1964, XXI, 911 S., Bd.III: 1077-1084, 1900, Nachdruck Berlin 1965, XV, 656 S., Bd.IV: 1085-1096, 1903, Nachdruck Berlin 1965, XV, 558 S., Bd.V: 1097-1106, 1904, Nachdruck Berlin 1965, XIV, 516 S.), Bd.VI: 1106-1116, 1907, Nachdruck Berlin 1965, XII, 396 S., Bd.VII: 1116-1125, 1909, Nachdruck Berlin 1965, XIII, 413 S., zus. DM 380,-. [Buhlmann, 08.2012]

Heinrich VI., deutscher König und Kaiser: Heinrich VI. (1190-1197) war Staufer, der Sohn Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (1152-1190) und der Beatrix von Burgund; geboren wurde er 1165 in Nimwegen. Am 15. August 1169 ist Heinrich in Aachen zum König gekrönt worden, ab Mai 1189 führte er für den auf dem 3. Kreuzzug befindlichen Vater die Regentschaft im Reich. Am 27. Januar 1186 hatte Heinrich Konstanze, die Tochter des Königs Roger II. von Sizilien (1130-1154), in Mailand geheiratet. Die sizilianische Erbschaft, auf die sich nach dem Tod Wilhelms II. von Sizilien (1166-1189) Heinrich durch seine Heirat mit Konstanze Hoffnung machen konnte, stand denn auch im Mittelpunkt seiner Politik. Der 1. Italienzug brachte dem deutschen König außer der Kaiserkrönung in Rom (15. April 1191) nichts ein (vergebliche Belagerung Neapels). In Deutschland weitete sich die Fürstenopposition (Welfen, Niederrhein) gegen ihn aus. Immerhin gelang nach der Gefangennahme des englischen Königs Richard I. Löwenherz (1189-1199) und der Erpressung eines beträchtlichen Lösegelds (1193/94) die Sprengung der antistaufischen Koalition und die Eroberung Süditaliens und Siziliens (1194). Heinrich VI. wurde Weihnachten 1194 in Palermo zum König von Sizilien gekrönt. Zu den weiteren Erfolgen Heinrichs gehörten die durch die Gefangensetzung des Richard Löwenherz erzwungene Lehnsnahme Englands (1194) sowie die Lehnshoheit des Kaisers auch über die Königreiche Kleinarmenien und Zypern (1195). Damit wuchs der staufische Einfluss im byzantinisch-ostmediterranen Raum, zumal eine Tochter des byzantinischen Kaisers Isaak II. (1185-1195) mit Heinrichs Bruder Philipp von Schwaben verheiratet wurde (1194). So reiften nun staufische Pläne für einen neuen Kreuzzug heran. Der Widerstand der deutschen Fürsten und des Papstes brachte unterdessen den sog. Erbreichsplan Heinrichs, also die Umwandlung des deutschen Reiches in eine dauerhaft mit Sizilien verbundene Erbmonarchie, zum Scheitern (1196); lediglich der 1194 geborene Sohn Heinrichs, Friedrich II., wurde zum König gewählt. Ein Aufstand in Sizilien konnte durch Markward von Annweiler niedergeschlagen werden (1197). Bei der Vorbereitung des Kreuzzugsunternehmens erkrankte Heinrich an der Malaria und starb am 28. September 1197 in Messina. Der Kaiser wurde in der Kathedrale von Palermo bestattet.
An Biografien zu Kaiser Heinrich VI. seien genannt: Csendes, Peter (1993), Heinrich VI. (= GMR), Darmstadt 1993, XI, 258 S., DM 46,-; Toeche, Theodor (1867), Kaiser Heinrich VI. (= Jahrbücher des deutschen Reiches, der deutschen Geschichte), 1867, Nachdruck Darmstadt 1965, XIV, 746 S., DM 74,-. Quellennah sind: Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich VI. 1165 (1190)-1197 (1972-1979) (= RI IV,3,1-2): Tl.1: Heinrich VI. 1165 (1190)-1197, bearb. v. Gerhard Baaken, Köln-Wien 1972, XIX, 347 S., DM 98,-, Tl.2: Namenregister, Ergänzungen und Berichtigungen, bearb. v. Karin Baaken, Gerhard Baaken, Köln-Wien 1979, VII, 202 S., DM 48,-. [Buhlmann, 05.2011]

Heinrich (VII.), deutscher König: Geboren wurde Heinrich in der ersten Hälfte des Jahres 1211; die Eltern waren Kaiser Friedrich II. und Konstanze, die Tochter des Königs Alfons II. von Aragon (1162-1196). Verheiratet war Heinrich mit Margarete von Österreich, der Tochter des Herzogs Leopold VI. (1198-1230); aus der Ehe stammten die früh verstorbenen Söhne Heinrich und Friedrich. Schon Anfang 1212 wurde Heinrich zum König von Sizilien gekrönt. Nachdem sich sein Vater in Deutschland durchgesetzt hatte, holte Friedrich II. seinen Sohn nach Deutschland, machte ihn zum Herzog von Schwaben und ließ ihn am 20./26. April 1220 in Frankfurt zum deutschen König wählen; am 8. Mai 1222 fand die Krönung in Aachen statt. Der noch unmündige König stand dabei zunächst unter der Aufsicht eines von Erzbischof Engelbert I. von Köln (1216-1225) und Herzog Ludwig I. von Bayern (1183-1231) dominierten Regentschaftsrats. Weihnachten 1228 trat Heinrich seine selbstständige Regierung an. Schon bald geriet er durch seine Politik der Städteförderung und der Bezugnahme auf den niederen Adel und die Reichsministerialität in Gegensatz zu seinem Vater und den Fürsten. Im Statutum in favorem principum (1231/32) setzten sich Letztere durch. Politische und persönliche Differenzen zwischen Vater und Sohn veranlassten Heinrich - in dem Bestreben, eine eigene Politik zu führen - schließlich, einen offenen Aufstand gegen den Kaiser zu wagen; doch scheiterte dieser, und Heinrich musste sich im Juli 1235 Friedrich unterwerfen. Sein Königtum wurde ihm entzogen, Heinrich selbst inhaftiert. Der König starb am 12. (?) Februar 1242 in einem sizilianischen Gefängnis. Er liegt im Dom von Cosenza begraben.
An Literatur zu Heinrich (VII.) sei verwiesen auf: Thorau, Peter (1998), Jahrbücher des Deutschen Reiches unter König Heinrich (VII.): Tl.I: König Heinrich (VII.), das Reich und die Territorien. Untersuchungen zur Phase der Minderjährigkeit und der "Regentschaften" Erzbischof Engelberts I. von Köln und Herzog Ludwigs I. von Bayern (1211) 1220-1228, Berlin 1998, XII, 463 S., DM 168,-. [Buhlmann, 09.2016]

Heinrich der Löwe (*1129/30-†1195), Welfe, Herzog von Sachsen (1142-1180) und Bayern (1156-1180): Heinrich der Löwe war der Sohn des bayerischen und sächsischen Herzogs und "jüngeren Welfen" Heinrich des Stolzen (†1139), der im Streit mit König Konrad III. (1138-1152) seine Herzogtümer verlor (1138/39). 1142 konnte Heinrich der Löwe die Belehnung mit dem sächsischem Herzogtum entgegennehmen, 1156 wurde er durch Vermittlung Kaiser Friedrich I. Barbarossas (1152-1190) auch bayerischer Herzog. In "königsgleicher" Stellung verfolgte der Welfe gerade in Sachsen eine konsequente Politik des Machtausbaus (Residenz- und Repräsentationsort Braunschweig [Stiftskirche St. Blasius, Burg Dankwarderode, Bronzestandbild], Heirat mit der englischen Königstochter Mathilde [1165]; Grafschaft Stade [1144], Wendenkreuzzug [1147/49], Besetzungsrecht für die ostelbischen Bistümer [1154], Lübeck [ca.1160]). Doch auch in der Reichspolitik an der Seite des Kaisers war Heinrich lange (bis 1174) aktiv (Italienzüge, Papstschisma [1159-1177]). In Überschreitung seines Handlungsspielraums als Reichsfürst überwarf sich Heinrich der Löwe mit Kaiser und Fürsten; nach einem Prozess kam es zur Absetzung des Herzogs (Reichstag von Gelnhausen 1180 [Gelnhausener Urkunde]); Heinrich musste nach England ins Exil gehen (1182) und söhnte sich 1194 mit Kaiser Heinrich VI. (1190-1197) aus. 1195 starb Heinrich der Löwe, politisch machtlos, in Braunschweig; sein Leichnam wurde in der dortigen Blasiuskirche begraben.
An Quellen zu Herzog Heinrich dem Löwen sei genannt: Die Urkunden Heinrichs des Löwen, Herzogs von Sachsen und Bayern, hg. v. Karl Jordan (1941/49) (= MGH. Laienfürsten- und Dynastenurkunden der Kaiserzeit, Bd.1), Stuttgart 1941-1949, 2 Tle., XVI, LIX, 285 S., DM 48,-. Biografisch aufgearbeitet wurde die Person Heinrichs des Löwen von: Ehlers, Joachim (2008), Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 2008, IV, 496 S., Abbildungen, Karten, € 24,95; Hiller, Helmut (1981), Heinrich der Löwe. Macht und Rebellion (= Heyne Biographien 86), München 1981, 335 S., DM 8,80; Jordan, Karl (1979), Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 1979, XI, 316 S., Abbildungen, Karten, DM 38,-. Spezielle Fragen behandeln: Heinemeyer, Karl (1981), Der Prozeß Heinrichs des Löwen, in: BlldtLG 117 (1981), S.1-60; Jordan, Karl (1970), Heinrich der Löwe und das Schisma unter Alexander III., in: MIÖG 78 (1970), S.224-235; Jordan, Karl (1981), Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe, in: BlldtLG 117 (1981), S.61-71. [Buhlmann, 03.-07.1995, 06.2010, 05.2014]

Heinrich Raspe, deutscher König: Heinrich war der Sohn des Landgrafen Hermann I. von Thüringen (1227-1241) und der Wittelsbacherin Sophie; geboren wurde er um 1204. Seine drei Ehen, u.a. mit der Babenbergerin Gertrud, blieben kinderlos. Ab 1227/41 war er Landgraf von Thüringen, ab 1241 Reichsprokurator für den noch unmündigen Konrad IV. (1237-1254), den Sohn des Stauferkaisers Friedrich II. (1212-1250). Die Annäherung Heinrichs an die päpstlich-deutsche Opposition gegen Friedrich II. ab 1243 führte schließlich zu seiner Wahl zum Gegenkönig am 22. Mai 1246 in Veitshochheim (bei Würzburg); gewählt haben ihn u.a. die drei rheinischen Erz-bischöfe. Nach seinem Sieg über Konrad IV. bei Frankfurt (5. August 1246) rückte Heinrich nach Süddeutschland vor, wo er Ulm allerdings vergeblich belagerte. Er kehrte nach Thüringen zurück und starb am 16. Februar 1247 auf der Wartburg. Grabstätte wurde das Katharinenkloster in Eisenach.
Zu Heinrich Raspe s.: Hägermann, Dieter (1980), Studien zum Urkundenwesen König Heinrich Raspes (1246/47), in: DA 36 (1980), S.487-548 u.a. als Vorarbeit zu: Die Urkunden Heinrich Raspes und Wilhelms von Holland, hg. v. Dieter Hägermann, Jaap G. Kruisheer (1989/2006), 2 Tle. (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.18), Hannover 1989-2006 > W Wilhelm von Holland. [Buhlmann, 10.2009]

Heinrich von Veldeke, hochmittelalterlicher Dichter: Heinrich (†ca.1200?), wahrscheinlich benannt nach Veldeke bei Hasselt, Ministeriale (?), Geistlicher (?), war der Verfasser von 25 bzw. 30 Minneliedern (Codex Manesse, Weingartner Handschrift), des höfischen Romans "Eneas" (v.1174, v.1190) und des mittelniederländischen Sente Servas (1170/80). Sente Servas, das "Leben" des Bischofs Servatius von Tongern-Maastricht (*343-†384?), schrieb Heinrich im Auftrag der Gräfin Agnes von Loon, der Ehefrau Graf Ludwigs I. (1138-1171), und des Küsters Hessel vom Maastrichter Servatiusstift. Das Werk ist in Fragmenten auf Limburgisch aus der Zeit um 1200, vollständig (6229 Verse) in einer Handschrift aus der Zeit um 1470 erhalten. Sente Servas schildert Leben (Teil I) und Wunder (Teil II) des Heiligen; Heinrich benutzte dazu eine lateinische Servatiuslegende (Actus sancti Servatii [des Iocundus, 1066/88], Gesta sancti Servatii [des Stephan?, 1120/30] -> Servatiusviten) und versah die beiden von ihm gleich gewichteten Teile jeweils mit einem Epilog. Der (erste deutsche) höfische Roman "Enaes", dessen damals noch nicht fertiggestelltes Manuskript dem Dichter durch Graf Heinrich von Schwarzburg (†1184) zwischenzeitlich gestohlen wurde (1174?), schildert in rund 13500 Reimpaarversen auf der Grundlage des französischen Roman d'Eneas (und Vergils Aeneis) auf pseudo-historische und fiktiv-literarische Weise das Geschehen um den Helden und Ritter Äneas; er kann eingeordnet werden zwischen Antikenroman und Heldenepik, steht auch in einer "historiografischen" Bildungstradition, bewegt sich zwischen "historiografischem Erzählen" und "fiktionaler Autonomie".
An Quellen und Literatur zu Heinrich von Veldeke seien genannt: Heinric van Veldeken, Sente Servas. Mittelniederländisch/Neuhochdeutsch, hg. u. übers. v. Jan Goossens, Rita Schlusemann, Norbert Voorwinden (2008) (= BiMiLi III), Münster 2008, 417 S., € 3,90; Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, übers. v. Ludwig Ettmüller (= RUB 8303), Stuttgart 1986, 894 S., DM 24,-; Opitz, Karen (1998), Geschichte im höfischen Roman. Historiographisches Erzählen im "Eneas" Heinrichs von Veldeke (= GRM Beih.14), Heidelberg 1998, 254 S., € 4,20. [Buhlmann, 08.2011, 05.2013]

Heinzelmann, Josef (2010), Die Anfänge der Rheingrafen und ihres Amtes, in: JbwdtLG 36 (2010), S.7-24. Um 1106/09 gründete ein Wulfrich (der Ältere; 1090, 1125), Onkel des Wulfrich (der Jüngere; 1130, 1148) von Winkel (Östrich, Mittelheim, Winkel; Burg Rheinberg, Rheinfähre von Mittelheim), in Mittelheim die cella Winkel, um die es im Jahr 1158 urkundlich bezeugte Erbstreitigkeiten gab. Für die Winkeler Augustinerchorrherrengemeinschaft sind dann Propst Erenfrid (Ezzo de villa Loricha?, Ezzo de Steinheim?; 1129, 1139), der wahrscheinlich in verwandschaftlicher Beziehung zum Gründer der Zelle Wulfrich stand, Abt (!) Folbert (1148, 1154) und Propst Friedrich (1158) bezeugt. Die beiden "Wulferiche" waren verwandt mit den Edelfreien von Heppenheft, den Herren von Steinheim und denen von Lorch, dem Erzbischof Ruthard von Mainz (1089-1109) und den ersten Rheingrafen (comes in Rinegowe, comes Reni, Ringravius u.ä.) Richold (ca.1109), Ludwig (n.1108, †v.1124/32) und Embricho (I; 1124, 1131); ein Rheingraf Embricho (II, 1140, 1152/53, †v.1158) war - der Urkunde von 1158 zufolge - ein Erbe des älteren Wulfrich; Embricho (II) folgte sein Sohn Embricho (III; n.1158), seine Tochter Liutgard heiratete Sifrid von Stein (ca.1160), mit Wolfram (n.1160) begann die Linie der Rheingrafen von Stein. Die Rheingrafen gehörten der Ministerialität der Mainzer Erzbischöfe an und waren wohl für das Geleit (als gräfliches Recht) auf dem Rhein (auch Fährverkehr) zuständig; die Burg Rheinberg war Besitz der Mainzer Erzbischöfe. [Buhlmann, 08.2012]

Heinzelmann, Martin (1976), Bischofsherrschaft in Gallien. Zur Kontinuität römischer Führungsschichten vom 4. bis zum 7. Jahrhundert. Soziale, prosopographische und bildungsgeschichtliche Aspekte (= Beihefte der Francia, Bd.5), München 1976, 281 S., DM 48,-. Viten (Lebensbeschreibungen, Heiligenleben) und Epitaphien (Grabinschriften), also literarisches Totenlob von gallischen Bischöfen im 5. und 6. Jahrhundert, im Übergang vom römischen Reich zu den germanischen Nachfolgestaaten in Gallien (Frankenreich, Burgunderreich, Westgotenreich) fußen nicht zuletzt auf der Laudatio aus römisch-republikanischer Zeit, die auch in der römischen Kaiserzeit in der spätantiken (Senats-) Aristokratie große Wirkung entfaltete (laudatio: Nennung der Herkunft [Familie], der virtutes, Ämter, Taten, usw.). Römischer Adelsethik und christlicher Askese (in ideologischer Synthese) kam bei der Charakterisierung der Bischöfe in Viten und Epitaphien eine besondere Bedeutung zu. Die 27 untersuchten gallischen Epitaphien heben - anders als vergleichbare Geschichtsquellen aus Italien oder Spanien - ab auf aristokratische Aspekte bischöflicher Existenz: vornehme Herkunft, Bildung, Tugendhaftigkeit (conversio), Wohlhabenheit (caritas) des Bischofs als vir sacerdotalis, das Bischofsamt als (erbliches) staatliches Amt. Untersucht wurden die Bischöfe: Concordius von Arles ([374]), Hilarius von Arles (†449), Eutropius von Orange ([ca.475]), Rusticus von Lyon (†501), Viventiolus von Lyon (v.515-v.538), Sacerdos von Lyon (n.541-551/52), Aurelianus von Arles (†551), Nicetius von Lyon (551/52-573), Aetherius von Lyon (ab 586), Priscus von Lyon (nach 586). [Buhlmann, 07.2013]

Heinzelmann, Martin (1994), Gregor von Tours (538-594), "Zehn Bücher Geschichte". Historiographie und Gesellschaftskonzept im 6. Jahrhundert, Darmstadt 1994 > G Gregor von Tours

Heinzer, Felix, Kretzschmar, Robert, Rückert, Peter (Hg.) (2004), 900 Jahre Kloster Lorch. Eine staufische Gründung vom Aufbruch zur Reform (= VKGLBW B N.N.), Stuttgart 2004 > L Lorch

(Essen-) Heisingen, heute ein Stadtteil der Großstadt Essen: Heisingen ist nördlich der Ruhr innerhalb einer Flussschleife gelegen. Sachüberreste aus der Merowingerzeit (7. Jahrhundert) sind im Heisinger Ortsgebiet gefunden worden. Die Geschichte der mittelalterlichen Siedlung Heisingen lässt sich bis in das 9. Jahrhundert zurückverfolgen, wie die frühe schriftliche Überlieferung des Benediktinerklosters Werden zeigt (Ersterwähnung 834). Heisingen war eine Ortlichkeit im nördlich der Ruhr gelegenen Heissi-Wald und gehörte damals zum Ruhrgau und zum fränkischen Herzogtum Ribuarien; im hohen Mittelalter war der Ort Teil der Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft, in Spätmittelalter und früher Neuzeit gehörte Heisingen zum Territorium des Werdener Abtes. Die Werdener Mönchsgemeinschaft verfügte in Heisingen als Grundherr über einigen Besitz, ebenfalls die Frauenstifte Essen und (Essen-) Rellinghausen. Heisingen und seine Höfe waren im Mittelalter Teil der Werdener Pfarrei, eine Heisinger Filialkirche entstand um 1492. Ab dem 14./15. Jahrhundert ist eine Reihe Heisinger (Lehn-) Höfe der geistlichen Kommunitäten Werden und Essen erkennbar: Kofeld (Haus Heisingen), Hickingshof, Schleipmannshof, Linhoferhof usw. Seit dem 16. Jahrhundert spielte der Abbau von Steinkohle in Heisingen eine zunehmende Rolle. Mit der Säkularisation der Werdener Abtei (1803) kam Heisingen an das Königreich Preußen, das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts stand unter dem Einfluss einer starken Industrialisierung (Steinkohlezechen, Eisenbahn [Ruhrtalbahn], Ruhrschifffahrt), 1929 wurde Heisingen nach Essen eingemeindet.
Zu Heisingen s.: Buhlmann, Michael (2016), Heisingen im Mittelalter (= SGE 5), Essen 2016, 52 S., € 3,-. [Buhlmann, 10.2016]

Heitmann, Klaus (1970), Der Immoralismus-Prozeß gegen die französische Literatur im 19. Jahrhundert (= Ars poetica. Texte und Studien zur Dichtungslehre und Dichtkunst, Studien-Bd.9), Bad Homburg v.d.H.-Berlin-Zürich 1970 > F Französische Sprache

Heitmeier, Irmtraut (1990), Ortsnameninterpretation und Siedlungsgeschichte. Ein methodischer Versuch am Beispiel des südöstlichen Chiemgaus, in: ZBLG 53 (1990), S.551-658 > N Namenkunde

Helbach, Ulrich, Das Reichsgut Sinzig (= RA 122), Köln-Wien 1989, 377 S., Karten. Römische Siedlungsspuren in und um Sinzig sind nicht vorhanden, fränkische reichen bis ins 7. Jahrhundert zurück; ebenso können für diese Zeit (643) Einflüsse des merowingischen Königtums in einem weiteren Umfeld um Sinzig angenommen werden. Zum Jahr 762 ist ein Aufenthalt König Pippins des Jüngeren (751-768) im Sentiaco palatio ("Pfalz Sinzig") bezeugt, der Ort war (spätestens) in karolingischer Zeit als villa regia ("königlicher Ort", 828) Mittelpunkt eines Reichsgutkomplexes (fiscus), der zusammen mit Königsgut um den ehemaligen römischen Kastellort Remagen (Fiskus Sinzig-Remagen) ein (Forst-) Gebiet links des Rheins bis zur Hohen Acht in der östlichen Hocheifel zumindest zeitweise umfasste. Schenkungen an Klöster und Kirchen (westliches Waldgebiet an das Kloster Prüm [762], Breisig wohl an das Frauenstift Essen [9. Jahrhundert]) minderten schon früh den Umfang des Reichsgutbezirks; im Verlauf des frühen und hohen Mittelalters sind Besitz-, Pfarr- und Zehntrechte der Abtei Stablo-Malmedy (814), der Aachener Marienkirche (Pfarrei Sinzig 855) oder der Abtei Deutz (1003) nachweisbar. Der Ort Sinzig selbst war Aufenthaltsort einiger fränkischer, ostfränkischer und deutscher Herrscher (842, 876, 1152, 1158, 1174, 1180, 1192, 1193, 1206, 1207, 1212, 1214, 1215, 1225, 1242 und später); er lag an der in karolingischer Zeit ausgebauten Heerstraße zwischen Aachen (den späteren Krönungsort der deutschen Könige) und Frankfurt (den späteren Ort der Wahl der deutschen Könige) sowie an Ahr und Rhein. Im Verlauf des 9. Jahrhunderts, jedenfalls nach 814 erfolgte die Trennung der Fiskalbezirke Sinzig und Remagen. Remagen gelangte im 10. Jahrhundert an die rheinisch-lothringischen Pfalzgrafen, die Stellvertreter des Königtums an Nieder- und Mittelrhein. In ottonisch-salischer Zeit stellte sich das Sinziger Reichsgut dar als Bezirk mit zunächst ausgeprägter Forstverwaltung (Gebiete westlich von Sinzig, Wildbannverleihung 992) sowie königlicher Grundherrschaft mit Eigenbewirtschaftung und Landleihe entlang von Rhein und unterer Ahr. Spätestens in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts bestand allerdings der auf karolingische Grundlagen fußende königliche Forst um Sinzig nur noch teilweise (Landesausbau, örtliche Gewalten). Reichsgut und districtus Sinzig - unter der Kontrolle von Grafen - kamen mit (lokaler) Münze, Markt, Zoll und den Wäldern zwischenzeitlich an das Erzbistum Bremen-Hamburg (Schenkungsurkunde 1065); Sinzig wurde im Gefolge des rheinischen Aufstands gegen Kaiser Heinrich V. (1106-1125) zerstört (1114); der Fiskus war gemäß dem oben zitierten Tafelgüterverzeichnis neben Remagen zur Leistung von zwei Königsservitien verpflichtet (ca.1150 oder 1165/66). In staufischer Zeit geriet Sinzig mit dem dortigen, wohl damals ausgebauten Königshof in das Blickfeld König Friedrich I. Barbarossas (1152-1190), der hier im Jahr 1152 auf seiner Krönungsreise vom Wahlort Frankfurt zum Krönungsort Aachen vom Schiff auf das Pferd wechselte. In Frontstellung gegen die Kölner Erzbischöfe erlangte Sinzig ab den späten 1160er-Jahren als Stützpunkt des Königtums im Rheintal Bedeutung; 1180 kamen ausländische Gesandte zu Kaiser Friedrich I. nach Sinzig. Die ab 1206 erbaute Reichsburg Landskron sollte das Sinziger Reichsgut schützen. Eine ebensolche Rolle hatte die ins 11. Jahrhundert zurückreichende, unmittelbar am Rhein gelegene und mit einer Zollstelle verbundene Burg Hammerstein (bei Hönningen), die als wichtiges Verwaltungszentrum unter der Leitung der Hammersteiner Familie von Reichsministerialen stand. Mit Ausbau und Neugestaltung des Sinziger Reichsguts wahrscheinlich unter Friedrich Barbarossa verloren die Hammersteiner ihre Machtposition in Sinzig; das Reichsgut stand fortan unter der Leitung von villici als königlichen Amtsträgern (Sinziger officium). Die Neuordnungen kamen unter König Friedrich II. (1212-1250) zu einem Abschluss, als der Ministeriale Gerhard (I.) von Sinzig (†1236?) die Leitung von Reichsgut und Reichsburg übernahm (Abtrennung von Reichsgut, Sinziger Reichsgut unter Einschluss der Burg Landskron 1214/15). Von Gerhards Sohn Gerhard (II., †1273), dem villicus von Sinzig und Burggrafen von Landskron, ist seine Rechnungslegung gegenüber König Konrad IV. (1237-1254) überliefert (1242); bei reduzierter Eigenwirtschaft der königlichen Hofverbände (um den Königshof, bei den villae Franken, Kaltenborn, Königsfeld) spielten die erhobenen Steuern und Geldzahlungen eine immer größer werdende Rolle, doch fiel das Steueraufkommen des Rechnungsjahrs 1241/42 wohl niedriger aus als veranschlagt (Reichssteuerverzeichnis) - wahrscheinlich eine Folge der Kämpfe am Rhein und um Sinzig (Zug Konrads IV. an den Niederrhein 1242) -, unterlag aber auch in den 1240er-Jahren einer massiven Zunahme infolge des gestiegenen Finanzbedarfs des Herrschers. Über Sinzig und Landskron hinaus, als Leiter einer staufischen Prokuration hat Gerhard (II.) im Übrigen wohl wenig Wirksamkeit entfaltet; im Gegenteil leitete seine Gefangennahme (1248) das Ende des von den staufischen Königen beherrschten Sinziger Reichsguts ein. Im Schatten von Königshof und Pfarrkirche entwickelte sich zunächst nur in bescheidenem Ausmaß die königliche Stadt Sinzig. Für die Anfänge des Ortes mag die Bezeichnung vicus aus dem 9. Jahrhundert stehen, für das Jahr 1065 sind (grundherrschaftlicher) Markt, Münze und Zoll belegt, zum Jahr 1184 wird Sinzig als regium oppidum ("königliche Stadt") charakterisiert. Die Nähe zum Rhein und die Lage an der Aachen-Frankfurter Heerstraße haben den Handel am Ort auf alle Fälle befördert. Zum Jahr 1225 ist von Sinziger cives ("Bürgern") unter einem magister ville ("Ortsmeister") die Rede, milites wohl ministerialischen Ursprungs und zwei städtische villici sind ebenfalls fassbar. 1255 gehörte Sinzig dem Rheinischen Städtebund an. Ein Stadtsiegel (Herrscherbildnis mit Lilienzepter und Reichsapfel) ist für 1268/70 nachweisbar, eine Bürgergemeinde mit Ratsverfassung (consules) unter der Leitung eines magister civium ("Bürgermeister") wird erst in 1290er-Jahren erkennbar, der Bau einer Stadtmauer erfolgte im Jahr 1297. In die städtische Ordnung hinein ragte die Reichsgutorganisation der tota imperii familia ("ganzen Hofgenossenschaft des Reiches", 1225) durch das officium ("Amt") des Landskroner Burggrafen bzw. das (Reichs-) Schultheißenamt; die Reichsgutorganisation hat zweifelsohne die Stadtwerdung Sinzigs behindert. Schließlich bestimmte die (lokale, regionale) Ministerialität des Sinziger Reichsguts (Reichsministerialen von Hammerstein und Landskron, Ministerialenfamilie Guden von Sinzig, Ritterfamilie vom Turm) vielfach das politische Geschehen in der Stadt. Eine jüdische Ansiedlung in Sinzig kann schon für das endende 12. Jahrhundert angenommen werden, nachweisbar sind die Sinziger Juden aber erstmals in der Reichssteuerliste (1241) und in der Abrechnung des villicus Gerhard aus dem Jahr 1242. Eine Sondersteuer in Höhe von 500 Mark wurde von den Sinziger Juden ein Jahr später erpresst (1243). Schließ-lich fielen die Juden in Sinzig Verfolgungen zum Opfer; 1265 zählten jüdische Quellen 61 Opfer, die in der in Brand gesteckten Synagoge umkamen, 1287 betrug die Opferzahl 46 Personen, die infolge einer vom mittelrheinischen Oberwesel ausgehenden Verfolgung (Auffindung der Leiche eines Knaben) ermordet wurden. Stadt und Reichsgut wurden wahrscheinlich 1276 durch König Rudolf I. von Habsburg (1273-1291) verpfändet, wobei die sich ausbildende Stellung Sinzigs als Reichsstadt gewahrt blieb. Im politischen Hin und Her am Nieder- und Mittelrhein zwischen Königtum und Territorialherren war das Sinziger Reichsgut hauptsächlich zwischen den Grafen von Jülich und den Kölner Erzbischöfen umkämpft. 1267 soll Sinzig unter Jülicher Herrschaft gestanden haben (Einnahme der Stadt durch den Kölner Erzbischof Engelbert II. [1261-1274]), auf die Verpfändung von 1276 an den Jülicher Grafen folgte die erzbischöfliche Inbesitznahme (1277), die vielleicht bis 1289/90 anhielt. Auf die den Herrschaftsverhältnissen im Rheinland angepasste Politik der ersten Regierungsjahre König Adolfs von Nassau (1292-1298) folgte die Verpfändung des Jahres 1295 an die Jülicher Grafen, die sich aber erst nach Niederlage der rheinischen Kurfürsten gegen König Albrecht I. (1298-1308) im sicheren Besitz der Pfand-schaft befanden (1302). Dabei blieben die Beziehungen etwa der Lehnsnehmer im Sinziger Reichsgut zum Königtum weiter erhalten, wenn auch hier der Jülicher Landesherr als Graf bzw. Markgraf (1356) im Verlauf des 14. Jahrhunderts in die Stellung des Königs als Lehnsherrn einrückte. Die Stadt Sinzig jedenfalls hatte sich mit der Jülicher Herrschaft arrangiert. [Buhlmann, 10.2015]

Helfritz, Hans (1980), Mexiko. Ein Reisebegleiter zu den Götterburgen und Kolonialbauten Mexikos (= DuMont Kunst-Reiseführer), Köln 61989 > M Mexikanische Geschichte

Heller, Erdmute, Moshabi, Hassouna (1993), Hinter den Schleiern des Islam. Erotik und Sexualität in der arabischen Kultur, München 1993 > L Liebe und Sexualität

Hellmann, Christian (1983), Der Science Fiction Film (= Heyne Filmbibliothek 53), München 1983 > S Science Fiction

Hellwig, Gerhard, Linne, Gerhard (1975), Daten der Weltgeschichte. Von der Altsteinzeit bis heute, München 1988 > W Weltgeschichte

Helmes, Günter, Köster, Werner (Hg.) (2002), Texte zur Medientheorie (= RUB 18239), Nachdruck Stuttgart 2013 > M Medien

Helmstedt, Benediktinerkloster: Um das Jar 800 entstand an der unteren Ruhr das (Benediktiner-) Kloister Werden, eine Gründung des heiligen Missionars und Bischofs Liudger (†809). Vielleicht schon seit dem 9. Jahrhundert waren die Werdener Äbte während des ganzen Mittelalters und der frühen Neuzeit auch gleichzeitig Leiter des Helmstedter Klosters gewesen, über dessen Anfänge nichts bekannt ist. Werden und Helmstedt waren als Doppelabtei miteinander verbunden, wobei die Wahl des Klosterleiters innerhalb der Werdener Mönchsgemeinschaft erfolgte. In den Werdener Urbaren ist reicher Besitz des Doppelklosters auch um Helmstedt und in Ostsachsen bezeugt. Wie in Werden übten die Äbte über die sich im Hochmittelalter ausformende Stadt Helmstedt zunächst ihre Stadtherrschaft aus. Auch in Helmstedt erwuchs ihnen spätestens seit der Mitte des 12. Jahrhunderts eine Stadt, die nach der Brandkatastrophe von 1200 (im deutschen Thronstreit [1198-1208]) um 1230 erstmals ummauert wurde und im Laufe des 13. Jahrhunderts weitgehend selbstständig vom Werdener Abt als Stadtherrn wurde. Die stadtherrlichen Rechte gingen dabei auf den Rat Helmstedts und auf die welfischen Herzöge über, wobei Letztere seit 1180 die Kirchenvogtei über das Kloster besaßen und ihnen 1490 formell Helmstedt abgetreten wurde. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts soll die Einwohnerzahl der Stadt annähernd 3000 betragen haben. Auch das Helmstedter Kloster geriet im späten Mittelalter in den Sog des Niedergangs der Werdener Abtei. Die Äbte - sowieso nur vom Werdener Konvent gewählt - kümmerten sich kaum noch oder nur unzulänglich um die Angelegenheiten im weit entfernten Helmstedt. Und daher hielt auch die Bursfelder Kongregation und ihre Reform erst 1481 dort Einzug und konnte mit dem Neuaufbau des Klosters beginnen. In der frühen Neuzeit gab es dann das Helmstedter Ludgerikloster als eine reichsunmittelbare Mönchsgemeinschaft in Landstadt und Territorium der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel. Das Ludgerikloster wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts säkularisiert.
Zu Kloster und Stadt Helmstedt s. an Geschichtsquellen: Behrends, P.W. (1836/39), Diplomatarium monasterii sancti Ludgeri prope Helmstadium, in: Neue Mittheilungen des thüringisch-sächsischen Vereins 2 (1836) H.3/4, S.450-503, 3 (1837), H.1, S.73-90, 4 (1839), H.2, S.65-92, an Darstellungen: Mutke, Eduard (1913), Helmstedt im Mittelalter. Verfassung, Wirtschaft, Topographie (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte, Bd.IV), Wolfenbüttel 1913, XVI, 167 S., Tafeln, RM N.N.; Römer, Christof (1983), Helmstedt - Werden. Tausendjährige Geschichte einer Doppelabtei aus Helmstedter Sicht, in: MaH 36 (1983), S.11-23. [Buhlmann, 11.1995, 05.1996, 12.1999, 06.2012]

Helvetia sacra, hg. v. Kuratorium der Helvetia Sacra, erfasst als wissenschaftlich aufbereitetes Nachschlagewerk alle Erzbistümer, Bistümer, Stifte, Klöster, geistliche Gemeinschaften, die in der geschichtlichen Entwicklung der Schweiz (christliche Antike, Mittelalter, frühe Neuzeit, Moderne) eine Rolle spielen. U.a. sind erschienen: Abt.I: Erzbistümer und Bistümer: Bd.2: Das Bistum Konstanz. Das Erzbistum Mainz. Das Bistum St. Gallen, hg. v. Brigitte Degler-Spengler (1993), 2 Tle., Basel-Frankfurt a.M. 1996, zus. 1143 S., Kartenbeilagen, € 60,-, Bd.5: Das Bistum Sitten. L'Archidiocèse de Tarentaise, hg. v. Patrick Braun, Brigitte Degler-Spengler, Elsanne Gilomen-Schenkel (2001), Basel 2001, 664 S., Karten, € 19,-; Abt.III: Die Orden mit Benediktinerregel: Bd.1,I-III: Frühe Klöster, die Benediktiner und Benediktinerinnen in der Schweiz, hg. v. Elsanne Gilomen-Schenkel (1986), 3 Tle., Bern 1986, zus. 2150 S., DM 90,-, Bd.3,I-II: Die Zisterzienser und Zisterzienserinnen, Die Reformierten Bernhardinerinnen, Die Trappisten und Trappistinnen und Die Wilhelmiten in der Schweiz, hg. v. Cécile Sommer-Ramer u. Patrick Braun (1982), 2 Tle., Bern 1982, zus. 1206 S., SFR 250,-; Abt.IV: Die Orden mit der Augustinerregel: Bd.2: Die Augustiner-Chorherren und die Chorfrauen-Gemeinschaften in der Schweiz, hg. v. Elsanne Gilomen-Schenkel (2004), Basel 2004, 573 S., Karte, € 19,-, Bd.3: Die Prämonstratenser und Prämonstratenserinnen in der Schweiz, hg. v. Bernard Andenmetten u. Brigitte Degler-Spengler (2002), Basel 2002, 591 S., € 19,-, Bd.5: Die Dominikaner und Dominikanerinnen in der Schweiz, hg. v. Petra Zimmer (1999), 2 Tle., Basel 1999, zus. 1163 S., € 35,-; Abt.V: Der Franziskusorden: Bd.1: Die Franziskaner, die Klarissen und die regulierten Franziskanerterziarinnen in der Schweiz. Die Minimen in der Schweiz, hg. v. Brigitte Degler-Spengler (1978), Bern 1978, 805 S., € 22,-, Bd.2,I-II: Die Kapuziner- und Kapuzinerinnen in der Schweiz, hg. v. Albert Bruckner u. Brigitte Degler-Spengler (1974) / Abt.VI: Die Karmeliter in der Schweiz, hg. v. Brigitte Degler-Spengler (1974), Bern 1974, zus. 1248 S., Karte, € 27,50; Abt.IX: Die Humiliaten in der italienisch-sprachigen Schweiz und Die Beginen und Begarden in der Schweiz: Bd.2: Die Beginen und Begarden in der Schweiz, hg. v. Cécile Sommer-Ramer (1995), Basel-Frankfurt a.M. 1995, 926 S., € 40,-. [Buhlmann, 09.2018, 07.2020, 06.2021, 06.2022]

Hemleben, Johannes (1963), Rudolf Steiner (= rm 79), Reinbek b.H. 101970, Reinbek b.H. 141975 > S Steiner, Rudolf

Hemleben, Johannes (1972), Evangelist Johannes (= rm 194), Reinbek b.H. 31973, 156 S., Schwarzweißabbildungen, DM 4,80, identifiziert den Verfasser des Johannesevangeliums, den "Evangelisten Johannes", mit dem Lieblingsjünger Jesu als Teilnehmer am letzten Abendmahl und Zeuge von Gefangennahme, Kreuzigung, Grablege und Auferstehung Jesu Christi, mit dem Verfasser der drei neustestamentlich-biblischen Johannesbriefe und der Offenbarung (Apokalypse) des Johannes (Reisen des Johannes durch Kleinasien, nach Südfrankreich; Opfer der Christenverfolgung in Rom; Verbannung nach Patmos; Rückkehr nach Ephesos). [Die heutige historisch-theologische Forschung beantwortet die "johanneische Frage" - entgegen der christlichen Tradition - nach der Identität von Jünger und Evangelist Johannes indes negativ, liegt doch zudem zwischen der von Jesus Christus erlittenen Heilsgeschichte und der Abfasssung des Johannesevangeliums ein Zeitraum von rund 70 Jahren. Dem Verfasser des Evangeliums können außerdem nur der 1. Johannesbrief zugeordnet werden; zum biblischen Buch der Apokalypse besteht außer der Namensgleichheit der Verfasser von Evangelium und Offenbarung wohl keine Verbindung.] [Buhlmann, 01.2020]

Hemingway, Ernest, US-amerikanischer Schriftsteller: Ernest Hemingway (*1899-†1961) begann mit seiner schriftstellerischen Karriere im Jahr 1917, nahm am Ersten Weltkrieg (1914-1918) teil (italienische Front, Verwundung), lebte danach - als Sprachrohr der "verlorenen Generation" - in Paris (1921/27; literarischer Zirkel um F. Scott Fitzgerald, Ford Madox Ford, Ezra Pound, Gertrude Stein), um danach in die USA zurückzukehren und u.a. auf Kuba zu leben (1927 bzw. 1930er-Jahre; Wohnhaus in Key West, Florida; Bahamas, Kuba, Reisen [Spanien, Uganda]). Wichtig blieb für Hemingway auch seine Tätigkeit als Reporter, u.a. als Kriegsreporter im Ersten Weltkrieg, im griechisch-türkischen Krieg (1919-1922), im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) oder im Zweiten Weltkrieg (1939-1945; Befreiung von Paris, Schlacht im Hürtgenwald 1944). Hemingways letzte Jahre waren überschattet von Depressionen und einer Alkoholabhängigkeit. Der 1954 mit dem Nobelpreis geehrte Schriftsteller beendete am 2. Juli 1961 sein Leben durch Selbstmord. Hemingways Einfluss als Schriftsteller war überragend und stilbildend für die moderne Literatur über die USA hinaus. An literarischen Werken Hemingways sind zu nennen: Three Stories and Ten Poems (1923), In Our Time (1925), The Sun Also Rises (1926), The Torrents of Spring (1926), Men Without Women (1927), A Farewell to Arms (1929), Death in the Afternoon (1932), Winner Take Nothing (1933), Green Hills of Africa (1935), To Have and Have Not (1937), The Fifth Column an the Firts Forty-nine Stories (1938), For Whom the Bell Tolls (1940), Across the River and into the Trees (1950), The Old Man and the Sea (1952), A Moveable Feast (1964), Islands in the Stream (1970), The Dangerous Summer (1985), The Garden of Eden (1986), True at First Light (1999).
Zu Ernest Hemingway s.: Hemingway, Ernest (1926), Fiesta. Roman (= rororo 5), Reinbek b.H. 171962, 181 S., DM 2,20; Hemingway, Ernest (1929), In einem anderen Land. Roman, Gütersloh 1957, 256 S., DM N.N.; Hemingway, Ernest (1940), Wem die Stunde schlägt. Roman (= Fischer Tb 408), Frankfurt a.M. 161979, 477 S., DM 7,80; Hemingway, Ernest (1952), Der alte Mann und das Meer, Hamburg 101958, 123 S., DM 7,50; Hemingway, Ernest (1952), Der alte Mann und das Meer (= rororo 328), Reinbek b.H. 41982, 124 S., DM 4,80; Hemingway, Ernest (1964), Paris. Ein Fest fürs Leben (= rororo 22702), Reinbek b.H. 82015, 316 S., € 9,99; Hemingway, Ernest (1970), Inseln im Strom. Roman (= rororo 4080), Nachdruck Reinbek b.H. 1989, 393 S., Karte, DM 9,80 (über den Maler Thomas Hudson, dessen Erlebnisse auf den Bimini-Inseln [Bahamas] zusammen mit seinen drei Söhnen, die infolge von Unfall und Krieg vor dem Vater sterben, rückblickend in Europa und in Fernost, schließlich auf Kuba und auf See im Zweiten Weltkrieg u.a. als Kommandant eines getarnten Kutters [Kampf gegen deutsche Soldaten auf Kuba, erfolgreiche Jagd auf gestrandete deutsche U-Boot-Mannschaft in der Karibik]); Hemingway, Ernest (1987), The Complete Short Stories of Ernest Hemingway. The Fina Vigía Edition, New York 242003, 651 S., $ 22,-. [Buhlmann, 05.2020, 05.2021, 10.2021, 04.-05.2023, 11.2023]

Hemsbach a.d. Bergstraße, Stadt im Bundesland Baden-Württemberg innerhalb der Bundesrepublik Deutschland: I. In der näheren und weiteren Umgebung Hemsbachs verweisen archäologische Funde und Fundstätten auf die Stein- und Bronzezeit (ca.1800-1200 v.Chr.), auf die Hallstatt- (ca.850-450 v.Chr.) und die Latènezeit (ca.450 v.Chr.-um Christi Geburt). Römisch-kaiserzeitliche Funde fehlen, im 1. bis 3. Jahrhundert n.Chr. gehörte das Gebiet um Hemsbach als Hinterland des obergermanisch-rätischen Limes zum Imperium Romanum. Auch Alemannen- (4.-5./6. Jahrhundert) und fränkische Merowingerzeit (6.-8. Jahrhundert) schlagen sich in der Hemsbacher Frühgeschichte kaum nieder. II. In der frühkarolingerzeitlichen Überlieferung des Klosters Lorsch treten Orte entlang der Bergstraße wie Boitzheim (755), Heppenheim (773) und schließlich auch Hemsbach (795, Hemmingisbach) erstmals in Erscheinung. Vielleicht war das im Rheingau gelegene Hemsbach damals eine Ausbausiedlung Heppenheims gewesen (Schenkung der Heppenheimer Mark durch König Karl den Großen [768-814] an Lorsch 773). Das Dorf Hemsbach blieb über einige Jahrhunderte in Lorscher Besitz, eine Urkunde König Ottos I. (936-973) lässt zudem Königsgut in Hemsbach erkennen (948). Der Lorscher Codex verweist zudem auf umfangreichen Besitz, vielfältige Abgaben und Schenkungen im hochmittelalterlichen Hemsbach. In dieser Zeit ist eine Lorscher Ministerialenfamilie bezeugt, die sich nach Hemsbach bzw. Laudenbach nannte. Der Niedergang der Lorscher Mönchsgemeinschaft leitete den Übergang Hemsbachs in den Herrschaftsbereich der rheinischen Pfalzgrafen ein, wobei Lorscher Besitz und Rechte zwischen den Pfalzgrafen und den Mainzer Erzbischöfen lange Zeit umstritten blieben (rheinische Pfalzgrafen als Lorscher Klostervögte, Schenkung Lorschs durch Kaiser Friedrichs II. [1212-1250] an den Mainzer Erzbischof 1232, Vergleich von 1247, Ausgleich von 1308). Im Zuge der Königswahl von 1314 gelangte jedoch der größte Teil Hemsbachs an das Mainzer Erzbistum, ohne dass es zu einem völligen Ende der Fehden um die ehemaligen Lorscher Orte entlang der Bergstraße gekommen wäre; ein Waffenstillstand (1339) führt zu einem Schiedsgerichtsverfahren, das Burg und Stadt Weinheim zusammen mit Hemsbach wieder an die Pfalzgrafschaft brachte (1344). Hembsbach mit seiner spätmittelalterlichen Tiefburg (als Schloss in der frühen Neuzeit) und seinem Amt wurde zeitweise als pfalzgräfliche Unterherrschaft u.a. an Anshelm von Hemsbach (†1365/67) und Albrecht von Brackenheim (1367-1369) vergeben. 1410 ging Hemsbach infolge der Teilung der Pfalzgrafschaft an Pfalz-Mosbach über, das Dorf wurde 1425 befestigt. Wiederholt wurde Hemsbach verpfändet, u.a. an den Bischof von Worms (1449), der 1485 über das gesamte Amt Hemsbach mit Ausnahme des Zolls und des Zentgerichts verfügte. In der Mainzer Fehde (1460; Niederlage des Mainzer Erzbischofs bei Pfeddesheim 1460) schlug ein Angriff Mainzer Truppen auf Hemsheim fehl; in der Mainzer Stiftsfehde (1461/62) und darüber hinaus behauptete Kurpfalz seine Positionen an der Bergstraße und baute sie noch aus (1463/66). Eine Bürgerliste vom Ende des 15. Jahrhunderts weist für die "Kellerei" Hembsbach eine Gesamteinwohnerzahl von ingesamt mehr als 500 Personen auf. III. Mit den Verpfändungen von 1449 und 1485 gelangte Hemsbach sukezssive an das Bistum Worms, das bis ins beginnende 18. Jahrhundert seine Herrschaft dort behaupten konnte (Weistum des Hemsbacher Gerichts 1490, Reformation in der Kurpfalz 1530/40er-Jahre bzw. 1546 bzw. 1556/59, Simultaneum 1652, Regensburger Rezess 1653). Die Errichtung eines jüdischen Verbandsfriedhofs datiert auf das Jahr 1578; an Hemsbacher Hof- und Zinsgütern aus Spätmittelalter und früher Neuzeit sind zu nennen: Gunzenbach, Watzenhof, Schloss-/Kaplaneigut, Burggut, Rennhof, Hüttenweidgut, Balzenbacherhof, Propsteigut/Mönchhof, ebenso gab es im späten Mittelalter pfalzgräfliche Belehnungen mit Besitzteilen und Rechten aus der Kellerei. Mit dem Ladenburger Ausgleich (1705) gelangte Hemsbach mit dem Amt wieder an die Kurpfalz. Als Teil des kurpfälzischen Territoriums (18. Jahrhundert), des badischen Großherzogtums (19. Jahrhundert, bis 1918), von Weimarer Republik (1919-1933), nationalsozialistischem Deutschland (1933-1945) und Bundesrepublik Deutschland (1949-heute) machte Hemsbach die jeweiligen regionalen und überregionalen Entwicklungen mit. 1979 wurde Hemsbach das Stadtrecht verliehen. Vgl.: Hemsbach an der Bergstraße (im Wandel der Zeit), hg. v.d. Stadt Hemsbach (1980), o.O. 1980, 692 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, DM N.N. [Buhlmann, 02.2021]

Hengerer, Mark (2015), Ludwig XIV. Das Leben des Sonnenkönigs (= BSR 2842), München 2015, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, Stammtafel, Karte, € 8,95. I. Ludwig, Sohn des französischen Königs Ludwig XIII. (1601-1643) und der habsburgisch-spanischen Prinzessin Anna von Österreich (†1666), wurde am 5. September 1638 im bei Paris gelegenen Schloss Saint-Germain-en-Laye geboren. Als designierter Thronfolger genoss Ludwig (zusammen mit seinem jüngeren Bruder Philippe) eine vielseitige (religiöse, adlige) Erziehung und Ausbildung, die ihn auf sein Herrscherdasein politisch vorbereitete, ihn auch schon früh repräsentativen Pflichten unterwarf und ins Hofzeremoniell einband. Nach dem Tod des Vaters (14. Mai 1643) wurde der damals fünfjährige Sohn automatisch König von Frankreich und Navarra (Ludwig XIV., 1643-1715). Ludwigs erste Regierungsjahre standen unter der Regentschaft seiner Mutter Anna von Österreich (1643/51) und des Ersten Ministers Mazarin (1643/61). Ludwig heiratete die habsburgisch-spanischen Prinzessin Maria Theresa (1660); aus der Ehe ging der Sohn Ludwig (*1661-†1711) hervor. Zudem verfügte Ludwig - abseits von zahlreichen Affären - über eine Anzahl von Geliebten und Mätressen, die über Einfluss am Königshof und in der Politik verfügten (Francoise Louise de la Baume Le Blanc, Francoise-Athénais de Rouchechouart de Mortemart-de Montespan, Francoise de'Aubigné; Giftmordaffäre 1679/81). Mit dem Tod Mazarins begann die selbstständige Regierung des Königs (1661). II. Innenpolitisch ging die Regierungszeit König Ludwigs XIV. mit einer institutionellen Verdichtung einher, das Königtum (Sakralität, Absolutsheitsanspruch/Souveränität, kulturelle Hegemonie, Propaganda) setzte sich politisch endgültig gegen Herrschaftskonkurrenten durch (privilegierter Hochadel, Fronde 1648/53, Kompromiss zwischen Königtum und politischer Elite), die Rolle des Königshofs als Herrschaftszentrum (Versailles, Hofadel) und zentrale Institutionen (königlicher Rat, engerer Rat, Kardinalminister, Kronämter, Staatssekretäre) bei Amtsadel, gouvernements (Provinzen) und parlaments (Verwaltungsorgane, Obergerichte), waren prägend für die politische Entwicklung von der Monarchie zum französischen Staat ("Staatsräson"). Dem solcherart erweiterten institutionellen Rahmen in Politik und Verwaltung folgte ein sich immer mehr verstärkender Zugriff des Königtums auf die finzanziellen Ressourcen der ausgeplünderten Landbevölkerung (Feudalabgaben, Kirchenzehnt); der Steuerdruck (intendants des provinces gerade in der Fiskalverwaltung, Steuerpacht) nahm entscheidend zu, etwaige Reformen von (Justiz und) Finanzen, die in den ersten Jahren der persönlichen Regierung Ludwigs XIV. vom Minister Jean-Baptiste Colbert durchgeführt wurden ("Merkantilismus", "Colbertismus" und aktive Wirtschaftspolitik), wurden alsbald konterkariert durch die kriegerische Außenpolitik des Herrschers. Nicht zuletzt ging es König Ludwig XIV. um die Einheit Frankreichs im katholischen Glauben, was Konflikte mit dem Papsttum allerdings nicht ausschloss (Regalienstreit 1673, "Vier Artikel" 1682) bei entschiedenem Eintreten des Herrschers gegen den Jansenismus als Reformmodell des französischen Katholizismus. Die Aufhebung des Edikts von Nantes durch das Edikt von Fontainebleau (1685) verursachte eine massive Flucht der calvinistischen Hugenotten aus Frankreich. III. Das sich vergrößernde stehende Heer Frankreichs und die kostspieligen Kriege belasteten die Finanzen des Königreichs bei rapider Steigerung der Schuldenlast schwer (Schieflage des Staatshaushalts). Die Kriege wurden dabei unter König Ludwig XIV. zum Ausdruck eines "absolut"-souveränen Königtums, Frankreich trug seit seinem Eintritt in den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) unter dem Kardinalminister Richelieu (1630) stark zur "Bellizität des frühneuzeitlichen Europa" bei; im Zuge eines "Primats der Außenpolitik" kam bei einer "Professionalisierung der Diplomatie" (diplomatische Vertretungen, Repräsentation und Diplomatie) der Kriegführung aus "symbolischen" (Ruhm des Kriegsherrn), territorialpolitischen (Gebietserweiterungen), handelspolitischen (Kolonienerwerb und -verteidigung) oder auch dynastischen Gründen eine große Rolle zu. Und so führte nach der Friedenszeit von Westfälischem (1648) und Pyrenäenfrieden (1659) nach der erfolgreichen Erprobung diplomatischer Mittel (Erster Rheinbund 1658, englisch-holländischer Krieg 1665/67, Frieden von Breda 1667) alsbald König Ludwig XIV. insbesondere (Eroberungs-) Kriege zur territorialen Expansion Frankreichs (in dessen "natürlichen Grenzen") und um die Lösung der "habsburgischen Frage" (spanische, österreichische Habsburger; Rivalität zu Spanien): Devolutionskrieg (1667/68; Kämpfe in den Spanischen Niederlanden, Besetzung der Franche-Comté, Frieden von Aachen 1668), Holländischer Krieg (1672/79; Kämpfe in den Vereinigten Niederlanden, Reichskrieg gegen Frankreich 1674, Frieden von Nimwegen 1678/79), Besetzungen von Reichsgebiet und "Reunionen" (Okkupation Lothringens 1661/70, Besetzung der elsässischen Reichsstädte [Dekapolis] 1673, Besetzung Mömpelgards [Pays de Montbéliard] 1676, Besetzung Straßburgs 1681; Regensburger Stillstand 1684). Zwischen 1685 und 1689 formierte sich indes gegen die französische Expansionspolitik eine europäische Koalition aus römisch-deutschem Reich, Kaiser und Reichsständen (Augsburger Allianz 1686), sowie den "Seemächten" Holland und England; (große) französische Erfolge blieben im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688/87; von französischen Truppen verursachte Zerstörung im deutschen Südwesten, Zerstörung des Heidelberger Schlosses 1689/93, Frieden von Rijswijk 1697) und im Spanischen Erbfolgekrieg (1701/14; Kämpfe im Reich, in Italien, in Spanien; Frieden von Utrecht 1713, Frieden von Rastatt/Baden 1714) damit aus. Geschützt wurde das französische Territorium durch den Vaubanschen Festungsgürtel, der umgekehrt kriegerische Invasionen nach Frankreich im Großen und Ganzen verhinderte. Beim Tod Ludwigs XIV. (1715) lieferte Frankreich jedenfalls ein zwiespältiges Bild: einerseits die massive Schieflage des Staatshaushalts und eine Finanzkrise, die auch im 18. Jahrhundert anhalten sollte und verbunden mit dem Elend bäuerlicher und städtischer (Unter-) Schichten blieb; andererseits die territoriale Ausdehnung Frankreichs - allerdings in der Folge einer kriegerischen Expansionspolitik - und die Erlangung einer militärischen Hegemonialstellung als Landmacht in Europa, der Friede innerhalb Frankreichs, eine differenzierte Verwaltung und Militärverwaltung, das Justizwesen und der Fiskalbereich, die kulturelle Ausstrahlung Frankreichs in andere Länder Europas sowie moderne Entwicklungen etwa in den Bereichen von Wirtschaft und Philosophie (beginnende Aufklärung). IV. In seinen letzten Lebensjahren traten die familiären Beziehungen für Ludwig in den Vordergrund. Gemäß der Thronfolgeregelung sollte sein Urenkel Ludwig (*1710-†1774) sein Nachfolger werden, da der Sohn und die Enkel schon verstorben waren. Im Mai 1715 erkrankte der König, ab Mitte August verschlimmerte sich sein Gesundhetitszustand auf Grund eines Wundbrandes; am 1. September verstarb Ludwig öffentlich im Schloss Versailles. Der noch unmündige Urenkel Ludwig XV. (1715-1774) wurde nun König von Frankreich und Navarra. [Buhlmann, 09.2017]

Henk, Richard, Braus, Günter, Braus, Johannes, Grassl, Anton Maria (1979), Abtei Maulbronn, Heidelberg 31983 > M Maulbronn

Hepperle, Ingrid (2016), Die Zähringer-Dynastie. Verein arbeitet Geschichte des Herzogsgeschlechts in St. Peter auf, in: Schwarzwälder Hausschatz 2016, S.191f > Z Zähringer

Herbers, Cornelia (2007), Die Mirakelberichte des monasterium S. Mariae in Gräfrath (= Libelli Rhenani, Bd.18), Köln 2007, 126 S., Schwarzweißabbildungen. I. (Solingen-) Gräfrath wird erstmals (urkundlich) zum Jahr 1135 erwähnt (Greverode), für die Zeit um 1185 ist von der Gründung des monasterium S. Mariae in Gräfrath infra terminos parrochiae de walde auszugehen (Herauslösung der Gräfrather Kapelle aus dem Pfarrsprengel von Wald [1185], Vilicher Hof in Gräfrath [1187/89], Gründe für die Klostergründung [Etappenstation der Kölner Erzbischöfe an der Straße Köln-Essen, in Gräfrath geschehene Marienwunder]). Die Stiftung der geistlichen Frauengemeinschaft erfolgte vom Stift Vilich aus (Äbtissin Elisabeth II. [1183-, 1219]), das Gräfrather monasterium befand sich in Vilicher Besitz (ius dominii), die Vorsteherin (magistra) wurde von der Vilicher Äbtissin bestätigt. De facto spielte jedoch die Abhängigkeit von Vilich schnell bald keine Rolle mehr. Das monasterium unter der Letung von magistra und Propst (als Vilicher Kanoniker) stellte sich im späteren Mittelalter dar als eine Gemeinschaft von unter der Augustinerregel lebenden Nonnen/Chorfrauen (Patronat über die Sonnborner Pfarrkirche 1208/12, Erwerb der Pfarrkirche Wald 1208/12, Statuten von 1470). II. Aus dem Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit stammen dann aus dem Gräfrather monasterium Wunderberichte (Mirakelberichte) über den Erwerb und die Wunder einer Reliquie der heiligen Katharina von Alexandrien (†4. Jahrhundert, Anfang). Danach erwarb ein Johanniter, Mitglied der Familie der Grafen von Hückeswagen, im Katharinenkloster auf der Halbinsel Sinai im Jahr 1309 (?) ein Knochensplitter des Leichnams der heiligen Katharina, der u.a. auf wundersame Weise (der Translokation) nach Gräfrath zur Schwester des Johanniters, der Nonne Katharina von Hückeswagen (†1323), gelangte. Im Umfeld der Reliquie geschahen alsbald Wunder (Absonderung von Honig, Öl, Wasser und Milch), dokumentiert durch eine Reihe von zehn lateinischen Urkunden der Jahre 1312 bis 1323. Auch eine frühneuzeitliche Tafelinschrift (1605/55) dokumentiert Reliquienerwerb und geschehene Wunder und ergänzt dies durch ein Heilungswunder an Katharina von Hückeswagen. Die von Katharina von Hückeswagen initiierte Katharinenverehrung in Gräfrath spiegelt sich wider im Amt der Gräfrather Reliquienbewahrerin (Katharina von Hückeswagen, Jutta vom Haus 1416/19, Katharina vom Haus 1420/50; 1466/70, 18. Jahrhundert), in der Aufbewahrung der Reliquie und der abgesonderten Flüssigkeiten in Reliquiaren (Gefäße, Tafelreliquiar, Katharinenreliquiar [14. Jahrhundert, Mitte]), im Katharinenaltar der Gräfrather Kirche, in den nach dem Reliquienerwerb einsetzenden Wallfahrten nach Gräfrath. [Buhlmann, 09.2016]

