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Rezensionen (Geschichte)
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FAB = Frankfurter Althistorische Beiträge

Fabeln der Antike. Griechisch-lateinisch-deutsch, hg. v. Harry C. Schnur (1978) [(= TuscB)], Darmstadt 21985 > A Antike Fabeln

Färber, Karl (1962), Heilige sind anders (= Herder-Bücherei 14), Freiburg-Basel-Wien 1962 > H Heilige des Christentums

Fahr, Hans-Jörg (1995), Universum ohne Urknall. Kosmologie in der Kontroverse, Heidelberg-Berlin-Oxford 1995 > U Universum

Falk, Birgitta (Hg.) (2009), Der Essener Domschatz, Essen 2009 > E Essen im Mittelalter

Falk, Birgitta, Hülsen-Esch, Andrea von (Hg.) (2011), Mathilde. Glanzzeit des Essener Frauenstifts, Essen 2011, 176 S., zahlreiche Farbabbildungen, € 13,95. Mathilde (*ca.950-†1011), Enkelin Kaiser Ottos des Großen (936-973), Tochter Herzog Liudolfs von Schwaben (949-954, †957) und der Ida, Mitglied der ottonischen Königsfamilie (Eva Schlotheuber, Frauen in der historischen Überlieferung des Frühen Mittelalters; Daniel Cremer, Die Vita Mathildes; Anne-Sophie Rüther, Mathilde als Mitglied der ottonischen Königsfamilie; Raphael Nacken, Mathilde in Europa - Mobilität und Vernetzung; Birgitta Falk, Raphael Nocken, Die Aethelweard-Chronik), war über vier Jahrzehnte (971-1011) Äbtissin im bedeutenden Essener Frauenstift (Huang Tran, Die Frühzeit des Essener Stifts; Jens Lieven, Was ist ein Frauenstift?; Maren Horst, Essen als ottonisches Hausstift; Anna Pawlik, Essen im Wegenetz des mittelalterlichen Reiches; Detlef Hopp, Archäologische Funde aus der Zeit um 1100; Fabian Bojkowsky, Die Essener Schreibwerkstatt; Jasmin Remp, Gebet und Gottesdienst; Mirjam Verhey, Leben im Dienst der Toten; Ramona Libuda, Bildung und Erziehung; Lars Berg, Musik und Liturgie; Andrea Wegener, Das Stift Essen und die Abtei Werden). Bedeutende Werke aus Kunst und Architektur in Essen werden mit der Äbtissin Mathilde in Verbindung gebracht: (Essener Schwert, 10. Jahrhundert, 2. Viertel), das Westwerk der Münsterkirche (neben Elementen von Lang- und Querhaus), die Goldene Madonna (ca.980), das Otto-Mathilden-Kreuz (n.982), der Siebenarmige Leuchter (ca.990), Marsusschrein (ca.999/1002, verloren), Bleireliquiare (10. Jahrhundert, Ende), (Elfenbeintafeln, 10. Jahrhundert?), (fatimidischer Bergkristall, 10./11. Jahrhundert), (Senkschmelzenkreuz, ca.1000/10?), (Essener Krone, 11. Jahrhundert, 2.Hälfte) (Bettina Starsetz, Die Essener Münsterkirche: Zeugnis ottonischer Baukunst; Johanna Fleischmann, Marsus, Florinus, Lugtrudis ... Reliquienschenkungen und -transfer; Christine Bach, Die Essener Bleireliquiare; Björn Meiworm, Die Essener Goldschmiedewerkstatt?; Daniela Kaufmann, Das Otto-Mathilden-Kreuz; Birgitta Falk, Die Goldene Madonna; Yvonne Hildwein, Die Essener Krone; Biayna Yousefi, Die Elfenbeintafeln; Georgina Koch, Der fatimidische Bergkristall; Inga Scholl, Das Essener Schwert; Svea Prechtel, Der Siebenarmige Leuchter; Jennier Liß, Der Marsusschrein; Ina Thiesies, Das Kreuz mit den großen Senkschmelzen). Das Nachleben Mathildes in Gedächtnis und Erinnerung spielte sich in Essen und Aschaffenburg ab (Mathildes Bruder Otto als Herzog von Schwaben [973-976] und Bayern [976-982]) (Anna Pawlik, Mathildes Gedächtnisstiftung in Aschaffenburg; Anna Pawlik, Das Aschaffenburger Evangeliar; Christina Dobrescu, Mathildes Inschriften; Marie-Louise Hirschmüller, Die Grablege Mathildes; Sarah Marlene Allzeit, Das Mathilden-Kreuz; Anna Pawlik, Die Reliquien im Mathilden-Kreuz). [Buhlmann, 03.2012]

Falkowski, Rudolf (1971), Studien zur Sprache der Merowingerdiplome, in: AfD 17 (1971), S.1-125. Die Sprache der Originaldiplome der Merowingerkönige schließt an das Latein der Spätantike an, was die Übernahmen aus dem volkssprachlichen Latein betrifft. Verben werden mit Hilfsverben umschrieben (videri, debere) oder mit Substantiven (ingressum habire), Komposita spielen eine wichtige Rolle. Lange Adverbien, auch mit Substantiven umschrieben, haben kurze Formen verdrängt. Adjektive und ihre Steigerungen unterliegen indes nicht so sehr dem Sprachwandel. Auch bei Konjunktionen treten umfangreiche Formen in Erscheinung (in quantum, qualiter, eo quod, iuxta quod, quando), während das cum verdrängt wird. (Korrespondierende) Partikel unterliegen ebenso einem Wandel. Rhetorische Anakoluthie tritt in Erscheinung. "Oberhalb" der Wortebene dienen rhetorische Elemente wie Pleonasmus, Hendiadyoin, Tautologie, Congeries, Distributio oder Geminatio der Verstärkung inhaltlicher Aussagen. Tropisch ausgedrückt werden rechtliche Aussagen durch Translatio, Denominatio, Intellectio, Circumlocutio, Litotes oder Personificatio. Komplexe rhetorische Elemente wie Traiectio, Chiasmus, Isokolie oder Periode treten demgegenüber zurück, topische Elemente sind den römischen Kaiserurkunden entlehnt (Urkundenarengen). Das Latein der Merowingerurkunden bezeugt damit Wandel und Kulturkontinuität der Sprache zwischen Antike und Mittelalter. [Buhlmann, 02.2013]

Familie und Verwandtschaft: In allen vorgeschichtlichen und geschichtlichen Zeiten der Menschheit bis hin zur Moderne begründete die biologische Gemeinschaft von Mann und Frau eine Fortpflanzungsgemeinschaft, die für das menschliche Überleben und den Fortgang von Gesellschaft notwendig war und ist. Um die Fortpflanzungsgemeinschaft gruppierten sich gesellschaftlich-sozial Kernfamilie und erweiterte Familie; das durch Biologie und Genetik bestimmte Verhältnis von Fortpflanzungsgemeinschaften definiert sich als (cognatische, agnatische) Verwandtschaft. Familie und Verwandtschaft waren in den je verschiedenen menschlichen Kulturen und Gesellschaften verschieden ausgeprägt.
Zu Familie, aber auch Liebe und Sexualität (auch) der (europäischen) Moderne s.: Haas, Walther (1963), Leben unter einem Dach. Die Familie damals und heute (= Herder Tb 148), Freiburg i.Br. 1963, 139 S., DM 0,30; König, René (1974), Die Familie der Gegenwart. Ein interkultureller Vergleich (= BSR 116), München 21977, 176 S., Diagramme, Tabellen, DM 11,80. Stierlein, Helm (1982), Delegation und Familie. Beiträge zum Heidelberger familiendynamischen Konzept (= st 831), Frankfurt a.M. 52001, 257 S., € 9,-. > L Liebe und Sexualität [Buhlmann, 10.1992-02.1993, 11.-12.2021]

Faroqhi, Suraiya, Geschichte des osmanischen Reiches (= BSR 2021), München 2000 > O Osmanische Geschichte

Fasani, Leone (Hg.) (1978), Die illustrierte Weltgeschichte der Archäologie, München 21983 > A Archäologie

FAT = Fischer Athenäum Taschenbücher

Fata, Márta, Schindling, Anton (Hg.), Calvin und Reformiertentum in Ungarn und Siebenbürgen. Helvetisches Bekenntnis, Ethnie und Politik vom 16. Jahrhundert bis 1918 (= rst 155), Münster 2010, XX, 603 S. Bildergalerien, € 58,-. Seit dem 16. Jahrhundert beeinflusste das Reformiertentum des Genfer Reformators Jean Calvin (*1509-†1564) auch das Christentum an der südöstlichen Peripherie Europas, u.a. im Königreich (Rest-) Ungarn und im Fürstentum Siebenbürgen (zwischen Habsburgern und osmanischem Reich [16-17. Jahrhundert] bzw. in der Habsburgermonarchie [18.-19. Jahrhundert]). Der Calvinismus vermittelte dabei - orientiert an den jeweiligen gesellschaftlich-kapitalistischen Entwicklungen - eine protestantische Ethik, die sich im südöstlichen Europa an calvinistische Flüchtlinge und Minderheiten in einem katholischen oder christlich-orthodoxen Umfeld wandte (Heinz Schilling, Calvin und Calvinismus in europageschichtlicher Perspektive). Der Calvinismus verbreitete sich im 16. Jahrhundert in Ungarn und Siebenbürgen über die Zwischenstationen Wittenberg (Philipp Melanchthon), Heidelberg (Heidelberger Katechismus 1563) oder Zürich (Heinrich Bullinger; Helvetisches Bekenntnis [Confessio Helvetica posterior 1566]) (Jan Andrea Bernhard, Calvins Wirkung und Einfluss in Ungarn und Siebenbürgen vor 1551) unter Theologen, Studenten, Adligen und Bürgern (Tamás Juhász, Mirabilis est cursus verbi Dei! Die Entwicklung des Helvetischen Bekenntnisses in Ungarn und Siebenbürgen), wobei ethnische Differenzierungen bei der Ausbreitung des calvinistischen Bekenntnisses (ungarischsprachige Adlige und Bauern) festzustellen sind (András Szabó, Calvinismus und Ethnie im Reich der Stephanskrone im 16. Jahrhundert); auch die politische Nähe etwa zum Habsburgerreich spielte eine Rolle (Eva Kowalská, Das Reformiertentum in Ungarn zwischen Annahme und Ablehnung am Beispiel von Slowaken und Deutschen vom 16. bis 19. Jahrhundert). Calvinismus und griechisch-orthodoxes Christentum interagierten vielfach miteinander (Konversion, Synkretismus, gemeinsame Kirchennutzung) (Sándor Elöd Ösz, Auswirkungen des Helvetischen Bekenntnisses auf die Rumänen im siebenbürgischen Komitat Hunyad-Zaránd in der Frühen Neuzeit), eine homogene Gruppe ungarischer Reformierter hat es auch vor der Einwanderung reformierter Deutscher nach Ungarn nie gegeben (Márta Fata, Zwischen habsburgischer Konfessionalisierungs- und Siedlungspolitik. Reformierte deutsche Kolonisten im Königreich Ungarn im 18. Jahrhundert). Nicht zuletzt fand der Calvinismus Eingang in Ungarn und Siebenbürgen durch im Ausland ausgebildete Akademiker (als protestantische Bildungselite) für die wenigen höheren Bildungseinrichtungen der zwei Länder (Noémi Viskolcz, Johann Heinrich Bisterfeld. Ein Professor als Vermittler zwischen West und Ost an der siebenbürgischen Akademie in Weißenburg, 1630-1655; Réka Bozzay, Der Einfluss ehemaliger Studenten der Leidener Universität im 17. und 18. Jahrhundert auf Kultur und Bildung in Ungarn und Siebenbürgen); es entstanden so die reformierten Kollegien Debrecen und Nagyenyed (János L. Györi, Zur Bedeutung des Reformierten Kollegiums Debrecen für Kultur und Politik Ungarns vom 16. bis zum 19. Jahrhundert; Gábor Sipos, Zur Bedeutung des Reformierten Kollegiums Nagyenyed für die siebenbürgische Kultur vom 17. bis zum 19. Jahrhundert). Im 19. Jahrhundert erreichten Impulse der Diakoniebewegung Ungarn (Eleonóra Erzsébet Géra, Das Vorbild Kaiserswerth. Karitative Institutionen der deutschen Reformierten in Ofen-Pest (Budapest) im 19. Jahrhundert). Der Calvinismus in Ungarn und Siebenbürgen war (in seinem [vermeintlichen?] Freiheitsstreben [Selbst- und Fremdwahrnehmung]) auch politisch (Bocskai-Aufstand 1604/06, Protestantenverfolgung 1671/80, politischer Calvinismus) (András Péter Szabó, Inhalt und Bedeutung der Widerstandslehre im Bocskai-Aufstand; István M. Szijártó, Die Reformierten und die Frage des ständischen Widerstands im Königreich Ungarn im 18. Jahrhundert; Péter Zakar, "Kossuth - Moses der Ungarn". Das Kossuth-Bild der liberalen Geistlichen mit besonderem Blick auf die reformierten Pfarrer 1848/49; László Tökéczki, Liberalismus und Reformiertentum zur Zeit des österreichisch-ungarischen Dualismus. Das Beispiel István Tiszas; Juliane Brandt, Das Wahlverhalten in den überwiegend reformierten Gebieten des Königreichs Ungarn zur Zeit des Übergangs in die Moderne). Der "Insellage" des Calvinismus in Südosteuropa entsprechend, gab es in früher Neuzeit und Moderne Reibungen, Austausch- und Anpassungsprozesse zwischen dem Reformiertentum und den anderen christlichen Konfessionen (Lutheraner und Reformierte, calvinistische Bibelübersetzung auf Ungarisch, Rekatholisierung; Kirchengeschichtsschreibung, Nationalgeschichte; Fremdbilder und Selbstbilder) (Ulrich A. Wien, Die Formierung des konfessionellen Raums in Siebenbürgen. Zur Wahrnehmung der Reformierten durch siebenbürgisch-sächsischen Evangelischen im 16. und 17. Jahrhundert; István Bitskey, Der ungarische Jesuit Péter Pázmány über die Religionsfreiheit der Calvinisten und der Lutheraner; (Botond Kertész, Unionsbestrebungen im Königreich Ungarn. Die Zusammenarbeit zwischen Reformierten und Lutheranern 1791-1914; Hans-Christian Maner, Die Auseinandersetzung rumänischer Historiker mit dem siebenbürgischen Calvinismus im langen 19. Jahrhundert). Calvin und der Calvinismus in Ungarn und Siebenbürgen heute ist geprägt von Aktualität (Zoltán Balog, Zur Aktualität des Calvinismus in Ungarn - aus persönlicher Sicht), und facettenreicher Rezeption (Calvin-Memoria, Calvin-Jubiläen) (Márta Fata, Máté Millisits, Calvin in der ungarischen Erinnerungskultur) (nach: Márta Fata, Anton Schindling, Vorbemerkung). [Buhlmann, 01.2024]

Faulenbach, Bernd (2012), Geschichte der SPD. Von den Anfängen bis zur Gegenwart (= BSR 2753), München 2012, 144 S., € 8,95. In einer mittelbaren Nachfolge zu den (Berliner) Arbeitervereinen der deutschen 1848/49er-Revolution gründeten sich am 23. Mai 1863 der "Allgemeine Deutsche Arbeiterverein" (ADAV; Ferdinand Lasalle) und am 7./9. August 1869 die "Sozialdemokratische Arbeiterpartei" (SDAP; August Bebel, Wilhelm Liebknecht), die sich 23./27. Mai 1875 in Gotha zur "Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands" vereinigten. Lohnarbeiter, Facharbeiter und Handwerker bildeten in der Hauptsache die soziale Basis der Partei, die praktisch demokratische Veränderungen (allgemeines Wahlrecht, Gesetzgebung, Presse-, Vereins- und Koalitionsfreiheit) und wirtschaftliche Verbesserungen (Arbeitszeit, Arbeitsschutzbedingungen, Verbot der Kinderarbeit) anstrebte, theoretisch sich teilweise auf Marxismus, Klassenkampf und Weltrevolution gründete (Erfurter Programm 1891). Vor dem Hintergrund des Bismarckschen Sozialistengesetzes (1878-1890), des wirtschaftlichen Wachstums und der Sozialgesetzgebung im Deutschen Kaiserreich (1871-1918) wuchs die Sozialdemokratie (SPD) dennoch zur größten deutschen (und europäischen) Partei (Gewerkschaften, Arbeiterkulturbewegung [Arbeiterjugend, Bildungsarbeit, Sport und Freizeit]), blieb aber vom damaligen System der liberalen und nationalen Parteien weitgehend ausgegrenzt. In der 1889 gegründeten "Sozialistischen Internationale" nahm die deutsche Sozialdemokratie eine Vorrangstellung ein, ohne nationale Belange zu vernachlässigen (Essener Parteitag 1907, "Burgfrieden" im 1. Weltkrieg [1914-1918]). Eine Folge der den Weltkrieg des Kaiserreichs letztlich unterstützenden Politik der Sozialdemokratie war die Spaltung der Partei in "Unabhängige Sozialdemokraten" (USPD) und "Mehrheitssozialdemokraten" (MSPD) (1916/17). In der Revolution von 1918/19 wirkten beide Parteien zusammen, MSPD und USPD waren entscheidend an der Verfassung und Konstituierung der Weimarer Republik (1919-1933) beteiligt (Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann am 9. November 1918; Rat der Volksbeauftragten; allgemeines, gleiches Wahlrecht; Sozialgesetzgebung; Nationalversammlung). Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert wurde Reichspräsident (1919-1925), Sozialdemokraten führten als Reichskanzler 1919-1923 (Philipp Scheidemann, Gustav Bauer, Hermann Müller) und 1928-1930 (Hermann Müller) die Regierung. Teile der USPD schlossen sich der Ende 1918, Anfang 1919 gegründeten "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD; Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg) (1920), während sich daraufhin die Rest-USPD sich wieder der MSPD eingliederte. Programmatisch passte sich die SPD dem Parteienpluralismus an und erweiterte sich in Ansätzen zur Volkspartei, die zunehmend auch für Mittelschichten wählbar sein sollte (Görlitzer Parteitag 1921, Heidelberger Parteitag 1925; Arbeitermilieu [Arbeiterfestkultur, Massenfreizeit, Kultureinrichtungen]). (Direkte und indirekte) Wirksamkeit entfaltete die SPD vor allem in der Sozialgesetzgebung (Arbeitslosenversicherung, Arbeitsrecht), aber auch in der Außenpolitik (Versailler Vertrag, Locarno, Völkerbund). Die Partei war gegenüber Kommunisten und Nationalsozialisten defensiv ausgerichtet, die Präsidialkabinette der späten Weimarer Zeit wurden abgelöst durch die nationalsozialistische Diktatur eines Adolf Hitler (1933-1945). In der NS-Zeit wurde die Sozialdemokratie, deren Reichstagsabgeordnete sich als einzige gegen das Ermächtigungsgesetz ausgesprochen hatten (23. März 1933), verboten und verfolgt, ihre Mitglieder verhaftet und in Konzentrationslager gesteckt; Exil und Widerstand waren nicht immer die Folge ("Widerstand als Wartestand"). Nach dem 2. Weltkrieg (1939-1945) entstand die sozialdemokratische Partei vielerorts neu, in der Tradition der Weimarer Republik, aber auch in der Anerkennung neuer Entwicklungen (interzonale Konferenz von Wennigsen 1945, Parteitag von Hannover 1946; Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer). Die SPD gestaltete im Parlamentarischen Rat das Grundgesetz der entstehenden Bundesrepublik Deutschland (ab 1949) entscheidend mit, während sie in der sowjetisch besetzten Ostzone mit der KPD zur "Sozialistischen Einheitspartei" (SED) zwangsvereinigt wurde (21./22. April 1946). In der Zeit der frühen Bundesrepublik war die SPD zunächst auf Bundesebene Oppositionspartei (Ära des Kanzlers Konrad Adenauer [1949-1963]) und vertrat eine Politik der Wiedervereinigung Deutschlands in einem vereinten Europa. U.a. die wiederholten Wahlniederlagen gegen CDU/CSU ("Christlich-Demokratische/-Soziale Union") führten zu Parteireform und Godesberger Programm von 1957 (Tradition und Modernität) und letztendlich zur Volkspartei SPD. Unter dem Regierenden Bürgermeister von Berlin und Kanzlerkandidaten Willy Brandt gelang dann in den 1960er-Jahre der Aufstieg der Partei zur Macht auch auf Bundesebene (neben SPD-Regierungen in den Bundesländern). Zunächst wurde die SPD der kleinere Partner in der (ersten) Großen Koalition unter Kanzler Kurt Georg Kiesinger (1966-1969), 1969 wurde Gustav Heinemann zum Bundespräsidenten (1969-1974) gewählt, ab 1969 regierte die SPD zusammen mit der FDP ("Freie Demokratische Partei") im "sozialdemokratischen Jahrzehnt" (1969-1982) (Kanzler Willy Brandt [1969-1973], Helmut Schmidt [1973-1982]; Ostpolitik, Sozialgesetzgebung, Ölkrise, Rezession und Arbeitslosigkeit; Wendejahr 1973/74; NATO-Doppelbeschluss, Friedens- und ökologische Bewegung). Die Hinwendung der FDP zur CDU/CSU (1982) führte dann zur Kanzlerschaft Helmut Kohls (1982-1998), die SPD hatte sich in der Opposition - neben den 1980 gegründeten Grünen - neu zu organisieren (Willy Brandt, Hans-Jochen Vogel; Kölner Sonderparteitag 1983, Berliner Parteitag 1989; SPD-Grüne in Hessen, SPD in Nordrhein-Westfalen). Die "Friedliche Revolution" in der DDR (1989/90; Gründung einer Ost-SPD [zunächst als SDP] 1989) und die Wiedervereinigung Deutschlands offenbarte eine zum Teil ambivalent reagierende SPD (Oskar Lafontaine). Die SPD war in der Folgezeit durchaus auf Länderebene erfolgreich (Hessen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Niedersachsen; Björn Engholm, Rudolf Scharping), indes ging die Bundestagswahl 1994 verloren (Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder). Der "Putsch" gegen den Parteivorsitzenden Rudolf Scharping auf dem Mannheimer Parteitag (1995) und der Sieg der SPD bei der Bundestagswahl 1998 eröffneten ein (vielleicht) zweites "sozialdemokratisches Jahrzehnt" unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders (1998-2005) und unter Beteiligung der Grünen (Bundespräsident Johannes Rau [1999-2004], 9/11 und Irakkrieg). Belastet wurde das "rot-grüne Projekt" durch den Dissens mit Oskar Lafontaine (dessen Wechsel zur WASG/Linkspartei 2005), die Frage von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und den Umbau des Sozialsystems (Agenda 2010, Hartz-Reformen), während hinsichtlich der Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke mit der Industrie ein Konsens erzielt werden konnte (2000; Gerhard Schröder, Franz Müntefering). Der Wahlniederlage der SPD bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 folgte eine zweite Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (2005-2009; Matthias Platzeck, Kurt Beck, Franz Müntefering; Hamburger Bundesparteitag 2007; Kapitalismus- und Bankenkrise), nach der katastrophalen Wahlniederlage in der Bundestagswahl 2009 (Frank-Walter Steinmeier; Sozialdemokratisierung der deutschen Gesellschaft) befindet [befand] sich die SPD auf Bundesebene wieder in der Opposition (Sigmar Gabriel), auf Landesebene hingegen ist die Partei vielfach an Regierungen beteiligt. [Seit 2017 und wieder seit 2022 ist Frank-Walter Steinmeier Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, seit 2013 und 2017 die SPD auf Bundesebene wieder an einer Großen Koalition mit der CDU/CSU beteiligt, allerdings bei zunehmend schlechteren Wahlergebnissen und - daraus resultierend - nicht klar erkennbarem politischen Profil, Letzteres bedingt auch durch den häufigen Wechsel im Parteivorsitz (Sigmar Gabriel, Martin Schulz, Andrea Nahles, Interimsvorsitzende [Thorsten Schäfer-Gümpel, Manuela Schwesig,] Malu Dreyer, Doppelspitze Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans). In den Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz), in denen die SPD den Ministerpäsidenten/die Ministerpräsidentin stellt, kann sich die Partei meist noch behaupten. Die Bundestagswahl 2021 gewann die SPD; seitdem bilden die Parteien SPD, Grüne und FDP eine Regierungskoalition unter der Kanzlerschaft von Olaf Scholz. Wahlsieger war die SPD auch in den Wahlen zu den Landtagen von Saarland und Niedersachsen im Jahr 2022.]
Aspekte der deutschen Sozialdemokratie behandeln: Bebel, August (1910/14), Aus meinem Leben, hg. v. Ursula Hermann (1946), Nachdruck Berlin 1988, 37*, 810 S., M 12,50 (als "Erinnerungen" einer zentralen Persönlichkeit der Sozialdemokratie im deutschen Kaiserreich [†1913] und eines "vergessenen Revolutionärs" [Gothaer Vereinigungskongress, Kampf gegen das Sozialistengesetz, Sozialdemokratie und Parlamentarismus, internationale Vernetztheit der Sozialdemokratie, "Geschichtsbild der deutschen Arbeiterklasse", Briefverkehr zwischen Friedrich Engels und August Bebel]); Meyer, Christoph (2006), Herbert Wehner. Biographie (= dtv 24551), München 22006, 579 S., Schwarzweißtafeln, € 16,-; Miller, Susanne, Potthoff, Heinrich, Kleine Geschichte der SPD. Darstellung und Dokumentation 1848-1980, Bonn 41989, 416 S., DM 3,-. [Buhlmann, 10.2012, 05.2019, 12.2019, 10.2022]

Faulenbach, Bernd (2013), Willy Brandt (= BSR 2780), München 2013, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, € 8,95. Willy Brandt, unehelich geboren am 18. Dezember 1913 in Lübeck als Herbert Ernst Karl Frahm, wurde seit früher Jugend durch Arbeitermilieu und Sozialdemokratie geprägt. Schon früh engagierte er sich in der lübeckischen Sozialdemokratie ("rote Falken" [1927], sozialistische Arbeiterjugend [1928]), 1932 machte der begabte Schüler Abitur, um danach als Voluntär in einer Reederei zu arbeiten. Seit 1931 war er Mitglied der linkssozialistischen Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), nach der "Machtergreifung" Adolf Hitlers emigrierte er - auch durch Verhaftung bedroht - nach Norwegen, wo er sich in Oslo aufhielt, aber auch Reisen u.a. nach Deutschland und Spanien unternahm (1936/37). Zwischen SAP und norwegischer Arbeiterpartei verfolgte Willy Brandt, wie er nun hieß, in Gegnerschaft zum Nationalsozialismus den Zweiten Weltkrieg (1939-1945), nicht ohne sich Gedanken um die Zukunft Deutschlands zu machen. Als Emigrant und Widerständler kehrte Brandt nach dem Krieg ins völlig zerstörte Deutschland zurück. Sein in Norwegen erschienenes Buch ''Verbrecher und andere Deutsche'' (1946) diente auch ihm als Bestandsaufnahme der NS-Zeit. Der Rückkehr in die SPD folgten Aufgaben für die westdeutsche Sozialdemokratie vornehmlich in Berlin und in Frontstellung zum Kommunismus (ab 1947). 1949/50 wurde Brandt Abgeordneter für die Berliner SPD im Bundestag in Bonn und im Berliner Abgeordnetenhaus, 1957 Regierender Bürgermeister des politisch und geografisch zwischen Bundesrepublik Deutschland und Deutscher Demokratischer Republik, zwischen West und Ost gelegenen (West-) Berlin (Mauerbau 1961, Besuch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy 1963). Schon damals galt Brandts Interesse einer neuen Ostpolitik ("Wandel durch Annäherung"). Nach seinen erfolglosen Kanzlerkandidaturen in den Bundestagswahlen von 1961 und 1965 wurde Brandt, SPD-Parteivorsitzender seit 1964, Außenminister der Grossen Koalition unter dem Kanzler Kurt Georg Kiesinger (1966). Die Bundestagswahl von 1969 ermöglichte eine SPD-FDP-Regierung in der Bundesrepublik unter der Kanzlerschaft Brandts. Das folgende "sozialdemokratische Jahrzehnt" war geprägt durch innere Reformen ("mehr Demokratie wagen", Sozialgesetzgebung) und die von Brandt massgeblich mitentwickelte Ostpolitik gegenüber der DDR (Erfurter Besuch 1970, Ostverträge [Grundlagenvertrag] 1970/73), Polen (Kniefall im Warschauer Ghetto, Warschauer Vertrag 1970) und der Sowjetunion; eingebunden blieb die BRD dabei fest in den westlichen Bündnissen (NATO, EWG). Für seine Ostpolitik erhielt Brandt 1971 den Friedensnobelpreis. Nach überstandenem konstruktiven Misstrauensvotum im Deutschen Bundestag brachten Neuwahlen einen überragenden Sieg von SPD und Regierungskoalition (1972). Die zweite Kanzlerschaft Willy Brandts war indes geprägt von Durchsetzungs- und Machtverlust (innerparteiliche Auseinandersetzungen, politische Probleme). So war der Rücktritt Brandts in der Folge der Guillaume-Affäre nur konsequent (1974). Brandt blieb aber weiterhin SPD-Vorsitzender (bis 1987), wobei es um den Kurs der Sozialdemokratie offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen (Helmut Schmidt u.a.) gab. Als Präsident der Sozialistischen Internationale (1976-1992) wirkte Brandt weltweit für Frieden, Freiheit und Solidarität (Gymnicher Nord-Süd-Kommission 1977), er war auch einer der ersten direkt gewählten Abgeordneten im europäischen Parlament (1979-1983). Die letzten Lebensjahre Brandts standen unter dem Zeichen von "Mauerfall" und "Wiedervereinigung" von BRD und DDR (1989/90); für Brandt stand dabei - im teilweisen Gegensatz zur SPD - die Überwindung der deutschen Zweistaatlichkeit im Vordergrund (Berliner Rede 1989: "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört."). Auch dass Berlin Hauptstadt der "neuen" BRD wurde, begrüßte der ehemalige Kanzler; wichtig blieb für ihn weiterhin die Integration Deutschlands in Europa und die Europäische Union. Willy Brandt starb an den Folgen von Darmkrebs am 8. Oktober 1992 in Unkel (Besuche von politischen Freunden, Kanzler Helmut Kohl; Aussöhnung mit Helmut Schmidt 1992). Er erhielt in Berlin ein Staatsbegräbnis (erster symbolischer Akt des wiedervereinigten Deutschlands) und wurde dort auch begraben. Die Wirkungen des großen Sozialdemokraten waren vielfältig: Selbstverständnis der Sozialdemokratie, Politik als "aktive", langfristige Politik, Deutschland und Europa, "Weltinnenpolitik" und globales Denken. In seiner 1989 erschienenen Autobiografie legte Willy Brandt sein Leben dar: Brandt, Willy (1989), Erinnerungen, Frankfurt a.M. 1989, 512 S., Schwarzweißtafeln, DM 48,-. Vgl. noch die Biografie von Rut Brandt: Brandt, Rut (1992), Freundesland. Erinnerungen, Gütersloh 1992, 304 S., DM N.N. [Buhlmann, 03.2014, 08.2018, 07.2021]

Faulkner, William, US-amerikanischer Schriftsteller: Für William Faulkner (eigentlich: William Cuthbert Falkner; *1897 in New Albany, †1962 in Byhalia) stand seit seiner Jugend sein literarisches Schaffen im Vordergrund seines Lebens. Veröffentlichungen aus seiner Feder setzten in 1920er-Jahren ein, das schriftstellerische Werk Faulkners war facettenreich und schloss Romane, Erzählungen, Gedichte und Drehbücher mit ein. 1950 erhielt Faulkner den Nobelpreis für Literatur für das Jahr 1949. Aus seinem schriftstellerischen Werk sei hier genannt: Faulkner, William (1957), Wilde Palmen (= BS 80), Frankfurt a.M. 1962, 203 S., DM 4,80. [Buhlmann, 09.2023]

Faure, Paul (1981), Die griechische Welt im Zeitalter der Kolonisation (= [Das tägliche Leben in früheren Zeiten]), Stuttgart 1981 > G Griechische Geschichte, 12.-6. Jahrhundert v.Chr.