Herbers, Klaus, Neuhaus, Herbert (2010), Das Heilige Römische Reich. Ein Überblick (= UTB 3298), Köln-Weimar-Wien 2010, 371 S., Karten, Stammtafeln, Regententabellen, € N.N. "Reich" (mittelhochdeutsch: riche) hat die Bedeutung "Macht, Herrschaft, Herrschaftsgebiet", das regnum Teutonicorum/Teutonicum ("Reich der Deutschen") wurde im Zusammenhang mit dem Investiturstreit (1075-1122) von Seiten des Papsttums verwendet, während der ostfränkisch-deutsche Herrscher sich rex Romanorum ("König der Römer") nannte. Damit rückt das dem römisch-deutschen Reich zeitlich vorangehende Frankenreich der karolingischen Herrscher (8./9. Jahrhundert) - insbesondere der Kaiser Karl des Großen (768-814) und Ludwig des Frommen (814-840) - in den Fokus. Ein Produkt der Teilungspraxis im Karolingerreich (Vertrag von Verdun 843, Vertrag von Meersen 870, Vertrag von Ribémont 880) war das ostfränkische Reich, aus dem in einem bis ins 11. Jahrhundert (und darüber hinaus) verlaufenden Prozess das römisch-deutsche Reich des Mittelalters entstand. "Römisch" verwies dabei nach den Regeln der translatio imperii auf das römische Reich der Antike, mithin auch auf den Kaisertitel Karls des Großen (800), den wiederum König Otto I. der Große (936-973) für sich und seine Nachfolger erfolgreich in Anspruch nahm (962). Die Bedeutung "heilig" trat im 12. Jahrhundert, in der Zeit der staufischen Herrscher, hinzu: Sacrum Romanum Imperium ("Heiliges Römisches Reich", 1157, 1180/84). Das hochmittelalterliche Reich bestand zudem aus den drei regna ("Königreichen") Deutschland, Italien, Burgund, es war in gewisser Weise "Personenverbandsstaat" und wurde auch zu einem von Institutionen (König-/Kaisertum, Goldene Bulle [1356], Reichstag, Reichskammergericht, Hofgericht, Reichskreise) geprägten "Flächenstaat", in dem freilich Macht und Herrschaft des deutschen Königs bzw. des römischen Kaisers in unterschiedlicher wirksam waren (Grafschaften und Herzogtümer, Territorialisierung und Landesherrschaft, Reichsstädte). Das Heilige Römische Reich stand mithin für einen rund tausend Jahre umfassenden Kontinuitätsstrang von Karl den Großen (800) bis zum Reichsende, das Kaiser Franz II. (1792-1806) durch seinen Verzicht auf das römisch-deutsche Kaisertum bewirkte (1806). Noch der deutsche Dichter Johann Wolfgang Goethe (*1749-†1832) verband in der Zeit, in der er in Frankfurt lebte, den damaligen Wahl- und Krönungsort des römisch-deutschen Kaisers mit dem Heiligen Römischen Reich und dessen Geschichte. Erinnerungsorte für das Alte Reich blieben nach dessen Untergang Regensburg (Reichstag), Frankfurt a.M., Nürnberg, Münster (Westfälischer Frieden [1648]) oder Aachen (Krönungsort). Vielfach wurde das Heilige Römische Reich im 19. und 20. Jahrhundert fälschlicherweise national gedeutet und instrumentalisiert (Romantik, Nationalsozialismus); jedoch war es im Sinne der Ordnungen im Alten Reich vornational und "deutsch" insofern, dass es "Deutschland" und deutsche Sprachräume umfasste. > D Deutsche Geschichte, 10./11.-15./16. Jahrhundert; > D Deutsche Geschichte, 15./16. Jahrhundert-1806 [Buhlmann, 03.2019]

Herbert, Ulrich (2014), Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert, München 2017 > D Deutsche Geschichte, 1870/71-heute

Herbert, Ulrich (2016), Das Dritte Reich (= BSR 2859), München 2016, 134 S., € 8,95. I. Ein deutschen "Sonderweg" in der europäischen Geschichte des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert hat es augenscheinlich nicht gegeben. Das wirtschaftlich und kulturell erfolgreiche deutsche Kaiserreich (1871-1918) zeichnete sich insbesondere durch massive gesellschaftliche, soziale und technologische Transformationen aus (Industrialisierung, Urbanisierung, Sozialpolitik, Wahlrecht), die im Begriff der deutschen Nation aufgefangen und kanalisiert wurden (Nationalismus [Kritik an Massengesellschaft, Liberalismus und Individualität], Obrigkeitsstaat, Militär [expansive Außenpolitik, Kriegsflotte, Kolonien], Parteienlandschaft [Nationalisten, Liberale, Sozialdemokraten]; [latenter] Antisemitismus, Deutsche und inländische Ausländer). Der deutsche Nationalismus entlud sich im für die weitere Entwicklung verhängnisvollen Ersten Weltkrieg (1914-1918), in der deutschen Niederlage (Versailler Vertrag 1919) und in einem sich durch die Niederlage weiter verstärkenden Nationalismus (und Antisemitismus), der zunächst durch die Demokratie der Weimarer Republik (1919-1933) und der sie tragenden politischen Parteien (Sozialdemokraten, Zentrum, Linksliberale) verdeckt wurde. Versailler Vertrag (Gebietsabtretungen, Sonderstellung des Saarlandes, Reparationszahlungen, entmilitarisierte Zone), innenpolitische Probleme ("Kapp-Putsch" 1920, "Ruhrkampf" 1923, Novemberputsch 1923) und wirtschaftliche Entwicklungen (Inflation und Rentenmark 1923) prägten die Anfangsjahre der Republik, die zwischen 1924 und 1929 die "Goldener Zwanziger" erlebte bei weiterhin (relativ) hohem nationalistischen Potential ("völkische Bünde", "Stahlhelm" u.a. als "nationales Lager"). Die Weltwirtschaftskrise (1929/33) (massives Sinken des Bruttosozialprodukts und der Industrieproduktion, hohe Arbeitslosigkeit) beförderte den politischen Extremismus, repräsentiert u.a. durch das Aufkommen der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) unter ihrem "Führer" Adolf Hitler (*1889-†1945). Dessen Kanzlerschaft ("Machtergreifung" 30. Januar 1933) führte zu Diktatur und "Drittem Reich". II. Hitler stand als "Führer" seiner Partei an der Spitze einer "faschistischen Massenbewegung", deren paramilitärische Organisationen SA und SS die politischen Gegner bekämpfte und verfolgte (Reichstagswahlen von 1933). Das "Ermächtigungsgesetz", die (Selbst-) Auflösung der politischen Parteien, die Zerschlagung der Gewerkschaften, das Ende nichtnationalsozialistischer Regierungen in den deutschen Ländern und Kommunen, die "Gleichschaltung" der christlichen Kirchen (Kirchenkampf, Kulturpolitik), von gesellschaftlichen Verbänden und kulturellen Organisationen sowie der Presse (1933 und später) bei genereller Ausweitung politischen Drucks (politische Polizei, Konzentrationslager, Antisemitismus) führten zur nationalsozialistischen Diktatur unter dem "Führer" (Diktator) Adolf Hitler bei "Volksgemeinschaft" und "nationaler Einheit". Hitler bestimmte maßgeblich die Politik des "Dritten Reiches" ("Führerprinzip", "charismatische Herrschaft" [Hitlerkult] und Reichsverwaltung ["Polykratie"]). Hitlers Macht gründete auf den Männern und Frauen, die ihn gewählt hatten, auf den ihm gegenüber loyalen Führungskräften in Wirtschaft und Gesellschaft, auf die Unterstützung durch die Reichswehr, auf der "Bewegung" von NSDAP und SA. Die Ermordung Ernst Röhms, des Führers der SA (1934), beseitigte die Konkurrenz innerhalb der eigenen Partei, nach dem Tod des Reichspräsidenten Hindenburg (August 1934) vereinigte Hitler das Amt des Reichskanzlers mit dem des Reichspräsidenten ("Führer und Reichskanzler"). Politisch und ideologisch war somit das "Dritte Reich" entstanden, das nun u.a. seine menschenverachtende Ideologie umsetzte (Nürnberger Gesetze [1935], Enteignung von Juden, "Aussonderung von Gemeinschaftsfremden"), im Bereich der Wirtschaft auf eine massive militärische Aufrüstung (zur Kriegsvorbereitung) und einen damit verbundenen Kurswechsel setzte sowie im gesellschaftlichen Bereich zunehmend (propagandistisch) die Arbeiterschaft mit einbezog, Frauen auf ihre "natürliche Rolle" als Mutter verwies usw. (DAF [Deutsche Arbeitsfront], NS-Frauenschaft, HJ [Hitlerjugend], NSDAP und staatliche Verwaltung). Die von den Nationalsozialisten betriebene Politik der Aufrüstung fand nach einer Phase der "Beschwichtigungspolitik" Hitlers gegenüber West und Ost ihre Entsprechung in einer "expansiven" Außenpolitik des "Dritten Reiches", wozu die Nichtteilnahme an Genfer Abrüstungsverhandlungen, die Eingliederung des Saargebiets ins deutsche Reich, der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, ein deutsch-britisches Flottenabkommen (1935) sowie der Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland (1936) gehörten. Die olympischen Spiele in Berlin und der militärische "Vierjahresplan" Hitlers zur Kriegsfähigkeit Deutschlands (1936) sahen den Diktator auf den bisherigen Höhepunkt seiner Macht. Es folgten außenpolitisch das nationalsozialistische Eingreifen im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), der Einmarsch in Österreich ("Anschluss Österreichs" 1938), die "Sudetenkrise" und das Münchner Abkommen (29. September 1938) und die Besetzung der "Resttschechei" ("Protektorat Böhmen und Mähren" 1939) bei von Deutschland abhängiger Slowakei. Innenpolitisch ging das Aufrüsten weiter, es folgten Novemberpogrome und "Reichskristallnacht" gegen die Juden im nationalsozialistischen Machtbereich (9. November 1938) sowie eine von Hitler befürwortete Politik der "Euthanasie" gegenüber Kranken, Behinderten und Kindern (1939). Im Jahr 1939 steuerte schließlich das Regime auf den von Hitler ideologisch untermauerten Krieg zur Gewinnung von "Lebensraum" und "nationaler Größe" zu. Seit Anfang 1938 hatte zudem Hitler das "Oberkommando der Wehrmacht" inne (Blomberg-Fritsch-Krise [Hitler und Wehrmacht, Neubesetzungen]). III. Zweiter Weltkrieg: Der nationalsozialistische Krieg Deutschlands als Zweiter Weltkrieg (1939-1945) begann nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts (24. August 1939) mit dem Angriff auf Polen (1. September 1939), das innerhalb von knapp vier Wochen besetzt wurde ("Blitzkrieg", "Generalgouvernement"; Besetzung Ostpolens und der baltischen Staaten durch die Sowjetunion; sowjetisch-finnischer "Winterkrieg" 1939/40). Die Besetzung Dänemarks und Norwegens (9. April 1940) schloss Großbritannien und Frankreich, die Deutschland nach dem Überfall auf Polen den Krieg erklärt hatten, von Nordeuropa aus. Der deutsche Angriffskrieg auf die Beneluxstaaten und Frankreich ab dem 10. Mai 1940 führte bis Mai bzw. Juni zur Besetzung dieser Länder und zum Waffenstillstand mit Frankreich (22. Juni 1940), das als Vichy-Regime Marschall Pétaines ein von Deutschland abhängiger Satellitenstaat wurde (1940/42). Das Eintreten des faschistischen Italien in den Krieg an der Seite Deutschlands und der Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan (27. September 1940; Krieg in Ostasien und im Pazifik) ließ das Bündnis der Achsenmächte entstehen. Nach der verlorenen "Luftschlacht um England" (1940/41) erfolgte das Eingreifen Deutschlands im italienischen Parallelkrieg in Afrika (1940/41; italienisches Kolonialreich in Libyen und Nordostafrika) und die Eroberung Jugoslawiens und Griechenlands (April 1941). Der rassenideologisch stark motivierte Angriffskrieg gegen die kommunistische Sowjetunion ("Kommissarbefehl" Hitlers, "Vernichtung des Bolschewismus/Judentums") im Unternehmen "Barbarossa" und mit Unterstützung Bulgariens, Rumäniens und Ungarns ab dem 22. Juni 1941 brachte zunächst große Gebietsgewinne im Westen und Südwesten der Sowjetunion (Baltikum, "Bezirk Bialystok", Weißrussland, Ukraine, rückwärtiges Heeresgebiet, deutsches Besatzungspolitik, Kollaboration und Partisanentätigkeit). Parallel dazu liefen die von Hitler unterstützten Maßnahmen zur "Endlösung der Judenfrage" an (Wannseekonferenz 20. Januar 1942; "Ghettoisierung" der polnischen Juden, Vernichtungslager und Massenmord, Aushungerungspolitik im rückwärtigen Heeresgebiet). Der Kriegseintritt der USA (11. Dezember 1941) auf Seiten Großbritanniens und der alliierten Mächte sollte die militärische zu Ungunsten des "Dritten Reiches" ändern. Auch der nur als kurzer Feldzug geplante Krieg gegen die Sowjetunion weitete sich (zeitlich) aus; spätestens mit der Schlacht bei Stalingrad (1942/43) gerieten die deutschen Truppen in die Defensive. Der Krieg kehrte nach Deutschland zurück, zumal alliierte Bombenangriffe auf Deutschland (ab 1942) zunehmend Wirkung erzielten, die Wirtschaft vor dem Hintergrund eines "totalen Kriegs" schon längst eine Kriegswirtschaft geworden war (Versorgungslage und Rationierungen, soziale Lage u.a. der Arbeiter, Rolle der NSDAP und ihrer Funktionäre [Umstrukturierung der deutschen Justiz 1942, politischer Vorrang der Parteifunktionäre, u.a. der Gauleiter, gegenüber den Staatsorganen], Zwangsarbeit, Kriegsmüdigkeit und Entpolitisierung, gesellschaftliche Desintegration, Führermythos, Widerstand gegen den Nationalsozialismus). In Nordafrika mussten die zurückweichenden deutschen Truppen bei Tunis kapitulieren (Mai 1943), Italien wechselte zu den Alliierten über (Juli 1943; Besetzung Nord- und Mittelitaliens, Mussolinis Repubblica Sociale Italiana), dem Vorrücken der sowjetischen Roten Armee an der Ostfront (Besetzung Ungarns März 1944) sollten mit der alliierten Invasion in der Normandie (6. Juni 1944) militärische Niederlagen Deutschlands im Westen Europas folgen. Hitler, der in seinem ostpreußischen "Führerhauptquartier" Wolfsschanze das Attentat vom 20. Juli 1944 ohne wesentliche Beeinträchtigung überlebt hatte, kehrte Anfang 1945 nach Berlin zurück, um die Führung in der Verteidigung der Hauptstadt gegen die vorrückenden Sowjettruppen zu übernehmen ("Schlacht um Berlin" April 1945). Mit dem Scheitern der Ardennenoffensive (1944/45) befanden sich die deutschen Truppen auch im Westen endgültig auf dem Rückzug. Hitler trat am 20. März 1945 letztmalig öffentlich in Erscheinung, am 30. April beging er im "Führerbunker" der Alten Reichskanzlei Selbstmord. Am 8. Mai kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos. IV. Die Abwendung der Deutschen von der Weimarer Republik ermöglichte den Aufstieg Adolf Hitlers und seiner nationalsozialistischen Partei. "Faschistische" Massenbewegung und "Führerprinzip" ermöglichten die deutsche Diktatur des "Dritten Reiches"; "Volksgemeinschaft" und eine ethnisch-rassische Hierarchisierung der Gesellschaft - unterlegt mit nationalistischer Ideologie und Propaganda, aber auch mit sozialpolitischen Maßnahmen bei einer "vollständigen Umorientierung von Wirtschaft und Finanzen" - sollten als Gegenpol zur modernen Industriegesellschaft dienen. Außenpolitisch verfolgte das nationalsozialistische Regime eine Revisionspolitik, die - "als tiefer Einschnitt" - in den Zweiten Weltkrieg mündete. Dieser ermöglichte die Errichtung einer nationalsozialistischen Gewalt- und Schreckensherrschaft über große Teile Europas, verbunden mit dem Massenmord an Behinderten, Juden und osteuropäischer Zivilbevölkerung, verbunden mit dem letztlich eintretenden Zusammenbruch des "Dritten Reiches". Zurück blieben über 50 Millionen Tote, riesige Zerstörungen und Verwüstungen, eine "militärische, politische und moralische Niederlage". [Buhlmann, 07.2017]

Herder, Paul (1927), Orts- und Flurnamen aus Ratingen und seiner Umgebung, in: Alt-Ratingen 3 (1927), S.26f, 53ff > R Ratingen

Herders Bibliothek der Philosophie des Mittelalters, hg. v. Matthias Lutz-Bachmann, Alexander Fidora, Andreas Niederberger, bietet in Edition und Übersetzung philosophische (Quellen-) Texte aus dem christlichen und islamischen Mittelalter, u.a.: Bd.2 (2005): Ibn Sab'in, Die Sizilianischen Fragen. Arabisch-Deutsch, übers. v. Anna Akasoy, Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2005, 252 S., € 34,-: Der almohadische Gelehrte Ibn Sab'in (*ca.1217-†1270), aus Murcia stammend, beantwortet zum großen Teil auf rezipierende Weise (Aristoteles, islamische Philosophie) fiktive Fragen des Stauferkaisers Friedrich II. (1198/1212-1250) zur (aristotelischen) Ewigkeit der Welt, zur "göttlichen Wissenschaft" der Philosophie (Wahrheitssuche), zu den (aristotelischen) Kategorien und zur Unsterblichkeit der Seele (Seelenarten). [Buhlmann, 08.2017]

Herkommer, Lotte (1973), Untersuchungen zur Abtsnachfolge unter den Ottonen im südwestdeutschen Raum (= VKGLBW B 75), Stuttgart 1973, XVI, 113 S., DM 15,-. I. Kapitel 64 der Benediktregel behandelt die Wahl des Abtes als Leiter des Klosters. Danach soll (nach Tod oder Resignation des Vorgängerabtes) die geeignetste Person (Idoneität) aus dem Kreis der Mönche einmütig zum Abt bestimmt werden. Dabei kam der sanior pars, dem "kleineren Teil der Mönche mit der besseren Einsicht" mitunter eine besondere Rolle zu. Sollte sich ein Abt als unwürdig erweisen, so haben Diözesanbischof, benachbarte Äbte oder Laien die Pflicht, gegen diesen vorzugehen. U.a. mittelalterliche Kanones, z.B. die Triburer Synodalbeschlüsse von 895, wiederholten diese Bestimmungen. II. Die sog. ottonisch-salische Reichskirche gab im 10. und 11. Jahrhundert (bis zum Investiturstreit) den Rahmen ab für die Verfügbarkeit von Bischofskirchen und Reichsabteien in der königlichen Politik. Dieses Umfeld beeinflusste selbstverständlich auch die Abtswahlen, verlieh doch der deutsche Herrscher in seinen Privilegierungen an die Reichsklöster das Recht der freien (kanonischen) Abtswahl bei Immunität und Königsschutz. Dabei kam auf Grund der Benediktregel und der daraus resultierenden Suche nach dem Fähigsten dem Eingreifen des Königs eine besondere Rolle zu. Der Herrscher bestätigte im Normalfall nach erfolgter Wahl durch die Mönche den neuen Abt und investierte ihn, wobei die Übertragung des Klosters (der abbatia) durch den König erfolgte, der Abt also an die Spitze der geistlichen Gemeinschaft gestellt wurde. Manchmal bestätigte der Herrscher den Abt erst nach längerer Bedenkzeit, manchmal war der König mit dem Gewählten überhaupt nicht einverstanden. Vorkommen konnte es, dass der Herrscher einen Kandidaten von außerhalb des Klosters als neuen Abt bestimmte, was mitunter den Widerstand der Mönche hervorrief. Nach der Investitur folgte auf jeden Fall die Weihe des Abtes. Innerhalb der ottonisch-salischen Reichskirche gab es dann insofern ein Geben und Nehmen, als dass der vom König investierte Abt und das ihm unterstellte Kloster Leistungen für den Herrscher zu erbringen hatte. Diese Leistungen fallen unter den Begriff des servitium regis, des "Königsdienstes" und beinhalteten: das Gebet für den König und seine Familie, Beherbergung und Verpflegung des Königs und seines Gefolges, Reisen des Abtes zu königlichen Hoftagen, Verpflichtung des Klosters zur Heeresfolge. [Buhlmann, 07.2004]

Herm, Gerhard (1975), Die Kelten. Das Volk, das aus dem Dunkel kam, Düsseldorf-Wien 1975 > K Kelten

Herm, Gerhard (1975), Die Kelten. Das Volk, das aus dem Dunkel kam (= rororo 7067), Nachdruck Reinbek b.H. 1989 > K Kelten

Hermann, Armin (1977), Die Jahrhundertwissenschaft. Werner Heisenberg und die Geschichte der Atomphysik (= rororo 9323), Reinbek 1993 > B Brandt, Moderne Physik

Hermlin, Stephan, deutscher Schriftsteller: Rudolf Leder alias Stephan Hermlin (*1915 in Chemnitz; †1997 in Berlin), jüdischer Herkunft und Kommunist, floh nach Absolvierung einer Druckerlehre (1933/36) nach Palästina, Frankreich und der Schweiz, um 1945 nach Deutschland zurückzukehren. Nach einem Aufenthalt in Frankfurt a.M. (1945/47) lebte Hermlin als Redakteur kommunistischer Zeitschriften in Ostberlin (ab 1947). Freundschaftlich mit Erich Honecker verbunden, begann innerhalb der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Hermlins Karriere zu einem der erfolgreichsten DDR-Autoren. Als Kommunist und Mitglied der SED verteidigte er den Bau der Berliner Mauer (1961), war aber auch kritisch gegenüber der DDR-(Kultur-)Politik eingestellt (Lesung junger Lyriker 1962, "Prager Frühling" 1968, Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976, "Berliner Begegnung zur Friedensförderung" 1981). Nach der Wiedervereinigung Deutschlands (1989/90) fand sich Hermlin in eine Literaturdebatte um seine Person verstrickt (1996). U.a. erschien von Stephan Hermlin: Hermlin, Stephan (1944/83), Erzählungen, Berlin-Weimar 81988, 280 S., M 7,20 (mit: Der Leutnant Yorck von Wartenberg, Reise eines Malers in Paris, Die Zeit der Einsamkeit, Arkadien, Die Zeit der Gemeinsamkeit, Der Weg der Bolschewiki, Die Kommandeuse, In einer dunklen Welt, Kassberg, Corneliusbrücke, Ein Mord in Salzburg); Hermlin, Stephan (Hg.) (1988), Deutsches Lesebuch. Von Luther bis Liebknecht (= Reclam 1220), Leipzig 21990 > D Deutsche Literaturgeschichte. [Buhlmann, 07.2004]

Herodot, antik-griechischer Historiograf: I. Die griechische Polis der klassischen griechischen Antike war das politische und kulturelle Umfeld, in dem sich der griechische Geschichtsschreiber Herodot von Halikarnassos (*490/80-†ca.424 v.Chr.) bewegte. In jungen Jahren war Herodot maßgeblich am Sturz des Dynasten Lygdamis in seinem Heimatort Halikarnassos beteiligt, siedelte dann aber ins süditalientische Thurioi über, von wo er zu ausgedehnten "Bildungsreisen" aufbrach, die ihn wohl nach Thrakien und Skythien, an das Schwarze Meer, nach Ägypten und bis nach Babylonien führten. In Athen hielt sich Herodot ab ca.447 v.Chr. mehrere Jahre auf, wo er vielleicht Kontakte zu Sophokles und Perikles hatte. Herodot starb kurz nach der Veröffentlichung seines geschichtlichen Werkes der "Historien". II. Die "Historien" ("Erkundungen") Herodots stellen die erste antik-griechische Geschichtsschreibung dar, Herodot wurde so zum "Vater der Geschichtsschreibung" (Cicero). Das Werk ist in neun Bücher aufgeteilt und stellt den Aufstieg des Perserreiches im 6. Jahrhundert und die Perserkriege zwischen Griechen und Persern (Griechen - Barbaren) im 1. Viertel des 5. Jahrhunderts v.Chr. in den Mittelpunkt. Über die Zuverlässigkeit der geografischen, ethnografischen und historischen Angaben Herodots, die wohl auch auf schriftlichen Quellen sowie auf mündlicher Überlieferung und Befragung von Gewährsmännern und Zeitzeugen beruhte, bestehen Zweifel (Plutarch, Cicero). Die "Historien" gliedern sich wie folgt: Buch I: Lyder und König Kroisos, Eroberung des Lyderreiches durch den Perserkönig Kyros, persische Unterwerfung Babyloniens, Massagetenfeldzug des Kyros; Buch II-III: Ägypten und neuägyptisches Reich, Eroberung Ägyptens durch den Perserkönig Kambyses, persischer Feldzug gegen die Äthopier, Krieg zwischen Samos und Sparta, Polykrates von Samos; Buch IV-V: Skythenfeldzug des Perserkönigs Dareios I., persischer Feldzug gegen Libyen und Kyrene, Ionischer Aufstand und Zerstörung Susas; Buch VI: Niederschlagung des Ionischen Aufstandes, persischer Feldzug des Mardonios gegen Eretria und Athen, persische Niederlage bei Marathon; Buch VII-IX: Feldzug des Perserkönigs Xerxes gegen Griechenland, Hellespont, Thrakien, Thessalien, Schlacht bei den Thermopylen, Seeschlacht am Kap Artemision, Einnahme von Athen, Seeschlacht bei Salamis, Schlacht bei Plataia, Seeschlacht bei Mykale, griechische Eroberung von Sestos. Insgesamt bestechen die Historien durch ihre Vielzahl von Betrachtungsweisen: als Geschichte im Übergang von Mündlichkeit zur Schriftlichkeit, als Universalgeschichte von Griechen und Barbaren, als Bericht über Erde, Kontinente und Geografie, als Kulturen beschreibender ethnografischer Bericht unter Einschluss von Mythen, als Historiografie unter Verwendung politischer Analyse (Macht, Verfassung). Die "Historien" besaßen für die Antike und die nachfolgenden Zeitepochen eine große Bedeutung als Geschichtsschreibung. Der griechische Historiograf Thukydides (*v.454-†ca.399/96 v.Chr.) schließt mit seiner Darstellung des Peleponnesischen Krieges an Herodot an (Pentekontaëtie), der griechische Geschichtsschreiber Polybios (*ca.200-†ca.120 v.Chr.) nimmt die bei Herodot geführte Verfassungsdebatte unter anderen Vorzeichen (Griechenland - Rom) wieder auf. Nicht zuletzt sind die "Historien" im Mittelalter vollständig überliefert worden (Byzanz).
Übersetzungen der "Historien" des Herodot liegen vor u.a. als: Herodot, Historien, übers. v. August Horneffer (1955) (= KTA 224), Stuttgart 41971, XXVIII, 792 S., Abbildungen, DM 28,-; Herodotus, übers. v. Alfred Dennis Godley (1921), 4 Bde., Bd.1: Books I-II (= LCL [117]), London-Cambridge (Mass.) 61966, Bd.2: Books III-IV (= LCL 118), London-Cambridge (Mass.) 71971, Bd.3: Books V-VII (= LCL 119), London-Cambridge (Mass.) 71971, Bd.4: Books VIII-IX (= LCL 120), London-Cambridge (Mass.) 51969, DM 26,-. [Buhlmann, 1978, 06.2017]

Herrenchiemsee, bayerisches Kloster und Domstift: Vielleicht bis ins 7. Jahrhundert zurückreichend (irisch-kolumbanische Mönchsgemeinschaft ca.630?), bestand jedenfalls um 770 ein (vom bayerischen Herzog Tassilo III. [wieder] begründetes?) Kloster auf der Herreninsel im Chiemsee. Ungarneinfälle im 10. Jahrhundert schädigten das Kloster schwer; Kaiser Otto I. (936-973) übertrug die geistliche Gemeinschaft 969 dem Erzbischof Friedrich I. von Salzburg (958-991). Erzbischof Konrad I. von Salzburg (1106-1147) gründete auf der Herreninsel ein Chorherrenstift (ca.1130, Stiftskirche der heiligen Sixtus und Sebastian, päpstliche Bestätigung 1142), Erzbischof Eberhard II. (1200-1246) das Bistum Chiemsee (1215), wodurch aus dem Stiftsgeistlichen Domkanoniker wurden. Das Bistum erstreckte sich über gerade einmal elf Pfarrbezirke, der Propst des Domstifts war gleichzeitig Archidiakon der Salzburger Diözese. Das 15. Jahrhundert kann als Blütezeit von Stift und Bistum angesehen werden, 16. und 17. Jahrhundert standen unter dem Zeichen einer wirtschaftlichen und geistigen Krise, die unter Propst Arsenius Ulrich (1627-1653) aber beendet werden konnten. Zwischen 1642 und 1731 wurden die Konventsgebäude neu erbaut und barock gestaltet. Das 18. Jahrhundert kann als weitere Blütezeit des Domstifts gelten. Das Ende von Stift (1803) und Bistum (1808) leitete die Profanisierung der Baulichkeiten und der Kirche sowie der Herreninsel insgesamt ein. Der Erwerb von Herrenchiemsee durch den bayerischen König Ludwig II. (1864-1886) erfolgte im Jahr 1873. Seitdem gehört Herrenchiemsee u.a. mit dem von Ludwig nach Versailler Vorbild erbauten "Neuen Schloss" dem bayerischen Staat. Im "Alten Schloss" (des aufgehobenen Domstifts) tagte zeitweise der Verfassungskonvent, der das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ausarbeitete (1948). S.: Vereinigung der Freunde von Herrenchiemsee (Hg.) [1982]), Kloster und Domstift Herrenchiemsee. Festchrift anläßlich des 1200jährigen Weihejubiläums des Salvator-Münsters auf Herrenchiemsee, o.O. o.J. [1982], 25 S., Schwarzweißabbildungen, Regententabelle, DM N.N. [Buhlmann, 01.2021]

Herrin, Judith (2007), Byzanz. Die erstaunliche Geschichte eines mittelalterlichen Imperiums, Stuttgart 2013 > B Byzantinische Geschichte

Herrmann, Dieter B. (1999), Antimaterie. Auf der Suche nach der Gegenwelt (= BSR 2104), München 1999 > U Universum

Herrmann, Dieter B. (1999), Die Kosmos Himmelskunde (für Einsteiger), Stuttgart 2003 > U Universum

Herrmann, Dieter B. (2006), Das Weltall. Aufbau, Geschichte, Rätsel (= BSR 2410), München 2006 > U Universum

Herrmann, Dietmar (2014), Die antike Mathematik. Eine Geschichte der griechischen Mathematik, ihrer Probleme und Lösungen, Berlin-Heidelberg 2014, 444 S., Farbabbildungen, € 29,99. Die Anfänge der antik-griechischen Mathematik werden im 7. und 6. Jahrhundert v.Chr. erkennbar, als sich die griechische Kultur von der archaischen zur klassischen Epoche wandelte. Griechisch ist der Begriff "Mathematik" mit Wortstamm manthanein für "lernen" und in der Bedeutung mathesis, mathema als "Lerntechnik/Erlerntes". Für die griechische Mathematik lassen sich folgende (geometrische, zahlentheoretische, algebraische) Themen und Personen (von der archaischen Zeit Griechenlands bis zur römisch-griechischen Spätantike) ausmachen: Thales von Milet (*640-†546 v.Chr.; geometrische Grundlagen im Dreieck, Höhen- und Entfernungsmessung), Pythagoras von Samos (*ca.570-†497 v.Chr.; Pythagoreer; Philosophie und Zahlentheorie [Tetraktys, Dreieckzahlen, Quadratzahlen ..., Proportionen, Inkommensurabilitäten, Mittelwerte], Geometrie [Winkelgesetze, reguläre Polyeder, Satz des Pythagoras, pythagoräische Zahlentripel/Quadrupel], Musik [Tonintervalle]), Hippokrates von Chios (5. Jahrhundert v.Chr, 2. Hälfte; Würfelverdopplung, Quadratur des "Möndchens", Schrift Elemente der Mathematik [nicht überliefert]), Theodoros von Kyrene (*465-†399 v.Chr., Lehrer Platons; Wurzelspirale), Platon von Athen (*427-†347 v.Chr.; Mathematik in der Philosophie, Dreiecke, platonische Körper, Dialoge), Theaitetos von Athen (*ca.415-†369 v.Chr., Existenz umstritten; platonische Körper), Aristoteles von Stageira (*384-†322 v.Chr.; Mathematik in den philosophischen, wissemschaftstheoretischen Schriften des Aristoteles [geometrische, zahlentheoretische Aussagen, Aussagenlogik, Zenons Paradoxa), Eudoxos von Knidos (*ca.395-†ca.340 v.Chr.; Kreis, Kugel, Kegel, Proportionenlehre), Euklid von Alexandria (*ca.360-†ca.260 v.Chr.; Elemente [Geometrie: Axiomatik und Parallelenaxiom, geometrische Konstruktionen und Beweise wie Sehnen-, Sekanten-, Tangenten-Sekantensatz; Zahlentheorie: vollkommene, befreundete Zahlen, Euklidischer Algorithmus], Buch der Flächenteilungen [nicht überliefert]; erkennbar werden u.a. aus dem von/über Euklid Überlieferten als Probleme der griechischen Mathematik: Inkommensurabilität, Winkeldreiteilung, Kreisquadratur, Konstruierbarkeit von regelmäßigen Vielecken, stetige Teilung [Goldener Schnitt]), Eudemos von Rhodas (Geschichte der Mathematik/Mathematikerverzeichnis [ca.334 v.Chr.]), Aristarchos von Samos (*ca.310-†ca.230 v.Chr.; Astronomie, Anfänge der Trigonometrie), Archimedes von Syrakus (*ca.287-†212 v.Chr.; Schwerpunkte von geometrischen Figuren, Neusis-Siebeneckkonstruktion, Buch der Kreismessung [Kreisnäherung durch Polygone], Buch der Spiralen [archimedische Spirale, Tangenten, Flächen], Buch der Lemmata (Arbelos-, Salinon-Figur), Quadratur der Parabel, [Palimpsest] Stomachion, physikalische Werke [Auftrieb, Hebel, Flaschenzug, Wasserschraube]), Eratosthenes von Kyrene (*ca.273-†ca.192 v.Chr.; Geografie und Erdvermessung, Würfelverdopplung, Primzahlen [Sieb des Eratosthenes]), Apollonois von Perga (*ca.260-†ca.195 v.Chr., Anfang; Conica [Buch der Kegelschnitte] [Kreis, Ellipse, Parabel, Hyperbel, Apollonioskreis, Berührprobleme]), Hipparchos von Nikaia (*ca.190-†ca.120 v.Chr.; Sehnentafel, Trigonometrie), Menelaos von Alexandria (*ca.140-†ca.70 v.Chr.; Satz des Menelaos, Sphaerica [nicht überliefert]), Heron von Alexandria (1. Jahrhundert v.Chr.?; Pneumatica, Metrica und Geometrica [Polygone, Körper, Teilungen, numerisches Rechnen], Definitiones [?, Definitionen geometrischer Sachverhalte], Flächenformel des Heron für Dreiecke, regelmäßiges Fünfeck, Wurzelziehen [Heron-Verfahren]), Nikomachos von Gerasa (*ca.60-†ca.120 n.Chr.; Arithmetica und Harmonielehre [Zahlentheorie, vollkommene Zahlen, Proportionen, Modifizierung des euklidischen Algorithmus, Mittelwerte]), Theon von Smyrna (2. Jahrhundert, 1. Drittel; Expositio rerum mathematicarum [Seiten-, Diagonalzahlen, Algorithmus von Theon, Quadratzahlen), Klaudios Ptolemaios (*ca.100-†ca.165 n.Chr.; Astronomie, Geografie, Almagest [Trigonometrie und Additionstheoreme, Winkelhalbierung, Dreiecksberechnung, Satz des Ptolemaios, Sehnenvierecke, Fünfeck-/Fünfzehneckonstruktion), Diophantos von Alexandria (3. Jahrhundert n.Chr.?; Arithmetica [negative Zahlen, Algebra, Gleichungen, (lineare) diophantische Gleichungen, konfruente Zahlen?]), Pappos von Alexandria (3./4. Jahrhundert n.Chr.; Collectio [Geometrie, Lemma Analoumes, Regel von Pappos(-Guldin), Berührprobleme, projektive Geometrie, Vierseit, harmonische Teilung, Vier-Geraden-Problem, Hexagon-Problem, Kreisketten von Pappos, Isoperimetrie), Theon von Alexandria (*ca.335-†ca.405 n.Chr.; Almagest-Kommentar), Hypatia von Alexandria (*ca.370-†415 n.Chr., Tochter des Theon, 415 ermordet), Proklos Diadochus (*411-†485 n.Chr.; Kommentare zu Platon [weniges überliefert], Euklid-Kommentar), Boethius (*480-†526; philosophische Schriften, De institutione arithmetica [Zahlbegriff, Quadrivium]), Eutokios von Askalon (5./6. Jahrhundert n.Chr., Archimedes-Kommentar, Apollonios-Kommentar), Isidor von Milet (*442-†537 n.Chr., Erbauer der Hagia Sophia in Konstantinopel; Ergänzung zu den Elementen des Euklid), Leon der Mathematiker/Philosoph (9. Jahrhundert n.Chr.; Anthologia Graeca). [Buhlmann, 09.2017]

Herrmann, Dietmar (2016), Mathematik im Mittelalter. Die Geschichte der Mathematik des Abendlands mit ihren Quellen in China, Indien und im Islam, Berlin-Heidelberg 2016, 443 S., Farbabbildungen, € 29,99. Die europäische Mathematik des Mittelalters gründet zunächst auf der letztlich griechischen Mathematik der Antike, nahm aber insbesondere auch mathematische Erkenntnisse aus dem islamischen Raum auf, die wiederum zum Teil aus Indien oder China stammten. Im Einzelnen können an Schriften und Personen nachgewiesen werden: China: Zhou Bi Suan Jing (1. Jahrhundert v.Chr./1. Jahrhundert n.Chr.), Chiu Chang Suan Shu (3./7. Jahrhundert), Liu Hui (ca.*220-†280), Haidao Suan Jing (ca.300), Sun Tzu Suan Jing (3./5. Jahrhundert), Chang Ch'iu-chien Suan Ching (ca.485), Li Zhi (*1192-†1279), Qin Jiushao (*1202-†1261), Yang Hui (*1238-†1298), Chu Shih-Chieh (*1280-†1303), hauptsächlich betreffend geometrische und algebraische Fragestellungen; Indien: Aryabhata (*476-†ca.550), Brahmagupta (*598-†670), Bhaskara I/II (ca.629 bzw. *1114-†1185), Mahavira (9. Jahrhundert, Mitte), betreffend u.a. Kalenderrechung, Geometrie (Sulvasutras), Zahlentheorie (Lilavati), diophantische Gleichungen (Methode "Cakravala") oder die Positionsschreibweise von Zahlen mit Ziffern einschließlich der Null; Islam: Al-Khwarizmi (ca.*780-†850; Hisab al-Dschabr wa-l-Muqabala, "Algorismus/Algorithmus"), Kitab al-Ma'rifat Masihat Aschkal der drei Brüder Banu Musa (9. Jahrhundert), Abu Kamil ibn Aslam (ca.*850-930), Thabit ibn Qurra (*836-†901), Ibrahim ibn Sinan (*908-†946), Abu'l-Wafa al-Buzjani (*940-†998), Abu Bakr ibn Muhammad al-Hussein al-Karagi (*953-†1029; Al-Fahkri fi-l-Dschabr wa-l-Muqabala), Al-Haytham (Alhazen, *965-†1040), Abu al-Rayhan Muhammad ibn Ahmad al-Biruni (*973-†1048), Omar Chayyam (*1048-†1122), Nasir ad-Din at-Tust (*1201-†1274), Ghiyath ad-Din al-Kasi (*1393-†1449), betreffend Geometrie, Arithmetik, Algebra (kubische Gleichungen, Wurzeln), lineare Gleichungssysteme, Ziffernrechnen, aber auch astronomische Fragestellungen (Erdradius); Byzanz: Anthologia Graeca (des Konstantin Kephalas; ca.900), Rechenbuch des Maximos Planudes (*1255-†1305), byzantinisches Rechenbuch (14. Jahrhundert, Anfang), byzantinisches Rechenbuch (15. Jahrhundert), Manuskripte des antiken Mathematiker Diophantos (15. Jahrhundert), betreffend Geometrie, lineare Gleichungssysteme, Algebra usw. Für die Mathematik des christlichen Abendlandes im Mittelalter sind bedeutsam: die Proportiones ad acuendos iuvenes des Alkuin (?; 9. Jahrhundert, Ende), die Schriften des Jordanus de Nemore (13. Jahrhundert, 1. Viertel), der Liber abaci des Leonardo (Fibonacci) von Pisa (†n.1240; zum Rechnen mit Dezimalzahlen), das Buch Flos des Leonardo Fibonacci (u.a. zu kubischen Gleichungen), die Practica Geometriae des Leonardo Fibonacci (1219/20), der Columbia-Algorismus (ca.1290), die Aliabraa argibra des Dardi von Pisa (1344; zu kubischen und quartischen Gleichungen), Rechen- und Rätselaufgaben in den Annales Stadenses des Albert von Stade (†1256/64), die Arithmetik und Algebra des Jakob von Florenz (1307), die mathematischen Werke des Nicolas Oresme (*ca.1320-†1382; u.a. über Änderungen; Merton School [Thomas Bradwardine, Richard Swineshead]), die Practica des (Regensburger) Algorismus Ratisbonensis (1458), die Werke des Aristide Marre Nicolas Chuquet (*ca.1445-†1487/88), die drei Bamberger Rechenbücher (ca.1460, ca.1471, 1482/83), die Deutsche Algebra (1481), die erste Geometria deutsch des Matthias Roritzer (*ca.1430-†n.1492; Fünfeck-, Siebeneckkonstruktionen), die Werke des Johannes Müller (Regiomantanus) (*1436-†1476; De Triangulis), die Treviso-Arithmetik (1487), die Summa di arithmetica, geometrica, proportioni et proportionalita des Lucas Pacioli (*1445-†1514), die Lösungsformel des Scipio del Ferro (*ca.1465-†1526) zu kubischen Gleichungen (ca.1515; Niccolo Fontana Tartaglia [*1449-†1559]; Gerolamo Cardano [*1501-†1576]; Raffael Bombelli [*1526-†1572]), die Coß des Christoff Rudolff (*1499-†1545), die Coß Michael Stifels (*1487-†1567; Rechnen mit Unbekannten), die Coß (1/2) und das Rechenbuch des Adam Ries (*1492-†1559; "Von Gesellschaften"), die Ars magna des Cardano (1545, 1570, 1633). Institutionell war die mittelalterliche Mathematik in den Kloster- und Stiftsschulen des früheren Mittelalters, den Universitäten und weltlichen Schulen des späten Mittelalters verankert. [Buhlmann, 07.2017]

Herrmann, Fritz-Rudolf, Jockenhövel, Albrecht (Hg.) (1990), Die Vorgeschichte Hessens, Stuttgart 1990 > V Vorgeschichte

Herrmann, Hans-Walter (1985), Das Testament des fränkischen Adligen Adalgisel Grimo. Ein Zeugnis merowingerzeitlichen Lebens an Saar, Mosel und Maas, in: SMGB 96 (1985), S.260-276 > Lateinische Literatur > A Adalgisel-Grimo

Herrmann, Horst (2018), Um Kopf und Kragen. Hinrichtungsmethoden und -maschinen, Berlin 2018 > S Schuster, Verbrecher, Opfer, Heilige

Herrmann, Paul (1898), Deutsche Mythologie, neu hg. v. Thomas Jung (1991) (= aufbau tb 8015), Berlin 82007 > G Germanische Mythologie, Religion

Hersfeld, Benediktinerkloster: Bevor es zu einer Klostergründung im mittelhessischen Hersfeld kam, bewohnte hier der nachmals erste Abt des Klosters Fulda, Sturmi, zusammen mit zwei weiteren Mönchen eine Einsiedelei mit einem Gotteshaus (736/43). Wegen der Stiftung der Fuldaer Mönchsgemeinschaft wurde die Einsiedelei aber aufgegeben. Erst der Mainzer Erzbischof Lul (754-786) gründete (als "Gegenfulda") ein Mönchskloster in Hersfeld (769/73), das er auch selbst leitete. Die Unterstellung Hersfelds unter das fränkische Königtum erfolgte mit dem Immunitätsprivileg König Karls des Großen von 775. Fortan war Hersfeld Reichsabtei, bischöfliche Rechte an diesem Missionsmittelpunkt für das benachbarte Thüringen und Sachsen waren eingeschränkt. Die von Lul 780 von Fritzlar nach Hersfeld überführten Gebeine des heiligen Wigbert machten aus Letzterem den geistlichen Schutzherrn des Klosters, der die Gründungspatrone St. Simon und St. Judas Thaddaeus schon um die Mitte des 9. Jahrhunderts überflügeln sollte (Weihe der neuen Klosterkirche 850). Damals gab es in Hersfeld eine bedeutende Klosterschule unter Leitung des nachmaligen Halberstädter Bischofs Haimo (†853). Innerhalb der ottonisch-salischen Reichskirche übernahm das Kloster bei umfangreichem Grundbesitz Aufgaben des Königsdienstes, wie Herrscheraufenthalte zeigen (Kaiserin Gisela 1034, Kaiser Heinrich III. 1040, 1051 usw.). König Heinrich II. ließ in Hersfeld ab 1005 die Gorzer Reform des "Reichsmönchtums" einführen. Nach einem Brand des Klosters (1038) wurde die noch heute als Ruine beeindruckende Klosterkirche bis 1144 aufgeführt, eine mächtige dreischiffige Basilika mit Querhaus, westlicher Doppelturmfront, Ostkrypta und Ostapsis. Im Investiturstreit war die Mönchsgemeinschaft ein Stützpunkt des Königtums, der päpstlichen Gesinnung des Mönchs und Geschichtsschreibers Lampert von Hersfeld (†v.1085) zum Trotz. Das gute Einvernehmen zwischen Kloster und deutschen Herrschern hielt auch in der Stauferzeit weiter an. Hingegen hatte sich die Hersfelder Kommunität im späteren Mittelalter zunehmend mit dem Adel der Umgebung und der sich entwickelnden Stadt Hersfeld (Nennung als civitas 1170) auseinanderzusetzen. Symptomatisch dafür war die Machtstellung der Landgrafen von Hessen (-Thüringen), die in wachsendem Maße Kloster und Stadt sowie das Hersfelder Klosterterritorium in ihre Landesherrschaft einbezogen (Erbschutzvertrag von 1432), während der gegen die Landgrafen gerichtete Versuch einer Vereinigung der Klöster Hersfeld und Fulda scheiterte (1513/16). Die Hersfelder Mönchsgemeinschaft war im 15. Jahrhundert Mittelpunkt der "Hersfelder Reformbewegung", die Abtei verweigerte sich zu Anfang des 16. Jahrhunderts der Bursfelder Reformkongregation. Das Eindringen der Reformation in Hersfeld (ab 1520) führte langfristig zum Ende der katholischen Reichsabtei, die 1606 unter landgräflich-hessische Verwaltung kam und im Westfälischen Frieden (1648) Teil der hessischen Landesherrschaft wurde. Die Hersfelder Kloster- bzw. Stiftskirche ist dann im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) durch französische Soldaten zerstört worden (1761).
U.a. die Geschichte des Klosters Hersfeld schildert: Ludwig, Thomas (2002), Stiftsruine Bad Hersfeld. Geschichte und Architektur (= Staatliche Schlösser und Gärten Hessen, Br.13), Regensburg 2002, 52 S., Farbabbildungen, € 6,-. [Buhlmann, 06.2012, 04.2016]

Herter, Hans (Hg.) (1968), Thukydides (= WdF 98; Sonderausg.), Darmstadt 1984 > P Peleponnesischer Krieg

Hertsgaard, Mark (2002), Im Schatten des Sternenbanners. Amerika und der Rest der Welt, München-Wien 2003 > U US-amerikanische Geschichte

Herzfeld, Hans, Der Erste Weltkrieg (= dtv 4001), München 51979 > D dtv-Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts

Herzhoff, Bernhard (1973), Zwei gnostische Psalmen. Interpretation und Untersuchung von Hippolytus, Refutatio V 10,2 und VI 37,7, Diss. Bon 1973, 143 S., € 9,50. I. Die Refutatio ("Widerlegung der Häresien") des kirchlichen Schriftstellers und "Gegenpapstes" Hippolyt von Rom (217?-235?) führt zwei gnostische Psalmen/Gedichte auf, mit denen sich Hippolyt kritisch auseinandersetzt. II. Der Psalm in Refutatio VI 37,7 stammt von Valentinus (†n.160), der am Anfang der christlich-gnostischen Bewegung der Valentinianer steht. Valentinus formuliert im Psalm eine "hierarchische Stufung" der Welt, in der der von einer "himmlischen Mutter" geborene "Heiland" Christus zentraler Bezugspunkt des die Welt definierenden Pneumas ist. Häretisch im Sinne der damaligen christlichen "Großkirche" ist dieser Psalm somit nicht, häretische Entwicklungen setzten wohl erst nach Valentinus unter den Valentinianern ein. III. Das Gedicht in Refutatio V 10,2, das Hippolyt wohl fälschlicherweise den christlich-gnostischen Naassenern zuschreibt, handelt von Ordnung (Gesetz), Psyche und Chaos (Sophia als "gefallener Äon") und einem von seinem Vater in die Welt gesandten ("präexistenten", "Siegel tragenden") Jesus, der der Welt "Erkenntnis" (Gnosis) vermittelt (Basilides, Ophiten, Valentinianer). > H Hippolyt [Buhlmann, 01.2017]

Hesiod, Sämtliche Gedichte. Theogonie, Erga, Frauenkataloge, übers. v. Walter Marg (1970) [(= BdAW GR)], Darmstadt 21984, 541 S., DM 48,-. I. Der Dichter Hesiod lebte um 7oo v. Chr. in Askra (Böotien), wo er Kleinbauer und Dichter und Sänger war, der älteste bekannte Poet Europas. In seinem Gedicht Theogonie stel1te sich selbst vor. Hesiod erscheint als Repräsentant der frühgriechisch-archaischen bäuer1chen Gesellschaft; seine Dichtungen sind Ausdruck und Geschichtsquellen dieser Gesellschaft. II. Theogonie ("Entstehung der Götter"): Die Theogonie behandelt die Entstehung der Welt und der Götter in zeitlicher Abfolge (Urgötter [u.a. Gaia], Uranos, Kronos und die Titanen, Zeus und die griechischen Götter). III. Erga ("Werke und Tage"): Die Erga enthält den Bauernkalender mit Anweisungen zum geregelten bäuerlichen Leben miteinander (kleinbäuerlicher Alltag: Arbeit und Mühsal a1s Grundprinzip des Lebens; Gefährdung des Besitzes z.B. durch Erbteilung; Sicherung des Besitzes und der eigenen Existenz durch Arbeit auf dem Gut und Anlegen von Vorräten; Oikos als bäuerliche Hauswesen, bewirtschaftet von der Familie des Kleinbauern; wichtige Rolle der bäuerliche Gemeinschaft als Dorfgemeinschaft mit ihrem Regelwerk; Dorfgemeinschaft als Teil einer größeren politischen Einheit mit deren großgrundbesitzendem Adel [Nebenherlaufen von adligem und kleinbäuerlichem Leben]; Unterschichten als Kleinbauern, Sklaven, Theten [Knechte ohne Oikos], Bettler und Sänger; Handelsaktiviäten [etwa zur See] als bäuerlicher Nebenerwerb; Bedrohungen und Konflikte [familiäre Rechtsstreitigkeiten, Unrecht und allgemeine Rechtsunsicherheit]). IV. Eoien ("Frauenkataloge"): Die nur fragmentarisch überlieferten "Frauenkataloge" umfassen Genealogien von Geschlechtern griechischer Heroen. [Buhlmann, 07.1981]

Hesse, Hermann, deutscher Schriftsteller: I. Geboren wurde Hermann Hesse am 2. Juli 1877 im württembergischen Calw. Der zeitweise (1892) suizidgefährdete Hesse schloss seine Schulausbildung am Cannstatter Gymnasium ab (1893) und absolvierte in Tübingen eine Buchhändlerlehre (1895/98; Buchhandlung Heckenhauer). In diese Zeit fallen die Anfänge der schriftstellerischen Tätigkeit Hesses, der in der Folge im Basler Buchhandel arbeitet (1901/03; Buchhandlung Reich, Antiquariat Wattenwyl). Hesse unternimmt zwei Italienreisen (1901, 1903) und heiratet Maria Bernoulli (1904), mit der er mehrere Kinder haben wird. Als freier Schriftsteller und zeitkritischer Publizist lebt Hesse in den folgenden Jahren am Bodensee, während des Ersten Weltkriegs (1914-1918) und nach dem faktischem Ende der Ehe (Scheidung 1923) in Bern bzw. im Tessiner Montagnola (Schweizer Staatsbürgerschaft 1924). Freundschaftlich verbunden war Hesse mit dem Verleger Peter Suhrkamp. Der Schriftsteller erhielt 1946 den Nobelpreis für Literatur, der Hermann Hesse-Preis wurde 1956 gestiftet. Am 9. August 1962 starb Hermann Hesse, das Hermann Hesse-Archiv in Marbach wurde 1964 gegründet. II. Zahlreich sind die schriftstellerischen Werke Hermann Hesses: Romantische Lieder (1898), [Schweinigel (1899)], Eine Stunde hinter Mitternacht (1899; Prosa), Gedichte (1902), Peter Camenzind (1904), Unterm Rad (1906), Diesseits (1907; Erzählungen), Nachbarn (1908; Erzählungen), Gertrud (1910; Roman), Unterwegs (1911; Gedichte), Umwege (1911; Erzählungen), Roßhalde (1914; Roman), Schön ist die Jugend (1915; Erzählungen), Demian (1919), Gedichte des Malers (1920), Klingsors letzter Sommer (1920; Erzählungen), Siddharta (1922), Bilderbuch (1926), Die Nürnberger Reise (1927), Der Steppenwolf (1927; Roman), Trost der Nacht (1929; Gedichte), Narziß und Goldmund (1930; Erzählung), Kleine Welt (1933; Erzählungen), Das Glasperlenspiel (1943), Berthold (1945; Romanfragment), Gesammelte Dichtungen, Gesammelte Schriften (1952, 1957).
An Literatur von Hermann Hesse seien genannt: Hesse, Hermann (1877/95), Kindheit und Jugend vor Neunzehnhundert (1877-1895), hg. v. Ninon Hesse (1984) (= st 1002), Frankfurt a.M. 1984, 613 S., Zeittafel, DM 18,-; Hesse, Hermann (1887/1937), Die Märchen (= st 291), Frankfurt a.M. 111981, 277 S., Zeittafel, DM 9,-; Hesse, Hermann (1903/17), Das erste Abenteuer. Erzählungen (= rororo 1897), Reinbek b.H. 41977, 215 S., DM 4,80; Hesse, Hermann (1906), Unterm Rad (= st 52), Frankfurt a.M. 1972, 165 S., DM 4,-, Frankfurt a.M. 141980, 169 S., Zeittafel, DM 5,-, Frankfurt a.M. 201984, 166 S., Zeittafel, DM 7,- (über den heranwachsenden Hans Giebenrath aus einem württembergischen Schwarzwalddorf, der trotz seiner schulischen Genialität am Maulbronner Klosterseminar und dessen Erziehungsmethoden scheitert, sich in einem Handwerksberuf einfinden mönchte und - mit der Welt im Zwiespalt - unglücklich stirbt); Hesse, Hermann (1908), In der alten Sonne. Erzählung (= st 1378), Frankfurt a.M. 32002, 101 S., € 4,-; Hesse, Hermann (1908/13), Der Zyklon. Hans Dierlamms Lehrzeit. Zwei Erzählungen (= st 1377), Frankfurt a.M. 1988, 107 S., Zeittafel, DM 7,-; Hesse, Hermann (1913/14), Roßhalde. Roman, Gütersloh 1961, 160 S., DM N.N.; Hesse, Hermann (1913/14), Roßhalde. Roman (= rororo 1557), Reinbek b.H. 81977, 122 S., DM 3,80; Hesse, Hermann (1918/19/31), Klingsors letzter Sommer (und andere Erzählungen) (= rororo 1462), Reinbek b.H. 91977, 135 S., DM 3,80; Hesse, Hermann (1919), Demian. Die Geschichte von Emil Sinclairs Jugend (= st 206), Frankfurt a.M. 271990, 163 S., Zeittafel, DM 9,-; Hesse, Hermann (1919/22), Siddharta. Eine indische Dichtung (= st 182), Frankfurt a.M. 251986, 124 S., DM 6,-; Hesse, Hermann (1927), Der Steppenwolf (= st 175), Frankfurt a.M. 71977, 246 S., DM 5,-, Frankfurt a.M. 81977, 246 S., DM 5,-, Frankfurt a.M. 121980, 247 S., Zeittafel, DM 10,-, Frankfurt a.M. 201984, 247 S., Zeittafel, DM 4,-, Frankfurt a.M. 291989, 247 S., Zeittafel, DM 6,-, Frankfurt a.M. 311991, 247 S., Zeittafel, DM 12,-, Frankfurt a.M. 401997, 278 S., DM 14,80, Frankfurt a.M. 622018, 278 S., € 9,-, Hesse, Hermann (1927), Der Steppenwolf (= TdW), Berlin-Weimar 31990, 184 S., DM 3,60 (Inhaltsangabe, Interpretation, Rezeption: I. Der (bekannte) Buchautor und Schriftsteller Harry Haller, knapp fünfzig Jahre alt, befindet sich in einer durch Beruf, bürgerliche Gesellschaft und gescheiterter Ehe verursachten Lebenskrise. Er mietet sich in einer Großstadt, in der er schon einmal vor 25 Jahren gelebt hatte, in ein gutbürgerliches Haus ein und lebt dort ein nach außen hin unauffälliges Leben außerhalb bürgerlicher Konventionen, bis er die Stadt nach rund zehn Monaten wieder verlässt. Die Vermieterfamilie, eine Tante und ihr Neffe, geben nach Hallers Weggang dessen Aufzeichnungen über sein Leben heraus, versehen mit einer Einleitung und enthaltend das Manuskript vom (einsamen) Steppenwolf. Aufzeichnungen und Einleitung ergeben somit eine Innen- und Außensicht auf die Person Harry Hallers. Danach stellt sich Haller dar als ein in Dichtung, Musik und Philosophie bewanderter Bildungsbürger, der in seinem Leben Höhen und Tiefen erfahren hat, im Berufsleben, auf Reisen, bis er "beruflos, familienlos, heimatlos" (aber nicht mittellos) in der Stadt strandet und sich u.a. vornimmt, an seinem 50. Geburtstag möglicherweise durch Selbstmord aus dem Leben zu scheiden. Er unterhält eine (bedeutungslose) Fernbeziehung mit Erika, seiner Geliebten. Haller empfindet sich zweigestaltig und zwiespältig: als Mensch und Teil der bürgerlichen Gesellschaft, in der er aufgewachsen ist und die er hinsichtlich ihrer Bildungserrungernschaften und ihren Bildungsidealen bejaht, als (Steppen-) Wolf, der am Rand dieser Gesellschaft steht und an dieser (ver-) zweifelt. In seiner jetzigen Situation steht Haller der Gesellschaft kritisch gegenüber. So endet die Einladung Hallers zum Abendessen durch einen Professor im Streit. Auf der anderen Seite erwirbt Haller das Manuskript vom Steppenwolf und taucht ein in eine Welt jenseits des Bürgertums. Haller lernt eine (androgyne) "Kurtisane", die sich von ihm Hermine nennen lässt, kennen; beide fühlen sich auf Grund einer Seelenverwandtschaft zueinander hingezogen. Hermine eröffnet Haller eine neue Welt; sie lehrt ihn tanzen, macht ihn mit ihrer Freundin Maria, mit der Haller sexuell verkehrt, bekannt sowie mit dem Musiker und Saxophonisten Pablo. Dennoch macht dieses neue Leben Haller bald auch nicht mehr glücklich. Auf einem Maskenball sucht Haller Hermine vergeblich; er will den Maskenball wieder verlassen, als ein Hinweis auf ein "magisches Theater" im Kellergeschoss des Gebäudes, in dem der Ball stattfindet, sein Interesse weckt. Dort trifft er die als Mann verkleidete Hermine, die ihn nun umso mehr an seinen Jugendfreund Hermann erinnert, und dringt - unterstützt durch Pablo und die Einnahme von Drogen - ins magische Theater ein. Hier erlebt er - auch auf Grund der im magischen Theater vorhandenen Spiegel - die Vielzahl seiner (jungen, alten) Persönlichkeiten als Facetten seiner Seele; die Facette des Steppenwolfs unterwirft sich ihm. Er betritt die unzähligen Logen des Theaters durch mit Bezeichnungen versehene Türen, die das hinter den Türen Liegende erahnen lassen. In einer Loge z.B. kämpfen Menschen und Autos gegeneinander. In der letzten Loge trifft er auf die vom Liebesspiel erschöpften Pablo und Hermine; er stößt Hermine ein Messer in die Brust. Der österreichische Komponist Mozart tritt auf, und Haller wird wegen seines aus Eifersucht begangenen Verbrechens an Hermine zum ewigen Leben und Ausgelachtwerden verurteilt. Haller verspricht, beim nächsten Spiel im magischen Theater mehr Humor zu zeigen. II. Die Hauptperson Harry Haller des Romans Der Steppenwolf weist (starke) Parallelen zum Romanautor Hermann Hesse auf. Die Identität der Anfangsbuchstaben der Vor- und Nachnamen lassen Harry Haller als Alter Ego Hermann Hesses erscheinen; Hesse selbst tritt in der Person Hermanns als Jugendfreund Hallers im Roman in Erscheinung. Auch befand sich Hesse in den 1920er-Jahren in einer Lebenskrise; der Roman, in dem er sich an Harry Haller "abarbeitete", erschien im Jahr seines 50. Geburtstags und sollte offensichtlich die Krise des Autors überwinden helfen. Psychoanalytisch seziert Hesse "seinen" Harry Haller durch die "Außenanalyse" von Tante und Neffe, das Steppenwolf-Manuskript und den Gang Hallers durch das magische Theater. In diesen drei Sichtweisen spiegelt sich die ambi- bzw. multivalente Persönlichkeit Hallers bzw. Hesses in ihren Höhen und Tiefen. III. Spiegel spielen im Roman Der Steppenwolf ein gewisse hintergründige Rolle. Im magischen Theater spiegelt sich die Persönlichkeit Hallers, Haller und Hermine sind wegen ihrer Wesensverwandtschaft Spiegelbilder zueinander, die bürgerliche Gesellschaft mit ihren Widersprüchen spiegelt sich in der ebenso widersprüchlichen Person Harry Hallers. Es geht im Roman also auch um das Verhältnis von Gesellschaft und Individuum. Hesse formuliert über seinen Protagonisten Harry Haller Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft, an Technik und Moderne, an einer Gesellschaft, die nicht zuletzt auf Grund ihrer Humorlosigkeit, Engstirnigkeit und Entmenschlichung negativ auf die ihr angehörenden Individuen wirkt. Zwar gibt die bürgerliche Gesellschaft für Hallers Leben den Rahmen ab, doch (Rahmen-) Inhalte fehlen in ihr letztlich. Erst "sexuelle Befreiung" und auch Drogen ermöglichen dem Individuum, die Gesellschaft und deren Konventionen hinter sich zu lassen. Doch ist dies nicht für lange möglich, wie Haller durchaus erkennt. Das Individuum, seine Persönlichkeit muss sich ändern, ein Mittelweg der (fernöstlich-buddhistischen) "Erleuchtung" zwischen Askese und Ekstase, Gut und Böse (als menschliche Einrichtungen) muss gefunden werden, der das Individuum auf "jenseitige" Ziele und Ideale ausrichtet, es vielleicht auch dadurch mit der Gesellschaft versöhnt. IV. Historisch betrachtet und als Romanhintergrund durchaus sichtbar, zeichnet sich das Leben Hallers in der Weimarer Republik (1919-1933) der "goldenen" Zwanzigerjahre ab. Haller, durchaus vermögend und Befürworter der Republik gegen Nationalismus und Rechtsradikalismus, erkennt sehr wohl die immer noch fortwährenden Verwerfungen des Ersten Weltkriegs (1914-1918), die ihm etwa ermöglichen, in seinen Publikationen die (Mit-) Schuld des deutschen Kaiserreichs am Weltkrieg zu vertreten und der in der Weimarer Republik allgemein vertretenen Opferrolle des deutschen Volkes entgegenzutreten (Versailler Friedensvertrag 1919). Der Erste Weltkrieg mit seinen neu entwickelten technischen Möglichkeiten zur Tötung von Menschen lässt sich auch hinter der Romankritik an der modernen Technik vermuten. V. Rezeptionsgeschichtlich stieß Hermann Hesses Roman Der Steppenwolf bei den seinen Lesern auf ein zwiespältiges Echo. Die Kritik am Bürgertum, die anti- und außerbürgerliche Lebenswelt, die Harry Haller durchläuft, gaben selbst Anlass zu Kritik, so dass der Roman in den seinem Erscheinen folgenden Jahrzehnten mit seinen erzähltechnischen Neuerungen literarisch zwar anerkannt war, einem breiten Publikum allerdings verschlossen blieb. Die (amerikanische) Hippiebewegung der 1960er- und 1970er-Jahre machte dann aus dem gesellschaftskritischen und auf das Individuum bezogenen Roman ein Kultbuch, so dass ab dieser Zeit die Rezeption des Autors Hermann Hesse, der immerhin den Literaturnobelpreis erhalten hatte (1946), wieder auflebte.); Hesse, Hermann (1943), Das Glasperlenspiel. Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften (= st 79), Frankfurt a.M. 1972, 615 S., Zeittafel, DM 9,-; Hesse, Hermann (1945/75), Meistererzählungen, hg. v. Volker Michels (1975) (= detebe 20984), [Zürich] 1977, 381 S., DM 12,80; Hesse, Hermann (1957), Narziß und Goldmund (= BS 65), Frankfurt a.M. ?1972, 320 S., DM N.N., Frankfurt a.M. 171990, 320 S., DM 24,80. Anthologien von Werken Hermann Hesses bietet u.a.: Hesse, Hermann (1899/1949), Über das Glück. Betrachtungen und Gedichte, zusammengestellt v. Volker Michels (1970/2005) (= st 3731), Frankfurt a.M. 42012, 268 S., € 12,-; Hesse, Hermann, Lektüre für Minuten. Gedanken aus seinen Büchern und Briefen, hg. v. Volker Michels (1971) (= st 7), Nachdruck Frankfurt a.M. 1976, 228 S., Zeittafel, DM 6,-; Hesse, Hermann, Lektüre für Minuten. Gedanken aus seinen Büchern und Briefen, hg. v. Volker Michels (1977), Nachdruck Frankfurt a.M. 1981, 295 S., Schwarzweißabbildung, DM 10,-; Hesse, Hermann (1937/62), Tessin. Betrachtungen, Gedichte und Aquarelle, hg. v. Volker Michels (1993) (= it 1494), Frankfurt a.M. 1993, 317 S., Farbabbildungen, DM 24,-. Zum familiären Umfeld Hermann Hesses s.: Gundert, Adele (1934), Marie Hesse - ein Lebensbild in Briefen und Tagebüchern (= it 261), Frankfurt a.M. 1977, 261 S., Schwarzweißabbildungen, DM 7,- (über Hesses Mutter Marie Hesse [*1842-†1902], die Tochter des Missionars und Orientalisten Hermann Gundert). [Buhlmann, 04.2018, 05.2019, 11.2019, 01.2020, 09.-10.2020, 03.2021, 07.2021, 09.2021, 11.-12.2021, 02.2022, 04.2022, 02.-04.2023, 07.2023]

HessJbLG = Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte

Heurgon, Jacques (1971), Die Etrusker, Stuttgart 1971 > E Etrusker

Heusinger, Bruno (1922), Servitium regis in der deutschen Kaiserzeit. Untersuchungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des deutschen Königtums 900-1250, Berlin-Leipzig 1922 > G Göldel, Servitium regis

Heusler, Andreas (1921), Nibelungensage und Nibelungenlied. Die Stoffgeschichte des Deutschen Heldenepos, Darmstadt 61965, Nachdruck Darmstadt 1991 > N Nibelungenlied

Heyck, Eduard (1891), Geschichte der Herzoge von Zähringen, Freiburg i.Br. 1891, Nachdruck Aalen 1980 > Z Zähringer

Heyde, Jürgen (2006), Geschichte Polens, München 32011, 128 S., Karten, € 8,95. Auf die slawische "Kulturgemeinschaft" in Mittel- und Osteuropa ohne feste politische Ordnung im Sinne einer Fürstenherrschaft (6.-8. Jahrhundert) folgte u.a. - und in Beziehung stehend auch zum ostfränkischen Reich (Bayerischer Geograf) - eine Phase der Herrschaftsverdichtung, z.B. im sich ausbildenden polanischen Stammesgebiet der Fürsten der Piastendynastie (9./10. Jahrhundert, Christianisierung 968, Herzog Mieszko I. [†992]). Mit dem Piasten Boleslaw I. Chobry (992-1025) war dann erstmals eine größere Herrschaftsbildung verbunden (Kaiser Otto III. und das Erzbistum Gnesen [1000], Kämpfe mit Kaiser Heinrich II. [bis 1018], Königtum Boleslaws [1025]). Das polnische Reich Boleslwas geriet jedoch unter seinem Sohn Mieszko II. (1025-1034) und unter dessen Nachfolgern in eine Herrschaftskrise (11. Jahrhundert; Thronkämpfe); die Grundlagen piastische Herrschaft waren das ius ducale und ein Abgabensystem (mit Dienstsiedlungen; Landesverwaltung), der Kirche gelang eine durchgreifende Christianisierung u.a. durch den Ausbau des Pfarrsystems. Herzog Boleslaw III. (1102-1138) teilte Polen unter seine Söhne auf; es bildeten sich in der Folge die piastischen Teilfürstentümer des 12. bis beginnenden 14. Jahrhunderts aus: Seniorat Krakau, Schlesien, Masowien, Großpolen, Kleinpolen. Die hochmittelalterliche Epoche war dabei durch staken sozialen Wandel geprägt, u.a. betreffend Siedlung und Landesausbau (ländliche, städtische Lokation, ius Teutonicum z.B. als lübisches oder Magdeburger [Stadt-] Recht), Handel und Gewerbe (Juden, Generalprivileg [1264]). Unter Wladyslaw (I.) Lokietek (1296/1320-1333) erfolgte bis 1320 die Wiederherstellung der polnischen Einheit (Königtum Wladyslaws [1330]). Lokieteks Sohn Kazimierz III. der Große (1333-1370) begründete bei äußerer und innerer Stabilisierung seiner Herrschaft die Großmachtstellung Polens in Osteuropa (Stadtgründungen, Rechtskodifikation, Königtum und Adelsstand [Statuten von Wislica und Petrikau 1346/47], Universität Krakau [1364]). Kazimierz starb ohne männlichen Erben; nach einem Zwischenspiel des ungarischen Königs Ludwig I. des Großen (1370-1382) auf dem polnischen Königsthron ging Letzterer an den mit Hadwig, der Tochter Kazimierz', verheirateten litauischen Großfürsten Jagiello-Wladyslaw (1386-1434) über (Taufe Jagiellos und Heirat [1386]). Die Dynastie der Jagiellonen gebot in der Folgezeit (teilweise in Personalunion) über das Königreich Polen und das weit nach Osten und Südosten ausgreifende Großfürstentum Litauen. Jagiello setzte sich erfolgreich in Masowien und gegen den Deutschen Orden in Preußen durch (Schlacht bei Tannenberg [1410], 1. Thorner Frieden [1411]), er förderte die Christianisierung Litauens (Gegeneinander von katholischer und griechisch-orthodoxer Kirche). Jagiellos Sohn Wladyslaw III. (1434-1444), auch König von Ungarn (ab 1439), starb auf dem Kriegszug gegen die türkischen Osmanen in der Schlacht bei Warna (1444). Ihm folgte Kazimierz IV. (1444/47-1492), der im Dreizehnjährigen Krieg (1454-1466) den Deutschen Orden besiegte (2. Thorner Frieden [1466] und Abtretung Pommerellens und Ermlands); dessen einer Sohn Wladyslaw (†1516) wurde durch Wahl König von Böhmen und Ungarn (ab 1471 bzw. 1490), der andere Jan Olbracht Kazimierz' Nachfolger (1492-1501), so dass gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Jagiellonen ein Konglomerat von Königreichen zwischen Ostsee und Adria beherrschten. Königreich Polen und Großfürstentum Litauen waren um diese Zeit eine ständisch gegliederte monarchia mixta, eine "Adelsrepublik" (Rzeczpospolita, ?) mit König, Hochadel, Reichstag (Sejm) und Landtagen. Ein Höhepunkt jagiellonischer Macht stellt dann die Regierungszeit König Zygmunts I. (1506-1548) dar. Mit dessen Sohn Zygmunt II. August (1548-1572) endete die Jagiellonendynastie in Polen-Litauen (polnisch-litauische Realunion von Lublin [1569]); schon Jahrzehnte zuvor hatten die Jagiellonen Böhmen und Ungarn verloren (Schlacht bei Mohacs gegen die Osmanen [1526] und Tod Ludwigs II. von Ungarn [1516-1526], habsburgisches Vordringen in Ost- und Südosteuropa), während (Polen-) Litauen (mit Livland) zunehmend unter den Druck von Moskauer Großfürstentum, Tataren und Osmanen geriet (Ukraine, Kosaken). Gleichzeitig drang reformatorisches Gedankengut ins Jagiellonenreich ein (protestantisches Herzogtum Preußen [1525], Glaubensfreiheit des Adels 1555), während katholische Gegenreformation und die katholisch-orthodoxe Kirchenunion (1596) zu einer Stärkung der katholischen Position führten. Mit dem Ende der Jagiellonendynastie (1572) begann in Polen-Litauen die Zeit des Wahlkönigtums, die mit den Jagiellonen verwandten schwedischen Vasa behaupteten sich in Polen-Litauen dennoch über achtzig Jahre: König Zygmunt III. (1587-1632) (Kriege gegen Moskau, Osmanen und Schweden [bis 1618/19, 1621, bis 1629], Oligarchisierung Polen-Litauens), König Wladyslaw IV. Zygmunt (1632-1648), König Jan II. Kazimierz (1648-1668). Von der Mitte des 17. Jahrhunderts an war das polnisch-litauische Doppelreich verstärkt in kriegerische Auseinandersetzungen mit Russland, Schweden, den Kosaken und Osmanen verwickelt (Loslösung des Herzogtums Preußen [1657], Teilung der Ukraine im Waffenstillstand von Andrussovo [1667], Belagerung von Wien [1683], osmanische Besetzung der westlichen Ukraine [bis 1699], Großer Nordischer Krieg [1700-1721], preußisches Königtum [1701]); die polnisch-sächsischen Könige August II. der Starke (1697-1735) und August III. (1735-1763) konnten sich nur sehr bedingt gegen Adel und Magnaten, Preußen, Russland und Österreich durchsetzen (Konföderation von Tarnogród 1716, Pazifikationsreichstag [1736] und Reformversuche, Schlesische Kriege [1740/45], Siebenjähriger Krieg [1756-1763], "Löwenwoldesches Traktat" [1763]). Die Reformpolitik König Stanislaw August Poniatowskis (1763-1795) führte zur ersten geschriebenen europäischen Verfassung (1791) und zu den drei polnischen Teilungen, die das Staatsgebiet unter Russland, Preußen und Österreich letzlich vollständig aufteilten (1772, 1793, 1795). Nach napoleonischem Herzogtum Warschau (ab 1806), Russlandfeldzug (1812) und Wiener Kongress (1814/15) entstand bei Wahrung preußischer und österreichischer Territorialinteressen "Kongresspolen" als Teil des russischen Zarenreiches (polnische Aufstände [Novemberaufstand 1830/31, 1846, Januaraufstand 1863/64], Nationalbewegung und "Große Emigration", Integration und Ausgrenzung [Juden], Einwanderung und Migration, Gewerbe, Landreform, Industrialisierung und wirtschaftlich-sozialer Wandel ["organische Arbeit"], Nationalismen und polnische Nationalbewegung). Durch den Ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde Polen als (2.) Republik (1918-1939) unabhängig (Józef Pilsudski, Wahlen und Parlament [1919], Versailler Vertrag [1920; Pommerellen, Oberschlesien, Danzig als Freie Stadt], Kämpfe gegen die Sowjetunion [1920/22]). Die polnische Republik war ein multiethnisches Staatswesen (Polen, Ukrainer, Juden, Weißrussen, Deutsche; Nation und Nationalitäten) mit einem Wirtschaftsgefälle zwischen West und Ost (Industrieregionen Oberschlesien, Lodz, Warschau; Einbindung in die Weltwirtschaft, Inflation [bis 1923/24]) und einer Außenpolitik, die sich an der geografischen Lage zwischen Deutschland und Sowjetunion orientierte (deutsche Revisionsansprüche, polnischer Antikommunismus, "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich, Sudetenkrise [1938], britische Garantie für die polnische Westgrenze [1939]). Im Zweiten Weltkrieg wurde Polen (1939-1945) von deutschen Truppen brutal besetzt, gerade die jüdische Bevölkerung litt unter Pogromen und "Endlösung" (Vernichtungsfeldzug [1939], Eingliederung polnischer Gebiete ins Deutsche Reich und Generalgouvernement [1939], Krieg gegen die Sowjetunion [1941], Völkermord [ab 1941], polnischer Widerstand [polnische Exilregierung, "Heimatarmee" AK 1942, Warschauer Aufstand 1944]). Kurz vor bzw. nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konstituierte sich nach "Westverschiebung", Umsiedlung und (deutscher) Vertreibung die kommunistische Volksrepublik (1944-1989) in Abhängigkeit von der Sowjetunion (Warschauer Pakt [1955] und West-Ost-Konflikt, kommunistische Partei PVAP [Wladyslaw Gomulka, Edward Gierek, Wojciech Jaruzelski], kommunistisches Wirtschaftssystem). Dem Ende der kommunistischen Herrschaft (Solidarnosc und Lech Walesa [1980/81], Kriegsrecht und Demonstrationen, Papst Johannes Paul II. [1978-2005], Streiks, Zusammenbruch [1989]) folgte die polnische (3.) Republik demokratischer und marktwirtschaftlicher Orientierung (Anerkennung der polnischen Westgrenze durch Deutschland [1990], Präsidentschaften [Lech Walesa, Lech Kaczynski u.a.], katholische Kirche) und die Einbeziehung Polens in NATO (1999) und Europäische Union (2004). [Buhlmann, 09.2014]

Heyen, Franz-Josef (1956), Reichsgut im Rheinland. Die Geschichte des königlichen Fiskus Boppard (= RA 48), Bonn 1956, 151 S., DM 14,80. Der Ort am linken Rheinufer kann auf eine römische, ja sogar keltische Vergangenheit zurückblicken; in der Spätantike residierte im römischen Bontobrica ein praefectus militum balistariorum ("Vorsteher der Schleuderer", 425/55), Boppard war an die römische Militärstraße entlang des Rheins angebunden, das wohl ins 4. Jahrhundert zurückreichende römische castellum lag auf Militärland, die Befestigung diente noch im hohen Mittelalter zum Teil als Bopparder Stadtmauer. U.a. christliche und frühfränkische Grabfunde belegen eine gewisse Siedlungskontinuität zwischen Antike und Mittelalter. Es kann davon ausgegangen werden, dass das römische Militärland um Boppard in den Besitz der merowingischen Frankenkönige gelangte. Für das frühe Mittelalter werden anhand vereinzelter Nachrichten die ungefähren Grenzen des links- und rechtsrheinisch gelegenen Fiskus Boppard erkennbar. Der Fiskus war grundherrschaftlich organisiert, wie etwa an den königlichen Schenkungen von Ackerland, Wiesen oder Weinbergen an geistliche Kommunitäten im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche abzulesen ist. Die königlichen Höfe waren Ausgangspunkte für Rodungstätigkeiten im Umland. Für 991 ist der Bopparder Rheinzoll belegt, in die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts fällt die Einrichtung eines Marktes durch König Heinrich IV. (1056-1106), zum Jahr 1129 ist der villicus Helce als Leiter des Bopparder Reichsguts bezeugt. Es ist erkennbar, dass Teile des Zolls an kirchliche Einrichtungen vergeben waren. Seit dem Jahr 1190 befand sich der gesamte Zoll in der Hand der staufischen Könige, die den Bopparder Fiskus neu organisierten, und zwar als staufische Prokuration über Boppard und das benachbarte Oberwesel unter einem villicus und mit Hilfe von Reichsministerialen. Neben Reichsgut und Zollstelle trat im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts die sich entwickelnde Stadt Boppard. Schon im Jahr 1122 hatten die "Reichen und Armen" (divites et pauperes) von Boppard das Kloster Marienberg gestiftet. Die königlichen Ministerialen dominierten dann aber auch die städtische Entwicklung. Neben dem (Reichs-) Schultheißen als Vertreter des Stadtherrn, d.h. des Königs, erscheinen (Reichs-, Stadt-) Schöffen (1216, 1221), Ritter (Ministeriale, 1238), Bürger (1238) und Bürgergemeinde (1258). Es gab ein Stadtsiegel (1228, 1236); am Ort waren Markt und Münze ansässig; Markt und Marktzoll standen unter der Aufsicht eines "Marktmeisters" (magister fori; officium fori als Marktamt 1240). Teil der Stadt war auch eine Judengemeinde (1241). Eingebunden war die Stadt in die links- und rechtsrheinisch gelegene Großpfarrei der erstmals 975 erwähnten Pfarrkirche St. Severus. Geistliche Institutionen in und um Boppard, im "Bopparder Reich", wie man es spätmittelalterlich nannte, waren die Propstei Hirzenach (v.1109) und das von Kaiser Friedrich I. (1152-1190) gegründete augustinische Doppelkloster Pedernach (1157). In die Rolle eines Reichsklosters hinein wuchs ebenfalls die schon erwähnte Marienberger Frau-engemeinschaft; sie wurde zwischen 1220 und 1349 mehrfach von deutschen Herrschern privilegiert und stand in der frühen Neuzeit (bis zur Säkularisation) als einzige Institution im (ehemaligen) "Bopparder Reich" mit den römisch-deutschen Königen und Kaisern in reichsunmittelbarer Beziehung. In spät- bzw. nachstaufische Zeit gehören die Auseinandersetzungen um Boppard zwischen König Wilhelm von Holland (1247-1256) auf der einen und König Konrad IV. (1237-1254) bzw. dem Prokurator Philipp von Hohenfels auf der anderen Seite (1249/51), weiter die Einnahme Boppards durch König Richard von Cornwall und die Erneuerung der Reichsprokuration durch den Herrscher (1258). Das Spätmittelalter fand bei Verlusten von Reichsgut gerade auch während des In-terregnums den Einfluss des Königtums weitgehend auf die Reichsstadt Boppard beschränkt. Durch die 1309 erfolgte Verpfändung von Stadt und Fiskus Boppard (sowie Oberwesel) an den Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg (1307-1354) wurde der Ort Teil des kurtrierischen Einflussgebiets; der Widerstand der Einwohner Boppards wurde durch deren Unterwerfung gebrochen (1327). Pfanderhöhungen ließen in der Folgezeit einen Rückerwerb der Stadt durch den deutschen König als illusorisch erscheinen. Trotzdem blieben die Bindungen der Reichsstadt an das Königtum erhalten, wie als Letztes ein Privileg Kaiser Maximilians I. (1493-1517) für die Bopparder Bürger beweist (1495). Die Einnahme Boppards durch den Trierer Erzbischof Johann II. von Baden (1456-1503) im "Bopparder Krieg" von 1497 brachte das Ende der Reichsstadt, die nun endgültig im kurtrierischen Territorium aufging. [Buhlmann, 10.2015]

Heyen, Franz-Josef (1967), Die kaiserlichen Ersten Bitten für Stifte des Erzbistums Trier von Ferdinand I. bis Franz II. (1531-1792), in: Festschrift für Alois Thomas. Archäologische, kirchen- und kunsthistorische Beiträge. Zur Vollendung des 70. Lebensjahres am 18. Januar 1966, Trier 1967, S.175-188 > E Erste Bitten

Heyken, Enno (1967), Die älteste Bischofsurkunde von Verden (zwischen 1014 und 1028). Untersuchungen über Besitz der Verdener Kirche um Paderborn, über die ehemalige Bistumsgrenze um Zeven, über den wüsten Kirchort "Nianford" und über Ortsnamen um Zeven und Sittensen (Ldkr. Bremervörde) und um Hollenstedt (Ldkr. Harburg), in: JbnsKG 65 (1967), S.27-75 > Lateinische Literatur > W Wigger

Heyken, Enno (1976), Die Verehrung des heiligen Swibert von Kaiserswerth im ehemaligen Bistum Verden an der Aller (mit Erläuterungen zu Verdener Quellen), in: JbnsKG 74 (1976), S.65-127 > S Suitbert

Heyken, Enno (1987), Untersuchungen zur Verdener Frühgeschichte, in: JbnsKG 85 (1987), S.7-65. I. Schutzpatrone der Domkirche des mittelalterlich-frühneuzeitlichen Bistums Verden a.d. Aller waren anfangs der "heilige Märtyrer und Apostel Christi Andreas" - so die Verdener Immunitätsurkunde von 849 (?) - und die Gottesmutter Maria, deren Kult den des "Grundheiligen" Andreas verdrängte. II. Die Verdener Immunitätsurkunde von 849 (?) und die Gesamtbestätigung Verdener Privilegien von 1025, hochmittelalterlicher Bistümerlisten der römischen Kurie sowie Sagen um den Handelsplatz Bardowick lassen die Vermutungen zu, dass Bardowick niemals Bischofssitz gewesen war und somit auch nicht als "Vorgängerbistum" des Bistums Verden a.d. Aller dienen kann. Vielmehr wurde der Ort (locus) Verden aus Gründen der Christianisierung Sachsens (und anderen Gründen) zum Bischofsort [nach 814/15] bestimmt. [Buhlmann, 08.2013]

Heyken, Enno (1990), Die Altäre und Vikarien im Dom zu Verden. Ein Beitrag zur Rechts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte eines mittelalterlichen Sakralraumes (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, Bd.29), Hildesheim 1990, X, 301 S., DM 36,-. Schutzpatrone der Domkirche des mittelalterlich-frühneuzeitlichen Bistums Verden a.d. Aller waren anfangs der "heilige Märtyrer und Apostel Christi Andreas" - so die Verdener Immunitätsurkunde von 849 (?) - und die Gottesmutter Maria, deren Kult den des "Grundheiligen" Andreas verdrängte. Daneben kamen im frühen Mittelalter die heiligen römischen Märtyrer Fabian und Cäcilia auf, erstmals erwähnt in der Königsurkunde von 890. Im 11. und 12. Jahrhundert setzte sich Maria als Hauptpatronin des Verdener Doms (und des Domkapitels) durch. Im späten Mittelalter findet sich im Dom und in den Kapellen eine Reihe von Altären und Vikarien, die die Verehrung etwa der Heiligen Antonius, Barbara, Dionysius, Georg, Jakobus, Johannes des Täufers, Katharina, Laurentius, Maria Magdalena, Martin, Mauritius, Paulus, Petrus, Stephanus, Suitbert oder Thomas bezeugen. [Buhlmann, 08.2013]

Heym, Stefan, deutscher Schriftsteller: I. Stefan Heym (ursprünglich Helmut Flieg; *1913 in Chemnitz, †2001 in En Bokek) war jüdischer Herkunft und einer der wichtigsten Schriftsteller in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Der der Sozialdemokratie nahestehende Heym besuchte als Schüler Gymnasien in Chemnitz und Berlin und studierte bis zu seiner Flucht Journalistik in Berlin; das Studium setzte er an der Universität von Chicago fort (Abschluss 1936). Als freier Schriftsteller gelang ihm mit dem englischsprachigen Roman Hostages (1942) ein Erfolg. Heym wurde US-amerikanischer Staatsbürger und nahm am Zweiten Weltkrieg (1939-1945) teil. In der Nachkriegszeit arbeitete er kurz für unter alliierter Kontrolle stehenden Zeitungen, die Essener Ruhr-Zeitung und Münchner Neue Zeitung, um Ende 1945 wegen seiner Nähe zum Kommunismus in die Vereinigten Staaten (USA) zurückbefohlen zu werden. 1948 erschien dort Heyms Roman The Crusaders, 1952 verließ er vor der Hexenjagd der McCarthy-Ära die USA, 1953 siedelte er in die DDR. In der DDR und später - nach der Wiedervereinigung (1989/90) - in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) war Heym ein unbequemer, politischer Schriftsteller, der in kritischer Distanz zum "sozialistischen Realismus" und zum DDR-Regime, aber auch zur Einvernahme der DDR in die BRD stand (Bürgerrechtsbewegung, Montagsdemonstrationen [DDR]; Erfurter Erklärung [1997]). II. Literatur von Stefan Heym ist: Die Kannibalen und andere Erzählungen (1953), Forschungsreise ins Herz der deutschen Arbeiterklasse. Nach Berichten 47 sowjetischer Arbeiter (1953), Im Kopf - sauber. Schriften zum Tage (1954), Offen gesagt. Neue Schriften zum Tage (1957), Das kosmische Zeitalter. Ein Bericht (1959), Schatten und Licht. Geschichten aus einem geteilten Lande (1960), Der König David Bericht (Roman, 1972), Die Papiere des Andreas Lenz (1963), 5 Tage im Juni (1974), Lassalle (Roman, 1974), Erzählungen (1975), Die richtige Einstellung und andere Erzählungen (1976), Wege und Umwege. Streitbare Schriften aus fünf Jahrzehnten (1980); Heym, Stefan (1981), Ahasver. Roman (= Penguin Verlag 10229), München 2018, 264 S., € 12,- (als mythische Überhöhung des "Ewigen Juden" Ahasver im auf drei Handlungsebenen [Mythos Ahasver, der lutherische Theologe Paul von Eitzen und seine Begegnungen mit Ahasver und dem Teufel, Briefwechsel zwischen dem DDR-Professor Siegfried Beifuß und dem israelischen Professor Jochanaan Leuchtentrager] aufgeteilten Roman); Atta Troll. Versuch einer Analyse (1983), Schwarzenberg (Roman, 1984), Reden an den Feind (1986); Heym, Stefan (1990), Auf Sand gebaut. Sieben Geschichten aus der unmittelbaren Vergangenheit, München 21990, 103 S., Zeichnungen, DM 22,-; Stalin verläßt den Raum. Politische Publizistik (1990), Filz. Gedanken über das neueste Deutschland (1992); Heym, Stefan (1996), Der Winter unseres Mißvergnügens. Aus den Aufzeichnungen des OV Diversant (= btb 72366), München 1998, 222 S., DM 18,- (über die auftretenden Verwerfungen im Kunst- und Literaturbetrieb der Deutschen Demokratischen Republik in der Folge der Ausbürgerung Wolf Biermanns durch das DDR-Regime); Immer sind die Weiber weg und andere Weisheiten (1997), Pargfrider (Roman, 1998), Immer sind die Männer schuld. Erzählungen (2002), Offene Worte in eigener Sache. Gespräche, Reden, Essays 1989-2001 (2003). [Buhlmann, 01.2022, 06.2022, 02.2023]

Heyne Stilkunde, hg. v. Rolf Linnenkamp stellt eine Enzyklopädie der Kunstgeschichte und deren Epochen dar. U.a. sind erschienen: Bd.2 (1976): Bachleitner, Rudolf, Die Nazarener (= Heyne Tb 4504), München 1976, 203 S., Schwarzweißabbildungen, DM 2,- (Nazarener als nationaldeutsch-patriotische, christlich-religiöse Kunstbewegung, ausgehend von einer Gruppe deutscher Maler im Rom des beginnenden 19. Jahrhunderts, reichend bis ins 1. Viertel des 20. Jahrhunderts). [Buhlmann, 05.2019]

HF = Historische Forschungen

Hg. = Herausgeber/in

Hi

Hibbert, Christopher (1963), Mussolini. Das Leben des Duce (= Moewig Dokumentation 4337), München 1983 > S Schieder, Mussolini

Hildebrand, Dieter, Kuballa, Felix (Hg.) (2010), Mein Kriegsende. Erinnerungen an die Stunde Null, Berlin 2010 > U Ullrich, Acht Tage

Hildegard von Bingen, Nonne, Äbtissin und Mystikerin: Hildegard von Bingen (†1179) wurde 1098 als zehntes und letztes Kind der Adligen Hildebert und Mechthild von Bermersheim (bei Alzey) geboren. Zunächst wuchs sie auf dem dortigen Herrenhof ihrer Familie auf, bis sie als "Zehnter Gottes" im Alter von ungefähr acht Jahren der Frauenklause im Männerkloster Disibodenberg übergeben und damit Gott "geweiht" wurde - sicher ohne ihre Mitsprache und aus familienpolitischen Erwägungen heraus. Für Hildegard begann nun die Zeit ihrer geistlichen Erziehung durch ihre Lehrerin Jutta von Spanheim (†1136); die Frauenklause wurde für die kommenden Jahrzehnte Hildegards Heimat. Als Heranwachsende und als junge Frau erlebte sie den Bau der neuen Basilika auf dem Disibodenberg und schließlich die Weihe der Kirche im Jahr 1143 mit. Der Tod Juttas von Spanheim hatte aber schon vorher die Wende gebracht, als Hildegard 1136 zur Meisterin der Klause gewählt wurde und sie zwischen 1141 und 1147 ihre Visionen der Öffentlichkeit offenbarte, ja auf göttliches Geheiß offenbaren musste. Hildegard schrieb 1147 ihren berühmten Brief an Bernhard von Clairvaux (†1153) und fand schließlich auf der Synode zu Trier (1147/48) die allgemeine kirchliche Anerkennung, auch durch Papst Eugen III. (1145-1153). Schon zuvor hatte die Seherin mit ihrer ersten Schrift Scivias ("Wisse die Wege") begonnen, die 1151 beendet wurde. Weitere Visionsliteratur folgte: bis 1162 der Liber vitae meritorum ("Das Buch der Lebensverdienste"), bis 1173 der Liber divinorum operum ("Welt und Mensch"). Hildegards ganzheitliche Weltsicht offenbart sich hier ebenso wie in ihrem musikalischen Werk oder in den natur- und heilkundlichen Schriften Physica und Causae et curae. Beim Schreiben wurde die prophetissa teutonica tatkräftig von ihrem Sekretär Volmar vom Disibodenberg (†1173) unterstützt. Doch Hildegard stand auch in der Welt, allein durch ihre immer wieder auftretenden schweren Erkrankungen. Eine langwierige Krankheit spielte eine Rolle, als Hildegard 1150 den Umzug ihrer Nonnen auf den Rupertsberg bei Bingen erzwang. Wenn auch der Anfang schwierig war (Besitzstreitigkeiten mit dem Abt Kuno von Disibodenberg, Weggang der Richardis von Stade) - es entstand im Laufe der Zeit mit Unterstützung des Mainzer Erzbischofs ein blühendes Kloster unter der Leitung Hildegards als Äbtissin. Sogar Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) sollte das Kloster 1163 unter seinen Schutz stellen. Ein zweites Kloster in Eibingen, gegenüber dem Rupertsberg auf der anderen Rheinseite, entstand ab dem Jahr 1165, so dass Hildegard nunmehr zwei benediktinische Frauengemeinschaften zu leiten und zu betreuen hatte. Der Seelsorge entsprach es auch, dass die Äbtissin - trotz ihres fortgeschrittenen Alters und ihrer Erkrankungen - zu insgesamt vier größeren Predigtreisen aufgebrochen sein soll. (Angeblich?) öffentlich predigend u.a. über die kirchlichen Missstände und die Häresien, besuchte sie auf einer ersten Reise 1158 Mainz und Franken, begab sich auf einer zweiten Reise 1160 nach Trier und ins Elsass und wandte sich 1161/63 rheinabwärts, u.a. nach Köln. Eine vierte Reise führte die Seherin 1170/71 zu einigen schwäbischen Klöstern. Kurz vor ihrem Tod hatte dann die Äbtissin vom Rupertsberg noch eine Auseinandersetzung mit den Mächtigen der Kirche zu bestehen (1178/79). Es ging um die Beerdigung eines angeblich exkommunizierten Adligen auf Rupertsberger Klostergrund. Der Nonnengemeinschaft drohte das Interdikt, doch entschied der Mainzer Erzbischof zu Gunsten Hildegards. Wenige Monate später ist Hildegard von Bingen am 17. September 1179 gestorben.
An Biografien und Überblicken betreffend Hildegard von Bingen seien genannt: Beuys, Barbara (2003), Denn ich bin krank vor Liebe. Das Leben der Hildegard von Bingen (= SP 3649), München-Zürich 2003, 375 S., € 12,90; Brück, Anton Ph. (Hg.) (1979), Hildegard von Bingen 1179-1979. Festschrift zum 800. Todestag der Heiligen (= QAMRhKG 33), 1979, Nachdruck Mainz 1998, XVI, 461, [19] S., DM 75,- (mit den Beiträgen: Odilo Engels, Die Zeit der heiligen Hildegard; Adelgundis Fuhrkötter, Hildegard von Bingen - Leben und Werk; Wolfgang Seibrich, Geschichte des Klosters Disisbodenberg; Maria Laetitia Brede, Die Klöster der heiligen Hildegard Rupertsberg und Eibingen; Margot Schmidt, Hildegard von Bingen als Lehrerin des Glaubens. Speculum als Symbol des Transzendenten; Christel Meier, Zum Verhältnis von Text und Illustration im überlieferten Werk Hildegards von Bingen; Gerhard Müller, Die heilige Hildegard im Kampf mit den Häresien ihrer Zeit. Zur Auseinandersetzung mit den Katharern; Immaculata Ritscher, Zur Musik der heiligen Hildegard von Bingen; Peter Walter, Die Heiligen in der Dichtung der heiligen Hildegard von Bingen Robert Wolff, Herrschaft und Dienst in Sprache und Natur. Geistverwandtes bei Hildegard von Bingen und Stefan George; Josef Loos, Hildegard von Bingen und Elisabeth von Schönau; Friedhelm Jürgensmeier, St. Hildegard "prophetissa teutonica"; Heinrich Schipperges, Menschenkunde und Heilkunst bei Hildegard von Bingen; Irmgard Müller, Krankheit und Heilmittel im Werk Hildegards von Bingen; Peter Riethe, Die medizinische Lithologie bei Hildegard von Bingen; Adelheid Simon, Die Reliquien der heiligen Hildegard und ihre Geschichte; Helmut Hinkel, St. Hildegards Verehrung im Bistum Mainz; Werner Lauter, St. Hildegard und Frankfurt am Main; Henri Boelaars, Die Verehrung der heiligen Hildegard in der französischen Benediktinerkongregation von Solesmes von 1837-1978; Werner Lauter, Hinweise auf Hildegard von Bingen in Japan; Claus Palm, Bewahrende Progressivität. Der bleibende Auftrag der heiligen Hildegard von Bingen; Johanna Isenbarth, Das Leben in der Abtei St. Hildegard heute; Maura Böckeler, Hymnus in honorem Sanctae Hildegardis); Büchner, Christine (2009), Hildegard von Bingen. Eine Lebengeschichte (= it 3369), Frankfurt a.M.-Leipzig 2009, 144 S., Farbtafeln, (€ 7,50); Buhlmann, Michael (2007), Das Testament der Essener Äbtissin Theophanu. Hildegard von Bingen in Werden? (= BGW 6), Essen 2007; Diers, Michaela (1998), Hildegard von Bingen (= dtv portrait 31008), München 1998, 158 S., DM 14,90; Ederer, Hans A., Führkötter, Adelgundis (1979), Hildegard. Ein Mensch vor Gott, München 1979, 66 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, DM N.N.; Feldmann, Christian (1991), Hildegard von Bingen. Nonne und Genie (= Herder 4435), Freiburg i.Br.-Basel-Wien 31997, 276 S., DM 18,80; Flanagan, Sabina (1989), Hildegard of Bingen, 1098-1179. A Visionary Life, London-New York 1989, XIV, 230 S., £ N.N.; Kastinger Riley, Helene M. (1997), Hildegard von Bingen (= rm 50469), Reinbek 1997, 153 S., DM 12,90; Koch, Karl (1935), Hildegard von Bingen und ihre Schwestern, Leipzig 1935, 180 S., RM 4,50; Kotzur, Hans-Jürgen (Hg.) (1998), Hildegard von Bingen 1098-1179 (= Ausstellungskatalog), Mainz 1998, X, 350 S., DM 38,-; Newman, Barbara (1995), Hildegard von Bingen. Schwester der Weisheit (= Frauen - Kultur - Geschichte, Bd.2), Freiburg-Basel-Wien 1995, 379 S., DM 44,-; Pernoud, Régine (1996), Hildegard von Bingen. Ihre Welt - ihr Wirken - ihre Visionen (= Herder Tb 4592), Freiburg i.Br.-Basel-Wien 1999, 171 S., DM 16,80; Schäfer, Thomas (1998), Visionen. Leben, Werk und Musik der Hildegard von Bingen (= Knaur Tb 77398), München 1998, 255 S., DM 14,90; Schipperges, Heinrich (1995), Hildegard von Bingen (= BSR 2008), München 21995, 122 S., DM 14,80; Schipperges, Heinrich (1997), Die Welt der Hildegard von Bingen. Panorama eines außergewöhnlichen Lebens, Darmstadt 1997, 151 S., DM 49,80; Schipperges, Heinrich (2007), Die Welt der Hildegard von Bingen. Leben, Wirken, Botschaft, Erftstadt 2007, 144 S., € 9,95. Quellen zur Geschichte der Hildegard von Bingen sind: Hildegard von Bingen, Im Feuer der Taube. Die Briefe, übers. v. Walburga Storch (1997), Augsburg 1997, 639 S., DM 39,80; Hildegard von Bingen, Heilwissen. Von den Ursachen und der Behandlung von Krankheiten, übers. v. Manfred Pawlik (1994) (= Herder Tb 4050), Freiburg-Basel-Wien 51997 , 307 S., DM 19,80; Hildegard von Bingen, Heilkraft der Natur - "Physica". Rezepte und Ratschläge für ein gesundes Leben, übers. v. Marie-Louise Portmann (1993) (= Herder Tb 4159), Freiburg-Basel-Wien 41997 , 551 S., DM 24,80; Hildegard von Bingen, Der Mensch in der Verantwortung. Das Buch der Lebensverdienste - Liber Vitae Meritorum, übers. v. Heinrich Schipperges (1994) (= Herder Tb 4291), Freiburg-Basel-Wien 1994, 310 S., DM 22,80; Hildegard von Bingen, "Nun höre und lerne, damit du errötest". Briefwechsel - nach den ältesten Handschriften übersetzt und nach den Quellen erläutert v. Adelgundis Fuhrkötter (1997) (= Herder Tb 4556), Freiburg-Basel-Wien 1997, 277, [6] S., DM 19,80; Hildegard von Bingen, Scivias - Wisse die Wege. Eine Schau von Gott und Mensch in Schöpfung und Zeit, übers. v. Walburga Storch (1992) (= Herder Tb 4115), Freiburg-Basel-Wien 31997 , XXIII, 613 S., DM 29,80; Das Leben der heiligen Hildegard von Bingen, hg. u. übers. v. Adelgundis Fuhrkötter (1968) (= Heilige der ungeteilten Christenheit), Düsseldorf 1968 , 146 S., DM 12,80; Vita sanctae Hildegardis. Leben der heiligen Hildegard von Bingen, Canonizatio sanctae Hildegardis. Kanonisation der heiligen Hildegard. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Monika Claes (1998) (= Fontes Christiani. Zweite Folge, Bd.29), Freiburg-Basel-Wien 1998, 300 S., DM 48,-. [Buhlmann, 08.2011, 11.2021, 09.2022]

Hildermeier, Manfred (1998), Geschichte der Sowjetunion 1917-1991. Entstehung und Niedergang des ersten sozialistischen Staates (= HB), München 2017, 1348 S., Tabellen, € 49,95. I. Entstehung: Die Sowjetunion ist entstanden aus dem russischen Zarenreich, einem "Regime der Selbstherrschaft", das während des Ersten Weltkriegs (1914-1918, als "Katalysator des Zerfalls") gerade auch an seinen inneren Widersprüchen (autokratische Herrschaft des Zaren über ein "europäisches Imperium" von der Ostsee bis Sibirien, vom Schwarzen Meer bis zur Arktis; Modernisierungen und Rückständigkeit; Ständegesellschaft [Bauern, Bürger, Intellektuelle]; Versorgungslage während des Kriegs) zerbrach. Die Februarrevolution von 1917 und die Abdankung des Zaren Nikolaus II. (1881-1917; März 1917) führten zur Bildung eines "Provisorischen Komitees" und zu insgesamt vier bürgerlichen Regierungen unter Georgi Lwow (†1925) und Alexander Kerenski (†1970) bis zur Oktoberrevolution von 1917 (provisorische Regierung in St. Petersburg, Petrograder Arbeitersowjet der Sozialrevolutionäre, Menschewiki und Bolschewiki, "Russländische Föderation" bei Abspaltung der Ukraine [Juni 1917]). Mit der Ankunft (Wladimir Uljanow) Lenins (*1870-†1924) in Russland (April 1917) begann die Radikalisierung der Bolschewiki, die sich gegen die bürgerliche Regierung wandten; diese hatte sich mit Misserfolgen im Krieg und einem versuchten Militärputsch (September 1917) auseinanderzusetzen. Die Oktoberrevolution vom 7. November (= 25. Oktober) 1917 als Putsch der Bolschewiki unter der weitgehenden Regie von Leo Trotzki (*1879-†1940) führte zur Entmachtung der "Provisorischen Regierung", wobei der 2. Kongress der Sowjets vom selben Tag als Regierung einen Rat der Volkskommissare beschloss. Lenin löste mit seinen Bolschewiki die am 8. Dezember gewählte verfassungsgebende Versammlung durch (Januar 1918), die Volkskommissare gründeten als Geheimpolizei die Tscheka (Dezember 1917), führten die gregorianische Kalenderrechnung ein (Februar 1918) und verboten die nichtbolschewistischen Parteien (bis Mitte 1918); mit dem Frieden von Brest-Litowsk (3. März 1918) schied Russland aus dem Weltkrieg aus, Finnland, die baltischen Staaten, Polen, Weißrussland, die Ukraine, die transkaukasischen Staaten, Turkestan, Kasachstan verselbstständigten sich, teilweise unter deutscher Besetzung. Ab der 2. Hälfte 1918 herrschte in Russland der Bürgerkrieg zwischen den "Weißen", unterstützt von Großbritannien, Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika, und den "Roten" (1918-1920), u.a. ein Attentat auf Lenin (Dezember 1918) war der Anlass für den "Roten Terror" der Bolschewiki gegen Andersdenkende im Sinne eines ideologischen Marxismus-Leninismus. Im Bürgerkrieg war zunächst das Wolgagebiet umkämpft (1918), dann gerieten die Bolschewiki in Bedrängnis (1919), schließlich gelang den "Roten" die Rückeroberung vieler ehemals zum Zarenreich gehörender Territorien wie der Ukraine, Weißrussland, der Kaukasusregion und Zentralasiens (1920); Finnland und die baltischen Staaten blieben unabhängig, Polen erzwang gegen Sowjetrussland die Abtretung von Teilen Weißrusslands und der Ukraine (1920/21). Im jeweiligen Machtbereich der Bolschewiki kam es während des Bürgerkriegs zur Ausbildung eines "Kriegskommunismus", der die russischen Bauern massiv benachteiligte und die Revolution der Städte auch auf dem Lande verbreitete; Bauernaufstände (in der Ukraine, im Wolgagebiet und Westsibirien), aber auch der Kronstädter Arbeiteraufstand (Anfang 1921) waren die Folge. Mit der "Neuen Ökonomischen Politik" (1921/27; Beendigung des "Kriegskommunismus, freier Handel, Städte und benachteiligtes Land) bei teilweiser Abkehr von der marxistisch-leninistischen Ideologie sollte sich die Sowjetunion wirtschaftlich und politisch stabilisieren. Im Staat der Räte (Sowjets) bildeten Partei - die "Allunions-Kommunistische Partei der Bolschewiki" (VKP(b); 1925) - und Staat eine Einheit, d.h. in diesem Parteienstaat ergänzten sich staatliche Organisationen und Parteistrukturen, und das auf lokal-regionaler Ebene, auf der Ebene der (autonomen) Republiken (Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik [RSFSR], Karelische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik [ASSR], {ab 1945: Estnische Sozialistische Sowjetrepublik [SSR], Litauische SSR, Lettische SSR}, Weißrussische SSR, Ukrainische SSR, Moldauische SSR, Kalmückische ASSR, Kabardino-Balkarische ASSR, Nordossetische ASSR, Tschetscheno-Inguschische ASSR, Dagestanische ASSR, Abchasische ASSR, Adscharische ASSR, {als Transkaukasische SFSR 1922-1936: Georgische SSR, Armenische SSR, Nachilschewane ASSR, Aserbaidschanische SSR}, Komi-ASSR, Mordwinische ASSR, Tschuwaschische ASSR, Mari-ASSR, Udmurtische ASSR, Tatarische ASSR, Baschkiruische ASSR, Kasachische SSR, Karakalpakische ASSR, Turkmenische SSR, Usbekische SSR, Kirgisische SSR, Tadschikische SSR, Tuwinische ASSR, Burjatische ASSR, Jakutische ASSR), auf der Ebene der Sowjetunion als (föderale) Union. Die (Sowjet-) Union wurde am 29. Dezember 1922 formal ins Leben gerufen und vereinigte die bis dahin von den Bolschewiki eroberten Territorien (Eroberung Georgiens 1921/24, Verselbstständigung der Turkmenischen SSR und Usbekischen SSR 1924, Moldauische SSR 1924, Verselbstständigung der Tadschikischen SSR 1929, Verselbstständigung der Kasachischen SSR und Turkmenischen SSR 1936). Der politische Vorrang der Sowjetunion gegenüber den Teilrepubliken blieb wegen der alles verbindenden Allunionspartei VKP(b) gewahrt, die 127 Nationalitäten innerhalb der Sowjetunion wurden in ihrer kulturellen Eigenständigkeit gefördert (Bildungspolitik, Sprache, Schulen, Sesshaftmachung, Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau). Im Mittelpunkt des sowjetischen Kommunismus standen dabei der wirtschaftliche Fortschritt als Resultat von Elektrifizierung, Industrialisierung und Rationalisierung und ein propagandistisches Idealbild der dem Sozialismus entsprechenden Menschentypen des Arbeiters im Arbeiterstaat und der Frau in der neuen Gesellschaft (Arbeiterkult und Fabrik, Kunst und sozialistische Avantgarde [Dichtung, Literatur, Theater, Malerei, Fotografie, Kino], Atheismus [Ausschaltung der kirchlichen "Konkurrenz", Vermögensbeschlagnahme, Verbote]). Außenpolitisch setzte die entstehende Sowjetunion zunächst auf die "Weltrevolution" (Bedeutung Deutschlands), musste sich aber nach dem Ausbleiben dieser mit den Mitteln der herkömmlichen Diplomatie behaupten (Vertrag von Rapallo 1922, diplomatische Anerkennung ab 1924). Der Tod Lenins als unbestrittenem Führer des sowjetischen Marxismus-Leninismus (1924; "Fraktionsverbot" innerhalb der VKP(b) 1921, "Testament" Lenins, Lenin-Mausoleum in Moskau, Leningrad statt Petrograd) ließ indes innenpolitischen Streit um die Macht aufkommen, bei dem Trotzki ins politische Abseits geriet (Ermordung Trotzkis in Mexiko 1940). Profiteur der Entwicklung war Josef Stalin (*1878-†1953), der zudem die Parteigrößen Grigori Sinowjew (*1883-†1936; hingerichtet) und Lew Kamenew (*1883-†1936; hingerichtet) sowie Nikolai Bucharin (*1888-†1938) ausschalten konnte (1926/27/29). II. Stalin: Stalin vereinigte als Generalsekretär de VKP(b) unter Ausschaltung jeglicher Parteikonkurrenz alle Macht bei sich. Ab 1928 kann von der Ära des Stalinismus gesprochen werden; in diesem Jahr gelang es Stalin das Politbüro der kommunistischen Partei nach seinen Wünschen umzugestalten, weiter das endgültige Aus der NÖP durchzusetzen und in einem 1. Fünfjahresplan (1928-1932) die Schwerindustrialisierung der Sowjetunion ([chaotische] Planwirtschaft, weitere Ideologisierung der Arbeiterschaft) bei Kollektivierung und "Entkulakisierung" der Landwirtschaft (Zwangskollektivierungen und Enteignungen [Sowchosen, Kolchosen], Deportationen und Ermordungen) durchzusetzen. Gegner innerhalb und außerhalb der Partei wurden in Schauprozessen verurteilt, "Systemfeinde" getötet, deportiert oder zu Zwangsarbeit gezwungen; die Geheimpolizei GPU (1922) bzw. NKWD (1934) beherrschte den "Archipel GULag". Folgen der Maßnahmen Stalins waren eine "Entfesselung von Gewalt" und "bürgerkriegsähnliche Zustände", die neben einer allgemeinen Desorganisation u.a. zur Hungersnot von 1932/33 mit ihren fünf bis zehn Millionen Opfern besonders in der Ukraine führten. Die Flucht der Landbevölkerung in die Städte unterband dabei (theoretisch) ein Passsystem (1932; <-> "Verbäuerlichung" der Städte). Ideologisch stand im Stalinismus der "Neue Mensch" im Vordergrund, wie ihn die Modernität verheißende städtebauliche Umgestaltung Moskaus (Metro und Magistralen) propagierte, das Ideal des mit "bolschwistischem Bewusstsein" ausgestatteten Menschen (Männer, Frauen, Ingenieure) oder die Kunst des "Sozialistischen Realismus". Der von Stalin initiierten sozialistischen Verfassung der Sowjetunion (1936) folgte im 2. Fünfjahresplan (1933-1937) der "Große Terror" von 1937/38, der nicht nur die (Partei-, Planwirtschafts-) Elite, sondern alle Schichten der Gesellschaft betraf (Stachanow-Kampagne und "Mobilisierungsdiktatur" 1935, Entmachtung des Politbüros 1935, "Säuberungen" innerhalb der Partei 1937, Moskauer Schauprozesse 1936/38, Massenterror und Massenverhaftungen gegen "Asoziale, Kriminelle, Kulaken" 1937/38, Ausbau des GULag-Systems 1937/41) und die Beziehungen zwischen den Menschen nachhaltig zerstörte. Stalin wirkte über die Komintern ("Kommunistische Internationale") auch auf die kommunistischen Parteien im Ausland ein, wenn auch die direkten diplomatischen Beziehungen zu den auswärtigen Staaten eine immer größere Rolle spielten (Mitgliedschaft der Sowjetunion im Völkerbund 1934, sowjetischer Außenminister Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow [†1986], Auflösung der Komintern 1943). Der Hitler-Stalin-Pakt (1939) mit seiner Preisgabe der baltischen Staaten und Ostpolens an die Sowjetunion war eine Voraussetzung für den Zweiten Weltkrieg (1939-1945) und den deutschen Überfall auf die Sowjetunion (Unternehmen "Barbarossa" 1941, deutscher Vernichtungskrieg in Osteuropa, Holocaust). Im "Großen Vaterländischen Krieg" (1941-1945) reagierte Stalin auf den deutschen Angriff mit Zwangsmaßnahmen (Kontrolle von Soldaten und Arbeitern, Deportation ethnischer Gruppen [Wolgadeutsche, Krimtataren u.a.], Verfolgung von Kollaborateuren), aber auch mit der Gewährung von Freiheiten (Sowjetunion als "Leidensgemeinschaft", kulturelle und kirchliche Freiheiten). Die Schlacht bei Stalingrad (September 1942-Januar 1943) bildete den Wendepunkt des Krieges; danach rückte die sowjetische Rote Armee - unterstützt von den westlichen Aliierten - bis nach Mitteleuropa vor (1945). Noch nach Ende des Krieges behauptete sich die Ukrainische Aufstandsarmee (UPA) als antikommunistische Gruppierung in weiten Teilen der Westukraine (bis 1956), während Baltikum und Westgebiete fest in die erweiterte Sowjetunion eingebunden wurden (Deportationen, Verstaatlichungen, Kollektivierung, russische Amtssprache). Im sich entwickelnden Ost-West-Konflikt u.a. zwischen einem kommunistischen Osteuropa hinter dem "Eisernen Vorhang" (Warschauer Pakt) und den westlichen Demokratien in Nordamerika und Europa (NATO) konnte die Sowjetunion auf die auch von ihr entwickelte Atombombe (1949) verweisen; der "Kalte Krieg" zwischen Kapitalismus und Kommunismus wurde ideologische geführt, ging konkret gerade auch um den sowjetischen Einfluss in Osteuropa und Deutschland (West-Berlin 1948/49, Gründung von Bundesrepublik Deutschland [BRD] und Deutscher Demokratischer Republik [DDR] 1949, "Stalin-Note" 1952). Innenpolitisch standen die Jahre nach dem Krieg im Zeichen des industriellen Wiederaufbaus der durch den Krieg massiv in Mitleidenschaft gezogenen westlichen Teile der Sowjetunion (25 bis 30 Millionen Weltkriegstote, Fünfjahresplan für die Ukraine 1946-1950). Gleichzeitig wurden vor dem Hintergrund eines geradezu schizophrenen Freund-Feind-Denkens (Schdanowschtschina, Antikosmopolitismus, Antisemitismus, Feindhysterie) Freiheiten (z.B. in der Kunst) wieder eingeschränkt, die "Angstherrschaft" Stalins und eine beginnende neue Terrorwelle (gegen Juden) wurden nur durch den Tod des Diktators (1953) beendet. III. Chruschtschow: Was folgte, war eine liberalere Ära unter dem Ersten Parteisekretär der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU, 1952) Nikita Chruschtschow (*1894-†1971), der die "kollektive Führung" nach Stalins Tod erfolgreich ablöste (1957). Zuvor war noch der Aufstand in der DDR niedergeschlagen worden (1953; Hinrichtung des NWKD/MGB-Chefs Lawrenti Berija [†1953, Geheimdienst KGB 1954]); zur "Entstalinisierung" der Sowjetunion (ab 1953) gehörte das Abrücken von Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Unterbringung im GULag, die Öffnung der Lager bedingte die Freilassung von ungefähr vier Millionen (politischer) Gefangener, die nur schlecht in die sowjetische Gesellschaft zu integrieren waren. In einer Geheimrede rechnete Chruschtschow (teilweise) mit dem Terror der Stalinzeit ab (1956), was innen- und außenpolitische Verwerfungen mit sich brachte (Unruhen in Polen und Ungarn 1956). Der "Entstalinisierung" folgte eine Periode des "Tauwetters", innenpolitisch der Jahre 1955/57, auch in der Literatur (Schriftstellerkongress 1954); doch wandte sich die sowjetische Gesellschaft mit seiner Sozialkontrolle auch gegen "Asoziale" und "Sozialschmarotzer", gegen Religion und Kirche (orthodoxes Christentum, Islam) bei Propagierung "nationaler" Einheit. Der Reformstau der Stalinjahre sollte durch Reformen innerhalb der Landwirtschaft (Maisanbau, staatliche Erleichterungen für Bauern[Steuern, Rente], Neuland-Kampagne, Überforderung der Kolchosen), durch Reformen hin zu einem Wohlfahrtstaat (Mindestlohn, Mindestrente, Wohnungsbau, Konsum), durch eine dezentrale Organisation der Industrie bei weiterem Ausbau von Großindustrie und Energieversorgung gelöst werden. Das sowjetische Raumfahrtprogramm war zivil (Satellit "Sputnik" 1957) und militärisch (Trägerraketen für Atomwaffen) erfolgreich. Die sowjetische Außenpolitik war gekennzeichnet durch Chruschtschows Reisediplomatie (Gipfeltreffen in Genf [1955], Paris [1960] und London [1961], Chruschtschows USA-Reise 1959) und durch Annäherung an den und Distanzierung vom Westen (Entlassung der letzten deutschen Kriegsgefangenen 1955, Deutschland- und Berlin-Frage [Mauerbau 1961]). In der Kubakrise (1962) zogen Chruschtschow und die Sowjetunion den Kürzeren. Der außenpolitische Misserfolg sowie Versorgungskrisen im Innern führten schließlich zur Absetzung Chruschtschows durch das Zentralkomitee der KPdSU (1964). IV. Breschnew: Auf Chruschtschow sollte Leonid Breschnew (*1906-†1982) als mächtigster Mann der Sowjetunion folgen, freilich mit Aleksei Kossygin (*1904-†1980) als Vorsitzendem des Ministerrats und Nikolai Podgorny (*1903-†1983) als Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets - "kollektive Führung" also. Breschnew zeichnete sich durch einen auf Ausgleich bedachten Führungsstil aus, er setzte auf Kontinuität im Kader der KPdSU bei Vorrang der Partei gegenüber der Regierung. Reformen Chruschtschows wurden zurückgenommen, die neue Verfassung der Sowjetunion (1977) stand in Teilen den kommunistischen ("nationalen") Eliten in den Teilrepubliken entgegen; (Kolchos-) Bauern sollten rechtlich und sozial der städtischen Bevölkerung gleichgestellt werden (Angleichung der Löhne 1965, Freizügigkeit 1975), die "Kossyginschen Reformen" (1965) setzten auch auf Eigenverantwortung in der Industrie, scheiterten aber im Wesentlichen; im Rahmen des "Kleinen Deal" (Wohlverhalten gegen materielle Versorgung, Anhebung des Lebensstandards) eines "entwickelten Sozialismus" konnte die sowjetische Bevölkerung auch mehr Konsumgüter wie Haushaltsgeräte (Fernsehgerät, Kühlschrank, Waschmaschine) nachfragen, die Anzahl privater Automobile blieb indes gering (Lada-Autowerk in Togliatti 1970). Dringende Devisen erhielt die Sowjetunion durch den Export von Gas und Öl (aus Sibirien) auch ins westliche Ausland (Österreich 1968, BRD 1973, Pipeline zur Yamal-Halbinsel 1983). Unter den Infrastrukturmaßnahmen ragte - neben den Investitionen im ländichen Bereich - auch unter ideologischen Aspekten der Bau der Baikal-Amur-Magistrale (ab 1974) hervor. Ebenfalls ideologisch untermauert war die Verfolgung Andersdenkender, was etwa den Schriftsteller Alexander Solschenizyn (*1918-†2008, Literaturnobelpreis 1970) oder den Wissenschaftler Andrei Sacharow (*1921-†1989, Friedensnobelpreis 1975) betraf. Außenpolitisch trat die Sowjetunion als Weltmacht auf, gegenüber den Staaten des Warschauer Paktes (Prager Frühling 1968), gegenüber dem China der Kulturrevolution, gegenüber der NATO und den USA (Vietnamkrieg 1955-1975, Entspannungsprozess und SALT-Abkommen 1972, KSZE-Prozess und Helsinki-Schlussakte 1973/75), gegenüber Westdeutschland im Zeichen der neuen Ostpolitik des Bundeskanzlers Willy Brandt (1969-1974) (Moskauer Vertrag 1970). Der Entspannung zwischen Ost und West folgte nach 1975 eine neue "Eiszeit" (trotz SALT II-Abkommens 1979; Kommunismus in Angola (1974/75/2002), NATO-Doppelbeschluss 1979); auch der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan (1979) gehört hierher (Afghanistankrieg 1979-1989), Unruhen in Polen (freie Gewerkschaft Solidarnosc) wurden unterdrück (1980/81). Am Ende hinterließ Breschnew ein von Nahrungsimporten abhängiges Land, das infolge eines Preiszerfalls nur ungenügend Devisen aus dem Öl- und Gasexport generieren konnte, und innerhalb der politisch maßgeblichen Parteikader der KPdSU bzw. Nomenklatura eine Gerontokratie. Letztere stellte nach Breschnews Tod (1982) die Generalsekretäre Juri Wladimirowitsch Andropow (*1914-†1984) und Konstantin Tschernenko (*1911-†1985), die aufgrund ihren kurzen Amtszeiten kaum politisch zur Entfaltung kamen (1982-1984 bzw. 1984-1985). V. Auf- und Zusammenbruch: Mit Michail Gorbatschow (*1931-†2022) kam ein Generalsekretär einer jüngeren Generation an die Macht (1985), der das durch Korruption und Stagnation ausgehöhlte Partei- und Staatssystem der Breschnewzeit verändern und modernisieren wollte. Perestroika ("Umgestaltung" ) und Glasnost ("Transparenz/Öffnung") waren die Schlagworte, mit denen Gorbatschow seine neue Politik verband. Sie bedeutete eine entstehende Meinungsvielfalt und Verfassungsreformen (Demokratisierung 1987, Reform der Sowjets, Kongress der Volksdeputierten 1988, Präsidialsystem 1990) unter der Alleinherrschaft der KPdSU sowie einen massiven Umbau der Wirtschaft, die nun marktwirtschaftliche Elemente (Handwerk, Landwirtschaft) aufnahm, die Planung auf die Ebene der Unternehmen (Industrie) verlagerte. Der wirtschaftliche Umbau führte zu massivem Mangel an vielem, zumal eine Kampagne gegen Alkoholismus (1985) sich ebenfalls negativ auswirkte. Die Reaktorexplosion in Tschernobyl (1986) brachte das Ende der Technikgläubigkeit, Abruüstungsverhandlungen in Reykjavik (INF-Vertrag 1987) das Ende des Kalten Krieges zwischen Ost und West. Auch in den Staaten des Warschauer Paktes sollten Perestroika und Glasnost Einzug halten, das Ende der kommunistischen DDR (Mauerfall 1989) und deren Beitritt zur BRD (Wiedervereinigung 1990) liefen parallel zu Zerfall und Auflösung des Warschauer Paktes (1991) bei Rückzug der sowjetischen Truppen ausd Osteuropa (bis 1994). Auch die Sowjetunion sollte in ihre Einzelrepubliken zerbrechen; in Kasachstan setzten 1986 Unruhen ein, ebenso in Usbekistan 1988/89, es folgten Streitigkeiten um die Region Bergkarabach (1988) zwischen Armenien und Aserbaidschan und Massenproteste in Georgien (Abchasien, Südossetien) (1989/90). Autonomiebestrebungen gab es in den baltischen Republiken seit 1988, Litauen erlangte 1990/91 als erste dieser Republiken die faktische Unabhängigkeit. Das Jahr 1991 war auch das Jahr des Endes der Sowjetunion, die Gorbatschow mittels eines neuen Unionsvertrages zwischen neun Republiken auf eine neue Grundlage stellen wollte (April/August 1991). Der Unionsvertrag war der Anlass zu einem kommunistischen Putsch gegen den Generalsekretär (18./21. August 1991), der unter maßgeblicher Beteiligung des Präsidenten der russischen Teilrepublik Boris Jelzin (*1931-†2007) abgwehrt werden konnte. Der Unionsvertrag war indes hinfällig; die Republiken Russland, Weißrussland und Ukraine verhandelten hinter Gorbatschows Rücken das neue Staatensystem der "Gemeinschaft unabhängiger Staaten" (GUS), das am 21. Dezember 1991 von elf Republiken gebildet wurde. Gorbatschow trat daraufhin am 25. Dezember als sowjetischer Präsident zurück, am Tag darauf verfügte der Oberste Sowjet die Auflösung der Sowjetunion als "Union der sozialistischen Sowjetrepubliken" (UdSSR). Die kommunistische Sowjetunion war damit Geschichte. VI. Nachleben: Aus der Sowjetunion entstanden infolge des politischen Umbruchs der Jahre 1989/91 fünfzehn neue Staaten, die unterschiedliche Entwicklungen nahmen. Die baltischen Staaten Estland, Livland, Litauen orientierten sich rasch nach dem Westen und wurden schließlich Mitglieder der NATO und der Europäischen Union (EU). Andere Staaten waren Teil der GUS, hatten sich mit der machtpolitischen Vormachtstellung des "neuen" Russland auseinanderzusetzen oder kämpften mit Nationalitätenprobleme. Russland als Kerngebiet der ehemaligen Sowjetunion wurde als "oligarchische Präsidialdemokratie", "gelenkte Demokratie" und schließlich "erstickte Demokratie" unter der Präsidentschaft von Waldimir Putin (*1952) wieder zu einer (Präsidial-) Diktatur, die die Wiederherstellung des Sowjetimperiums anstrebt (nach: Schattenberg, Sowjetunion). > S Sowjetische Geschichte [Buhlmann, 03.2022]

Hildigrim, Missionar, Bischof: Hildigrim, der jüngere Bruder des heiligen Liudger (†809), steht zu Unrecht im Schatten des Heiligen. Als Mitglied einer "Priesterfamilie" (genus sacerdotale) verfolgte auch Hildigrim eine geistliche Laufbahn im Frankenreich Kaiser Karls des Großen (768-814). Er begleitete Liudger nach Rom (und Montecassino) (784), findet in den frühen Werdener Traditionsurkunden als Diakon Erwähnung (793, 796) und wurde im Jahr 802 Bischof von Châlons a.d. Marne. Wie Liudger war Hildigrim Missionar; er christianisierte im ostsächsischen Raum. Hildigrim unterstützte seinen Bruder bei der Gründung des Werdener Klosters (gegen 800) und erscheint dort nach dem Tod Liudgers (809) als Klosterleiter und Erbauer der Stephanskirche. Wie Liudger wurde Hildigrim nach seinem Tod am 19. Juni 827 in Werden beigesetzt, seine 1783 zerstörte Grabtumba in der Außenkrypta der Werdener Abteikirche trug eine mittelalterliche Inschrift, die Hildigrims Verdienste denen Liudgers gleichstellt. Für Ostsachsen erinnerten Geschichtsschreiber wie Thietmar von Merseburg oder der Annalista Saxo an Hildigrim als ersten Bischof von Halberstadt. Die mittelalterliche Fälschung einer Urkunde auf Kaiser Karl den Großen (angeblich 802) und die frühneuzeitliche Klostergeschichte des Werdener Abtes Heinrich Duden bringen Hildigrim schließlich mit der Gründung der mit Werden ein Doppelkloster bildenden Mönchsgemeinschaft in Helmstedt in Verbindung (angeblich 801).
Zu Hildigrim s.: Buhlmann, Michael (2012), Hildigrim, Bruder des heiligen Liudger (= BGW 11), Essen 2012, 56 S., € 3,-. > Hildigrim [Buhlmann, 06.2012]

Hilger, Claus-Peter (2005), "Beide Abteien sind definitiv aufzulösen". Vor 200 Jahren kam das Ende für die Klöster St. Blasien und St. Peter, in: Schwarzwälder Hausschatz 2006, Oberndorf [2005], S.117-120. Im Rahmen der napoleonischen Neuordnung Mitteleuropas am Beginn des 19. Jahrhunderts kamen im neu entstandenen Großherzogtum Baden auf Beschluss Großherzogs Karl Friedrich vom 10. Oktober 1806 die katholischen Kloster St. Blasien und St. Peter zu ihrem Ende. Schon zuvor hatte im Rahmen des Lunéviller Friedens (1801) und des Reichdeputationshauptschlusses (1803) Klosterauflösungen und Säkularisationen in Südwestdeutschland gegeben. Die Klöster St. Blasien und St. Peter existierten aber immer noch, wenn sie auch im verlauf der Jahre unterschiedlichen Herren (Herzog von Modena, Heistersheimer Malteser) zugeschlagen worden waren. Mit der endgültigen Zuweisung der Mönchsgemeinschaften an das Großherzogtum Baden wurden nun die beiden Abteien nach erfolglosen Verhandlungen mit den Äbten Berthold Rottler von St. Blasien und Ignaz Speckle von St. Peter (März 1806) aufgelöst, der Besitz (Klosterwälder, Klosterbrauerei von St. Blasien) enteignet, das Klosterinventar, soweit nicht geplündert oder zerstört, versteigert, während die Mönche in Pension gingen, Pfarrstellen annahmen oder in den Schuldienst übernommen wurden bzw. im Fall St. Blasiens teilweise - unter Mitnahme des Großteils des Kirchenschatzes - ins österreichisch-habsburgische Exil nach St. Paul im Lavanttal zogen. [Buhlmann, 08.2020]

Hiller, Helmut (1981), Heinrich der Löwe. Macht und Rebellion (= Heyne Biographien 86), München 1981 > H Heinrich der Löwe

Hillgruber, Andreas (1972), Bismarcks Außenpolitik (= rombach hochschul paperback, Bd.46), Freiburg i.Br. 1972 > B Bismarck, Otto von

Hilmes, Oliver (2016), Berlin 1936. Sechzehn Tage im August, München 52016 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Hilpert, Hans-Eberhard (1982), Zwei Briefe Kaiser Ottos IV. an Johann Ohneland, in: DA 38 (1982), S.123-140 > O Otto IV.