Faußner, Hans Constantin, Die Verfügungsgewalt des deutschen Königs über weltliches Reichsgut im Hochmittelalter, in: DA 29 (1973), S.345-449 > R Reichsgut

Faust, Ulrich (1964), Gottfried von Admont. Ein monastischer Autor des 12. Jahrhunderts, in: SMGB 75 (1964), S.271-359. Gottfried von Admont war Abt des Klosters Admont (1138-1165), Klosterreformer, Prediger und "monastischer Theologe". Gottfried, angeblich aus der Adelsfamilie derer von Vemmingen, wurde noch zurzeit Abt Theogers (1088-1119) Mönch im Kloster St. Georgen im Schwarzwald und stieg dort bis zum Prior auf. Nach einem nur zu vermutenden Zwischenspiel als Abt im Kloster Weingarten trat er nach dem Tod Abt Wolfholds von Admont (1115-1137) im Jahr 1138 dessen Nachfolge in Admont an. Er wurde zum zweiten bedeutenden Reformabt des Klosters. Im Jahr 1147 wurde unter wohl massiver Mitwirkung Gottfrieds Abt Eberhard (I.) vom Kloster Biburg (1133-1147) zum Salzburger Erzbischof (1147-1164) gewählt. Der Einfluss Gottfrieds muss also in der Erzdiözese beträchtlich gewesen sein, Eberhard I. hielt sich u.a. im September des Jahres 1152 in Admont auf, die erzbischöfliche Visitation hatte ihren Grund in der Brandkatastrophe, die das Kloster in der Nacht vom 10. auf den 11. März 1152 heimgesucht hatte. Zu den Aktivitäten außerhalb Admonts gehörte die von Gottfried weiter vorangetriebene Admonter Klosterreform; dreizehn Mönche aus Admont sollen während seines Abbatiats Äbte zu reformierender Klöster geworden sein. Im alexandrinischen Papstschisma (1159-1177) stand Gottfried im Gefolge des Salzburger Erzbischofs auf der Seite Papst Alexanders III. (1159-1181). Der Admonter Abt war auch "Vater und Lehrer" seiner Mönche (und der Admonter Nonnen). So werden Gottfried eine große Anzahl von in Latein verfassten Predigten zugeschrieben, die noch heute in mehreren Handschriften der Admonter Stiftsbibliothek enthalten sind: Homilien zu den Sonntagen und zu den Feiertagen, Predigten über Themen aus dem Alten Testament, exegetische Schriften über den biblischen Patriarchen Jakob, den Propheten Jesaja und den Propheten Daniel. Der Admonter Klosterleiter erlangte durch seine Gelehrsamkeit eine gewisse Berühmheit (Widmung im Liber contra duas haeresas des Gerhoch von Reichersberg, Erwähnung im "Dialog zwischen einem zisterziensischem und einem cluniazensischen Mönch über die unterschiedliche Beachtung der [Mönchs-] Ordnung" des Idung von Prüfening). Am 25. Juni 1165 starb Gottfried von Admont, der in vielen Belangen wirkungsmächtigste hochmittelalterliche Abt des Klosters Admont. [Buhlmann, 04.2006]

Faust, Ulrich (2004), Abtei Ottobeuren. Geschichtlicher Überblick 764 bis heute, Lindenberg 22007 > O > Ottobeuren

FBAMBW = Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg

FBVFGBW = Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg

FC = Fontes Christiani

FDA = Freiburger Diözesan-Archiv

Fe

Fees, Irmgard (2002), Eine Stadt lernt schreiben. Venedig vom 10. bis zum 12. Jahrhundert (= BHDIR 103), Tübingen 2002, 437 S., Urkundenabbildungen, Karten, € 24,95. Einige tausend venezianische cartae (Urkundenformular mit Protokoll und Eschatokoll, beglaubigte Kopien), darunter Urkunden von geistlichen Instituten, Dogen- und Handelsurkunden, geben mit ihren (über 4500) Aussteller- und Zeugenunterfertigungen von Laien Auskunft über die Schreibfähigkeit der venezianischen (männlichen) Bevölkerung im Zeitraum vom 10. bis 12. Jahrhundert. Danach waren - Resultat besonders von Entwicklungen im 12. bzw. in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts - Mitglieder der venezianischen Oberschicht (Adelsfamilien, führende Familien) (in geringem bis ausgedehntem Maße) schreibkundig, unabhängig davon, ob sie alteingesessenen oder sozial aufgestiegenen Familien angehörten. Dies galt insbesondere für Gewerbe- und Handel Treibende (darunter nicht adlige Unternehmer und Kaufleute). Gerade im politisch-administrativen Bereich (Teilhabe einer großen Anzahl von Personen an Politik, Verwaltung und Gerichtsbarkeit) und im kaufmännischen Bereich (Fernhandel, Handelsvereinbarungen, Kreditgeschäfte) des Handels wurde die Schreibfähigkeit zunehmend unabdingbar. Dies zeigt sich auch an der Verteilung der schreibkundigen Personen über die Orte und Inseln des venezianischen Dogats. Die Rialto-Inseln zeichneten sich - als Zentrum von Politik und Handel - durch einen hohen Anteil schreibfähiger Personen aus, während Leute aus dem ländlich und gewerblich orientierten Chioggia kaum über Schreibkenntnisse verfügten. Dabei ist unklar, wo der Erwerb der Schreibfähigkeiten erfolgte (Schulen, geistliche Institute?) und wie das Verhältnis von Lese- und Schreibfähigkeit gewesen war. Fest steht weitgehend, dass Frauen im Allgemeinen nicht schreiben konnten. Für das Venedig des 10. bis 12. Jahrhunderts als Groß- und Fernhandelsstadt mit seinem politisch breit angelegten Herrschaftssystem bedeutete die Entwicklung von praktischer Schriftlichkeit in Verwaltung und Handel gerade in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts die Durchdringung vieler städtischer Lebensbereiche mit Schriftlichkeit. Diese Entwicklung von Schriftlichkeit sollte einmünden in die weit verbreitete Schriftlichkeit im 13. Jahrhundert (nicht nur in Venedig, sondern auch in vielen Kommunen Oberitaliens). > Lateinische Literatur > M Mairano, Romano, > V Venedig [Buhlmann, 05.2014]

Fehrenbach, Theodor ([v.1970]), Die Reichenau und ihre drei Kirchen, Reichenau-Mittelzell 21970 > R Reichenau

Fehrenbach, Theodor, Weißer, Alfons ([v.1970]), Die Reichenau und ihre drei Kirchen, Reichenau-Mittelzell 111995 > R Reichenau

Fehring, Günter P. (1987), Einführung in die Archäologie des Mittelalters, Darmstadt 1987 > A Archäologie

Feld, Helmut (1998), Franziskus von Assisi und seine Bewegung, Darmstadt 1994 > F Franziskus von Assisi

Feld, Helmut (2001), Franziskus von Assisi (= BSR 2170), München 2001 > F Franziskus von Assisi

Feld, Helmut (2008), Franziskaner (= UTB 3011), Stuttgart 2008, 127 S., € 9,90. Der Bettelorden der Franziskaner (Minoriten, "Minderbrüder", "Barfüßer") geht auf den heiligen Franziskus von Assisi (*1182-†1226) zurück, der mit seiner Art der Nachfolge Christi in Armut viele Menschen seiner Zeit, Frauen wie Männer, begeisterte. Indes, bald war der Orden eingebunden in die katholische Kirchenhierarchie und angepasst an die gesellschaftlichen Verhältnisse, wenn auch die Franziskaner zusammen mit den Dominikanern zu Vertretern einer modernen Theologie wurden. Die Franziskaner finden sich seit ca.1220 in Südwestdeutschland. Organisiert war der Bettelorden im deutschen Südwesten in der Straßburger Provinz mit ihren Kustodien. Im 13. und 14. Jahrhundert entwickelte sich der Orden trotz Armutsstreit und (häretischer) Spiritualenbewegung zu einer monastischen Gemeinschaft nach amtskirchlichen Vorstellungen (Bullen Papst Johannes XXII. (1316-1334) von 1317 und 1323). Statt einer Bußbrüderschaft war ein Mönchtum entstanden, das in Seelsorge, Predigt und Wissenschaft vielfach mit der "Welt" verbunden war. Die sich im 14. Jahrhundert ausbildenden franziskanischen (Teil-) Orden der Observanten und Konventualen wurden 1517 getrennt, die Kapuziner sind als Orden des Franziskanertums 1528 gegründet worden. Ebenfalls als franziskanischer Orden sind die Klarissen aufzufassen, benannt nach und in der Tradition der heiligen Klara von Assisi (*1193-†1253). Die (franziskanischen) Terziaren und Terziarinnen bildeten den dritten Franziskanerorden, der Leuten und Laien in der "Welt" ein klosterähnliches Leben ermöglichte. [Buhlmann, 03.2009]

Feldmann, Christian (1991), Hildegard von Bingen. Nonne und Genie (= Herder 4435), Freiburg i.Br.-Basel-Wien 31997 > H Hildegard von Bingen

Feldmann, Christian (2000), Johannes XXIII. Seine Liebe - sein Leben, Freiburg i.Br. 2000 > K Katholische Kirche in der Moderne

Felten, Franz J. (1992), Die Bedeutung der "Benediktiner" im frühmittelalterlichen Rheinland. Reflexionen, Anmerkungen und Fragen. Tl.I, in: RhVjbll 56 (1992), S.21-58 > B Benediktiner

Fehrenbach, Theodor, Weißer, Alfons (1995), Die Reichenau und ihre drei Kirchen, Reichenau-Mittelzell 111995 > R Reichenau

Feine, Hans Erich (1931), Papst, Erste Bitten und Regierungsantritt des Kaisers seit dem Ausgang des Mittelalters, in: ZRG KA 20 (1931), S.1-131 > E Erste Bitten

Ferber, Rafael (1994), Philosophische Grundbegriffe. Eine Einführung (= BSR 1054), München 31995 > P Philosophie

Ferdinandy, Michael de (1969), Der heilige Kaiser. Otto III. und seine Ahnen, Tübingen 1969 > O Otto III.

Ferguson, Kitty (1991), Das Universum des Stephen King. Eine Biographie, Düsseldorf-Wien-New York-Moskau 1992 > B Brandt, Geschichte der modernen Physik

Ferres, Thomas, Metelmann, Ulrich (1994), Ratingen - ein ganz anderes Stadtbuch - a very different book about this town, Ratingen 1994 > R Ratingen

Fest, Joachim C. (1973), Hitler. Eine Biographie, Bd.1: Der Aufstieg (= Ullstein Tb 3273), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1978, Bd.2: Der Führer (= Ullstein Tb 3274), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1978 > H Hitler, Adolf

Fest, Joachim (1997), Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli (= btb 72106), Berlin 1997, 415 S., DM 20,-. Die nationalsozialistische Diktatur in Deutschland während der Zeit des "Dritten Reiches" (1933-1945) rief auch Widerstand innerhalb der von der nationalen Propaganda so gepriesenen deutschen "Volksgemeinschaft" hervor. Dabei hatte es der Widerstand versäumt, in den ersten Jahren nach der "Machtergreifung" aktiv gegen Regime und Person des Diktators Adolf Hitler (*1889-†1945) aktiv vorzugehen. Sozialdemokratie und Kommunisten wurden stattdessen politisch verfolgt, das deutsche Militär entmachtete sich selbst, der Widerstand ging im Zuge der außenpolitischen Erfolge Hitlers unter (Septemberverschörung 1938). Dies hielt auch in den Anfangsjahren des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) an, als die deutsche Armee erfolgreich die nationalsozialistische Tyrannei über ganz Europa verbreitete, die nur bei einzelnen deutschen Offizieren auf Widerspruch stieß (Novemberverschwörung 1939, Hans Oster). Eine Folge davon war, dass im Widerstand gegen den Nationalsozialismus eine jüngere Generation von Männern die Führung übernahm und der zivile Widerstand (konservativer Widerstand [Carl Friedrich Goerdeler], Kreisauer Kreis [Helmuth James Graf von Moltke, Peter Yorck von Wartenburg], gewerkschaftliche Widerstandszellen [Jakob Kaiser]) immer wichtiger wurde. Die Führung des Feldzugs gegen die Sowjetunion als Vernichtungskrieg ("Unternehmen Barbarossa") sowie die 1941/42 einsetzenden Niederlagen der deutschen Armee ließen dann im Widerstand inner- und außerhalb der Armee auch Pläne zur Beseitigung/Ermordung Adolf Hitlers reifen (Henning von Tresckow, Claus Schenk von Stauffenberg, Axel von dem Bussche, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg; Putschpläne vom Herbst 1943). Die Pläne kulminierten in der Operation "Wallküre", im misslungenen Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 (Claus Schenk von Stauffenberg) und im ebenso misslungenen Staatsstreich des Widerstands in Berlin am selben Tage (im Bendlerblock; Ludwig Beck, Friedrich Olbricht, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg, Peter Yorck von Wartenburg). Den Umsturz unterstützten im Übrigen auch Armeeeinheiten in Prag, Wien und Paris, doch scheiterten auch sie. Während die Operation "Wallküre" aber z.B. für Widerständler in Paris relativ glimpflich ausging, kamen die meisten Verschwörer als "ganz kleine Clique ehrgeiziger Offiziere" (so Hitler in einer Rundfunkansprache vom 21. Juli 1944) in der Folge ihres Handelns ums Leben, entweder sofort hingerichtet (im Berliner Bendlerblock) oder - in zwei Verhaftungswellen - nach Verurteilung im Volksgerichtshof (unter Roland Freisler) - unter dem Anschein der Legalität - exekutiert. Die "Episode" des mithin erfolglosen Widerstands führte dazu, dass dieser auch in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg (z.B. in der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik) kaum Anerkennung fand, haftete ihm doch der Anschein des Nichtlegalen, des Vergeblichen an, waren auch die Verschwörer, die "Verrat" gegen die "Legalität" des nationalsozialistischen Regimes begangen haben, nur eine verschwindende Minderheit unter den Deutschen gewesen. Die Mitglieder des Widerstands selbst hatte im Vorfeld ihre Scheu gegenüber einem Staatsstreich zu überwinden, fanden sie sich doch z.B. als Offiziere der deutschen Armee an der Eidleistung gegenüber Hitler gebunden oder versuchten dem Staatsstreich Legalität zu geben gegen die nationalsozialistische Willkürherrschaft, gegen Judenverfolgung oder die Beschränkung der bürgerlichen Rechte, indem sie sich auf Ethik und Moral, auf religiöse oder nationale Vorstellungen bezogen. [Buhlmann, 10.201]

Feuereißen, Günther (1989), Schienen, Dampf und Räder. Dampflokomotiven der Deutschen Reichsbahn auf beliebten und bekannten Strecken, München 1989 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Feuereißen, Günther (1990), Dampf über Südamerika. Die letzten Dampflokomotiven im Regeldienst zwischen dem Äquator und Kap Hoorn, München 1990 > T Technik, Technikgeschichte

Feuerstein-Praßer, Karin (1997), Die deutschen Kaiserinnen (1871-1918) (= SP 3641), München 32003 > D Deutsche Geschichte, 1870/71-1918

Feuerstein-Praßer, Karin (2016), Liselotte von der Pfalz. Ein Leben am Hofe Ludwigs XIV., Regensburg 22020 > L Lebrige, Liselotte von der Pfalz

Fezer, Fritz, Muuß, Uwe (1971), Luftbildatlas Baden-Württemberg. Eine Landeskunde in 72 farbigen Luftaufnahmen, München-Neumünster 1971 > B Baden-Württemberg

Fi

Fiala, Virgil Ernst (1952), Eine unbekannte Urkunde Alexanders III. für Admont, in: MIÖG 60 (1952), S.355-358 > A Admont

Fiala, Virgil Ernst (1966), Das Alpirsbacher Kalendar von 1471, in: ZWLG 25 (1966), S.339-376 > Lateinische Literatur > K Kalendar (Alpirsbach)

Fichtenau, Heinrich von (1937), Wolfger von Prüfening, in: MIÖG 51 (1937), S.313-357. Mit Abt Erbo I. (1121-1162), einem Mönch aus dem Schwarzwaldkloster St. Georgen, nahm das bayerische Benediktinerkloster Prüfening (bei Regensburg) einen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung. Wolfger von Prüfening (†nach 1173) war der Bibliothekar der Prüfeninger Mönchsgemeinschaft. Sein Wirken wird ab 1130 für uns sichtbar, er selbst stammte aus Bamberg, wo er seine Ausbildung erhielt und wahrscheinlich Mönch auf dem Michelsberg wurde. Wolfger soll um die Mitte des 12. Jahrhunderts einen Bibliothekskatalog angefertigt, ebenso das Prüfeninger Annalenwerk fortgesetzt haben. Wolfger war Urkundenschreiber für Prüfening und an einer Abschrift des Liber Algorismi beteiligt, einer der frühesten, im christlichen Europa verfassten Anleitungen zum Gebrauch arabischer Ziffern einschließlich der Null. Er hat wohl zwischen 1140 und 1146 die Vita Ottonis, die Lebensbeschreibung des heiligen Bischofs Otto I. von Bamberg (1102-1139), eines Streiters für die Kirchenreform, verfasst und daneben wahrscheinlich auch die Vita Theogeri, die er nach den Erinnerungen seines Abtes Erbo niederschrieb. Darüber hinaus war noch die Anbindung an Bamberg erhalten geblieben, so 1151/52, als Wolfger für den damaligen Bamberger Bischof Eberhard II. (1146-1172) Kanzleitätigkeiten ausführte. Nach 1173 ist Wolfger dann gestorben. Es bleibt noch zu erwähnen, dass Prüfening unter Abt Erbo zu einem Reformzentrum für einige Klöster - etwa Mönchsmünster, Göttweig oder Georgenberg - wurde. [Buhlmann, 03.2004]

Fiedler, Ulrich (Hg.) (2019), Weißt Du noch damals ...? Erinnerungen ehemaliger Rottweiler Konviktoren (= Jahresgabe des Rottweiler Geschichts- und Altertumsvereins, Bd.119), Rottweil 2019 > R Rottweil

Figal, Günter (1995), Sokrates (= BSR 530, Beck'sche Reihe. Denker), München 1995 > S Sokrates

Figes, Orlando (2011), Krimkrieg. Der letzte Kreuzzug, Berlin 22011, 747 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Karten, € 36,-. Der Krimkrieg (1853-1856), der erste moderne Krieg (als Stellungskrieg, von modernen Medien [Telegrafie, Fotografie] und einem Kriegstourismus begleitet), hatte seine Ursachen in den religiösen Gegensätzen im Osmanischen Reich (Tanzimatreformen) und im östlichen Mittelmeerraum (Lateiner und Griechen in Jerusalem [Grabeskirche], Muslime und Christen, Panslawismus), in den diplomatischen Forderungen Russlands an die Osmanen (Fürst Menschikow als russischer Gesandter in Konstantinopel) sowie im russischen militärischen Vordringen ins Osmanische Reich und an die Donau (Zehnter russisch-türkischer Krieg und Besetzung der Fürstentümer Moldau und Walachei [1853]). Nach dem türkischen Sieg bei Olteniza und der Vernichtung der türkischen Flotte bei Sinope (1853) intervenierten Frankreich unter Kaiser Napoleon III. und Großbritannien auf Seiten des Osmanischen Reiches (französische und britische Flotten im Schwarzen Meer [Sommer 1853], Kriegshilfevertrag, Landung von französischen und britischen Expeditionstruppen in Gallipoli, Beschießung von Odessa [Frühjahr 1854]). Das von Zar Nikolaus I. (1825-1855) durchaus als "Kreuzzug" geplante weitere Vordringen der russischen Armee scheiterte vor dem von den Osmanen erfolgreich verteidigten Silistra (Mai/Juni 1854) und weil allierte französische und britische Truppen bei Warna landeten. Die Russen zogen sich daraufhin aus den Donaufürstentümern zurück (Juni/Juli 1854), die von Österreich-Ungarn besetzt wurden. Briten und Franzosen beschlossen daraufhin, die Krim und die wichtige russische Festungsstadt Sewastopol (als Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte) anzugreifen. Der Landung der Allierten bei Jewpatorija folgten der allierte Sieg über russische Truppen an der Alma (20. September 1854) und die Einschließung Sewastopols von Süden her (Oktober 1854). Die Schlachten von Balaklawa (25. Oktober 1854) und Inkerman (5. November 1854) brachten für die Russen keine Entlastung; hingegen waren die Belagerer im Winter 1854/55 stark von der kalten Witterung betroffen (unzureichende Ausrüstung und Versorgung gerade der Briten, britische Lazarette in Scutari und Florence Nightingale). Unterstützt von Soldaten des Königreichs Piemont-Sardinien (Turiner Militärkonvention vom Januar 1855), erlangten die Allierten zunehmend ein Übergewicht auf der Krim und vor Sewastopol (verstärkter Beschuss Sewastopols [April 1855], Angriffe auf Kertsch und Umgebung [Mai 1855]). Nach dem Tod Zar Nikolaus' I. (2. März 1855) übernahm sein Sohn Zar Alexander II. (1855-1881) die Herrschaft und hielt im Wesentlichen am Krieg gegen Franzosen, Briten und Türken fest. Nicht zuletzt der vergebliche Ausfall der Belagerten aus Sewastopol und die verlorene Schlacht von Tschernaja (16. August 1855) ging auf eine Initiative Alexanders zurück. Die Niederlage war der Anfang vom Ende der Belagerung; den Franzosen gelang in der Folge die Einnahme der Sewastopoler Festung Malakow (8. September 1855); die Russen räumten die Festungsstadt über eine Schiffsbrücke und unter Zerstörung kriegswichtiger Anlagen, allierte Truppen besetzten und plünderten die (Reste der) Stadt (12. September 1855). Parallel zu den Kämpfen auf der Krim erfolgten allierte Angriffe auf Russland im Ostseeraum (Bormasund, Sveaborg) sowie auf der Halbinsel Kamtschatka (Petropalowsk); auch in Transkaukasien wurde zwischen Russen und Türken gekämpft (Kars) (ab 1854). Der Krieg endete nach langwierigen Verhandlungen zwischen den europäischen Großmächten mit dem Frieden von Paris (30. Marz 1856): Erlöschen des russischen Protektorats über die Donaufürstentümer Moldau und Walachei, freie Handelsschifffahrt auf der Donau und russische Abtretung des südlichen Teils Bessarabiens entlang der Donau, Neutralisierung/Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres, religiöse und rechtliche Gleichstellung der Nichtmuslime mit den Muslimen im Osmanischen Reich. Russland war durch den Krimkrieg von der Donau, dem Osmanischen Reich, aber auch von Europa politisch abgedrängt worden. In Russland fanden in der Folge des Krimkriegs Reformen statt (Leibeigenenbefreiung, Militärreformen) sowie "ethnische Bereinigungen" entlang der Spannungszone zwischen dem Zaren- und dem Osmanischen Reich; die Politik in Europa (Dreierallianz zwischen Frankreich, Großbritannien und Österreich-Ungarn) sollte in den folgenden Jahren unter dem Eindruck der Entstehung des italienischen Nationalstaats und des deutschen Kaiserreiches stehen; die religiösen Spannungen im Osmanischen Reich hielten an. [Buhlmann, 03.2014]

Fiktion und Geschichte: Geschichte als Geschichtswissenschaft steht die Fiktion von Geschichte, von historischen Ereignissen gegenüber, wobei die Übergange sehr wohl fließend sein können. Die literarische Aufarbeitung von Geschichte (von der Stein- bis zur Neuzeit) findet u.a. statt in historischen Romanen der Moderne, die sich mehr oder weniger "gut" an den historischen Zuständen und Ereignissen, die sie romanhaft schildern, orientieren. > Kompendium Mittelalter > Mittelalter-Rezeption in der Moderne: Historische Romane. Weiter werden (noch) unerklärliche historische Phänomene gerne mit Theorien belegt, die sich weit von der Wissenschaftlichkeit von Geschichte entfernen, wie auch immer die historische Forschung als Wissenschaft mit ihrem nur eingeschränkten und bedingten Wahrheitsbegriff aufzufassen ist. Zu den diesbezüglichen "großen Rätseln der Menschheit" gehören - bedingt durch das Fehlen aussagekräftiger Geschichtsquellen - insbesondere Legenden und archäologische Sachverhalte (Legenden: Atlantis, Sodom und Gomorrha; Himmelsbeobachtung: Astronomie der Steinzeit, astronomische Ereignisse [Finsternisse, Meteoreinschläge], "Stern von Bethlehem"; Architektur: Stonehenge, Pyramiden, Statuen der Osterinsel; Erdmuster: Spirale von Glastonbury, Tierkreis von Somerset, Ley-Linien, Nazca-Linien; Archäologisches: "Ötzi", Schatz des Priamos, Qumram, Artus; Übersinnliches: Fluch des Tutanchamun, Omm Seti, Avalon; James, Peter, Thorpe, Nick (1999), Halley, Hünen, Hinkelsteine. Die großen Rätsel der Menschheit (= dtv 62114), München 2002, 492 S., Abbildungen, Karten, Pläne, € 12,50; vgl.: Vandenberg, Philipp (1973), Der Fluch der Pharaonen. Moderne Wissenschaft enträtselt einen jahrtausendalten Mythos (= Bastei Tb 63001), Bergisch Gladbach 81979, 316 S., Plan, DM 5,80). Mystisches, Unbekanntes und Rätselhaftes stehen auch im Vordergrund von: Benito, Marián, Carballido, Iván, García-Merás, Lidia u.a. (2005), Terra mystica. Die letzten Rätsel der Menschheit, Augsburg 2007, 408 S., Farbabbildungen, Karten, € N.N. (fiktive, rätselhafte Kulturen: Mu, Atlantis, Etrusker, Mayas, El Dorado, Templer; rätselhafte Persönlichkeiten: Nofretete, Homer, Artus, Jeanne d'Arc, Gilles de Rais; Architektur: Stonehenge, Cheopspyramide, Tikal, Chartres; Technik: Einbalsamierungen, Antikythera, Batterie von Bagdad, Palenque, Automaten; Wahrsagerei; geografische Phänomene: Bermuda-Dreieck, Pazifik). Eine Menschheitsgeschichte beeinflusst von Außerirdischen (Götter-Astronauten) postuliert: Däniken, Erich von (1974), Beweise. Lokaltermin in fünf Kontinenten (= Heyne Tb 7082), München 71988, 416 S., Schwarzweißabbildungen, DM 12,80. Völlig neu Geschichte und Chronologie umzuschreiben versuchen schließlich: Heinsohn, Gunnar (1988), Die Sumerer gab es nicht. Von den Phantom-Imperien der Lehrbücher zur wirklichen Epochenabfolge in der "Zivilisationswiege" Südmesopotamien. Darstellung der Probleme und Vorschläge für ihre Lösung in einem chronologischen Überblick, Frankfurt a.M. 1988, XIII, 160 S., Abbildungen, DM 24,-; Heinsohn, Gunnar, Illig, Heribert (1990), Wann lebten die Pharaonen? Archäologische und technologische Grundlagen für eine Neuschreibung der Geschichte Ägyptens und der übrigen Welt, Frankfurt a.M. 1990, 496 S., Abbildungen, DM 68,-; Velikowsky, Immanuel (1978), Die Seevölker (= Ullstein Tb 34139), Frankfurt a.M.-Berlin 1983, 278 S., Abbildungen, DM 8,80; Velikowsky, Immanuel (1979), Ramses II. und seine Zeit (= Ullstein Tb 34145), Frankfurt a.M.-Berlin 1983, 285 S., Abbildungen, DM 9,90; Velikowsky, Immanuel (1981), Vom Exodus zu König Echnaton (= Ullstein Tb 34154), Frankfurt a.M.-Berlin 1983, 359 S., Abbildungen, DM 9,90. Gewagte Thesen zur mittelalterlichen Geschichte formuliert: Jung, Ernst F. (1987), Der Nibelungen Zug durchs Bergische Land. Bakalar und die Grafen von Berg im neuen Licht der Thidrekssaga, Bergisch Gladbach 1987, 114 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, DM 14,80. [Buhlmann, 1983, 1988, 04.-05.2017, 10.-11.2017]

Filip, Václav Vok (2000), Einführung in die Heraldik (= Historische Grundwissenschaften in Einzeldarstellungen, Bd.3), Stuttgart 2000, 134 S., Schwarzweißabbildungen, DM 32,-. I. Heraldik oder Wappenkunde ist die Lehre von der Form und dem Gebrauch der Wappen, d.h. von nach bestimmten (mittelalterlichen) Regeln abgefassten Zeichen von Personen, Familien (Genealogie) oder Institutionen. Wappen waren dabei Rechts- und Herrschaftssymbol, worauf auch ihr ritterlich-militärischer Ursprung hinweist (Wappen <- mhd. "Waffen"; lat. arma, frz. armoires, engl. arms). Heraldik leitet sich dann von "Herold" ab, Wappen finden sich u.a. auf Fahnen, Münzen (Numismatik), Siegeln (Sphragistik), Rüstungen und (insbesondere) Schilden (Dreieck-, Rautenschild, halbrundes Schild; Tartsche; Schildwappen) (<- militärische Ursprünge der Wappen vielleicht durch das Vorbild von Kampf- und Feldabzeichen im byzantinischen Heerwesen, 11./12. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Kreuzzügen). II. Mit den im Hochmittelalter aufkommenden Wappen entstand die Heraldik als Wappenkunde zunächst in England und Frankreich und als Antwort auf die Bedürfnisse, schon vorhandene Wappen festzulegen oder neue zu vergeben. Dabei unterlag das Aussehen der Wappen zunehmend Reglementierungen als Grundregeln der Heraldik. Wappen sollten klar und übersichtlich sein, die heraldischen Darstellungen stilisiert; die farbliche Gestaltung sollte sich an Metallen (Silber, Gold) und Tinkturen (schwarz, balu, rot, grün, [purpur, fleischfarben]) orientieren (grafische Wiedergabe der Farben durch Schraffierung und Damaszierung), auch Pelzwerk (Hermelin, Feh, Kürsch) ist erlaubt. "Blason" ist die Kunstsprache der Heraldik, mit der Wappen beschrieben werden; das Blasonieren gilt als "Meldung" der Wappeneigenschaften und betrifft: die (außergewöhnliche) Form von Schild (Normannen-, gotischer, französischer, italienischer Schild, Tartsche, Rundschild, Damenschild) und Helm (mit Krone), den Inhalt des Schilds (Heroldsbilder [geometrische Objekte, optische Schildteilungen], gemeine Figuren [Sonne, Mond, Stern, Komet, Berge, Pflanzen, Tiere, Kriegs-, Musikinstrumente, Rad], ledige Schildfläche [ohne Figur]). Das Wappen auf dem Schild konnte seit dem Spätmittelalter noch durch Schildhalter (Tiere, wilde Männer u.a.), durch Wappenzelte und -mäntel, durch Amtszeichen und mit Bild- und Wortdevisen ergänzt werden. Zu nennen ist darüber hinaus das Wappenhäufen durch Allianz- und Ehewappen oder die Wappenvereinigung. III. Parallel zur Entwicklung der Heraldik traten - auch im Zusammenhang mit den Ritterturnieren - Herold und Heroldswesen in Erscheinung. Herolde waren für die Regelungen beim Wappengebrauch (etwa beim Turnier) zuständig und besaßen von daher eine hohe soziale Stellung, so dass spätestens ab dem 14. Jahrhundert von einer adligen oder bürgerlichen Abstammung der Herolde auszugehen ist. Zum im späten Mittelalter voll ausgebildeten Amt des Herolds (als Wappenkönig, Herold, Persevant [Heroldshierarchie]) gehörten Privilegien und Immunität, die Voraussetzungen für die Heroldsdienste (Überbringung von Botschaften, diplomatisch-politische Dienste, Aufträge des Heroldsherrn [Fürsten, Turniergesellschaften], heraldische Angelegenheiten) waren. Es gab Zuständigkeitsbereiche für Herolde, Marche als Amtsbezirke, zusammengefasst zu Wappenkönigreichen. Mit dem Heroldswesen verbunden war auch das sich ausbildende Wappenrecht; Wappen waren zunächst Personen vorbehalten, die Kriegsdienste leisteten. Da Wappen aber auch Bestandteil von Siegeln als Rechtssymbol waren, wurden im Verlauf der Zeit Wappen auch von Geistlichen, Frauen, Städten oder Korporationen als juristischen Personen genutzt. IV. Das Beispiel der Siegel zeigt, dass die Heraldik als Wappenkunde auch an die Siegelkunde, die Fahnenkunde und die Beschäftigung mit Orden und Ehrenzeichen grenzt. [Buhlmann, 11.2020]

Finckh, Ulrich (2011), Gottes Adoptivsohn. Theologische Skizzen für kritische Leser, Stuttgart 2011 > J Jesus Christus

Finger, Heinz (2003), Die Abtei Werden als geistiges und geistliches Zentrum im Grenzraum von Rheinland und Westfalen (= Libelli Rhenani. Series minor, H.2), Köln 2003 > W Werden

Finger, Heinz (Hg.) (2004), Die Macht der Frauen (= SH 36), Düsseldorf 2004, 243 S., € 24,80. Die Rollen der Frauen in Mittelalter und früher Neuzeit sind höchst verschiedenartig (Heinz Finger, Einführung: Die Macht der Frauen in der Geschichte - die Macht der Geschichte über die Frauen). Frauen haben bei der christlichen Missionierung in neutestamentlicher, spätantiker und mittelalterlicher Zeit eine durchaus aktive Rolle gespielt (Bibel: Andronikos und Junia, Aquila und Prisca; Frühmittelalter: christliche Königinnen), wie auch das Beispiel der Missionarin (captiva <- kavag) Nino/Christina zeigt, die - verschütteter und veränderter Überlieferung (vom 4. [Rufinus, Kirchengeschichte] bis ins 10. Jahrhundert [nationale Geschichtsschreibung]) zufolge - die Iberer bzw. Georgien für das Christentum gewann (Rudolf Hiestand, Die Frau als Missionarin). Radegunde (†587), die Ehefrau des Merowingerkönigs Chlothar I. (511-561) und Begründerin des Heiligkreuzklosters in Poitiers, Gertrud von Nivelles (†659), die karolingische Heilige, und Lioba (Leobgyth, Truthgebu, †782?), die Angelsächsin und Verwandte des Winfrid-Bonifatius (†754), die Vorsteherin des Nonnenklosters Tauberbischofsheim, stehen für Frauen als Nonnen und Klosterleiterinnen im fränkischen Frühmittelalter (Josef Semmler, Mittelalterliche Klostervorsteherinnen. Radegunde von Poitiers, Gertrud von Nivelles, Lioba von Tauberbischofsheim). Maria wurde seit der Spätantike als Gottesmutter und "ewige Jungfrau", als Schutzherrin und als Himmelskönigin (und Gegenspielerin Christi [14./15. Jahrhundert]) verehrt (Heinz Finger, Die mächtigste Frau des Mittelalters). Mathilde von Tuszien (†1115) war Tochter des Markgrafen Bonifatius von Canossa und Tuszien und der Beatrix von Oberlothringen, zweimal unglücklich verheiratet und ohne Nachkommen; sie regierte als Fürstin (gratia dei) und war politisch eng mit dem Reformpapsttum verbunden (vgl. Donizo, Vita Mathildis, Abbildungen in: Rom, Vatikanische Bibliothek, Codex Vaticanus latinus 4922); die Schenkung der "Mathildischen Güter" an den Papst (v.1102) beruht indes auf einer Fälschung (Johannes Laudage, Macht und Ohnmacht Mathildes von Tuszien). Dido, Enite, Isolde und Lavinia stehen für die Wort- uns Sprachmächtigkeit weiblicher Figuren in der mittelhochdeutschen Dichtung (Barbara Haupt, ... ein vrouwe hab niht vil list. Zu Dido und Lavinia, Enite und Isolde in der höfischen Epik). Hybride Renaissanceporträts von Frauen betonen u.a. durch deren Haartracht Schönheit und Erotik der Abgebildeten die "Weibermacht" jenseits von Moral und Schicklichkeit (Hans Körner, Metamorphosen der "Weibermacht". Aby Warburgs Nymphe und das Hybridporträt in der italienischen Renaissance). Das als Frauenherrschaft vielfach angefeindete englische Königtum Eliabeths I. (1558-1603) bedurfte von Seiten der Herrscherin der Inszenierung von Macht, der königlichen Selbstdarstellung und eines neuen Herrschaftsideals (Vera Nünning, Die Inszenierung der Macht und die Macht der Inszenierung: Elisabeth I.). [Buhlmann, 08.2012]

Finger, Heinz (Hg.) (2007), Der Kolumbapfarrer Kaspar Ulenberg und die Geschichte der Kolumbapfarre (= Ausstellungskatalog = Libelli Rhenani, Bd.20), Köln 2007, 300 S., € 21,50. Der Band enthält Beiträge von Heinz Finger, Konrad Groß, Harald Horst, Siegfried Schmidt u.a. Die inhaltlichen Beiträge werden ergänzt durch eine Zeittafel, eine Bibliografie, den Katalog und durch Regentenlisten. Der aus Lippstadt stammende, lutherisch erzogene Caspar Ulenberg (*1548-†1617) wurde 1576 katholischer Priester und Pfarrer in (Düsseldorf-) Kaiserswerth, wo er bis 1582 im Sinne der katholischen (Gegen-) Reform(ation) wirkte. Nach seinem Wechsel nach Köln wurde er Kanoniker am Stift St. Kunibert (1584), Pfarrer und Seelsorger in der Kölner Kolumbapfarrei (1605), schließlich Hochschullehrer und Rektor an der Kölner Universität, wo er in jungen Jahren studiert hatte. Bekannt wurde Ulenberg durch seinen auf Deutsch verfassten Psalter (1582), seinen deutschen und lateinischen Katechismus (1589) sowie seine Bibelübersetzungen. [Buhlmann, 11.2009]

Finger, Heinz (2009), Das kurkölnische Vest Recklinghausen und seine Beziehungen zu Dompropst und Domkapitel im Zeitalter von Reformation und Katholischer Reform, in: AHVN 212 (2009), S.203-233. Das Vest Recklinghausen gehörte in spätem Mittelalter und früher Neuzeit neben dem rheinischen Erzstift und dem Herzogtum Westfalen zum kurkölnischen Territorium der Kölner Erzbischöfe und Kurfürsten. Das Vest umfasste in der frühen Neuzeit ein Gebiet von etwa 600 km2 Fläche zwischen den Territorien Kleve und Mark, Essen und Dortmund sowie dem Bistum Münster, hatte bis zu 18.000 Bewohner und besaß mit Recklinghausen und Dorsten zumindest zwei städtische Mittelpunkte. Nicht zuletzt über Pfarrkirchen und Pfarreien besaß das Kölner Domkapitel - auch in der Zeit der Verpfändung des Vests von 1446 bis zur Pfandeinlösung von 1577 - Einflussmöglichkeiten etwa in Recklinghausen oder Oer; der ehemalige Reichshof Oer war wohl im 12. Jahrhundert an das Domkapitel gekommen. Die durch Erzbischof Salentin von Isenburg (1567-1577) veranlasste Visitation der vestischen Stadt- und Landpfarreien sowie der Rektorate und der 1577 erlassene Salentinische Rezess bildeten dann die Voraussetzung für die kurkölnische Kirchenpolitik der Katholischen Reform und Gegenreformation. Das Vest war damals "oberflächlich" katholisch, es gab auch Anhänger der evangelischen Religion (und Einflüsse von Wiedertäufern?). Im Zuge der Politik des zur Reformation übergetretenen Erzbischofs Gebhard Truchsess von Waldburg (1577-1583) und der katholischen Position des Kölner Domkapitels kam es zum auch das Vest stark in Mitleidenschaft ziehenden Truchsessischen Krieg (1583-1589). In dessen Folge ist wohl die Anhängerschaft der neuen Religion gerade auch unter der vestischen Ritterschaft gestiegen (1590). Erst im Verlauf des 17. Jahrhunderts sollte der Protestantismus im Vest wieder zurückgehen, als gegen Ende des 16. Jahrhunderts einsetzende Maßnahmen der Kölner Erzbischofe Ernst von Bayern (1583-1612) und Ferdinand von Bayern (1612-1650) griffen: Neuordnung der Kirchenorganisation im Vest (1612), Religionsedikt (1614), Stärkung des franziskanischen Einflusses, Schwächung der Kalandbruderschaft (1616), Visitation von 1630. Bei der Durchsetzung erzbischöflicher Interessen kam es auch zu Streitigkeiten mit dem Kölner Domkapitel und dem Dompropst, etwa um die Besetzung der Recklinghauser Stadtpfarrei (1653, 1690) oder bedingt durch die Konkurrenz von altem Archidiakonat und neuem erzbischöflichen Kommissariat. Allgemein ging der kirchliche, nicht der weltlich-besitzrechtliche Einfluss des Domkapitels im Vest während des 17. Jahrhunderts zurück. [Buhlmann, 05.2011]

Finger, Heinz (2013), Der hl. Erzbischof Engelbert von Köln und die Diskussion über seinen gewaltsamen Tod, in: AHVN 216 (2013), S.17-39. I. Engelbert (*1182/86-†1225) war der Sohn des Grafen Engelbert von Berg (1161/63-1189), also ein Mitglied der mächtigen niederrheinischen Grafenfamilie, die ihren Herrschaftsschwerpunkt östlich des Niederrheins im Gebiet des nach ihnen benannten Bergischen Landes hatten. Erzogen an der Kölner Domschule, wurde Engelbert 1198 Propst des Kölner Georgsstiftes, 1199 in umstrittener Wahl Dompropst, 1210 Propst von St. Severin, 1213/15 auch Propst von St. Marien in Aachen. 1212 nahm der Propst am Albigenserkreuzzug in Südfrankreich teil. Nachdem die beiden Kontrahenten um das Erzbistum, Adolf I. von Altena (1193-1205, 1212-1216) und Dietrich I. von Hengebach (1208-1216), zurückgetreten waren, folgte 1216 Engelbert endlich als Erzbischof nach. Er festigte das durch den Thronstreit erschütterte Kölner Erzbistum, indem er die damit verbundene Herzogsgewalt gerade gegen Herzog Walram III. von Limburg (†1226) zur Geltung brachte (1220). Nach dem Tod Graf Adolfs III. von Berg (1189-1218) beherrschte Engelbert auch die Grafschaft Berg, die für ihn eine wichtige Verbindung zwischen den rheinischen und westfälischen Territorien des Erzbistums darstellte. In Rheinland und Westfalen baute der Erzbischof die kölnische Dominanz durch Burgenbau und Städtepolitik weiter aus. Nach 1220 war Engelbert Reichsverweser (provisor) für den (zukünftigen) König Heinrich (VII.) (1220-1235), den Sohn Kaiser Friedrichs II. (1212-1250). Besondere Beziehungen bestanden zwischen dem frommen Erzbischof und den Zisterziensern, den Prämonstransern und den neu aufkommenden Bettelorden (Ansiedlung von Dominikanern und Franziskanern in Köln). Im Streit um die Vogtei der Essener Frauengemeinschaft ging Engelbert gegen seinen Verwandten Friedrich von Isenberg (†1226) vor und wurde bei dem Versuch des Isenbergers, den Erzbischof gefangen zu nehmen, am 7. November 1225 bei Gevelsberg getötet. Die Ermordung machte aus dem Erzbischof einen Heiligen; der bedeutende Zisterziensermönch Caesarius von Heisterbach (*ca.1180-†1240) schrieb die Vita des "Märtyrers" auf. Die damaligen Reaktionen auf Engelberts Tod (allgemeine echte oder gespielte Entrüstung, Klage Walthers von der Vogelweide, Streit um Gründe und Umstände des Todes am Hof König Heinrichs (VII.) in Nürnberg 1225) führten indes noch nicht zu einer (päpstlich kanonisierten) Heiligsprechung des Ermordeten (dennoch Gevelsberg und Köln als Kultzentren der Engelbertverehrung). II. Seit dem 18. Jahrhundert wird in der historischen Forschung der Tod Engelberts - auf Grund von Widersprüchen in der Engelbertvita des Caesarius von Heisterbach - als Mord oder missglückte Entführung interpretiert (Johann Dietrich von Steinen, Wolfgang Kleist, Konrad Ribbeck, Remigius Bäumer, Thorsten Schulz, Gustav Heinz Engelhardt). Hinter einer solcherart vermuteten versuchten Entführung Engelberts stand wahrscheinlich eine Verschwörung des Adels im Lehnhof der Kölner Kirche und am Niederrhein, die der kirchlichen Entvogtungspolitik Engelberts das Recht der hochadligen Vasallen auf Landesherrschaft (unter der Herzogsgewalt des Kölner Erzbischofs) entgegenstellte. III. Engelbert wurde, nachdem eine frühe Heiligsprechung gescheitert war, als defensor ecclesiarum gerade seit der Zeit von Reformation und Gegenreformation im Kölner Erzbistum verehrt (Martyrium Romanum 1583, Engelbertfest 1617/18, Engelbertschrein des Kölner Doms 1633, Engelbertpatrozinien von Gotteshäusern). [Buhlmann, 05.2014]

Finger, Heinz (2018), Der Traum vom Ende der Klüngel-Herrschaft. Versuch einer zeitübergreifenden Bewertung der Kölner Revolution von 1396, in: AHVN 221 (2018), S.61-89. Der Juni 1396 sah im spätmittelalterlichen Köln den Aufstand der Gaffeln (als Verbände von Handwerkergilden) gegen die herrschenden Familien der Oberschicht bzw. gegen deren Regierungspraxis (Geschlechterherrschaft und Richerzeche, Korruption der Oberschicht; Weberaufstand 1369/70, -herrschaft, -schlacht 1371; Gründung der Kölner Universität 1388). Ein provisorischer städtischer Rat handelte in der Folge den Verbundbrief vom 14. September 1396 als neue Herrschaftsordnung aus. Die durch den Verbundbrief vermittelte Verfassung der Reichsstadt Köln sollte bis zum Jahr 1794 Geltung haben (Gaffelregiment, ["alte"] Verfassungstradition [als "geglaubte Geschichte"] und Verfassungsänderung [1462], Weiterbestehen der Korruption ["Kölner Klüngel"]). [Buhlmann, 07.2019]

Fingerlin, Gerhard (1993), Ein frühmittelalterliches Reiterbild aus Nendingen, Stadt Tuttlingen, in: TutHbll NF 56 (1993), S.100-104. Zur weitgehend verschwundenen Ausstattung des Grabes 36 des alemannischen Ortsfriedhofs von Nendingen im Gewann "Brenner" gehört ein kostbares Pferdezaumzeug eines Adligen aus dem 7. Jahrhundert. Teile des Pferdegeschirrs sind u.a. drei Phaleren (Bronzeblechscheiben) der Riemenverteiler, die alle dasselbe Bild eines vollbewaffneten Reiters tragen. Reiterbilder im alemannischen Raum hatten einen römisch-christlichen Hintergrund, der "alemannisch-germanisch" stilisiert wurde. Sie dienten als Schmuck, hatten im frühen alemannischen Christentum aber auch eine magische Bedeutung. Dagegen lässt sich aus stark ornamentierten und stilisierten Bildtypen, wie sie Reiterbilder darstellen, kaum etwas zu Bewaffnung und Kleidung alemannischer Krieger im Frühmittelalter folgern. [Buhlmann, 01.2013]

Finkelstein, Israel (2014), Das vergessene Königreich. Israel und die verborgenen Ursprünge der Bibel, München 2014, 234 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 22,95. In den frühen Jahrhunderten der Eisenzeit (Eisenzeit I [1100-920], Eisenzeit IIA [920-760]) vollzogen sich - ausgehend von den kanaanäischen Stadtstaaten der Armana- und Spätbronzezeit (III) - in Palästina geschichtliche Entwicklungen, die Bevölkerung, Siedlung und Staatlichkeit im Raum von Palästina betrafen. Dabei kam den Entwicklungen im Bergland Palästinas besondere Bedeutung zu (sesshafte und [halb-] nomadische Bewohner, Siedlungsverdichtung, [befestigte] Städte). Zeitlich nach dem "Land Sichem" der Armanazeit (14. Jahrhundert v.Chr.; Labaja) lässt sich um Sichem auch ein Herrschaftsgebilde der Eisenzeit I erkennen (Abimelech), während der späten Eisenzeit I die Herrschaft Gibeon/Gibea im zentralen nördlichen Bergland zugeordnet werden kann (Saul, Sauliden). Übergriffe der Berglandterritorien auf die (Jesreel-) Ebenen Palästinas führten u.U. zu Reaktionen der ägyptischen Großmacht, wie der Feldzug des Pharao Schoschenq I. gegen Gibeon/Gibea zeigt. Im Machtvakuum des ausgehenden 10. und des 9. Jahrhunderts v.Chr. vollzog sich schließlich der Aufstieg des Königreichs Israels unter Jerobeam I. (939-901 v.Chr.; "Gemeinwesen Tirza") und dessen Nachfolgern besonders aus der Dynastie Omris (884-873 v.Chr.; Hauptstadt Samaria). Israel gelang zudem der Übergriff auf die Ebenen, auf das "Neue Kanaan" der Eisenzeit (heterogene Bevölkerung). Es musste seine Stellung gegen das aramäische Territorium Damaskus und gegen das neuassyrische Reich behaupten und gelangte unter den Omriden wirtschaftlich zu Wohlstand (Oliven, Pferde, Kupfer; Städte und Grenzfestungen). Das 8. Jahrhundert v.Chr. sah in Israel den Übergang zu einer Schriftkultur (Schreiber) bei Verdichtung des religiösen Kults auf Samaria, Bet-El und Penuel ("JHWH von Samaria"). Nach der Eroberung des Königreichs Israel durch die Assyrer (722/20 v.Chr.) gelangten zusammen mit Flüchtlingen schriftlich(-biblisch)e Aufzeichnungen (Jakobszyklus, Exodus aus Ägypten) ins Israel südlich benachbarte Königreich Juda, das mit seiner Hauptstadt und dem (alleinigen) Kultmittelpunkt Jerusalem lange Zeit im Schatten des nördlichen Reichs gestanden hatte. Als Vasallenstaat Assyriens entwickelte sich in Juda mit seiner nunmehr "judäisch-israelitischen Mischbevölkerung" eine "panisraelitische Ideologie", deren Ausfluss alttestamentliche Bücher der hebräischen Bibel sind (Konzept von Daviddynastie und Jerusalem als Kultzentrum, Anpassung israelitischer Überlieferung an das Konzept). [Buhlmann, 08.2014]

Finley, Moses I. (1976), Die Griechen (= Beck'sche Elementarbücher), München 21983 > G Griechische Geschichte

Finley, Moses I. (1980), Die Sklaverei in der Antike (= Fischer Tb 4352), Frankfurt a.M. 1985 > S Sklaverei (Geschichte)

Finley, Moses I. (1982), Die frühe griechische Welt, München 1982 > G Griechische Geschichte, 12.-6. Jahrhundert v.Chr.

Fisch, Stefan (2015), Geschichte der europäischen Universität. Von Bologna nach Bologna (= BSR 2702), München 2015, 128 S., Zeittafel, € 8,95. I. Die Institution der Universität ist eine Erfindung des (hohen) Mittelalters. Neben die christlichen Klöster und Kathedralschulen, die jüdischen Talmudschulen der gelehrten Rabbiner und den islamischen Religionsgelehrten und Medresen trat seit dem 11. Jahrhundert - nach Vorläufern wie der Medizinschule in Salerno (ab 1000; Constantinus Africanus) - die Universität wie die Rechtsschule in Bologna für römisch-justininisches Recht (ca.1080/90; Scholarenkonstitution Kaiser Friedrich Barbarossas 1155). Die Pariser Universität entstand gewohnheitsrechtlich-organisatorisch um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Hier und anderswo bestimmten Lehrende und/oder Studierende durch Selbstorganisation (Kanzler, Rektor, universitas magistrorum er scholarium) und Abgrenzung (gegenüber dem städtischen Umfeld sowie Kirche und Ortsbischof; eigene Gerichtsbarkeit, päpstliche Legitimation, Studierende als Fremde) Ausbildung und Lehre. Dabei kristallisierte sich ein Kanon der vier Fakultäten der Artes (Trivium, Quadrivium, Artistenfakultät; als [philosophisches] Propädeutikum), der Theologie, des Rechts und der Medizin heraus bei einem eigenen Wissenschaftsverständnis (klassische Autoritäten und eigene Innovationen). Die um 1150 entstandene Universität von Montpellier war eine Medizin- und Rechtshochschule, die Universitäten von Oxford (ca.1180, Auszug Studierender aus Paris) und Cambridge (1209, Auszug Studierender aus Oxford) mit ihrer College-Struktur deckten alle Fächer ab. Den Universitäten "aus wilder Wurzel" gesellten sich alsbald durch Herrscher privilegierte Universitäten hinzu (Salamanca 1218, Neapel 1224). In einer zweiten Phase setzten Universitätsgruendungen wieder ab dem 14. Jahrhundert ein (Prag 1348, Krakau 1364/97, Wien 1365, Heidelberg 1385, Köln 1388, Erfurt 1392, St. Andrews 1411, Löwen 1425, Basel 1460, Uppsala 1477, Kopenhagen 1479); aus der Universität war ein europäisches Phänomen geworden. Wirtschaftliche Grundlage der (nicht nur) mittelalterlichen Hochschule waren Stiftungsvermögen, Gebühren, Geldstrafen u.a., die Universitätsabschlüsse waren allgemein anerkannt (allgemeine Lehrerlaubnis, Lehrende und Professoren; akademischer Arbeitsmarkt). Die Mobilität von Lehrenden und Studierenden innerhalb des mittelalterlichen Europa war auch dadurch gegeben, dass Latein die Sprache der Univer8sitäten war. II. Humanismus und gerade Reformation und Konfessionalisierung bewirkten Neuausrichtungen bei den Universitäten. Lutherisch-calvinistisch geprägte Hochschulen waren Marburg (1527), Königsberg (1544), Jena (1558), Leiden (1575), daneben die akademischen Gymnasien (Gymnasium illustre) Strassburg (1538), Duisburg (1559), Bremen (1610) u.a. Über 40 konfessionell ausgerichtete Universitäten gab es während der frühen Neuzeit im deutschen Reich, fast 20 in Frankreich. Auf Grund der Konfessionalisierung blieb der Wirkungsbereich dieser Hochschulen begrenzt, auch wenn im Rahmen von Entdeckung und Kolonisierung die universitäre Institution nach Amerika oder Asien übertragen wurde (Santo Domingo 1538, Lima 1551, Mexiko 1551, Manila 1611, Harvard 1638, Virginia 1693, Yale 1701). Einer zunehmenden Erstarrung der frühneuzeitlichen Universität begegneten im 18. Jahrhundert die Reformuniversitäten Halle (1694, Franckesche Anstalten) und Göttingen (1737, Staatsrecht und Staatswissenschaften, Universitätskliniken) sowie Spezialhochschulen für Kameralistik, "Statistik", Bergbau oder Medizin (Braunschweig 1745, Freiberg 1766, Stuttgart 1770, Clausthal 1775). III. Die Französische Revolution (1789) brachte für Frankreich das Ende der Universitäten bisherigen Typs bei Beibehaltung der Grandes Ecoles und Etablierung der Universite imperiale durch Napoleon (Landessprache als Hochschulsprache); im 19. Jahrhundert blieb dieses Hochschulsystem für Frankreich maßgeblich, erst das 20. Jahrhundert sah auch eine stärkere Betonung der Forschung (Centre National de Recherche Scientifique 1939). Für die preußischen Universitätsreformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand dagegen die humboldtsche Persönlichkeitsbildung des Studenten im Vordergrund mit dem Schwerpunkt auf wissenschaftlich-universitäre Forschung (Berlin 1810; Privatdozententum und Habilitation); die preußische Universität als staatliche Institution sollte sich dann in Mitteleuropa (Österreich: "Beamtenmanufakturen"; Schweiz: Zürich 1833, Bern 1834; Akademien, Technischen Hochschulen; Netzwerk deutschsprachiger Universitäten unter Einbeziehung des Baltikums; Wissenschaftspolitiker Friedrich Althoff, Stiftungsuniversität Frankfurt a.M. 1914), aber auch in Nordamerika verbreiten (forschungsorientierte Spitzenuniversitäten in den USA). Neben den sich in Teildisziplinen (Fächervielfalt) auffächernden, Ordinarien- und professoral bestimmten Universitäten Mitteleuropas entstanden u.a. an der Praxis orientierte Technische Hochschulen (auch in Großbritannien). Im 20. Jahrhundert waren die deutschen Universitäten integriert in den demokratischen Systemen von Weimarer Republik und Bundesrepublik Deutschland bzw. in den Diktaturen von Nationalsozialismus und Deutscher Demokratischer Republik. Gerade in der Bundesrepublik der 1960/70er-Jahre enstanden auch in "bildungsfernen" Regionen neue Universitäten (und Gesamthochschulen; Bochum 1965), daneben gab/gibt es ein ausgedehntes Netz von Fachhochschulen. Seit dem endenden 20. Jahrhundert gerät zunehmend eine europäische Hochschullandschaft ins Blickfeld der (Bildungs-) Politik (Magna Charta Universitatum 1988, Sorbonne-Erklärung 1998, Bologna-Erklärung 1999). [Buhlmann, 09.2015]