Hilscher, Eberhard (1996), Gerhart Hauptmann, Leben und Werk (= AtV 1158), Berlin 1996 > H Hauptmann, Gerhart

Hilz, Helmut (2022), Geschichte des Buches. Von der Alten Welt bis zur Gegenwart (= BSR 2937), München 2022, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 12,-. I. Einführung: Als Bücher können bezeichnet werden alle Formen von schriftlichen Aufzeichnungen, als (Papyrus-) Schriftrollen (Ägypten) und Tontafeln (Alter Orient), auf Beschreibstoffen aus Leder, Bambus (Asien), Holz oder Palmblatt (Indien) usw. Das lateinische liber und das deutsche "Buch" leiten sich ab vom Baum "Buche", auch im Sinne von Bast. Bücher und Buchkultur setzen das Vorhandensein von Schriftlichkeit in menschlichen Gesellschaften voraus. Dabei gab es durchaus Zäsuren in der Geschichte der Bücher wie die Erfindung des Papiers in China im 2. vorchristlichen Jahrhundert, der Übergang von Papyrusrollen zu Pergamentkodizes in der nachchristlichen römischen Antike, die Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert oder die Digitalisierung des Buchs an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert. Hervorgehoben seien auch die "Buchreligionen" von Judentum, Christentum und Islam oder der durch den Buchdruck und die Verbreitung von Ideen stattgefundene technologische Fortschritt in Europa. II. Alte Welt: Schriftlichkeit ist die Voraussetzung für Bücher; mesopotamische Keilschrift (3400/3200 v.Chr.), ägyptische Hieroglyphenschrift (3400/3100 v.Chr.), Indusschrift (2500 v.Chr.), chinesische Schrift (1300 v.Chr.), phönizische Alphabetschrift (11. Jahrhundert v.Chr.), alt-/mittelamerikanische Schrifttypen (600 v.Chr.) sind in den frühen menschlichen Kulturen auf fast allen Kontinenten entstanden. In den altorientalischen Reichen betrafen erste Aufzeichnungen Wirtschaft und Verwaltung, daneben kamen literarische Texte auf, die sumerisch-akkadisch-babylonische Keilschrift wurde auf Tontafeln (Bibliothek von Ebla [23. Jahrhundert v.Chr.], Bibliothek des Assyrerkönigs Assurbanipal [669-631 v.Chr.] in Ninive [7. Jahrhundert v.Chr., Gilgameschepos], die Hieroglyphen (neben der demotischen Schrift [ca.650 v.Chr.]) auf Papyrus (Papyrus Prisse [ca.1900 v.Chr.], Papyrus Ebers [16. Jahrhundert v.Chr.]) niedergeschrieben. Schriftlichkeit bedingte zudem Menschen, die schreiben und lesen konnten (Schreiberausbildung). Das antike Griechenland übernahm das phönizische Alphabet, das entsprechend angepasst wurde (10./9. Jahrhundert v.Chr.) und sich seit 7. Jahrhundert v.Chr. überall im griechischen Kulturraum verbreitete (Schriftlichkeit in den Poleis; Verwendung von Papyrus [Papyrusrollen, Einteilung von literarischen Werken in Büchern], Leder und Pergament; Wachstafeln). Der Hellenismus sah die weite Verbreitung von griechischer Schrift und Literatur (Bibliothek von Alexandria, Septuaginta). Dem antiken Rom wurde die Alphabetschrift über die Etrusker vermittelt. Es entwickelte sich die lateinische Schrift, die für den Westteil des Imperium Romanum wichtig wurde; Bibliotheken in größeren Städten (Rom, Köln) standen der lesenden Bevölkerung (Alphabetisierungsgrad 10-20%) zur Verfügung, daneben gab es Privatbibliotheken (Villa dei Papiri in Herculaneum). Nachchristlich war der schon erwähnte Übergang von der Papyrusrolle (capsa als Rollenbehälter) zum (Pergament-) Codex (Blöcke aus Blättern, Notizbücher; praktische Gründe für den Codex) auch im Zuge der Verbreitung des Christentums (Codex Sinaiticus [4. Jahrhundert n.Chr., Mitte]). Im alten China wurden im Zuge der aufkommenden Schriftlichkeit Texte auf Bambus, Holz und Seide geschrieben, bevor zurzeit der Han-Dynastie (206 v.Chr.-220 n.Chr.) die Papierherstellung (Maulbeerbaumfasern, Stoffreste als Rohstoffe für Papier -> Papierbrei -> Schöpfen und Sieben -> Trocknen und Glätten) aufkam. Von China verbreitete sich der Gebrauch von Büchern und Papier nach Korea (3. Jahrhundert n.Chr.) und Japan (7. Jahrhundert n.Chr.). III. Mittelalter: Der Kodex war im byzantinischen und europäischen Mittelalter die bevorzugte Form des Buches. Auch der Islam verwendete wohl von Anfang an (Koran) diese Buchform, ergänzt um die aus China und Mittelasien stammende weite Verbreitung findende Verwendung von Papier (8./9. Jahrhundert). Im christlichen Europa bildete sich die (spezifische) Form des mittelalterlichen Buchs heraus; Skriptorien von Kloster- und Domschulen, dann Universitäten vermittelten aus der Antike überlieferte Texte, die abgeschriebenen Texte zeichneten sich durch Worttrennung und zunehmend durch Interpunktion, Inhaltsangaben und Überschriften aus, die Lesefähigkeit verbreitete sich in der Bevölkerung zum späten Mittelalter hin auch auf den Stand der Laien, die Brille (13. Jahrhundert, 2. Drittel) beförderte zudem das Lesen. Das mittelalterliche Buch war aus Pergament (bis 13. Jahrhundert und später; aufwändige Pergamentherstellung) und wurde mit Tinte und Buchschriften beschrieben, wobei Initialen und buchmalerische Miniaturen eine wichtige Rolle spielen konnten (Schreiber, Rubrikator, Buchmaler). Auch als spätmittelalterliche Papierhandschriften blieben die Bücher ein Luxusgut, die Handschriftenproduktion erreichte bis zum 15. Jahrhundert fünf Millionen Handschriften pro Jahrhundert. Eine gestiegene Nachfrage nach Büchern im europäischen Spätmittelalter ließ den Buchhandel entstehen. In Ostasien, in China gab es konfuzianische und buddhistische Werke, die auf Steinstelen geschnitten wurden, die wiederum Vorlage für Papierreproduktionen waren (3./9. Jahrhundert; Stelenwald von Xian); im 8. Jahrhundert kam der Block- oder Holztafeldruck als Reiberdruck auf (Diamantsutra 868), der in weiter inhaltlicher Fächerung zur Wiedergabe literarischer Texte genutzt wurde (Bibliotheken [u.a. des Kaisers]). Ab dem 8. Jahrhundert trat der Holzblockdruck auch in Korea und Japan in Erscheinung, ab dem 11. Jahrhundert ist der Druck mit (einer Vielzahl von) beweglichen (Ton-, später Bronze-) Lettern in Ostasien nachweisbar. IV. Frühe Neuzeit: Für den europäischen Kulturraum war dann die Erfindung des Buchdrucks (d.h. Drucken [Schriftguss und bewegliche Metalllettern, Schriftsatz] mit der Druckerpresse) durch Johannes Gutenberg (†1468) entscheidend; ihm voraus ging die Anwendung des Holzschnitts (ca.1400) und des Holztafel- oder Blockdrucks (Blockbücher?, 1430/50) voran. Gutenberg selbst druckte mit seinem komplexen Herstellungsprozess Ablassbriefe, Kalender, Schulbücher (Ars minor des Aelius Donatus) als Kleindrucke sowie die Gutenbergbibel (Vulgata des Hieronymus). Bald fand die Druckkunst in ganz Europa (Frankreich, Italien, England usw.) Verbreitung, mit der Phase der (anfänglichen) "Wiegendrucke" (Inkunabeln) entstanden an gedruckten Büchern zwischen ca.1480 und ca.1500 wohl 20 Millionen Exemplare, meist lateinische, am zweithäufigsten deutsche Texte. Mit dem Angebot stieg auch die Nachfrage nach Büchern, das Buch wurde zur Ware im Buchhandel, der sich in Verlage, Druckereien und Buchhandlungen diversifizierte. Im 16. Jahrhundert stieg damit im Zusammenhang von Reformation und wissenschaftlicher Revolution bei steigendem Alphabetisierungsgrad die Buchproduktion erheblich; neben religiösen und wissenschaftlichen Werken spielten volkssprachlich-populäre literarische Texte zunehmend eine Rolle. Auch in Übersee (europäische Globalisierung) und in Russland (kyrillische Schrift) kam der Buchdruck auf, während die spanischen Konquistadoren die Buchkultur der altamerikanischen Kulturen Mittelamerikas auslöschten. Im osmanischen Reich fand der Buchdruck bei Juden und Christen Verbreitung, Bücher mit arabischen Lettern wurden zunächst in Europa gedruckt (in Venedig gedruckter Koran 1536), das Verbot des Buchdrucks durch die Osmanensultane wurde ab 1727 gelockert, doch blieb die Produktion von arabischen Büchern gering. Im 17. und 18. Jahrhundert war der Buchmarkt von Kupferstichwerken, Lexika und Enzyklopädien geprägt, der Buchhandel erlebte in Deutschland als Folge des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) einen Rückgang, das Leseverhalten änderte sich, der Alphabetisierungsgrad sank, wissenschaftliche Zeitschriften mit Buchrezensionen entstanden. V. Moderne: Die Mechanisierung und Industrialisierung hatte u.a. bei Papierherstellung schon früh eingesetzt (Papierholländer [ca.1700], Langsiebpapiermaschine [1798], Anstieg der Papierproduktion bei schlechterer Papierqualität), auch mechanische (Schnell-, Zylinder-) Druckmaschinen entstanden (1814), gefolgt von der Rollenrotationsmaschine (1865), der Linotype als Gieß- und Setzmaschine (1866). Neue Illustrationstechniken betrafen die Lithografie als Flachdruckverfahren (1798), die Chromo-/Farblithografie (1830er-Jahre), Fotografie, Lichtdruck, Heliogravüre und Autotypie. Die Industrieproduktion von Büchern führte zu einer "Bücherflut", zur Sicherung der Urheberrechte von Autor und Verlag, zu einer weiteren Differenzierung des Buchangebots (Kochbücher, Romane), zur Entfaltung neuer Leseorte (Eisenbahn, Schifffahrt). Gleichzeitig verdrängte das europäisch-westliche Buch die außereuropäischen Buchformen im Islam und in Ostasien. Die Entwicklung lief auf das 20. Jahrhundert als das Jahrhundert der Massenproduktion von Büchern hinaus, wobei die Buchgestaltung aufwändiger wurde und Offsetdruck und Fotosatz die Herstellung von Büchern bestimmten. An der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert hielt die Digitalisierung nach frühen Anfängen ("Statistische Maschine" 1931) Einzug in den Buchmarkt, neben Büchern in ihrer bisherigen gedruckten Form gibt es Bücher als E-Books; bei der Digitalisierung spielt das Internet eine überragende Rolle, der Buchhandel befindet sich im Rahmen der (digitalen) Globalisierung im Wandel, was Verlage, Buchhandlungen (Buchhandelsketten), (Internet-) Buchverkauf (books on demand) anbetrifft. Global betrachtet, zeichnet sich in der Welt auch auf Grund von unterschiedlichen Alphabetisierungsgraden eine Ungleichverteilung beim Zugang zu Büchern ab. Schließlich ist zu vermuten, das gedrucktes und elektronisches Buch für die Zukunft sich den Buchmarkt teilen. Vgl.: Linden, Fons van der (1979), DuMont's Handbuch der grafischen Techniken. Manuelle und maschinelle Druckverfahren. Hochdruck, Tiefdruck, Flachdruck, Durchdruck, Reproduktionstechniken, Mehrfarbendruck, Köln 21986, 228 S., DM N.N., und darüber hinaus - bezogen auch auf die Anwendbarkeit der Drucktechnik in der Kunst -: Hainke, Wolfgang, Siebdruck. Technik, Praxis, Geschichte (= DuMont Tb 77), Köln 41987, 392 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, DM 19,80. [Buhlmann, 03.2023, 06.2023, 11.2023]

Hinkmar von Reims, westfränkischer Erzbischof: Hinkmar wurde noch zu Lebzeiten Kaiser Karls des Großen (768-814) geboren, er war adliger Herkunft und genoss seine geistliche Ausbildung im Kloster St. Denis, bevor er auf Vermittlung seines Abtes Hilduin (†855/61) an den Hof Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) kam (822). Dort lernte er die politischen Unwägbarkeiten und Instabilitäten des fränkischen Großreichs kennen, die schließlich nach dem Tod des Kaisers (840) zu den Bruderkämpfen und zum Teilungsvertrag von Verdun (843) führten. Hinkmar wurde Parteigänger König Karls des Kahlen (840-877), des nachgeborenen Sohn Ludwigs. Der westfränkische König machte Hinkmar im April 845 zum Erzbischof von Reims, nachdem der 835 abgesetzte und 840/41 zeitweilig wieder restituierte Vorgänger Ebo den Erzbischofsstuhl hatte räumen müssen. Widerstände der Anhänger Ebos konnten überwunden werden, Hinkmar nahm bald eine führende Stellung im westfränkischen Episkopat ein. Die Wiederherstellung von Reimser Kirchengut, die Aufrichtung bischöflicher und metropolitaner Autorität, die Aufnahme der Diözesangesetzgebung (852) stärkten seinen Einfluss weiter. Im Prädestinationsstreit wandte sich Hinkmar, obwohl mit der Prädestinations- und Gnadenlehre des Kirchenvaters Augustinus (†430) nicht völlig vertraut, nicht zuletzt auf dem Konzil von Quierzy (853) gegen den sächsischen Mönch Gottschalk von Orbais. Beim Einfall des ostfränkischen Königs Ludwig des Deutschen (840-876) nach Westfranken (858) organisierte er den politischen Widerstand und stand auch ansonsten in dem durch Normanneneinfälle und Revolten zerrissenen Land auf der Seite Königs Karl des Kahlen. Seit 860 trat Hinkmar im Ehestreit des lothringischen Königs Lothar II. (855-869) gegen dessen Scheidungspläne auf und hatte in Papst Nikolaus I. (858-867) in dieser Hinsicht einen mächtigen Verbündeten. In anderer Hinsicht, etwa bei den Streitigkeiten Hinkmars mit seinen Suffraganen Rothad II. von Soissons (833-869) und Hinkmar von Laon (858-871), wandte sich indes der Papst gegen den Erzbischof. Beim Tod König Lothars II. (869) besetzte Karl der Kahle mit Unterstützung Hinkmars Lothringen, musste aber die östlichen Gebiete im Vertrag von Meersen (870) an Ludwig den Deutschen abtreten. Hinkmar lehnte die Politik Karls zur Erlangung der Kaiserwürde nach dem Tod des italienischen Königs und Kaisers Ludwig II. (855-875) ab. Gegen die Schaffung eines päpstlichen Vikariats für die Gebiete westlich und nördlich der Alpen wehrte sich der Reimser Erzbischof entschieden (875/76). Nach dem Tod Karls des Kahlen (877) unterstützte Hinkmar dessen Sohn Ludwig II. den Stammler (877-879) sowie dessen Enkel Ludwig III. (879-882) und Karlmann (879-884). Das letzte Lebensjahr Hinkmars war ausgefüllt vom Streit um die Bischofswahl in Beauvais (881/82). Der Erzbischof starb auf der Flucht vor den Normannen, als diese Reims angriffen, am 21. oder 23. Dezember 882 in Épernay. Er wurde im Kloster St. Remi in Reims begraben. Hinkmars kirchenpolitische Tätigkeiten spiegeln sich wider in einer Reihe von Traktaten zu aktuellen Begebenheiten. Darunter fallen: Hinkmars Sendschreiben an Ludwig den Deutschen (858), Briefe an Bischöfe und Päpste, Konzilsbeschlüsse. Theologische Lehrschriften Hinkmars sind: seine Prädestinationsschrift (853) und seine Schrift über den Ausdruck "trina deitas" (853), Rechtsgutachten: die Schriften über die Ehescheidung König Lothars II. (858, 860 u.a.), die "Quaternionen" über das Kirchengut (868), die Schrift über das Recht der Metropoliten. Das Königtum und das Verhältnis von Kirche und König (Zweigewaltenlehre) behandeln u.a. "Über die Person des Königs und den königlichen Dienst" und De ordine palatii. Ausfluss des historischen Interesses Hinkmars sind die Annales Bertiniani, die der Erzbischof von 861 bis 882 fortschrieb, eine hagiografische Arbeit war die Vita Remigii seines Amtsvorgängers Remigius von Reims (†ca.533).
An Literatur zu Hinkmar von Reims seien genannt: Schmidt, Jakob (1962), Hinkmars "De ordine palatii" und seine Quellen, Diss. Frankfurt a.M. 1962, 56 S., DM 10,-; Schrörs, Heinrich (1884), Hinkmar, Erzbischof von Reims. Sein Leben und seine Schriften, 1884, Nachdruck Hildesheim 1967, XIV, 588 S., € 16,-; Stratmann, Martina (1991), Hinkmar von Reims als Verwalter von Bistum und Kirchenprovinz (= Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter, Bd.6), Sigmaringen 1991, XI, 85 S., € 14,-. [Buhlmann, 07.2004, 01.2006, 07.2021]

Hinrichs, H[einrich] (1907), Die Datirung in der Geschichtsschreibung des 11. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Chronologie des Mittelalters, in: MIÖG Ergbd. 7 (1907), S.613-739 > C Chronologie

Hippolyt, Heiliger, "Gegenpapst": Hippolyt wurde um das Jahr 160 n.Chr. geboren, genoss eine christliche Ausbildung bei dem berühmten Bischof Irenäus von Lyon (†ca.202) und wurde von Papst Viktor I. (189?-198/99?) zum Presbyter geweiht. Um diese Zeit soll Hippolyt mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit begonnen haben, in deren Folge eine Reihe von Schriften entstand. Unter den Päpsten Zephyrin (198/99?-217?) und Calixt I. (217?-222) geriet Hippolyt zunehmend im Gegensatz zur römischen Bischofskirche und bekämpfte dort auftretende monarchianische Tendenzen, die die göttliche Trinität immer mehr verwischten. Umgekehrt vertrat Hippolyt mit der Propagierung eines von Gott verschiedenen, diesem untergeordneten Christus zunehmend einen Subordinatianismus. Unter Calixt I. soll es daher zu einem Bruch innerhalb der römischen Kirche gekommen sein; Hippolyt wurde von seinen Anhängern zum Gegenbischof von Rom (sog. erster "Gegenpapst") gemacht (217?-235?). Das Schisma sollte unter den Päpsten Urban I. (222-230) und Pontianus (230-235) anhalten, bis der Letztere und Hippolyt im Zuge einer Christenverfolgung unter Kaiser Maximinus Thrax (235-238) nach Sardinien verbannt wurden, wo Hippolyt wohl kurze Zeit später, mit der römischen Kirche wieder versöhnt, als Märtyrer des Exils verstarb. Von Hippolyt sind verschiedene Schriften überliefert. Was den kirchlichen Schriftsteller Hippolyt anbetrifft, so unterscheidet die neuere Forschung im Allgemeinen zwei Personen, einen "westlichen" und einen "östlichen" Schriftsteller. Dabei sind Zuweisung und Umfang der sog. hippolytischen Schriften (hippolytischer Corpus) durchaus umstritten. Eine wichtige Rolle spielt diesbezüglich die sog. Hippolytstatue vom römischen Ager Veranus, die ein (unvollständiges und teilweise zerstörtes) Verzeichnis "seiner" Schriften auflistet. Dem östlichen Schriftsteller, der geografisch vielleicht in Kleinasien verortet werden kann, werden dabei Bibelkommentare, also exegetische Schriften zugeordnet wie ein Kommentar zum Buch Daniel; auch nicht-exegetische Schriften wie die "apostolische Tradition" oder eine Schrift zur Osterrechnung gehören hierher. Der "östliche" Hippolyt war auch der Verfasser der Schrift "Gegen Noët" (Contra Noëtum), einer Verteidigung der Trinität, die wiederum Vorlage für Tertullians (†ca.230) verbesserte Trinitätslehre in dessen Schrift "Gegen Praxeas" (Adversus Praxean) war. Von dem "östlichen" ist der "westliche" Kirchenschriftsteller zu unterscheiden, der (angeblich?) als Hippolyt von Rom zur Zeit der Päpste Zephyrin und Calixt I. wirkte. Von ihm soll u.a. die "Widerlegung aller Häresien" stammen. Letztere belegt die Entwicklung im christlichen Glauben und den Synkretismus zwischen Heiden- und Christentum, Gnosis und Häresie im 2. und 3. Jahrhundert. Der Kirchenvater Hieronymus (†420) bezeichnet den Schriftsteller Hippolyt auch als Märtyrer und bezieht sich damit (zu Recht oder Unrecht) wohl auf einen seit der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts verehrten römischen Heiligen. Dieser wird in Verbindung gebracht mit der Katakombe S. Ippolito in Rom, die mit ihrer unterirdischen Basilika der Friedhof des heiligen Hippolyt an der Via Tiburtina sein soll. Die Gebeine des Märtyrers ruhten in dem unterirdischen Friedhof in einer dunklen Krypta, die über mit Lichtschächten schwach erleuchteten Treppen und Gänge z.B. am Festtag des Heiligen erreichbar war und (angebliche?) Malereien zum Martyrium beinhaltete. Papst Damasus (366-384) ließ eine sich auf Hippolyt beziehende Inschrift anbringen und erkannte damit den Kult um den Märtyrer an. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts war die Hippolytverehrung in Rom weit verbreitet, wie ein Besuch des römisch-spanischen Dichters Prudentius (†n.405) am Hippolytgrab zeigt. Von Prudentius stammt auch ein umfangreiches Loblied auf den Märtyrer, der im Peristephanon des Dichters neben die Apostel Petrus und Paulus, den Diakon Laurentius und die heilige Agnes gestellt wird. Als Festtag des heiligen Hippolyt zu dessen depositio ("Beisetzung") in der Katakombe ist dann schon früh der 13. August, sind die Iden des August des römischen Kalenders auszumachen. Die Iden waren auch ein bedeutendes heidnisches Volksfest in Rom und Latium zu Ehren der Göttin Diana, das die christliche Religion indes im Verlauf des 4. Jahrhunderts offenbar in ihrem Sinne religiös umzudeuten vermochte. Mit der römischen Schutzgöttin Diana hing dann auch die Legende um den Hippolyt der griechisch-römischen Mythologie zusammen. Dieser sei von Pferden zerrissen worden, veranlasst von seiner auf Rache sinnenden Stiefmutter, die so die Liebe zwischen Diana und Hippolyt zu einem furchtbaren Ende brachte. Nicht von ungefähr soll auch der christliche Märtyrer Hippolyt einen solchen "Pferdetod" (an einem unbekannten Ort, vielleicht Rom?) gestorben sein, doch nimmt Papst Damasus in der Inschrift des Hippolytgrabes nicht darauf Bezug. Vielmehr bezeichnet die Inschrift Hippolyt als Presbyter und bringt ihn mit dem Schisma des Novatian (†ca.258) in Verbindung. Doch wandte sich Hippolyt von der Häresie wieder ab und mit ihm - so kann angenommen werden - auch seine Gemeinde. Diese "Wiedervereinigung" der schismatischen mit den "rechtgläubigen" Christen zu einer wieder gemeinsamen (römischen?) Kirche bildete neben dem Martyrium wahrscheinlich den Grundstock der Hippolytverehrung. Als Presbyter hatte Hippolyt - das geht aus der von Papst Damasus veranlassten Inschrift wohl indirekt hervor - Leitungsgewalt über seine Gemeinde, besaß mithin eine bischöfliche Machtstellung. Welcher Gemeinde Hippolyt allerdings vorstand, ist unklar. Wenn es Rom gewesen war - und darauf deutet immerhin, dass Rom Begräbnisort des Hippolyt und Zentrum der frühen Hippolytverehrung war -, dann war Hippolyt in der Tat ein schismatischer Bischof von Rom, und dies bestätigen - allerdings mit einiger zeitlichen Entfernung - antik-byzantinische Quellen ab der Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert betreffend einen "Papst" Hippolyt. Neben Rom wird allerdings dem Märtyrer am Ende des 5. Jahrhunderts die arabische Bischofsstadt Bostra zugewiesen, im 7. Jahrhundert erscheint Porto (bei Rom) als Bischofssitz Hippolyts.
Zu Hippolyt gibt es kontroverse Einschätzungen bei: Achelis, Hans (1897), Hippolytstudien (= Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, Bd.I, H.4), Leipzig 1897; Bonwetsch, Nathanael (1897), Studien zu den Kommentaren Hippolyts (= Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, Bd.I, H.7), Leipzig 1897; Brent, Allen (1995), Hippolytus and the Roman Church in the Third Century. Communities in Tension before the Emergence of a Monarch-Bishop (= Vigiliae Christianae, Bd.31), Leiden-New York-Köln 1995, XII, 24, 611 S.; Cerrato, J.A. (2002), Hippolytus between East and West. The Commentaries and the Provenance of the Corpus (= Oxford Theological Monographs), Oxford 2002, X, 291 S., $ 74,-; Frickel, Josef (1988), Das Dunkel um Hippolyt von Rom. Ein Lösungsversuch: Die Schriften Elenchos und Contra Noëtum (= Grazer Theologische Studien, Bd.13), Graz 1988, 325 S., ÖS 240,-; Hippolyt von Rom, Widerlegung aller Häresien (Philosophumena), übers. v. Konrad Preysing (1922) (= Bibliothek der Kirchenväter, Bd.40), München-Kempten 1922; Preysing, Konrad (1914), Der Leserkreis der Philosophumena Hippolyts, in: ZKTh 38 (1914), S.421-445; Preysing, Konrad (1918), Hippolyts Ausscheiden aus der Kirche, in: ZKTh 42 (1918), S.177-186; Preysing, Konrad (1919), Existenz und Inhalt des Bußedikts Kallists, in: ZKTh 43 (1919), S.358-362; Pseudo-Hippolyt, Zum heiligen Pascha. Das Zeugnis einer frühchristlichen Osterfeier aus der Zeit zwischen dem zweiten und dem vierten Jahrhundert, übers. v. Susanne Hausammann (2000), Schliern b. Köniz 2000, 95 S. [Buhlmann, 03.2011, 03.2013]

Hirmer, Max, Otto, Eberhard (1971), Ägyptische Kunst, 2 Tle. (= dtv 4092-4093), München 21976 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

   Hirsau, Benediktinerkloster: Um die Mitte des 11. Jahrhunderts gewann ein Kloster im Nordschwarzwald, im Nagoldtal große Bedeutung: Hirsau. Die Anfänge dieser noch zum Fränkischen und zur Speyerer Diözese gehörenden Mönchsgemeinschaft liegen fast im Dunkel der Geschichte. Irgendwann im 8./9. Jh. (v.768?, ca.830?) ist durch Vorfahren der hochmittelalterlichen Grafen von Calw in Hirsau eine Klosterzelle errichtet worden. Ein Vorgängerbau der romanischen Aureliuskirche des 11. Jahrhunderts stammt aus dieser Zeit. Das 10. Jahrhundert sah den Verfall des kleinen Klosters, um das Jahr 1000 muss es menschenleer gewesen sein. Auf seiner Reise durch Deutschland forderte Papst Leo IX. (Bruno von Egisheim-Dagsburg, 1049-1054) im Jahr 1049 seinen Verwandten, Graf Adalbert II. von Calw (†1099) auf, sich um die Wiederbesiedlung der Klosterzelle zu kümmern. Doch erst 1065 zogen Mönche in Hirsau ein. Der erste Abt Friedrich (1065-1069) erregte den Unwillen seiner Mönche und des Klosterstifters Adalbert und wurde im Jahre 1069 durch einen Mönch des Regensburger Klosters St. Emmeram ersetzt: Wilhelm von Hirsau (1069-1091). Unter Wilhelm begann eine innere und äußere Neugestaltung der Abtei im Sinne von Gregorianischer Kirchenreform und cluniazensischem Mönchtum. Das "Hirsauer Formular" vom Oktober 1075 eröffnete mit dem Verzicht des Calwer Grafen Adalbert II. auf eigenkirchliche Ansprüche und mit dem "Recht der vollen Freiheit" (ius totius libertatis) bei freier Abts- und Vogtwahl neue Möglichkeiten, die das Kloster im Rahmen der Hirsauer Reformbewegung umsetzte. Reformierte Klöster Hirsauer Prägung, Hirsauer Priorate, Hirsauer Baustil machten Wilhelm zum "Vater vieler Klöster" in Schwaben (u.a. St. Georgen, St. Peter), Franken, Elsass, Thüringen und Kärnten, ohne dass eine auf Hirsau ausgerichtete Kongregation von Klöstern und Prioraten zustande kam. Das Hirsauer Kloster sollte im Investiturstreit (1075-1122) eine bedeutende Rolle spielen, es war der Mittelpunkt der Kirchenreformer in Deutschland. Unter Wilhelms Nachfolgern verblassten der Ruhm und das Innovative des Hirsauer Klosterlebens. In der Regierungszeit Abt Folmars (1120-1156) wurde aus der einstmals so bedeutenden Mönchsgemeinschaft ein Provinzkloster, das unter dem wirtschaftlichen Niedergang, den Übergriffen der Vögte und den Disziplinlosigkeiten der Mönche schwer zu leiden hatte. Insbesondere nahm die reichhaltige Güterausstattung des 11. und 12. Jahrhunderts - immerhin 20 Fronhöfe, 1800 Hufen, 37 Mühlen, 14000 Morgen Wald und 31 Ortsherrschaften im nördlichen Schwarzwald, Breisgau, Elsass und im Schwäbischen - so ab, dass das Kloster um 1500 nunmehr nur noch an 100 Orten der näheren Umgebung vertreten war, freilich dort mit einer intensiven Besitzstruktur. Die Rentengrundherrschaft des 16. Jahrhunderts war dabei geografisch in Ämter und Pflegen als Verwaltungsbezirke unterteilt, Pflegeorte waren u.a. Pforzheim und Weil der Stadt. Mit dem Tod Graf Adalberts VI. (1205-1215) endete die zuletzt konfliktträchtige Vogtei der Calwer Grafen, die Hirsauer Schirmvogtei kam in den Besitz von Reich und staufischem Königtum. Während des Interregnums (1245/56-1273) war das Kloster daher ohne Vogt, König Rudolf von Habsburg (1273-1291) übertrug die Vogtei als Reichslehen an die Grafen von Hohenberg, 1334 bezeichnete sich Kaiser Ludwig der Bayer (1314-1347) als Klostervogt, 1468 war Graf Eberhard V. von Württemberg (1450-1496) Kastvogt der Mönchsgemeinschaft, deren Besitz immer mehr in den Sog verschiedener Territorien, allen voran Baden und Württemberg, geriet. Das 13. und 14. Jahrhundert stellte auch in der inneren Entwicklung des Klosters einen Tiefpunkt dar. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts, unter Abt Friedrich Ifflinger (1403-1428), drangen kirchlich-monastische Reformströmungen in Hirsau ein. Abt Bernhard von Gernsbach (1460-1482), der secundus fundator der Mönchsgemeinschaft, setzte die von seinen Vorgängern begonnene Erneuerung des Klosterlebens erfolgreich fort. Ein starker wirtschaftlicher Aufschwung äußerte sich in Neubau und Erweiterung der Klostergebäude, die Zahl der Konventualen nahm zu, die Mönche waren nun nicht mehr nur Niederadlige aus dem Umfeld des Klosters, sondern kamen aus der württembergischen Ehrbarkeit, dem Bürgertum und den reichen Bauernfamilien. Disziplin und Verfassung des Klosters ließen an der Wende zum 16. Jahrhundert indes nach. Es gab aufsässige Mönche, Abt Blasius Scheltrub (1484-1503) wurde zeitweilig suspendiert, die Bindung an die Bursfelder Union litt. 1525 wurde Hirsau vom Bauernkrieg in Mitleidenschaft gezogen, 1535 führte Herzog Ulrich von Württemberg (1498-1550) als Klostervogt die Reformation ein. Nach Augsburger Interim (1548) und Restitutionsedikt (1629) kehrten vorübergehend katholische Mönche nach Hirsau zurück. 1556 wurde das Kloster in eine evangelische Klosterschule umgewandelt, die Grundherrschaft in ein Klosteramt. 1807 wurde das Klosteramt aufgelöst. Überstanden haben die Jahrhunderte die Hirsauer Klosterruinen und -gebäude: die Reste von Kirche (einschließlich des Eulenturms) und Kreuzgang, der spätgotische Bibliothekssaal, die ebenfalls spätgotische Marienkirche, Reste von Sommerrefektorium und Umfassungsmauern.
An Quellen seien genannt: Hafner, Otto (Bearb.) (1891/92), Regesten zur Geschichte des schwäbischen Klosters Hirsau, in: SMGB 12 (1891), S.244-255, 422-431, 576-583; 13 (1892), S.64-81, 229-237, 379-394, 512-528; Müller, Karl-Otto (Hg.) (1949/50), Traditiones Hirsaugienses, in: ZWLG 9 (1949/50), S.21-32; Schneider, E. (Hg.) (1887), Codex Hirsaugiensis (= Württembergische Geschichtsquellen, Bd.I,1), Stuttgart 1887. Hirsauer Geschichte behandeln: Büttner, Heinrich (1966), Abt Wilhelm von Hirsau und die Entwicklung der Rechtsstellung der Reformklöster im 11. Jahrhundert, in: ZWLG 25 (1966), S.321-338; Greiner, Karl, Greiner, Siegfried (Bearb.) (1950), Hirsau. Seine Geschichte und seine Ruinen, Pforzheim 141993, 56 S., DM 1,50; Greiner, Siegfried (1984), Wolfram Maiser von Berg. Ein tatkräftiger Hirsauer Abt im 15. Jahrhundert, in: Der Landkreis Calw 1984, S.3-18; Greiner, Siegfried (1985), Die "Hirsauer Klosterlandschaft" unter Abt Wilhelm und seinen Nachfolgern, in: Der Landkreis Calw 1985, S.1-9; Jakobs, Hermann (1961), Die Hirsauer. Ihre Ausbreitung und Rechtsstellung im Zeitalter des Investiturstreits (= Bonner Historische Abhandlungen, Bd.4), Köln-Graz 1961, XIX, 270 S., DM 28,-; Jakobs, Hermann (1992), Eine Urkunde und ein Jahrhundert. Zur Bedeutung des Hirsauer Formulars, in: ZGO 140 (1992), S.39-59; Köhler, Joachim, Müller, Karl (1991), Hirsau. St. Aurelius (= Schnell & Steiner Kunstführer, Nr.705), Regensburg 131991, DM 3,-; Lutz, Friedrich (1933), Die erste Klostergründung in Hirsau, in: WVjhLG 39 (1933), S.25-72; Pfisterer, Ulrich (1982), St. Peter und Paul in Hirsau. Elemente einer Deutung, in: Der Landkreis Calw 1992, S.121-136; Schäfer, Alfons (1961), Zur Besitzgeschichte des Klosters Hirsau vom 11. bis 16. Jahrhundert, in: ZWLG 20 (1961), S.1-50; Schmid, Karl (1959), Kloster Hirsau und seine Stifter (= FOLG 9), Freiburg i.Br. 1959, 153 S., DM 10,-; Schreiner, Klaus (1987), Hirsau, Urban II. und Johannes Trithemius. Ein gefälschtes Papstprivileg als Quelle für das Geschichts-, Reform- und Rechtsbewusstsein des Klosters Hirsau im 12. Jahrhundert, in: DA 43 (1987), S.369-430; Schreiner, Klaus (Bearb.) (1991), Hirsau. St. Peter und Paul, 2 Tle. (= Forschungen und Berichte der Archäologie in Baden-Württemberg, Bd.10,1-2), Stuttgart 1991, 436 S., DM 120,-. [Buhlmann, 12.2002, 05.2009, 02.2010]

Hirsch, Hans (1929), Urkundenfälschungen der Klöster Hugshofen und Murbach, in: MIÖG Ergbd. 11 (1929), S.179-192 > H Hugshofen

Hirsch, Volker, Fouquet, Gerhard (Hg.) (2009), Das Haushaltsbuch des Basler Bischofs Johannes von Venningen (1458-1478), Basel 2009, XXVII, 492 S., Abbildungen, € 6,80. Johannes von Venningen (*1409/10-†1478) war Teil der Kraichgauer Adelsfamilie von Venningen-Neidenstein. Für die geistliche Karriere bestimmt, studierte er an der Heidelberger Universität (1427/30) mit Abschluss eines Baccalaureus artium. Ab 1433 war er Mitglied des Speyrer Domkapitels, wo er 1444 zum Domdekan wurde; seit 1439 besäß er eine Pfründe als Basler Domherr. Eine Wahl zum Speyrer Bischof schlug Johannes aus (1456), indes nahm er die Wahl zum Bischof von Basel an (1458). Während den Jahrzehnten seines meist mit Umsicht geführten Basler Episkopats (1458-1478) engagierte sich Johannes von Venningen für die neu gegründete Basler Universität (1460), dessen erster Kanzler er war, gelang ihm der Rückkauf der 75 Jahre zuvor verpfändeten Herrschaft Pruntrut (1461), geriet er in letztlich fruchtlose Auseinandersetzungen mit der Stadt Basel um bischöfliche Rechte und die Stadtherrschaft (1466/77) und lavierte zusammen mit der Stadt politisch geschickt in den kriegerischen Auseinandersetzungen um den Herzog Karl den Kühnen von Burgund (1473/77). Das von Johannes von Venningen angelegte und während des gesamten Episkopats von ihm geführte Haushaltsbuch von miner eigen hant ist ein journalartig aufgebautes Einnahmen- und Ausgabenbuch, das zudem Zusammenstellungen zu Kosten, Steuern und Schulden (Erwerb von Pruntrut) sowie (Gesinde-) Verzeichnisse und Notizen enthält. Geordnet vielfach nach Monaten, später auch nach Kalenderjahren (Zwischen-, Gesamtsummen, Rechnungsjahre), gibt das Haushaltsbuch als Rechnungsquelle Einblick in die bischöflichen Finanzen, die wiederum eingebunden waren in Finanzverwaltung, Haushalt und Hof bischöflich-reichsfürstlicher Herrschaft (weltliche, geistliche Kassen, Überschneidungen statt Abgrenzungen; Wirtschaftsverwaltungen innerhalb der Landesherrschaft von Bischof und Domkapitel, Rezessbuch, Basler Hofschaffnei). Nicht zuletzt verwendet das Haushaltsbuch das spätmittelalterliche komplexe Münz-, Maß- und Gewichtssystem (des Basler Umfelds), das mitunter vereinfacht wird. [Buhlmann, 07.2022]

Hirschbiegel, Jan (2003), Étrennes. Untersuchungen zum höfischen Geschenkverkehr im spätmittelalterlichen Frankreich der Zeit König Karls VI. (1380-1422) (= PHS 60), München 2003, 713 S., Katalog, Tabellen, € 6,95. Neujahrsgeschenke (étrennes), letztendlich in der Tradition des römisch-republikanischen und -kaiserzeitlichen Gabentauschs der strenae stehend, spielten in der höfischen Gesellschaft Frankreichs König Karls VI. (1380-1422) eine wichtige Rolle zur Stabilisierung von Beziehungen in politisch durchaus unruhigen Zeiten (Person Karls VI., Bürgerkrieg zwischen Bourguignons und Armanagcs, Hundertjähriger Krieg). Gaben und Gegengaben (Reziprozität des Schenkens, Schenken aus Gewohnheit) bilden dabei ein Subsystem des (jeweiligen) höfischen Kommunikationssystems, das sichtbar wird in Schenkern, Beschenkten, Gaben und in den Auskunft über Schenkungsvorgänge gebenden Akten und Notizen (163 Schenker, unter 5000 Beschenkte, ca. 7000 Geschenke). Verschenkt wurden Edelsteine, Schmuck, Goldschmiedearbeiten und auch Geldgeschenke. Als Schenker sticht der burgundische Herzog Philipp der Kühne (1363-1404) hervor, neben dem König treten die Herzöge von Berry, Bourbon und Orléans sowie die Ehefrau des Herrschers, Isabeau de Bavière, in Erscheinung. Gerade für die genannte Gruppe von Schenkern, die die fürstliche Spitze der formalen Hierarchie im Königreich Frankreich ausmachten, kann dann auf die Reziprozität des Schenkens als Motivation für Schenkungen verwiesen werden, während Geschenke an Personen, die einer informellen Hierarchie von Freunden, Günstlingen und Abhängigen angehörten, Nahverhältnisse zwischen Schenkern und Beschenkten anzeigen und damit auf die Festigung von Abhängigkeiten und Herrschaft abzielten. [Buhlmann, 07.2015]

Hirschfelder, Gunther, Trummer, Manuel (2016), Bier. Die ersten 13000 Jahre (= wbg Paperbeck), Darmstadt 22022, 271 S., Schwarzweißabbildungen, € 12,80. I. Bier ist ein alkoholisches Getränk, das durch Vergären einer zuckerhaltigen Lösung entsteht. Anders als etwa beim Wein muss beim Bier aber diese zuckerhaltige Lösung, die Würze, erst erzeugt werden, und zwar aus stärkehaltigen Ausgangsstoffen. Über die Malzherstellung (aus Getreide: Keimen [Einweichen], Darren [Trocknen]), durch Schroten und Maischen von Malz entsteht enzymatisch aus Stärke Malzzucker, der zentraler Bestandteil der Bierwürze ist. Läutern und Kochen der Würze (etwa unter Beifügung von Hopfen) bilden die Voraussetzung für die Zugabe von Hefe (und Milchsäurebakterien) und der anschließenden Vergärung der Würze im Brauwasser bei der Hefe zuträglichen Temperaturen. Nach bis zu einer Woche wandelt die Hefe den Zucker in der Bierwürze in Alkohol um, wobei (im Bier enthaltene) Kohlensäure bzw. Kohlendioxid entsteht. Es folgen Nachgärung und Filtration, die die den Herstellvorgang beenden. II. Während menschliche Jäger- und Sammlerkulturen etwa des Mesolithikums (10.-8./7. Jahrtausend v.Chr.) durchaus alkoholische Vergärungsprozesse kannten (vorderasiatisches Natufien [12.-10. Jahrtausend v.Chr.], frühneolithischer Fundplatz Göbleki Tepe [10.-8. Jahrtausend v.Chr.), bildete eine auf Landwirtschaft beruhende Le-bensweise, die im Rahmen der sog. neolithischen Revolution aufkam (ca. 9500-6000 v.Chr.), die Voraussetzung (und auch eine Ursache?) dafür, dass Menschen Bier brauen konnten. Der Anbau von (verändertem, domestiziertem) Getreide (Einkorn, Emmer, Gerste, Weizen), die Fähigkeit, Getreidestärke in Zucker zu verwandeln, die Verwendung von (Speichel oder) Hefepilzen (von Früchten, im Traubenmost, Honig, Getreidebrei), die Möglichkeiten der Lagerung waren nur unter der Voraussetzung von Ackerbau und Viehzucht gegeben. Schon im mesopotamischen Gilgameschepos wird der "Wildmensch" Enkidu auf Brot und Bier als Ausdruck menschlicher Zivilisation verwiesen. Auch die Archäologie bestätigt die weite Verbreitung von Bier in den altorientalischen Reichen des Vorderen Orients und Ägyptens (4./3.-1. Jahrtausend v.Chr.). In der griechisch-römischen Antike (8. Jahrhundert v.Chr.-5. Jahrhundert n.Chr.), die vornehmlich eine Kultur des Mittelmeers war, herrschte Weinanbau und Weinkonsum vor, während "barbarische" Völker in Mitteleuropa wie Kelten und - daran anschließend - Germanen auf eine Bierbrautradition mindestens seit der europäischen Bronzezeit (2200-800 v.Chr.) zurückblicken konnten; technologisch stieß die Bierherstellung bei den germanischen gentes allerdings an Grenzen (Honig, Braumalz, Bierzusätze [Geschmack, Haltbarmachung], Benutzung von Holzgerätschaften, Bierherstellung als Frauen-/ Hausarbeit, Bierkonsum bei [ritualisierten] Opfer-/Festmählern; 1. Jahrhundert v.Chr.-5. Jahrhundert n.Chr.). Westgermanisch bior und nordgermanisch ealu entwickelten sich zu den heutigen Bezeichnungen "Bier" und "Ale"; davon unberührt leitet sich in den romanischen Sprachen "Bier" von lateinisch cervisia her. III. Die Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft von der Spätantike (4.-5. Jahrhundert) zum frühen Mittelalter betraf unter dem Stichwort der "Vergetreidung" die Entstehung grundherrschaftlicher Strukturen und die (teilweise) Ausbildung einer Dreifelderwirtschaft (Winter-, Sommergetreide, Brache). Von Irland und den britischen Inseln bis hin zu den Slawen Osteuropas war Bier nun gebräuchlich; es wird auch vermutet, dass sich damals die Verwendung und der Anbau von Hopfen (alanisch chumällig, altslawisch chumeli/chemele, mittellateinisch humulus, türkisch qumlaq) als Bierzusatz von im Kaukasus ansässigen Alanen her nach Westen ausbreitete (slawischer Hopfen, Hopfenanbau in Böhmen [10. Jahrhundert]). Mit der Christianisierung Europas nutzten im Rahmen der christlich-katholischen Kirche auch Mönche und Geistliche das alkoholische Getränk. Der Hopfen fand im Übrigen im hohen Mittelalter besondere Verbreitung durch den Mönchsorden der Zisterzienser, doch erwähnen die von Abt Adalhard (†826) verfassten "Gewohnheiten des Klosters Corbie" (consuetudines Corbeienses; Aachener Synode 816) Hopfenbier (aus gesammelten Wildhopfen); außerdem gab es schon gegen Ende des 9. Jahrhunderts am Freisinger Bischofssitz humlonaria ("Hopfengärten"). Statt Hopfen wurden im Mittelalter dem (Grut-) Bier Gagel, Beifuß, Schafgarbe oder Heidekraut, auch halluzinogenes Bilsenkraut als Bestandteile beigemischt. Ein Anstieg der Bevölkerungszahlen und die Ausformung des mittelalterlichen Städtewesens prägten das 11. bis 13. Jahrhundert. Über Brau- und Schankrechte ("Braugerechtigkeit" [materia cervise, Grut] ursprünglich ein Regal der deutschen Herrscher?) verfügten geistliche und weltliche Große (Äbte, Bischöfe, Fürsten); Getreide, Malz und (Grut-, Hopfen-) Bier waren wichtige bäuerliche Abgaben für den Grundherrn ("Kölner Hofdienst" [1153] des Kölner Erzbischofs als Verzeichnis von täglichen Bierzuteilungen); Klöster besaßen verstärkt eigene Brauhäuser und boten Bier etwa auf städtischen Märkten an. Umgekehrt gehörte das Brauen von Bier - als Teil der Nahrungsmittel-zubereitung für den Eigenbedarf (auch bei Festen [Ernte-, Hochzeitsbier]) - zu jedem mittelalterlichen Haushalt; die Bürger einer Stadt konnten mitunter eigengebrautes Bier verkaufen, Städte erwarben vom Stadtherrn Braurechte, Stadträte kontrollierten die Qualität der ausgeschenkten Biere, den Bierhandel und -verkauf. Bier wurde damit auch im städtischen Lebensbereich zu einem Grundnahrungsmittel für die Einwohner. Für das späte Mittelalter sind Streitigkeiten um Herstellung und Verkauf von (Eigen-) Bier innerhalb von Städten oder zwischen Städten (Bannmeilen und "Bierausfälle", Breslauer Bierkrieg 1380/82) bezeugt. Im 14./15. Jahrhundert setzte sich das Hopfenbier gegenüber den Grutbieren weitgehend durch; Hopfen konnte gut angebaut und gezüchtet werden, der geerntete Hopfen war als nunmehr wichtigste Bierwürze Mittelpunkt eines lukrativen Handels (verschiedene Sorten von Hopfen, Hopfenmärkte, Hopfenmesser [zur Kontrolle des gehandelten Hopfens]), Hopfenbiere waren billiger in der Herstellung, konnten in größerer Mengen bei gleich bleibender Qualität produziert werden und blieben länger haltbar, was den Handel mit Bier Vorschub leistete, etwa im Bereich der Hansestädte (Exportbiere, Hamburg als "Brauhaus der Hanse") beim "Lübecker Bier" oder (inländisch gehandelten) "Einbecker Bier". Die Verwendung von Hopfen führte auch zur Verwendung von Gerste als (alleiniger) Getreideart für das Brauen von Bier. Alles in allem stieg im späten Mittelalter die Nachfrage und das Angebot an Bier. Der Sicherstellung hochqualitativer Biere diente schließlich das bayerische Reinheitsgebot vom 24. April 1516, das Gerste, Hopfen und Wasser für das Brauen vorschrieb und dabei die Rechte des bayerischen Herzogs als Territorialherrn und der brauberechtigten Obrigkeiten wie Adel, Städte oder Klöster betonte (Besteuerung [Bierakzise, "Biergeld" als wichtige Einnahmequelle mittelalterlicher Städte] und Kontrolle der Rohstoffe, des Brauens und des Bierverkaufs). IV. Mit der europäischen Expansion in der frühen Neuzeit lernten Entdeckungsreisende und Eroberer die Rolle von Bier und alkoholischen Getränken in außereuropäischen Kulturen kennen (Ostasien: chinesi-scher Reiswein; Mittel- und Südamerika: Pulque der Azteken, Balché der Maya, Maisbier der Inka). Die Kommerzialisierung und Professio-nalisierung des europäischen Brauwesens, die im Mittelalter begonnen hatte, setzte sich auch in der frühen Neuzeit fort, so dass sich mit der Globalisierung des europäischen Handels letztlich auch die europäische Art des Bierbrauens weltweit überwiegend durchsetzen sollte. Im Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts lassen sich neue Brautechnologien ausmachen, die unter Verwendung von (Darr-, Luft-) Malz (mit Bestandteilen von Weizen), von gekochtem Hopfen (abhängig von Menge und Qualität) und Hefe (bei Zurücktreten der Milchsäurebakterien) und von (zunehmend größer werdenden) Kupferkesseln oder -pfannen etwa die Herstellung von untergärigem Rot-/Schwarzbier oder obergärigem Weißbier ermöglichten, auch die von (meist untergärigem, fränkischem) Keller-/Lagerbier (als "Sommerbier", im Gegensatz zum im Winter gebrauten Bier). Im 15. und 16. Jahrhundert entstanden in den Städten - in wirtschaftlichen Konzentrationsprozessen - bürgerliche Brauereien, die auf gutes Brauwasser (Brunnen) angewiesen waren, von denen umgekehrt auch Brandgefahren ausgehen konnten (Feuerschutzordnungen; Holz und Torf als Brennmaterial). Die Bierbrauer (Braumeister) waren im römisch-deutschen Reich eingebunden in die städtisch-landesherrschaftlichen Vorgaben und Bestimmungen der Obrigkeiten (Organisation in Zünften, Gilden, Ämtern, Innungen oder Bruderschaften; zeitweise Brauverbote [im Sommer, wegen Getreidemangels] u.a.); Zuwiderhandlungen etwa durch die Verwendung von Bilsenkraut oder "indianischer Substanzen" konnten einen Bierproduzenten durchaus in das Umfeld von frühneuzeitlichem Hexenglauben und -verfolgung (Brauhexen) bringen. Im 15. und 16. Jahrhundert stieg der Bierverbrauch im Allgemeinen an, während der Konsum z.B. einfacher Landweine weiter zurückging; an neuen Biersorten kamen auf das sehr erfolgreiche Hannoveraner "Broyhan", die Braunschweiger "Mumme", die Goslarer "Gose", regional-städtische Biere wie das Bamberger Bier gelangten in einem größeren geografischen Umfeld in den Verkauf. Das Brauen von Bier fand auch im Buchdruck seinen Niederschlag (Heinrich Knaust, Fünff Bücher Von der Göttlichen und Edlen Gabe der Philosophischen, hochthewren und wunderbaren Kunst, Bier zu brauen, 1575). Ab der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts geriet das Braugewerbe wirtschaftlich unter Druck; gestiegene Getreidepreise machten die Bierherstellung teurer, während die Kosten kaum an die Verbraucher weitergegeben werden konnten (Herabsetzung der Stammwürze, Verdünnung der Vollbiere, Verwendung von Kofent [Dünnbier]), der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) mit seinen Verheerungen tat ein Übrige. Im 18. Jahrhundert - im Zeitalter der Aufklärung und des Pietismus - musste sich das Bier bei der Oberschicht und den bürgerlichen Mittelschichten gegen den aufkommenden Kaffee und Tee be-haupten, die Unterschicht, für die Bier (Bier, Biersuppen) bis dahin eine wichtige (kalorienreiche) Ernährung bildete, wechselten zu Kartoffeln, Gemüse. und Branntwein, was billiger war. V. Dem Niedergang des Braugewerbes in Deutschland (und auf dem Kontinent) stand am Beginn des 19. Jahrhunderts eine florierende englische Brauindustrie gegenüber, die - nach dem Übergang zum Hopfenbier im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts - nach neuen Verfahren (Heizen mit Koks, Einsatz von Thermometern, Messung des Extrakts) in großem Maßstab Porter (Stout, als dunkles obergäriges Lagerbier) produzierte und auch nach Mitteleuropa exportierte. Die industrielle Herstellung von Bier verbreitete sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts auch in Kontinentaleuropa (Münchner Spatenbräu, Schechater Brauerei, Berliner Wagnerbrauerei, Dortmunder Thierbrauerei); große Mengen von Lagerbier benötigten dabei zur Kühlung große Mengen von Eis, die Kompressionseismaschine kam ab 1875 auf; Mälzereien und Brauereien wurden zudem zu getrennten Produktionsbetrieben, auch der Mälzungsprozess wurde modernisiert ("pneumatische Mälzerei", Keimtrommel, Kastenmälzerei); mikrobiologisch gezüchtete reine Hefe kam ab 1883 zum Einsatz (Lebensmittelchemie, Hygiene). Den entstehenden industriellen Großbrauereien mit ihrer Arbeiterschaft ("soziale Frage") entsprachen große Herstellungsmengen von Bier (Dortmunder, Münchner, Pils), die in Mitteleuropa unter den politisch-wirtschaftlichen Bedingungen von Deutschem Bund (1815-1866) und deutschem Kaiserreich (1870/71-1918) gehandelt werden konnten (Norddeutscher Zollverein 1834, Münchner Währungsvertrag 1837, Deutscher Brauer-Bund 1871, deutsches Reinheitsgebot 1871, 1906, 1919, 1952). Das 20./21. Jahrhundert sah und sieht einerseits die Bierherstellung für einen globalisierten, weltweiten Markt europäischer und nordamerikanischer ("Einheits"-) Biere (American Lager) international tätiger Brauereikonzerne (Anheuser-Busch-InBev, Budweiser, Carlsberg, Heineken, Tsingtao u.a.), andererseits vielgestaltige Craft Beer-Sorten in Skandinavien und den Vereinigten Staaten von Amerika. [Buhlmann, 07.2023]

Historiker des deutschen Altertums, hg. v. Alexander Heine, stellen als Reihe eine teilweise Neuauflage der Reihe "Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit", 2. Gesamtausgabe dar. Erschienen sind u.a.: Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte. Geschichte der Erzbischöfe von Hamburg, übers. v. Joseph C.M. Laurent u. Wilhelm Wattenbach (1926), Essen-Kettwig 1986, 359 S., DM 19,80; Bruno, Das Buch vom Sächsischen Krieg, übers. v. Wilhelm Wattenbach (1893), Essen-Kettwig 1986, 238 S., DM 19,80; Caesar, Tacitus, Berichte über Germanen und Germanien, hg. v. Alexander Heine (1986), Essen-Kettwig 1986, 266 S., DM 19,80; Cosmas von Prag, Die Chronik Böhmens, übers. v. Georg Grandaur (1895), neu übers. v. Franz Huf (1987), Bd.1, Essen-Kettwig 1987, 136 S., Bd.2, 252 S. zus. DM 39,80; Eugippius, Das Leben des Heiligen Severin, übers. v. Carl Rodenberg (1912), Essen-Kettwig 1986, 127 S., DM 19,80; Fredegar: Die Chronik Fredegars und der Frankenkönige (und die Lebensbeschreibungen des Abtes Columban, der Bischöfe Arnulf, Leodegar und Eligius, der Königin Balthilde), übers. v. Otto Abel ([1914]), Essen-Kettwig 1985, 234 S., DM 24,80; Germanen und Germanien in griechischen Quellen, hg. v. Birgit Neuwald (1992), Essen-Kettwig 1992, 240 S., DM 24,80; Germanen und Germanien in römischen Quellen, hg. v. Birgit Neuwald (1992), Essen-Kettwig 1992, 223 S., DM 24,80; Helmold, Chronik der Slaven, übers. v. Joseph M. Laurent u. Wilhelm Wattenbach ([o.J.]), Essen-Kettwig 1986, 310 S., DM 19,80; Isidor, Geschichte der Goten, Vandalen und Sueven (nebst Auszügen aus der Kirchengschichte des Beda Venerabilis), übers. v. David Coste ([1910]), Essen-Kettwig 1986, 144 S., DM 19,80; Jordanis, Gotengeschichte (nebst Auszügen aus seiner Römischen Geschichte), übers. v. Wilhelm Martens (1913), Essen-Kettwig 1985, 164 S., DM 19,80; Ludwig der Bayer: Geschichte Ludwigs des Bayern, übers. v. Walter Friedensburg ([o.J.]), neu bearb. v. Christian Lohmer (1987), Bd.1: Bayerische Chroniken des 14. Jahrhunderts, Essen-Kettwig 1987, 231 S., Bd.2: Italienische Quellen des 14. Jahrhunderts, Essen-Kettwig 1987, 232 S., zus. DM 39,80; Paulus Diakonus, Geschichte der Langobarden, übers. v. Otto Abel (1939), Essen-Kettwig 1986, 368 S., DM 19,80; Welfen: Geschichte der Welfen, übers. v. Georg Grandaur (1895), Essen-Kettwig 1986, 129 S., DM 19,80, Essen 2o.J., 150 S., Stammtafeln, DM 2,95; Widukind, Sächsische Geschichte (nebst der Schrift über die Herkunft der Schwaben), übers. v. Wilhelm Wattenbach ([1913]), Essen-Kettwig 1986, 216 S., DM 19,80; [Buhlmann, 1986-1987, 09.2023]