Fischer, Andreas (2008), Kardinäle im Konklave. Die lange Sedisvakanz der Jahre 1268 bis 1271 (= BDHIR 118), Tübingen 2008, X, 533 S., € 9,45. I. Spätmittelalterliche Papstwahlen liefen auf der Grundlage des Papstwahldekrets Papst Nikolaus' II. (1058-1061) aus dem Jahr 1059 und des Wahlgesetzes Papst Alexanders III. (1159-1181) aus dem Jahr 1179 ab, wonach die Kardinäle der Kirche (Kardinalskollegium) den neuen Papst mit einer Zweidrittelmehrheit zu wählen hatten. Gerade für die Zeit zwischen 1241 und 1305 führte das Wahlsystem dazu, dass vielfach Sedisvakanzen auftraten, wobei die von 1268/71 knapp zwei Jahre und zehn Monate anhielt. Offensichtlich hatten damals die 19 (von 20) bis 17 zusammengetretenen Kardinäle massiv unterschiedliche Vorstellungen vom neuen Papst, der der Nachfolger des verstorbenen Clemens IV. (1265-1268) werden sollte. Das Konklave (hier erstmals so bezeichnet) fand in der Stadt Viterbo im Kirchenstaat statt und endete dann schließlich mit der Wahl Papst Gregors X. (1271-1276), eines Nichtkardinals als Kompromisskandidaten. Selbst politische Einflussnahmen (Stadt Viterbo, französischer König) und die Einkasernierung der Kardinäle beschleunigten den Wahlentscheid nicht. Daher sah sich Papst Gregor X. veranlasst, in seiner Bulle Ubi periculum (Zweites Konzil von Lyon 1274) die Papstwahl detaillierter zu regeln (Ablauf der Papstwahl, Einschränkungen der Kardinalsrechte) . II. Die am Konklave von 1268/71 beteiligten Kardinäle waren: Riccardo Annibaldi als Kardinaldiakon von S. Angelo (1238-1276), Mitglied einer römischen Adelsfamilie, Neffe Papst Innozenz' III., Provinzverwalter der Campagna und Marittima, Vertreter englischer Interessen an der Kurie, Wähler u.a. Papst Alexanders IV., Unterstützer Karls von Anjou beim negotium Sicilie (1263/66), in politischer Distanz zu Papst Gregor X. (1273/76); Eudes de Chateauxroux als Kardinalbischof von Tusculum (1244-1273), judenfeindlich, Kreuzfahrer (1249/54), verlässlicher Vertrauter einiger Päpste; Giangaetano Orsini als Kardinaldiakon von S. Nicola in Carcere Tulliano (1244-1280), von der römischen Adelsfamilie der Orsini, Jurist, Leiter der Inquisition (1262), Protektor des Franziskanerordens (1263), Verteidiger der Interessen der Orsini (1266/67), später auch Papst (Nikolaus III., 1277-1280); Johann von Toledo als Kardinalpriester von S. Lorenzo (1244-1261) bzw. als Kardinalbischof von Porto und S. Rufina (1261-1275), ein Engländer, mit umfangreichen Kenntnissen in Recht, Medizin und Theologie, Gefangener des Stauferkaisers Friedrich II. (1241/43?), mit Beziehungen nach England (Richard von Cornwall u.a.) und ins Baltikum sowie zum Zisterzienserorden; Ottaviano Ubaldini als Kardinaldiakon von S. Maria in Via Lata (1244-1272), aus toskanischem Adelsgeschlecht im Umfeld Papst Gregors IX., Legat für Lombardei und Romagna (1247/51, 1252/53), Legat für Sizilien (1255), Rektor in Segni (1259), politisch engagiert in Florenz und im Königreich Sizilien Karls von Anjou (1266/71), Kompromissar bei der Wahl Papst Gregors X. (1271); Ottobuono Fieschi als Kardinaldiakon von S. Adriano (1252-1276), aus genuesischem Adel, mit universitärer Ausbildung, Kanoniker in Notre-Dame in Paris, Archidiakon in Bologna und Parma, Neffe Papst Innozenz' IV., mit umfangreichen Beziehungen, engagiert u.a. in englischen (Richard von Cornwall 1257/61, 1265/67), französischen und byzantinischen Angelegenheiten, schließlich als Papst Hadrian V. (1276); Stephan Vancsa als Kardinalbischof von Palestrina (1252-1270), ungarischer Herkunft, Bischof von Waitzen (1240-1241/43), Erzbischof von Gran (1241/43-1252), Legat in ungarischen Angelegenheiten, mit juristischem und theologischem Sachverstand versehen, Kurienauditor und -schiedsrichter; Giacomo Savelli als Kardinaldiakon von S. Maria in Cosmedin (1261-1285), aus der Adelsfamilie der Savellli (bei Albano), päpstlicher Kaplan (1249) und Subdiakon (1254), dem kurialen Tagesgeschäft verhaftet, Vertrauter Papst Clemens' IV., schließlich als Papst Honorius IV. (1285-1287); Goffredo d'Alatri als Kardinaldiakon von S. Giorgio in Velabro (1261-1287), aus einer in Latium beheimateten Adelsfamilie, Kanoniker (1229) und Magister mit juristischen Kenntnissen, tätig am kurialen Gericht, beteiligt am negotium Sicilie (1265/66), Kurienauditor, Vermittler in römischen Angelegenheiten; Radulf Grosparmi als Kardinalbischof von Albano (1261-1270), aus Frankreich, Magister, Jurist, Archidiakon König Ludwigs IX. von Frankreich (1256/61), Pönitentiar und Kardinalpönentiar (1265), Legat für das Königreich Sizilien (1266/68), Beteiligter am Kreuzzug Ludwigs IX. (1270), gestorben vor Tunis; Simon de Brion als Kardinalpriester von S. Cecilia (1261-1281), Student wohl an der Pariser Artistenfakultät, Archidiakon von Rouen (1255), Parteigänger Frankreichs und Karls von Anjou u.a. im negotium Sicilie, Legat für Frankreich (1266/67, 1275/79), Papst Martin IV. (1281-1285); Simon Paltinieri als Kardinalpriester von S. Martino (1261-1277), aus einer Paduaner Adelsfamilie stammend, Kanoniker in Padua, Auditor an der Kurie, Rektor über die Mark Ancona, das Dukat Spoleto u.a. gegen den Stauferkönig Manfred (1264/66), Kompromissar bei der Wahl Papst Gregors X. (1268/71), anwesend auf dem Konzil von Lyon (1274); Umberto Cocconato als Kardinaldiakon von S. Eustachio (1261-1276), aus Piemont gebürtig, päpstlicher Kapellen und Subdiakon, Kurienauditor, anwesend auf dem Konzil von Lyon (1274), im Konklave von 1276 verstorben; Mancher Pantaleon als Kardinalpriester von S. Prassede (1262-1286), aus Troyes stammend, Neffe Papst Urbans IV., Kurienauditor und Wahlprüfer; Annibaldo Annibaldi als Kardinalpriester von SS. XII Apostoli (1262-1272), aus der stadtrömischen Adelsfamilie der Annibaldi, Studium in Paris, Dominikaner, Lehrer, erkrankt beim Konklave von 1268/71 und als Folge des Konklave 1272 gestorben; Giordano Pironti als Kardinaldiakon von SS. Cosima e Damiano (1262-1269), aus einer Terracineser Adelsfamilie, als Notar und Subdiakon Mitglied der päpstlichen Kanzlei (1246), dann Vizekanzler (1256), Rektor der Campagna und Marittima (1259/64), Parteigänger der Anjou, verstorben während der Sedisvakanz von 1268/71; Guido als Kardinalpriester von S. Lorenzo in Lucina (1262-1272), Studium an der Pariser Universität, Zisterzienser, Abt von Citeaux (1259-1262), sich an der Kurie einsetzend für die Interessen seines Ordens (1263/65), Legat für Nordeuropa (1263/67), in Konflikt mit Papst Clemens IV. stehend (1267/68), Kompromissar bei der Papstwahl von 1271; Guillaume de Bray als Kardinalpriester von S. Marco (1262-1282), mit umfassender Ausbildung, Kurienauditor, mit Ansprüchen auf das Reimser Erzbistum (1263/66), Wähler des Orsini-Papstes Nikolaus III. (1277); Heinrich von Segusia bzw. Hostiensis als Kardinalbischof von Ostia und Velletri (1262-1271), decretorum doctor excellentissimus auf Grund eines Studiums in Bologna, Verfasser der Copiosa (1253), Prior von Antibes (1239), Propst von Grasse (1244), tätig in englischen Angelegenheiten, Bischof von Sisteron (1243), päpstlicher Kapellan (1244), Erzbischof von Embrun (1250), Tätigkeiten im Reich und in Frankreich, Jurist an der Kurie mit finanziellen Problemen auf Grund fehlender Pfründen; Matteo Rosso Orsini als Kardinaldiakon von S. Maria in Porticu (1262-1305), tätig im Kampf gegen König Manfred (1264/66), beteiligt an der Krönung Karls von Anjou (1266), Kurienauditor, Vertrauter Papst Nikolaus' III. (1277/80), Coelestins V. (1294) und Bonifaz VIII. (1294/1303). Die Kardinäle entstammten also unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und geografischen Regionen. II. Während der Sedisvakanz handelten die Kardinäle an Stelle des Papstes plena sede, wobei es für solch ein Handeln in Stellvertretung des Papstes sede vacante nur bedingt kirchenrechtliche Richtlinien gab (causae maiores des Papstes, Kurie und Kardinäle [Ämterkontinuität, Exkommunikation und deren Aufhebung]; Handlungen von Kardinälen im Patrimonium Petri [Konflikte um/mit Kastell Lariano, Orvieto, Città di Castello, Perugia, Viterbo, Benevent]; Verwaltung [Bistumsbesetzungen u.a. in Aquileja, Besancon, Grenzen der Bistumsbesetzung bei der Bischofsdoppelwahl in Verona]; Legationen [deren Fortdauer, Byzanz und die Kirchenunion, Köln]). III. Die Sedisvakanz von 1268/71 wurde schließlich - nach einigen Versuchen zu deren Beendigung (Ermahnungen Bonaventuras an das innerlich gespaltene Kardinalskollegium [1268], Aufrufe des französischen Königs und Karls von Anjou [1269], Kritik Johanns von Toledo [1270] u.a.) - mit der Wahl des Lütticher Archidiakons Tedaldo Visconti zum Papst Gregors X. per viam compromissi (Wahlmännergremium aus sechs Kompromissaren) beendet (Rückkehr Viscontis aus Akkon, Weihe und Krönung [27. März 1272]). Da die Sedisvakanz das Papsttum in große finanzielle Schwierigkeiten gebracht hatte, versuchte Papst Gregor X. Letztere zu beheben, forderte im Vorfeld des 2. Konzils von Lyon (1274) Reformvorschläge ein und erließ schließlich auf dem Konzil die Bulle Ubi periculum zur Papstwahl durch die und zu den Befugnissen der Kardinäle. Die päpstliche Konstitution wurde indes in der Folgezeit (1276) suspendiert, während die Kanonisten sie meist positiv beurteilten und Papst Coelestin V. (1294) sie wieder in Kraft setzte. 1298 wurde die Konstitution in den Liber Sextus Papst Bonifaz VIII. (1294-1303) aufgenommen, entfaltete indes in den nachfolgenden Papstvakanzen wenig Wirkung; Zusätze flossen durch Papst Clemens V. (1305-1314) mit ein (1311), änderten indes wenig in den Sedisvakanzen, blieb doch der kanonistische Widerspruch zwischen dem Kardinalskollegium als theoretischem Inhaber der päpstlichen plenitudo potestatis sede vacante und den Kardinälen mit eingeschränkter Verfügungsgewalt, der Widerspruch zwischen Konsens und Dissens erhalten. [Buhlmann, 01.2016]

Fischer, Andreas (2012), Karl Martell. Der Beginn karolingischer Herrschaft (= Urban Tb 648), Stuttgart 2012 > K Karl Martell

Fischer, Dagobert (1875), Die ehemalige Abtei Craufthal, Zabern 1875 > K Krauftal

Fischer, Heinz-Joachim (1986), Rom. Zweieinhalb Jahrtausende Geschichte, Kunst und Kultur der Ewigen Stadt (= DuMont Kunstreiseführer), Köln 31999 > R Rom

Fischer, Joachim (2001), Zwei unbekannte Reformstatuten von 1474 und 1475 für das Benediktinerinnenkloster Urspring, in: SMGB 112 (2001), S.117-151 > E Eberl, Urspring

Fischer, Johannes (1954), Der Hausmeier Ebroin, Diss. Wilkau-Haßlau 1954, 183 S., DM 15,-. Der Franke Ebroin (miles iniquissimus ... ex infimo generis ortus) war - einer Urkunde des Merowingerkönigs Chlodwig II. (639-657) vom 22. Juni 654 zufolge - Mitglied im neustrischen Palatium (miles palatinus), bevor er nach dem Tod Chlodwigs und des Hausmeiers Erchinoald mit Unterstützung der Königin Balthild (†ca.680), der Mutter und Regentin König Chlothars III. (657-ca.673), selbst Hausmeier wurde. Zunächst zusammen mit Balthild verfolgte Ebroin konsequent die Vereinigung des burgundischen Reichsteils mit Neustrien bei Ausschaltung der burgundischen Führungsschicht. Ebroin mischte sich beim "Staatsstreich" des karolingischen Hausmeiers Grimoald (643-662) in Austrien nicht ein; nach Grimoalds Hinrichtung (662) wurde der neustrische Merowinger Childerich II. (662-675) auch König in Austrien wurde. Schon lange zuvor hatte Ebroin nach Mündigkeitsbeginn Chlothars III. (664) Balthild zum Eintritt ins Kloster Chelles (664/65) gezwungen. Als neustroburgundischer Hausmeier geriet er jedoch in Konflikt mit der burgundischen Opposition unter der Führung des Bischofs Leudegar von Autun (662/63-676). Um 673 gelang es Childerich II. nach dem Tod seines Bruders Chlothars III. für wenige Jahre die Alleinherrschaft im Frankenreich zu übernehmen. Mit dem Regierungswechsel in unmittelbarem Zusammenhang stand der Sturz Ebroins, der ins Kloster Luxeuil verbannt wurde. Leudegar und seine Adelspartei hatten nun das Sagen im Frankenreich, doch regte sich alsbald dagegen eine Opposition fränkischer Großer, an der auch der austrische dux Wulfoald beteiligt war. Der Sturz Leudegars und dessen Einweisung ins Kloster Luxeuil waren die Folge (675). Noch im selben Jahr 675 wurde - Ausfluss einer Adelsverschwörung gegen den König - Childerich mit seiner schwangeren Frau Bilichild ermordet; Childerich war vielleicht der letzte Merowinger, der (in beschränktem Ausmaß) eine eigenständige Politik betrieben hat. Der Tod des Herrschers ermöglichten Ebroin und Leudegar die Flucht aus Luxeuil; in der Folge konnte sich - auch nach Installation des Merowingerkönigs Theuderich III. (673/75-690/91) - Leudegar zunächst in Neustroburgund durchsetzen, während Austrien unter König Dagobert II. (676-679) eigene politische Wege ging. Mit Unterstützung austrischer [und neustrischer] Großer und unter Verwendung des "falschen" Chlodwig III. (675/76) als angeblichen Sohn Chlothars III. und Merowingerkönig gelang es indes Ebroin, sich gegen Leudegar durchzusetzen (676). Leudegar wurde auf einer Synode seines Bischofsamts entkleidet und hingerichtet (679). Die letzten Jahre des Hausmeiers Ebroin sind geprägt von Grenzkonflikten zwischen Neustroburgund und Austrien. Nach der Ermordung des austrischen Merowingers Dagobert II. (679) [?] kam es zu Kämpfen zwischen Ebroin und der karolingischen Partei unter Pippin den Mittleren (†714) und dem dux Martin (†679). Das neustrische Heer besiegte das karolingisch-pippinische Aufgebot in der Schlacht bei Bois-du-Fay vernichtend (679 [?]). Ebroin konnte aber den Sieg nicht ausnutzen, musste die neustroburgundische Opposition gegen ihn bekämpfen und wurde schließlich (Ende April, Anfang Mai?) 680 [oder 681] von dem miles palatinus Ermenfredus ermordet. Nachfolger Ebroins im neustroburgindischen Hausmeieramt wurde Waratto, der sogleich auf Ausgleich mit Austrien bedacht war; Theuderich III. war nun nomineller Herrscher über das gesamte Frankenreich. [Buhlmann, 02.2013]

Fischer, Thomas (2020), Gladius. Roms Legionen in Germanien. Eine Geschichte von Caesar bis Chlodwig, München 2020, 344 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 26,95. I. Schriftliche Geschichtsquellen sind einseitig nur auf Latein bzw. Griechisch und damit in einer Sicht von außen auf die Germanen überliefert. Einen gewissen Ausgleich für diese römische Sichtweise liefert die archäologische Forschung (Siedlungen, Grabfunde) sowie die Linguistik. Trotzdem ist z.B. der Germanenbegriff weitgehend durch die römischen Historiografen Caesar (†44 v.Chr.) und Tacitus (†120 n.Chr.) bestimmt. Danach unterschieden sich die Germanen kulturell von den Kelten, das Rheingebiet war cum grano salis eine "Völkerscheide", obwohl es laut Caesar auch Germani cisrhenani gegeben hat. Germanische Sprachen werden begriffen als eine indogermanische Sprachfamilie, zurückgehend auf das "Urgermanische" (ca.500 v.Chr.), das sich in ein nord-, west- und ostgermanische Sprachen zergliederte. Mit den germanischen Stämmen/Ethnien/Völkerschaften (entstanden aus Misch- und Zuwanderungsprozessen) und deren Stammesterritorien lassen sich archäologisch Kulturgruppen verbinden, u.a. die wohl schon germanische Jastorf-Kultur an der unteren Elbe (2./1. Jahrhundert v.Chr.), keltisch-germanische Mischkulturen der deutschen Mittelgebirge bzw. zwischen Mitteldeutschland und Böhmen (Elbgermanen: Langobarden, Markomannen, Quaden, Sueben), die ostgermanische Preworsk-Kultur des Oder-Warthe-Raums (2. Jahrhundert v.Chr.; Burgunder, Lugier, Wandalen), die Wjelbark-Oksywie-Kultur der Weichselgermanen (Goten). II. Die erste Begegnung zwischen Römern und Germanen erfolgte im Zuge des Kriegs gegen Kimbern und Teutonen (113-101 v.Chr.). Der Gallienkrieg des römischen Politikers und Feldherrn Gaius Julius Caesar (58-50 v.Chr.) hatte als eine Ursache das Eindringen suebischer Völkerschaften unter dem "Germanenkönig" Ariovist (†58 v.Chr.; suebische Niederlage gegen die Römer im Elsass). (Die Sueben waren ein elbgermanischer Stamm, der zurzeit Caesars im Mittelgebirgsraum nördlich des Mains lebte, wohl als Quaden [Wechsel des Stammesnamen] um Christi Geburt nach Böhmen wanderten und in der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts n.Chr. im niederösterreichisch-slowakischen Raum siedelten. Dort sind sie als Sueben im 4./5. Jahrhundert fassbar, um schließlich im Rahmen der "Völkerwanderung" in den Westen der iberischen Halbinsel zu gelangen [mittelalterliches Königreich Portugal]. Daneben gab es die Neckarsueben [Suevi Nicrenisis um Ladenburg], die sich an die römische Großmacht anlehnten und im 3. Jahrhundert n.Chr. als "lokale Gruppe" von Sueben verschwanden.) Caesar bekriegte noch die Usipeter und Tenkterer (55 v.Chr.) und sicherte durch zwei rechtsrheinische Militäraktionen das rechtsrheinische Siedlungsgebiet der mit den Römern verbündeten Ubier. (Die Ubier wurden unter Agrippa 20/19 v.Chr. ins Linksrheinische [um Köln] umgesiedelt, das ehemalige ubische Stammesgebiet von den Chatten besiedelt.) (Die Chatten formierten sich ald gegen Rom gerichteter Stamm um das Jahr 10 v.Chr. und drangen ins ehemalige rechtsrheinische Ubiergebiet ein. Von dort wurde Chatten später als Bataver ins Rheinmündungsgebiet umgesiedelt [insula Batavorum].) Bis in die Zeit des Kaisers Augustus (27 v.Chr-14 n.Chr.) war die Rheingrenze als Grenze des römischen Reiches alles andere als gesichert (Statthalterschaften Agrippas 39/37, 20/18 v.Chr., Trevereraufstand 30/29 v.Chr., rechtsrheinische Strafexpedition des M. Vinicius 25 v.Chr., vernichtende Niederlage des Statthalters M. Lollius gegen eingedrungene Sugambrer, Usipeter und Tenkterer 16 v.Chr., Aufenthalt des Augustus am Rhein 16/13 v.Chr. [organisatorische Zusammenfassung von gallischen Provinzen, Konzentration von römischem Militär entlang des Rheins]). Mit dem Jahr 12 v.Chr. begannen die römischen Feldzüge rechts des Rheins, die schließlich die Unterwerfung der germanischen Völker bis zur Elbe zum Ziel hatten (Offensive des Drusus als Reaktion u.a. auf Einfälle der Sugambrer nach Gallien 12-9 v.Chr. [Legionslager Nimwegen, Xanten, Neuss, Oberaden/Elison mit Beckinghausen, Nachschublager Rödgen], Siege über Usipeter und Sugambrer 11 v.Chr., Tod des Drusus 9 v.Chr. und Einstellung der Kämpfe bei römischem Rückzug auf linksrheinische Positionen 8 v.Chr., Umsiedlung der Sugambrer ins Linksrheinische 8 v.Chr., Expedition des illyrischen Statthalters Domitius Ahenobarbus bis zur Elbe 6 v.Chr., immensum bellum des gallischen Statthalters M. Vinicius 1 n.Chr., Unterwerfung Germaniens durch Tiberius 4-5 n.Chr. [Marschlager Wilkenburg, Militärlager Anreppen], fehlgeschlagener Feldzug des Tiberius gegen die Markomanen unter König Marbod 6 n.Chr., pannonischer Aufstand 6/9 n.Chr., systematische, auch zivile Einrichtung einer Provinz Germania unter P. Quinctilius Varus 7/9 n.Chr. [Hauptlager Haltern/Aliso [?], Siedlungsanlage Waldgirmes], Cheruskeraufstand unter Arminius und römische Niederlage in der Schlacht im Teutoburger Wald [Kalkriese u.a.] 9 n.Chr.). III. Auf die Varus-Niederlage folgten noch die letztlich erfolglose Rachefeldzüge des Germanicus (14-16 n.Chr.; Schlachten bei Idistaviso und am Angrivarierwall), doch zogen sich letztlich die Römer auf Entscheid des Kaisers Tiberius (14-37) aus allen rechtsrheinischen Gebieten zurück (Abberufung des Germanicus 16), so dass der Rhein zur Militärgrenze wurde (römischer Grenzbegriff: limes, ripa; römische Grenzsicherung: selbstständige Hilfstruppen [auxilia] in Kastellen an der Grenze, Kontrolle des Grenzverkehrs, Bekämpfung von Räuberbanden, Benachrichtigung der Legionen durch ein Signalsystem; Organisation der Rheingrenze: exercitus inferior, superior als Verwaltungsbezirke). Am Rhein blieb es im Großen und Ganzen zunächst ruhig, abgesehen vom Bürgerkrieg und Bataveraufstand des Civilis (68/69) nach dem Tod Kaiser Neros (54-68) (Zerstörungen, Brandschichten in römischen Lagern und Orten Xanten/Vetera, Gellep/Gelduba, Hofheim, Baden/Aquae Helveticae, Kempten/Cambodunum, Augsburg/Augusta Vindelicum; Schlachten bei Xanten [-Wardt] und Riol/Rigodulum 70). Unter den flavischen Kaisern Vespasian (69-79), Titus (79-81) und Domitian (81-96) wurde die Grenzverteidung reorganisiert, die Flussgrenzen entlang Rhein und Donau ausgebaut, das Gebiet zwischen Rhein und Donau ([agri decumates]), beginnend mit der Einbeziehung der Wetterau und des Taunus (Kohortenkastell Saalburg) und des Schwarzwaldgebiets (Rottweil/Arae Flaviae), schrittweise erobert (1. Chattenkrieg 83/85, Aufstand des Statthalters Saturninus und 2. Chattenkrieg 89), die dortige Grenze als obergermanisch-rätischer Limes eingerichtet. Kaiser Domitian wandelte die beiden Militärbezirke am Rhein um das Jahr 85 in die Provinzen Germania inferior und Germania superior um; Vororte der neuen Provinzen waren Köln bzw. Mainz. Bis unter Antoninus Pius (161-180) wurde der obergermanisch-rätische Limes vorverlegt. IV. An den Grenzen von Rhein und Donau und am obergermanisch-rätischen Limes standen sich römische Soldaten und germanische Stammeskrieger gegenüber. Organisiert war die römische Miltärmacht als Berufsarmee in Legionen (Offiziere, Zenturionen, Legionäre [Sold, Dienstzeit]), Hilfstruppen (auxilia, numeri [Infanterie, Kavallerie]) und lokale Milizen; hinzu kam die römische Flotte auf Rhein und Nordsee sowie der mittleren Donau (classis Germanica, Hauptquartier Köln-Alteburg; pannonische Flotte). Die römische (Grenz-) Armee war stationiert in Legionslagern und Kastellen (ausgestattet mit Wehrmauern, Gräben, Türmen, Toren, Innenbebauung [praetorium, principia, Tribunenhäuser, Kasernen, tabernae, Bäder, Lazarette, fabricae, Vorratsräume, Wasserversorgung, Latrinen, Straßen]), auch als Vexillationslager, Hilfstruppenkastelle und (Numerus-) Kleinkastelle sowie als Nachschubbasen und Marschlager; vici und canabae waren mit Kastellen und Legionslagern zusammenhängende Orte des Handels und des Handwerks. Die Soldaten waren einheitlich bewaffnet (Waffen als Privatbesitz der Legionäre und Waffenbeschaffung; Ausrüstung und Bewaffnung: a) Infanterie: Bekleidung des Soldaten [tunica, Mantel, Schuhe, Militärgürtel/cingula], Schutzwaffen des Soldaten [Helm, Panzer, Armschutz, Beinschienen, Schilde], Angriffswaffen des Soldaten [Schwert/gladius, Dolch, pilum, Pfeil und Bogen, Schleuder], Pionierwerkzeug, Marschgepäck, daneben Torsionsgeschütze der Artillerie, b) Kavallerie: Schutzwaffen des Reiters [Helm, Panzer, Schild], Angriffswaffen des Reiters [Schwert/spatha, Lanzen, Wurfspeere], Pferdegeschirr, Sattel). Auf der anderen Seite waren die germanischen Stammeskrieger in Gefolgschaften unter Gefolgschaftsführern (Kriegshäuptlinge, Adlige, Heerführer, [Klein-] Könige) organisiert, wobei die "gefolgschaftlich organisierten Kriegerbünde" Stämme instabil werden ließen und etwa durch Abspaltung neue Stammesbildungen beförderten. Reiterei und Fußvolk machten ein maximal 5000 bis 6000 Krieger umfassendes germanisches Heer aus (Kleidung des Kriegers [Kittel, Hose, Wadenbinden, Mantel, Fibel, Lederschuhe], Defensivbewaffnung [Rund-, Ovalschild], Offensivbewaffnung des Fußkriegers [einschneidiges Hiebschwert, Lanze, Wurfspeer], Offensivbewaffnung des Reiters [zweischneidiges Reiterschwert, Lanze, kein Sattel, Zaumzeug]), die das Heer und Gefolgschaften befehlende Oberschicht des germanischen Adels lässt sich archäologisch an Gräbern des Lübsow-Typs (1./2. Jahrhundert) festmachen, später an Gräbern der Gruppe Leuna-Haßleben (3./4. Jahrhundert) (Körpergräber, Edelmetallbeigaben, römisch-skandinavische Importware, römische Beute). Seit den Markomannenkriegen gab es sowohl auf römischer als auch auf germanischer Seite Veränderungen in Bewaffnung und Ausrüstung. Gerade die römische Seite übernahm Teile der teilweise effektiveren germanischen Ausrüstung, z.B. was die Bekleidung römischer Soldaten (Hose) oder eine veränderte Bewaffnung (spatha statt gladius, größerer Dolch) anbetraf; daneben sind bei der Defensivbewaffnung ein Übergang zum Ovalschild und Verbesserungen beim Helm zu beobachten. Ähnliches gilt für das Auftreten der schwer bewaffneten Panzerreiter (cataphraktarii, clibanarii) im römischen Militär. In der Spätantike änderte sich die Art der Ausrüstung von Soldaten und Kriegern weiter, zumal viele Germanen als foederati in römischen Diensten standen. V. Von den römischen Provinzen aus wurden die germanischen Aktivitäten im Vorfeld des römischen Reiches überwacht. Östlich der Grenze der Provinz Niedergermanien lebten die Friesen, Chauken, Brukterer, Angrivarier, Cherusker und Langobarden. (Die Friesen bewohnten das Gebiet zwischen Nordsee und Ems, sie waren zunächst mit Rom verbündet, zwischenzeitlich [friesischer Aufstand 28/47] auch Gegner Roms, in der Spätantike Nachbarn der Franken.) (Die Chauken - ihr Stammesgebiet lag östlich von dem der Friesen - wurden in den Jahren 41 und 47 u.a. als Piraten von den Römern bekriegt. Mitte des 2. Jahrhunderts verschwinden sie aus den Geschichtsquellen, verloren ihre Selbstständigkeit und wurden zu einem Teil des Sachsenstamms.) (Die Brukterer lebten gegenüber der Provinz Germania inferior, standen als Feinde Roms wiederholt in Auseinandersetzungen mit der Mittelmeermacht [immensum bellum, Bataveraufstand [Seherin Veleda]) und wurden in der Folge von innergermanischen Kriegen als Stamm fast vernichtet (98); Reste der Brukterer siedelten sich damals südlich der Lippe an. Seit dem 3. Jahrhundert dehnten sich die Brukterer rechtsrheinisch wieder aus, im 4. waren sie - römischen Geschichtsquellen zufolge - Nachbarn, im 5. Jahrhundert Teil der Franken.) (Die Angrivarier beherrschten das Gebiet um die mittlere Weser, von wo sie sich u.a. in Richtung Lippe und Ems ausdehnten. Sie gingen in den Sachsen auf.) (Die Cherusker siedelten an der oberen Weser und waren unter Arminius [†21] das Zentrum des Widerstands gegen die ins rechtsrheinische Germanien eingedrungenen Römer [germanischer Stammesbund unter Führung der Cherusker]. Innere Wirren leiteten in der Folgezeit den Niedergang der Cherusker ein [Königtum des Italicus [47]), die Cherusker unter ihrem letzten König Chariomerus wurden von den Chatten besiegt (88), sie traten danach als Volksstamm nicht mehr in Erscheinung.) (Die elbgermanischen Langobarden, anfangs ein Teil[stamm] der Sueben, siedelten an der unteren Elbe, schlossen sich zwischenzeitlich [3 v.Chr.] dem Markomannenkönig Marbod an, zogen sich vor den Römern in die Gebiete nördlich der Elbe zurück und waren ursächlich am Beginn der Markomannenkriege beteiligt [166]. Archäologisch und historisch sind langobardische Siedlungsräume in der Altmark [1./2. Jahrhundert], in Mähren [5. Jahrhundert, Ende] und in Niederösterreich [6. Jahrhundert, Anfang] zu verorten. 567 zerstörten u.a. die Langobarden das Gepidenreich, 568 drangen sie und andere Völker nach Italien ein [langobardisches Königreich in Italien]). Gegenüber den römischen Provinzen Obergermanien und Raetien lagen die Stammesgebiete der Chatten und Hermunduren. (Die elbgermanischen Hermunduren, siedelnd zunächst entlang der oberen Elbe, erwiesen sich als zuverlässige Verbündete Roms. Wohl 3 v.Chr. bezogen sie mit römischer Zustimmung und Unterstützung das Maingebiet. Die Folgezeit war von einem Mit- und Gegeneinander zu den banachbarten Markomannen geprägt; im Jahr 58 siegten die Hermunduren über die Chatten [an der Werra?]. In den Markomannenkriegen standen sie auf der Seite der Feinde Roms. Der Stamm muss im 3./4. Jahrhundert zerfallen sein, die Hermunduren gingen wahrscheinlich in den Juthungen und Thüringern auf.) Nördlich der Donaugrenze im Bereich der römischen Provinzen Noricum und Pannonien waren die Markomannen und Quaden zu finden. (Die elbgermanischen Markomannen werden in Zusammenhang mit dem Krieg gegen Ariovist [58 v.Chr.] erstmals erwähnt. Sie mussten unter König Marbod vor den Römern nach Böhmen ausweichen, Marbod bekämpfte in der Folge Römer [6 n.Chr.], eine Auseinandersetzung mit Arminius endete mit einer markomannischen Niederlage und der Absetzung des Marbod [17 n.Chr.]. Das Markomannenreich zerfiel recht schnell, die Markommanen gerieten unter der Herrschaft des durch Rom unterstützten Quadenkönigs Vannius. Erfolglose markomannische Aufstände datieren auf die Jahr 89 und 92. Die Markomannenkriege [166-180] stellen die heftigen römisch-germanischen Auseinandersetzung zur Kaiser Marc Aurels dar. Auch nach den Kriegen blieb das Verhältnis zwischen Markomannen und Römern angespannt. In der Spätantike zerfiel der Volksstamm; Teile der Markomannen wurden als foederati in Pannonien angesiedelt (ca.396), Markomannen fanden sich auch im Heer des Hunnenkönigs Attila [†453], wo sie an der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern teilnahmen. Danach verliert sich die Spur dieser Germanen.) (Die elbgermanischen Quaden, vielleicht ein Nachfolgestamm der Sueben, waren um Christi Geburt mit den Markomannen verbunden und wurden im 1. nachchristlichen Jahrhundert von Rom ergebenen Klientelkönigen [Vannius, Sido, Vangio] angeführt. Rex Quadis datus verkündeten Münzen aus der Regierungszeit des Kaisers Antoninus Pius [138-161]. Während der Markomannenkriege [166-180] standen die Quaden indes auf markomannischer Seite gegen Rom. Vereinzelte Nachrichnten aus dem 3. und 4. Jahrhundert [quadisches Eindringen nach Pannonien 254, Quadenkrieg Kaiser Constantius II. 357/59] belegen das weitere Gegeneinander zwischen den Quaden und Rom ebenso wie die spätantike Befestigung der pannonischen Donaugrenze [versuchter Bau eines römischen Militärlagers jenseits der Donaugrenze 373, Kämpfe Kaiser Valentinians I. u.a. gegen die Quaden 374/75, Schlacht bei Adrianopel und Aufgabe eines Großteils der Grenzsicherung entlang der Donau 378]. Zusammen mit Burgundern, Sueben und Vandalen überquerten quadische Gruppen in der Silvesternacht 406 den Rhein, plünderten Gallien und migrierten nach Galizien [408/09], zurückgebliebene Quaden setzten sich erfolgreich gegen die Hunnen zur Wehr [454], gründeten ein kleines Reich im Raum der heutigen Slowakei und schlossen sich schließlich den Langobarden auf deren Zug nach Italien an.) VI. Die Markomannenkriege (römische Marschlager, römische Stützpunkte jenseits der Donau, Königsgrab von Musov) können als Auftakt der die "Völkerwanderung" ausmachenden Völkerverschiebungen angesehen werden. Von Rätien aus bekämpfte Kaiser Caracalla (211-218) germanische Stämme (213), Kaiser Maximinus Thrax (235-238) drang mit einem römischen Heer tief ins Innere Germaniens vor (Schlacht am Harzhorn 236). Die Krise im römischen Reich ("Soldatenkaiser") wirkte hingegen während des 3. Jahrhunderts stark nachteilig für die römische Seite in den römisch-germanischen Auseinandersetzungen entlang Rhein und Donau (römische Niederlage gegen die Goten bei Abrittus 251, "Limesfall" im Bereich des obergermanisch-raetischen Limes 254/60, fränkisches Eindringen nach Gallien 256/57, römischer Sieg über eingedrungene Alemannen bei Mailand 260/61, römischer Sieg gegen die Goten bei Naissus 269, Vernichtung von eingedrungenen Juthungen und Alemannen 271, Niederlagen von Goten und Alanen 271, römische Siegeg gegen Alemannen und Franken 276, gegen Vandalen 278, gegen Jazygen 283). Mit den Militär- und Verwaltungsreformen der Kaiser Diokletian (284-305) und Konstantin I. (306-337) begann die Spätantike mit einem politisch wieder erstarkten römischen Reich. Die römische Armee war nun aufgeteilt in Grenztruppen (limatenei, riparenses) und Truppen des Bewegungsheeres (comitatenses) (Truppenstärken, spätrömische Kastelle, burgi); die Provinzeinteilung wurde neu organisiert (Erhöhung der Anzahl der Provinzen, Verkleinerung der Provinzen; Diözesen, Präfekturen), so dass die Provinzen am Rhein Germania secunda, prima, Maxima Sequanorum (Kölner Rheinbrücke, Kastell Deutz) waren, die entlang der Donau Raetia prima, secunda, Noricum mediterraneum, Noricum ripense, Pannonia prima, secunda, Pannonia Valeria, Panonia Sabaria (Kastelle Kellmünz, Eining; Kastelle Passau/Boiotro, Zeiselmauer; Binnenkastelle Keszthely-Fenékpuszta). (Die ostgermanischen Goten sollen ihre ursprüngliche Heimat in Skandinavien gehabt haben, ihr Siedlungsgebiet entlang der Weichsel wird archäologisch mit der Wjelbark-Kultur identifiziert [1./2. Jahrhundert]. Im 2. Jahrhundert drangen die Goten nach Südosten vor, im 3. Jahrhundert kommt es zu römisch-gotischen Auseinandersetzungen hautptsächlich entlang der untern Donau, im ausgehenden 3. Jahrhundert spaltete sich der Stamm in die Ostrogothi und Visigothi. Es folgten die römische Niederlage in der Schlacht bei Adrianopel [378], die Ansiedlung von Goten im römischen Reich als foederati, das West- und das Ostgotenreich des 5. Jahrhunderts.) (Die ostgermanischen Vandalen siedelten wohl ursprünglich östlich der Oder in den westlichen Teile der archäologisch erfassten Przeworsk-Kultur. Wanderungsbewegungen führen die Vandalen über den Rhein [406], nach Spanien und nach Nordafrika, wo sie auf römischem Provinzboden das Vandalenreich schufen.) (Seit dem 3. Jahrhundert wird ein germanischer Großstamm [Stammesbund] der Franken, bestehend aus den westgermanischen Stämmen der Ampsivarier, Brukterer, Chamaven und Chattuarier, jenseits des Niederrheins in der antiken Überlieferung erkennbar. Fränkische Vorstöße betrafen insbesondere Gallien, Franken standen als foederati in römischen Diensten, eine fränkische "Landnahme" im Linksrheinischen ist für das 5. Jahrhundert festzuhalten.) (Die Sachsen, erstmals im 2. Jahrhundert erwähnt, stammten aus dem heutigen Schleswig-Holstein, breiteten sich im 3. Jahrhundert entlang der Nordseeküste aus und waren demgemäß als Seefahrer und Piraten bei den Römern gefürchtet (gallischer litus Saxonicum). Seit dem 5. Jahrhundert besiedelten Sachsen die britischen Provinzen des Römerreichs.) (Die ostgermanischen Burgunder sind zuerst zwischen Weichsel und Oder archäologisch fassbar [Luboszyce-Kultur], von wo Teile des Germanenstamms nach Osten auswanderten. 278 besiegte Kaiser Probus [276-282] Burgunder am Lech [?], 286 drangen Burgunder zusammen Alemannen und Herulern nach Gallien ein, 406/07 kämpften Burgunder auf römischer Seite als foederati u.a. gegen die über den Rhein vordringenden Vandalen. Ein burgundisches Königreich [foedus 413] entstand entlang des oberen Mittelrheins, das durch Römer und Hunnen vernichtet wurde [435/36]. In die Westschweiz umgesiedelt, blieben die Burgunder weiterhin römische Foederaten [Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 451], es entstand in der Folge ein zweites Burgunderreich auf römischem Boden.) (Die elbgermanischen Alemannen bildeten sich zusammen mit den Juthungen in der Folge der Besiedlung des durch die Römer [254/60] aufgegebenen Gebiets zwischen Rhein und Donau [ab 4. Jahrhundert] als Stammesgemeinschaft mit Teilstämmen unter Kleinkönigen [reguli] heraus. Wiederholt kam es zu römisch-alemannischen Auseinandersetzungen [Schlacht bei Straßburg 357]. Mit Alemannen und Juthungen sind jenseits von Rhein und Donau Friedhöfe und Höhensiedlungen [3.-5. Jahrhundert] verbunden [juthungische Nekropole Berching-Pollanten; Runder Berg von Urach]. 496/97 wurden die Alemannen bei Zülpich von Franken unter deren König Chlodwig [482-511] besiegt.). VII. Für das 4. Jahrhundert sind letztlich erfolgreiche römische Abwehrmaßnahmen gegenüber Franken (341/42, 352/38) und Alemannen (328, 357/59) auszumachen, Auseinandersetzungen mit den Goten endeten schließlich - unter dem Vorzeichen eines hunnischen Vordringens nach Westen (375) - in der römischen Niederlage bei Adrianopel (378). Das 5. Jahrhundert sah die Aufgabe der Grenzprovinzen an Rhein und Donau und den politischen Niedergang des Westens des römischen Reichs. U.a. germanische Söldner in römischen Diensten, sog. foederati, übernahmen die Macht (Vordringen der Burgunder, Vandalen über den Rhein 406, Eroberung Roms durch die Westgoten 410 u.a.). Es entstanden germanische Königreiche auf weströmischen Boden (Franken-, Ostgoten-, Vandalen-, Westgotenreich). [Buhlmann, 10.2020]

Fischer, Thorsten (2010), Herrschaft und Herrschaftspraxis Lothars III. im Rhein-Maasraum, in: AHVN 213 (2010), S.55-81. Der deutsche König Lothar von Supplinburg (1125-1137) war in seiner Politik der Einflussnahme auf den Raum an Rhein und Maas mit verschiedenen Problemen und politisch wirksamen Personenkreisen konfrontiert. In die Streitigkeiten um das Herzogtum Niederlothringen, das Bistum Lüttich und die Grafschaft Flandern (ab 1119/21) setzte Lothar 1128 Alexander (I.) von Jülich als Bischof in Lüttich (1128-1135) ein und machte statt Gottfried V. von Löwen-Brabant (1106-1128) Walram von Limburg zum Herzog von Niederlothringen (1128-1139); 1130 wurde Graf Dietrich von Elsass (1128-1168) von Lothar mit Reichsflandern belehnt. Auf Grund verwandschaftlicher Beziehungen konnte der König seinen Einfluss auch in der Grafschaft Holland ausdehnen (Übertragung der mittelfriesischen Grafschaft um Oster- und Westergau vor 1132, Friesenaufstand 1132), nachdem er hier schon als sächsischer Herzog gegen den Salierkönig Heinrich V. (1106-1125) eingegriffen hatte (1118). Die Aufenthalte des Königs in Elten und Duisburg im Jahr 1129 betrafen Privilegienvergaben an das Stift Elten (Reichsunmittelbarkeit, Papstschutz, freie Vogtwahl, Besitzbestätigung; neben einem Diplom für das Maastrichter Servatiusstift 1128) sowie an die sich entwickelnde Duisburger Bürgergemeinde (Verwendung von Steinen aus dem Duisburger Forst; Rückfall Duisburgs an das Reich, Duisburger Mauerbau vor 1125). Insgesamt konnte Lothar somit die Reichsrechte entlang des Niederrheins wieder stärken; er stützte sich in seiner Politik auch auf Reichsministeriale (Dietrich von Düren) und unterstützte verwandtschaftlich mit ihm verbundene Adelsfamilien, während er die politische Macht der Grafen von Brabant und der von Geldern zurückdrängte. [Buhlmann, 03.2012]

Fischer, Wolfram (1962), Der Staat und die Anfänge der Industrialisierung in Baden 1800-1850: Bd.1: Die staatliche Gewerbepolitik, Berlin 1962 > B Baden

Der Fischer Weltalmanach > W Weltgeografie

Fischer Weltgeschichte ist eine auf Europa bezogene Globalgeschichte hauptsächlich der 1960/70er-Jahre. Menschliche Vorgeschichte und Kulturen des Alten Orients führen dabei auf die Geschichte des antiken Europa hin, das mittelalterlich-abendländische Europa steht in enger Verbindung zu Byzanz und den islamischen Kulturen am Mittelmeer. Die auch durch Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus geprägte "Europäisierung" der Welt seit der frühen Neuzeit lässt die außereuropäischen Kulturen in Afrika, Amerika und Asien in Erscheinung treten. Das 20. Jahrhundert steht im Zeichen der beiden (europäischen) Weltkriege und des West-Ostkonflikts zwischen Kapitalismus und Kommunismus bei Krise der "Dritten Welt".
Zur Fischer Weltgeschichte gehören: FW 1: Alimen, Marie-Henriette, Steve, Marie-Joseph (Hg.) (1966), Vorgeschichte, Frankfurt a.M. 1974, 399 S., DM 7,80; FW 2: Cassin, Elena, Bottéro, Jean, Vercoutter, Jean (Hg.) (1965), Die Altorientalischen Reiche I: Vom Paläolithikum bis zur Mitte des 2. Jahrtausends, Frankfurt a.M. 1974, 399 S., DM 6,80; FW 3: Cassin, Elena, Bottéro, Jean, Vercoutter, Jean (Hg.) (1966), Die Altorientalischen Reiche II: Das Ende des 2. Jahrtausends, Frankfurt a.M. 1972, 374 S., DM 6,80; FW 4: Cassin, Elena, Bottéro, Jean, Vercoutter, Jean (Hg.) (1967), Die Altorientalischen Reiche III: Die erste Hälfte des 1. Jahrtausends, Frankfurt a.M. 1967, 380 S., DM 6,80; FW 5: Bengtson, Hermann (Hg.) (1965), Die Mittelmeerwelt im Altertum I: Griechen und Perser, Frankfurt a.M. 1974, 424 S., DM 6,80; FW 6: Grimal, Pierre (Hg.) (1965), Die Mittelmeerwelt im Altertum II: Der Hellenismus und der Aufstieg Roms, Frankfurt a.M. 1973, 412 S., DM 6,80; FW 7: Grimal, Pierre (Hg.) (1966), Die Mittelmeerwelt im Altertum III: Der Aufbau des Römischen Reiches, Frankfurt a.M. 1974, 375 S., DM 6,80; FW 8: Millar, Fergus (Hg.) (1966), Die Mittelmeerwelt im Altertum IV: Das Römische Reich und seine Nachbarn, Frankfurt a.M. 1975, 346 S., DM 6,80; FW 9: Maier, Franz-Georg (Hg.) (1968), Die Verwandlung der Mittelmeerwelt, Frankfurt a.M. 1973, 384 S., DM 6,80; FW 10: Dhondt, Jan (Hg.) (1968), Das frühe Mittelalter, Frankfurt a.M. 1975, 397 S., DM 7,80; FW 11: Le Goff, Jacques (Hg.) (1965), Das Hochmittelalter, Frankfurt a.M. 1974, 350 S., DM 7,80; FW 12: Romano, Ruggiero, Tenenti, Alberto (Hg.) (1967), Die Grundlegung der modernen Welt. Spätmittelalter, Renaissance, Reformation, Frankfurt a.M. 1975, 364 S., DM 7,80; FW 13: Maier, Franz Georg (Hg.) (1975), Byzanz, Frankfurt a.M. 1975, 444 S., DM 8,80; FW 14: Cahen, Claude (Hg.) (1968), Der Islam I: Vom Ursprung bis zu den Anfängen des Osmanischen Reiches, Frankfurt a.M. 1974, 375 S., DM 7,80; FW 15: Grunebaum, G.E. von (Hg.) (1971), Der Islam II: Die islamischen Reiche nach dem Fall von Konstantinopel, Frankfurt a.M. 1974, 487 S., DM 6,80; FW 16: Hambly, Gavin (Hg.) (1966), Zentralasien, Frankfurt a.M. 1975, 365 S., DM 7,80; FW 17: Embree, Ainslie T., Wilhelm, Friedrich (Hg.) (1967), Indien. Geschichte des Subkontinents von der Induskultur bis zum Beginn der englischen Herrschaft, Frankfurt a.M. 1974, 351 S., DM 6,80; FW 18: Villiers, John (Hg.) (1965), Südostasien vor der Kolonialzeit, Frankfurt a.M. 1965, 348 S., DM 6,80; FW 19: Franke, Herbert, Trauzettel, Rolf (Hg.) (1968), Das Chinesische Kaiserreich, Frankfurt a.M. 1974, 384 S., DM 7,80; FW 20: Hall, John Whitney (Hg.) (1968), Das Japanische Kaiserreich, Frankfurt a.M. 1968, 380 S., DM 7,80; FW 21: Séjourné, Laurette (Hg.) (1971), Altamerikanische Kulturen, Frankfurt a.M. 1974, 375 S., DM 6,80; FW 22: Konetzke, Richard (Hg.) (1965), Süd- und Mittelamerika I: Die Indianerkulturen Altamerikas und die spanisch-portugiesische Kolonialherrschaft, Frankfurt a.M. 1974, 391 S., DM 7,80, FW 23: Beyhant, Gustavo (Hg.) (1965), Süd- und Mittelamerika II: Von der Unabhängigkeit bis zur Krise der Gegenwart, Frankfurt a.M. 1974, 346 S., DM 7,80; FW 24: Dülmen, Richard van (Hg.) (1982), Entstehung des frühneuzeitlichen Europa 1550-1648, Frankfurt a.M. 1982, 496 S., DM 16,80; FW 25: Barudio, Günter (Hg.) (1980), Das Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung 1648-1779, Frankfurt a.M. 1980, 488 S., DM 14,80; FW 26: Bergeron, Louis, Furet, Francois, Koselleck, Reinhart (Hg.) (1969), Das Zeitalter der europäischen Revolution 1780-1848, Frankfurt a.M. 1975, 356 S., DM 7,80; FW 27: Palmade, Guy (Hg.) (1975), Das bürgerliche Zeitalter, Frankfurt a.M. 1977, 349 S., DM 8,80; FW 28: Mommsen, Wolfgang J. (Hg.) (1969), Das Zeitalter des Imperialismus, Frankfurt a.M. 1975, 390 S., DM 7,80; FW 29: Fieldhouse, David K. (Hg.) (1969), Die Kolonialreiche seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1976, 365 S., DM 7,80; FW 30: Adams, Willi Paul (Hg.) (1977), Die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankfurt a.M. 1977, 532 S., DM 8,80, Frankfurt a.M. 21978, 532 S., DM 8,80; FW 31: Goehrke, Carsten, Hellmann, Manfred, Lorenz, Richard, Scheibert, Peter (Hg.) (1973), Russland, Frankfurt a.M. 1975, 382 S., DM 7,80; FW 32: Bertaux, Pierre (Hg.) (1966), Afrika : Von der Vorgeschichte bis zu den Staaten der Gegenwart, Frankfurt a.M. 1974, 384 S., DM 7,80; FW 33: Bianco, Lucien (Hg.) (1969), Das moderne Asien, Frankfurt a.M. 1975, 357 S., DM 7,80; FW 34: Parker, R.A.C. (Hg.) (1967), Das Zwanzigste Jahrhundert I: 1918-1945, Frankfurt a.M. 1976, 380 S., DM 7,80; FW 35: Benz, Wolfgang, Graml, Hermann (Hg.) (1985), Das Zwanzigste Jahrhundert II: Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, Frankfurt a.M. 1985, 588 S., DM 16,80; FW 36: Benz, Wolfgang, Graml, Hermann (Hg.) (1967), Das Zwanzigste Jahrhundert III: Weltprobleme zwischen den Machtblöcken, Frankfurt a.M. 1981, 507 S., DM 14,80. > N Neue Fischer Weltgeschichte [Buhlmann, 01.1976, 1978-1982, 02.2012, 07.2021]

Fischer-Fabian, S[iegfried] (1977), Die deutschen Cäsaren. Ottonen, Salier, Staufer. Ihr Leben und ihre Welt in Text und Bild, Stuttgart-Hamburg-München 1978 > S Schneidmüller, Bernd, Weinfurter, Stefan, Deutsche Herrscher

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Fischer-Fabian, S[iegfried] (1994), Alexander der Große. Der Traum vom Frieden der Völker (= Bastei-Lübbe Tb 64152), Bergisch Gladbach 1997 > A Alexander der Große

Fisher-Ruge, Lois (1986), Alltag in Moskau (= Fischer Tb 3070), Nachdruck Frankfurt a. M. 1988 > S Sowjetische Geschichte

FitzGibbon, Constantine (1982), London brennt (= Moewig Dokumentation 4321), München 1982 > Z Zweiter Weltkrieg

FKDG = Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte

FKRGR = Forschungen zur kirchlichen Rechtsgeschichte und zum Kirchenrecht

Fl

FL = Fischer Lexikon

Flach, Dietmar (1976), Untersuchungen zur Verfassung und Verwaltung des Aachener Reichsgutes (von der Karolingerzeit bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts) (= MPIG 46), Göttingen 1976, 430 S., Karten, DM 90,-. Im Zusammenhang auch mit den Sachsenkriegen (772-804) des Frankenkönigs Karl des Großen (768-814) erlangte das in Bistum und Grafschaft Lüttich gelegene Aachen größere Bedeutung. Die Grundlagen für Pfalz und Fiskalbezirk wurden schon unter König Pippin den Jüngeren (751-768) gelegt; Aachen wird im Jahr 765 erstmals als villa bezeichnet. Seit den 780er-Jahren wurde Aachen, das über heiße Quellen verfügte, bevorzugter Aufenthaltsort König Karls des Großen wäh-rend der Wintermonate. Ab dieser Zeit ist auch mit einem intensiven Ausbau Pfalzanlage zu rechnen. In den letzten Regierungsjahren Karls und den ersten Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) war Aachen gleichsam Residenzort der Kaiser; hier fanden Reichsversammlungen und Reichssynoden statt, neben der Pfalz als Königshof waren eine urbs bezeichnete Siedlung der Höflinge und Adligen sowie der vicus als Kaufleute- und Handwerkersiedlung vorhanden (Bau der Marienkirche im vicus). Zur Versorgung der Pfalz bzw. des Königshofs stand umfangreiches Reichsgut um Aachen zur Verfügung. Das Reichsgut gliederte sich in die villa Aachen als Königsgut, das den Hofbezirk der Pfalz mit einer westöstlichen Ausdehnung von maximal 6,5 km und einer nordsüdlichen Ausdehnung von bis zu 8,5 km ausmachte. Die Urpfarrei der Aachener Marienkirche war annähernd deckungsgleich mit dem Königsgut der villa Aachen. Als äußerer Gürtel um die Aachener Pfalz umfasste der fiscus Aachen die villa und zusätzliche Nebenhöfe wie Konzen (eigener Forstbezirk), Eschweiler, Würselen, Eilendorf oder Seffent. Im Bereich von villa und fiscus gab es Reichskirchengut als Besitz des Marienstifts, der Benediktinerabtei Inden-Kornelimünster (817) und der Reichsabtei Burtscheid (v.997). Dem Fiskus angeschlossen waren umfangreiche Waldgebiete, zuvorderst der Aachener Forst (forestis Aquisgrani palatii, 1070), dessen Umfang aus dem Aachener Wildbann von 1424 zu erschließen ist. Er wurde als Teil der linksrheinischen Waldgrafschaft (comitatus nemoris) durch iudices ("Amtleute") und forestarii ("Förster") verwaltet vom comes nemoris ("Waldgrafen") bzw. vom Aachener Reichsvogt. Eine wichtige Pfalz blieb Aachen auch in der Zeit des karolingischen Mittelreichs und Lotharingiens, doch überwog schon seit Ludwig dem Frommen wieder die ambulante Herrschaftstätigkeit der Könige (Reisekönigtum). Die Ottonen als ostfränkisch-deutsche Könige belebten ab 936 die Karlstradition, wurde Aachen doch zum Krönungsort der deutschen Herrscher. Kaiser Otto III. (983-1002) sollte in der Aachener Marienkirche beigesetzt werden (1002), Kaiser Friedrich I. (1152-1190) veranlasste in Aachen die Heiligsprechung Karls des Großen (1165). Verfassungsgeschichtlich gesehen war Aachen mit dem Umland ein Sonderbezirk (districtus Aquense) unter königlicher Herrschaft innerhalb der Grafschaft im Lüttichgau. Als ausgegliedert aus der üblichen Grafschaftsorganisation erscheint Aachen im Teilungsvertrag von Meersen (870), zum Jahr 1075 wird ein "Aachengau" erwähnt. Markt und Zoll galten damals im districtus Aquense. Die Münze, die unter Kaiser Ludwig dem Frommen und dann unter den salischen und staufischen Königen produktiv war, sowie der Handels- und Gewerbeplatz bildeten die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Entstehung der Stadt Aachen. Hinzu kam die Entwicklung der Stadt aus der Grundherrschaft des Königs. Die Stadt selbst wird 1066 als oppidum, ihre Bürger 1107 (unterschiedslos) als oppidani bezeichnet. Eine Urkunde König Konrads III. (1138-1152) aus dem Jahr 1145 nennt die Handwerker und Händler homines Aquenses. Kaiser Friedrich I. erließ für die Aachener Einwohner (maiores, minores) am 8. und 9. Januar 1166 zwei Privilegien, die Aachen als caput regni Teutonici ("Haupt des deutschen Königreiches") titulierten und den Bewohnern persönliche Freiheit, den Handeltreibenden Zollfreiheit zusicherten. In staufischer Zeit stellt sich Aachen dar als Marktort mit Münzstätte (Aachener Pfennige in Konkurrenz zu den Kölner Denaren), hinzu kamen Marktzoll (1166) und Judensteuer der dortigen Judengemeinde (1241). Aachener Amtsträger im Dienst des Herrschers waren ein advocatus, iudex (1100), der Schultheiß (1140, 1192) und der Meier (1231), schließlich der (Reichs-) Vogt als Amtsinhaber der Vogtei auf Reichsgut nebst dem Untervogt und der Schultheiß mit dem Meier als grundherrschaftlichem Unterbeamten. Im Zuge von Stadtentwicklung und Autonomiestreben der Einwohner etablierte sich auch eine städtische Gemeinde aus Bürgern und Ministerialen (ca.1200). Beide Gruppen wurden vom Orts- bzw. Stadtherrn, also dem König, zu Stadtbefestigung, Bede und Ungeld herangezogen. Gerade im deutschen Thronstreit (1198-1208) fanden mit dem Gegeneinander von Königen die Aachener Bürger Beachtung und Bevorzugung. Diplome der Stauferkönige Friedrich II. (1212-1250) und Heinrich (VII., 1220-1235)) lassen cives ("Bürger"), die universitas civium ("Bürgergemeinde") und Schöffen erkennen (1215 und später). Bürgermeister (1251/52) und consules ("Ratsmitglieder") der communitas ("Gemeinde", 1260) sind in nachstaufischer Zeit bezeugt. Im hohen Mittelalter war die Entwicklung Aachens zur Königs- und Reichsstadt somit im Wesentlichen abgeschlossen. Das späte Mittelalter sah eine teilweise Territorialisierung von Aachener Reichsrechten und Reichsgut. Vor dem Jahr 1270, während des Interregnums, hatten die benachbarten Grafen von Jülich die wichtige Aachener Reichs(gut)vogtei über das "Aachener Reich" in ihre Hände gebracht, mussten diese aber letztendlich zu Lehen von den Herzögen von Brabant nehmen, die eine Obervogtei über Reichsgut ausübten (v.1349). König Richard von Cornwall (1257-1273) hatte den Brabanter Herzögen im Jahr 1257 den Auftrag der defensio et tutio ("Verteidigung und Schutz") von Reichsgut an Nieder- und Mittelrhein (Aachen, Kaiserswerth, Landskron, Sinzig) erteilt. Daraus leiteten die Herzöge erfolgreich ihre Ansprüche über Aachen ab. Auch an die Stadt Aachen gelangten Reichsrechte. Sie blieb Krönungsstadt der deutschen Könige und verteidigte ihre Zugehörigkeit zu den spätmittelalterlichen Reichsstädten erfolgreich gegen die Jülicher Grafen (1278). > A Aachen [Buhlmann, 10.2015]