Hitler, Adolf, deutscher Diktator und Kriegsverbrecher: I. Politischer Aufstieg: Adolf Hitler, geboren am 20. April 1889 in österreichischen Braunau am Inn, entstammte dem kleinbürgerlichen Milieu (Familie des Vaters und Zollbeamten Alois Hitler [†1903], Mutter Klara Hitler geb. Plözl [†1907], Schwester Paula Hitler [†1960]). Ohne (Real-) Schulabschluss bewarb sich Hitler vergeblich an der Wiener Kunstakademie, lebte als Kunststudent und Kunstmaler im Wien der Vorkriegszeit. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs (1914-1918) meldete sich der Österreicher Hitler freiwillig zur deutschen Armee und kämpfte an der Westfront (1. Flandernschlacht 1914, Schlachten von Fromelles und an Somme 1916 [Kriegsverwundung], Schlacht von Arras, 3. Flandernschlacht, 2. Schlacht an der Marne 1917, Senfgasverwundung 1918). Unmittelbar nach dem Krieg war der mit dem Eisernen Kreuz dekorierte Hitler für die Reichswehr ("Aufklärungsabteilung") als Propagandaredner aktiv. Im Herbst 1919 wurde er Mitglied der rechtsradikalen Deutschen Arbeiterpartei in München, die er - politisch und rhetorisch begabt - in den folgenden Jahren zur auch über München und Bayern hinaus bekannten Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) formte (Parteiorganisation/-apparat und "Führer", paramilitärische SA, Zeitung "Völkischer Beobachter", Inhalte [Nationalismus, Antisemitismus, Radikalität und Fanatismus, Ablehnung von Demokratie und Liberalismus]). Der misslungene Hitler-Ludendorff-Putsch vom November 1923, die Verurteilung Hitlers zu Festungshaft in Landsberg (1924; Programmschrift "Mein Kampf" 1923/24), die frühzeitige Entlassung aus der Haft (1924) beförderten nach der Wiederzulassung der NSDAP (1925) den politischen Aufstieg Hitlers innerhalb des demokratischen Systems der Weimarer Republik. Trotzdem blieben die Wahlerfolge der Hitlerpartei z.B. bei den Reichstagswahlen von 1928 zunächst marginal. Erst mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise (1929/30) wurde die NSDAP zur zunächst zweitstärksten politischen Partei hinter den Sozialdemokraten (Reichstagswahlen von 1930); Hitler, seit Februar 1932 deutscher Staatsbürger, und seine Partei fanden nun auch Unterstützung in Kreisen von (mittelständischer, Groß-) Industrie und Wirtschaft. Indes scheiterte Hitlers Wahl zum Reichspräsidenten, der nochmals Hindenburg wurde (13. März 1932). In der Folge vereinte die NSDAP die meisten rechtsradikalen Kräfte in sich, nationalkonservative Kräfte (Reichspräsident Hindenburg) und die bürgerliche Mitte richteten ihr Augenmerk auf Partei und "Führer". Mit den Wahlen von 1932 wurde die NSDAP zur stärksten Partei im deutschen Reichstag, nach den gescheiterten Minderheitsregierungen der letzten Jahre der Weimarer Republik wurde Hitler Reichskanzler ("Machtergreifung" 30. Januar 1933). II. "Drittes Reich": Hitler stand als "Führer" seiner Partei an der Spitze einer "faschistischen Massenbewegung", deren paramilitärische Organisationen SA und SS die politischen Gegner bekämpfte und verfolgte (Reichstagswahlen von 1933). Das "Ermächtigungsgesetz", die (Selbst-) Auflösung der politischen Parteien, die Zerschlagung der Gewerkschaften, das Ende nichtnationalsozialistischer Regierungen in den deutschen Ländern und Kommunen, die "Gleichschaltung" der christlichen Kirchen (Kirchenkampf, Kulturpolitik), von gesellschaftlichen Verbänden und kulturellen Organisationen sowie der Presse (1933 und später) bei genereller Ausweitung politischen Drucks (politische Polizei, Konzentrationslager, Antisemitismus) führten zur nationalsozialistischen Diktatur unter dem "Führer" (Diktator) Adolf Hitler bei "Volksgemeinschaft", "nationaler Einheit" und Einbindung in nationalsozialistische Hierarchien. Hitler bestimmte maßgeblich die Politik des "Dritten Reiches" ("Führerprinzip", "charismatische Herrschaft" [Hitlerkult], [Selbst-] Inszenierung Hitlers und Reichsverwaltung), gerade auch in der Phase der "Machtaneignung" (1933; Bekämpfung der politischen Linken, Reichstagsbrand 27./28. Februar 1933, Unterdrückung der demokratischen Grundrechte, "kalte Revolution"). Hitlers Macht und Alleindiktatur gründete auf den Männern und Frauen, die ihn gewählt hatten, auf den ihm gegenüber loyalen Führungskräften in Wirtschaft und Gesellschaft, auf die Unterstützung durch die Reichswehr, auf der "Bewegung" von NSDAP und SA. Die Ermordung Ernst Röhms, des Führers der SA, beseitigte die Konkurrenz innerhalb der eigenen Partei während einer politischen Schwächephase des Regimes (Sommer 1934; "Röhmputsch"), nach dem Tod des Reichspräsidenten Hindenburg (August 1934) vereinigte Hitler das Amt des Reichskanzlers mit dem des Reichspräsidenten ("Führer und Reichskanzler"). Politisch und ideologisch war somit das "Dritte Reich" entstanden, das nun u.a. seine menschenverachtende Ideologie umsetzte (Nürnberger Gesetze [1935], Enteignung von Juden, "Aussonderung von Gemeinschaftsfremden"), im Bereich der Wirtschaft auf eine massive militärische Aufrüstung (zur Kriegsvorbereitung) und einen damit verbundenen Kurswechsel setzte sowie im gesellschaftlichen Bereich zunehmend (propagandistisch) die Arbeiterschaft mit einbezog, Frauen auf ihre "natürliche Rolle" als Mutter verwies usw. Die von den Nationalsozialisten betriebene Politik der Aufrüstung fand nach einer Phase der "Beschwichtigungspolitik" Hitlers gegenüber West und Ost ihre Entsprechung in einer "expansiven" Außenpolitik des "Dritten Reiches", wozu die Nichtteilnahme an Genfer Abrüstungsverhandlungen, die Eingliederung des Saargebiets ins deutsche Reich, der Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, ein deutsch-britisches Flottenabkommen (1935) sowie der Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland (1936) gehörten. Die olympischen Spiele in Berlin und der militärische "Vierjahresplan" Hitlers zur Kriegsfähigkeit Deutschlands (1936) sahen den Diktator auf den bisherigen Höhepunkt seiner Macht. Es folgten außenpolitisch das nationalsozialistische Eingreifen im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), der Antikominternpakt mit Japan (1936; Beitritt Italiens 1937 u.a.), der "Anschluss Österreichs" (1938), die "Sudetenkrise" und das Münchner Abkommen (29. September 1938) und die Besetzung der "Resttschechei" ("Protektorat Böhmen und Mähren" 1939) bei von Deutschland abhängiger Slowakei. Innenpolitisch ging das Aufrüsten weiter, es folgten Novemberpogrome und "Reichskristallnacht" gegen die Juden im nationalsozialistischen Machtbereich (9. November 1938) sowie eine von Hitler befürwortete Politik der "Euthanasie" gegenüber Kranken, Behinderten und Kindern (1939). Im Jahr 1939 steuerte schließlich das Regime auf den von Hitler ideologisch untermauerten Krieg zur Gewinnung von "Lebensraum" und "nationaler Größe" zu. Seit Anfang 1938 hatte zudem Hitler das "Oberkommando der Wehrmacht" inne, nachdem schon ab 1934 die deutschen Soldaten auf die Person Hitlers vereidigt wurden. III. Zweiter Weltkrieg: Der nationalsozialistische Krieg Deutschlands als Zweiter Weltkrieg (1939-1945) begann nach dem Abschluss des Hitler-Stalin-Pakts (24. August 1939) mit dem Angriff auf Polen (1. September 1939), das innerhalb von knapp vier Wochen besetzt wurde ("Blitzkrieg", "Generalgouvernement Warschau"; Besetzung Ostpolens und der baltischen Staaten durch die Sowjetunion; sowjetisch-finnischer "Winterkrieg" 1939/40). Die Besetzung Dänemarks und Norwegens (9. April 1940) schloss Großbritannien und Frankreich, die Deutschland nach dem Überfall auf Polen den Krieg erklärt hatten, von Nordeuropa aus. Der deutsche Angriffskrieg auf die Beneluxstaaten und Frankreich ab dem 10. Mai 1940 führte bis Mai bzw. Juni zur Besetzung dieser Länder und zum Waffenstillstand mit Frankreich (22. Juni 1940), das als Vichy-Regime Marschall Pétaines ein von Deutschland abhängiger Satellitenstaat wurde (1940/42). Das Eintreten des faschistischen Italien in den Krieg an der Seite Deutschlands und der Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan (27. September 1940; Krieg in Ostasien und im Pazifik) ließ das Bündnis der Achsenmächte entstehen. Nach der verlorenen "Luftschlacht um England" (1940/41) erfolgte das Eingreifen Deutschlands im italienischen Parallelkrieg in Afrika (1940/41; italienisches Kolonialreich in Libyen und Nordostafrika) und die Eroberung Jugoslawiens und Griechenlands (April 1941). Der rassenideologisch stark motivierte Angriffskrieg gegen die kommunistische Sowjetunion ("Kommissarbefehl" Hitlers, "Vernichtung des Bolschewismus/Judentums") im Unternehmen "Barbarossa" und mit Unterstützung Bulgariens, Rumäniens und Ungarns ab dem 22. Juni 1941 brachte zunächst große Gebietsgewinne im Westen und Südwesten der Sowjetunion (Baltikum, "Bezirk Bialystok", Weißrussland, Ukraine, rückwärtiges Heeresgebiet, deutsches Besatzungspolitik, Kollaboration und Partisanentätigkeit). Parallel dazu liefen die von Hitler unterstützten Maßnahmen zur "Endlösung der Judenfrage" an (Wannseekonferenz 20. Januar 1942; "Ghettoisierung" der polnischen Juden, Vernichtungslager und Massenmord, Aushungerungspolitik im rückwärtigen Heeresgebiet). Der Kriegseintritt der USA (11. Dezember 1941) auf Seiten Großbritanniens und der alliierten Mächte sollte die militärische zu Ungunsten des "Dritten Reiches" ändern. Der nur als kurzer Feldzug geplante Krieg gegen die Sowjetunion weitete sich (zeitlich) aus, wenn auch der Sommer 1942 Hitler noch im Zenit seiner Macht sah. Spätestens mit der Schlacht bei Stalingrad (1942/43) gerieten die deutschen Truppen in die Defensive. Der Krieg kehrte nach Deutschland zurück, zumal alliierte Bombenangriffe auf Deutschland (ab 1942) zunehmend Wirkung erzielten, die Wirtschaft vor dem Hintergrund eines "totalen Kriegs" schon längst eine Kriegswirtschaft geworden war (Versorgungslage und Rationierungen, soziale Lage u.a. der Arbeiter, Rolle der NSDAP und ihrer Funktionäre, Zwangsarbeit, Kriegsmüdigkeit und Entpolitisierung, Führermythos, Widerstand gegen den Nationalsozialismus). In Nordafrika mussten die zurückweichenden deutschen Truppen bei Tunis kapitulieren (Mai 1943), Italien wechselte zu den Alliierten über (Juli 1943; Besetzung Nord- und Mittelitaliens, Mussolinis Repubblica Sociale Italiana), dem Vorrücken der sowjetischen Roten Armee an der Ostfront (Besetzung Ungarns März 1944) sollten mit der alliierten Invasion in der Normandie (6. Juni 1944) militärische Niederlagen Deutschlands im Westen Europas folgen. Hitler, der in seinem ostpreußischen "Führerhauptquartier" Wolfsschanze das Attentat vom 20. Juli 1944 ohne wesentliche Beeinträchtigung überlebt hatte, kehrte Anfang 1945 nach Berlin zurück, um die Führung in der Verteidigung der Hauptstadt gegen die vorrückenden Sowjettruppen zu übernehmen ("Schlacht um Berlin" April 1945). Mit dem Scheitern der Ardennenoffensive (1944/45) befanden sich die deutschen Truppen auch im Westen endgültig auf dem Rückzug. Hitler, in den letzten Kriegsmonaten von körperlichem und geistigem Zerfall (gesundheitliche Probleme, Depressionen, Lethargie, irreale Vorstellungen und Hoffnungen zum Kriegsverlauf) betroffen, trat am 20. März 1945 letztmalig öffentlich in Erscheinung (nicht ausgeführter Nero-Befehl Hitlers vom 19. März 1945). Am 30. April beging er im "Führerbunker" der Alten Reichskanzlei Selbstmord. Am 8. Mai kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos. IV. Adolf Hitler war vor und nach dem Ersten Weltkrieg ein "bedeutungsloser Niemand", erst die rechtsradikalen Kräfte in der Weimarer Republik machten aus dem rhetorisch und politisch durchaus begabten Mann den "Hoffnungsträger" und "visionären Führer" als "letzte Entscheidungsinstanz" einer faschistischen "Bewegung", ohne dass Hitler zu sehr Partei- oder politischen Zwängen unterworfen war. Geschickt sicherte sich der Reichskanzler Hitler für sich und den Nationalsozialismus die Macht in Deutschland, die er zu einem "autoritären Regime" und einer Diktatur mit den Mitteln der beeinflussenden Meinungsbildung, der Repression und anderer (diktatorischer) Machtmittel ausbauen konnte. Hitler stand hinter der deutschen Aufrüstung der Vorkriegszeit, hinter dem Zweiten Weltkrieg und hinter dem aus seinem "Rassenwahn" resultierenden Massenmord an Behinderten, Juden und Osteuropäern. "Selbstüberschätzung und Hybris" bei Hitler waren eine Folge der "Blitzkriege" der Anfangskriegsjahre, führten aber im Krieg gegen die Sowjetunion in den Untergang. Die nationalsozialitische Gewaltherrschaft, Repression und Ausbeutung in Europa war in erster Linie auf Hitler (und seinen Kreis von Nationalsozialisten) zurückzuführen. Gegen Ende des Krieges lebte Hitler in der Scheinwelt eines "heroischen Untergangs", das er als sein Vermächtnis verstanden wissen wollte. Der "private" Hitler (Ernährungsgewohnheiten, [A-] Sexualität und [junge] Frauen [Nichte Geli Raubal, Lebensgefährtin Eva Braun, Ersatzfamilie Goebbels], religiöse Einstellung, Finanzen [Autorentantiemen, Zuwendungen, Gehalt als Reichskanzler] u.a.) verblasst indes gegen den propagandistisch überhöhten "Führer" (äußeres Erscheinungsbild, einstudierte Posen, "Führerqualität/Führerpersönlichkeit" [Reden und Monologisieren, Entrücktheit vom Tagesgeschäft, "Visionäres", unbedingtes Festhalten an Entscheidungen]). Nicht zuletzt ist Hitlers Interesse an Geschichte und Architektur (Hitler als Bauherr, nationalsozialistische Um- und Großbauten [Berlin, Nürnberg, Obersalzberg]) zu erwähnen (nach: Herbert, Ulrich, Das Dritte Reich (= BSR 2859), München 2016; Longerich, Hitler).
Zahlreich sind Literatur und Biografien zu und über Adolf Hitler: Bullock, Alan (1964), Hitler. Eine Studie über Tyrannei (= ADTG 7200), Kronberg 1977, XII, 886 S., DM 19,80; Fest, Joachim C. (1973), Hitler. Eine Biographie, Bd.1: Der Aufstieg (= Ullstein Tb 3273), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1978, Bd.2: Der Führer (= Ullstein Tb 3274), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1978, zus. 1190 S., Abbildungen, zus. DM 16,90; Haffner, Sebastian (1978), Anmerkungen zu Hitler (= Fischer Tb 3489), Frankfurt a.M. 252003, 192 S., Seitenkonkordanz, € 7,90; Jochmann, Werner (Hg.) (1980), Adolf Hitler. Monologe im Führer-Hauptquartier 1941-1944 (= Heyne Tb 6097), München 1982, 491 S., DM 12,80; Longerich, Peter (2015), Hitler. Biographie, München 2015, 1296 S., Schwarzweißabbildungen, € 39,95; Maser, Werner (1980), Adolf Hitler. Das Ende der Führer-Legende (= Moewig Dokumentation 4325), München 1982, 493 S., Abbildungen, DM 2,-; Maser, Werner (1974), Adolf Hitler - Mein Kampf. Geschichte, Auszüge, Kommentare (= Moewig Dokumentation 4329), München 1983, 395 S., DM 2,-; Pool, James, Pool, Susanne (1979), Hitlers Wegbereiter zur Macht. Wie mit geheimen deutschen und internationalen Geldquellen Hitlers Aufstieg ermöglicht wurde (= Moewig Dokumentation 4327), München 1982, 507 S., DM 2,-; Schieder, Wolfgang (2023), Ein faschistischer Diktator. Adolf Hitler - Biografie (= wbg edition), Darmstadt 2023, 272 S., Schwarzweißabbildungen, € 10,-; Trevor-Roper, Hugh R. (1947), Hitlers letzte Tage (= Ullstein Tb 525), Frankfurt a.M. 31976, 238 S., DM 4,80. Daneben sei als Geschichtsquelle genannt: Zentner, Christian (Hg.) (1974), Adolf Hitlers "Mein Kampf". Eine kommentierte Auswahl, München-Leipzig 121998, 256 S., DM 24,80. [Buhlmann, 1978, 1984, 07.2016, 07.2017, 03.-04.2023, 06.2023]

HJb = Historisches Jahrbuch

Hlawitschka, Eduard (1979), Studien zur Genealogie und Geschichte der Merowinger und der frühen Karolinger, in: RhVjbll 43 (1979), S.1-99 > B Becher, Merowinger und Karolinger

Hlawitschka, Eduard (1989), Egino, Bischof von Verona und Begründer von Reichenau-Niederzell, in: ZGO 137 (1989), S.1-31 > R Reichenau

Hlawitschka, Eduard (2003), Konradiner-Genealogie, unstatthafte Verwandtenehen und spätottonisch-frühsalische Thronbesetzungspraxis. Ein Rückblick auf 25 Jahre Forschungsdisput (= MGH. Studien und Texte, Bd.32), Hannover 2003 > K Konradiner

Ho

Hochgeschwender, Michael (2010), Der Amerikanische Bürgerkrieg (= BSR 2451), München 2010 > A Amerikanischer Bürgerkrieg

Hochgeschwender, Michael (2016), Die Amerikanische Revolution. Geburt einer Nation 1763-1815, München 2016, 512 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 29,95. I. Die Amerikanische Revolution als erste der modernen Revolutionen war zwiespältig und "janusköpfig", ebenso ihr Ergebnis: die amerikanische Nation. U.a. als Folge der britisch-französischen Auseinandersetzungen im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) in Nordamerika und der Karibik vermeinte die politisch-wirtschaftliche Oberschicht in den britisch-nordamerikanischen 13 Festlandskolonien (als Kron-, Charter-, Eigentümerkolonien; Neuenglandkolonien [Massachusetts, Connecticut, Rhode Island, New Hampshire, (Vermont), (Maine)], Mittelatlantikkolonien [New York, New Jersey, Pennsylvania], Kolonien des oberen Südens [Virgina, Maryland, Delaware], Kolonien des unteren Südens [North Carolina, South Carolina, Georgia] mit je eigener Wirtschafts- und Sozialstruktur [yeomanry, Stadt und Land, Kolonialadel, Quäker, frontier; Handelskolonien, Pflanzerkolonien, transatlantische Handelsverbindungen) eine verstärkte Einflussnahme der Londoner "Zentrale" (König Georg III. [1760-1820], Parlament, Tories und Whigs) im britischen Kolonialreich (British Empire) ausmachen zu können (transatlantische Diskurslandschaften, Interessen und Ideen; Aufklärung ["Rassereinheit", whiteness u.a.], Rechte freier Engländer als Projektionsfläche). Konflikte entzündeten sich am nordamerikanischen Schmuggel und dessen Bekämpfung durch die britische Royal Navy, an der wirtschaftlichen Lage der Kolonien (Nachkriegsrezession 1763/65) sowie insbesondere an den Kolonisten nun auferlegten Steuern und Zöllen (Sugar Act 1764, Stamp Act 1765); gerade in der Handelsstadt Boston weitete sich der Londoner Beschluss des Stamp Act zur Stamp Act-Krise u.a. um politische Mitbestimmung der Kolonien aus (No taxation without representation; Mobs, Vorgehen gegen Steuereintreiber, Boykott britischer Waren), die auf der Grundlage der (Kolonien-) Assemblies und der eher informellen Correspondence Committees alsbald zum interkolonialen Kongress in New York führten (1765). Zwar ruderte die britische Regierung unter Aufhebung des Stamp Act wieder zurück (Repeal 1766), doch hielt - trotz wirtschaftlicher Gesundung in den Kolonien (1765/66) - die Opposition gegen die "Zentrale" weiter an und erfuhr zudem eine Radikalisierung (Sons of Liberty, Townsend-Duties, New York Restraining Act, Boykott britischer Waren 1767/68), wobei sich die Konflikte um Zoll und Schmuggel mit antikatholischen Übergriffen und der expansiven Ausweitung der weißen Besiedlung auf Indianerland jenseits der britischen Royal Proclamation Line (1763) paarte (Stationierung britischer Soldaten in Boston und New York). Nach dem Boston Massacre und der Aufhebung der Townsend-Duties (1770) beruhigte sich die Lage erst einmal wieder, um etwa in Fragen des Sklavenhandels und des Teezolls (Tea Act 1773) wieder zu eskalieren, wie Boston Tea Party (1773) und die darauf reagierenden Gesetze des Londoner Parlaments (Boston Port Act, Massachusetts Government Act, Quartering Act, Québec Act 1774) zeigen. Verhandelt wurde zwar zwischen dem in Philadelphia tagenden Kontinentalkongress (1774) und der britischen Regierung, doch führte das Vorrücken britischer Truppen auf Lexington und Concord (britische Niederlage bei Concord) zu den ersten bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den amerikanischen Kolonien (vereint durch Association Committees, Correspondence Committees, Sons of Liberty, Kontinentalkongress; kämpfende Milizen) und der britischen Kolonialmacht (1775). Von nun an standen die Kolonien in offenem Aufruhr gegen das Mutterland. II. Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg (1775-1783) begann mit weiteren Erfolgen der Kolonialmilizen gegen britische Einheiten (Einnahme von Fort Ticonderoga, Belagerung Bostons 1775). Auf Initiative George Washingtons (†1799) ließ der Kontinentalkongress aber alsbald eine reguläre amerikanische Armee aufstellen, ohne dass auf die Milizen als zusätzliche Kampfverbände verzichtet wurde (1775). Washington übernahm den Oberbefehl über die Armee, am Belagerungspatt vor Boston konnte aber auch er nichts ändern. Gleichzeitig begann mit der Diskreditierung von britischen Soldaten ("Hessen") im Krieg und der Petition to the British People des Kontinentalkongresses (1775) ein Propagandakrieg. 1775/76 endete ein amerikanischer Vorstoß auf das britische Kanada (Québec) in einer militärischen Katastrophe, der britische Abzug aus Boston (1776) hingegen verstärkte das militärische Übergewicht (gerade zur See) der Briten und eröffnete neue britische Optionen im Krieg. Die Unabhängigkeitserklärung der amerikanischen Kolonien (4. Juli 1776; John Adams [†1826], Benjamin Franklin [†1790], Thomas Jefferson [†1826] als Meinungsführer und Mitglieder des Draft Committee; Articles of Confederation 1776) machte den politischen Dissens zwischen Kolonien und Mutterland vollends unumkehrbar; hingegen unterstützte der französische König Ludwig XVI. (1774-1793) zunächst finanziell die Aufständischen gegen Großbritannien (1777). Doch zunächst behielten die Briten militärisch das Heft in der Hand, nachdem ihre Truppen bei New York gelandet waren und mit Unterstützung auch loyalistisch-amerikanischer Verbände (Tory-Milizen) die Armee des (u.a. whig-revolutionären) Kontinentalkongresses unter deren starken Verlusten nach Norden hin abdrängten (britische Umfassungsmanöver bei Long Island, Schlachten bei Trenton und Princeton 1776, Winterquartier einer desolaten amerikanischen Armee bei Morristown 1776/77). Auch im Folgejahr (1777) behaupteten sich die Briten weitgehend (Eroberung von Fort Ticonderoga); indes musste die britische Armee unter dem erfahrenen Befehlshaber John Burgoyne kapitulieren (Schlachten von Saratoga), während die Briten unter den Brüdern Richard und William Howe immer noch die Küstenregionen in den Kolonien behaupteten und sogar Philadelphia, den Sitz des Kontinentalkongresses einnehmen konnten (Schlacht beim Brandywine, Massaker von Paoli, Schlacht bei Germantown; Winterquartier der amerikanischen Armee bei Valley Forge 1777/78. Ab 1778 befand sich Großbritannien auch im (Welt-) Krieg mit Frankreich und Spanien; hierbei rückten zunehmend Kriegsschauplätze in der Karibik oder in Indien in den Mittelpunkt des Geschehens. Demzufolge mussten die britischen Truppen auf dem amerikanischen Kriegsschauplatz vorsichtiger vorgehen, zumal eine wirksame Unterstützung durch die Royal Navy nun fehlte. Es kam noch zu vereinzelten militärischen Aktionen in Küstennähe, Philadelphia wurde aufgegeben, die Truppen des neuen britischen Befehlshabers George Clinton wurden zurückgedrängt (Schlacht bei Monmouth Court House 1778), allerdings scheiterte ein amerikanischer Angriff auf Newport (Seeschlacht bei Sandy Hook 1778) und auch New York blieb fest in britischer Hand. Das Kriegsjahr 1779 brachte im Gebiet der Neuenglandstaaten keine wesentlichen Verschiebungen im Kräfteverhältnis der Kriegsparteien zueinander. In den südlichen Kolonien gelang der britische Zugriff auf Savannah (Ende 1778), während alsbald Georgia weitgehend unter britische Kontrolle gerieten (1779); eine amerikanische Belagerung Savannahs scheiterte (1779); 1780 gelang die britische Einnahme von Charles Town, die südliche Kontinentalarmee geriet infolge der größten amerikanischen Niederlage im Unabhängigkeitskrieg in britische Gefangenschaft. In Fortsetzung der Southern Strategy und unter den Bedingungen eines Bürgerkriegs zwischen amerikanischen Tories und Whigs in den südlichen Kolonien siegten die Briten unter dem Befehlshaber Charles Cornwallis in der Schlacht von Camdon, während die Tory-Milizen gegen die Whigs bei King's Mountain unterlagen (1780). Es folgten weitere britische Niederlagen (Schlachten bei Cowpens und Guilford Court House 1781) und der Rückzug auf Savannah und benachbarte Küstenorte, schließlich auf Yorktown, von wo die britische Südarmee nach New York transportiert werden sollte, was aber letztlich nicht gelang (Seeschlacht bei Virginia Capes, Kapitulation der Armee Cornwallis' in Yorktown). Die britische Hauptarmee unter Clinton verhielt sich währenddessen erschreckend passiv; im Jahr 1782 hielt der verheerende Bürgerkrieg in den südlichen Kolonien weiter an, auch führten amerikanische Milizen die Indianerkriege weiter. Innenpolitische Veränderungen in Großbritannien (Rücktritt des Premierministers Frederick North) und die immer höher werdende Verschuldung des Landes bei stark ansteigender Steuerbelastung (Gordon Riots) ließen die britische Regierung auf einen Frieden mit den amerikanischen Kolonisten hinarbeiten. Der Sonderfrieden vom 29. November 1782 (britischer Verzicht auf die Kolonien und der Westgebiete, Anerkennung der Unabhängigkeit der Kolonien) ließ die Amerikaner aus dem Krieg ausscheren - unter Protest ihrer Verbündeten Frankreich und Spanein, die sich dennoch alsbald gezwungen sahen, ebenfalls mit Großbritannien Frieden zu schließen (Frieden von Paris 1783; Florida, Menorca an Spanien, einige westindische Inseln an Großbritannien, Anerkennung der amerikanischen Unabhängigkeit). Insgesamt besaß der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg jenseits des Konflikts zwischen Briten und Amerikanern eine Reihe von Fronten: innenpolitisch zwischen den gegenüber dem britischen König loyalen Tories, den politisch Neutralen und den Whig-Rebellen, sozial zwischen Schwarzen (schwarze Amerikaner, Sklaverei) und Weißen (kriegführende Männer und deren Frauen), ethnisch zwischen Indianern (östlich des Mississippi) und weißen Siedlern (Indianerkriege [der Whig-Milizen] 1775/95 [Frühjahrsfeldzug gegen die Cherokee 1779, Massaker von Gnadenhütten 1782, Irokesenföderation, Konföderation des Westens], Anschluss der Indianer meist an die britische oder französische Kolonialmacht). III. Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg hinterließ die "postrevolutionäre Geburtskrise" der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) insofern, dass zunächst staatliche Institutionen und in der Gesellschaft verankerte Identitäten geschaffen werden mussten auch gegen innere Widerstände, die sich im Gefolge des Tory-Whig-Bürgerkriegs sowie einer massiven ungleichen (im Unabhängigkeitskrieg nur überdeckten) Verteilung von Eigentum ausbildeten (Society of the Cincinati 1783; Verschuldung der Kleinbauern, politisches System; Unruhen in Neuengland 1786, riots in Pennsylvania 1787/95). Der Verfassungskongress von Philadelphia (1787), an dem u.a. Alexander Hamilton (†1804) beteiligt war (British Plan, Virginia Plan, New Jersey Plan), schuf dann die konstitutionellen Grundlagen der USA auf der Grundlage der Bürgerrechte (Bill of Rights), von Kongress, Präsidentschaft und Supreme Court, ergänzt um wichtige Zusatzartikel (Amendments) (1788/91); 1789 wurde zum ersten Mal der Kongress gewählt, im selben Jahr erhielten die USA mit George Washington in ihren ersten Präsidenten. Gleichzeitig traten North Carolina und Rhode Island in die USA ein, später auch Vermont (1791). Dabei war (bis zum Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs) nicht klar, wer in den USA der Souverän war: die Bundesstaaten oder die Union (Konföderation <-> Nation). Vom weit gestreutem (Mehrheits-) Wahlrecht in den Bundesstaaten und den USA blieben große Gruppen der Bevölkerung ausgeschlossen: Frauen, Schwarze (Sklaverei), Indianer. Die USA entwickelte sich unter den Gedanken der Aufklärung bei (partieller) Trennung von Staat und (Amts-) Kirche(n) zudem zu einer "christlich-protestantischen Nation". Die ab 1800 erbaute Hauptstadt Washington stellte die amerikanische Republik als Empire of Liberty architektonisch-symbolisch dar. Innerhalb des so verfassungsrechtlich grob definierten politischen Systems etablierten sich (mitunter kaum voneinander abgrenzende) politische Parteien, in denen sich die politische Elite der USA versammelten: Federalists, Anti-Federalists, aus Letzterer hervorgehend die Democratic Republicans (diese sich wiederum aufspaltend in die National Republicans und die Democrats [1830er-Jahre]). Es bildete sich ein Zweiparteiensystem aus. Maßgebliche politische Persönlichkeiten der jungen Republik waren neben den Präsidenten George Washington (1789-1797), John Adams (1797-1801), Thomas Jefferson (1801-1809) und James Madison (1809-1817) u.a. der Finanzminister Alexander Hamilton (Bank of the United States 1790, USA als kapitalistisches Wirtschaftssystem), Aaron Burr (als Schöpfer des modernen Wahlkampfs) u.a. Außenpolitisch führten die USA mit Frankreich einen Quasi War (Seekrieg 1798/1800); 1803 wurde von Napoleon das französische Louisiana-Territorium erworben. Gleichzeitig ging die Expansion der USA nach Westen weiter (Land Ordinance 1785, Northwest Ordinance 1787). Hier entstanden neue (Territorien bzw.) Bundesstaaten, die nach und nach Aufnahme in die USA fanden (Kentucky 1792, Tennessee 1796, Ohio 1803 usw.). Im Amerikanisch-Tripolitanischen Krieg (1801-1805) griffen die USA in Nordafrika ein. Im Britisch-Amerikanischen Krieg (1812-1815) gerieten die USA noch im Jahr 1812 militärisch ins Hintertreffen (Michigan, Schlacht von Queenstown), das Jahr 1813 brachte den Vereinigten Staaten Siege und Niederlagen (Schlachten von Winfield Scott, Chateauguay, Chrysler's Farm). Es folgten weitere Siege und Niederlagen (Schlachten bei Chippewa und von Lundy's Lane, von Plattsburgh 1814), u.a. gelang den britischen Truppen bei ihrem Vorstoß über die Chesapeake Bay die Einnahme und Zerstörung der Hauptstadt Washington, während ihr Angriff auf Fort Henry scheiterte (1814; Francis Scott Keys The Star Spangled Banner). Im Genter Frieden vom 28. Dezember 1814 einigten sich die Kriegsparteien auf die Wiederherstellung des status quo. IV. Mit dem Britisch-Amerikanischen Krieg kam die Staatsbildung der USA zu einem vorläufigen Abschluss. Rezeptionsgeschichtlich betrachtet, wurden und werden die Anfangsjahre der amerikanischen Nation je nach Standpunkt und zeitlicher Distanz unterschiedlich bewertet (Mythen und Erinnerungen). Dabei stehen Widersprüche und Brüche in der damaligen bis heutigen amerikanischen Gesellschaft für die "Tragik und Größe einer unvollendeten Nation" und wurden und werden nur zum Teil überdeckt von Patriotismus, Nationalismus, Expansionismus und Wirtschaftsimperialismus, den hohen aufklärerisch-christlichen Ansprüchen der amerikanischen Nation zum Trotz. [Buhlmann, 08.2017]

Hochhuth, Rolf, Reuß, Herbert (Hg.) ([1970]), Ruhm und Ehre. Die Nobelpreisträger für Literatur. Mit einem Vorwort von Martin Walser, Gütersloh o.J. [1970] > L Literatur

Hochmössingen als Stadtteil von Oberndorf am Neckar: (Oberndorf-) Hochmössingen, erstmals zum Jahr 1099 bezeugt, reicht - auf Grund des -ingen-Ortsnamens - wohl in alemannische Zeit zurück; zudem sind hier zwei Abschnitte der Römerstraße Rottweil-Sulz und ein römischer Gutshof nachweisbar. Die hochmittelalterliche Nennung Hochmössingens steht in Zusammenhang mit der Gründung des Klosters Alpirsbach (1095) und den seit 1080 bezeugten Herren von Zimmern, die um 1300 die wichtigsten Grundherren im Ort waren und auch über die Ortsherrschaft verfügten. 1535 verkauften die Herren von Zimmern Hochmössingen an die Reichsstadt Rottweil, das Dorf blieb fortan Teil des Rottweiler Territoriums, bis es zu Beginn des 19. Jahrhunderts württembergisch wurde. Die Hochmössinger Pfarrkirche St. Otmar ist erstmals im Liber decimationis des Bistums Konstanz (1274/75) bezeugt. Das Gotteshaus reicht wohl in sehr viel ältere Zeit zurück und verdankt seine frühmittelalterliche Entstehung - siehe das Otmar-Patrozinium - dem Kloster St. Gallen (Kirchturm, sakrale Gegenstände, Taufkapelle).
Zu Hochmössingen s.: Weber, Alwin (2014), Kirchturm entpuppt sich als Fundgrube. Gotteshaus in Hochmössingen schon 1275 dokumentiert, in: Schwarzwälder Hausschatz 2014, S.158-161. [Buhlmann, 01.2019]

Hockenjos, Fritz (1960), Wäldergeschichten. Aus dem Herrgottswinkel des Schwarzwalds, Freiburg 31994 > S Schwarzwald

Hockenjos, Fritz (1985), St. Märgener Welt, Freiburg i.Br. 1985 > S St. Märgen

Hodel-Hoenes, Sigrid (1992), Leben und Tod im Alten Ägypten. Thebanische Privatgräber des Neuen Reiches, Darmstadt 1992 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Höbelheinrich, Norbert (1939), Die "9 Städte" des Mainzer Oberstifts. Ihre verfassungsmäßige Entwicklung und ihre Beteiligung am Bauernkrieg 1346-1527 (= Zwischen Neckar und Main. Heimatblätter des Bezirksmuseums Buchen e.V., H.18), 1939, Nachdruck Hildesheim-Zürich-New York 1994, 192 S., DM 37,80. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts waren Städte im Mainzer Oberstift zum Neunstädtebund zusammengeschlossen. Bei den Städten, die erstmals 1346 als die "neun Städte" des Mainzer Oberstifts in Erscheinung traten, handelte es sich um: Amorbach, Aschaffenburg, Buchen, Dieburg, Külsheim, Miltenberg, Seligenstadt, Tauberbischofsheim, Walldürn. Die Städte nahmen in dieser Zeit eine ähnliche verfassungsgeschichtliche Entwicklung, eine kommunale Selbstverwaltung (Ratsverfassung) entwickelte sich im Mit- und Gegeneinander zum Landesherrn, dem Mainzer Erzbischof, und zum Domkapitel. Die landsässigen Städte emanzipierten sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts u.a. durch das Recht der Steuererhebung und -bewilligung weiter vom Landesherrn und etablierten sich neben dem Domkapitel und dem Adel als Landstand im erzbischöflichen Territorium. Im Bauernkrieg traten Städte wie Tauberbischofsheim teils gezwungenermaßen, teils freiwillig auf die Seite der aufständischen Bauern (1525). Die Belagerung Aschaffenburgs durch die Bauern spiegelt dabei das komplizierte Kräftedreieck zwischen landesherrlichem Statthalter, städtischer Obrigkeit und Bauern wider. Der Vormarsch der Neckartal-Odenwälder Bauern zog dann den endgültigen Anschluss der "neun Städte" nach sich (Amorbacher Erklärung, Vertrag zwischen Bauern und Städten bzw. Oberstift am 5. und 7. Mai 1525). Das Eingreifen des Schwäbisches Bundes ab der 2. Maihälfte des Jahres 1525 beendete den Bauernkrieg im Mainzer Oberstift. Die Städte mussten sich der Landesherrschaft unterwerfen. Das Ende der städtischen Selbstverwaltung und landständischen Mitsprache kam für die "neun Städte" vollends mit den erzbischöflichen Verfügungen der Jahre 1527 und 1528, mit denen auch die faktische Auflösung des Städtebundes einherging. [Buhlmann, 11.2006]

Höcker, Christoph (2000), Architektur (= DuMont Schnellkurs = DuMont Tb 517), Köln 2000 > A Architekturgeschichte

Hoederath, Hans Theodor (1930), Die Religionsordnungen der Fürstäbtissin Maria Clara von Spaur, in: EB 48 (1930), S.279-297. Vor dem Hintergrund der katholischen Gegenreformation im römisch-deutschen Reich der frühen Neuzeit kam der konfessionellen Orientierung des Essener Frauenstifts und Territoriums eine besondere Rolle zu. Fürstäbtissin Maria Clara von Spaur (1614-1645) verfolgte als Landesherrin für das Stift Essen und das Breisiger "Ländchen" eine katholische Politik, die u.a. in der Religionsordnungen vom 17. März 1616 und 28. Juni 1624 für die Untertanen in Essener Territorium und Stadt sowie vom 26. August 1628 für die Untertanen des Breisiger "Ländchens" gipfelte (Wiederherstellung der katholischen, Verbot der evangelischen Religionsausübung; katholische Amtsträger des Stifts; Vorschriften betreffend den Sonntagsgottesdienst, die Prozessionen, die Einhaltung der Sonn- und Feiertage, die Kommunion, die Beerdigungen und Friedhöfe usw.). [Buhlmann, 07.2013]

Hoederath, Hans Theodor (1928), Das Rellinghauser Land- und Stoppelrecht. Ein Beitrag zur westfälischen Rechtsgeschichte, in: EB 46 (1928), S.329-407 > R Rellinghausen

Hoederath, Hans Theodor (1951), Hufe, Manse und Mark in den Quellen der Großgrundherrschaft Werden am Ausgang der Karolingerzeit, in: ZRG GA 68 (1951), S.211-231 > B Bethge, Bifänge

Höffe, Otfried (1996), Aristoteles (= BSR 535), München 1996 > A Aristoteles

Höing, Hubert (2015), Dr. jur. Heinrich Urdemann (ca.1420-1485), Kurienprokurator, Offizial, Stiftsdechant und kaiserlicher Rat. Zur Karriere eines vorreformatorischen Klerikers in Bocholt, Köln und Bonn, in: AHVN 218 (2015), S.105-150. Um 1420 in der Stadt Bocholt im Bistum Münster geboren, aus einer frommen Familie der Bocholter Oberschicht stammend, war Heinrich Urdemann für eine geistliche Karriere bestimmt, in deren Folge Urdemann ein Studium in Kirchenrecht in Köln absolvierte (1442/43; decretorum doctor 1470) und zu einem unbekannten Zeitpunkt Priester wurde. Ab 1450 findet sich Urdemann als Kurienprokurator in Rom (Mitgliedschaft in der Anima-Bruderschaft, Familiar Herzog Erichs II. von Pommern und Kardinalbischofs Guillaume d'Estouteville). Er sicherte sich seine wirtschaftliche Existenz durcjh Pfrüdenerwerb (Kamminer Kanonikat, Oberweseler Dekanat St. Marien, Bernauer Propstei, Kölner Dekanat St. Andreas, Rechtsstreit um die Bocholter Georgspfarrei 1462/65). Nach 1468 kehrte Urdemann nach Deutschland zurück, wurde u.a. Offzial des Kölner Erzbischofs Ruprecht von der Pfalz (1363-1480) (1470/71) und stand auch in Diensten Erzbischofs Hermann IV. von Hessen (1480-1508). Urdemann verfasste (1477) den Dialogus super libertate ecclesiastica, in dem er sich in einem fiktiven Gespräch in der fiktiven Stadt Thenen (Köln) für die Rechte der Geistlichkeit gegenüber weltlichen Übergriffen (Stadtrat; Kölner Stiftsfehde [1473/80]) aussprach. Seinen humanistischen Neigungen nachgehend, betätigte sich Urdemann auch als Sammler von Reliquien und Büchern; er vermachte seine Büchersammlung der Stadt Bocholt, wie er auch die Bocholter Georgskirche förderte (Vikarienstiftung 1480, päpstliche Ablassverleihung an die Georgskirche 1480). 1483 wurde Urdemann zum kaiserlichen Rat Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) ernannt. Am 30. Oktober 1485 starb Urdemann in Köln und wurde im Kapitelhaus des Andreasstifts begraben. [Buhlmann, 01.2017]

Hölscher-Lohmeyer, Dorothea (1991), Johann Wolfgang Goethe (= BSR 2127), München 32007 > G Goethe, Johann Wolfgang

Hömberg, Albert K. (1955), Ortsnamenkunde und Siedlungsgeschichte. Beobachtungen und Betrachtungen eines Historikers zur Problematik der Ortsnamenkunde, in: WF 8 (1955), S.24-64 > N Namenkunde

Hoensch, Jörg K. (1996), Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit (1368-1437), München 1996, 652 S., DM 86,-. Sigismund war der am 14. Februar 1368 geborene Sohn Kaiser Karls IV. (1346/47-1378) und der Elisabeth von Pommern. 1387 wurde er König von Ungarn, am 20. September 1410 erfolgte seine Wahl zum deutschen König - in Konkurrenz zu seinem etwas später gewählten Vetter Jobst von Mähren (1410-1411) und zu seinem älteren, eigentlich als abgesetzt geltenden Bruder Wenzel (1378-1400). Nach dem Tod Jobsts ist Sigismund allgemein als König anerkannt worden. Am 8. November 1414 wurde der Luxemburger in Aachen zum König gekrönt. Von Anfang an stand die Regierung Sigismunds unter dem Dilemma, dass der König sich um zwei Reiche, Deutschland und Ungarn, zu kümmern hatte; die Niederlage gegen die Türken bei Nikopolis (1396) und innere Schwierigkeiten machten dabei Ungarn zu einem schwer zu beherrschenden Königreich. In Deutschland leitete Sigismund mit dem am 5. November 1414 eröffneten Konzil zu Konstanz (1414-1418) die Beendigung des Großen Schismas ein; die Wahl Papst Martins V. (1417-1431) brachte diesbezüglich den Abschluss. Die auf dem Konzil verfügte Verbrennung des wegen Ketzerei beschuldigten Jan Hus (6. Juli 1415) führte indes zu den nach 1419 in Böhmen eskalierenden hussitischen Wirren und damit zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Sigismunds Anspruch auf die böhmische Krone; die 1420er-Jahre waren vom Kampf des Königs gegen die Hussiten und um Böhmen bestimmt. Im Konflikt gegen die Kurfürsten (Binger Kurverein 1424, 1427) konnte sich Sigismund behaupten. Sein Aufenthalt in Ungarn (1426-1428) stabilisierte sein östliches Königreich gegen die angreifenden Osmanen. Zwischen 1431 und 1433 war Sigismund - als erster deutscher König seit Langem - in Italien zu finden; im Spätherbst 1431 erfolgte seine Krönung zum König von Italien in Mailand; am 31. Mai 1433 fand die Kaiserkrönung in Rom statt. 1436 gelang es Sigismund schließlich, als König von Böhmen anerkannt zu werden. Als Kaiser, deutscher, ungarischer und böhmischer König vereinigte er damit vier Kronen in seiner Hand. Die Jahre nach 1430 standen unter dem Zeichen der sog. Reichsreform, waren also verbunden mit dem Bemühen Sigismunds und seiner Räte um eine politische Reform im römisch-deutschen Reich (Friedenssicherung, Reform der Gerichtsbarkeit, Münz- und Geleitwesen, Sicherung der westlichen Grenze gegenüber dem "Zwischenreich" der burgundischen Herzöge). Diesbezügliche Verhandlungen zwischen König, Fürsten und Städten gestalteten sich aber mühsam und führten auch beim Reichstag zu Eger (Juli 1437) zu keinem Abschluss. Immerhin überdauerte die Idee einer Reichsreform Sigismund, wie nicht zuletzt die nach dem Tod des Kaisers verfasste Reformatio Sigismundi zeigt. Sigismund starb am 9. Dezember 1437 im mährischen Znaim. Er hinterließ seine einzige Tochter Elisabeth, die seit 1421 mit seinem Nachfolger Albrecht II. von Habsburg verheiratet war. [Buhlmann, 11.1996]

Hörberg, Norbert (1983), Libri Sanctae Afrae. St. Ulrich und Afra zu Augsburg im 11. und 12. Jahrhundert nach Zeugnissen der Klosterbibliothek (= MPIG 74 = SGS 15), Göttingen 1983, 330 S., € 20,-. Die Verehrung der römischen Märtyrerin Afra ist schon seit dem 6. Jahrhundert in Augsburg belegt, der heilige Bischof Ulrich von Augsburg (923-973) ließ sich an ihrer Grabstätte beisetzen, die Kanonikergemeinschaft an den Heiligengräbern wurde 1012 durch eine Gemeinschaft von Benediktinermönchen aus Tegernsee abgelöst. Es entstand ein Eigenkloster der Augsburger Bischöfe, das im Investiturstreit der päpstlichen Reformpartei angehörte. Der Reformabt Egino (1109-1120) geriet daher in Konflikt mit dem königstreuen Augsburger Bischof Hermann (1096-1133), wurde vertrieben (wohl 1118) und starb in Pisa (1120). Sein Nachfolger Udalschalk (1127-n.1151), Dichter und Musiker, führte die Reformen weiter, so dass das Kloster in der Folge eine geistig-religiöse Blütezeit erlebte. Im 14. Jahrhundert stellt sich St. Afra als Reichsabtei unter der Vogtei der Wittelsbacher dar, wirtschaftliche Schwierigkeiten und ein religiöser Niedergang wurden ab Beginn des 15. Jahrhunderts durch Reformmaßnahmen der Bursfelder Kongregation und der Melker Reform behoben. Ein Kirchenneubau, eine große Bibliothek, eine Schreibschule und eine Druckerei stehen für die Bedeutung St. Afras im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts. Die Kommunität überstand Reformation und Glaubenskriege und wurde 1802 säkularisiert. Vom Kloster St. Afra sind neben einem Bibliotheksverzeichnis von 1616 eine Anzahl von Handschriften erhalten, die Auskunft über die libri sanctae Afrae geben. Danach besaß das Kloster an Handschriften des 11./12. Jahrhunderts die Vita des heiligen Ulrich, Ovids Metamorphosen, die Chronik Ottos von Freising (†1158) sowie Musiktraktate, u.a. den Codex Gudianus Nr. 334. Letzterer stammt wohl aus der Zeit Abt Udalschalks und enthält eine Reihe von Abhandlungen zur Musiktheorie, darunter die Musica Theogeri des Abtes Theoger (1088-1119) vom Kloster St. Georgen im Schwarzwald. [Buhlmann, 06.2007]

Hoerder, Dirk (2010), Geschichte der deutschen Migration. Vom Mittelalter bis heute (= BSR 2494), München 2010, 128 S., € 8,95. I. Moderne Migrationsforschung stellt die interkulturellen Perspektiven von Aus- und Einwanderung in den Vordergrund. Migration ist verbunden mit Migrationsgründen (Flucht, Zwangsmigration, Wirtschaftsmigration u.a.), Migrationswegen zwischen Makroregionen (gesamteuropäisch, transatlantisch u.a.) und (sozial-gesellschaftlichen) Akkulturationsprozessen (in der Zielgesellschaft, "Diaspora") bei (mythischer) Erinnerung an die Ausgangsgesellschaft ("transkulturelle" Verbundenheit ["Heimat"]). II. Deutsche Geschichte seit dem Mittelalter war immer von Mobilität und Migration, Aus- und Einwanderung, bestimmt. Migration ist zunächst gebunden an das, was in den verschiedenen Epochen Deutschland genannt wurde (Mittelalter, frühe Neuzeit: "zentraleuropäisches Großreich", Territorien; Moderne: Deutsches Kaiserreich, "Drittes Reich"). Für das Mittelalter (10.-15./16. Jahrhundert) sind dann Binnen- (Land->Stadt, Berufsgruppen ["transeuropäische Wanderungen", "interkulturelle Fernwanderungen"]) und (transkontinentale) Aus-/Abwanderung (deutsche Ostkolonisation) zu nennen, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts einsetzende Pest verstärkte die (erzwungene) Mobilität von Menschen (Bevölkerungskatastrophen). Auch in der frühen Neuzeit (16.-/18./19. Jahrhundert) war Migration als Fluchtwanderung (aus den/in die deutschen Territorien) durch Kriegskatastrophen (Dreißigjähriger Krieg 1618-1648), religiöse Auseinandersetzungen (Konfessionalisierung, Religionskriege; Hugenotten->Preußen) oder aus wirtschaftlichen Gründen (Kleinstaaterei, Hungersnöte; "Donauschwaben", "Wolgadeutsche"). In der Moderne (19.-21. Jahrhundert) vergrößerte sich der Radius der deutschen Auswanderungsgebiete über Europa hinaus (Nordamerika und transatlantische Wanderung u.a.), es kam und kommt auch zu Migrationen ins industrialisierte bzw. wirtschaftlich wohlhabende Deutschland (Polen, Türken, Menschen aus EU-Ländern, Asylbewerber u.a.). [Buhlmann, 09.2019]

Hoerschelmann, Fred von, deutscher Dichter und Hörspielautor: Fred von Hoerschelmann (*1901 in Hapsal, †1976 in Tübingen) begann nach einem Studium der Philosophie, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft in Dorpat und München (1921/25) mit der Schriftstellerei im Jahr 1927, sein erstes Hörspiel hieß "Flucht vor der Freiheit" (1928/29). Nationalsozialismus (1933-1945) und Zweiten Weltkrieg (1939-1945) überlebte er als Schriftsteller und Soldat unbeschadet. In der Bundesrepublik Deutschland arbeitete er hauptsächlich als Hörspielautor und -macher, Hoerschelmann war ein "Meister der Hörspieldramaturgie". Sein Hörspiel "Das Schiff Esperanza" (1953) gehört zu den erfolgreichsten deutschen Hörspielproduktionen, die Hörspiele der 1950er-Jahre von der Komödie bis zur Groteske spiegelten die deutsche Nachkriegsgesellschaft wider. Von den Werken Hoerschelmanns ist zu nennen: Hoerschelmann, Fred von (1953), Das Schiff Esperanza. Hörspiel (= RUB 8762), Nachdruck Stuttgart 1969, 69 S., DM 1,-, Nachdruck Stuttgart 2003, 69 S., € 2,10. [Buhlmann, 1973, 02.2023]

Hofbauer, Gottfried (2015), Die geologische Revolution. Wie die Erdgeschichte unser Denken veränderte, Darmstadt 2015, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Schwarzweißtafeln, € 24,95. Vom endenden 17. bis ins beginnende 20. Jahrhundert fand eine naturwissenschaftliche Revolution statt, die innerhalb der Geologie sich in einer neuen unbiblischen Sicht auf die Erdgeschichte äußerte. Erdgeschichte wurde zu einer "Entwicklungsgeschichte der Natur", die sich vermöge der Betrachtung der Gesteinsschichten (Siccar Point), vermöge Vulkanismus und (Platten-) Tektonik nicht nach Jahrtausenden, sondern nach Jahrmillionen bemaß. Für die neue Sichtweise spielten zudem Fossilien ("Figurensteine"), die Evolutionstheorie, die Frage nach einem Urgestein u.a. eine Rolle. [Buhlmann, 02.2016]

Hoffman, Bruce (1999), Terrorismus - der unerklärte Krieg (= bpb Schriftenreihe, Bd.551), Bonn 2007 > T Terrorismus

Hoffmann, Dirk W. (2013), Die Gödel'schen Unvollständigkeitssätze. Eine geführte Reise durch Kurt Gödels historischen Beweis, Berlin-Heidelberg 2013, 368 S., Schwarzweißabbildungen, € 29,99. Am Beginn des 20. Jahrhunderts befand sich die mathematische Forschung insofern in einer Krise, dass es vor dem Hintergrund der mathematisch-philosophischen Grundströmungen des Logizismus, Intuitionismus und Formalismus im Bereich der mathematischen Grundlagen (Logik, Mengenlehre, Unendlichkeiten und Kontinuumshypothese, Wohlordnungssatz) zu Widersprüchen (Cantorsche Antinomie, Russellsche Antinomie, Paradoxien) gekommen war. Die dagegen gesetzte, angestrebte axiomatische Methode eines David Hilbert (*1862-†1943), das "Hilbert-Programm" sollte scheitern, nicht zuletzt durch die Resultate, die der österreichische Mathematiker Kurt Gödel (*1906-†1978) 1930/31 in seinem Beitrag: Gödel, Kurt, Über formal unentscheidbare Sätze der Prinicipia Mathematica und verwandter Systeme, in: Monatshefte für Mathematik und Physik (1931), S.173-198 veröffentlichte. Gödel beschäftigte sich darin metamathematisch mit formalen Systemen (Kalkül als Menge von Axiomen mit deren Schlussregeln [Formeln, Theoremen]), deren (formaler) Beweisbarkeit und (inhaltlicher) Wahrheit, deren Widerspruchsfreiheit (Richtigkeit von einer Aussage oder von deren Gegenteil), Negationsvollständigkeit (ausgeschlossenes Drittes), Korrektheit (Beweisbarkeit = Wahrheit) und Vollständigkeit (Beweisbarkeit aller inhaltlich wahren Formeln). U.a. auf der Grundlage der Prinicipia Mathematica Alfred North Whiteheads (*1861-†1947) und Bertrand Russells (*1872-†1970) und der Axiome von Giuseppe Peano (*1858-†1932) entwickelte Gödel sein formales System P mit Axiomen und Schlussregeln (formale Beweise und Theoreme), einer Arithmetisierung der Syntax auf Grund der "Gödelisierung" von Formeln (Gödelnummern als natürliche Zahlen), den primitiv-rekursiven Funktionen, Relationen und Mengen und der Isomorphie zu den natürlichen Zahlen und dessen Mengensystem. Gödel bewies damit seine Unvollständigkeitssätze und wies damit der Mathematik ihre Grenzen auf. Danach ist jedes formale, die Mathematik hinreichend beschreibendes System, das widerspruchsfrei ist, negationsunvollständig (1. Gödelscher Unvollständigkeitssatz, Gödel-Rosser-Theorem 1931/36; Barkley Rosser [*1907-†1979]); weiter kann kein formales, die Mathematik hinreichend beschreibendes System seine Widerspruchsfreiheit nachweisen (2. Gödelscher Unvollständigkeitssatz 1931). Vgl. auch: Hofstadter, Douglas R., Gödel, Escher, Bach, ein Endloses Geflochtenes Band (= dtv 11436), München 1991, XVII, 844 S., Abbildungen, DM 29,80. [Buhlmann, 12.1991, 02.2015]

Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus (E.T.A.), deutscher Dichter: I. Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, geboren im ostpreußischen Königsberg am 24. Januar 1776, gestorben am 25. Juni 1822 in Berlin, schlug wie sein Vater nach Schule und Studium die Laufbahn eines Juristen in Diensten des preußischen Königreichs ein und brachte es darin bis zum Gerichtsassessor in Posen (1800-1802) und Gerichtsrat in Plock (1802-1804) und Warschau (1804-1806). Nach seinem durch die Franzosen (Frieden von Tilsit 1806) erzwungen-freiwilligen Austritt aus dem preußischen Staatsdienst versuchte Hoffmann, der musikalisch und schriftstellerisch begabt, auch ein begnadeter Karikaturist war, sich in einer Karriere als Künstler, die ihn als Kapellmeister bzw. Theaterdramaturg nach Bamberg brachte (1808-1814). In den preußischen Staatsdienst am Berliner Kammergericht zurückgekehrt (1814; Kammergerichtsrat 1816; Mitglied in der Immediatkommission 1819), wurde Hoffmann nun als Schriftsteller erfolgreich, wie seine in dieser Zeit veröffentlichten Werke zeigen. Nicht zuletzt dadurch geriet Hoffmann, der ab 1818 an einer fortschreitenden Lähmung erkrankte, ins Visier preußischer Konservativer, die in der Epoche der Restauration nach Französischer Revolution und napoleonischen Kriegen Hoffmann als politisch nicht zuverlässig einschätzten. Bevor es aber zu einer Entscheidung hinsichtlich der Entlassung Hoffmanns aus dem Staatsdienst kam, starb der Kammergerichtsrat und Schriftsteller am 25. Juni 1822 an seiner weit fortgeschrittenen Krankheit. II. An literarischen Werken seien genannt: Callots Manier (1814/15, Fantasiestücke), [Schwester Monika (1815, erotischer Roman, Zuordnung unsicher),] Die Elixiere des Teufels (1815/16, Roman), Nachtstücke (1816/17), Klein Zaches, genannt Zinnober (1819, Märchen), Die Serapionsbrüder (1819/21, Erzählungen), Lebensansichten des Katers Murr (1819/21, satyrischer Roman), Die Marquise de la Pivardiere (1820, Erzählung), Prinzessin Brambilla (1820, Erzählung), Die Irrungen (1820), Die Geheimnisse (1821), Die Doppeltgänger (1821), Der Elementargeist (1821, Erzählung), Meister Floh (1822, Märchen), Des Vetters Eckfenster (1822, Erzählung), Der Feind (1822, Fragment), an musikalischen erwähnt Werke der Vokal- und Instrumentalmusik sowie Opern.
Eine Auswahl aus den Werken Hoffmanns und deren Interpretation bieten: Hoffmann, E.T.A. (1808/09/22), Märchen und Erzählungen (= Bibliothek der Weltliteratur), Berlin-Weimar 21967, 667 S., M 9,30; Hoffmann, E.T.A. (1815/16), Die Elixiere des Teufels. Nachgelassene Papiere des Bruders Medardus, eines Kapuziners (= Die große Bibliothek der Weltliteratur), Gütersloh o.J., 352 S., Illustrationen, DM 9,80; Hoffmann, E.T.A. (1815/16), Die Elixiere des Teufels, [Villingen-Schwenningen] 2015, 409 S., € N.N.; Hoffmann, E.T.A. (1816), Nußknacker und Mäusekönig (= it 879), Frankfurt a.M. 1985, 133 S., Illustrationen, DM 12,-; Hoffmann, E.T.A. (1817), Der Sandmann, hg. v. Rudolf Drux (1991) (= RUB 230), Nachdruck Stuttgart 2005, 79 S. € 2,-, Nachdruck Stuttgart 2014, 79 S. € 2,- (Inhaltsangabe, Interpretation: I. Eingeleitet wird die Erzählung "Der Sandmann" durch drei Briefe von und an den Studenten Nathanael. Anstoß dazu ist das Zusammentreffen Nathanaels mit dem "Wetterglashändler" Coppola; Letzterer wird von Nathanael als der "Advokat" Coppelius identifiziert, der mit Nathanaels Vater alchemistische Experimente durch führte, wobei der Vater durch ein solches Experiment umkam, das Kind Nathanael wiederum in Coppelius den negativ konnotierten Sandmann sah. In der Folge der Begegnung mit Coppola steigert sich Nathanael in seine traumatischen Kindheitserfahrungen hinein, er entfremdet sich von seiner Verlobten Clara und deren Bruder Lothar und zieht nach dem Brand seiner Studentenwohnung um in das Haus seines Physikprofessors Spalanzani. Der hatte eine mechanische Puppe entwickelt, seine "Tochter" Olimpia. In den Automaten verliebt sich Nathanael, der sie mit einem von Coppola erworbenen Fernrohr beobachtet. Eine Auseinandersetzung zwischen Spalanzani und Coppola führt zum Diebstahl der Puppe durch den Letzteren, Olimpias herausgerissene "blutige" Augen treiben Nathanael in den Wahnsinn. Im Irrenhaus vom Wahnsinn genesen, kommt Nathanael wieder frei, versucht aber Clara vom Ratsturm der Stadt zu stürzen - Lothar verhindert dies - und stürzt sich selbst zu Tode, als er in der um den Turm mittlerweile zusammengekommenen Menschenmenge den "Advokaten" Coppelius erblickt. Dieser verschwindet nach dem Selbstmord, Clara soll später geheiratet und mit Mann und Kindern ein ruhiges bürgerliches Leben geführt haben. II. Ein Individuum, das "Grenzüberschreitungen" sucht, gerät in Konflikt zur Gesellschaft, entfremdet sich dieser, sprengt den "engen Lebensrahmen", das Korsett, in das die Gesellschaft es zwingt. Dies trifft (in Teilen) auf den Protagonisten des "Kunstmärchens" "Der Sandmann", den narzisstischen Studenten Nathaneal zu. Das "Nachtstück" thematisiert die Herausstellung des Individuums, die literarische Epoche der Romantik geht mit dieser Prosaerzählungen der Frage der Individualität des Menschseins nach, dargestellt am "Ausbruch" des Protagonisten aus der "bürgerlichen Gesellschaft" mit deren Konventionen und Einengungen. Dabei spielen Handlungsmotive wie das Augenmotiv [mythische Gestalt des "Sandmann", Augen der Olimpia, Perspektive = Fernrohre], das Verhältnis von Mensch und Maschine [Olimpia, die Tochter Spalanzanis] oder das Feuermotiv [Tod von Nathanaels Vater bei einem alchemistischen Experiment, Brand der Studentenwohnung Nathanaels], die eine fantastische Gegenwelt zur bürgerlichen Welt eröffen; der Wahnsinn und physische Selbstmord des Protagonisten sind letzte "Grenzüberschreitungen". Dem Text ist daher ein "psychoanalytischer" Ansatz zu Eigen, das Individuum wird vom Autor seziert, der Gegensatz Gesellschaft-Individuum bis zum "destruktiven", selbstzerstörerischen Ende ausgeführt, wie der Psychoanalytiker Erik Fromm in seiner "Anatomie menschlicher Destruktivität" [1973] ausführt. Ein Ausbrechen des Individuums aus der Gesellschaft kann nur selbstzerstörerisch sein. Das Individuum kann letztlich nur im Verbund mit der Gesellschaft existieren.); Hoffmann, E.T.A. (1817), Der Sandmann. Das öde Haus. Nachtstücke (= Hamburger Lesehefte 174), Husum 2005, 72 S., € N.N., Husum 2009, 72 S., € N.N.; Hoffmann, E.T.A. (1817/22), Gesammelte Werke, Köln 2015, 795 S., € N.N. (u.a. mit den Werken: Ritter Gluck, Don Juan, Der goldne Topf, Der Sandmann, Das öde Haus, Das steinerne Herz, Klein Zaches genannt Zinnober, Rat Krespel, Die Bergwerke zu Falun, Das Fräulein von Scuderi, Des Vetters Eckfenster); Hoffmann, E.T.A. (1819/21), Das Fräulein von Scuderi. Erzählung aus dem Zeitalter Ludwig des Vierzehnten (= RUB 25), Stuttgart 1970, 79 S., DM 1,-, Stuttgart 1972, 79 S., DM 1,20; Hoffmann, E.T.A. (1819/21), Das Fräulein von Scuderi. Erzählung aus dem Zeitalter Ludwig des Vierzehnten (= Hamburger Lesehefte 57), Husum o.J., 79 S., € N.N., Nachdruck Husum 2015, 79 S., € N.N.; E.T.A. Hoffmanns Werke: Tl.13: Klein-Zaches, genannt Zinnober; Prinzessin Barmbilla, Berlin o.J., 262 S., Tl.14: Meister Floh; Die Doppelgänger; Leiden eines Theaterdirektors, Berlin o.J., 342 S.; Neubauer, Martin (2005), E.T.A. Hoffmann: Der goldne Topf (= Reclam Lektüreschlüssel = RUB 15326), Stuttgart 2017, 73 S., € 4,- (Inhaltsangabe, Interpretation, Rezeption: I. Der tollpatschige Dresdner Student Anselmus, von seinen Freunden als zukünftiger Hofrat angesehen, entdeckt, nachdem er den Obstverkaufsstand einer alten Frau, des "bösen Äpfelweibs", umgerannt hat, am Elbufer unter einem Holunderstrauch drei grüngoldene Schlangen und verliebt sich eine von diesen. Von da an lebt er auch in einer Parallel-/Nebenwelt, wie sein seltsames Verhalten gegenüber Dresdner Bürgern oder auch im Haus des Konrektors Paulmann beim Kennenlernen mit dessen schöner Tochter Veronika zeigt. Nachdem Anselmus durch Vermittlung Paulmanns und des Registrators Heerbrand eine Stelle als Kopist von geheimnisvollen fremdsprachigen Texten beim Geheimen Archivar Lindhorst eingenommen hat, erfährt er, dass es sich bei der Schlange um Serpentina, die Tochter Lindhorsts, handelt; er erfährt von der phantastischen Herkunft Lindhorsts aus einem übernatürlichen Geschlecht von Salamandern, von dessen Kampf gegen das Böse, von dessen magischen Fähigkeiten als Zauberer. Es entwickelt sich zwischen Lindhorst und Anselmus ein Meister-Schüler-Verhältnis, während Veronika das "Äpfelweib" einschaltet, um die Liebe des Anselmus mittels einen magischen Metallspiegels zu gewinnen und letztendlich "Frau Hofrätin" zu werden. Anselmus verliebt sich in der Tat in Veronika. Infolgedessen ist er unaufmerksam beim Kopieren einer kostbaren Handschrift Lindhorsts, verschüttet Tinte und wird zur Strafe von Lindhorst in eine Kristallflasche verbannt. Hier sieht er andere Verbannte in anderen Flaschen und erlebt den Kampf um den goldenen Topf zwischen Lindhorst (Feuergeist, Erdgeist) mit seinem Papagei und dem "Äpfelweib" (Rauerin, Runkelrübe, weise Frau) mit seinem Kater; die Hexe wird besiegt, Lindhorst befreit Anselmus, dieser erkennt wieder seine wahre Liebe zu Serpentina. Veronika heiratet Heerbrand, der mittlerweile Hofrat geworden ist, und ist damit am Ziel ihrer Wünsche. Anselmus hingegen - so die Vision der Parallel-/Nebenwelt - lebt mit Serpentina auf einem Rittergut im Zauberland Atlantis. II. Das Märchen aus der neuen Zeit - so der Untertitel von Hoffmanns Der goldne Topf - ist eingeteilt in zwölf Vigilien ("Nachtwachen", Stundengebet), führt in fortlaufender Handlung ein in die Geschehnisse um den jungen Anselmus in der "realen", diesseitigen Welt Dresdens und der magisch-märchenhaften, jenseitigen Nebenwelt und durchschreitet dabei in der "realen" Welt einen (bürgerlichen) Zeitraum von Christi Himmelfahrt (Mai/Juni) bis zum Tag der heiligen Veronika (4. Februar). Die (magisch-rituelle) Aufteilung des Textes in Nachtwachen und die auf zwei Ebenen angesiedelte Handlung sind zudem ein Hinweis auf das zwiespältige, widersprüchliche Leben (Zerrissenheit) des Autors E.T.A. Hoffmann zwischen preußischer Verwaltung und schöpferischer Schriftstellerei. Die beiden Handlungsebenen der "Realität" und Magie unterscheiden sich in ihrer sprachlichen Gestaltung, die magische Ebene mit ihren formalen Gestaltungsmitteln (Alliterationen, Wiederholungen, Synästhesie) und ihrer Verwendung überlieferter Mythen (Drachenmotiv, Vier-Elemente-Lehre, Atlantis) lässt Raum für Vermutungen und Interpretationen. Verbindende Bezugspunkte zwischen "Realität" und Magie sind die Hauptpersonen des "neuen Märchens" Anselmus, Lindhorst und Veronika. Gerade Anselmus wird beschrieben als jemand, dessen Phantasie ihn in der "Realität" nicht zurechtfinden lassen will, als Künstler mit Abstand zur "Welt", der immer mehr in eine Isolation gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft Dresdens gerät. Hin- und hergerissen wird dabei Anselmus zwischen der diesseitigen Veronika und der jenseitigen Serpentina, die mal als Verführerinnen, mal als Erlöserinnen des Anselmus auftreten. Auf der Ebene von Anselmus' Psyche lässt sich - unter weitgehender Ausblendung der märchenhaften Erzählebene - sogar die sich steigernde Schizophrenie (Wahnsinn) des (von der Schlange verführten) Studenten mit schlussendlichem Selbstmord (als "Eintauchen in das versunkene Atlantis") konstatieren. So gesehen führt Veronika mit ihrem Spiegeltrick (Spiegelsymbolik) Anselmus zumindest zeitweise aus der Welt der Magie heraus. Sie ist es auch, die schließlich durch ihre Heirat mit Heerbrand ihr bürgerliches Glück erlangt, während Anselmus aus der "realen" Welt entschwindet. Der die Erzählebenen einbindenden Liebe (zwischen Anselmus und Veronika) wird im Goldnen Topf noch der (fundamentale) Kampf zwischen Gut und Böse zur Seite gestellt, den übernatürliche Mächte gegeneinander führen (weiße und schwarze Magie). Zu alldem passt, dass Hoffmanns Märchen auch politische Implikationen enthält (Epoche der nachnapoleonischen Restauration und Zeitpolitik, Entrücktheit von Macht und Herrschaft von den Menschen, Gesichtslosigkeit von Politik). Insgesamt stellt Der goldne Topf - typisch für die romantische Literatur mit ihrer Dichotomie von erfahrbarer Alltagsrealität und nicht mit alltäglichen Mitteln erfahrbarer Phantasiewelt - der (bürgerlichen) Vernunft der Aufklärung das Magische und Märchenhafte der Romantik entgegen und reagiert damit auf die massiven gesellschaftlichen und politischen Veränderungen in der Zeit des Übergangs von der frühen Neuzeit zur Moderne. III. Rezipiert wurde Der goldne Topf wie allgemein die Werke des "Gespensterhoffmann" im 19. Jahrhundert nur wenig. Johann Wolfgang Goethe konnte mit Hoffmans romantischen Märchen und Erzählungen nichts anfangen. Dagegen waren die Werke Hoffmanns im Ausland, insbesondere in Frankreich erfolgreich (Übersetzungen, Oper "Hoffmanns Erzählungen"). In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts erfuhr der Schriftsteller Hoffmann auch im deutschen Sprachraum zunehmend Anerkennung. (Opernbearbeitungen des Goldnen Topfs, 1941, 1945, 1989; Peter Henisch, Hoffmanns Erzählungen, 1983; Henning Boétius, Undines Tod, 1997; Kölner Theateraufführung des Goldnen Topfs, 2000).). [Buhlmann, 1972, 06.2018, 01.2019, 12.2020, 02.2022, 05.2022, 07.2022, 10.2022, 02.2023, 08.2023]

Hoffmann, Hartmut (1972), Zur Geschichte Ottos des Großen, in: DA 28 (1972), S.42-73 > O Otto I.