Flach, Dietmar (1987), Das Reichsgut im Aachener Raum. Versuch einer vergleichenden Übersicht, in: RhVjbll 51 (1987), S.22-51 > A Aachen

Flanagan, Sabina (1989), Hildegard of Bingen, 1098-1179. A Visionary Life, London-New York 1989 > H Hildegard von Bingen

Flannary, Tim (2015), Die Klimawende. Wie wir mit neuen Technologien unsere Atmosphäre retten, Frankfurt a.M. 2015 > U Umweltgeschichte der Moderne

Flasch, Kurt (2001), Nicolaus Cusanus (= BSR 562), München 2001 > N Nikolaus von Kues

Flasch, Kurt (2001), Nikolaus von Kues. Geschichte einer Entwicklung, Frankfurt a.M. 2001 > N Nikolaus von Kues

Flasch, Kurt (2004), Nikolaus von Kues in seiner Zeit. Ein Essay (= RUB 18274), Stuttgart 2004 > N Nikolaus von Kues

Flasch, Kurt (2006), Meister Eckhart. Die Geburt der "Deutschen Mystik" aus dem Geist der arabischen Philosophie, München 2006 > E Eckhart

Flasch, Kurt (2010), Meister Eckhart, Philosoph des Christentums, München 2010 > E Eckhart

Flasch, Kurt (2011), Einladung, Dante zu lesen (= Fischer Klassik 90596), Frankfurt a.M. 22018 > D Dante Alighieri

Flasch, Kurt (2013), Warum ich kein Christ bin. Bericht und Argumentation, München 42013, 280 S., € 19,95. Der Autor setzt sich untersuchend und urteilend auseinander mit der christlichen Glaubenslehre in ihrer historischen Dimension und Tradition. Seiner philosophisch-philologischen Betrachtungsweise des Christentums (mit seinen Varianten) ist die christliche Theologie folglich untergeordnet, die historisch-kritische Forschung zum Christentum verschafft dem Analysierenden (Selbst-) Erkenntnis. Der christliche Glauben entwickelte sich entlang historischer Leitlinien, die für politische, gesellschaftliche oder intellektuelle Entwicklungen stehen. Das Christentum als monotheistische Religion und die Kirche als institutionalisiertes Christentum setzten dabei einen Wahrheitsbegriff voraus, der christliche Lehre und christlichen Glauben verabsolutiert. Glauben und religiöse Wahrheit stehen dadurch dem philosophischen Wahrheitsbegriff entgegen, ablesbar u.a. an biblischen Weissagungen und Prophezeiungen (zur Person Christi: angebliche altestamentliche Prophezeiungen zu Jesus [Jungfräulichkeit Marias]), an den biblischen Wundern (Zweifel an den Wundern durch die aristotelische Philosophie [1277], Naturwissenschaften, historisch-kritische Methode), an der Auferstehung Jesu Christi (historisch-kritische Methode: [jüdische] Körperlichkeit/Unkörperlichkeit des erweckten/auferstandenen Jesus, Christus als Gott?, Berichte als Erzählungen/"Mythen"), an christlicher Mission und "Bekehrung" (Christentum als "Vernunftglauben" [biblische Wunder als Teil eines Zirkelschlusses], als Antwort auf gesellschaftlich-religiöse Probleme im damaligen römischen Reich [Geografie der Welt]). Gott als zentraler Begriff und Inhalt des Christentums wurde in der Menschheitsgeschichte unterschiedlich interpretiert (Geschichte Gottes: jüdischer Gott der Bibel, gütiger christlicher Gott, Gut und Böse in der Weltentwicklung, Gott als "Gesamtheit der Realität", Funktionslosigkeit Gottes in den Wissenschaften und in der [auch religiösen] Kunst) und definiert (Definitionen Gottes: Gottesdefinition und -beweis Anselms von Canterbury [Gottes "Vollkommenheit"], philosophisch-theologische Systematik bei Thomas Bradwardine, negative Theologie [des Nichtsagens über Gott], einheitsphilosophische Argumentation, moderne Gottesbegrifflichkeit [Gott als "Macht", als das "ganz Andere"]; Gott der Philosophen: als schlechthin Gutes [Idee des Guten], als aristotelische erste Wirkursache, als existenter "nichtverursachter Allesverursacher" bei Thomas von Aquin, Wegbrechen der historisch-relativen Vernunft als Gottesbegründung, nicht zu Gott führende "Gotteserkenntnis" [Gott als Etwas ohne Bezugspunkt], Gott der Vernunft; biblischer Gott der "Väter": jüdischer Monotheismus, Gott [Jahweh als "helfende Nähe", "Sein selbst"?] als existente jüdische Gottheit, spätes Judentum und sublimierter christlicher Gott) sowie in Beziehung zur realen Welt gesetzt (Zweckhaftigkeit, Zweckbestimmung: [finale] Teleologie göttlichen Einwirkens auf die Welt <-> kausale Erklärung der Phänomene in der Welt [Hierarchien, Rolle des Menschen in der Natur] <-> evolutionäres Weltbild; Existenz des Bösen in der Welt [als Abwesenheit des "Seins" u.a.]; Erschaffung der Welt [verschiedene Schöpfungsgeschichten des biblischen Buchs Genesis, Rolle von Mann und Frau, Gottesidee als "Waffe"]). Mit den Christentum verbunden ist der Gedanke an Erlösung als Anteil des Gläubigen am Göttlichen (christliche Taufe und Erlösung, Erlösung als "Vergottung der Seele", als Rettung aus der sündigen Welt, Augustinus und die durch Sündenfall und menschliche Sexualität verursachte Ur- oder Erbsünde, Tod Christi als blutiges Sühneopfer). Christliche Ethik äußert(e) sich in der Befolgung der Zehn Gebote, der Aussagen Jesu in der Bergpredigt (Goldene Regel des menschlichen Miteinander als moralisches Grundgesetz, Überbietung des Dekalogs, Gesinnungsethik und christliches Handeln aus eschatologischer Radikalität heraus), in der Sexualethik (Mann, Frau, Sexualität und Fortpflanzung <-> Jungfräulichkeit). Schließlich ist mit dem Christentum der Begriff der Seele und ihrer Unsterblichkeit verbunden (Naherwartung der Wiederkunft Christi/Parusie -> Jenseitshoffnung u.a. durch Aneignung des antik-griechischen Seelenbegriffs -> Himmel und Hölle). Alles in allem erscheint das Christentum mit seiner Wahrheitsrhetorik als eine Religion mit ihren Postulaten, Widersprüchen, Brüchen und Schwächen, aber auch Stärken jenseits von Theologie und Kirche; es ergibt sich - allein schon aus der christlichen Rezeptionsgeschichte der biblischen Bücher heraus - ein "Christentum der Unvernunft", angefangen bei der "Definition" der Trinität Gottes oder den Dogmen zur "Person" und "Natur" Christi über die Abendmahlslehre des 4. Laterankonzils (1215) bis hin zum päpstlichen Unfehlbarkeitsdogma (1870) oder manchen Beschlüssen des 2. Vatikanischen Konzils (1962/65). Jenseits des Christentums als Religion des Glaubens gab und gibt es aber immer noch die durch das Christentum geprägte christlich-europäische Kultur. [Buhlmann, 02.2021]

Flashar, Hellmut (2016), Hippokrates. Meister der Heilkunst. Leben und Werk, München 2016, 297 S., Schwarzweißabbildungen, Tabelle der Schriften des Corpus Hippocraticum, € 26,95. Zu Hippokrates (*ca.460-†ca.380 v.Chr.), dem bedeutenden antiken Arzt und Begründer der Medizin als Wissenschaft (Plinius der Ältere), ist wenig Biografisches überliefert: als "Asklepiade" und von der Insel Kos stammend, einige Äußerungen im Werk von Platon, vermutliche Aufenthalte auf der Insel Thasos, in Abdera und Larissa, wo er auch starb, wenige antike Hippokrates-Büsten (3. Jahrhundert v.Chr. und später), ein Mosaik aus Kos vielleicht mit einer Darstellung des Hippokrates zusammen mit dem Heilgott Asklepios. Überliefert ist die "neue Medizin" des Hippokrates, die die ägyptische und die bei Homer geschilderte Medizin als Vorläufer hatte, im Corpus Hippocraticum, einer Sammlung von medizinischen Schriften, die alexandrinische Gelehrte im bzw. ab dem 3. Jahrhundert v.Chr. zusammenstellten. Bei Weitem nicht alle der gesammelten Schriften stammen dabei von Hippokrates selbst, doch stehen alle der 72 Werke des Corpus in der hippokratischen Tradition einer wissenschaftlichen Medizin. Der im Corpus enthaltene hippokratische Eid bildet bis heute die ethische Grundlage ärztlichen Handelns. Daneben stammen wohl die Schriften über die "heilige Krankheit" (Epilepsie) und über "Luft, Wasser und Ortslagen" sowie Teile der "Epidemien" von Hippokrates selbst, wobei der Autor besonders die medizinische Diagnose und Prognose herausstellt, während die Fortsetzung der "Epidemien", die Schrift "Über die Säfte" nachhippokratisch ist und die "Viersäftelehre" (Humoralpathologie) darstellt. Ebenfalls nicht von Hippokrates stammen: Schriften zu Grundfragen der Medizin ("Über die [Heil-] Kunst", "Über die Lüfte", "Über die Natur des Menschen"), diätetische Schriften und Schriften zur Gesundheitsvorsorge ("Über die Diät", "Über die Diät bei akuten Krankheiten", "Über die gesunde Lebensweise"), Werke zur Gynäkologie ("Über die Frauenkrankheiten", "Über die Krankheiten von Jungfrauen", "Über unfruchtbare Frauen", "Über die Natur der Frau", "Über die Zerstückelung des Embryos", "Über den Samen", "Über die Natur des Kindes"), Werke zu inneren Krankheiten ("Über die inneren Krankheiten", "Über die Leiden"), Schriften zur Chirurgie und Orthopädie ("Über die Wunden", "Über die Kopfverletzungen", "Über Gelenkeinrenkungen", "Über Knochenbrüche", "Über die Hebelkraft", "Über die [Darm-] Fisteln", "Über die Hämorrhoiden"); Zahlenmystik enthält die Schrift "Über die Siebenzahl" (der Jahreszeiten, des Lebens u.a.), die Schrift "In der Praxis des Arztes" vermittelt ärztliche Standesethik. Die Schriften im Corpus übermitteln vielfach medizinische und philosophische Gnome (Merksätze) und Aphorismen (Sprichwörter); auch (angebliche) Briefe von oder an Hippokrates sowie ein athenisches Dekret zu Ehren des Arztes sind im Corpus überliefert. Sich mit der wissenschaftlichen Medizin des Hippokrates nur teilweise deckend, war die Medizin um den Heilgott Asklepios in der Antike ebenfalls bedeutsam (Epidauros als Zentrum der Asklepiosverehrung, Asklepiosheiligtum auf Kos, in Pergamon u.a.). Daneben behauptete sich die hippokratische Medizin in Hellenismus und römischer Antike (Diokles von Karystos als "jüngerer Hippokrates", Galen). Auch die nachantike Welt rezipierte das Corpus Hippocraticum (islamisch-arabische Wissenschaft, europäisches Mittelalter [Klöster, Kathedralschulen, Salerno als civitas Hippocratica], frühe Neuzeit [Buchdruck, editio princeps 1526, Petrus Forestus als Hippocrates Batavus, medizinischer Fortschritt], Moderne [wissenschaftliche Aufbereitung des Corpus, Aktualität des Hippokrates?]). [Buhlmann, 01.2017]

Flathe, Th[eodor], Prutz, Hans ([1910]), Die Französische Revolution, Essen o.J. [1997] > F Französische Revolution

Flaubert, Gustave, französischer Schriftsteller: Gustave Flaubert (*1821 in Rouen, †1880 in Canteleu) führte nach Bildungsreisen u.a. in den Nahen Osten (1850/51), finanziell unabhängig, das Leben eines Rentiers, das ihm die Schriftstellerei ermöglichte. Besonders durch seine Romane wurde Flaubert der Öffentlichkeit bekannt: Bibliomanie (Erzählung, 1836), Mémoires d'un fou (Roman, 1838), Madame Bovary (Roman, 1856/57), Salammbô (Roman, 1862), L'Éducation sentimentale (Roman, 1869), La Tentation de Saint Antoine (Roman, 1874), Le Candidat (Komödie, 1874), Le Château des cours (Feenspiel, 1880), Bouvard et Pécuchet (Roman, 1881) u.a.
Zu den (Roman-) Werken Flauberts s.: Flaubert, Gustave (1856), Madame Bovary, Villingen-Schwenningen 2015, 575 S., € N.N. (Emma Bovary, Frau des Landarztes Karl Bovary und Mutter einer Tochter, führt ein langweiliges Leben, aus dem sie durch Affären und Luxus auszubrechen versucht, von dem sie aber wieder eingeholt wird, so dass ihr als einziger Ausweg der Selbstmord bleibt). [Buhlmann, 06.2022]

Fleckenstein, Josef (Hg.) (1973), Investiturstreit und Reichsverfassung (= VuF 17), Sigmaringen 1973 > I Investiturstreit

Fleckenstein, Josef (Hg.) (1974), Probleme um Friedrich II. (= VuF 16), Sigmaringen 1974 > F Friedrich II. (von Hohenstaufen)

Fleckenstein, Joseph (1975), Otto der Große in seinem Jahrhundert, in: FMSt 9 (1975), S.253-267 > O Otto I.

Fleig, Edgar (1908), Handschriftliche, wirtschafts- und verfassungsgeschichtliche Studien zur Geschichte des Klosters St. Peter auf dem Schwarzwald, Diss. Freiburg i.Br. 1908 > S St. Peter im Schwarzwald

Fleischer, Andrea (2004), Zisterzienserabt und Skriptorium. Salem unter Eberhard I. von Rohrdorf (1191-1240) (= Imagines Medii Aevi, Bd.19), Wiesbaden 2004, X, 266, 48 S., € 68,-. Eberhard wurde um das Jahr 1160 als Sohn des Grafen Gottfried von Rohrdorf (†1191) und einer Gräfin Adelheid geboren. Um 1180 trat er als Mönch in das 1137/38 gegründete Zisterzienserkloster Salem ein, am 12. Juni 1191 wurde er in der Nachfolge des verstorbenen Klosterleiters Christian (1175-1191) zum Abt der Mönchsgemeinschaft am Bodensee bestimmt. In der Amtszeit Eberhards entwickelte sich Salem wirtschaftlich erfolgreich (Grangien Altmannshausen und Runstal; Stadthöfe in Esslingen, Konstanz, Überlingen, Ulm; Erwerb der Saline Hallein [1201]). Außenwirkung entfaltete die Mönchsgemeinschaft auch hinsichtlich anderer Zisterzienserkommunitäten; Salemer Mönche besiedelten das 1220/27 gestiftete Kloster Wettingen, Salemer Abt und Kloster unterstützten Gründung und Aufbau der Zisterzienserinnenklöster Wald (1212), Rottenmünster (1221), Heiligkreuztal (1227), Baindt (1227/40), Heggbach (um 1233) und Gutenzell (1238). Im deutschen Thronstreit (1198-1208) trat Eberhard für den staufischen König Philipp von Schwaben (1198-1208) ein, erkannte nach der Ermordung Philipps den welfischen König Otto IV. (1198-1218) an, um sich ab 1212 wieder den staufischen Herrschern Friedrich II. (1212-1250) und Heinrich (VII.) (1220-1235) anzuschließen; Privilegienvergaben bezeugen dabei den engen Zusammenhang zwischen Kloster und deutschem Königtum. Niederschlag fand die zisterziensische vita communis zur Zeit Abt Eberhards in der Handschriftenproduktion des Salemer Skriptoriums. Eine Vielzahl von (nur mit wenig Schmuck verzierten) Salemer Handschriften wurde in der Amtszeit Abt Eberhards angefertigt, abgeschrieben und gesammelt, u.a. eine mehrbändige Bibel, liturgische Gebrauchsliteratur wie Hymnare, Antiphonare, Graduale oder Prozessionale, Texte und Homilien von lateinischen Kirchenvätern sowie Heiligenviten z.B. der heiligen Elisabeth oder von angelsächsisch-englisch-irischen Heiligen; Weniges wie Schriften des Bernhard von Clairvaux ist zisterziensisch. Der Salemer Mönch und Schreiber Johannes Gallus verfasste zudem ein Gedicht auf den Konstanzer Bischof und Wohltäter Diethelm von Krenkingen (1189-1206), der in Salem starb, und über die Ermordung des staufischen Königs Philipp, weiter eine Grabinschrift auf die "vor der Kapelle begrabenen Grafen" von Rohrdorf, ein Hinweis auf eine von Eberhard begründete Familiengrablege der Rohrdorfer Grafen in Salem. Abt Eberhard selbst beschäftigte sich intensiv mit Visionsliteratur. So soll er die Vision des schwer kranken Mönches Rudolf von Kaisheim aufgezeichnet haben (um 1207); weiter soll ihm Christus im Traum erschienen sein und verschlüsselt die Ankunft zwei Dominikanerprediger in Salem angekündigt haben. [Buhlmann, 11.2012]

Fleischer, Margot ([2001]), Schopenhauer (= Herder / Spektrum Meisterdenker = Herder Tb 4931), Freiburg i.Br. o.J. [2001] > S Schopenhauer, Arthur

Flemming, Thomas, Ulrich, Bernd (2005), Vor Gericht. Deutsche Prozesse in Ost und West nach 1945, Berlin-Brandenburg 2005, 224 S., Schwarzweißabbildungen, € 19,90. Politische und Strafprozesse beeinflussten Politik und Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in den 1950er- bis 1990er-Jahren: die Waldheimer Prozesse gegen NS-Täter (DDR, 1950), die Prozesse gegen Teilnehmer des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 (DDR, 1953), der Prozess gegen den Widerstandskämpfer Otto John (BRD, 1956), der Mordfall um die getötete Prostituierte Rosemarie Nitribitt (BRD, 1956), das KPD-Verbot (BRD, 1956), Prozesse gegen eine Gruppe Wissenschaftler um Wolfgang Harich und Walter Janka (DDR, 1957), die "Spiegel-Affäre" (BRD, 1962), der Mordprozess gegen Vera Brühne (BRD, 1962), der "Auschwitz-Prozess" (BRD, 1963/65), der Prozess gegen den Kindermörder Jürgen Bartsch (BRD, 1967), der Baader-Meinhof-Prozess (BRD, 1975/77), der "Spionagefall Günter Guillaume" (BRD, 1975), Prozesse gegen den Oppositionellen Stefan Krawczyk und weitere Oppositionelle (DDR, 1988), der Memminger Abtreibungsprozess gegen den Arzt Horst Theissen (BRD, 1989), der Prozess gegen Erich Honecker (BRD, 1992/93), Prozesse wegen der fremdenfeindlichen Anschläge von Mölln und Solingen (BRD, 1993/94), [Buhlmann, 07.2021]

Fletcher, Richard (1999), El Cid. Leben und Legende des spanischen Nationalhelden, Weinheim-Berlin 1999 > C Cid

Fletcher, Richard (2005), Ein Elefant für Karl den Großen. Christen und Muslime im Mittelalter, Darmstadt 2005, 192 S., € 9,90, beleuchtet das Verhältnis beider Kulturen und Religionen im Mittelalter (7.-15. Jahrhundert). Im Einzelnen werden betrachtet: die Entstehung des Islam (Mohammed, Koran, Eroberungen; 7./8. Jahrhundert); das christliche Europa in der Defensive (Frankenreich und Byzanz, Sizilien und La Garde-Freinet, Elefant Abul Abbas [†810] als Geschenk des Kalifen Harun ar-Rashid an Kaiser Karl den Großen [801], Gesandtschaften, kulturelle Einflüsse [Gerbert von Aurillac und Abakus, Papier, arabische Philosophie und Medizin], Pilgerfahrten und Handelsaktivitäten [Venedig]; 9./10. Jahrhundert); Kreuzzüge und "Reconquista" (Eroberungen in Spanien, Eroberung Siziliens, Kreuzfahrerstaaten der Levante [1099-1291]; 11.-13. Jahrhundert); Handel und Kultur (Übersetzungen aus dem Arabischen [Gerhard von Cremona, Moses Maimonides, Alfons der Weise]; 11.-13. Jahrhundert); osmanische Eroberungen (Konstantinopel 1453, Balkan) und christliche Kreuzzüge, Handel und Kultur (christliche "Sichtung des Koran" [Rámon Lull, Johannes von Segovia, Nikolaus von Kues], Ibn Khaldun), Abschluss der "Reconquista" in Spanien (Granada 1492) (14.-15./16. Jahrhundert). [Buhlmann, 01.2013]

Flink, Klaus (1974), Fiskus und civitas libera. Herrschaft und Gemeinde in Remagen vom 12.-14. Jahrhundert, in: AHVN 176 (1974), S.20-40. I. Remagen am Mittelrhein, das keltische Rigomagus, entwickelte sich in römischer Kaiserzeit von einem Militärstützpunkt (1. Jahrhundert, 1. Hälfte) zum spätantiken oppidum mit einer südlich des Kastells gelegenen Zivilsiedlung (4. Jahrhundert). Nach dem Abzug der römischen Truppen vom Rhein (5. Jahrhundert, Anfang) wurde das Remagener Kastell fränkisch (Kontinuität des keltischen Ortsnamens, weitere Ansässigkeit der gallorömischen Bevölkerung). Im Verlauf des Frühmittelalters wurde die römische Befestigungsanlage verkleinert und durch eine Münzprägestätte ergänzt; eine Martinskapelle auf dem Apollinarisberg zeigt zudem das frühe Eindringen des Christentums an, ebenso die Pfarrkirche innerhalb des Römerkastells. Zum Jahr 762 ist ein Aufenthalt König Pippins des Jüngeren (751-768) im Sentiaco palatio ("Pfalz Sinzig") bezeugt, der Ort war (spätestens) in karolingischer Zeit als villa regia ("königlicher Ort", 828) Mittelpunkt eines Reichsgutkomplexes (fiscus), der zusammen mit Königsgut um den ehemaligen römischen Kastellort Remagen (Fiskus Sinzig-Remagen) ein (Forst-) Gebiet links des Rheins bis zur Hohen Acht in der östlichen Hocheifel zumindest zeitweise umfasste. Im Verlauf des 9. Jahrhunderts, jedenfalls nach 814 erfolgte die Trennung der Fiskalbezirke Sinzig und Remagen. Remagen gelangte im 10. Jahrhundert an die rheinisch-lothringischen Pfalzgrafen, die Stellvertreter des Königtums an Nieder- und Mittelrhein. Das Tafelgüterverzeichnis der römisch-deutschen Könige (1131, [wohl 1165/66]) erwähnt Remagen als Reichshof; Quellenzeugnisse des 12. Jahrhunderts belegen zudem, dass der Reichshof unter der Leitung eines villicus oder Meiers stand. Doch war der Einfluss von König und Reich auf Remagen schon in diesem Jahrhundert relativ gering. II. Anlässlich der Stiftung des Remagener Apollinarisklosters (1110/17) werden Bürger einer Stadt Remagen erkennbar (Zwölferausschuss aus primores, Bereitstellung von Grundstücken auf dem Apollinarisberg [Rodungsland]), die die Gründung der von Siegburger Mönchen besiedelten benediktinischen Mönchsgemeinschaft (als Siegburger Propstei) unterstützten. Die damals erstmals auftretenden primores kennzeichnen die Remagener Oberschicht, der Zwölferausschuss kann als Vorläufer des städtisches Rates (1306) gelten. Zudem wird Remagen in der der Klosterstiftung zugrundeliegenden Urkunde von 1117 als civitas ("Stadt", Kastell [neben unbefestigter Siedlung]) bezeichnet, eine Bezeichnung, die die frühmittelalterlichen castrum-Belege ablöst. Eine Urkunde von 1158 lässt Remagen als eigenen lokalen Rechtsbezirk erkennen (ius singulare legitimum loci). Das 12. Jahrhundert war mithin für die Ausbildung der Stadt Remagen von großer Wichtigkeit. Remagen als Stadt auf Reichsgut war im deutschen Thronstreit (1198-1208) zwischen den Königen Otto IV. (1198-1218) und Philipp von Schwaben (1198-1208) umkämpft und wurde im Zuge von Kampfhandlungen zerstört (1198). In einer Urkunde von 1221 - nur eine punktuelle Remagener Überlieferung ist für das hohe Mittelalter verfügbar - wird Remagen dann eine civitas libera (so die Bezeichnung auf dem anhängenden Siegel) genannt, deren ausgezeichnetes Merkmal die universitas civium Regimagensium ("Gesamtheit der Remagener Bürger") und die communitas ("Bürgergemeinde") war. Dabei hat die Bezeichnung civitas libera die Bedeutung "Reichslandstadt" auf Reichsgut und neben dem Königshof, wobei damals weitergehende Bezüge der Stadt zu Königtum und Reich offensichtlich fehlten (vgl. die civitates liberae Zutphen [1190/1233], Bardowick [v.1209], Bleckede [1209], Parchim [1225/26], Lübeck [1226], Deutz [ca.1230], Prenzlau [1235]), hingegen aus einer Urkunde von 1245 die Steuerhoheit und -freiheit der Remagener Bürgergemeinde gefolgert werden kann. Wie dazu die spätmittelalterliche Überlieferung passt, wonach Remagen wahrscheinlich durch Graf Engelbert I. von Berg (†1189) zur civitas libera wurde, ist unklar. Remagen wurde 1248 durch König Wilhelm von Holland (1247-1256) an den Grafen Adolf IV. von Berg (1247-1259) verpfändet bzw. die schon davor einsetzende [bis Graf Engelbert I. (mit Unterbrechungen?) zurückreichende?] Verpfändung Remagens an die Grafen von Berg bestätigt; die verpfändete Stadt wurde nie wieder vom Königtum eingelöst. Im späten Mittelalter kann Remagen seinen Status als civitas libera gegenüber den Pfandherren vielfach behaupten (freie Jagd, freie Fischerei, freie Fahrgerechtigkeit entlang des Rheins, freier Stapel). Innerhalb der Bürgergemeinde werden nun einige Bestandteile der universitas oppidanorum sichtbar: scabini (1268, 1306), Schultheiß, magister civium (1269), iudicium, Rat (1306), praetorium (1312) usw. Für die 1330er-Jahre ist ein gewisser Abschluss der Stadtentwicklung zu beobachten (1338: Schultheiß, magister civium, Schöffen; Wechsel im Besieglungsmodus [Stadtsiegel, Schöffensiegel]; Schöffenstuhl und Rat statt "erweitertem Bürgerausschuss" [aus primores/optimi und den Mitgliedern der anderen Stände]). Im späten Mittelalter wird auch die soziale Struktur der städtischen Einwohnerschaft erkennbar, die aus Freien (Oberschicht u.a.) und Unfreien (Hörige des Königshofs und von Fronhöfen geistlicher Kommunitäten [Kölner Erzbischof, Kölner Stifte St. Georg und St. Kunibert, Klöster Stablo und Deutz]) besteht, wo sich Juden (1250) und Lombarden (1360) aufhalten. Die Stadt, direkt am Rhein gelegen, war Handelsort (vier Jahrmärkte, Wochenmarkt) und verfügte über ein breit gefächertes Handwerkswesen (Bäcker, Fassbinder, Fischer, Müller, Schiffer, Schmiede, Schneider, Weber, Zimmerleute). Im Agrarsektor spielte der Weinbau (Weinbauern) eine wichtige Rolle. [Buhlmann, 10.2015]

Flink, Klaus (2003), Ahrweiler unter dem Krumstab der Fürstäbte von Prüm und Erzbischöfe von Köln. Quellen und Untersuchungen zur Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der vierten kurkölnischen Mithauptstadt, Kleve 2003, 317 S., Schwarzweißabbildungen, 1 Faltkarte, ausführlicher Quellenanhang, € 12,-. Die (spätere) Stadt Ahrweiler war im frühen Mittelalter Teil der Villikation Ahrweiler des Benediktinerklosters Prüm in der Eifel. Der Prümer Besitz in Ahrweiler ging letztlich wohl auf Königsgut zurück (Ahrweiler Königsgutkomplex). Vor dem Hintergrund mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Zeugnisse wird der Umfang der Prümer Villikation in und um Ahrweiler deutlich: Herren-/Fronhof mit dem Hofgericht (als Oberhof aller Ahrweiler Hofgerichte) bei der Pfarrkirche St. Laurentius, die Villikationshöfe Staffeler Turm, Gymnicher Hof, Kolventurm, Fischenicher Hof, Paffenraths Hof und Forster Hof, die ehemaligen Prümer Besitzungen Blankenheimer Hof und Klosterrather Hof, die Rechte des Klosters Prüm (Prümer Weistümer [1430, 1511, 1549], Bannmühlen, Waldwirtschaft [Viehmast]). Innerhalb der Stadt Ahrweiler waren besitzmäßig noch vertreten: die Essener Frauengemeinschaft mit dem zentral gelegenen Stiftshof Hiersch (wohl ebenfalls als Teil des ehemaliges Ahrweiler Königsgutes), die Kölner Kirche St. Gereon mit dem Klosterrather Hof, das Kloster Steinfeld mit dem Steinfelder Hof, das Maastrichter Reichsstift St. Servatius mit Besitz, die Kölner Abtei St. Pantaleon mit Besitz, die Grafen von Blankenheim mit dem Blankenheimer Hof. Prümer (Orts-) Vögte in Ahrweiler waren die Grafen von Hochstaden. Ab 1228 wird für Ahrweiler der Stadtwerdungsprozess erkennbar, 1247 erfolgte die Are-Hochstadener Schenkung Ahrweilers an den Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238-1261); Ahrweiler wurde zu einer der vier kurkölnischen Hauptstädte (neben Andernach, Bonn, Neuss), privilegiert durch die Erzbischöfe (Bestätigung der Rechte, Freiheiten, Gewohnheiten der Ahrweiler Bürger von 1248, 1280, 1284; wirtschaftliche und Marktprivilegien von 1335, 1387(?), 1452, 1598). Die Stadtherrschaft der Erzbischöfe von Köln in Ahrweiler gründete dabei wesentlich auf die Zurückdrängung der Rechte des Prümer Abtes (1247), mithin auf die Hochgerichtsbarkeit der Prüm-Ahrweiler Vogtei (Hochgerichtsweistümer von 1395, 1511). Unter Erzbischof Philipp von Daun (1508-1515) führten "bürgerliche Unruhen" zu Wahl-, Polizei- und Stadtordnungen, u.a. zum Schöffenweistum von 1511, die in die wichtige Stadtordnung vom 21. September 1516 einflossen, der wiederum in der frühen Neuzeit erzbischöfliche Rechts-, Gerichts- und Polizeiordnungen (etwa von 1613) folgten. Sozial stand dem spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Ahrweiler eine städtische Führungsschicht vor, zu der die adlige Ahrweiler Ritterschaft und Ministerialität gehörte (Herren von Ahrweiler [12./13. Jahrhundert], erzbischöfliches Schenkenamt und Burg Altenahr, Ministerialenfamilien auf Prümer Adelslehen [Von dem Forst, Fischenich, Kolve, Blankart]), wenn Letztere auch einen kaum wahrnehmbaren Anteil an Stadtverwaltung (Schöffengericht, Rat) und städtischer Politik hatte. Für die städtische Ober- und Mittelschicht stehen die Gilde (karitative Einrichtung, 1361 erstmals bezeugt), die Bruderschaften (Priester- [1249], Winzer- [v.1372], Krämer-Bruderschaft [v.1431]) und die Zünfte (der Fleischhauer [Gewerbeordnung von 1431], Schmiede [Zunfbrief von 1549], Schneider [1560], Bäcker [14. Jahrhundert, 1491, Zunftbrief von 1633], Gerber [ca.1292, 1602, 1614, Zunftbriefbestätigung von 1739], Faßbender [14. Jahrhundert, 1617, Zunftbriefbestätigung von 1732]). Daneben wird zum Jahr 1335 erstmals eine Ahrweiler Judenschaft genannt (Juden in Ahrweiler mindestens seit Ende des 13. Jahrhunderts), 1292 ist der Ahrweiler Markt bezeugt. Im spätmittelalterlichen Ahrweiler spielte der (gerade auch jüdische) Fleischhandel eine große Rolle (Spannungen zwischen Bürger- und Judenschaft). [Buhlmann, 12.2013]

Flöer, Michael (1999), Altêr uuîn in niuuen belgin. Studien zur Oxforder lateinisch-althochdeutschen Tatianabschrift (= StAhd 36), Göttingen 1999 > S Studien zum Althochdeutschen

Flohn, Hermann (1985), Das Problem der Klimaänderungen in Vergangenheit und Zukunft (= EdF 220), Darmstadt 1985 > E Eiszeiten

Florenz, Stadt in der Toskana: Das römische Florenz entstand im Jahr 59 v.Chr. als Folge eines Ackergesetzes des damaligen Konsuls Gaius Julius Cäsar (†44 v.Chr.) für die Soldaten des Gnaeus Pompejus (†48 v.Chr.); die römische Kolonie Florentia mit cardo (Via Cassia) und decumanus lag am schiffbaren Arno, entwickelte sich mit zu einem Handelsort und zu einem Zentrum der Woll- und Kupferverarbeitung, erreichte ihre Blütezeit im 3. Jahrhundert n.Chr. und wurde zum Verwaltungszentrum für das römische Tuszien (Tempel, Amphitheater, Thermen). Um die Mitte des 3. Jahrhunderts soll der heilige Minias hier das christliche Martyrium erlitten haben, spätestens ab 313 gab es einen Bischof in Florenz. Neben Minias/Miniato ist für den Beginn des 5. Jahrhunderts die Verehrung der heiligen Reparata nachweisbar, ebenso eine Belagerung von Florenz durch die Ostgoten. Zwischenzeitlich (539-568) oströmisch, wurde Florenz als Teil des Langobardenreiches zum Sitz eines langobardischen dux (n.569), in karolingischer Zeit (774-875) wurde Florenz in das System der karolingischen Grafschaftsverfassung eingebunden (854). In der Stadt ansässiger Adel (Uberti, Giandonati, Buondelmonti als maiores), Bischöfe, Kirchen und Klöster (Kamaldulenser, Benediktinerkloster St. Miniato [1014], Baptisterium [1060/1150]) bestimmten im 10. und 11. Jahrhundert - unter der Stadtherrschaft der Markgrafen von Tuszien - die politische und wirtschaftliche Entwicklung von Florenz (Textilproduktion, Stadtmauer [1078], vergebliche Belagerung von Florenz durch König Heinrich IV. [1082]). Für das beginnende 12. Jahrhundert sind Vorstädte (borghi) von Florenz nachweisbar und ein sich strukturierendes Einzugsgebiet (contado; Sieg über die Adelsfamilie Adimari [1107], Eroberung von Fiesole [1125]), erstmals 1138 eine Konsularverfassung mit vier gewählten Konsuln. Im Verlauf des 12. Jahrhunderts rückten neben die maiores neue konkurrierende Familienclans in die städtische Oberschicht auf, die - wirtschaftlich erfolgreich - ebenso erfolgreich adligen Lebensstil nachahmten (Geschlechtertürme, Landbesitz, Grabkapellen). Um 1200 - inmitten eines starken demografischen und wirtschaftlichen Wachstums - hatte Florenz rund 25000 Einwohner, neue Familien waren zugezogen und bildeten den popolo mit seinen Institutionen. Podesta-Verfassung und Parteiungen zwischen Ghibellinen und Guelfen vor dem Hintergrund zeitweiligen Einflusses staufischer Kaiser und Könige (1150er-, 1230er-, 1240er-Jahre) mündeten 1282 ein in die "Zunftherrschaft" der Kaufleute, Textilhersteller und Handwerker. Deren oligarchisches Regiment (21 arti maggiori, 16 gonfaloni, Tre Maggiori [Signoria mit gonfaloniere, 12er-, 16er-Gremium]) gründete nicht zuletzt auf der Stadt Florenz als europäisches Zentrum der Textilherstellung und der Banken (Palazzo della Signoria/Vecchio [1302], Eroberung von Pistoia, Arezzo u.a. [bis 1340]). Der Zusammenbruch der florentischen Banken (1338/43), die kurzzeitige Alleinherrschaft des Johann von Brienne (1342/43) und die Pest (1348, 1363) lösten in der bis dahin rund 100000 Einwohner zählenden Stadt wirtschaftliche Krisen und weitere Parteikämpfe aus (Ciompi-Aufstand [1378] und Wiederherstellung der Oligarchie [1382]); Florenz wurde vom Mailänder Herzog Gian Galeazzo Visconti (†1402) bedroht, konnte aber 1406 durch die Eroberung von Pisa direkten Zugang zum Meer gewinnen (Ospedale degli Innocenti [1419], Domkuppel [1420/36]). Ab 1434 stand die Republik Florenz unter der Herrschaft der Medici. U.a. mit der Gründung der Medici-Bank (1397) gelang Giovanni di Medici (†1429) eine beträchtliche Ausweitung des politischen Einflusses seiner Familie in Florenz gegen die damals regierende Oligarchie (Medici-"Faktion"). Giovannis Sohn Cosimo (†1464) richtete die informelle Signorie der Medici in Florenz auf; Parteigänger der Familie besetzten dabei wichtige politische Positionen innerhalb der Stadt, die Medici beeinflussten das Leben der Stadt in Kunst und Kultur (Mäzenatentum: Palazzo Medici, Dominikanerkloster San Marco), Wirtschaft und Verwaltung. Unter Cosimos Sohn Piero (†1469) und Cosimos Enkel Lorenzo "il Magnifico" (†1492) konnte die Vormacht der Medici auch gegen Widerstände noch ausgebaut werden; Lorenzo überlebte 1478 ein Attentat, bei dem sein Bruder Giuliano ermordet wurde (Pazzi-Verschwörung). Gestützt wurde die Macht der Medici auch durch politisch-familiäre Verbindungen zu anderen italienischen Staaten; Lorenzos Sohn Giovanni wurde 1489 Kardinal an der römischen Kurie (später Papst Leo X. [1513-1521]). Lorenzos Sohn Piero (†1503) wurde 1494 aus Florenz vertrieben, die Republik des popolo grasso lebte damals unter dem streitbaren Prediger Savanarola (†1498; Verbrennung des Savanarola [1498]) wieder auf. 1512 sollten die Medici indes ihre Machtstellung in Florenz wiedererlangen, seit 1537 war Cosimo I. (†1574) Herzog von Florenz, seit 1569 Großherzog der Toskana. Die Medici-Großherzöge regierten Florenz bis 1737 im Großen und Ganzen erfolgreich (Einbindung des florentischen Adels in die Herrschaft, kulturelle Impulse in der "Stadt der Erinnerung" [Francesco Vettori, Giorgio Vasari, Uffizien, Accademia del designo, Camerata fiorentina, Galilei Galileo]). 1737, nach dem Aussterben der Medici im Mannessstamm, folgten diesen die Großherzöge aus dem Hause Habsburg-Lothringen nach. Großherzog Pietro Leopoldo (1765-1790, Kaiser Leopold II. 1790-1792) führte im Sinne der Aufklärung Modernisierung durch, die Gesellschaft (Adel, Abschaffung der Todesstrafe [1786]) und Wirtschaft (Abschaffung der Zünfte [1770]) betrafen. Mit der französischen Herrschaft über Florenz (1799-1814) im Gefolge der Französischen Revolution (1789) gelangte die Stadt vollends auf den "Weg in die Moderne", zunächst im restaurierten Großherzogtum der Habsburger (Revolution von 1848/49), dann im Italien der piemontesischen Könige (1859/61; Florenz als Hauptstadt Italiens [1865-1870]). Im Italien des 20. Jahrhunderts machte Florenz die faschistische Ära Benito Mussolinis und den Zweiten Weltkrieg (1939-1945; deutsche Besetzung [1943]) mit, heute ist Florenz wegen seiner Kulturschätze ein Zentrum des internationalen Tourismus.
Vgl.: Berti, Luciano (1979), Florenz. Die Stadt und ihre Kunst, Florenz 1979, 159 S., Farbfotos, L 10000; Beuys, Barbara (1992), Florenz. Stadtwelt - Weltstadt. Urbanes Leben von 1200 bis 1500, Reinbek b.H. 1992, 331 S., DM 42,-; Guerra, Constantino (1992), Florenz. Alle Kunstschätze der Stadt, Nachdruck Florenz 1996, 191 S., Farbabbildungen, Karte, L 15000; Merveldt, Eka von (1982), 4mal Florenz (= Panoramen der Welt = SP 5130), München-Zürich 21988, 383 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, DM 22,80; Pescio, Claudio (1979), Vollständiger Führer für den Besuch der Uffizien, Florenz 1979, 159 S., Farbfotos, Lire N.N. (zum ab 1559 auf Initiative Herzog Cosimos I. in Florenz errichteten Bau- und Verwaltungskomplex, wo ab Herzog Francesco I. [1574-1587] die mediceischen Kunstsammlungen untergebracht waren); Reinhardt, Volker (1998), Die Medici. Florenz im Zeitalter der Renaissance (= BSR 2028), München 1998 > R Reinhardt, Medici; Reinhardt, Volker (2013), Geschichte von Florenz (= BSR 2773), München 2013 > R Reinhardt, Geschichte von Florenz. [Buhlmann, 09.1998, 05.2013, 06.2020, 10.2020, 10.2023]

Flügge, Wilhelm (1887-1891), Chronik der Stadt Werden: [Bd.1:], Düsseldorf 1887, Nachdruck Essen-Werden 1989, Erg.H.1, [Essen-] Werden 1889, Erg.H.2, [Essen-] Werden 1891 > W Werden

Flurschütz da Cruz, Andreas (2011), Die Unterwerfung Philipps von Köln 1188 und ihre Hintergründe, in: AHVN 214 (2011), S.35-58. Der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg (1167-1191) war zunächst und insbesondere hinsichtlich der Italienpolitik ein entschiedener Parteigänger des Stauferkaisers Friedrich I. Barbarossa (1152-1190). Maßgeblich beteiligt am Sturz des Sachsenherzogs Heinrichs des Löwen (1142/56-1180), erhielt Philipp das Herzogtum Westfalen (1180), womit sich die territorialpolitischen Interessen des Erzbischofs (Kölner Lehnhof) nochmals erweiterten. Wohl weniger wegen der Machtpolitik Philipps und Friedrichs im Nordwesten des deutschen Reiches als aus persönlichen Gründen (Misstrauen des Kaisers gegenüber den Fürsten und dem Erzbischof) verschlechterte sich in den 1180er-Jahren zunehmend das Verhältnis zwischen Erzbischof und Kaiser (Mainzer Pfingstfest 1184, päpstliche Legationstätigkeit Philipps 1186, geplanter Feldzug des Kaisers gegen England und Aufrüstung der Stadt Köln 1187). Bemühungen um Deeskalation des Konflikts führten dann im Vorfeld des Dritten Kreuzzugs (1189-1190/92) auf dem Mainzer "Hoftag Jesu Christi" von 1188 zur Unterwerfung Philipps, der aber keine Einbußen seiner Macht erfuhr, zumal mit König Heinrich VI. (1190-1197) Konsens bestand. [Buhlmann, 03.2012]

Flusser, David (1968), Jesus (= rm 50632), Reinbek b.H. 211999 > J Jesus Christus

Flussgeschichte(n) meist als (in Episoden aufbereitete) (Kultur-) Geschichte (großer) europäischer Flüsse, betrachtet von der Quelle bis zur Mündung. a) Donau: Auf der Baar kommen die Quellflüsse Brigach und Breg östlich von Donaueschingen zusammen und leisten neben der Donaueschinger Donauquelle ihren Beitrag zur Entstehung der Donau. Die deutsche Donau von Donaueschingen bis Passau ist 687 km lang und bildet damit nach Rhein und Elbe das drittlängste Teilstück eines durch Deutschland fließenden Gewässers. Der obere Lauf der Donau bewegt sich auf einem schmalen Höhenrücken zwischen den Einzugsgebieten von Neckar und Hochrhein, erleidet nach Immendingen die Donauversickerung, durchquert in vielen Schleifen in einem mehr oder weniger engen Tal die Schwäbische Alb und bildet mäandrierend zwischen Sigmaringen und Ulm die geologische Grenze zwischen der Schwäbischen Alb im Norden und dem Al-penvorland im Süden. Die bayerische Donau nimmt die großen Nebenflüsse Iller, Lech und Isar auf, passiert das Kloster Weltenburg und Regensburg mit seiner Steinernen Brücke und fließt in Passau mit Inn und Ilz zusammen. Nach Passau liegen Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine an den Ufern der Donau, bis sie schließlich in einem ausgedehnten Flussdelta in das Schwarze Meer mündet. Insgesamt ist der Fluss, der West-, Mittel- und Osteuropa miteinander verbindet, eine wichtige Verkehrsader des europäischen Kontinents (sie ist ab bayerischen Kelheim schiffbar), auch Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten. Die Donau ist der zweitlängste Fluss in Europa, sie ist 2845 km lang, wobei man von der Mündung, vom Leuchtturm von Sulina aus bis zum Zusammenfluss von Brigach und Breg zählt. Das Einzugsgebiet der Donau ist ca. 817000 km2 groß. Im Verlauf der menschlichen Geschichte durchfloss die Donau den keltischen Kulturraum Süddeutschlands, war Grenze des römisch-byzantinischen Reiches, war Achse der Habsburgermonarchie, ist Verkehrsachse des internationalen Handels in der Moderne usw. Zur Donau vgl.: Bauknecht, Heiner, Buhlmann, Michael, Meder, Willi, Stockburger, Claus, Winkler, Wolfgang Arno (2008), Brigachquelle, Brigach, Donau. Brigachquellfest des Vereins für Heimatgeschichte St. Georgen im Schwarzwald, St. Georgen 28.-29. Juni 2008 (= VA 39), St. Georgen 2008, 56 S., € 4,- (mit den Beiträgen: Heiner Bauknecht, D Donauquell; Michael Buhlmann, Brigach- und Donauquelle (von der Vorgeschichte bis heute); Willi Meder, Die wahre Donauquelle; Claus Stockburger, Tagebuchaufzeichnungen über den Besuch des württembergischen Herzogs Karl Eugen (in den Ämtern Hornberg und St. Georgen im Sommer des Jahres 1770) ); Blühberger, Günther (1996), Wie die Donau nach Wien kam. Die erdgeschichtliche Entwicklung der Landschaft des Donautals und der Nebenflüsse vom Ursprung der Donau bis zum Wiener Becken, Wien-Köln-Weimar 1996, 285 S., Abbildungen, DM 69,80; Magris, Claudio (1988), Donau. Biographie eines Flusses (= dtv 34418), München 22007, 494 S., Karten, € 14,50; Merk, Thomas A., Riedmiller, Andreas (1994), Die Donau. Von der Quelle bis zur Mündung. Eine Bildreise, Hamburg 1994, 96 S., Farbfotos, DM 19,80. b) Rhein: Der Rhein als hauptsächlich in Süd-Nord-Richtung verlaufender europäischer Strom gliedert sich bei einer Länge von 1232,7 km in den Alpenrhein (mit Vorder-, Hinterrhein als Quellflüssen), Bodensee, Hochrhein, Oberrhein, Mittelrhein, Niederrhein, Deltarhein (mit den Mündungsarmen Waal, Nederrijn, Lek, Ijssel). Neben den Alpen durchquert der Fluss den Bodensee und die Oberrheinebene, deutsche Mittelgebirge und das niederländisch-deutsche Flachland. Der Rhein war Grenzfluss des römischen Reiches in der Antike, ist Grenzfluss zwischen Frankreich und Deutschland in der Moderne, das Rheingebiet war eine Kernzone von fränkischem und deutschem Reich in Mittelalter und früher Neuzeit. Zum Rhein s.: Hübner, Paul (1974), Der Rhein. Von den Quellen bis zu den Mündungen, Frankfurt a.M.-Wien-Zürich 1974, 544 S., Schwarzweißtafeln, Karten, DM N.N.; Der Rhein (= Knaurs Kulturführer in Farbe), München 1990 > K Knaurs Kulturführer in Farbe; Schäfer, Wilhelm ([1936]), Die Quellen des Rheins, Berlin-Zürich [1936], 111 S., Schwarzweißfotos, Karten, RM 4,20. [Buhlmann, 06.2008, 02.2022, 06.2022, 10.2022]

FMSt = Frühmittelalterliche Studien

Fo

Focillon, Henri (1952), Das Jahr Tausend. Grundzüge einer Kulturgeschichte des Mittelalters, hg. v. Gottfried Kerscher, Darmstadt 2012, 248 S., € 29,90. Das Jahr Tausend ("L'An Mil") steht für das Jahrtausend mittelalterlicher Geschichte, es ist ein Anknüpfungspunkt der longue durée mittelalterlicher Geschichte, Kunstgeschichte und Kulturgeschichte (prozessuale Geschichte und "Quantensprünge"). An der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert standen sich im christlichen Europa ein romanisch-okzidentaler und ein germanisch-zentraleuropäischer Kulturraum gegenüber. Ausfluss des christlichen Glaubens war u.a. das (kollektiv?-) eschatologische Phänomen der Angst vor dem Jahr 1000, während sich jedoch zeitgleich kulturell und politisch ein nachkarolingisches okzidentales Europa formte. Die vom burgundischen Kloster Cluny ausgehenden Reformimpulse und monastische Gelehrsamkeit leisteten zur Formung der europäischen Staatenwelt in Nord-, Ost-, Mittel-, West- und Südeuropa ihren Beitrag. Der Gelehrte und Papst Gerbert von Aurillac (†1003) und Kaiser Otto III. (983-1002) stehen dann für die Entwicklungen dieser Jahrtausendwende. Vgl. dazu den Kommentar (I.) zu und die Übersetzung (II.) von Focillons "L'An Mil" in diesem Buch. [Buhlmann, 11.2012]

Förstemann, Ernst (1856/59), Altdeutsches Namenbuch: Bd.I: Personennamen, Nordhausen 1856, XV S., 1398 Sp., Bd.II: Ortsnamen, Nordhausen 1859 > N Namenkunde

Foerster, Thomas (2004), Die Eroberung der Burg Hohengeroldseck 1486, in: ZGO 152 (2004), S.165-187. Territoriale Streitigkeiten in der Ortenau und der Übergang des Hohengeroldsecker Diebold II. (1466-1499) von der pfalzgräflichen "Erbdienstschaft" zum habsburgischen Herzog Sigmund von Tirol (1439-1490/96) führten zur sog. Pfälzer Fehde des Jahres 1486. Pfalzgraf Philipp der Aufrichtige (1476-1508) und seine zahlreichen Parteigänger schickten nicht weniger als 63 Fehdebriefe an den nach Ulm ausgewichenen Diebold, Truppen des Pfalzgrafen begannen am 31. Juli mit der Belagerung der Burg. Bis zu 8009 Mann sollen auf pfalzgräflicher Seite zusammengezogen worden sein; ihnen standen 124 Verteidiger gegenüber. Die Burg wurde mit den herangeführten Geschützen "Böse Else", "Narr", "Steinbock" u.a. sturmreif geschossen und am 4. September erobert. Vergeblich hoffte Diebold während und nach der Belagerung auf habsburgische Unterstützung. Die Geroldsecker Herrschaft blieb bis 1534 in pfalzgräflicher Hand. [Buhlmann, 09.2006]

Fohrer, Georg (1982), Geschichte Israels (= UTB 708), Heidelberg 31982 > J Jüdische Geschichte, 10. Jahrhundert v.Chr.-3. Jahrhundert n.Chr.

FOLG = Forschungen zur oberrheinischen Geschichte

Fontane, Theodor, deutscher Schriftsteller: Geboren am 30. Dezember 1819 in Neuruppin als Sohn eines Apothekers, erlernte Theodor Fontane zunächst den Apothekerberuf (Apothekergehilfenexamen 1840), den er aber 1849 endgültig aufgab, um freier Schriftsteller zu werden. Es folgte die Heirat mit Emilie Rouanet-Kummer (1850); aus der Ehe stammten mehrere Kinder, von denen manche früh starben. U.a. als Mitglied in literarischen und Schriftstellervereinen ("Tunnel über die Spree" 1844, Schriftstellervereinigung "Rütli" 1849/50), arbeitete Fontane in der Folgezeit als Journalist mit guten Kontakten nach Großbritannien (1. Englandreise 1844, 2. Englandreise 1852, Leiter der "Deutsch-Englischen Korrespondenz" 1855/56), bereiste die Schlachtfelder des Deutsch-Dänischen (1864) und des Deutschen Krieges (1866), wurde mit Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) als Spion gefangen genommen und war lange Jahr als Literatur- und Theaterkritiker der Vossischen Zeitung tätig (bis 1889). Fontanes 1839 einsetzende Karriere als Schriftsteller fand mit der Verleihung des Schillerpreises (1891) und der Ehrendoktorwürde der Berliner Universität (1894) verdiente Anerkennung. Fontane starb am 20. September 1898 in Berlin an einem Herzschlag. Ausfluss seiner schriftstellerisch Tätigkeit waren Balladen, Erzählungen, Gedichte, Novellen, Romane, u.a.: Geschwisterliebe (1839), Wanderungen durch die Mark Brandenburg (1859), Schleswig-Holsteinischer Krieg (1864), Deutscher Krieg (1866/70), Kriegsgefangen. Erlebtes 1870 (1870), Der deutsch-französische Krieg (1872/76), Vor dem Sturm (1878), Grete Minde (1879/80), Ellernklipp (1881), Schach von Wuthenow (1883), Graf Petöfy (1884), Unterm Birnbaum (1885), Cécile (1886/87), Irrungen, Wirrungen (1888), Stine (1890), Quitt (1890/91), Unwiederbringlich (1891), Frau Jenny Treibel (1892), Meine Kinderjahre (1893), Effi Briest (1894/95), Poggenpuhls (1895/96), Von Zwanzig bis Dreißig (1895/96/98), Der Stechlin (1897). An Werken Theodor Fontanes seien genannt: Fontane, Theodor (1883), Schach von Wuthenow. Erzählung aus der Zeit des Regiments Gensdarmes (= RUB 7688), Stuttgart 2004, 168 S., € 4,10; Fontane, Theodor (1885), Unterm Birnbaum (= Schöninghs deutsche Textausgaben 304), Paderborn 1962, 106 S., DM 1,80; Fontane, Theodor (1885), Unterm Birnbaum (= RUB 8577/78), Stuttgart 1971, 136 S., DM 2,-; Fontane, Theodor (1888), Irrungen Wirrungen (= Goldmann Klassiker 7521), München o.J., 147 S., DM 4,-; Fontane, Theodor (1895), Effi Briest, Klagenfurt o.J., 304 S., ÖS N.N.; Fontane, Theodor (1895), Effi Briest, Klagenfurt 1986, 301 S., ÖS N.N.; Fontane, Theodor (1895), Effi Briest. Roman (= RUB 6961), Stuttgart 1995, 349 S., DM 9,-; Fontane, Theodor (1897), Der Stechlin (= RUB 9910), Stuttgart 1996, 485 S., DM 16,-, an Interpretationen: Reisner, Hanns-Peter, Siegle, Rainer (1993), Theodor Fontane: Effi Briest (= Klett Lektürehilfen), Stuttgart-Düsseldorf-Leipzig 132004, 166 S., € N.N., Stuttgart-Düsseldorf-Leipzig 172006, 166 S., € N.N.; Wolters, Stefan (1989), Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel (= Klett Lektürehilfen), Stuttgart-Düsseldorf-Leipzig 62003, 124 S., Übersichten, € N.N. [Buhlmann, 06.2018, 11.2019, 12.2020, 05.2021, 02.2022, 05.2022]