Hoffmann, Hartmut (1990), Grafschaften in Bischofshand, in: DA 46 (1990), S.375-480. I. In der ottonisch-salischen Reichskirche des ostfränkisch-deutschen Reiches (10./11. Jahrhundert) ist es des Öfteren zur Vergabe von Grafschaften an Bischöfe bzw. Reichsäbte/Reichsäbtissinnen gekommen. Zu nennen sind diesbezüglich: Bistum Bamberg (comitatus [u.a. Radenzgau], 1007?, 1034), Bistum Basel (Augst-, Sisgau, 1041), Erzbistum Bremen (Fivelgo, Hunsingo, 1057; Emsgau u.a., 1063), Bistum Brixen (Eisack-/Inntal, 1027), Bistum Cambrai (Cambrai-Grafschaft, 1007), Bistum Chur (Bergell, 960), Kloster Fulda (Stoddenstat, 1002/24; Netra, 1025; Maelstat, 1043), Stift Gandersheim (Erigau, Flenithigau, Friethenigau, Gandesemigau, Greenegau, Wenzigau, 1021); Bodenburg, 12. Jahrhundert; Werder, 12. Jahrhundert), Bistum Halberstadt (Derlingau, Nordthüringgau, 1052, 1063), Bistum Hildesheim (Ostfalengau, 983/1002?, 1013; Derlingau, Nordthüringgau, Ostfalengau [Leinegrafschaften], 1051, 1069; Valedungon, 1068, Harzgau, Ostfalengau, 1069), Erzbistum Köln (Kölngau, 10/11. Jahrhundert; comitatus, 1122, 1148), Bistum Lüttich (Huy, 985; Brunengerunz 987; Haspinga, 1040; Lustin, 1070; Hennegau, Valenciennes, 1071), Erzbistum Magdeburg (Mulde-Grafschaft, 983/1002), Erzbistum Mainz (Cluuinga, 1033; Hessen/Maden, 12. Jahrhundert?; Rheingau, v.1124), Bistum Naumburg (Buttelstedt, Flurstedt, Vippach, 1052), Bistum Paderborn (Augau, Padergau u.a., 10. Jahrhundert, 2. Hälfte, 1001; "Streugrafschaft" des Grafen Hahold, 1011; Hessiga, Netga, Nihterga, 1021; Augau, Hessengau, Nethegau, 1032), Kloster St. Ghislain (Basècles, 1040), Bistum Speyer (Forchheim/Ufgau, Lußhardt, 1086), Bistum Straßburg (Breisgau, 1077), Bistum Toul (Toul-Grafschaft, 927?, 973?, v.1052), Bistum Trient (Trient-Grafschaft, 1002/24?, 1027; Bozen, Vintschgau, 1027), Erzbistum Trier (Einrichgau, 1039, 1051), Bistum Utrecht (Drenthe, 1024, 1025, 1057; Teisterbant, 1026; Agridiogensis/Umbalaha, 1042; Westflinge, 1064; Staveren, 1077; Friesland, 1086), Bistum Verdun (Verdun-Grafschaft, 990/1002), Bistum Worms (Lobdengau, 1011, 1026; Wingarteiba, 1011, 1026), Bistum Würzburg (Rangau, Waldsassen, 1000; Bessungen, 1013). II. Die Schenkungen der ostfränkisch-deutschen Könige und Kaiser betrafen verschiedenartige Grafschaften: von Gauen (als mittelalterliche Siedlungseinheiten) umfassenden Grafschaften bis hin zu Kleingrafschaften oder den Bannimmunitäten (Immunitätsbezirke). So wurden vergeben: Kleinstgrafschaften als Bannbezirke kirchlicher Güterkomplexe; größere und große Grafschaften als Komitate, die in der Hand weltlicher Grafen verblieben, wodurch Letztere eine Lehnsbindung zum Bischof aufbauten; Grafschaften, die in kirchliche Verwaltung über- und letztlich in die bischöfliche Landesherrschaft aufgingen. Grafschaftsschenkungen wurden dabei mit adliger Unterstützung und auch mit Unterstützung der Grafen selbst vorgenommen; im Investiturstreit (1075-1122) konnten die (Lehns-) Beziehungen zwischen Grafen und Bischöfen untergehen, im späten Mittelalter gerade diese Beziehungen zur Einbindung gräflich-laienadliger Familien in die geistlichen Territorien führen. [Buhlmann, 09.2018]

Hoffmann, Paul, Heil, Christoph (Hg.) (2002), Die Spruchquelle Q. Griechisch und Deutsch, Darmstadt 2002, 185 S., € 1,-. Im Rahmen des Neuen Testaments der christlichen Bibel sind Logien-/Spruchquelle Q und Markusevangelium die Quellen aus denen auch das Matthäus- und Lukasevangelium schöpfen. Die griechisch überlieferte Spruchquelle steht dabei für die judenchristlichen Anfänge christlichen Glaubens und ist als älteste urchristlich-palästinensische Überlieferung zu Jesus Christus dem Markus- und Thomasevangelium zur Seite zu stellen. Die Spruchquelle ist vor dem Hintergrund von Heilsgeschichte, Eschatologie und Parusie eine Sammlung von Aussprüchen Jesu. [Buhlmann, 05.2016]

Hofmann, Dagmar (2018), Griechische Weltgeschichte auf Latein. Iustins "Epitoma historiarum Pompei Trogi" und die Geschichtskonzeption des Pompeius Trogus (= Hermes Einzelschriften, Bd.114), Stuttgart 2018, 456 S., Tabellen, Karten, € 69,-. I. Pompeius Trogus (um Christi Geburt) schrieb in augusteischer Zeit eine auf Latein verfasste Weltgeschichte mit Schwerpunkt auf der griechischen Geschichte. Diese Historiae Philippicae unterteilte sich in 44 Bücher und befasste sich besonders mit dem Makedonenreich und den hellenistischen Staaten der griechischen Antike. Das Werk des Trogus hat damit den griechisch beeinflussten orbis terrarum als Gegenstand und Gesamtkonzept, während weitergehende Folgerungen (translatio imperii, Romkritik) nicht greifen. II. Die Weltgeschichte des Pompeius Trogus selbst ist - neben den sog. Prologi historiarum Philippicarum Pompei Trogi - nur noch in einer lateinischen Epitome ("Zusammenfassung") des Marcus Iunianus Iustinus überliefert. Die Epitome stammt wahrscheinlich aus dem 4. Jahrhundert, d.h. aus der Hochzeit der spätantiken Epitomai und Brevarien als Geschichtsabrisse im Rahmen von römischer Bildung und Rhetorik. Gemäß der Einleitung der Epitome wählte Iustin eigenständig aus dem Werk des Trogus diejenigen Passagen aus, die Belehrung und Unterhaltung versprachen, wobei das Öffentliche und Politische bei Trogus in ein familiär-persönlich-privates Umfeld gerät, wie nicht zuletzt den von Iustin überlieferten Ursprungsmythen (origines) zu entnehmen ist. Der Epitomator setzte damit eigene Schwerpunkte, die sich sehr wohl von denen des Trogus unterscheiden. III. Die Prologi historiarum Philippicarum Pompei Trogi sind wahrscheinlich unabhängig von der Epitome Justins entstanden und datieren ebenso wahrscheinlich ins 3. bis 5. Jahrhundert. Die lateinischen Prologi bieten Inhaltsangaben zu den 44 Büchern der Weltgeschichte des Pompeius Trogus. Vgl. noch: Pompeius Trogus, Weltgeschichte von den Anfängen bis Augustus (im Auszug des Justin), übers. v. Otto Seel (1972) (= BdAW RR), Zürich-München 1972, 599 S., DM 75,-. > Lateinische Literatur > I Iustin, P Pompeius Trogus, Prologi historiarum Philippicarum Pompei Trogi [Buhlmann, 08.2019]

Hofmann, Joseph Ehrenfried (1953), Geschichte der Mathematik, Tl.1: Von den Anfängen bis zum Auftreten von Fermat und Descartes (= SG 226), Berlin 1953 > S Stillwell, Mathematics

Hofmann, Kerstin P., Kamp, Hermann, Wemhoff, Matthias (Hg.) (2014), Die Wikinger und das Fränkische Reich. Identitäten zwischen Konfrontation und Annäherung (= MS 29), Paderborn 2014, 363 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 12,95. I. Hogbacks sind aus der Wikingerzeit der britischen Inseln (9./10. Jahrhundert) stammende Steindenkmäler als "materieller Niederschlag einer Migration"sbewegung von Skandinaviern ins angelsächsische England (Danelag u.a.), als Identitäten und Machtansprüche herausstellende (u.U. synkretistische) Monumente der Erinnerung (Kerstin P. Hofmann, Akkulturation und Konstituierung von Identitäten. Einige theoretische Überlegungen anhand des Fallbeispieles der hogbacks). II. Ein Bündel von Ursachen für die Wikingerzüge und -invasionen des frühen Mittelalters lässt sich ausmachen: a) Voraussetzungen: technischer Vorsprung der Wikinger im Schiffsbau, Bevorzugung des Erstgeborenen bei der Erbschaft und Karriere der Nachgeborenen in kriegerischen Gefolgschaften, kriegerischer Lebensstil der Gefolgschaftsführer und Todesverachtung der Wikingerkrieger, Handelskontakte und Handelswaren; b) Gründe: Tradition der (vor-) wikingerzeitlichen Piraterie, (eisenzeitliche) Tradition der Nord-Süd-Migration, politische Faktoren (instabile Verhältnisse in Dänemark, Expansion des karolingischen Frankenreichs), kirchlich-missionarische Faktoren (gewaltsame Sachsenmission), ungleiche Verteilung des Reichtums (zwischen Skandinavien und dem Frankenreich) (Rudolf Simek, Die Gründe für den Ausbruch der Wikingerzüge und das fränkische Reich). III. Die von frühmittelalterlichen Kirchenmännern verfassten Geschichtsquellen zu den Wikingern lassen ein mit Topoi (Herkunft aus dem heidnischen Norden, Beutegier, Grausamkeit, Hinterlist, Unzuverlässigkeit) unterlegtes Feindbild der Piraten, Invasoren und Plünderer erkennen, die die Franken als eine gens ["Volk] ansahen, die auf die Franken als Geißel Gottes wirkten und denen mit Misstrauen in Zusammenhang mit Bündnissen und christlichen Bekehrungen (von Wikingerführern) begegnet wurde. Umgekehrt wirkte das von den Franken entwickelte Feindbild der Wikinger auch auf die Wikinger bzw. Normannen und deren Eigenbild zurück, das in der Folge des Glaubenswechsels vom Heiden- und Christentum zunehmend positiv besetzt war, in dem sich die Normannen als christliche gens unter fürstlicher Führung wiederfanden und in dem die Wildheit normannischer Vorfahren nurmehr als literarischer Topos auftritt (Alehydis Plassmann, Die Wirkmächtigkeit von Feindbildern - Die Wikinger in den fränkischen und westfränkischen Quellen). IV. Altdänische adlige Prunkgräber des 9. und frühen 10. Jahrhunderts zeichnen sich dadurch aus, dass zum Grabinventar männlicher Verstorbener auch Gegenstände (Schwerter, Beschläge, Schnallen, Fibeln) aus dem Frankenreich bzw. von den britischen Inseln gehören, die als "Zeichen hohen Rangs" und adliger Repräsentation zu gelten haben (Birgit Maixner, Die Begegnung mit dem Süden: Fränkische Rangzeichen und ihre Rezeption im wikingerzeitlichen Skandinavien). V. Nicht zuletzt die (Fern-) Handelsbeziehungen zwischen Frankenreich und Skandinavien (Emporien [Dorestad, Haithabu, Quentovic, Ribe, Rouen]) werden sichtbar am Umlauf karolingerzeitlicher Münzen (Phasen: 670/75-793/94, 793/94-814, 814-840; Silber- und Goldprägung) (neben angelsächsischen Münzen), die Vorbild für skandinavische Münzen wurden (Haithabu: Nachprägung von Denaren Karls des Großen aus Dorestad [825-10. Jahrhundert, Ende; weite Verbreitung der Imitationen]; Imitationen von Munus Divinum-Denaren Ludwigs des Frommen [n. 9. Jahrhundert, Mitte]) (Volker Hilberg, Zwischen Innovation und Tradition. Der karolingische Einfluss auf das Münzwesen in Skandinavien). VI. Die (Handels-) Beziehungen zwischen dem wikingerzeitlichen Skandinavien und Osteuropa (Waräger) und dem mittelasiatischen, weitgehend islamisch geprägten Raum sind ablesbar am Auftreten islamischer Dirhems und zusammenklappbarer Waagen in Skandinavien im Rahmen der mit der wikingischen Gewichtsgeldwirtschaft; den wirtschaftlichen Fernbeziehungen folgten zumindest ansatzweise kulturelle und religiöse Beeinflussungen des skandinavischen Raums u.a. durch die griechisch-orthodoxe Kirche Byzanz' (Haithabu, Island) bei auch vielfacher islamischer Durchdringung Mittelasiens (Bulgaren) (Heiko Steuer, Mittelasien und der wikingerzeitliche Norden). VII. Vorchristliche Religionsausübung im frühmittelalterlichen Skandinavien lässt sich erkennen an Kult- und Ritualplätzen (Järrestad, Lærkefryd, Lilla Ullevi, Lund, Tissø, Trelleborg) sowie die Rolle der Eliten bei religiösen Ritualen und deren Organisation (Rituale: blot, Gebräuche; forn sidr; Religionskontrolle). Dabei vollzog sich der Übergang zum Christentum ab dem beginnenden 9. Jahrhundert über einen langen Zeitraum, aber immer unter Mitwirkung der jeweiligen Eliten (Lars Jørgensen, Norse Religion and Ritual Sites in Scandinavia in the 6th-11th Century). VIII. Das Nebeneinander von heidnischer und christlicher Religion (ca.800-ca.1200) ging zu Gunsten des Christentums aus, weil u.a. Letzteres den Gläubigen Hoffnung auf Erlösung bot und über eine größere (zentralisierte) Organisiertheit verfügte (Jens Peter Schjødt, Paganism and Christianity in the North. Two Religions - Two Modes of Religiosity). IX. Das ostjütländische Jelling verfügte im 10. Jahrhundert über einen "einzigartigen" architektonischen Riesenkomplex aus Königshof, (Nord-, Süd-) Hügel, Holzpalisade, Schiffssetzungen, Kirche und Königsgräbern, das der dänische König Harald Blauzahn (ca.950-986) - wie auch einem von ihm um 965 in Jelling aufgestellten Runenstein zu entnehmen ist (Verweis auf Haralds Eltern Gorm und Thyra) - nutzte, "Königsmacht und Herrschertum" zu demonstrieren in Zusammenhang mit der Christianisierung und Einigung Dänemarks (westliches, östliches Dänemark) (Anne Pedersen, Jelling im 10. Jahrhundert - Alte Thesen, neue Ergebnisse). X. Die Glaubenswechsel hin zum Christentum im sich hauptsächlich im 10./11. Jahrhundert ausbildenden Königreich Dänemark ist u.a. archäologisch ablesbar, wie die kreissymmetrischen Burganlagen vom Trelleborgtyp, (christliche) Runensteine (Runenstein König Harald Blauzahns, Runensteine mit christlichem Kreuz), christliche Schreine (Bamberger, Camminer Schrein) oder Münzen (Golgatha-Ikonografie von Münzen Harald Blauzahns), Hiddenseeanhänger, Kreuzanhänger, Thorshämmer zeigen. Mit der Christianisierung einher gingen einher ein gesellschaftlich-wirtschaftlicher Wandel und ein politischer Wandel in der Herrschaftsstruktur, die insbesondere beim Königtum zu einem Machtzuwachs führte (Sieg Haralds über den norwegischen König Hakon I. [935-961] 961; Kämpfe Haralds gegen Kaiser Otto II. [973-983] und zeitweilige Besetzung Haithabus durch den Kaiser [974/83]) (Jörn Staecker, Der Glaubenswechsel im Norden - Die Neukonzeptionalisierung Dänemarks unter König Harald Blauzahn). [Buhlmann, 04.2020]

Hofmann, Wilhelm (1954), Adel und Landesherren im nördlichen Schwarzwald (von der Mitte des 14. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts). Mit einem Exkurs: Decker-Hauff, Hansmartin (1954), Strubenhart und die Schöner von Straubenhardt (= DWG 40), Stuttgart 1954, X, 128 S., Stammtafeln, Kartenbeilagen, DM N.N. I. Das Gebiet um Enz und Pfinz zwischen nördlichem Schwarzwald und Kraichgau wurde im frühen und hohen Mittelalter von Besiedlung und Siedlungsausbau erfasst (Muschelkalk-Bundsandstein-Gebiet; Haufendörfer, Waldhufendörfer; frühmittelalterliche -ingen-Orte [Brötzingen, Dietlingen, Ellmendingen], Ort auf -hausen, -feld und -bach -> Besiedlung von Norden nach Süden; kirchliche Einteilung und Pfarreien [Martinskirche in Brötzingen, Michaelskirche in Gräfenhausen, Rudmersbach]). Schriftliche Geschichtsquellen zeigen für das 12. Jahrhundert Schenkungen an das Kloster Hirsau und damit Einflüsse der Grafen von Calw (mit der Seitenlinie der Grafen von Vaihingen), weiter Besitz des Klosters Herrenalb und der Grafen von Eberstein sowie der Grafen von Katzenellnbogen. Im späteren Mittelalter waren für das Enz-Pfinz-Gebiet sehr bedeutsam die Herren von Straubenhart im Gefolge der Grafen von Eberstein und die Straubenharter Nebenlinie der Herren von Schmalenstein. Bis zur württembergisch-ebersteinischen Fehde (1367-1374; Überfall auf Graf Eberhard II. von Württemberg [1344-1392] in Wildbad 1367, Reichsacht Kaiser Karls IV. [1346-1378] 1368, württembergisch-badische "Richtung" Karls IV. 1370, Öffnungsvertrage für die Burg Straubenhart 1370/74) verfügten Straubenharter und Schmalensteiner im Raum um Enz und Pfinz über großen Einfluss. Die Fehde führte hingegen letztlich zur Auflösung der Schmalensteiner Herrschaft (Verkäufe von Herrschaftsteilen 1382, 1411, 1413, 1435; württembergische Lehnsherrschaft 1414; Remchinger Lehngut 1446) und zum Ende der Straubenharter Herrschaft (Tod des Hans von Straubenhart v.1442, Verkäufe an Württemberg). In die besitz- und herrschaftsrechtlichen Positionen der Straubenharter und Schmalensteiner traten bis spätestens zur Mitte des 15. Jahrhunderts die Landesherren der Territorien Württemberg und Baden. Ihnen gelang die Einbeziehung des Enz-Pfinz-Gebiets in ihre Landesherrschaften durch Kauf und Übernahme der Herrschaftsrechte niederadliger (Ritter-) Familien (Zwing und Bann, Vogtei, Grundherrschaft, Dorfherrschaft einschließlich der Nieder- und Hochgerichtsbarkeit). Württemberg und Baden intensivierten in den Jahrzehnten an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert noch ihre Herrschaft; ein Austausch von Gütern und Rechten zwischen beiden Territorien gehört in die Jahre 1527/28 (Tauschvertrag). Zum Jahr 1527 stellt sich der Besitzstand im Enz-Pfinz-Gebiet wie folgt dar: Markgrafschaft Baden: Ortsherrschaft in Dennach (tw.), Dietlingen (tw.), Dobel (tw.), Ellmendingen, Langenalb, Oberniebelsbach (tw.), Pfinz (tw.), Rudmersbach (tw.), Schwann (tw.), Weiler (tw.), Grundherrschaft (tw.) dort und in Conweiler, Gräfenhausen, Obernhausen, Unterniebelsbach, Kirchenpatronat und Zehntanteile u.a. in Dietlingen, Gräfenhausen (tw.), Feldrennach (tw.), Ottenhausen (tw.), Rudmersbach (tw.); Grafschaft/Herzogtum Württemberg: Ortsherrschaft in Arnbach, Birkenfeld, Conweiler, Dennach (tw.), Dietlingen (tw.), Dobel (tw.), Gräfenhausen, Obernhausen, Oberniebelsbach (tw.), Ottenhausen, Rudmersbach (tw.), Schwann (tw.), Grundherrschaft (tw.) dort, Kirchenpatronat und Zehnte u.a. in Birkenfeld, Brötzingen, Feldrennach (tw.), Gräfenhausen (tw.), Oberniebelsbach (tw.), Ottenhausen (tw.), Rudmersbach (tw.), Schwann (tw.); niederadlige Schöner von Straubenhart: Ortsherrschaft (tw.) in Dennach, Dobel, Oberniebelsbach, Pfinz, Rudmersbach, Schwann, Weiler, Grundherrschaft (tw.) dort und in Langenalb, Kirchenpatronat (tw.) in Weiler, Zehnte (tw.) in Arnbach, Conweiler, Dennach, Dobel, Langenalb, Neusatz, Obernhausen, Pfinz; Kloster Herrenalb: Ortsherrschaft in Ittersbach, Neusatz, Rotenseol, Grundherrschaft dort und in Dobel (tw.), Kirchenpatronat in Ittersbach, Zehnte in Brötzingen (tw.), Birkenfeld (tw.), Ellmendingen (tw.), Ittersbach, Rotensol (tw.), Weiler; Kloster Frauenalb: Ortsherrschaft in Unterniebelsbach, Grundherrschaft (tw.) dort und in Conweiler, Feldrennach, Neusatz, Ottenhausen, Rudmersbach, Zehnte (tw.) in Ittersbach, Unterniebelsbach; Frauenkloster Pforzheim: Ortsherrschaft in Brötzingen, Grundherrschaft (tw.) dort und in Gräfenhausen, Zehnte (tw.) in Birkenfeld, Brötzingen, Weiler; Kloster Hirsau: Kirchenpatronat in Ellmendingen, Zehnte (tw.) in Ellmendingen und Weiler (tw. = teilweise). Zu den herrschaftlichen Rechten gehörten Wald- und Jagdgerechtigkeit (Waldgerechtigkeit als Holzgerechtigkeit [Holzeinschlag], Zufahrtsrecht, Holzgericht, Weiderecht; Jagdgerechtigkeit der Markgrafen von Baden und der Grafen von Württemberg [in zwei mittelalterlichen Jagdbezirken]), die Fischerei (Fischwasser), Geleit und Zoll (territoriale Überschneidungen beim Geleitsrecht [1472, 1516]; Neuenbürg als württembergische Zollstelle [Floßzoll, Wegzoll]). II. Das Gebiet zwischen dem Unterlauf der Nagold, der Enz und dem Hagenschießwald ist gekennzeichnet durch das Altsiedelland um Brötzingen und Pforzheim und durch das im Mittelalter neu erschlossene Gebiet des Strohgäus unter Ausschluss des Hagenschießes (Muschelkalk-Bundsandstein-Gebiet; -ingen/-heim-Ortsnamen des Altsiedellandes [Brötzingen, Heimsheim, Pforzheim], Rodungsorte [Hamberg, Hohenwart, Huchenfeld, Schellbronn]; Brötzingen und Merklingen als Urpfarreien; Heerstraße Cannstatt-Pforzheim). Im umschriebenen Raum hatten im hohen Mittelalter das Kloster Hirsau und die Grafen von Calw (bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts), dann (ab der Mitte des 12. Jahrhunderts) die Tübinger Pfalzgrafen und die Herren von Heimsheim Einfluss, Letztere besonders im Glemsgau; im Jahr 1263 stand Merklingen unter der Herrschaft des Grafen Gottfried [III.] von Calw. Die Herren von Steinegg (nachweisbar bis 1196) traten als dritte politische Kraft im Gebiet an unterer Nagold und Enz in Erscheinung; in deren Nachfolge wird seit dem beginnenden 14. Jahrhundert die Herrschaft der Herren von Stein zu Steinegg erkennbar (Steinegg, Heimsheim). Daneben sind im nördlichen Teil des betrachteten Gebiets die Herren von Kräheneck (11./12. Jahrhundert) und die Herren von Weißenstein (ab 1240) nachweisbar (Feldzug König Rudolfs I. [1273-1291] gegen Markgraf Rudolf I. von Baden [1242-1288] 1274). Die Herrn von Gemmingen (im Kraichgau) schließlich etablierten sich herrschaftlich-politisch durch Übernahme von Herrschaftsteilen der Herren von Stein zu Steinegg (1407) im Bereich des Hagenschießes, zudem u.a. in Heimsheim und Steinegg (1424/25). Den Gemmingern der Hagenschießer Linie gelang es im Verlauf des 15. Jahrhunderts und trotz der zollerisch-württembergisch-gemmingischen Fehde (1437-1440), den Raum an unterer Nagold, Enz und Hagenschieß weitgehend unter ihre Herrschaft zu bringen; die Auftragung (Verkauf) von Teilen des gemmingischen Besitzes als Lehen der badischen Markgrafen im Jahr 1439 hat dabei zweifelsohne die gemmingische Herrschaft (gegen württembergische Einflüsse) stabilisieren können. Als gemmingisches Gebiet können dann u.a. laut einem Lagerbuch von 1515 gelten: die Orte Büchenbronn, Dennjecht, Friolzheim, Hamberg, Hohenwart, Huchenfeld, Lehningen, Monakam, Mühlhausen, Münklingen, Neuhausen, Reichenbach, Schellbronn, Steinegg, Tiefenbronn, Weißenstein; das Dorf Friolzheim gelangte 1461 durch Verkauf an das Kloster Hirsau, in Heimheim dominierten die Grafschaft Württemberg und die Markgrafschaft Baden. Zu den Herrschaftsrechten der Gemminger gehörten Waldgerechtigkeiten, die Jagdgerechtigkeit um Heimsheim und Steinegg, das badische Fischrecht in der Würm, badisches Geleit im Gemminger Gebiet, der badische Zoll in Unterreichenbach. III. Das 14. und 15. Jahrhundert sah das Vordringen der großen Landesherrschaften von Baden und Württemberg im Raum am nördlichen Schwarzwald. Der (Nieder-) Adel hatte diesem Vordringen fürstlicher Macht wenig entgegenzusetzen (Schleglerkrieg 1395), (nieder-) adlige Herrschaften und Herren wurde in dei fürstlichen Territorien einbezogen (niederadlige Vögte als Vorsteher von Amtsbezirken, niederadlige Räte des Landesherrn; Bedeutung der Orts- und Grundherrschaft in den Siedlungen, von Kirchenpatronat und Klosterbesitz in den Dörfern). Es entstand somit im Pfinz-Enz- und Nagold-Enz-Gebiet im Zeitraum zwischen 1350 und 1530 eine württembergisch-badische Grenze, wie nicht zuletzt der Austausch von badischen und württembergischen Besitzungen und Rechten im Vertrag von 1527/28 zeigt. [Buhlmann, 03.2017]

Hofmannsthal, Hugo von, österreichischer Schriftsteller: Hugo (Laurenz August Hofmann) von Hofmannsthal (*1874-†1929), als Einzelkind zunächst von Privatlehrern erzogen, dann Schüler am Akademischen Gymnasium in Wien, Abitur (1892), abgebrochenes Jurastudium, Studium der französischen Philologie, abgeschlossen mit Promotion (1898), danach Habilitation (1900), entschied sich 1901 für die freie Schriftstellerei. Tatsächlich prägte Hofmannsthal mit seinen Prosaschriften und lyrischen Texten die sog. Wiener Moderne der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. U.a. verfasste Hofmannsthal: Hofmannsthal, Hugo von (1891/97), Lyrische Dramen, hg. v. Mathias Mayer (2000) (= RUB 18034), Nachdruck Stuttgart 2004, 216 S., € 5,10 (enthaltend: Gestern, Der Tod des Tizian, Der Tor und der Tod, Die Frau im Fenster, Das kleine Welttheater oder Die Glückseligen, Der weiße Fächer, Der Kaiser die Hexe); Hofmannsthal, Hugo von (1893/1927), Der Brief des Lord Chandos. Schriften zur Literatur, Kultur und Geschichte, hg. v. Andreas Thomasberger (= RUB 18038), Stuttgart 2000, 268 S., € 6,- (enthaltend: Algernon Charles Swinburne, Das Tagebuch eines jungen Mädchens, Gabriele d'Annunzio, Poesie und Leben, Bildlicher Ausdruck, Ein Brief, Über Charaktere in Roman und Drama, Über Gedichte, Die Bühne als Traumbild, "Der begrabene Gott", Der Dichter und diese Zeit, Honoré de Balzac, Goethes "West-östlicher Diwan", Raoul Richter, 1896, Maria Theresia. Zur zweihundertsten Wiederkehr ihres Geburtstages, Festspiele in Salzburg, Drei kleine Betrachtungen, Zweiter Brief aus Wien, Eugen O'Neill, Biographie, Das Schriftum als geistiger Raum der Nation). [Buhlmann, 10.2020]

Hofmeister, A[dolf] (1915), Das Wormser Konkordat. Zum Streit um seine Bedeutung (= Libelli 89), Darmstadt 1962 > I Investiturstreit

Hofmeister, Adolf (1918), Die Annalen von St. Georgen auf dem Schwarzwald, in: ZGO 72 (1918), S.31-57 > S St. Georgen im Schwarzwald

Hofmiller, Josef (1946), Wege zu Goethe, Nachdruck Hamburg 1949 > G Goethe, Johann Wolfgang

Hofstadter, Douglas R., Gödel, Escher, Bach, ein Endloses Geflochtenes Band (= dtv 11436), München 1991 > H Hoffmann, Gödel'sche Unvollständigkeitssätze

Hogben, Lancelot (1960), Die Welt der Mathematik (= Hausbuch des Wissens in Bildern, Bd.6), Klagenfurt 1970 > S Stillwell, Mathematics

Hoggenmüller, Klaus, Hug, Wolfgang (1987), Die Leute auf dem Wald. Alltagsgeschichte des Schwarzwalds zwischen bäuerlicher Tradition und industrieller Entwicklung, Stuttgart 1987 > S Schwarzwald

Hohenberg, Grafen von, südwestdeutsche hoch- bis spätmittelalterliche Adelsfamilie: Die Hohenberger waren eine Seitenlinie der Grafen von Zollern mit Herrschaftsschwerpunkt zwischen Schömberg und Spaichingen (ab der Mitte des 11. Jahrhunderts), dann um Haigerloch, Rottenburg und Nagold (12./13. Jahrhundert; Nachfolge der ausgestorbenen Grafen von Haigerloch-Wiesneck und der Herren von Hirrlingen), schließlich auch um Oberndorf. Das Kerngebiet der Grafschaft Hohenberg hatte sich dadurch an den Neckar verlagert, 1237/45 gründete Graf Burkhard (1237-1253) in Kirchberg bei Sulz ein Dominikanerinnenkloster, das Hauskloster der Hohenberger. Um 1280 wurde von Graf Albrecht II. (1258-1298) die Stadt Rottenburg zum Herrschafts- und Verwaltungsmittelpunkt ausgebaut. Im Bereich des nordöstlichen Schwarzwalds waren die Hohenberger am Oberlauf der Nagold politisch stark vertreten, wo sie Landesausbau betrieben. Zum gräflichen Territorium gehörte eine Reihe von Städten wie Altensteig, Dornstet-ten, Haigerloch, Horb, Nagold, Nusplingen, Schömberg oder Wildberg. Neben dem Rottenburger Zweig etablierten sich im Verlauf der 2. Hälfte des 13. und 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts noch eine Nagolder und eine Wildberger Linie. Am 26. Oktober 1381 verkaufte Graf Rudolf III. (1338-1389) sein Territorium an die habsburgischen Herzöge von Österreich für 66000 Gulden.
Zur Grafschaft Hohenberg sind anzuführen das Urkundenbuch: Schmid, L[udwig Karl] (Hg.) (1862), Monumenta Hohenbergica. Urkundenbuch zur Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg und ihrer Grafschaft, Stuttgart 1862, V, 952 S., Siegelbilder, folgende Darstellungen: Rüth, Bernhard, Zekorn, Andreas (Hg.) (2001), Graf Albrecht II. und die Grafschaft Hohenberg, Tübingen 2001, 121 S., Abbildungen, DM 34,-; Theil, Bernhard (Hg.) ([1981]), Rottenburg und die österreichische Grafschaft Hohenberg 1381-1981 (= Austellungskatalog), o.O. [1981], 95 S., Abbildungen, Karten, € 5,-. [Buhlmann, 11.2001, 03.2006, 02.2018]

Hohkamp, Michaela (1998), Herrschaft in der Herrschaft. Die vorderösterreichische Obervogtei Triberg von 1737 bis 1780 (= MPIG 142), Göttingen 1998, 283 S., DM 62,-. Seit dem 13. Jahrhundert bildete sich die Herrschaft Triberg im mittleren Schwarzwald u.a. an der Straße vom Kinzigtal über Hornberg nach Villingen heraus. Herrschaftsträger waren die Herren von Ellerbach aus (Alt-) Hornberg, die Herrschaft Triberg war die obere Hornberger Herrschaft, entstanden aus einer Herrschaftsteilung am Beginn des 13. Jahrhunderts. Die Herren von Triberg starben mit Burkhard III. (†1325) aus. Zwischen 1325 und 1355 war die Herrschaft im Besitz der Grafen von Hohenberg. Danach wurde Triberg vorderösterreichisch, 1380 in eine Niedere und Obere Herrschaft geteilt und an verschiedene Pfandherren verpfändet. 1442 wurde die Teilung aufgehoben, die Verpfändung blieb aber weiter bestehen. U.a. waren das Kloster St. Georgen im Schwarzwald und die Grafen von Fürstenberg im 15. Jahrhundert Pfandherren. Politisches Zentrum der Herrschaft Triberg - der Name "Triberg" wird erstmals 1280 genannt - war die gleichnamige Burg, in deren Schatten sich der Ort Triberg ausbildete. Letzterer erhielt um die Mitte des 14. Jahrhunderts unter den Grafen von Hohenberg oder den habsburgischen Herzögen Stadtrecht, eine Markturkunde Erzherzogs Sigmund von Tirol (1439-1490/96) datiert auf den 30. April 1481. 1654 kauften die Bewohner ihre Herrschaft Triberg aus der Pfandschaft los. Das Territorium unterstand nun als vorderösterreichische Kameralherrschaft einem Obervogt. Es war gegliedert in Vogteien, wobei die Habsburger in den nördlichen Vogteien die Grund- und Gerichtsherrschaft, die Benediktinerklöster St. Georgen und St. Peter im Süden die Grund- und Leibherrschaft, die Habsburger hier nur die Schirmvogtei besaßen. Das Obervogteiamt hatte mit seiner Stellung zwischen der Freiburger Provinzialregierung bzw. österreichischen Landesherrschaft und den Triberger Untertanen wichtige Funktionen in der Gerichtsbarkeit (Konfliktbewältigung, Malefizprozesse, Besitz-, Erb- und Ehrstreitigkeiten), bei "Polizei" (öffentliche Ordnung, Markt, Zoll, Wald) und Steuer- und Abgabenerhebung (Grund-, Leib-, landesherrliche sowie Naturalabgaben) inne. Daher hatten sich die Obervögte - die Amtsträger Franz Meinrad (1737-1769) und Franz Joseph von Pflummern (1769-1777) sind hier zu nennen - gegen widerspenstige Untertanen einschließlich herrschaftlicher Konkurrenz in Form der Vögte und des Triberger Schultheißen zu wehren, mussten aber gleichzeitig loyal zum habsburgischen Landesherren stehen. Im Zusammenhang mit den Verwaltungsreformen der Kaiserin Maria Theresia (1740-1780) kam es 1767/68 zu Widerstand und Klagen der Untertanen, landesherrliche Herrschaftsintensivierung stand hier gegen Triberger Landstandschaft und ständische Politik. Auch bei der Einführung einer neuen Polizeiordnung hatte die Landesherrschaft wenig Erfolg (ab 1768). Dasselbe galt im Bereich der Wirtschaft bei der versuchten Einführung des Zunftzwangs in der Uhrmacherindustrie und der ebenso versuchten Gründung einer Leinwandfabrik, die vermutlich zu Einbrüchen beim Gewerbe der Strohflechterei geführt hätte. Die letzten Jahrzehnte der Triberger Herrschaft verliefen gerade unter dem Obervogt Alfons Huber (1795-1810) hinsichtlich der Konflikte zwischen Untertanen und Herrschaft friedlicher. Ende des 18. Jahrhunderts kam die Herrschaft Triberg in Folge der napoleonischen Neuordnung Südwestdeutschlands an das Herzogtum Modena, 1806 wurde es württembergisch, 1810 badisch. [Buhlmann, 10.2007]

Holland, Tom (2008), Persisches Feuer. Ein vergessenes Weltreich und der Kampf um Europa (= rororo 62666), Reinbek b.H. 22011, 463 S., Farbtafeln, Karten, Zeittafel, € 12,99. Als Kampf zwischen Ost und West, zwischen Despotie und Demokratie werden die Perserkriege griechischer Poleis gegen das Perserreich der Achämeniden (499-449, insbesondere 499-479 v.Chr.) öfters gedeutet. Episch breit und spannend stellt Holland dar: den Aufstieg der Perser zur den Alten Orient bestimmenden Großmacht (Meder, Lydien, Babylonien, Ägypten; Könige Kyros [559-529 v.Chr.], Kambyses [529-522 v.Chr.], (falscher?) Bardiya [522-521 v.Chr.], Dareios I. [521-485 v.Chr.]), die Entwicklungen in Sparta (Lykurg [spartanische Staatsform], Messenien [Heloten], Peleponnesischer Bund) und Athen (Solon, Peisistratiden [Tyrannis], Kleisthenes [Demokratie]), den ionischen Aufstand gegen den persisch-lydischen Satrapen Artaphernes (499-494 v.Chr.; Niederbrennung von Sardes 499, Seeschlacht bei Lade 494), die persische Strafexpedition des Datis und Artaphernes gegen Eretria und Athen (490 v.Chr.; Zerstörung Eretrias, Schlacht bei Marathon), das athenische Flottenbauprogramm des Themistokles und spartanisch-athenisches Bündnis, Feldzug des Perserkönigs Xerxes (485-465 v.Chr.) gegen Athen und Sparta (480 v.Chr.; Schiffsbrücke über dem Hellespont, Kanal durch das Athosvorgebirge, Schlacht bei den Thermopylen, Seeschlacht am Kap Artemision, Seeschlacht bei Salamis, Schlacht bei Himera [Gelon von Syrakus]) sowie des Mardonios (479 v.Chr.; Schlacht bei Plataia, Seeschlacht am Mykalegebirge). Die weiteren Ereignisse (attisch-delischer Seebund 477, Schlacht am Eurymedon 466, athenische Flottenexpedition gegen Ägypten 454, Friedensschluss zwischen Athen und Perserreich 449 v.Chr.) werden kurz skizziert. [Buhlmann, 02.2013]

Holland, Tom (2009), Millenium. Die Geburt Europas aus dem Mittelalter, Stuttgart 2009, 502 S., Farbtafeln, Karten, Zeittafel, € 29,95. Der geschichtliche Bogen spannt sich vom römischen Reich über das Frankenreich der Merowinger und Karolinger zur frühmittelalterlichen "Staaten"welt in Europa (deutsches Reich, Frankreich, England und Wikinger), in Byzanz (byzantinisches Reich) und im Islam (vom Nahen Osten bis Spanien). Der Zeit um das Jahr 1000 (Millenium) kommt dabei in den verschiedenen Kulturen und Religionen große Bedeutung zu, der Investiturstreit (1075-1122) im christlichen Europa führte zu einer Entkoppelung von Kirche bzw. Religion und "Welt" (Kirchenreform, Papsttum, Kreuzzüge). [Buhlmann, 05.2013]

Holland, Tom (2012), Im Schatten des Schwertes. Mohammed und die Entstehung des arabischen Weltreiches, Stuttgart 2012, 532 S., Farbtafeln, Karten, Zeittafel, Dramatis personae, Glossar, € 29,95. In seinem episch breit angelegten Werk erläutert Holland, wie sich im Übergang von (Spät-) Antike zum (byzantinisch-islamisch-europäischen) Mittelalter am Mittelmeer und weiter östlich die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam als alleinige Religionen (gegen Heidentum, christliche Häresien, zoroastrische Religion) durchsetzten. Im Schatten von oströmischem Reich der Kaiser Justinian I. (527-565) bis Herakleios (610-641) und Perserreich (Iranshar) der Sassanidenkönige Kavad (488-496, 498-531) bis Chosrau II. (590-628) unterhielten die Araber im geografischen Vorfeld von Syrien, Palästina und Zweistromland vielfältige politische, soziale und wirtschaftliche Beziehungen zu den beiden Großmächten der damaligen Zeit (Ghassaniden, Lakhmiden). Nicht zuletzt der verheerende römisch-persische Krieg (614-628/29) spiegelt sich so im Koran des arabischen Kaufmanns und Religionsstifers Mohammend (*570-†632,?) wider. Die durch den Krieg bewirkten politisch-wirtschaftlichen Veränderungen führten zur arabischen Eroberung der südöstlichen Provinzen des oströmischen Reiches (Syrien/Palästina 634/38, Ägypten 639/42) und zur Eroberung des Perserreiches durch die Araber (bis 650/51). Der Eroberung folgte die Ausformung der islamischen Religion unter dem omayyadischen Kalifen Muawija (661-680) und Abd al-Malik (685-705); es folgten der Rückbezug des Islam auf Mohammed (Mohammed-Biografien [u.a. des Ibn Ishaq bzw. Ibn Hisham], Hadithe und Sunna) und die Epoche des "klassischen" Islam unter den Abbasidenkalifen, die die Omayyaden stürzten (750) (Gründung Bagdads 762). [Buhlmann, 12.2012]

Holleger, Manfred (2005), Maximilian I. (1459-1519). Herrscher und Mensch einer Zeitenwende (= Urban Tb 442), Stuttgart 2005, 322 S., € 18,-. Der Sohn des habsburgischen Kaisers Friedrich III. (1440-1493) und der Eleonore von Portugal wurde am 22 Mai 1459 in Wiener Neustadt geboren. Seine Heirat mit der burgundischen Erbtochter Maria am 18. August 1477 in Gent brachte den Habsburgern - wenn auch erst nach den erfolgreichen Kämpfen Maximilians gegen Frankreich - den Großteil der burgundischen Erbmasse ein (Friede von Arras 1482; Vertrag von Senlis 23. Mai 1493). Die Wahl Maximilians zum deutschen König (16. Februar 1486) und seine Krönung in Aachen (9. April) machte den Sohn zum Nachfolger des Vaters im römisch-deutschen Reich. Nach dem Tod Friedrichs III. konnte zudem Maximilian I. alle habsburgischen Länder (Stammlande, Tirol, burgundische Territorien) in einer Hand vereinen. Die Heirat Maximilians mit der Mailänderin Bianca Maria (9. März 1494) ermöglichte es dem König, auch in Italien einzugreifen. Dort stieß er allerdings auf den Widerstand der französischen Könige Karl VIII. (1483-1498), Ludwig XII. (1498-1515) und Franz I. (1515-1547) sowie Venedigs. Die Italienpolitik endete in einem Fiasko (1515) und im Frieden von Brüssel (3 Dezember 1516). Immerhin brachte das Zusammengehen mit Papst Julius II. (1503-1513) für Maximilian den Titel eines "Erwählten Römischen Kaisers" (4. Februar 1508); alle deutschen Könige nahmen seither bei ihrer Königskrönung auch den Kaisertitel an. Im Reich machte auf dem Wormser Reichstag (7. August 1495) die Reichsreform dahingehend Fortschritte, dass ein Ewiger Landfriede, die Bildung eines Reichskammergerichts und die Erhebung eines Gemeinen Pfennigs beschlossen wurden. Trotzdem hielten die Unruhen in Deutschland an, z.B. mit den Schweizern, die nach dem Schwabenkrieg (1499) mit dem Frieden von Basel (22. September 1499) faktisch aus dem Reich ausschieden. Maximilian konnte sich aber im Landshuter Erbfolgekrieg (1504/05) erfolgreich durchsetzen (Schlacht bei Regensburg, 12. September 1504). Der Kölner Reichstag im Sommer 1505 sah dann den König auf dem Höhepunkt seiner Macht. In seiner Ostpolitik bemühte sich Maximilian weiter um den Erwerb der ungarischen und böhmischen Krone. Die Adoption des Prinzen Ludwig - dieser war der Sohn des ungarisch-böhmischen Königs Wladislaw (1471-1516) - und eine Doppelhochzeit regelten die habsburgischen Ansprüche auf beide Königreiche (20. Juli 1515). Der Kaiser starb am 12. Januar 1519 und wurde in Wiener Neustadt begraben. [Buhlmann, 11.1996]

Holleman, A.F., Richter, Friedrich (1898), Lehrbuch der organischen Chemie, Berlin 37-411961 > C Chemie

Holleman, A.F., Wiberg, Egon (1942), Lehrbuch der anorganischen Chemie, Berlin 47-561960 > C Chemie

Holzberg, Niklas (1990), Die römische Liebeselegie. Eine Einführung, Darmstadt 62015, 158 S., € 14,95 > Lateinische Literatur > L Liebeselegie, römisch

Holzberg, Niklas (1986), Der antike Roman. Eine Einführung, Düsseldorf-Zürich 2001, 174 S., € 5,-. I. Antike Romane entstammen dem 1. bis 3. Jahrhundert n.Chr. und bilden eine eigene Literaturgattung, umschrieben durch Begriffe wie drama, syntagma dramatikon, komodia (griechisch) bzw. fabula, mimus (lateinisch). Über die Ursprünge des antiken Romans besteht Unklarheit (Epos?, Historiografie?, Entstehung aus eigener Wurzel?). Verbreitung fanden die Romane in der römischen Kaiserzeit bei antiken Romanlesern der gebildeten Oberschicht. Erhalten sind antike (griechische [G], lateinische [L]) Romane nur in den seltensten Fällen (gekürzt) vollständig [V] ([(V)]), meist sind nur Romanfragmente überliefert [F]. II. Zu unterscheiden sind (als homogene Gattungsgruppen): die idealisierend-historischen Romane älterer Provenienz (als "profaner Erlösungsmythos"?, Zweite Sophistik) (Chariton, Kallirhoë [1. Jahrhundert, G, V]; [Chariton?], Parthenope-Roman [1. Jahrhundert?, G, F]; [Chariton?], Chione-Roman [1. Jahrhundert?, G, F]; Kalligone-Roman [1. Jahrhundert?, G, F]; Sesonchosis-Roman [1. Jahrhundert, G, F]; Ninos-Roman [v.100, G, F]; Xenophon von Ephesos, Ephesiaka [1. Jahrhundert, Ende/2. Jahrhundert, 1. Hälfte, G, (V)]; Lollianos, Phoinikika [2. Jahrhundert, 1. Hälfte, G, F]; Antonios Diogenes, Die Wunderdinge jenseits von Thule [2. Jahrhundert, 1. Hälfte, G, F]) die komisch-realistischen Romane (Petronius, Satyrica [ca.65, L, (V)]; Protagoras-Roman [2. Jahrhundert, 1. Hälfte, G, F]; Iolaos-Roman [2. Jahrhundert, G, F]; [Lukios von Patrai?], Lukios oder: Der Esel [2. Jahrhundert, 1. Hälfte, G, (V)]; Apuleius von Madauros, Metamorphoses [250er-Jahre, L, V]), die idealisierenden Romane jüngerer Provenienz (Herpyllis-Roman [2. Jahrhundert, 1. Hälfte, G, F]; Iamblichos, Babylonika [2. Jahrhundert, 3. Drittel, G, F]; Achilleus Tatios, Leukippe und Kleitophon [2. Jahrhundert, 2. Hälfte, G, F]; Longos, Daphnis und Chloë [ca.200?, G, V]; Heliodor, Aithiopika [3. Jahrhundert, 2. Drittel, G, V]). Daneben zu stellen sind die romanhaften Erzählungen zum trojanischen Krieg ([Diktys von Kreta], Ephemeris belli Troiani [4. Jahrhundert?, L, V]; [Dares], Historia de excidio Troiae [5. Jahrhundert, L, V], jeweils aus griechischen Vorlagen) sowie die frühchristliche romanhafte Literatur (Apostelgeschichte des Lukas, Acta [Johannes-, Petrus-, Thomasakten], Pseudo-Klementinen [2./3. Jahrhundert]; Historia Apollonii regis Tyri [5./6. Jahrhundert]). [Buhlmann, 06.2018]

Holzberg, Niklas (2007), Ovids Metamorphosen (= BSR 2421), München 2007, 128 S., € 7,90. Ovid (Publius Ovidius Naso, *43 v.Chr.-†17 n.Chr.) war ein römischer Ritter und Dichter des augusteischen Zeitalters; im Jahr 8 n.Chr. wurde er von Kaiser Augustus (27 v.Chr.-14 n.Chr.) ans Schwarze Meer verbannt. Die Metamorphosen ("Verwandlungen") Ovids führen in 15 Büchern in Hexametern und durchaus als historisches Epos Verwandlungssagen von Göttern und Menschen auf. Sie beginnen mit der Entstehung der Welt aus dem Chaos und enden - in zeitlicher Reihung - bei Caesar und Augustus. Vgl. noch: Ovid, Metamorphosen. Lateinisch/Deutsch, übers. und hg. v. Michael von Albrecht (1994) (= RUB 1360), 1994, Nachdruck Stuttgart 2010, 1019 S., € 18,80; Ovid, Metamorphoses, hg. v. Ellen Hübner (2010) (= RUB 19781), Stuttgart 2010, 144 S., € 4,-. [Buhlmann, 09.2007, 09.2011]

Holzberg, Niklas (2010), Aristophanes. Sex und Spott und Politik, München 2010 > A Aristophanes

Homer, griechisch-antiker Dichter (?): I. Der altgriechische Dichter Homer bzw. die homerischen Epen anonymer Verfasser (homerische Frage) sind am Übergang von Oralität zu Literalität im archaischen Griechenland (8.-6. Jahrhundert v.Chr.) zeitlich verortbar (ca.700 v.Chr.). Die archaische Periode Griechenlands war eine Welt des Adels und adliger Kultur, in der Sänger über den Alltag herausgehobene Ependichtung in formelhafter mündlicher Überlieferung (oral poetry) präsentierten und somit für die adlige Kultur prägend und selbstvergewissernd waren. Die homerischen Epen "Ilias" und "Odyssee" sind Ausfluss eines Verschriftlichungsprozesses im 8./7. Jahrhundert v.Chr., der die Übernahme der phönizischen Alphabetschrift voraussetzt und eine schriftliche Fixierung bei literarischer Anordnung des Epenstoffs bewirkte. In den verschriftlichten Epen spiegelt sich damit die archaische Adelsgesellschaft. II. In der "Ilias" geht es um eine Episode aus dem Trojanischen Krieg, den "Zorn des Achill" im Streit zwischen Achill und Agamemnon und in der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Achaiern und Trojanern. Die "Odyssee" beschreibt das Schicksal der jahrelangen Irrfahrt des Odysseus vom zerstörten Troja in seine Heimat Ithaka. Rezeptionsgeschichtlich entfaltetem beide Werke als Weltliteratur eine breite Wirkung.
Zur "Ilias" und "Odyssee" s.: Homer, Ilias, übers. v. Johann Heinrich Voss (1793) (= RUB 249-253), Stuttgart 1962, 519 S., (DM 6,80); Homer, Ilias, übers. v. Roland Hampe (1979) (= RUB 249), Nachdruck Stuttgart 1999, 624 S., DM 16,-; Homer, Ilias. Odyssee, übers. v. Johann Heinrich Voss (1781, 1793) (= dtv 6101), München 1979, 837 S., DM 14,80; Homers Odyssee, übers. v. Rudolf Alexander Schröder (1918), Frankfurt a.M. 1960, 343 S., DM N.N.; Homer, Odyssee, übers. v. Roland Hampe (1979) (= RUB 280), Nachdruck Stuttgart 1982, 452 S., DM 7,60, Nachdruck Stuttgart 1986, 452 S., DM 9,60; Homer, The Odyssey, übers. v. T.E. Lawrence (1932) (= Wordsworth Classics), Ware 1992, 239 S., £ N.N. [T.E. Lawrence ist T.E. Shaw bzw. "Lawrence von Arabien"] sowie: Engelmann, Emil (Übers.), Homers Odyssee (in freier Umdichtung) für das deutsche Haus, Stuttgart 2o.J., 394 S., Schwarzweißabbildungen; zum (angeblichen?) Dichter Homer: Bannert, Herbert (1979), Homer (= rm 272), Reinbek b.H. 1979, 156 S., Schwarzweißabbildungen, DM 1,-; Patzek, Barbara (2003), Homer und seine Zeit (= BSR 2302), München 2003, 127 S., Schwarzweißabbildungen, € 7,90; Roemer, Adolph (1913), Homerische Aufsätze, Villingen-Schwenningen 2015, 217 S., € N.N. (über den Kunstcharakter der Poesie Homers sowie die Funktion der Götter in Ilias und Odyssee). [Buhlmann, 04.2003, 07.2017, 01.2020, 02.2020, 05.2020, 05.2021, 07.2022, 01.2023]

Hoping, Helmut (2004), Einführung in die Christologie (= Einführung Theologie), Darmstadt 32014, 184 S., € 4,95. I. "Christologie" (abgeleitet von "Christus" als Gesalbter, "Messias") beschäftigt sich mit den (historisch sich durchaus verändernden) Auffassungen und Aussagen der christlichen Theologie über Jesus Christus als Mensch und Gott, als Mensch gewordener Logos. Sie bedient damit den Kern christlicher Theologie, betrachtet Jesus als (historische) Person und Mythos. II. Im jüdischen Glauben steht alttestamentlich der Gott Israels und Israel als von Gott erwähltes Volk im Mittelpunkt; (Heils-) Prophetien (Hosea, Amos, Jesaja, Jeremia, Ezechiel) und eschatologisch-apokalyptische Hoffnungen standen seit dem frühen Judentum in Beziehung zum jüdischen Messianismus und dem messianischen Friedensfürst/-könig (als Gesalbter [Messias], aus dem davidischen Königshaus, als leidender Messias, als apokalyptische Gestalt). Als Messias gerade auch in jüdischer Tradition, aber auch nach den synoptischen Evangelien stehen Jesus Christus und sein heilsgeschichtliches Wirken (Verkündigung und Praxis) am Beginn der Gottesherrschaft; die Christus-Gestalt verknüpft somit biblisches Altes und Neues Testament, Jesus als "Sohn Gottes" (Menschensohn, Vaterschaft Gottes) verweist mit seiner Lehre der Gottes- und Nächstenliebe (jesuanisches Doppelgebot) sowohl auf die Gebote der Thora als auch auf eine "innere Umkehr" beim Menschen. Anklage und Prozess gegen Jesus, dessen Tod und Auferstehung kann als Höhepunkt der Ereignisgeschichte (Chronologie der Ereignisse, politisch motivierter Prozess, römisches Todesurteil und von den Römern durchgeführte Kreuzigung) als christlich gedeuteten Heilsgeschichte gelten, die Auferstehung Jesu Christi (Osterbotschaft) als Grundlage des christlichen Glaubens (<-> frühjüdische endzeitlich-apokalyptische Auferstehungshoffnung, Auferstehung Jesu als symbolisches oder geschichtlich-faktisches Ereignis). Die leibliche Auferweckung Jesu stellt sich in den neutestamentlichen Schriften dar in der Geschichte vom leeren Grab und in den Erscheinungen des Auferstandenen bis hin zum Damaskuserlebnis des Apostels Paulus. Mit der nach Jesu Tod geschehenen Identifizierung des Auferstandenen als Messias und Gottes Sohn begann die christologische Ausdeutung des Phänomens "Jesus Christus", wie sie in den Evangelien und den Briefen des Neuen Testaments begegnet, etwa in der Christologie der Paulusbriefe (Christus als inkarnierter Kyrios in Gottessohnschaft bei Parusie Christi, apostolisches Kerygma) oder der johanneischen Schriften (präexistenter Christus als Mensch gewordener göttlicher Logos in Einheit von Vater und Sohn). III. In ersten drei Jahrhunderten der (auch hellenistisch beeinflussten?) Ausbildung der christlichen Religion wurde das Verhältnis zwischen Gottvater und Sohn Christus im Spannungsfeld von Präsexistenz und zeitlicher Geburt des Letzteren durchaus unterschiedlich gedeutet: als juden- und heidenchristlicher Adoptianismus und Ebionitismus (Christus als angenommener Sohn Gottes; Theodot der Ältere, Theodot der Jüngere, Paul von Samosata), als valentinianisch-gnostischer Doketismus (Dualismus von Gott und Welt, menschlicher Scheinleib Christi; Valentinus), als dynamischer Monarchianismus (menschlicher Jesus, durchdrungen vom Logos Gottes; Paul von Samosata), als monarchianisch-antignostischer Modalismus (göttliche Hypostase Sohnvater und vergängliche Emanationen; Sabellius), als Logos-Sarx-Christologie (Transzendenz Gottes, Vorläufer der nach-/nizänischen Christologie; Ignatius von Antiochien, "Hippolyt von Rom", Tertullian, Clemens von Alexandrien, Origines), als Arianismus (Transzendenz Gottes, Christus als geschaffener, Mensch gewordener Logos; Arius). Das Konzil von Nicaea (325) verurteilte die arianische Lehre und hob die Göttlichkeit Christi bei ewigem Logos und Wesensgleichheit (Gleichwesentlichkeit, Homousie) von Gott und Sohn hervor (Symbolum Nicaenum, Einzigkeit Gottes, Christus als Gott und Retter [Soteriologie]). Auch nach seiner Verurteilung blieb der Arianismus innerhalb der christlichen Religion wirkmächtig (arianische römische Kaiser); hinzutrat - ausgehend von Fragen um die Inkarnation (Fleischwerdung) Christi als Gott - der Nestorianismus (als Inkarnationslehre; "Einwohnungsschema", Maria als Mutter von Jesus in seiner menschlichen Gestalt; Eustathius von Antiochien, Apollinaris von Laodizea, Theodor von Mopsuestia, Leporius, Nestorius von Konstantinopel). In der christlichen Orthodoxie wurde auf den ökumenischen Konzilien von Ephesus (431) und insbesondere Chalzedon (451) der Nestorianismus verworfen und die Einheit der Person (Hypostase) Christi in zwei Naturen (göttliche und menschliche Natur) formuliert (Maria als "Gottesgebärerin"; Cyrill von Alexandrien, Formula unionis 433, erweitertes Glaubensbekenntnis von Chalzedon [Chalzedonense] 451). Hingegen betonte der aufkommende Monophysitismus die göttliche Natur Christi gegenüber der menschlichen und trug dazu bei, die Unterschiede zwischen göttlicher und menschlicher Natur des Gottessohns zu verwischen (Eutyches von Konstantinopel, Theodoret von Cyrus, Severus von Antiochien; "Räubersynode" von Ephesos 449; altorientalische Kirchen). Letztlich nicht durchzusetzende Kompromisse zwischen Monophysiten und Orthodoxen prägten die folgenden Jahrhunderte (Henotikon 482, Enhypostasie [ca.540], "theopaschitischer Streit" 534, "Drei Kapitel"-Streit 547/53). Auch der Monenergismus bzw. Monotheletismus (zwei Naturen Christi bei einer Energie/einem Willen als hypostatische Einheit; Sergius von Konstantinopel, Theodor von Raithu, Cyrus von Akexandrien, Maximus Confessor) setzte sich nicht durch, ebenso die christliche Perichoresenlehre (sich wechselseitig durchdringende [göttliche, menschliche] Naturen und [göttliche, menschliche] Willen Christi; Maximus Confessor, Johannes von Damaskus). IV. Auch im europäischen Mittelalter war die göttlich-menschliche Person als zentraler Bezugspunkt des christlichen Glaubens verschiedenen Deutungen unterworfen, angefangen beim spanischen Adoptianismus (Mensch Jesus als homo adoptivus; Elipandus von Toledo, Felix von Urgel). Die Zwei-Naturen-Lehren Christi erörterte auch die Früh- und Hochscholastik ([nestorianische] Homo-Assumptus-Lehre, [vom Papsttum verurteilte] Habitustheorie, Subsistenztheorie). Hinzu traten die Erlösungslehre Anselms von Canterbury (Ehre Gottes, Sühnetod Christi) und die Christologie in der Summa theologiae des Thomas von Aquin (Christologie als Mittelpunkt christlicher Theologie, unio hypostatica bei Christus, menschliche Natur Christi und menschliche Erlösung durch Christus, Vermittlung der christlichen Sakramente durch Christus). Innerhalb der Spätscholastik wurde der Gedanke an die Inkarnation Christi erörtert von Johannes Duns Scotus (freier Willen Gottes), Wilhelm von Ockham (gebundene potestas absoluta Gottes) und Gabriel Biel (Nominalismus, devotio moderna und Christus als Leitbild). Martin Luther betonte im Zusammenhang mit Christus die theologia crucis ("Kreuzestheologie") in Hinblick auf Erlösung und Heil (bei eventueller Zurückstellung der menschlichen Natur Christi). V. Die Christologie der europäischen frühen Neuzeit erfuhr zunächst kaum Veränderungen. Ab der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert sahen die Sozinianer in Christus ein sittlich vervollkommten Menschen (übernatürliche Empfängnis, "göttlicher Mensch"; Lelio Sozzini, Fausto Sozzini), der Deismus unterwarf in Abkehr von der traditionellen Christologie die christlichen Glaubensinhalte einer natürlichen Vernunftreligion (16./18. Jahrhundert; Matthew Tindal, John Toland), in der Epoche der Aufklärung (17. Jahrhundert) interpretierte der Philosoph Baruch de Spinoza Jesus als summus philosophus, während Gotthold Ephraim Lessing den "Zweck Jesu und seiner Jünger" ("Fragmentenstreit") sowie das Christentum als Offenbarungsreligion vor dem Hintergrund der Vernunft (Ringparabel "Nathan der Weise") befragte. Immanuel Kant sah in Gott die praktische Vernunft, in Christus das Vernunftideal, an dem sich Menschen orientieren, die Christologie symbolisch-rationalistisch. Georg Wilhelm Friedrich Hegel betonte in seiner Philosophie des absoluten Geistes das Geistig-Ideelle Gottes und der Trinität; Christus war danach eine Erscheinung der absoluten Idee. VI. Die moderne christliche Theologie ist u.a. geprägt von einer Bejahung des biblischen Israels (als messianisches Gottesvolk) und der jüdischen Herkunft von Jesus (als jüdischer Messias), der heilsgeschichtlich-soteriologisch gedeuteten Einzigkeit Christi an der Nahtstelle/als Scharnier zwischen Juden- und Christentum, der Deutung Christi als Teil der monotheistisch aufgefassten Trinität bei Anerkennung der zwei Naturen Christi und göttlicher Transzendenz, bei Anerkennung von stellvertretendem Sühnetod und verklärender Auferweckung Jesu; die Wiederkunft Christi führe dabei auch zur Rettung Israels im Zuge eines vollendeten Reichs Gottes. Die aktuelle Christologie beschäftigt sich dabei revidierend und neu deutend mit der Inkarnation Christi, einer Relativierung der Stellung Christi auch in Bezug auf die Stellung der Frau, einer "Christologie von unten" bzw. "oben", dem Zusammenhang zur (nicht staurozentrischen) Soteriologie auch im Rahmen eines transzendal-theologischen, kreuzestheologischen und theodizee-empfindlichen Ansatzes. > J Jesus Christus [Buhlmann, 02.2022]

Hopp, Detlef (1993), Archäologische Beobachtungen in einem Altsiedelgebiet in Essen-Burgaltendorf, in: Archäologie im Ruhrgebiet 1991 (= Jg.1), Gelsenkirchen 1993, S.117-124 > B (Essen-) Burgaltendorf

Hopp, Detlef (1993), Berichte zu archäologischen Beobachtungen in Essen. Notbergungen auf einem metallzeitlichen Fundplatz in Burgaltendorf, in: EB 105 (1993), S.11-16 > B (Essen-) Burgaltendorf

Hopp, Detlef (Hg.) (1999), Stadtarchäologie in Essen, Bottrop-Essen 1999, 142 S., Karten, zahlreiche Abbildungen meist in Farbe, DM 24,-. Nach einleitenden Betrachtungen zur archäologischen Forschungsgeschichte in Essen und zur Essener Stadtarchäologie zwischen 1992 und 1998/99 führen Einzelberichte auf: paläolithischer Geweihhammer (Essen-Frohnhausen); mesolithisch-neolithischer Fundplatz (Essen-Fischlaken); germanische Siedlung des 5./6. Jahrhunderts (Essen-Burgaltendorf); frühmittelalterliche Alteburg (Essen-Heidhausen); mittelalterliche Bestattungen unter und beim Essener Münster (Essen-Zentrum); mittelalterliche Wasserburg Haus Berge (Essen-Bochold); mittelalterliche Stadtmauer und -graben zwischen Limbecker und Viehofer Tor (Essen-Zentrum); mittelalterliche Vryburg als Vorgängeranlage des Hauses Horst (Essen-Steele-Horst); mittelalterlich-frühneuzeitliche Stadtteiche im Osten der Stadt (Essen-Zentrum); spätmittelalterliche Stadtbefestigung (Essen-Werden); spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Funde (Essen-Werden); (Keramik-, Knochen-) Funde des 16./17. Jahrhunderts (Essen-Rellinghausen); Gehöft Lindemann des 17. Jahrhunderts (Essen-Steele); Nepomukstatue von 1739 (Essen-Karnap). [Buhlmann, 03.2000]

Hopp, Detlef (Hg.) (2008), Ans Tageslicht gebracht. Archäologie in der Essener City, Essen 2008, 149 S., Karten, Abbildungen auch in Farbe, € 14,90. Der Band vereinigt in sich Beiträge zur Archäologie und Geschichte des historischen Essener Stadtkerns von Petra Beckers, Cordula Brand, Brunhilde Gedderth, Detlef Hopp, Bianca Khil, Heinz-Josef Kramer, Stefan Leenen, Ralf-Jürgen Prilloff, Udo Scheer, Elke Schneider. Die Geschichte Essens reicht im Lichte der früh- und hochmittelalterlichen Friedhöfe in der Essener Innenstadt (Kettwiger Straße, Burgplatz) mindestens bis in die Merowingerzeit (6./7. Jahrhundert), vielleicht noch früher zurück (Brand, Hopp). Die Gründung der Essener Frauengemeinschaft (Frauenstift, um 850) brachte dann eine neue Qualität der Besiedlung, ablesbar u.a. an der inneren und äußeren Befestigung des Stiftsbezirks (Brand, Hopp) und der sich entwickelnden Essener "Kirchenlandschaft" (Gedderth). Neben dem Stift gab es eine Handwerker- und Kaufleutesiedlung, an Kirchen sind zu nennen: Münsterkirche (zunächst) als Pfarrkirche und als Kirche der Frauengemeinschaft (karolingerzeitlicher Bau des 9., ottonisches Westwerk des 10., gotische Hallenkirche des 13./14. Jahrhunderts; nördliche Kapelle, Kreuzgang, Atrium), Quintinskapelle, Johanneskirche (ursprünglich als Taufkapelle), St. Gertrudis (Marktkirche, vor 1054/58). Die Marktkirche (Leenen) verweist auf die im Verlauf des Hochmittelalters steigende Bedeutung der Siedlungskerne neben dem Stift, die sich zur Stadt entwickelten. Die ab 1244 errichtete Stadtbefestigung mit Graben, vier Zugangstoren und Türmen (Beschluss zum Mauerbau 1244, Limbecker Vortor 1418) (Brand, Hopp, Leenen) umfasste ein ummauertes Oval mit Frauenstift und Stadt. Hier arbeiteten in Spätmittelalter und früher Neuzeit Ackerbauern, Handwerker und Händler, ablesbar an der städtischen Infrastruktur mit ihren Häusern, Straßen und Wegen (Kettwiger Straße, Knüppeldämme), den kommunalen Bauten (Rathaus), den Brunnen und Kloaken (Wasserleitung unter dem Münster), den Märkten (Markt an St. Gertrudis, Flachsmarkt, Salzmarkt, Kornmarkt, Pferdemarkt), Mühlen (abteiliche Mühle, Gildehofsmühle, Overbergsmühle) (Brand, Hopp, Kihl, Schneider), den Kirchen und Klöstern (u.a. die Beginenkonvente "Im Kettwig", "Beim Turm", "Im Alten Hagen", "Im Dunkhaus", "Im Neuen Hagen", "Zwölfling" ab Ende des 13. Jahrhunderts) (Gedderth). Die Essener Stadtarchäologie trifft dabei immer wieder auf Spuren der Alltagsgeschichte (Knochen von Haus- und Wildtieren, Essens ältester Schlittschuh, Fischreuse, Münzen) (Brand, Hopp, Kramer, Prilloff, Schneider). Über die Stadtmauer hinausgehend prägte das Weichbild die Umgebung der Stadt (Landwehren, Schlagbäume, Richtstätten) (Leenen). Im 19. Jahrhundert verschwand dann infolge von politischen Umwälzungen und Industrialisierung das "alte" Essen, so dass vieles - wie etwa die Essener Stadtmauer - nur noch mit Hilfe der Archäologie und Geschichte erfahrbar wird. Insgesamt geben die einzelnen Beiträge ein eindrucksvolles Bild ab von dem, was Stadtarchäologie im Zusammenspiel mit der Geschichtswissenschaft zu leisten vermag. [Buhlmann, 04.2011]

Hoppe-Sailer, Richard (1983), Die Kirche St. Maria zur Wiese in Soest (= Bochumer Schriften zur Kunstgeschichte, Bd.2), Frankfurt a.M.-Bern 1983, 172 S., Schwarzweißtafeln, SFR 47,-. I. Die Gründung des Patroklistifts (ca.960) durch den Kölner Erzbischof Brun (953-965) machte das am Hellweg gelegene Soest als erzbischöflichen Pfalzort zu einem wichtigen Stützpunkt der Kölner Kirche in Westfalen. Besonders unter den Erzbischöfen Arnold I. (1137-1151; Freiheitsbrief?) und Philipp von Heinsberg (1167-1191; Ummauerung, Erweiterung) bildete sich eine bedeutende Kaufmannsstadt heraus, Zentrum des kölnischen Herzogtums Westfalen (1180), Mitglied des westfälischen Städtebundes (1253) und der Hanse (Soester Bürgergemeinde; Soester Stadtrecht ["Alte Schrae"]; Vogteikauf [1270/81] und zunehmende Selbstständigkeit der Stadt vom Kölner Erzbischof als Stadtherrn). II. Die Emanzipations- und Selbstständigkeitsbestrebungen der Soester Bürgergemeinde, Kaufleute und Handwerker, beförderte vor dem Hintergrund der Ausbreitung des franziskanischen Bettelordens zweifellos den Bau der Soester Wiesenkirche St. Maria ab dem beginnenden 14. Jahrhundert (Chorinschrift von 1313). Es entstand an der Stelle eines romanischen Vorgängerbaus eine der wichtigsten gotischen Kirchenbauten nördlich der Alpen, eine dreischiffige gotische Hallenkirche mit 7/10-Chorabschluss (Chorbau 1313/76, Halle 14./15. Jahrhundert [Südportal], Westbau 1421, Monumentalfiguren des Chors, westfälische Madonna u.a.); die Kirche blieb, was den Westbau mit den projektierten Türmen anbetraf, mit Einstellung der Arbeiten (n.1525) unvollendet (Turmausbau 1861/74/75). Der Kirchenbau ("aktiver-passiver Raum") war der langen Bauzeit entsprechend beeinflusst von der Bettelordensarchitektur, aber auch vom Profanbau (<-> Rittersaal des Marburger Schlosses) und repräsentiert wie die Heiligkreuzkirche in Schwäbisch Gmünd die Architekturentwicklung der Spätgotik. [Buhlmann, 02.2022]

Hopper, Kenneth, Hopper, William (2007), The Puritan Gift. Reclaiming the American Dream amidst Global Financial Chaos, London-New York 22009 > U US-amerikanische Geschichte

Horch, Caroline (2010), Königstuhl - Kaiserthron - Reliquiar. Forschungsgeschichte der Aachener sedes imperialis, in: AHVN 213 (2010), S.83-101. Keine historische oder archäologische Quelle belegt unmittelbar, dass der sog. Karlsthron auf der Empore der Aachener Marienkirche wirklich der marmorne Königstuhl Kaiser Karls des Großen (768-814) gewesen ist. So bleibt, auf die Ersterwähnung eines Thrones in der Res gestae Saxonicae des Widukind von Corvey zu verweisen und auf die weitgehende Überzeugung der historischen und kunsthistorischen Forschung hinsichtlich der (angeblichen?) Zuweisung der sedes imperialis an den Frankenherrscher. [Buhlmann, 03.2012]

Horn, Siegfried H. ([1970]), Der Spaten bestätigt die Bibel. Als Archäologe unterwegs in den Ländern des Vorderen Orients, Hamburg [1970] > J Jüdische Geschichte, 10. Jahrhundert v.Chr.-3. Jahrhundert n.Chr.

Hornung, Erik (1965), Grundzüge der ägyptischen Geschichte (= Grundzüge 3), Darmstadt 1965 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Hornung, Erik (1967), Einführung in die Ägyptologie. Stand, Methoden, Aufgaben, Darmstadt 21984 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Hornung, Erik (1971), Der Eine und die Vielen. Ägyptische Gottesvorstellungen, Darmstadt 1971 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Horst, Eberhard (1975), Friedrich der Staufer. Eine Biographie, Nachdruck Düsseldorf 1985 > F Friedrich II. (von Hohenstaufen)

Horst, Eberhard (1997), Der Sultan von Lucera. Friedrich II. und der Islam (= Herder Tb 4453), Freiburg-Basel-Wien 1997 > F Friedrich II. (von Hohenstaufen)

Horst, Pieter W. van der (2006), Jews and Christians in Their Graeco-Roman Context, Tübingen 2006, 352 S., € 12,-. I. Die jüdische Diaspora nach den Mittelmeerinseln Kreta und Zypern setzte schon im 2. Jahrhundert v.Chr. u.a. im Zusammenhang mit dem Makkabäeraufstand im Seleukidenreich ein; vereinzelt sind Juden auf den beiden Inseln bis in die Spätantike bezeugt (literarische Überlieferung, Inschriften). Die Juden waren hier u.a. als Händler (Zypern als Handelsplatz) gut in die griechisch-römische Gesellschaft integriert, so dass quellenmäßig nur selten jüdische Religion (einschließlich magischer Praktiken) durchscheint (Pieter W. van der Horst, The Jews of Ancient Crete; Pieter W. van der Horst, The Jews of Ancient Cyprus). II. Die Anwesenheit von Juden auf Sizilien, insbesondere in Catania, ist hauptsächlich durch Inschriften vom 3. bis ins 6. Jahrhundert n.Chr. belegt; erkennbar werden insulare Judengemeinden unter einem Ältestenrat und Aspekte jüdischer Religion (Sabbat, Menora); die Stadt Syrakus beherbergte eine samaritanische Gemeinde (Pieter W. van der Horst, The Jews of Ancient Sicily). III. Mindestens bis in die Zeit des Seleukidenherrschers Antiochos III. (221-187 v.Chr.) zurück reicht die Anwesenheit von Juden im westlichen Kleinasien (Umsiedlung mesopotamischer Juden nach Lydien und Phrygien [205 v.Chr.]). Die Rechte der Juden in Asia minor wurden von Gaius Iulius Caesar (†44 v.Chr.) bestätigt, auch die Einwohner von Sardes privilegierten mit einem Ratsbeschluss die Juden und ihre Religion. Von daher zeigt die 1962 entdeckte, große basilikale Synagoge von Sardes aus der Mitte des 3. Jahrhunderts n.Chr. und deren Inschriften die damalige Bedeutung der Judengemeinde in Sardes an; die Synagoge wurde 616 infolge der persisch-sassanidischen Eroberung zerstört (Pieter W. van der Horst, The Synagogue of Sardis and its Inscriptions). IV. Zirkusparteien (Blaue, Grüne, Rote, Weiße als factiones) im Zusammenhang mit öffentlichen Pferderennen waren in allen Großstädten des kaiserzeitlichen römischen Reiches vertreten. Dabei ist eine gewisse Nähe der Juden und jüdischen Gemeinden zu der Zirkuspartei der Blauen zu beobachten, die den jüdischen Einwohnern einen gewissen Schutz gegen die Anfeindungen (auch christlicher) Grüner bot (Pieter W. van der Horst, Jews and Blues in Late Antiquity). V. Der jüdische Talmud weist auch Gegensätzlichkeiten aus, etwa inwiefern sexuelles Verlangen durchaus als Hinwendung zum Bösen zu verstehen ist, wobei doch Fortpflanzung für die menschliche Existenz notwendig ist (Pieter W. van der Horst, A Note on the Evil Inclination and Sexual Desire in Talmudic Literature). VI. Der biblische Vers Genesis 6,3 warf auch im antiken Judentum und Christentum Fragen bzgl. des von Gott veranschlagten Lebensalters des Menschen auf (Pieter W. van der Horst, "His Days Shall Be One Hundred and Twenty Years". Genesis 6:3 in Early Judaism and Ancient Christianity). VII. Die Grabstätte der jüdischen Prophetin Hulda (7. Jahrhundert v.Chr., 2. Hälfte) lag im von Herodes dem Großen (37-4 v.Chr.) erweiterten Tempelbezirk ("Huldas Tor"), was im rabbinischen Judentum (Mishna: Middot) Diskussionen um die Verehrung Huldas und um die durch das Grab gestörte Reinheit des Tempelbezirks aufwarf (Pieter W. van der Horst, Huldah's Tomb in Early Jewish Tradition). VIII. In seinem Werk "Gegen Flaccus" schreibt der jüdische Philosoph Philon von Alexandrien (†n.40 n.Chr.) über die Judenverfolgung in Alexandria anlässlich des Besuchs des Herodesenkels Herodes Agrippa I. (37-44) in der Stadt [größtes Judenpogrom der Antike]; Agrippa setzte sich für die Belange der jüdischen Gemeinde in Alexandria ein, während der römische Präfekt Flaccus (32-38) nicht eingriff. Agrippa taucht dann in der Apostelgeschichte des Lukas als Verfolger der Jerusalemer Christen auf. Im Zusammenhang mit dem Judenpogrom in Alexandria führt Philons Schrift "Gegen Flaccus" zwei öffentliche Gebete auf, die die Stimmung der Verfolgten gegenüber den Verfolgern wiedergeben sollen (Pieter W. van der Horst, Philo's In Flaccum and the Book of Acts; Pieter W. van der Horst, Common Prayer in Philo's In Flaccum 121-124). IX. Zu den allegorischen Kommentaren des Philon von Alexandrien gehören die Quaestiones in Genesim und die Quaestiones in Exodum, die Fragen aufwarfen, die so auch im späteren rabbinischen Judentum aufkamen (Rolle der biblischen Schriften als Wort Gottes, Textexegese als Grundlage der Bibelinterpretation) (Pieter W. van der Horst, Philo and the Rabbis on Genesis. Similar Questions, Different Answers). X. Antikes und rabbinisches Judentum wurde gelebt unter der Voraussetzung, dass Gott seinen gerechten Zorn immer wieder freien Lauf lassen konnte. So beschreibt es auch Philon von Alexandrien in seinen Schriften (Pieter W. van der Horst, Philo of Alexandria on the Wrath of God). XI. Samaritanische und jüdische Religion stellen als Fortsetzung der Religion des alten Israel dar, insofern dass die Samaritaner beim Untergang des Reiches Israel (722 v.Chr.) den nicht von den Assyrern deportierten Großteil der Bevölkerung des Konigreichs darstellten. Deren Geschichte wird von dem Historiografen Flavius Josephus aufgegriffen und auch von der hebräischen Bibel, die gerade im Zusammenhang mit dem Jahwe-Tempel auf dem Berg Garizim sich polemisch äußert (Tempelzerstörung 115 [112/11] v.Chr.). Ähnliches gilt auch für die rabbinischen Einwendungen gegen die Samaritaner. Differnzierter äußert sich der frühneuzeitliche Gelehrte Jacques Basnage (*1653-†1723), ein französischer Protestant, in seiner Histoire des Juifs (1711) (Pieter W. van der Horst, Anti-Samaritan Propagande in Early Judaism; Pieter W. van der Horst, Jacques Basnage (1653-1723) on the Samaritans. Or: How much did one know about the Samaritans three centuries ago in the Netherlands?). XII. Eine christliche Interpretation des im Alten Testament beschriebenen Opfers Isaaks durch Abraham geht hervor aus einem Gedicht des Papyrus Bodmer 30, aufgeschrieben zu Beginn des 5. Jahrhunderts (Pieter W. van der Horst, A New Early Christian Poem on the Sacrifice of Isaac (Pap. Bodmer 30)). XIII. Kyrill von Skythopolis (*ca.524-†ca.558). Mönch und Hagiograf, stattete seine Schriften über die "Leben der Mönche in Palästina" (Cyriacus, Euthymius, Johann, Sabas, Theodosius, Theognius) vielfach mit Bibelzitaten und biblischen Hinweisen (Matthäusevangelium, Paulusbriefe, Psalmen) (Pieter W. van der Horst, The Role of Scripture in Cyril of Scythopolis' Lives of the Monks of Palestine). XIV. Judenfeindliche christliche Trakate gab es auch im 2. (?) Viertel des 7. Jahrhunderts im byzantinischen Reich; erhalten hat sich aus dieser Zeit ein Fragen-Antworten-Katalog, bestehend aus 25 Fragen-Antworten-Abschnitten, beinhaltend Argumentationshilfen gegen jüdische Ansichten (Pieter W. van der Horst, Twenty-Five Questions to Corner the Jews. A Byzantine Anti-Jewish Document from the Seventh Century). XV. Diogenes von Oinoanda verfasste wohl im 1. Viertel des 2. Jahrhunderts für seine lykische Heimatstadt Oinoanda einen philosophischen Text, den er an der Mauer der Stoa auf der Agora anbringen ließ. Von den Mauersteinen und dem Text sind ungefähr 40 Prozent bis heute aufgefunden worden. Der Text verteidigt die epikureische Philosophie und wendet sich u.a. gegen die Juden als abergläubiges und "widerwärtiges" Volk (Pieter W. van der Horst, "The Most Superstitous and Disgusting of All Nations". Diogenes of Oenoanda on the Jews). XVI. Unter den Praktiken von Aberglauben in der hellenistischen Antike findet sich auch, die Schattenlänge eines Menschen oder Tieres mit der Seele, dem Leben oder dem alter ego zu vergleichen (Pieter W. van der Horst, The Shadow in Hellenistic Popular Belief). XVII. Der Athener Kritias, der Onkel des Philosophen Platon, kann neben Diagoras von Melos als einer der (ersten?) Atheisten der Antike gelten; eventuell entwickelte Kritias auch eine Theorie, wie es zur Erfindung des Götterglaubens unter den Menschen gekommen ist (Pieter W. van der Horst, The First Atheist). XVIII. Vorgestellt wird die (subtraktive, additive) Bildung von Numeralen im lateinischen, griechischen, ägyptisch-koptischen und hebräisch-aramäischen Schriftsystem (Pieter W. van der Horst, Subtractive Versus Additive Composite Numerals in Ancient Languages). XIX. Der Papyrus Graeca Magica IV, niedergeschrieben im Ägypten der römischen Kaiserzeit zu Beginn des 4. Jahrhunderts, enthält mehr als 50 magische Traktate, die in einer Art Kompendium zusammengestellt wurden. U.a. werden hier auch jüdische Einflüsse sichtbar, etwa beim logos hebraikos zur Bannung von Dämonen (Pieter W. van der Horst, The Great Magical Papyrus of Paris (PGM IV) and the Bible). XX. Der christliche Schriftsteller Origenes von Alexandrien (†253/54) zitiert in seiner apologetischen Schrift Contra Celsum eine magisch-exorzistische Formel vom "Gott, der den König von Ägypten ertränkt", abgeleitet aus dem Alten Testament und anderer jüdischer Überlieferung (Pieter W. van der Horst, "The God Who Drowned the King of Egypt". A Short Note aon an Exorcistic Formula). [Buhlmann, 08.2021]

Horton, Sarah (2000), Web Teaching Guide. A Practical Approach to Creating Course Web Sites, New Haven-London 2000 > G Geschichtsmedien

Horváth, Ödön von, deutschsprachiger Schriftsteller: Ödön von Horváth (*1901 in Fiume, †1938 in Paris) entstammte einer österreichisch-ungarischen Diplomatenfamilie und war nach dem Ende der Habsburgermonarchie (1918) ungarischer Staatsbürger, schrieb aber als Schriftsteller auf Deutsch. In den 1920er-Jahren wurde Horváth zu einem anerkannten Bühnenautor. Er lebte zwischen 1924 und 1933 zudem in Berlin, wo er die Theaterstücke Revolte auf der Côte 3018 (1926, Uraufführung 1927), Zur schönen Aussicht (1926), Sladek, der schwarze Reichswehrmann (1928, Uraufführung 1929), Die Bergbahn (1926/29, Uraufführung 1929), Italienische Nacht (1931, Uraufführung 1931), Geschichten aus dem Wiener Wald (1931, Uraufführung 1931), Kasimir und Karoline (1932, Uraufführung 1932; mit Gebrauchsanweisung), Glaube, Liebe, Hoffnung (1933, Uraufführung abgesagt) sowie den Roman Der ewige Spießer (1930) schrieb. Im Nationalsozialismus verfolgt und zeitweise in "Schutzhaft", verließ Horváth 1933 Deutschland, um sich in Wien und Österreich aufzuhalten. Zwischen 1934 und 1936 war Horváth wieder in Deutschland; ihm wurde aber 1936 die Aufenthaltsgenehmigung entzogen. Seine schriftstellerische Karriere hatte unterdessen massive Einbrüche erlitten, erst 19037/38 erlangte er durch seine Romane Jugend ohne Gott (1937) und Ein Kind unserer Zeit auch internationale Anerkennung. 1938 hielt sich Horváth in Paris auf, wo ihn ein Tod durch Unfall ereilte. An Werken Horváths seien genannt: Horváth, Ödön von (1931), Geschichten aus dem Wiener Wald, hg. v. Holger Bäuerle (2019) (= Reclam XL = RUB 19436), Stuttgart 2019, 180 S., Schwarzweißabbildungen, € 4,80; Horváth, Ödön von (1937), Jugend ohne Gott. Text und Kommentar, hg. v. Elisabeth Tworek (1999) (= SBB 7), Frankfurt a.M. 32003, 194 S., € N.N. [Buhlmann, 10.2023]

Hotz, Walter (1981), Der Dom zu Worms, Darmstadt 1981 > J Jürgensmeier, Bistum Worms

Hotz, Walter (1970), Kleine Kunstgeschichte der deutschen Schlösser, Nachdruck Darmstadt 2011, 233 S., Schwarzweißabbildungen, Pläne, € 7,96. I. Schlösser sind in der frühen Neuzeit repräsentative Bauten der adligen und bürgerlichen Oberschicht. In Deutschland kann von 6600 Schlossanlagen ausgegangen werden, viele gehen auf mittelalterliche Burgen zurück, rund 3500 Schlösser wurden in der frühen Neuzeit und später neu erbaut (16. Jahrhundert, Mitte-20. Jahrhundert, Anfang); Schlösser konnten zudem Festungscharakter annehmen. Die Begriffe "Schloss", "Burg", "festes Haus", "hohes Haus", "Haus" wurden und werden auch synonym verwendet. Schlösser im eigentlichen Sinn lassen sich auf die schöpferisch-künstlerische Bauabsicht des Schlosserbauers zurückführen. Es sind folgende Typen von Schlössern zu unterscheiden: Einflügelbauten (ohne/mit Türmen, mit Risaliten), Zweiflügelbauten, Geviertbauten, zentrale Rund- und Mehreckanlagen, offene Dreiflügelbauten, Dreiflügelbauten mit Seitentrakten, Kompositanlagen, Bauten unregelmäßigen Grundrisses. Zu einem Schloss gehoren die folgenden Gebäudebestandteile: Repräsentations- und Wohnanlage (Saal, Bildergalerie/Bibliothek, Kabinette, Treppenhaus, Mittelrisalit, Türme, Tor, Hoflauben, Erker/Balkone/Terrassen, Außenwände/Giebel, Türen/Fenster/Kamine, Decken/Fußböden/Wände), Schlosskapelle, Schlosstheater, (italienischer, französischer, englischer) Garten auch als Landschaftspark, Jagdschlösser. II. Unter Einflüssen aus Italien und Frankreich entwickelte sich im Verlauf der frühen Neuzeit die Schlossarchitektur in Deutschland. Für die Renaissance (16. Jahrhundert) sind z.B. zu nennen: Landshuter Stadtresidenz, Erbach, Altes Schloss in Stuttgart, Neuenstein, Langenburg, Augustusburg, Münchner Residenz, Gottesau, Neues Schloss in Baden-Baden, für das "düstere" 17. Jahrhundert: Schloss Friedenstein in Gotha, Herzberg, Wörth, für das Barock (18. Jahrhundert): Berlin, Schloss Favorite bei Kuppenheim, Göllersdorf, Göttweig, Moritzburg, Schloss Favorite bei Mainz, Biebrich, Nymphenburg, Wilhelmsthal, Werneck, Wormser Bischofsresidenz, Neues Schloss in Stuttgart, Ludwigsburg, Schloss Favorite bei Ludwigsburg, Monrepos bei Ludwigsburg, Schloss Solitude bei Stuttgart, Mannheimer Schloss, Schwetzingen, für die Zeit von Klassizismus, Romantik und Historismus (19. Jahrhundert): Löwenburg in Kassel-Wilhelmshöhe, Schloss Tegel in Berlin, Hohenzollern, Neuschwanstein. [Buhlmann, 12.2022]

Hotz, Walter (1991), Kleine Kunstgeschichte der deutschen Burg, Darmstadt 62011, 271 S., Schwarzweißabbildungen, Pläne, € 7,96. I. Die Bezeichnung "Burg" (griechisch pyrgos, lateinisch burgus, "bergen") hat für das (fränkisch-deutsche) Mittelalter zwischen den Herrschern Karl dem Großen (768-814) und Karl V. (1519-1556/58) die Bedeutung "Wehrbau" als wehrhaften Wohnbau adliger Repräsentation. Der Begriff "Burg" ist in den mittelalterlichen Geschichtsquellen bezeugt als: lateinisch arx, castellum, castrum, munitio, palatium, turris bzw. civitas, oppidum, urbs, deutsch Burg, Festung, (festes) Haus, Kastell, Pfalz, Schloss, Turm. Nach Anfängen in karolingischer und ottonischer Zeit (9./10. Jahrhundert) ist insbesondere das hohe Mittelalter (11.-13. Jahrhundert) die Zeit des Rittertums und des Burgenbaus; Burgen wurden zu dieser Zeit als Bau- und Kunstwerke verstanden (höfische Kultur, Minnesang). Burgen wurden damit zu gewollten bzw. (auch als Ruine) gewordenen Kunstwerken. Burgentypen lassen sich einordnen nach der Lage: Höhen-, Hang-, Tiefburgen, Talsperren, nach der rechtlich-herrschaftlichen Funktion: Reichs-, Adels-, Ministerialen-, Territorial-, Ganerben-, Kirchen-/Kloster-, Ordens-, Stadt-/Dorf-/Gutsburgen, nach der Form: Zentralanlangen (Turmhügelburgen, Ring- und Ringhausburgen mit und ohne Mittelturm bzw. mit mehreren Türmen, Wohnturm- und Turmpalasburgen, quadratische Burgen, Mehreckburgen), Axialanlagen (rechteckige Burgen mit Zentral-/Frontturm, mehreckige Burgen mit Frontturm bzw. mehreren Türmen, ovalförmige Burgen mit Mittelturm bzw. zwei Türmen, Schild- und Mantelmauerburgen, keilförmige Burgen, mehrgliedrige Burgen, Abschnittsburgen). An Zentralanlagen können genannt werden: Büdingen, Dreieichenhain, Haag, Heyden, Hülchrath, Lindenfels, Neuleiningen, Querfurt, Seinsfeld, Steinsberg, an Axialanlagen: Breuberg, Bruck, Burghausen, Eltz, Frankenburg, Kinzheim, Münzberg, Ortenberg, Otzberg, Pfalzgrafenstein, Reichenberg, Runkelstein, Saaleck, Scharfeneck, Trimberg, Wildenberg. Burgen als Wehr- und Wohnbauten gliedern sich in: Ringmauer, Türme (Bergfried), Tor und: Palas, Wohnbau (Wohnturm, Kapelle), Wirtschaftsbauten. II. Der Burgenbau in Mitteleuropa hatte römische und germanische Vorläufer; römisch waren Paläste, Kastelle und Gehöfte (Horburg, Köln, Regensburg, Straßburg, Trier), germanisch die Königshalle ("Saal"). Karolingische Pfalzanlagen (8./9. Jahrhundert) konnten Klosterpfalzen wie in Lorsch (Torhalle, Michaelskapelle) sein oder monumentale Königshöfe als Königspfalzen wie Aachen (Palast, Kapelle), (Nieder-) Ingelsheim oder Nimwegen. Früh erscheinen auch Herzogspfalzen wie die der agilolfingischen Bayernherzöge in Regensburg (Palast, Kapelle, "Römerturm"). An Pfalzen der ottonischen und salischen Könige und Kaiser (10./11. Jahrhundert) seien erwähnt: Bamberg (als Pfalz Kaiser Heinrichs II. [1002-1024]), Goslar (salischer zweistöckiger Saalbau, Ulrichskapelle, Stift St. Simon und Juda), davon architektonisch abhängig die Braunschweiger Herzogspfalz Heinrichs des Löwen (1142-1180). Staufische Königs- und Kaiserpfalzen sowie Burgen (12./13. Jahrhundert) sind: Eger, Frankfurt ("Saalhof"), Gelnhausen, Hagenau, Ingelheim, Kaiserswerth, Münzenberg, Nimwegen, Nürnberg (Kaiserburg), Trifels (Hauptturm, Palas, Brunnenturm), Wimpfen (Roter Turm, "Hohenstaufentor", "Steinhaus", Palas mit Kapelle). An Adels-, Ritter- und Ministerialenburgen aus staufischer Zeit seien genannt: Babelhausen, Biebelried, Blankenhorn, Boymont, Breuberg, Ehrenstein, Gnandstein, Gräfenstein, Hohbarr, Hohenbeilstein, Hohenburg, Krautheim, Landsberg, Leofels, Lichtenberg, Lohra, Neuenburg (a.d. Unstrut), Rieneck, Rothenfels, Staufeneck, Ulrichsburg (bei Rappoltsweiler), Vianden, Wartburg, Wertheim, Wildenberg. Gotische Burganlagen des Spätmittelalters (13.-15. Jahrhundert) - transformiert aus dem Hochmittelalter über die Zeit des Interregnums (1256-1273) - sind etwa die Burgen des Deutschen Ordens: Allenstein, Heilsberg, Königsberg, Marienburg (als Sitz des Hochmeisters) Marienwerder, Neidenburg, Rehden, Thorn, weiter die rheinischen Burgen des 14. Jahrhunderts: Burgschwalbach, Ehrenfels, Erkelenz, Hülchrath, Kasselburg, Kempen, Lechenich, Marburg, Marksburg, Mürlenbach, Nideggen, Oberlahnstein, Reichenberg, Schönburg, die Burgen Kaiser Karls IV. (1346-1378): Bösig, Hradschin, Karlstein, Lauf, schließlich die (übrigen) deutschen Burgen des 14. und 15. Jahrhunderts: Aggstein, Burglengenfeld, Churburg, Frauenstein, Freundsberg, Friedberg, Friedewald, Fürstenau, Füssen, Haldenstein, Heimfels, Hohenaschau, Hohensalzburg, Hohenwerfen, Lauenstein, Passau (Nieder-, Oberhaus), Pernstein, Pfäffingen, Rapottenstein, Rochlitz, Trausnitz, Weidelsburg, Wörth, Zeisburg. Gegen Ende des Mittelalters kamen die ersten ("festen") Schlösser auf: Fleckenstein, Hardenberg, Heideberg(er Schloss), Hochosterwitz, Hohkönigsburg, Kufstein, Meißen (Albrechtsburg), Plassenburg, Wildenstein (a.d. Donau). Daneben gab es noch Wehrkirchen und Kirchenburgen, z.B. auch in Siebenbürgen: Chazelles, Dörrenbach, Hanberg, Kraftshof, Muttenz, Schönberg, Tartlau, Weißenkirchen, Bischofs- und Klosterburgen: Komburg, Limburg, Melk, Säben, Sitten. [Buhlmann, 03.2023]

Houben, Herbert (2008), Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Herrscher, Mythos, Mensch (= Urban Tb 618), Stuttgart 2008 > F Friedrich II. (von Hohenstaufen)

Houben, Hubert (2012), Die Normannen (= BSR 2755), München 2012 > N Normannen

Hoving, Thomas (1978), Der Goldene Pharao Tut-ench-Amun (= Knaur Tb 3639), München-Zürich 1980, 319 S., Schwarzweißabbildungen, Schwarzweiß-, Farbtafeln, DM 12,80 > T Tutanchamun

Howard, Douglas A. (2017), Das Osmanische Reich (1300-1924), Darmstadt 2018 > O Osmanische Geschichte

HS = Historische Studien

HT = Humboldt Taschenbücher

Hu

Huber, Erna (1978), Vom Schwarzwald zur Baar. Kunst- und Geschichtsstätten im Schwarzwald-Baar-Kreis (= Thorbecke Taschen-Bildführer, Bd.5), Sigmaringen 1978 > S Schwarzwald-Baar-Kreis

Huber, Franz (1994), Das gesegnete Jahr. Bilder und Texte zum Kirchenjahr, Freiburg i.Br. 21994 > Z Zeit

Huber, Vitus (2019), Die Konquistadoren. Cortés, Pizarro und die Eroberung Amerikas (= BSR 2890), München 2019, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 9,95. I. Konquistadoren heißen die Eroberer des spanisch-amerikanischen Kolonialreichs in den Jahrzehnten nach der "Entdeckung" (Mittel-, Süd-) Amerikas durch Christoph Kolumbus (1492). Im Auftrag und mit teilweiser materieller Unterstützung des spanischen Königtums hauptsächlich Karls I. (1516-1556; als Karl V. römisch-deutscher König) führten sie (eigentlich nichtstaatliche) Expeditionen, Kriegszüge und Eroberungen aus zur Gewinnung von materiellem Reichtum (Beute [Gold, Sklaven], Beteiligungen, Investitionen) und sozialem Prestige (Titel, Ämter). Der Reconquista des Mittelalters auf der iberischen Halbinsel folgte somit die Conquista auf dem amerikanischen Doppelkontinent. II. Zu unterscheiden sind: a) die vier Entdeckungsfahren des Kolumbus (1492-1504; 1.: San Salvador [12. Oktober 1492] - Kuba - Hispaniola [1492/93]; 2.: Puerto Rico - Hispaniola - Jamaika - Kuba [1493/96]; 3.: Margarita - Hispaniola [1498/1500]; 4.: Martinique - Hispaniola - Kuba - Honduras - Panama - Jamaika - Hispaniola [1502/04]) und die "karibische Phase" der Conquista (Alonso de Ojeda: Trinidad - Venezuela - Hispaniola [1499]; Diego de Nicuesa: Hispaniola - Panama [1509]; Vasco Núnez de Balboa: Panama [1513], Ponce de León: Bahamas - Florida [1513, 1521]) mit ersten spanischen Ansiedlungen (Hispaniola [ab 1493], Puerto Rico [1508], Jamaika [1509], Kuba [1511]; Plantagenwirtschaft und Sklaverei, Ausbeutung auch schwarzafrikanischer Sklaven [ab 1516]) und Inbesitznahmen (karibische Inselwelt, Eroberung von Panama [ab 1509]); b) die Phase der Conquista auf dem mittelamerikanischen Festland (Antonio de Carvajal: Yukatan [1518]; Hernán Cortes: Mexiko/Aztekenreich Moctezumas [1510/21; Allianz der Spanier mit indigenen Herrschaten wie Totonaken oder Tlaxcalteken; Massaker von Cholula, Eroberung Tenochtitlans; Epidemien und Seuchen]; Francisco Hernández: Nicaragua [1522/24]; (Hernán Cortez,) Pedro und Jorge de Alvarado: Guatemala, El Salvador [1524/29; u.a. mit Unterstützung des Dreibundes des Aztekenreiches]; Hernán Cortes: nördliches Mexiko [1532/35]); c) die Phase der Eroberungen und Expeditionen in Südamerika (Francisco Pizarro: Anden/Inkareich des Atahualpa [1531/34; innere Schwäche des Inkareichs, Überfall von Cajamarca, Gefangennahme und Ermordung Atahualpas, Einnahme Cuzcos, Gründung Limas]; Sebastián de Benalcázar: Quito - Bogota [1536/38]; Don Joseph de Quesada: Kolumbien [1536/38]; Nikolaus Federmann: Bogota [1536/39]; Pedro de Valdivia: Cusco - Tucapel [1540/53]; Francisco de Orellana: Amazonasgebiet [1541/42]; Álvar Núnez Cabeza de Vaca: Florianopolis - Asunción [1541/42]; Diego de Rojas: Cuzco - Buenos Aires [1542]; Domingo Martínez de Irala: Asunción - Cuzco [1547]); d) die Expeditionen in Nordamerika (Hernando de Soto, Luís de Moscoso: Florida - Mississippi - Golfküste [1539/42]; Francisco Vásquez de Coronado: Nordmexiko - Kansas [1540/42; Unterwerfung von Pueblostämmen]; Gründung von St. Augustine in Florida [1565]). III. Die Conquista kam mit den Ordenanzas de descrubimiento des spanischen Königs Philipp II. (1556-1598) (offiziell) zu ihrem Ende (1573). Bis dahin hatte sie die ihr eigene Dynamik aus Diplomatie (Einbeziehung indigener Gruppen), Eroberung (Azteken-, Inkareich) und Ausbeutung (Edelmetalle und Geldwirtschaft, Sklaverei, Besiedlung und Kolonisation) entfaltet, die bei den überlebenden Eroberern vielfach, aber nicht immer zu wirtschaftlichem und sozialem Aufstieg führte ("Landnahme" von angeblich eigentumslosen Land; Encomiendas, Bergwerke u.a.). Eine wichtige Rolle spielten die von der spanischen Krone abhängigen Generalkapitäne als Anführer von Konquistadorengruppen und -heeren bei Expeditionen und Kriegszügen (Rekrutierung in Spanien [Christen, auch: ehemals jüdische conversos, ehemals muslimische moriscos] und den Kolonialgebieten; Bewaffnung, Versorgung; Disziplin und Gefolgschaft, Rebellion und Bestrafung, Anklagen und Prozesse); ihre Expeditionen waren erfolgreich, wenn sie indigene Unterstützung besaßen oder in erfolgreichen Plünderungen ihre Basis hatten. Spanische Eroberung und Besiedlung in Amerika gerieten damit schon bald teilweise an ihre Grenzen (Nordamerika-Expeditionen, Krieg von Chichimecas [1550/90]; punktuell-lokale spanische Herrschaft, autonome Gebiete, nicht erschlossene Regionen). Im Gefolge der Conquista baute die spanische Krone ihr Kolonialreich auf (Einrichtung des Indienrats 1524; Vizekönigreiche Neuspanien [1535] und Peru [1543]; Verwaltung, Besteuerung statt Beute), die spanisch-katholische Kirche begann mit der christlichen Missionierung der Unterworfenen, soweit diese Eroberung, Versklavung und eingeschleppte Seuchen überlebt hatten (angeblich "gerechte Kriege" auf Seiten der Spanier, biblischer Missionsbefehl; Eroberung, Versklavung, [gewaltsame] Christianisierung [durch Konquistadoren und Missionare], jesuitische Reduktionen <-> Adventspredigt des Antonio de Montesinos [1513], "Vater des Völkerrechts" Francisco de Vitoria [†1546], Bartolomé de las Casas [†1566] als "Indios-Beauftragter" der spanischen Krone). IV. Seit der Conquista hat die historische Leistung der Konquistadoren negative und positive Urteile zwischen Abscheu und Verherrlichung erfahren, zumal wenn dem die subjekte Sichtweise der Konquistadoren selbst zugrunde gelegt wurde (z.B.: Berichte des Hernán Cortes als Erfindung der Eroberung Mexikos), während Geschichtsquellen, die den Indigenen nahestehen, kaum zum Zuge kamen (Jerónimo de Alcalá, Relación de Michoacán [ca.1540]; Bernadino de Sahagún, Historia general de las cosas de Nueva Espana [1547/49]; Diego Durán, Historia de las Indias de Nueva Espania. Y islas y tierra firme [1581]; Nahua- und Maya-Autoren wie Hernando de Alavardo Tezozómoc [†ca.1610] oder Domingo Chimalpahin [†ca.1660]). Die heutige Geschichtswissenschaft hat sich von Europzentrismus und europäischem Überlegenheitsdiskurs weitgehend verabschiedet; weder indigene "zivilisatorische Unterlegenheit" (angebliche indigene Verehrung der Spanier als Götter <- Gastfreundschaft) noch spanische "technologische Überlegenheit" (Schusswaffen, Pferde) oder eine erfolgreiche Militärtaktik haben die Conquista entschieden, sondern es waren vielmehr Faktoren auf Seiten der einheimischen Bevölkerung (lokale Rivalitäten unter den Indigenen, Allianz zwischen Konquistadoren und Indigenen, indigene Kolloboration; Ausbreitung von Seuchen und Krankheiten) und der militärische Vorteil von Eroberern (Konquistadoren gegen einheimische Krieger und Familien), die zu Gunsten der Konquistadoren und des spanischen Königtums wirkten; hinzu kam auf Seiten der Konquistadoren, der "ersten Eroberer", ein "Anreiz- und Belohnungsschema", das die Conquista in Gang hielt. [Buhlmann, 08.2019]

Hucker, Bernd Ulrich (1989), Innocenz III., Otto IV. und die Zisterzienser im Bremer Schisma (1207-1217), in: JbnsKG 87 (1989), S.127-143. Der deutsche Thronstreit (1198-1208) rief Schismen auf den Bischofs- und Erzbischofsstühlen des deutschen Reiches hervor (Hamburg-Bremen, Köln, Münster, Worms, Würzburg). Schon vor dem Thronstreit beförderten Interessen des staufischen Königtums im Bremer Erzbistum die Wahl des Dänen und Schleswiger Bischofs Waldemar (1192) gegen Erzbischof Hartwig II. (1184-1207). Doch konnte sich Waldemar nicht durchsetzen, so dass er nach dem Tode Hartwigs mit Unterstützung des staufischen Königs Philipp von Schwaben (1198-1208) nochmals zum Erzbischof gewählt wurde (1207), jedoch von Papst Innozenz III. (1198-1216) nicht anerkannt und exkommuniziert wurde (1208). Mit der Gegenwahl Burchards I. von Stumpenhausen (1208-1210), unterstützt vom Papst und (zunächst) vom welfischen König Otto IV. (1198-1218), war das Bremer Schisma komplett. Nach der Ermordung Philipps (1208) wurde Otto allgemein als Herrscher anerkannt und entzog Erzbischof Burchard I. seine Unterstützung, der alsbald zurücktrat (1210) und dem erwählten Erzbischof Gerhard I. von Oldenburg (1210-1219) Platz machte. Letzterer wechselte zwecks päpstlicher Anerkennung indes auf die staufische Seite, so dass Kaiser Otto, ebenfalls exkommuniziert, nun Waldemar unterstützte, diesem mit Hilfe Herzog Albrechts I. von Sachsen (1212-1261) den Zugang nach Bremen ermöglichte (1211) und seine Herrschaft im Erzstift wieder erneuern konnte (1212). In Bremen stützte sich Waldemar auf die Bürgerschaft und Teile der Ministerialität, in der Bremer Diözese auf die Stedingerbauern , die Angriffe gegen Stauferanhänger unternahmen (Kriegszug gegen den Grafen von Hoya 1213, Zerstörung der Burg Stotel 1214). Waldemar wurde allerdings 1217 aus Bremen vertrieben und trat als Mönch ins Zisterzienserkloster Loccum (neben dem Klostervogt Alard) ein, die Loccumer Zisterzienserniederlasssung in Bremen wurde von Mönchen und Geistlichen, Anhängern Waldemars, besetzt, die kaiserliche Machtstellung (und die des Reiches) im Bremer Erzstift war dahin. Stattdessen unterstützte u.a. die landsässige erzstiftische Ministerialität (Hermann von Bexhövede) das unter päpstlichem Schutz stehende Bremer Zisterzienserinnenkloster St. Katharinen (1216), an dessen Stelle 1225 ein Dominikanerkonvent St. Katharinen erscheint; bremische Beginen wohl in der Nachfolge der Zisterzienserinnenniederlassung durften die dominikanische Katharinenkirche für ihren Gottesdienst nutzen (1225/58); darüber hinaus sind Beziehungen der Bremer Dominikaner zum Zisterzienserinnenkloster Lilienthal feststellbar (Zisterze in Wollah [Bremen-Lesum], Bremer Zisterze St. Katharinen, Lilienthal). [Buhlmann, 08.2014]

Hucker, Bernd Ulrich (1990), Kaiser Otto IV. (= MGH. Schriften, Bd.34), Hannover 1990 > O Otto IV.

Hucker, Bernd Ulrich (2003), Otto IV. Der wiederentdeckte Kaiser (= it 2557), Frankfurt a.M.-Leipzig 2003 > O Otto IV.

  Hude, Zisterzienserkloster: I. Die Ermordung des aus dem Heiligen Land zurückkehrenden gräflichen Kreuzfahrers Christian von Oldenburg (*v.1167-†1192) im Jahr 1192 zog die Stiftung eines Benediktinerinnenklosters in Bergedorf (bei Hude) nach sich. Jedoch gaben die Nonnen nach wenigen Jahren auf (v.1201). Zisterziensermönche aus dem Kloster Mariental (bei Helmstedt), einem Filialkloster der Zisterze Altenberg, gründeten die geistliche Kommunität neu in Hude (1232; Kloster Rubus/Portus sancte Marie). Die Gründung ist in Zusammenhang zu sehen mit dem Aufstand der Stedinger Bauern, die von Graf Christian II. von Oldenburg (1209-1238) und Erzbischof Gerhard II. von Bremen (1219-1258) vehement bekämpft wurden (Übergriffe der Bauern auf das Kloster Hude, Stedingerkreuzzug 1233/34, Schlacht bei Altenesch 1234). Unterstützt von den Oldenburger Grafen und den Bremer Erzbischöfen, teilweise beaufsichtigt durch den Zisterzienserabt von Ihlow verfügte der Huder Mönchskonvent alsbald (u.a. durch Landschenkungen) über Besitz und Zehntrechte in der Umgebung; die Erschließung von Moorrandgebieten entlang der unteren Hunte vergrößerten den Umfang der meist zunächst in Eigenwirtschaft betriebenen Güter (Konverseninstitut, Konversenmeister). Klosterrechte und -besitz gab es u.a. in den Dörfern Lintel, Lockfleth, Nordkimmen, Steinkimmen und Vielstedt, klösterliche Stadthöfe in Bremen (1310), Wildeshausen (1319) und Oldenburg; wirtschaftlich bedeutend war das Vorwerk in Schwei; Leibeigene waren vom Kloster abhängig. Zudem wurde die Zisterze seit Graf Otto I. von Oldenburg (1209-1251) zur Grablege der Oldenburger Grafen (Oldenburger, Delmenhorster Linie); auch war die Klosterkirche Ort der Grablege des Bremer Erzbischofs Nikolaus (1422-1435) und für Personen aus dem niederen Adel der Umgebung. Klosterkirche und Klostergebäude waren um 1330 fertiggestellt. Der Huder Abt Nikolaus Surbeer (1463) vermittelte in einem Streit um die Teilung der Oldenburger Landesherrschaft zwischen den gräflichen Brüdern Gerhard (1440-1483) und Moritz IV. von Oldenburg (1463-1464). Das 15. Jahrhundert kann darüber hinaus angesehen werden als Zeit des geistig-religiösen Niedergangs der Mönchsgemeinschaft (Visitation 1446); über Reformversuche ist nichts bekannt. Hinzu kam die wirtschaftliche Ausbeutung des Klosters unter dem Bremer Erzbischof Heinrich von Schwarzburg (1463-1496), der auch Bischof von Münster (1466-1496) war und Schutzherr der Zisterze wurde (1482), als er sich gegen den Oldenburger Grafen Gerhard durchsetzte und die Grafschaft Delmenhorst dem Bistum Münster angliedern konnte. Alles in allem mündete unter dem Münsteraner Bischof Franz von Waldeck (1532-1553) der desolate Zustand der Zisterze in deren Aufhebung (1536) und den Abbruch von Klostergebäuden und Klosterkirche. 1547 setzte sich Graf Anton I. von Oldenburg (1526-1573) wieder in den Besitz der Delmenhorster Grafschaft, 1687 übertrug der dänische König Christian V. (1670-1699), auch er ein Oldenburger, das ehemalige Klostergelände und den umliegenden Besitz als Vorwerk mit Mühle und freiadliges Gut dem Delmenhorster Drosten und Jägermeister Kurt Veit von Witzleben (†1719) gegen eine jährliche Erbheuer. Im Besitz der Familie von Witzleben blieben das Huder Kloster bzw. dessen Reste seitdem. II. Die Ruine der Klosterkirche lässt noch den topografischen Aufbau der Zisterze erkennen: Südlich der Kirche schloss sich der Kreuzgang an, der wiederum von Kapitelsaal und Bibliothek sowie den Dormitorien und Refektorien (jeweils für die Mönche [Ostflügel] und Konversen [Westflügel]) umgeben war; ein Abthaus war zudem vorhanden, ebenso der Friedhof für die Mönche; Gästehäuser und Wirtschaftsgebäude (mit der Mühle) gehörten ebenfalls zu den Baulichkeiten des Klosters, das von einer inneren und äußeren Klostermauer (Klosterpforte, Mittelpforte, äußeres Tor) umfasst wurde. Am nördlich gelegenen äußeren Tor lagen die Pförtnerei und die Torkapelle, die um 1300 errichtete, zum Jahr 1330 erstmals erwähnte St. Elisabeth-Kirche (capella beate Elisabeth ante portam) für die Laien und pauperes. Unmittelbar außerhalb der äußeren Klosterummauerung befanden sich der Kammerhof und der Ziegelhof (Herstellung von Backsteinen für den Kirchenbau). Die Klosterkirche (als Marienkirche) war ein frühgotischer Backsteinbau der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts, stilistisch verwandt mit den Zisterzienserkirchen in Loccum, Riddagshausen und Walkenried. Sie war ein dreischiffige gewölbte Basilika mit nur wenig herausragendem Querschiff und geradem Chor. Die heute noch erhaltene Südwand des Mittelschiffs zeigt eindrucksvoll eine horizontale Dreigliederung in Reihen von Spitzbogenarkaden, Triforien und Obergadenfenstern, u.a. verziert mit Heils- und Dämonensymbolen (Masken von Tier-, Menschenköpfen). Erhalten haben sich auch der Nordostecke der Klosterkirche sowie Teile des Nordabchlusses des Querhauses. Die Elisabethkirche ist eine einfache Saalkirche, die sich durch eine vielfältige Innenbemalung (Christus als Weltenrichter, heilige Katharina, heilige Elisabeth, Jonas und der Wal, Bischof Martin und der Bettler, Adam und Eva im Paradies, Vogeldarstellungen) auszeichnet (ca.1300). Eine Figurengruppe, die den heiligen Georg und den Drachen darstellt, stammt aus dem späten 15. Jahrhundert, das Kreuz mit Christusfigur vor dem Altargewölbe aus derselben Zeit; die Kanzel der (protestantischen) Kirche geht auf das Jahr 1672 zurück. Am beeindruckendsten ist indes der Huder Altar mit seinen 24 Bildfeldern zur Heilsgeschichte Jesu Christi (ca.1300).
An Literatur zum Kloster Hude seien genannt: Backenköhler, Reiner [o.J.], St. Elisabeth-Kirche in Hude, o.O. o.J., [12] S., Farbabbildungen, € 2,-; Stöver, Krimhild (1997), Kloster Hude (= Der historische Ort, Nr.37), Berlin 22003, 26 S., Abbildungen, Pläne, € 2,60. [Buhlmann, 09.2017]

Hübener, Wolfgang (Hg.) (1975), Die Goldblattkreuze des frühen Mittelalters (= VAI 37), Bühl 1975, 167 + 50 S., Schwarzweißabbildungen, -tafeln, Karten, € 8,-. Goldblattkreuze als "Demonstration christlichen Glaubens im 6. und 7. Jahrhundert" ("christlicher Grundwert der Kreuze"; Wolfgang Hübener, Zusammenfassung) traten im frühen Mittelalter vom Nil und der iberischen Halbinsel bis nach Südmitteleuropa in Erscheinung (Rainer Christlein, Verzeichnis der Goldblattkreuze nördlich der Alpen; Günther Haseloff, Zu den Goldblattkreuzen aus dem Raum nördlich der Alpen; Otto von Hessen, Langobardische Goldblattkreuze aus Italien; Wolfgang Hübener, Goldblattkreuze auf der Iberischen Halbinsel; Helmut Roth, Die Langobardischen Goldblattkreuze. Bemerkungen zur Schlaufenornamentik und zum Stil II; Konrad Weidemann, "Byzantinische" Goldblattkreuze). Stand 1975 waren bis dahin ca. 320 bekannte, davon ca. 130 verzierte, der Rest unverzierte Goldblattkreuze aufgefunden worden. Die Kreuze wurden - durchaus von Goldschmieden vor Ort (Model, Goldbleche von wenigen Gramm Gewicht, Zuschnitt, Verzierungen, Löcher für das Annähen auf Kleidung [<-> Hängekreuze, Pektoralkreuze]) - vielfach aus (z.B. nach Mitteleuropa) vom östlichen Mittelmeerraum importierten Gold (Goldsolidi?) gefertigt (Ernst Foltz, Technische Beobachtungen an Goldblattkreuzen; Axel Hartmann, Rotraut Wolf, Vergleichende Spektralanalysen an einigen frühmittelalterlichen Goldfunden und Goldblattkreuzen). Die Goldblattkreuze dienten als Votivgaben aus Gründen von Bitte und Dank und wurden u.a. Teil von Kirchenschätzen (Hayo Vierck, Folienkreuze als Votivgaben); insbesondere waren sie Grabbeigaben und standen in Verbindung mit der christlichen Jenseitsvorstellung der Auferstehung. In Süddeutschland gilt der Zeitraum zwischen 580 und 650 als Blütezeit der Goldblattkreuze, die Alemannen und Bajuwaren zugeordnet werden können, während etwa Franken und Sachsen von dieser Beigabensitte wohl nicht beeinflusst waren. Die Verwendung der Goldblattkreuze zeigt eine sozial herausgehobene Schicht von wirtschaftlich und politisch mächtigen Personen, von Adligen; vielfach waren es Männergräber, in denen Goldblattkreuze gefunden wurden. Die Goldblattkreuze zeigen auch an, wie verbreitet das vorbonifatianische Christentum im südlichen Mitteleuropa gewesen war (z.B. Steinkirche in Kirchheim unter Teck [ca.600]) (Rainer Christlein, Der soziologische Hintergrund der Goldblattkreuze nördlich der Alpen). Ähnliches gilt für den langobardischen Raum südlich der Alpen (Arnulf Kollautz, Das Registrum Gregorii als Quelle über die gesellschaftlich-sozialen und religiösen Zustände des langobardischen Italiens zur Zeit Papst Gregors I.). [Buhlmann, 07.2021]

Hübner, Erika [o.J.], Zur Chronik des Hauses Walter Linder. Eine familiengeschichtliche Erinnerung in Wort und Bild an das frühere Kaiserswerth (= Heimatkundliches in und um Kaiserswerth, Nr.13), [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J. > H Heimatkundliches in und um Kaiserswerth

Hübner, Paul (1974), Der Rhein. Von den Quellen bis zu den Mündungen, Frankfurt a.M.-Wien-Zürich 1974 > F Flussgeschichte(n)

Hülsen-Esch, Andrea von (Hg.) (2005), Inszenierung und Ritual in Mittelalter und Renaissance (= SH 40), Düsseldorf 2005, 322 S., € 25,80. I. Um die Disputation als Wissensvermittlung, Dialog und inszenierte und ritualisierte Lehrveranstaltung im Bereich der mittelalterlichen Scholastik geht es bei Christoph Kann, Inszenierung von Wissen und Ritual der Vermittlung. Zur mittelalterlichen quaestio disputata und ihrer Kritik. II. Das Auftreten des Hässlichen (Menschen) neben dem Schönen in der mittelalterlichen höfischen Literatur (Arturroman, Eneasroman Heinrichs von Veldeke [Sibylle, Charon, Cerberus], Gregorius des Hartmann von Aue, Iwein Hartmanns von Aue [Waldmensch], Parzival Wolframs von Eschenbach [Kundrie]) und die Bedeutung und Funktion des solcherart inszenierten Hässlichen als Gegenbild und Ergänzung zum Schönen (komplexes Menschenbild) schildert Barbara Haupt, Die Inszenierung von Hässlichkeitin der höfischen Literatur. III. Die Bedeutung der Architektur in der beginnenden Gotik, Abt Suger und den Chor von St. Denis hat zum Inhalt Jürgen Wiener, Architektur als inszenierte Geschichte: Saint-Denis im Lichte der Kunstwissenschaft. IV. Inszenierung und Ritual bestimmten nicht nur nach Johannes Laudage, Die Bühne der Macht. Friedrich Barbarossa und seine Herrschaftsinszenierung, die Herrschaftsdarstellung des Stauferkaisers in der Kriegergesellschaft seiner Zeit (Königtum und Adel, Kommunikation als Demonstration, religiös-kirchliche Grundlagen von Königsherrschaft). Neben den "Spielregeln der Macht" (Kommunikation, Inszenierung, Ordnungsrituale) war Friedrich Barbarossas Herrschaftshandeln - über die Inszenierung der kaiserlichen Ehre hinaus - auch vielfach bestimmt vom religiös-sakralen Umfeld der Harrschaftsausübung (staufisches Königtum und himmlisches Königreich) sowie von den Leitlinien mündlicher (Kriegeradel) und schriftlicher Gesellschaft (Kirche und Bildung). V. Stefan Weinfurter, Das Ritual der Investitur und die 'gratiale Herrschaftsordnung' im Mittelalter, stellt die Gnade des deutschen Königs in den Mittelpunkt der Überlegungen. Königliche Investitur (als inszeniertes Ritual) war dabei die Einweisung einer Person in Besitz, Amt oder öffentliche Stellung, eingebunden in eine Konsens stiftende königliche Herrschaft, die der Gnade (gratia) des Herrschers eine grundlegende Rolle zuwies (Gnade als Ausdruck des Herrschens, Gnade als Ehre, Gerechtigkeit und Zwangsinstrument des Regierens [Huld, Huldentzug], Investitur mit einem königlichen Amt als Gnade). Dies galt bis zum Investiturstreit (1075-1122), der wesentlich zu einem Wandel der Königsherrschaft ("Entsakralisierung" des Königtums, Wormser Konkordat 1122). Das Auseinandertreten von kirchlicher und weltlicher Sphäre bedingte bei der königlichen Bischofsinvestitur, dass die Kirchenoberen nur mehr in einem feudalen Rechtsverhältnis zum Herrscher standen. Feudalisierung und Lehnswesen, aufkommend im 12. Jahrhundert, bewirkten nun eine mit dem Investiturakt verbundene Rangabstufung und verstärkte Unterordnung, das gratiale Element von Herrschaft trat zunehmend zurück, Ehre und Gnade traten auseinander. Die Investitur z.B. als Lehnsakt zwischen König (sowie Kurfürsten) und Fürsten war im späten Mittelalter ein verrechtlichter Vorgang, inszeniert und ritualisiert durch Gesten und Symbole, angepasst an neue Ordnungsvorstellungen von Herrschaft und Gesellschaft. VI. In die osteuropäische Geschichte und das Verhältnis der russischen Großfürsten und Fürsten zum Mongolen- und Tartarenkhan (1223-1480; Unterordnung und Tributleistung) führt ein Hans Hecker, Khan und Großfürst. Inszenierung und Ritual der Begegnungen. VII. Das Königreich Neapel im Humanismus beleuchtet an Hand der Ausgestaltung von Grabmälern und Familienkapellen Tanja Michalsky, Seggi und sediali. Zur Inszenierung adeliger Repräsentattion in neapolitanischen Familienkapellen um 1500. VIII. Raum und Herrschaft wurden nach Achim Landwehr, Das Territorium inszenieren. Der politische Raum im frühneuzeitlichen Venedig, jenseits der Kartografie und abseits der Kenntnis einer genauen Grenze inszeniert und erfasst durch schriftlich niedergelegte Landbeschreibungen, so erkennbar im Essatissima Discrettione del Friuli des Giulio Savorgnan (1591) als Register und Überblick von Orten innerhalb des venezianischen Territoriums (in Abgrenzung zum habsburgischen Herrschaftsbereich) oder an den Reisen einer venezianischen Grenzkommission unter Marcantonio Barbaro (1583/84) als Bewegung, herrschaftliche Durchdringung und punktuelle Inszenierung im Raum. IX. Uwe Baumann, Die Inszenierung von Herrscher und Herrschaft in der Öffentlichkeit der Tudor- und Stuartzeit, beschäftigt sich mit der Darstellung und Inszenierung von Herrschaft bei den englischen Herrschern Heinrich VII. (1485-1509), Heinrich VIII. (1509-1547), Elisabeth I. (1558-1603) und James I. (1603-1625) (Rittertum, Artuskult). X. Barbara Stollberg-Rilinger, Knien vor Gott - Knien vor dem Kaiser. Zum Ritualwandel im Konfessionskonflikt, nimmt die Unterwerfung protestantischer Fürsten und Herrschaftsträger vor Kaiser Karl V. (1519-1558) nach dem Schmalkaldischen Krieg (1546/47) zum Anlass, um auf das konfessionell unterschiedlich bewertete Deditionsritual des Kniens vor dem Kaiser hinzuweisen und auf dessen massiven Wandel im Zeitalter der Konfessionalisierung hinzuweisen. XI. Vittoria Borsò, Ritual und Inszenierung im spanischen Barock, spürt dem politischen und ideologischen Klima im Spanien des 16. bis 18. Jahrhunderts (Manierismus, Barock) nach (Weltmission und Gegenreformation, Malerei des Barock). [Buhlmann, 09.2012]

Hüsing, Augustin (1878), Der heilige Liudger, erster Bischof von Münster, Apostel der Friesen und Sachsen, Münster 1878 > L Liudger

Hüttemann, Arno (Hg.) (2010), Pompejanische Inschriften. Lateinisch/Deutsch (= RUB 18769), Stuttgart 2010, [13], 235 S., € 7,- > Lateinische Literatur > P Pompejanische Inschriften

Hug, Wolfgang (2006), Kleine Geschichte Badens, Stuttgart 2006 > B Baden

Hugelmann, Karl Gottfried (1914), Die Wahl Konrads IV. zu Wien im Jahre 1237, Weimar 1914 > K Konrad IV.

Hugshofen, Benediktinerkloster im Elsass: Hugshofen war ein elsässisches Benediktinerkloster, gegründet im Jahr 1000, aufgelöst während der Reformation. Das Kloster Hugshofen im oberelsässischen Weilertal (bei Schlettstadt) soll im Jahr 1000 durch Werner von Ortenberg und dessen Ehefrau Himiltrud, die ältesten überlieferten Mitglieder der Familie von Hirrlingen, gegründet worden sein. Nichts erfährt man aus den der Gründung folgenden Jahrzehnten über die Benediktinergemeinschaft in Hugshofen. Erst zum Jahr 1061 treten das Kloster und die Stifterfamilie wieder in Erscheinung. Folmar (von Hirrlingen), der Sohn Werners und der Himiltrud, übergab zusammen mit seiner Ehefrau Heilicha das Kloster der Straßburger Domkirche unter Bischof Hermann (1048-1065). Hugshofen wurde damit ein Eigenkloster der Straßburger Bischöfe. Über die Verbindungen der Hirrlinger, der Hugshofener Klostervögte, mit der Mönchsgemeinschaft St. Georgen im Schwarzwald - Ulrich (I.) von Hirrlingen (†1123) hatte die Witwe des 1094 verstorbenen St. Georgener Klostervogts Hermann geheiratet - nahm Hugshofen kurz oder um das Jahr 1110 an der St. Georgener Klosterreform teil und wurde von Abt Theoger von St. Georgen (1088-1119) reformiert, mit Konrad wurde ein Reformabt vom Kloster [[Hirsau]] eingesetzt. Das erste Papstprivileg, das des Papstes Calixt II. (1119-1124), ist eine Bestätigung der Güter und Rechte des Klosters. Die auf die Jahre 1122/24 zu datierende Urkunde wurde auf Veranlassung der lothringischen Gräfin Adelheid, einer Verwandten der Hirrlinger, aufgesetzt und bestimmte neben anderem die Exemtion des Klosters von der Gewalt des Straßburger Bischofs. Diese Bestimmung, ergänzt um den Schutz des engeren Klostergebietes vor aller bischöflichen und weltlich-vogteilichen Einflussnahme, ist indes so außergewöhnlich, dass das Papstprivileg nur eine Fälschung, und zwar des 13. Jahrhunderts, sein kann. Dies wird ersichtlich, wenn man das Calixt-Privileg mit den Inhalten einer Urkunde Papst Innozenz' II. (1130-1143) vom 10. Juni 1135 vergleicht. Hier wird Hugshofen lediglich dem päpstlichen Schutz unterstellt vermittels der libertas Romana, der "römischen Freiheit", wie man sie auch vom Kloster St. Georgen her kennt. Der Text der echten Innozenz-Urkunde gibt damit den richtigen verfassungsmäßigen Status der elsässischen Abtei wieder, lediglich bei der im Privileg aufgeführten Besitzliste ist es später zu Rasuren und Manipulationen gekommen. Derselbe Fälscher, der die Calixt-Urkunde niederschrieb, stellte auch die angebliche Kaiserurkunde des deutschen Herrschers Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) vom 24. Oktober 1162 her. Eine an das Kloster Hugshofen auf 1140/52 zu datierende Güterschenkung der Judinta, der Ehefrau Graf Albrechts II. von Habsburg (1096-1140), macht wahrscheinlich, dass Judinta eine Schwester Ulrichs (II.) von Hirrlingen (†1152) gewesen war und Ulrich der Hugshofener Klostervogt. Die Stifterfamilie und ihre Erben konnten sich als Vögte aber auf Dauer nicht behaupten. Spätestens um 1200 hatten die Grafen von Hohenberg die Vogtei über das Kloster neben anderen ehemals hirrlingischen Positionen inne. Zudem war die Mönchsgemeinschaft im 12. Jahrhundert ein benediktinisches Reformkloster, das spätestens 1135 mit der "römischen Freiheit" begabt worden war. Damit zusammenhängend versuchte die Kommunität, die ja auch bischöfliches Eigenkloster war, den Einfluss von Bischof und Vogt einzuschränken. Die beiden gefälschten Urkunden des 13. Jahrhunderts zeigen, dass das Problem der Beziehungen zwischen Kloster, Bischof und Vogt damals noch virulent war. Vielleicht hängen die Urkundenfälschungen mit dem Übergang der Klostervogtei an die Grafen von Habsburg (um 1258) zusammen. Hugshofen geriet jedenfalls in den Sog der habsburgischen Landesherrschaft. Im 15. und 16. Jahrhundert mehrfach verwüstet, wurde das Kloster im Zeitalter der Reformation aufgelöst. Bis 1782 stand immerhin noch die ("merkwürdige") Klosterkirche, ein romanischer Zentralbau, ein Rundbau mit angeschlossenem rechteckigen Chor, kegelförmigem Dach und polygonalem Oberbau.
An Literatur zum Kloster Hugshofen seien genannt: Buhlmann, Michael (2005), Die Herren von Hirrlingen und das Kloster St. Georgen im Schwarzwald (= VA 15), Essen 2005; Hirsch, Hans (1929), Urkundenfälschungen der Klöster Hugshofen und Murbach, in: MIÖG Ergbd. 11 (1929), S.179-192; Wollasch, Hans-Josef (1984), Die Benediktinerabtei St. Georgen im Schwarzwald und ihre Beziehungen zu Klöstern westlich des Rheins, in: 900 Jahre Stadt St. Georgen im Schwarzwald 1084-1984. Festschrift, hg. v.d. Stadt St. Georgen, St. Georgen 1984, S.45-61. [Buhlmann, 02.2005, 12.2014]

Humanisten der Tat. Hervorragende Ärzte im Dienste des Menschen, hg. v. Wolfgang Genschorek u. Albrecht Gläser, ist eine Reihe medizinischer Porträts, die u.a. beinhaltet: Genschorek, Wolfgang (1985), Robert Koch. Selbstloser Kampf gegen Seuchen und Infektionskrankheiten (= Humanisten der Tat), Leipzig 71987, 208 S., Schwarzweißtafeln, M 14,- (Robert Koch [*1843-†1910], Medizinstudium in Göttingen, Promotion 1866, Allgemein- und Assistenzarzt, Feldarzt 1870/71, Physikatsexamen 1872, Kreisphysikus und Landarzt, Entdeckung des Milizbranderregers 1876, Wundinfektionen bei Tieren 1878, Regierungsrat 1880, Entdeckung des Tuberkuloseerregers 1882, Erforschung der Cholera in Ägypten und Indien 1883, Geheimer Regierungsrat 1882, Professor für Hygiene am Hygienischen Institut der Universität Berlin 1885, Tuberkulin-Skandal 1890, Erforschung der Malaria in Italien 1898/1900, Reichsgesundheitsrat 1900, Typhus-Kampagne in Deutschland ab 1901, Rindertuberkulose-Diskussion 1902/08, Nobelpreis 1905, Untersuchung der Schlafkrankheit in Deutsch-Ostafrika 1905/06, Weltreise in die Vereinigten Staaten von Amerika, nach Hawaii und Japan 1908, zunehmende Herzbeschwerden, Kur und Herzversagen 1910). [Buhlmann, 11.2023]

Humann, F[ranz] Ant[on] (1871), Das Stift Rellinghausen, in: ZBGV 7 (1871), S.61-74 > R Rellinghausen

Humboldt, Alexander von, deutscher Naturforscher: I. (Friedrich Wilhelm Heinrich) Alexander von Humboldt, geboren 1769 in Berlin, gestorben 1869 am selben Ort, war preußischer Offizierssohn und wurde zusammen mit seinem älteren Bruder Wilhelm von Privatlehrern erzogen, worauf anschließend Studien an den Universitäten Frankfurt a.d. Oder, Berlin, Göttingen bzw. Hamburg folgten. Studiert hat Humboldt naturwissenschaftliche Fächer (Botanik, Zoologie, Physik, Mineralogie), aber auch Handels- und Volkswirtschaft (1787-1791). Es folgten ein Studium an der Bergakademie Freiberg mit dem Abschluss eines Bergassessors (1791-1792) sowie seine Tätigkeit als preußischer Bergbeamter bzw. Oberbergmeister u.a. im Fränkischen oder bei der Verbesserung von Ausrüstung auf der Grundlage bergbautechnischer Modernisierungen. 1795 schied Humboldt aus dem Staatsdienst aus, die nächsten Jahre widmete er sich der Vorbereitung seiner großen amerikanischen Forschungsreise (1799-1804), die ihn an Orinoco und Rio Negro (1. Expedition, 1800), bis in die Anden (Lima) (2. Expedition, 1801), nach Mexiko und Kuba (1803/04) führten. Über die USA (Thomas Jefferson, Washington, Philadelphia) kehrte Humboldt nach Europa zurück (1804). In den nun folgenden Jahrzehnten lebte Humboldt als Naturforscher und allseits anerkannter Gelehrter in Paris und Berlin (1805-1828), insbesondere die umfangreichen Erkenntnisse seiner Forschungsreise in Süd- und Mittelamerika mussten aufgearbeitet werden. Eine weitere Forschungsreise führte Humboldt nach Russland, wo er bis in den Ural und ans Kaspische Meer gelangte (1829). Nach Berlin zurükgekehrt, fand sich der Gelehrte zwischen Hofdienst beim preußischen König und seiner wissenschaftlichen Forschung eingebunden (1830-1859). Alexander von Humboldt starb 6. Mai 1859 als geachteter und auch populärer Forscher. II. Humboldts Forschungen sind vom Prinzip der Vernetzung und der Interdisziplinarität her zu verstehen, auch der literarische Aspekt in der Darstellung seiner zahlreichen Publikationen muss als wichtig erachtet werden. Insofern kann Humboldts fünfbändiges Werk Kosmos (1845/62) als Propagierung von Natur als "Einheit in der Vielheit", aber auch als Lebenssumme des "Weltwissenschaftlers" gelten. Andere Veröffentlichungen Humboldts gehen in dieselbe Richtung: Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein (1790), Florae Fribergensis specimen plantas cryptogramicus praesertim subterraneas exhibens (1793), Aphorismen aus der chemischen Physiologie der Pflanzen (1794), Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser nebst Vermuthungen über den chemischen Process des Lebens in der Thier- und Pflanzenwelt (1797), Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent (1799/1804), Ansichten der Natur (1808), Beobachtungen über den elektrischen Aal des neuen Welttheils (1808), Vues des Cordillères et Monuments des Peuples Indigènes de l'Amérique (1810/13), Kosmos-Vorträge (1827/28), Zentral-Asien. Untersuchungen zu den Gebirgsketten und zur vergleichenden Klimatologie (1844), Briefe. Sein Blick auf Natur (Mensch und Umwelt) und Globalisierung, auf Wissenschaft und Forschung macht Humboldt als Forscher, Wissenschaftler und (Vor-) Denker noch heute so bedeutsam.
Zu Alexander von Humboldt s.: Humboldt, Alexander von (1808/34), Vom Orinoko zum Amazonas. Reise in die Äquinoktialgegenden des neuen Kontinents, hg. v. Adolf Meyer-Abich (1958), Jubiläums-Sonderausgabe, Wiesbaden 81980, 420 S., Schwarzweißtafeln, DM ca. 29,50; Wulf, Andrea (2015), Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur, München 2016 > W Wulf, Alexander von Humboldt. [Buhlmann, 01.2017, 10.2023]

Humpert, Klaus, Schenk, Martin (2001), Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung. Das Ende vom Mythos der "Gewachsenen Stadt", Darmstadt 2001, 389 S., zahlreiche Farbabbildungen, -pläne, -karten, 1 CD-ROM, € 27,90. Hochmittelalterliche "Gründungsstädte" und Stadterweiterungen - allen voran die "Zähringerstädte" Freiburg im Breisgau, Offenburg, Villingen, aber auch betreffend Städte wie Esslingen, München, Rottweil, Siena, Speyer - zeichneten sich durch eine geometrisch-topografische Stadtplanung aus (Gründungsachsen [und "Zähringerkreuz"], Basisrechteck, Streifen und Gitterstruktur [Hofstätteneinteilung], Bogenkonstruktionen, Straßengabelungen und Straßenfächer, Stadtbäche). Für das Mittelalter war im 11./12. Jahrhundert die Stadtplanung als Planung des Stadtgrundrisses neu. Sie orientierte sich an Standardkonstruktionen, wie sie aus der Geometrie und Architektur von Bauwerken (Kirchen) und Klosteranlagen (St. Galler Klosterplan, Kloster Hirsau) sowie aus Konstruktionen mittelalterlicher Miniaturen in Büchern bekannt waren. Die Einmessung des Stadtgrundrisses soll dabei im Rahmen eines ritualisierten Stadtgründungsvorgang stattgefunden haben (Absicherungsrituale, Einpflügen des Stadtgrundrisses). [Buhlmann, 03.2002]

Hunink, Vincent (Hg.) (2011), Glücklich ist dieser Ort! 1000 Graffiti aus Pompeji. Lateinisch/Deutsch (= RUB 18842), Stuttgart 2011, [5], 370 S., € 10,80 > Lateinische Literatur > P Pompejanische Graffiti

Huschner, Wolfgang, Rexroth, Martin (Hg.) (2008), Gestiftete Zukunft im mittelalterlichen Europa. Festschrift Michael Borgolte, Berlin 2008, VIII, 400 S., € 14,80. I. Das Christentum (Taufe) spielte bei der Eingliederung germanischer Völker in den Grenzgebieten des spätantiken Imperium Romanum bzw. oströmischen Reiches (4.-7. Jahrhundert) eine gewisse Rolle, wobei Grenze/Grenzregion die räumliche Ausformung zwischen (soziologisch verstanden) unterschiedlichen Kulturen und Gesellschaften meint, das Christentum grenzbildend und -überschreitend wirkte (Ansiedlung der Westgoten [ab 376]; Kaiser Justinian I. [527-565], Christentum und arianische Völker; Kaiser Herakleios I. [610-641] und christliche "Universalmission") (Stefan Esders, Grenzen und Grenzüberschreitungen. Religion, Ethnizität und politische Integration am Rande des öströmischen Reiches (4.-7. Jh.)). II. Der isländische Kirchenmann Nikulás Bergsson (†1158/59/60) unternahm zwischen 1149 und 1154 eine Pilgerreise (über Deutschland, Norditalien) nach Rom und (über Unteritalien) nach Jerusalem. Von seiner Reise berichtete er in einem isländischen Pilgerführer nach seiner Rückkehr nach Island (1154) und als Abt des Klosters Munkalþverá (1155-1158/59/60) (Dominik Waßenhoven, "Dort ist die Mitte des Welt". Ein isländischer Pilgerführer des 12. Jahrhunderts). III. Holstein (Nordalbingien) zwischen Elbe und Eider, Nord- und Ostsee war im Mittelalter eine "Grenzregion", die von unterschiedlichen politischen (Frankenreich/deutsches Reich, Dänemark), kulturellen und religiösen Kräften (Christentum, Heidentum) geformt wurde mit dem Resultat einer "pluripolaren 'frontier area'" mit 'frontier society' und auseinanderfallenden, sich überlagernden politischen, kulturellen und religiösen Grenzen (Jan Rüdiger, Holstein als 'Frontier'. Zur Europageschichte einer Landschaft). IV. Die Bettelorden, insbesondere die Dominikaner, bedienten sich im 13. Jahrhundert der Zwangspredigt und Zwangsdisputation bei der zu erzwingenden Konversion von Juden zum Christentum (Zwangsdisputationen der 1230er-Jahre [Provence], konvertierte Juden als Dominikanermönche, Disputationen von 1240 [Paris] und 1263 [Barcelona]). Apostaten und (vermeintliche) jüdische Unterstützer sahen sich dabei alsbald (1270er-Jahre) Verfolgung und Inquisition ausgesetzt (iberische Halbinsel, Frankreich, Süditalien; nur teilweise Unterstützung der Inquisitoren durch die weltliche Gewalt [Rechte der jeweiligen Herrscher an den Juden, Judensteuern]) (Benjamin Scheller, Die Bettelorden und die Juden. Mission, Inquisition und Konversion im Südwesteuropa des 13. Jahrhunderts: Ein Vergleich). V. Mongolensturm (1241) und Fall Konstantinopels (1453) kamen für die Weltsicht der mittelalterlichen Dominikanermönche unerwartet, d.h.: die Welt musste neu gedeutet, durch (auch damals nicht unumstrittene) Deutungen neu schematisiert werden, was in der jeweiligen Folgezeit durch Akte "produktiver Zerstörung" geschah (Juliane Schiel, Der Mongolensturm und der Fall Konstantinopels aus dominikanischer Sicht. Das Prinzip der produktiven Zerstörung in drei Akten). VI. Die Reformation des preußischen Ordensstaats (1525) machte aus einem in katholischer Zeit (15. Jahrhundert) eher christlich-synkretistisch bewerteten Brauch die heidnische "Bockheiligung" der Prußen, wie sie in den evangelischen Landesordnungen des 16. Jahrhunderts erscheint (Michael Brauer, Die Reformation in Preußen und der heilige Bock). VII. Der Trojastoff (Trojanischer Krieg) fand als mythisch-reale Vergangenheit im europäischen Mittelalter große Verbreitung von der römischen zur fränkischen Trojalegende, über städtische Gründungsgeschichten bis zu Trojaromanen. Dabei wurden dem Erzählkern um Troja (Belagerung, Eroberung, Flucht trojanischer Helden, trojanische Neugründungen) immer wieder neue "Mytheme" (Möglichkeiten) angelagert; der Mythos "Troja" erweist sich damit als ungemein produktiv und vielgestaltig, weit abseits von einer erstarrten Erzählung (Kordula Wolf, Troja und Europa. Mediävistische Mythosforschung im Visier). VIII. Der Chronograph von 354 erfreute sich in der Karolingerzeit Beliebtheit, wie eine Teilabschrift des Reichenauer Mönchs und Abtes Walahfrid Strabo (842-849) zeigt. Walahfrid als einer der Erzieher des späteren westfränkisch-karolingischen Königs Karl II. (840/43-877) könnte nun das Interesse Karls auf chronologisch-anniversarische Fragen (Natales Caesarum) gelenkt haben, so dass Karl als Herrscher und eifriger Stifter von Anniversarien für Tote (Gedächtnismähler [refectiones, prandia]) und auch Lebende ebenso an Ereignisse seines Lebens (Geburtstage von Mitgliedern der königlichen Familie, Herrschaftsbeginn) anniversarisch erinnerte. Karl begründete damit eine Tradition der Erinnerung, die so auch bei anderen spätkarolingischen Herrschern (Ludwig II. der Stammler, Karl III. der Dicke, Arnulf von Kärnten), bei ottonischen und salischen Königen zu finden ist (Wolfgang Eric Wagner, Walahfrid Strabo und der Chronograph von 354 (oder: Wie Karl der Kahle darauf kam, Anniversarien für seinen Geburtstag zu stiften)). IX. Die sächsischen Frauenklöster, die wie Neuenheerse (868), Metelen (889), Möllenbeck (896) oder Quedlinburg (936) ins 9. oder 10. Jahrhundert zurückreichen, waren in erster Linie Stiftungen von Adligen oder Adelsfamilien, Stiftungen, die mitunter "eigenkirchliche" Charakteristika (Möllenbeck: Familienbesitz und -abbatiat, Quedlinburg: Äbtissinneneinsetzung etwa der Mathilde, der Tochter König Ottos des Großen) aufwiesen (Claudia Moddelmog, Stiftung oder Eigenkirche? Der Umgang mit Forschungskonzepten und die sächsischen Frauenklöster im 9. und 10. Jahrhundert). X. Das 963 durch Kaiser Nikephoras Phokas (963-969) gegründete Athoskloster Megisti Lavra und das 964/66 durch den angelsächsischen König Edgar (957/59-975) gegründete, an die Stelle einer 901 gestifteten Kanonikergemeinschaft tretende Benediktinerkloster New Minster in Winchester zeichnen sich durch die ihnen durch den Stiftungsakt zugestandene Unabhängigkeit nach außen und innen aus, Resultat von Überlegungen der Stifter hinsichtlich der Bestandssicherung "ihrer" Klöster, Ausfluss von neuen Organisationsformen in Kirche und Welt, von Reformen in der Kirche (Tim Geelhaar, Stiftung und Innovation. Das Kloster Megistri Lavra auf dem Berg Athos und das New Minster, Winchester, im transkulturellen Vergleich). XI. Im sog. Kopialbuch A der Goslarer Kanonikergemeinschaft St. Simon und Juda(s) findet sich eine ungeordnete Jahrtagliste, ein lateinisches Totenregister vom beginnenden 14. Jahrhundert. Aus diesem Verzeichnis von Wohltätern des Stifts geht dann hervor, dass es der geistlichen Gemeinschaft im späteren Mittelalter gelang, die von Kaiser Heinrich III. (1039-1056) bei der Stiftsgründung zugewiesene Grundausstattung an Gütern durch eine "Anlagerung" von weiteren Stiftungsgütern von Kanonikern, Adligen oder Bürgern auszuweiten. Von einer Krise der Gemeinschaft wegen fehlender Präsenz des Königtums in Goslar kann für das 13. Jahrhundert (und darüber hinaus) also keine Rede sein (Tillmann Lohse, Das Stift und seine Stifter. Überlegungen zur Jahrtag-Liste aus dem sog. Kopialbuch A der Kanoniker von St. Simon und Judas in Goslar). XII. Der französische Jurist Pierre Dubois (*ca.1250/60-†n.1320) stellte in seiner utopischen Hauptschrift De recuperatione Terre Sancte (ca.1300) (durchaus divergierende) Pläne zur Wiedergewinnung des Heiligen Landes vor (Fall von Akkon 1291, Eroberung und Besiedlung des Heiligen Landes; Heilig-Land-Stiftung aus beschlagnahmten Vermögen, aus Gütern der Ritterorden, aus Gütern verstorbener Kleriker [subsidium, provisio]) (Frank Rexroth, Pierre Dubois und das Projekt einer universalen Heilig-Land-Stiftung). XIII. Fürst Heinrich II. der Löwe von Mecklenburg (1287/1302-1329), bekannt durch seine aggressive Territorialpolitik, beschritt zusammen mit seiner Frau Anna von Sachsen-Wittenberg (†1327) ab 1323/24 den schwierigen Weg der Gründung eines Klarissenklosters in Ribnitz, wobei die Ausstattung der Kommunität, die Übertragung der Ribnitzer Pfarrkirche und die päpstliche Bestätigung der Stiftung die nur wirtschaftlichen Grundlagen des Klosters bildeten. Erst nach dem Tod Heinrichs II. konnte dann die Klosterkirche geweiht werden (1330), die Nonnen nach vertraglich überwundenem Widerstand des Ribnitzer Stadtrates eingeführt werden (1329/30). Das Kloster konnte trotz weiterer Konflikte mit der Stadt ab den 1330er/1340er-Jahren seine Stellung in Ribnitz festigen (Wolfgang Huschner, Die Gründung des Klarissenklosters Ribnitz (1323/24-1331). Eine landesherrliche Stiftung gegen städtischen und weltgeistlichen Widerstand). XIV. Dem christlichen Grundgedanken einer allgemeinen caritas zum Trotz gab es im gesamten abendländischen Mittelalter Familienstiftungen, die Mitglieder der stiftenden Familien begünstigten. Der Kirche gelang es im Verlauf des Mittelalters immer mehr, die stiftenden Familien aus den Stiftungen herauszudrängen (Ralf Lusiardi, Familie und Stiftung im Mittelalter. Einige komparative Bemerkungen zum christlich-abendländischen Kulturkreis). [Buhlmann, 01.2014]

  Huth, Volkhard (1989), Donaueschingen. Stadt am Ursprung der Donau. Ein Ort in seiner geschichtlichen Entwicklung, Sigmaringen 1989, XII, 292 S., Farbtafeln, Karten, Pläne, Gemarkungsplan, DM 19,95. Donaueschingen liegt am Übergang vom Schwarzwaldvorland (im Westen) zur Riedbaar (im Osten) an Brigach und Donauquelle in einer Höhe von rund 693 m (über NN). In römischer Zeit befand sich im nah benachbarten (römischen Kastell) Hüfingen der Kreuzungspunkt zweier wichtiger Straßen. In und um Donaueschingen bezeugen archäologische Funde die Anwesenheit von Menschen seit dem Neolithikum. Für die römische Zeit ist die Rolle des Hüfinger Römerkastells bedeutsam, während die ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte in Donaueschingen kaum Spuren hinterließen, so dass der Ort weitgehend unbesiedelt gewesen sein muss. In der Alemannenzeit änderte sich indes das Bild. Zwei große alemannische Reihengräberfriedhöfe bei Donaueschingen bezeugen die Existenz von Siedlungen: das in die 2. Hälfte des 6. und in das 7. Jahrhundert zu datierende Gräberfeld "Beim Tafelkreuz", und der Friedhof auf der Flur "Auf dem alten Morgen" aus dem Anfang des 7. Jahrhunderts. Donaueschingen wird als Esginga in einem Diplom des ostfränkischen Königs Arnulf (887-899) Arnulfs vom 5. Juni 889 zum ersten Mal erwähnt; Arnulf verschenkte dortiges Königsgut an das Kloster Reichenau, das somit zum bedeutendsten Grundbesitzer am Ort wurde. Der Ortsname Tunoweschingen (1292) verweist wohl auf die Donauquelle. Vielleicht schon ab der Mitte des 13. Jahrhunderts, jedenfalls im 14. und 15. Jahrhundert sind die Herren von (Donau-) Eschingen, Gefolgsleute und Ministerialen der Grafen von Fürstenberg, bezeugt. Ihre Verwandten, die Herren von Blumberg und die von Blumeneck, verfügten im 14. und 15. Jahrhundert zeitweise in Folge von Verpfändung über den Reichenauer Kelnhof. Dieser kam 1482 an den Ritter Diepold von Habsberg, danach zusammen mit Schloss und Dorf Donaueschingen an die Fürstenberger (1488). Im späten Mittelalter wird auch die Dorfgemeinde des Donauortes erkennbar, die sich zum großen Teil aus der Reichenauer Grundherrschaft entwickelte (Ortsvogtei 1372, Dorfgericht). Doch gelang es dem Bodenseekloster - Ausfluss seiner schwachen Einflussmöglichkeiten im spätmittelalterlichen Donaueschingen - offensichtlich nicht, eine Ortsherrschaft auszubilden; hingegen trat neben dem Kelnhof als Herrschaftsmittelpunkt noch die Donaueschinger Burg (1367). Donaueschingen als Pfarrort (im Archidiakonat "vor dem Wald") bezeugt der Liber decimationis des Konstanzer Bistums von 1275; noch in der frühen Neuzeit verfügte die Reichenauer Kommunität über das Patronats- und Kollationsrecht für die Donaueschinger Kirche und Pfarrei. Seit 1488 gehörten Dorf und Markt Donaueschingen zur Landgrafschaft Fürstenberg. Im 17./18. Jahrhundert wurde Donaueschingen fürstenbergische Residenz. Hier entstand das Schloss, in dessen Park heute die (oder eine) Donauquelle auf einem Quellhügel liegt, an dem der Donaubach seinen Anfang nimmt, daneben die barocke Johanniskirche (1724/47), die Bibliothek (1732/35; Hofbibliothek [Nibelungenhandschrift u.a.]) und das Brauhaus (1734/39). Nach dem Übergang der fürstenbergischen Herrschaft an das Großherzogtum Baden (1806) wurde Donaueschingen Stadt; das Schloss blieb weiterhin Aufenthaltsort der Fürsten von Fürstenberg (Neufassung der Donuaquelle 1875, Schlossumbau 1892/96). Der Stadtbrand von 1908 zog große Teile Donaueschingens in Mitleidenschaft. Eingemeindungen (1933/35: Aufen, Allmendshofen; 1971/75: Aasen, Grüningen, Heidenhofen, Hubertshofen, Neudingen, Pfohren, Wolterdingen) vergrößerten Stadt und Einwohnerzahl im 20. Jahrhundert; bis 1972 war Donaueschingen Sitz der Verwaltung des gleichnamigen Landkreises. Vgl. noch Buhlmann, Michael (2014), Das Kloster Reichenau, das Königtum, die Baar und Donaueschingen im frühen und hohen Mittelalter (= VA 70), Essen 2014, 60 S., € 4,-. [Buhlmann, 02.2014]

Huth, Volkhard, Regnath, R. Johanna (Hg.) (2010), Die Baar als Königslandschaft (= VAI 77), Ostfildern 2010, 400 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Pläne, Karten, € 29,90. I. Hans Ulrich Nuber, Die Baar im römischen Verkehrsnetz Südwestdeutschlands: Das Land zwischen oberer Donau, Hoch- und Oberrhein wurde nach dem römischen Ausgreifen im Rahmen der Eroberung der westlichen Alpen und des nördlich davon gelegenen Vorlandes (15 v.Chr.) erst unter den römischen Kaisern der flavischen Dynastie (69-96 n.Chr.) in das Imperium Romanum (Provinzen Germania superior, Raetia) einbezogen (römische Truppen/teile in Hüfingen und Rottweil); es folgte noch bis zur Zeit des Kaisers Antoninus Pius (161-180) die Ausdehnung römischer Herrschaft über den Nackar hinweg u.a. bis an den Main (agri decumates). Angebunden wurde die Region durch ein Netz von (öffentlichen, militärischen) Orts-, Regional- und Fernstraßen (viae publicae/militares, itinera publica), die in unterschiedlicher Weise benutzt werden konnten (ius ambulandi et eundi: Benutzung durch Menschen, Reit- und Lasttiere, Viehtrift; ius agendi [actus]: Benutzung auch durch Wagen mit Zugtieren; Straßen/Wege als Steinkörper [munita] mit Erdbanketten [itinera terrena] und Gräben). An römischen Straßen durch den Schwarzwald sind zu nennen: Kinzigtalroute (Offenburg-Rötenberg/Brandsteig; ab 74 n.Chr.), Dreisamtalroute (Riegel/Umkirch-Dreisam-Hüfingen; ab n.69 n.Chr.?), weiter die Süd-Nord-Verbindung zwischen Windisch/Vindonissa und Rottweil/Arae Flaviae (ab 75 n.Chr.?), die bei Hüfingen/Brigobannis die West-Ost-Verbindung Schwarzwald-Hüfingen und deren Fortsetzung als Donau-Südstraße kreuzte. II. Gerhard Fingerlin, Die ältesten christlichen Bilder der Alamannia. Zu Herkunft und Ikonographie der drei silbernen Phalerae aus dem Kammergrab von der "Gierhalde" in Hüfingen, dem Hauptort der frühmittelalterlichen Baar: Der römische Kastellort Hüfingen/Brigobannis behielt auch im frühen Mittelalter des merowingischen Frankenreichs (6.-8. Jahrhundert) seine Bedeutung, resultierend aus seiner Lage an dem Kreuzzungspunkt zweier wichtiger (Süd-Nord-, West-Ost-) Verbindungsstraßen. Auch die frühmittelalterlichen Friedhöfe "Gierhalde" und "Auf Hohen" zeigen die damalige Bedeutung Hüfingens an, "Gierhalde" als Adelsfriedhof des beginnenden 7. Jahrhunderts, "Auf Hohen" als umfangreiches Reihengräberfeld hauptsächlich des 6. Jahrhunderts. Ein auf den Anfang des 7. Jahrhunderts zu datierendes Kammergrab des Friedhofs "Gierhalde", in dem ein unter 30-jähriger adliger Mann bestattet wurde, enthielt dann eine reichhaltige Ausstattung, bestehend aus der Bewaffnung (Spatha, Sax, Wurfspeer, Schild?), einer Gürtelschnalle und drei aus dem Mittelmeerraum stammenden Silberscheiben (phalarae) als Teil eines Pferdegeschirrs. Die drei Silberscheiben, jeweils rund 11 cm im Durchmesser, zeigen einmal die Muttergottes mit dem Jesuskind, zum Zweiten einen gegen eine Schlange kämpfenden "heiligen Reiter", wohl Christus, zum Dritten denselben "heiligen Reiter" Christus als triumphierenden Sieger. Die christliche Symbolik der Zierscheiben verortet den Bestatteten als machtbewussten adligen "Herrn von Hüfingen", der der damals nach Alemannien vordringenden christlichen Religion (Bistum Konstanz, Missionare Columban und Gallus) nahestand. III. Niklot Krohn, Spät- und endmerowingerzeitliche Elitengräber auf der Baar. Phänomene eines religionsgeschichtlichen und politischen Epochenumbruchs: Im Altsiedelland der Baar finden sich neben den größeren Reihengräberfeldern sog. Separatfriedhöfe wie die von Dürbheim oder Kirchdorf. Gerade die Abfolge der archäologisch nachgewiesenen Kirchenbauten in Kirchdorf, das im Zusammenhang mit dem schon früh (764, 793) urkundlich erwähnten, benachbarten Klengen (Mark Klengen) gesehen werden muss, lässt - neben dem Gotteshaus Kirchdorf I (ältere Merowingerzeit; Holzkirche) und IV (12. Jahrhundert; Saalkirche mit Rechteckapsis) - an und unter den Kirchen Kirchdorf II (7. Jahrhundert; Saalkirche über einem Kriegergrab des 6. Jahrhunderts [Ahnenkult?]) und III (8./9. Jahrhundert; chorlose Saalkirche) Separatfriedhöfe erkennen, einer des 7. Jahrhunderts mit Beigaben führenden Steinplatten- uns Steinkistengräbern (darunter ein Klerikergrab), einer des 8./9. Jahrhunderts aus weitgehend beigabenlosen Steinplattengräbern; in Kirchdorf diente das Gotteshaus zunächst als Ahnenbegräbnisstätte einer Oberschichtenfamilie, bevor es zur Pfarrkirche für den Kirchdorfer Kirchensprengel wurde. Der Separatfriedhof in Dürbheim-"Häuslerein" aus dem späten 7. und der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts diente ebenfalls als Bestattungsplatz für eine Elitenfamilie. Kirchdorf und Dürbheim stehen wegen ihrer Lage an wichtigen (römisch-) frühmittelalterlichen Straßen auf der Baar vielleicht für eine fränkische Einflussnahme in diesem alemannischen Gebiet, die aber erst mit der Aufrichtung der fränkisch-karolingischen Königsherrschaft in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts an Konturen gewinnt. IV. Thomas Brendle, Das Gräberfeld von Neudingen. Dorfgemeinschaft und lokale Oberschicht in vorkarolingischer Zeit: In die Alemannenzeit kann ein Reihengräberfriedhof des 6./7. Jahrhunderts unmittelbar südlich von Neudingen gestellt werden (Gewann "Löbern"). Manche Gräber wiesen reiche Beigaben auf (Fibeln, Webstuhl mit Runenritzungen, Pferdegeschirr in einem Holzkammergrab, Münzen) und konnten zwei kriegerische adelsähnliche Oberschichtenfamilien zugeordnet werden, die ab der Wende vom 6. zum 7. Jahrhundert über drei Generationen nachweisbar sind, sich von der Schicht freier bäuerlicher Hofbesitzer unterschieden und teilweise vielleicht im Auftrag der merowingischen Könige die an Nuedingen vorbeiführende römische Straße überwachten. V. Tobias Beck, Karolingerzeitliche Pfalzen und Königshöfe in Südwestdeutschland. Zur "Pfalzlichkeit" des Ortes Neudingen: Jenseits eventueller Abgrenzungen zwischen Pfalz und Königshof lassen sich folgende Aufenthalte der karolingischen Herrscher Ludwig der Fromme (814-840), Ludwig II. der Deutsche (840-876), Karl III. (876-887/88), Arnulf von Kärnten (887-899) und Ludwig IV. das Kind (900-911) an südwestdeutschen Ort ausmachen: Bodmann (839, 857, 881, 885, 887, 901, 905, 909), Heilbronn (841), Kirchen (887, 894), Lustenau (887), Mindersdorf (883), Neudingen (888), Rottweil (887, 906), Sasbach (886), Ulm (854, 856, 858, 883, 889, 890, 892, 904), Waiblingen (885, 887, 908), Zusmarshausen (892). Neudingen wird dann erstmals zum Jahr 870 genannt, war 881 Vorort der Grafschaft Nidinga auf der Bertholdsbaar und 950 Zentrum von in die Karolingerzeit zurückreichendem Königsgut. Ein archäologischer Nachweis eines karolingerzeitlichen Königshofs (wohl nicht als Pfalz) ist zudem auf dem Neudinger Siedlungsplateau "Auf Hof" noch nicht gelungen. VI. Ewald Hall, Die Landschaft der Baar aus namenkundlicher Sicht. Gesicherter Bestand und neue Forschungsansätze: a) Der Name "Baar" (Bara, Para) hat einen unklaren Ursprung und wurde z.B. mit adligen Herrschaftsbereichen (Allodialherrschaften und -grafschaften) oder Verwaltungsbereichen in Verbindung gebracht. Auch geografische Interpretationsmuster wurden bemüht, wenn etwa "Baar" für "Schranke" oder einen "weit ausgedehnten offenen Landstrich" steht. In Betracht gezogen wurde zudem "Baar" als Gewässerwort, so dass sich eine "Landschaft mit Quellen" ergibt. b) Nun vermag die Ortsnamenkunde, die Wissenschaft von den Toponymen, einiges Licht in die Überlieferung der Siedlungsnamen der Baar zu bringen. Ortsnamen unterliegen nämlich zeitlich sich verändernden Moden und lassen sich nach Ausweis eben der Namenkunde in vielen Fällen zumindest ungefähr chronologisch einordnen. So bilden die typischen Ortsnamen auf -ingen zusammen mit den -heim-Namen im schwäbisch-alemannischen Raum die älteste mittelalterliche Namenschicht betreffend die Baar; sie reichen größtenteils in die fränkisch-merowingische Zeit, ins 6. bis 8. Jahrhundert zurück. Eine weitere Namenschicht bilden für das 7. Jahrhundert die Toponyme auf -statt, -weil, -hausen und -dorf, spätmerowingisch sind überwiegend Namen, die auf -stetten, -bach, -hofen enden, frühkarolingisch Namen mit dem Grundwort -weiler. Doch waren die meisten der hier aufgeführten Ortsnamentypen noch bis ins hohe Mittelalter produktiv. Dies gilt natürlich auch für noch spätere Ortsnamenschichten. Vormittelalteriche Toponyme wie keltische - z.B. im Zusammenhang mit Breg und Belchen - oder römische (forum -> Pfohren?) lassen sich auf der Baar ebenfalls nachweisen. VII. Peter Erhart, Herr und Nachbar. Beziehungen zwischen dem Kloster St. Gallen und der Baar in der Karolingerzeit: Seit der Zeit des alemannischen Herzogs Gotfrid (700/09) gab es Beziehungen zwischen der Mönchsgemeinschaft bzw. dem Kloster St. Gallen und der Baar (Bertholdsbaar), die sich insbesondere im Gütererwerb (Schenkungen) und den aus Rechtsakten resultierenden cartae (Traditionsurkunden als verschriftlichter Rechtsakt innerhalb einer Handlungskette eines Rechtsrituals) niederschlugen. Im 8. und 9. Jahrhundert erwarb auf diese Weise die St. Galler Mönchsgemeinschaft Grundbesitz (d.h.: (Fron-) Höfe, Mansen (Hufen), Hörige, Wiesen, Weiden, Wald usw. u.a. als Anteile an der Mark), Kirchen und Rechte in: Achdorf (Grundbesitz), Aldingen (Grundbesitz), Aselfingen (Grundbesitz), Aulfingen (Grundbesitz), Bachheim (Grundbesitz), Baldingen (Grundbesitz), Beckhofen (Grundbesitz), Behla (Grundbesitz), Hausen vor Wald (Grundbesitz), Geisingen (Grundbesitz), Gunningen (Grundbesitz), Hondingen (Abgaben), Ippingen (Grundbesitz), Kirchdorf (?, Grundbesitz, Kirche), Klengen (Abgaben, Grundbesitz, Kirche), Löffingen (Grundbesitz, Kirche), Mundelfingen (Grundbesitz, Kirche), Nordstetten (Abgaben, Grundbesitz), Pfohren (Abgaben, Grundbesitz, Kirche), Rötenbach (Grundbesitz), Schura (Grundbesitz), Schwenningen (Abgaben), Seitingen (Grundbesitz), Spaichingen (Abgaben, Grundbesitz), Tannheim (Abgaben), Trossingen (Grundbesitz), Tuningen (Grundbesitz), Villingen (Abgaben), Weigheim (Grundbesitz), Weilersbach (Abgaben), Wolterdingen (Grundbesitz). Im Spätmittelalter lebte der Baaremer Besitz des Klosters in reduzierter Form weiter fort. VIII. Thomas H.T. Wieners, Capellae regis. Pfohren und Kirchdorf, zwei Urkirchen der Baar - Otolf und Ruotbert, zwei Priester der königlichen Hofkapelle: Die Michaelskirche in Pfohren und die Martinskirche in Kirchdorf hatten auf Grund der der königlichen Hofkapelle angehörenden Priester eine Sonderstellung unter den Gotteshäusern/Urkirchen auf der Baar. Diese capellae regiae ("königliche Kapellen") standen in unmittelbarer Beziehung zum Kloster St. Gallen, wie u.a. die Pfohrener Güterschenkungen Otolfs (854), der dadurch zum frater conscriptus der St. Galler Mönche wurde, Otolfs Nähe zum Hof der Herrscher Ludwig des Deutschen, Karls III. und Arnulfs von Kärnten und der St. Galler Fronhof in Pfohren zeigen. Ähnliches verhält es sich mit Ruodbert von Kirchdorf und dessen Nähe zu den Königen Karl III. und Arnulf. IX. Alfons Zettler, Adalbert der Erlauchte. Annäherungsversuch an einen spätkarolingischen Fürsten: Die Donaueschinger Besitzschenkung König Arnulfs (887-899) an das Kloster Reichenau (889) lässt den Grafen Adalbert den Erlauchten erkennen. Die verschenkten Donaueschinger Güter, gelegen im Westen der Bertholdsbaar, waren zuvor ebendiesem Adalbert (II, 854, †893/94; comes, comes illustris), der zuvor Vertrauter König Ludwigs des Deutschen (840-876) mit Italienbezügen (Unterstellung des Klosters Rheinau unter das Königtum 858), dann Mundschenk König Karls III. (876-887/88) und an dessen Italienpolitik maßgeblich beteiligt gewesen war und nun u.a. als Graf in den Grafschaften Thurgau und Schär amtierte, zu dessen Verfügung überlassen worden, nun gelangten sie an das Kloster Reichenau. Adalberts Sohn war der rätische Markgraf Burkhard, der sich nach dem Tod König Ludwigs des Kindes (900-911), dem Sohn Arnulfs, als comes et princeps Alamannorum ("Graf und Fürst der Alemannen") nicht durchsetzen konnte und umkam (911). Dessen Sohn Burkhard I. (917-926) wurde dann erster schwäbischer Herzog. Adalberts des Erlauchten Eltern waren wohl Adalbert und Ruodlind, seine Familie ist vielleicht in die Nähe der Adeksfamilie der Hunfridiger zu stellen. X. Dieter Geuenich, Jens Lieven, Karl III., Alemannien und die Reichsteilungen Ludwigs des Deutschen. Zu einem unbeachteten Karolingereintrag im Verbrüderungsbuch von Pfäfers: Der prominente Eintrag "KAROLVS" im Verbrüderungsbuch des Klosters Pfäfers bezieht sich auf den karolingischen Herrscher Karl III. (876-887/88) und dessen Ehefrau Richgard (verheiratet seit 861/62); er wurde vielleicht um das Jahr 875 in das Verbrüderungsbuch eingetragen (ostfränkische Reichsteilung 865; Eingreifen Karls in Italien 875 <-> Vordringen des westfränkischen Herrschers Karl des Kahlen). Der Eintrag geschah offensichtlich mit Bezug auf den alemannischen Raum, auf den sich das Kloster Pfäfers, nach der Reichsteilung von Verdun (843) zum Ostfrankenreich gehörend, orientierte. XI. Jens Lieven, ... ein der Betrachtung würdiges Ereignis ... Der Sturz Karls III. im Jahr 887 und seine Folgen: Nach dem Tod seines Vaters (876) erhielt König Karl III. bei der ostfränkischen Reichsteilung im Wesentlichen Alemannien als Herrschaftsgebiet zugewiesen. Der Tod seiner zwei älteren Brüder machte ihn zum Herrscher Ostfrankens, schließlich wurde Karl Herrscher des gesamten Frankenreichs und Kaiser. Der durch Krankheit geschwächte Kaiser verfolgte nach dem Sturz seines Beraters Liutward von Vercelli (Kirchen 887) seine Adoptions- und Nachfolgepläne, scheiterte aber am Widerstand der ostfränkischen Großen, die Karls Neffen, Arnulf von Kärnten, zum (Gegen-) König erhoben. Dieser setzte sich in der Folge gegen Karl durch (Karls unehelicher Sohn Bernhard als Herrscher Alemanniens?, Aufstand Bernhards gegen Arnulf und dessen Niederschlagung 890, Flucht und Ermordung Bernhards 890). XII. Volkhard Huth, Der "Ludwigpsalter". Historische Irritationen am Befund einer frühmittelalterlichen Handschrift: Der sog. Ludwigspsalter wurde im 2. Viertel des 9. Jahrhunderts im westfränkischen Kloster St. Bertin/St. Omer geschrieben, ist aber dem Ostfrankenkönig Ludwig dem Deutschen (840-876) gewidmet. Die lateinische Handschrift enthält auf 120 Folioseiten die Widmungsinschrift, den Psalter (150 Psalmen) und Gebetsanweisungen sowie in Nachträgen des 9. Jahrhunderts am Anfang drei neumierte Liedergedichte aus Boethius' Trost der Philosophie, am Ende ein Kreuzgebet und Kreuzigungs-/Devotionsbild mit dem ausradierten Eintrag "ARNOLF" für König Arnulf von Kärnten (887-899). Der Psalter wird von Ludwig den Deutschen über dessen Sohn Karlmann an den Enkel Arnulf gelangt sein; Arnulfs Sohn Zwentibold (895-900) hat als König von Lothringen den Psalter dem Frauenstift Essen geschenkt (898); über einen Rellinghausener Priester gelangte die Handschrift im 16. Jahrhundert an eines Essener Ratsherren. Die Nachträge im Psalter stammen aus der 1. Hälfte des Jahres 897, als Kaiser Arnulf psychisch und durch Krankheit in Mitleidenschaft gezogen war. XIII. Thomas Zotz, Pfalzen und königliche Herrschaftspraxis von der Karolinger- bis zur Stauferzeit unter besonderer Berücksichtigung der Baar: Im Bereich von Baar und oberem Neckarraum sind für das frühe und hohe Mittelalter einzig Neudingen (Karl III.), Aldingen (?, Konrad I.), Rottweil (Karl III., Ludwig das Kind, Heinrich III.), Donaueschingen (Heinrich IV.), wobei Rottweil im hohen Mittelalter Vorort des schwäbisch-staufischen Herzogtums war und in spätstaufischer Zeit Königsaufenthalte verzeichnet. XIV. Christian Gildhoff, Nach den Karolingern. Anmerkungen und Fragen zum Rottweiler Königshof aus archäologischer Sicht: Die alemannischen Gräber in und bei Rottweil stehen im Zusammenhang mit einer am Ende des 6. Jahrhunderts einsetzenden Besiedlung (Rottweil als Ausbauort im Altsiedelland, weiterer nachmerowingerzeitlicher Siedlungsausbau im Rottweiler Umland [Göllsdorf, Königsgutbezirk]). Rottweil erscheint als frühmittelalterliches rotuvilla (771) und Rotunvilla (789?) schriftlich erstmals in der Überlieferung des Klosters St. Gallen als Zentrum eines königlichen Fiskus. Rottweil war im frühen Mittelalter Vorort eines keineswegs geschlossenen Verwaltungs- und Königsgutbezirks. Aufenthalte ostfränkisch-karolingischer Könige sind zu 887 und 906 bezeugt, der salische König Heinrich III. besuchte Rottweil im Jahr 1040. Damals stieg die Rottweiler Mittelstadt mit dem Königshof (Pfalz, Kirche St. Mauritius als capella regia, hochmittelalterliche Kirchenverlegung nach St. Pelagius?) und der Wallbefestigung zur Stadt (oppidum 1094) auf. Im hochmittelalterlichen Rottweil waren Zähringer und Staufer vertreten (zähringische Herzogslandtage in der Rottweiler Mittelstadt 1094, 1099; Aufenthalte des Staufers Philipp von Schwaben angeblich als Herzog und als König in der Rottweiler Altstadt 1197[?], 1206). Ein Brand der Rottweiler Mittelstadt wohl zu Beginn des 13. Jahrhunderts (Brandschutt, Pferdeskelette u.a.) veränderte die Siedlungstopografie nachhaltig. Die "neue" Rottweiler Stadt des späteren Mittelalters - gelegen rund einen Kilometer nordwestlich der Stadt des 12. Jahrhunderts - übernahm Name und Funktion der Mittelstadt, die dennoch teilweise weiterbestand (Königshof). Die Aufenthalte König Friedrichs II. (1214, 1217), das vom König bevogtete Zisterzienserinnenkloster Rottenmünster belegen dann eine staufische Herrschaft über Rottweil, das auch Vorort des schwäbisch-staufischen Herzogtums war (Rottweiler Schultheiß; Reichssteuerverzeichnis von 1241; Aufenthalte Herzog Konradins in Rottweil 1262, 1267). XV. Helmut Maurer, Die Baar als Königslandschaft: Ein Königshof in Neudingen, Herrscheraufenthalte in Neudingen, Rottweil und Donaueschingen, eine (römische) Königsstraße u.a. zwischen Neudingen und Rottweil, Besitz und Rechte des Königtums auf der Baar und insbesondere in Rottweil und im Rottweiler Fiskus (Königshof, königliche Kapelle, königliches Hofgericht, "freie Pürsch", Reichsstadt) stehen für den Einfluss des ostfränkisch-deutschen Königtums in der Baar im frühen und hohen Mittelalter, wobei die Könige die Baar meist als Durchgangsgebiet für ihre ambulante Herrschaftsausübung nutzten. Frühmittelalterliche Bertholdsbaar, hochmittelalterliche zähringische Baargrafschaft und spätmittelalterliche fürstenbergische Landgrafschaft stehen teilweise für den Grafen als Amtsträger des Königs (Villingenprivileg Kaiser Ottos III. 999; Ende der Zähringer und "Rückfall" Villingens an den staufischen König Friedrich II. 1218; Verleihung der Baargrafschaft an die Fürstenberger durch König Rudolf I. 1283). [Buhlmann, 07.2013]

HVLGLK = Heidelberger Veröffentlichungen zur Landesgeschichte und Landeskunde

Hygen, Anne-Sophie, Bengtsson, Lasse (2000), Rock Carvings in the Borderlands. Bohuslän and Østfold, Sävedalen 2000, 224 S., Farbabbildungen, Karten, SEK 375,-. Skandinavische Felszeichnungen (im Sinne des Meißelns von Steinen) sind nicht nur als Felskunst zu betrachten, sondern geben auch Einblick in vorgeschichtliche Kulturen. Felszeichnungen ("rock carvings") sind vielfach in Skandinavien belegt. Es wird zwischen einer Nordgruppe und einer Südgruppe unterschieden. Die nordskandinavische Gruppe (Finnmark [Norwegen]) weist bis zu 7000 bis 9000 Jahre alte Zeichnungen auf, die meso- bzw. neolithisch zu datieren und Jägerkulturen zuzuordnen sind. Die südskandinavische Gruppe, hauptsächlich verbreitet bei: Trondheim, Bergen, Stavanger, Østfold (Norwegen), Bohuslän, Skagen, Norrköping, Stockholm/Uppsala (Schweden), bietet Felszeichnungen bronzezeitlicher Gesellschaften von Ackerbauern und Viehzüchtern. Die Felszeichnungen (kreisrunde Vertiefungen [abstrakte "cup marks"], anthropomorphe Gestalten [Männer mit erigiertem Penis, Frauen mit "Pferdeschwanz", "heilige Hochzeit", bewaffnete Krieger, Götter], Schiffe [kosmologische Übergänge z.B. in Bezug auf die Sonne, Schiffsgräber], Pflüge [und Erdboden], Bäume [zwischen Unterwelt und Himmel, Tod und Leben], Tiere [Schlangen, Ochsen u.a.]; farbige Bemalung der Figuren?) sind mythisch-religiös aufgeladen und stehen - auch wegen ihrer freien Zugänglichkeit in der Landschaft und z.B. ihrer Nähe zu Grabplätzen - als Symbole für Rituale und Kulte der frühen (1800-1000 v.Chr.) und späten Bronzezeit (1000-500 v.Chr.). Religion half somit, die von den Menschen bevölkerte Landschaft ideologisch und symbolisch zu durchdringen und zu ordnen. Der Ordnung der Landschaft (und in den Felszeichnungen) entsprach die gesellschaftliche Ordnung mit ihrer (zunehmenden erkennbaren) sozialen, wirtschaflichen und politischen Elite, die sich ihres Status bewusst war (Bronzegegenstände der frühen Bronzezeit). Doch wandelte sich die Gesellschaft auch, etwa mit dem Übergang von der Körper- zur Brandbestattung (1300-1000 v.Chr.) oder am Ende der Bronzezeit bzw. am Beginn der vorrömischen Eisenzeit (500 v.Chr.). Letzterer ist auch der Zeitpunkt, an dem die Herstellung von Felszeichnungen aufhörte. Heute sind die Felszeichnungen von Bohuslän UNESCO-Weltkulturerbe (Vitlycke-Museum). Sie sind aber gefährdet durch Wetter und Verwitterung (chemische und mechanische Verwitterung [saurer Regen]) und müssen von daher geschützt werden. [Buhlmann, 09.2013]

Intro A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z