Fontes Christiani (FC). Zweisprachige Neuausgabe christlicher Quellentexte aus Altertum und Mittelalter, Folge 1-5 - die nachstehend vorgenommenen Einteilung der Bände in Folgen ist nur eine ungefähre -, vermitteln theologische Reflexion und kirchliche Lebenspraxis aus den ersten anderthalb Jahrtausenden des Christentums.
Folge 1: FC 3 (1990): Ambrosius, De sacramentis. De mysteriis. Über die Sakramente. Über die Mysterien. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Josef Schmitz, Freiburg-Basel-Wien 1990, 279 S., € 13,-, Bischof von Mailand (374-397) und Kirchenlehrer, stellt in den zwei vor 397 auf Latein niedergeschriebenen katechetischen Texten die Sakramente in Zusammenhang von Taufe und Taufeucharistie vor. > Lateinische Literatur > A Ambrosius. FC 4 (1991): Origenes, In Lucam homiliae. Homilien zum Lukasevangelium. Lateinisch-Griechisch-Deutsch, übers. v. Hermann-Josef Sieben, 2 Tlbde., Freiburg-Basel-Wien 1991, 536 S., € 15,-, verfasste um 233/34 auf Griechisch Homilien zum Lukasevangelium, von denen 39 in einer lateinischen Übersetzung des Kirchenvaters Hieronymus (†420) von wahrscheinlich um 392 überliefert sind. > Lateinische Literatur > O Origenes. FC 6 (1992): Johannes Chrysostomos, Catecheses baptismales. Taufkatechesen. Griechisch-Deutsch, übers. v. Reiner Kaczynski, 2 Tlbde., Freiburg-Basel-Wien 1992, 520 S., € 19,50, beinhaltet 12 griechische, 387, 388 und 389/97 gehaltene Taufkatechesen des antiochenischen Presbyters Johannes Chrysostomos (*ca.349-†407; ca.372-378 Mönch und Asket, 380/81-386 Diakon, 386-397 Presbyter, 397-404 Bischof von Konstantinopel, 404 Absetzung und Verbannung); die Katechesen sind homilitische Lehrschriften für Katechumenen: Johannes Chrysostomus predigte in Antiochia in der österlichen Fastenzeit, in der Kar- und Osterwoche über Taufvorbereitung, österliches Tauffest, Eucharistie (als Mysterien, Sakramente) und christliches Leben nach der Taufe. FC 10 (1992): Bruno, Guigo, Antelm, Epistulae Cartusianae. Frühe Kartäuserbriefe. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Gisbert Greshake, Freiburg-Basel-Wien 1992, 211 S., € 8,50, beleuchtet die Anfänge der Kartäusermönche/-eremiten anhand der Briefe Brunos von Köln (†1101), Giugos (I. von Kastel, †1136) und Antelms (†1178). > Lateinische Literatur > A Antelm, B Bruno von Köln, C Chronica Magistri, G Guigo. FC 12 (1993): Basilius von Cäsarea, De spiritu sancto. Über den heiligen Geist. Griechisch-Deutsch, übers. v. Hermann-Josef Sieben, Freiburg-Basel-Wien 1993, 368 S., € 11,-, Bischof im kappadokischen Cäsarea (370-379), verfasste 374/75 auf Griechisch sein Werk "Über den heiligen Geist", in dem er gegen nichtorthodoxe-häretische Interpretationen des Bibeltextes über den heiligen Geist für Gottvater und -sohn als einer Wesenheit und einen mit diesen beiden Hypostasen Gottes gleichgestellten heiligen Geist plädierte (Verehrung des heiligen Geistes, heiliger Geist als Gabe Gottes in Gott); die Schrift entfaltete beim 1. ökomenischen Konzil von Konstantinopel (381) ihre Wirksamkeit, ihre Rezeption ist zeitlich bis zum Humanismus und darüber hinaus zu verfolgen. > Lateinische Literatur > B Basilius von Cäsarea.
Folge 2: FC 27 (1997): Hugo von St. Viktor, Didascalicon. De studio legendi. Studienbuch. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Thilo Offergeld, Freiburg-Basel-Wien 1997, 455 S., DM 70,-, gibt einen Einblick in Bildung, Forschung und Lehre, in die scientiae ("Wissenschaften"), aber auch in Handlungswissen, in die artes ("Künste"). Hugo (†1141), vielleicht aus Ostsachsen stammend, Theologe, Philosoph und Lehrer am Stift St. Viktor in Paris, teilte im Didascalicon die Wissenschaften ein in Logik, Theorik, Mechanik und Praktik. Den Unterbau der solcherart zusammengesetzten menschlichen sapientia ("Weisheit") bildete für Hugo die Philosophie. Neben den theoretischen sapientia-Elementen der artes liberales, der Theologie usw. berücksichtigte er besonders auch die Elemente der Praxis, u.a. Technik, Medizin, Ökonomik und Recht. > Lateinische Literatur > H Hugo von St. Viktor. FC 28 (1997): Gregor der Große, Homiliae in evangelia. Evangelienhomilien. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Michael Fiedrowicz, 2 Tlbde., Freiburg-Basel-Wien 1997, 903 S., € 39,-, Papst (590-604) im Rom zwischen oströmischer Herrschaft und Langobarden, hielt wahrscheinlich 590/92 eine Reihe von Predigten zu den Evangelien und veröffentlichte die insgesamt 40 lateinischen Evangelienhomilien über Weltende und -gericht, die spirituelle Orientierung des Menschen an Gott und den Nächsten sowie die Abkehr des Menschen vom Weltlichen vor 593/94 in zwei Büchern, die er dem Bischof Secundinus von Taormina widmete. > Lateinische Literatur > G Gregor der Große. FC 33,1-4 (1999): Rupert von Deutz, De divinis officiis. Der Gottesdienst der Kirche. Lateinisch-Deutsch, hg. v. Helmut u. Ilse Deutz, 4 Tlbde., Freiburg-Basel-Wien 1999, zus. 4x XX, 1641 S., DM 274,- > Lateinische Literatur > R Rupert von Deutz.
Folge 3: FC 40 (2015): Tertullian, Apologeticum. Verteidigung des christlichen Glaubens. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Tobias Georges, Freiburg i.Br. 2015, 335 S., € 40,- > Lateinische Literatur > T Tertullian. FC 42 (2002): Tertullian, De praescriptione haereticorum. Vom prinzipiellen Einspruch gegen die Häretiker. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Dietrich Schleyer, Turnhout 2002, 363 S., € 14,90 > Lateinische Literatur > T Tertullian. FC 45 (2007): Doctrina Addai. De imagine Edessena. Die Abgarlegende. Das Christusbild von Edessa. Griechisch-Lateinisch-Deutsch, übers. v. Martin Illert, Turnhout 2007, 372 S., € 16,90, führt auf die vielfältige, in syrischer, griechischer bis kirchenslawischer Überlieferung tradierte, wohl an der Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert entstandene Legende um König Abgar V. von Edessa und dessen Konversion zum Christentum durch einen Brief Jesu Christi und durch den Apostel Addai/Thaddäus (Eusebius, Kirchengeschichte; Egeria, Reisebericht; Doctrina Addai; Inschriften; Transitus Mariae; Prokop von Caesarea, Perserkrieg u.a.), weiter das Hinzutreten der Legende um das Christusbild von Edessa (Evagrius Scholasticus, Kirchengeschichte; Thaddäusakten u.a.) und schließlich die Nachrichten um die Translation der Christusreliquien von Edessa nach Konstantinopel (944; Narratio de imagine edessena; Epistula Abgari; altrussische Lukaslegende). FC 46 (2007): Alexander Monachus, Laudatio Barnabae. Lobrede auf Barnabas. Griechisch-Deutsch, übers. v. Bernd Kollmann u. Werner Deuse, Turnhout 2007, 162 S., € 15,90, entstanden zwischen 511/12 und 566, verfasst von einem dem Chalcedonense anhängenden Mönch aus dem zyprischen Barnabaskloster, enthält neben dem (u.a. auf den pseudoclementinischen Recognitionen und Homilien sowie zyprischen Lokaltradionen, nicht hingegen auf den Barnabasakten beruhenden Märtyrer-) Enkomion auf den Apostel Barnabas (Lob seiner Person, seiner Tugenden, seiner Taten, seiner Wirkung) (biblische Überlieferung: Barnabas als Diasporajude, Apostel [Osterereignisse] und Förderer des Paulus und des Heidenchristentums [Verzicht auf Beschneidung, gesetzestreue Judenchristen], Leiter der Christengemeinde von Antiochien, 1. Missionsreise mit Paulus nach Zypern [40er-Jahre], Jerusalemer Apostelkonvent [ca.48], antiochenischer Zwischenfall und Aposteldekret u.a. des Barnabas als Kompromiss zwischen Juden- und Heidenchristen, Trennung von Barnabas und Paulus, 2. Missionsreise des Barnabas nach Zypern; Enkomion: Johannes Markus als Gehilfe des Barnabas, Barnabas als Märtyrer von syrischen Juden ermordet, Johannes Markus als Missionar und Märtyrer in Ägypten, Auffindung des angeblichen Barnabasgrabes und Entdeckung von Barnabasevangelium und -reliquien [488], Erbauung von Barnabaskirche und -kloster) in den letzten Teilen der Schrift Passagen betreffend die Verteidigung der Unabhängigkeit der zyprischen Kirche vom antiochenischen Bischof und zum diophysitisch-monophysitischen Glaubensstreit um das Glaubensbekenntnis von Chalkedon (451) (oströmische Kaiser Zeno [474-475, 476-491] und Basiliskus [475-476], monophysitischer Bischof Petrus Fullo in Antiochien [Ergänzung des Trishagion] und dessen Versuch der Unterwerfung der zyprischen Kirche 485/88). FC 48 (2003): Ambrosius von Mailand, De Isaac vel anima. Über Isaak oder die Seele. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Ernst Dassmann, Turnhout 2003, 185 S., € 3,30, , Bischof von Mailand (374-397) und Kirchenlehrer, verfasste um 391 unter Verwendung heidnischer Autoren wie Vergil oder Plotin (Neuplatonismus), des jüdischen Philosophen Philo von Alexandrien und insbesondere des Christen Origines bibelexegetisch (dreifacher Sinn des sensus moralis, sensus naturalis, sensus mysticus) seine lateinische Predigt als Interpretation des alttestamentlichen Hoheliedes vermöge der Identitäten Issak-Christus und Rebekka-Kirche-Seele (Aufstieg und Vollendung der menschlichen Seele zu und in Christus in Abkehr von Sünden der Welt [Christus als Bräutigam, Seele als Braut, Tod als Befreiung der Seele]). > Lateinische Literatur > A Ambrosius von Mailand. FC 49,1-2 (2008): Anonymus von Cyzicus, Historia ecclesiastica. Kirchengeschichte. Griechisch-Deutsch, übers. v. Günther Christian Hansen, 2 Tlbde., Turnhout 2008, 524 S., € 25,80, verfasst im 5. Jahrhundert von einem unbekannten Christen aus Cyzicus, enthält auf der wesentlichen Grundlage der Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea u.a. die Schilderung des machtpolitischen Aufstiegs des römischen Kaisers Konstantin (306-337), des Konzils von Nikaia (325) mit seinen Beschlüssen zu Trinität (ein Gott, drei Personen; Wesensgleichheit zwischen Gottvater und Gottsohn) und Osterfest sowie nachnikaianischer Geschehnisse (Förderung des Kirchenbaus, Auffindung des heiligen Kreuzes, Briefe des Kaisers, Arius, Athanasius).
Folge 4: FC 51 (2012): Evagrius Ponticus (*344-†399), Lektor unter Basilius dem Großen, Diakon unter Gregor von Nazianz, ägyptischer Mönch, Kopist und Kalligraph, Der Mönchsspiegel. Der Nonnenspiegel. Ermahnung an Mönche. Griechisch-Deutsch, übers. v. Christoph Joest, Freiburg-Basel-Wien 2012, 321 S., Karte, Plan, € 20,-, bietet in seinen Mönchs- und Nonnenschriften, die teilweise auch auf Lateinisch überliefert sind, in Aphorismen und Sentenzen eine praktisch-asketische (Praktike, Acht-Laster-Lehre) und kontemplative, auf Gotteserkenntnis zielende (Gnosis physike, Theologike) Lebensweise, wobei er teilwiese auf Gedankengut des Origines zurückgriff (1., 2. origenistische Krise, Verurteilung von Evagrius' Schriften 553). > Lateinische Literatur > E Evagrius Ponticus. FC 53 (2013): Marcus Diaconus, Vita sancti Porphyrii. Leben des heiligen Porphyrius. Griechisch-Deutsch, übers. v. Adelheid Hübner, Freiburg-Basel-Wien 2013, 242 S., € 15,-, ist eine wohl ursprünglich zur Zeit Kaiser Justinians I. (527-575) auf Syrisch entstandene Schrift, die in georgischer Übersetzung und griechischer (mit Erweiterungen versehener) Übersetzung erhalten ist und - wenig historisch - Leben und Taten des Bischofs Porphyrius von Gaza (angeblich 395-420) wiedergibt (vornehme Herkunft des Porphyrius, Porphyrius als Mönch und Asket in Ägypten, im Jordantal und in Jerusalem, Einsetzung des Porphyrius zum Bischof von Gaza, Bekehrung der Einwohnerschaft zum christlichen Glauben, Zerstörung des dem Hauptgott Marnas von Gaza geweihten heidnischen Tempels und Bau einer christlichen Kirche an der Stelle des Marneions mit Unterstützung insbesondere der oströmischen Kaiserin Eudoxia, von Porphyrius bewirkte Wunder, heilige Salaphtha). FC 57,1-2 (2007): Evagrius Scholasticus (*536-†n.594), u.a. Sekretär und Rechtsberater des Patriarchen Gregor I. von Antiochien (570-593), Quästor und Ehrenpräfekt durch kaiserliche Verleihung, Historia ecclesiastica. Kirchengeschichte. Griechisch-Deutsch, übers. v. Adelheid Hübner, 2 Tlbde., Turnhout 2007, zus. 712 S., € 37,80, stellt neben der politischen (Kaiser-) Geschichte des oströmisch-byzantinischen Reiches zwischen 428 und 594 dar die Geschichte der christlichen Reichskirche insbesondere als Gegeneinander zwischen den Anhängern der Beschlüsse des Konzils von Chalkedon (451) und den Monophysiten (Henotikon, Drei-Kapitel-Streit), auch unter Bezugnahme der kirchlichen Entwicklungen in Konstantinopel, Alexandrien und besonders Antiochien (Bischofsgeschichten). FC 61,1-2 (2006): Hrabanus Maurus, De institutione clericorum. Über die Unterweisung der Geistlichen. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Detlev Zimpel, 2 Tlbde., Turnhout 2006, zus. 695 S., € 28,10 > Lateinische Literatur > H Hrabanus Maurus; FC 64,1-5 (2011): Johannes Philoponos, De aeternitate mundi. Über die Ewigkeit der Welt. Griechisch-Deutsch, übers. v. Clemens Scholten, 5 Tlbde., Turnhout 2011, zus. 1579 S., € 61,50, verfasste als Philosoph und Christ irgendwann nach 529 seine Widerlegung von 18 Thesen des heidnischen Philosophen Proclus, der die Ewigkeit der Welt vertrat (Widerlegung auf der Grundlage von Platon: einmalige Erschaffung/Schöpfung des Kosmos aus Materie, Form und Zeit [zeitliche Schöpfung aus dem Nichts]; Gutheit/Schönheit des Kosmos von der Schöpfung durch Gott her [Willen Gottes]; Kosmos in seiner Begrenztheit erfüllt von den vier Elementen Feuer, Luft, Wasser, Erde, geprägt von der Kreisbewegung; Nichtewigkeit/Vergänglichkeit des Kosmos nach der Schöpfung). FC 68 (2017): Eusebius/Hieronymus, Liber locorum et nominum. Onomastikon der biblischen Ortsnamen: Lateinisch-Deutsch, übers. v. Georg Röwekamp, Freiburg i.Br. 2017, 457 S., € 47,- > Lateinische Literatur > H Hieronymus.
Folge/Serie 5: FC 75 (2007): Tertullian, Adversus Iudaeos. Gegen die Juden. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Regina Hauses, Turnhout 2007, 387 S., € 12,90 > Lateinische Literatur > T Tertullian; FC 77,1-2 (2019): Guibert von Nogent, Monodiae. Bekenntnisse. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Reinhold Kaiser u. Anne Liebe, 2 Tlbde., Freiburg-Basel-Wien 2019, zus. 718 S., zus. € 99,- > Lateinische Literatur > G Guibert von Nogent. FC 80 (2005): Pamphilus von Caesarea, Apologia pro Origine. Apologie für Origines. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Georg Röwekamp, Turnhout 2005, 484 S., € 4,90 > Lateinische Literatur > P Pamphilus von Caesarea; FC 82 (2006): Concilium Quinisextum. Das Konzil Quinisextum. Griechisch-Deutsch, übers. v. Heinz Ohme, Turnhout 2006, 363 S., € 3,95, führt die Kanones des das 5. und 6. ökumenische Konzil ergänzenden, 691/92 in Konstantinopel (im kaiserlichen Kuppelsaal [Trullium]) durchgeführten Konzils an, das von Kaiser Justinian II. (685-695, 705-711) einberufen und von 227 (meist aus dem byzantinischen Machtbereich kommenden) Bischöfen besucht worden war; die auf Griechisch verfassten Konzilsakten umfassen den Logos Prosphonetikos als Aufruf der Konzilsväter an den Kaiser sowie die 102 Kanones betreffend heidnische Bräuche, christliche Häresien, das Zusammenleben mit den Juden, Ehe und Sexualität, den christlichen Gottesdienst, Kirchenverfassung, Geistlichkeit und Mönchtum; FC 86 (2009): Caesarius von Heisterbach, Dialogus miracolorum. Dialog über die Wunder. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Nikolaus Nösges u. Horst Schneider, 5 Tlbde., Turnhout 2009, zus. 4x VIII, 2435 S., € 214,50 > Lateinische Literatur > C Caesarius von Heisterbach; FC 89 (2020): Eusebius von Caesarea, De laude Constantini. De verbo dei. Lobrede auf Konstantin. Über den Logos Gottes. Griechisch-Deutsch, übers. v. Horst Philipp Schneider, Freiburg i.Br. 2020, € 49,-, enthält die Lobrede des Bischofs Eusebius (†337/40) zum 30-jährigen Regierungsjubiläum des römischen Kaisers Konstantin des Großen (306-337) sowie die durch einen Prolog mit der Tricennatsrede verbundene Rede über den "Logos Gottes", der in der "politischen Theologie" des Eusebius als Vermittler zwischen Gott (als großem König) und dem Kaiser erscheint (Logos als einziggezeugter Sohn Gottes, Christi Inkarnation, Tod und Auferstehung), wobei die Konstantinische Wende die Hinwendung vom heidnischen Polytheismus zum christlichen Monotheismus bewirkt; FC 93 (2021): Pseudo-Basilius von Seleukia, Vita et miracula sanctae Theclae. Leben und Wunder der heiligen Thekla. Griechisch-Deutsch, hg. v. Bernd Kollmann, übers. v. Burghard Schröder, Freiburg i.Br. 2021, als Anonymus nicht zu verwechseln mit dem Bischof Basilius von Seleukia, dessen Gegner er war, verfasste um 460 n.Chr. (Leben) bzw. nach 468/vor 475 (Wunder) seine beiden Werke frühbyzantinischer Hagiografie über die Paulusschülerin, Protomärtyrerin und Apostolin Thekla (1. Jahrhundert, 2. Hälfte), deren Verehrung im Christentum (Paulus-/Theklaakten, Kirchenväter, Theklakult in und um Seleukia, christliche Kunst) gerade im südlichen Kleinasien gerade vom 4. bis zum 6. Jahrhundert ihren Höhepunkt fand (Ablösung des Heidentums durch das Christentum -> Theklaheiligtum auf dem Berg Kalamon bei Seleukia [3./4. Jahrhundert], Mönchs- und Nonnenkloster, Heilbetrieb und Badeanlagen). FC 94 (2022): Navigatio sancti Brendani. Die Seereise des heiligen Brendan. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Katja Weidner, Freiburg i.Br. 2022, 248 S., € 41,- > Lateinische Literatur > N Navigatio sancti Brendani; FC 95 (2021): Isidor von Sevilla, De origine officiorum. Über den Ursprung der kirchlichen Ämter. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Gerd Kampers, Freiburg i.Br. 2021, 283 S., € 43,- > Lateinische Literatur > I Isidor von Sevilla; FC 96,1-2 (2022): Legendae martyrum urbis Romae. Märtyrerlegenden der Stadt Rom. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Hans Reinhard Seeliger u. Wolfgang Wischmeyer, 2 Tlbde., Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2022, zus. 616 S., zus. € 95,-, betreffend zehn römische Märtyrerlegenden des 4. bis 6. Jahrhunderts als lateinische literarisch-hagiografische Texte jeweils aus historia (Geschichtsschreibung) und argumentum (erfundene Erzählung) (Aufzeigen christlicher Lebensweise, Erbauung und Belehrung; memoria der christlichen Senatsaristokratie Roms; Stützung des christlichen Transformationsprozesses zwischen Spätantike und Frühmittelalter) > Lateinische Literatur > A Acta et passio beatissimae martyris Caeciliae, Valeriani et Tiburti, Acta martyrii Calixti episcopi, Acta sancti Sebastiani martyris, E Epistula de passione Agnetis, M Martyrium beati Petri apostoli, P Passio Polochronii, Parmenii, Abdon et Sennes, Xysti, Felicissimi et Agapiti, et Laurentii et aliorum sanctorum mense augusto die X, Passio sancti Clementis, Passio sanctorum Gallicani, Hilarini, item sanctorum Iohannis et Pauli martyrum, Passio sanctorum Syxti episcopi, Laurentii diaconi et Yppoliti ducis, S Sanctarum virginum Prudentianae et Praxedis acta; FC 97,1-2 (2022): Liber pontificalis. Das Buch der Päpste, Lateinisch-Deutsch, übers. v. Ingemar König, 2 Tlbde., Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2022, zus. 841 S., zus. € 107,- > Lateinische Literatur > L Liber pontificalis; FC 98 (2023): Cyprian von Karthago, De lapsis. De ecclesiae catholicae unitate. Über die Abgefallenen. Über die Einheit der katholischen Kirche. Lateinisch-Deutsch, übers. v. Christian Hornung, Freiburg i.Br.-Basel-Wien 2023, 236 S., € 45,- > Lateinische Literatur > C Cyprian von Karthago. [Buhlmann, 01.2003, 06.-07.2012, 03.2016, 07.2017, 06.2018, 07.2018, 09.2018, 08.2019, 07.2020, 11.2021, 05.-07.2022, 11.2022, 07.2023, 11.2023, 01.-02.2024]

Ford, Brian J. (1981), Die deutschen Geheimwaffen (= Moewig Dokumentation 4307), München 1981 > Z Zweiter Weltkrieg

Ford, Brian J. (1985), Geheime alliierte Waffen. Von der Atombombe bis zur chemischen Keule (= Moewig Dokumentation 4349), München 1985 > Z Zweiter Weltkrieg

Fortschritt in der Geschichte: "Fortschritt" als wichtiger Begriff geschichtlichen Denkens ist im Zeitalter der Aufklärung aufgekommen und meint den (angeblich?) richtungsweisenden Gang geschichtlicher (bedeutender) Veränderungen hin zum "Besseren" als "Überwindung von Mangelzuständen", verschiedene Felder menschlicher Existenz betreffend. Begriff und historisches Phänomen werden ambivalent bewertet, was Politik und Gesellschaft, Wissenschaft oder Technologie betrifft. Im Rahmen historischer Betrachtungen verweist Fortschritt auf das Zukünftige, die Geschichte auf die Vergangenheit, aus der über den Moment der Gegenwart Zukunft entsteht. Geschichte bewertet mithin den Fortschritt des Vergangenen unter den Voraussetzungen der Gegenwart.
Vgl.: Meyer, Rudolf W. (Hg.) (1969), Das Problem des Fortschritts - heute, Darmstadt 1969, XX, 292 S., DM N.N. (mit den Beiträgen: Herbert Lüthy, Geschichte und Fortschritt; Peter Brang, Fortschrittsglauben in Rußland einst und jetzt; Max Wehrli, Fortschritt in der Dichtung?; Franz Meyer, Bildende Kunst und Aktualität; Detlev von Uslar, Psychologie und Technik; Hans Staub, Was ist und zu welchem Zweck treibt man Grundlagenforschung in der Physik?; Georges Wagnière, Die Bedutung der Physik für die Entwicklung der Chemie und Molekularbiologie; Eberhard Jüngel, Der Schritt des Glaubens im Rhythmus der Welt; Werner Kägi, Vom Kampf um das Recht in der Gegenwart; Friedrich A. Lutz, Wirtschaftliche Entwicklung in der Sicht ökonomischer Denker; Peter G. Waser, Pharmakon und Mensch; Rudolf Hess, der Einfluß der technischen Entwicklung auf die Medizin; Kurt von Fischer, Tradition(alismus), Antitradition(alismus) und das Problem des Fortschritts in der Musik der Gegenwart; Heinr Rupp, Sprache in unserer Zeit). [Buhlmann, 04.2023]

Foster, Paul (2011), Die apokryphen Evangelien. Eine kleine Einführung (= RUB 18702), Stuttgart 2011, 206 S., € 5,80. Zwischen entstehendem orthodoxem Christentum, Judenchristlichkeit, Judenfeindlichkeit und Gnosis (als kosmologische Christologie) angesiedelt, repräsentieren die apokryphen ("verborgenen", nichtkanonischen) Evangelien zumeist des 2. und 3. Jahrhunderts die verschiedenartigsten Strömungen und Richtungen des frühen Christentums. Die zum großen Teil auf ägyptischen Papyri u.a. als Codex überlieferten Evangelien (im Sinne von "frohe Botschaft") sind von unterschiedlicher Zeitstellung und heißen: Thomas-Evangelium, Philippus-Evangelium, Evangelium der Wahrheit, Ägypter-Evangelium, Kindheitsevangelium des Thomas, Protevangelium des Jakobus, Petrus-Evangelium, Evangelium des Papyrus Egerton 2, Hebräer-Evangelium, Nazaräer-Evangelium, Ebioniten-Evangelium, Judas-Evangelium, Evangelium der Maria Magdalena, die beiden Letzteren als Offenbarungsevangelien. [Buhlmann, 02.2012]

Fotografie-Geschichte: I. 1839-1913: Das moderne Medium der Fotografie hat mehrere Erfinder: die Franzosen Nicéphore Niépce (*1765-†1833), Louis Daguerre (*1787-†1851) und Hippolyte Bayard (*1807-†1887), den Engländer William Henry Fox Talbot (*1800-†1877), von dem auch die Bezeichnung "Fotografie" stammt. Vor dem Hintergrund von Industrialisierung und bürgerlicher Gesellschaft verbreitete sich die Fotografie schnell. Ziemlich von Anfang an wurde Fotografie unter dem Aspekt der "Bildtreue" und Genauigkeit einerseits und der Akzente setzenden Kunst andererseits gesehen. Fotografie als Kunst folgte dabei künstlerischen Bildmitteln wie Beleuchtung, Standpunkt, Bildausschnitt u.a. Frühe Repräsentanten der Fotokunst waren: Oscar Gustav Rejlander (*1813-†1875; The Two Ways of Life 1856), David Octavius Hill (*1802-†1870) und Robert Adamson (*1821-†1848; Hugh Miller 1843, künstlerische Unschärfe), Julia Margaret Cameron (*1815-†1879, The Mountain Nymph 1866), Peter Henry Emerson (*1856-†1936; "Naturalistische Fotografie"). Um 1900 herrschte in der Fotografie der impressionistische Piktorialismus vor, der wiederum abgelöst wurde von einer Fotografie "materieller Wahrheit", deren Wegbereiter Eugène Atget (*1856-†1927, Stillleben von Paris) war. II. 1913-1940: Paul Strand (*1890-†1976) hob "die absolute und die unbestimmte Objektivität" der Fotografie hervor, die er mit den Begriffen "Struktur, Sache, Suche, Bewegung" verband. László Moholy-Nagy (*1895-†1946) und seine Ehefrau Lucia standen für das "fotografische Sehen" (Architektur [Berliner Funkturm 1928, Bauhaus], modernes Leben), Albert Renger-Patzsch (*1897-†1967) und Edward Weston (*1886-†1958) für die "Neue Sachlichkeit"; Fotografie als Gesellschaft abbildendes Medium verfolgten August Sander (*1876-†1964; "Menschen des 20. Jahrhunderts") und Walker Evans (Allie Mae Burroughs 1936/37). Vom Dadaismus beeinflusst war die surrealistische Fotografie z.B. eines Man Ray (*1890-†1976). III. 1940-1970: Ein bedeutender Momentfotograf war André Kertész (*1894-†1985); der "entscheidende Augenblick" (z.B. in der Pressefotografie) spielte auch für Henri Cartier-Bresson (*1908-†2004) eine wichtige Rolle (The Decisive Moment 1952, Life is Good and Good for You in New York 1956, The Americans 1958), die Life-Photography verkörperten Irving Penn (*1917-†2009) und Richard Avedon (*1923-†2004). Eine andere Entwicklung nahmen die emotional-"subjektive Fotografie" eines Otto Steinert (*1915-†1978) u.a. sowie die Fotografie des Grotesken etwa einer Diane Arbus (*1923-†1971). IV. 1970-heute: In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, in der Postmoderne wurde Fotografie zunehmend in über die Fotografie hinausgehende Kunst eingebettet (serielle Fotos, Großformate, Image Recycling, Erzählen); Vertreter dieser Entwicklungen sind: Hilla und Bernd Becher (*1934 bzw. *1931-†2007; Anonyme Skulpturen 1970), Bernhard und Anna Blume (*1937; Küchenkoller 1985/86), Victor Burgin (*1941; Angelus Novus 1995), Barbara Kruger (*1945), Sherrie Levine (*1947), Les Krims (*1947; Making Chicken Soup 1972), Richard Prince (*1949; Spiritual America 1983); "Gattungsfotografie" verfolgte die Künstlergruppe um Andreas Gursky an der Düsseldorfer Kunstakademie. Postmoderne Fotografie steht dabei nicht zuletzt im Zeichen des Wandels von der analogen (auf der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen beruhenden) zur digitalen Fotografie (Fotografie nach der Fotografie 1995).
Zur Geschichte der Fotografie s.: Hedgecoe, John (1982), Fotografie für Könner, Stuttgart 1992, Schwarzweißabbildungen, Farbfotos, DM 19,95; Kemp, Wolfgang (2011), Geschichte der Fotografie. Von Daguerre bis Gursky (= BSR 2727), München 2011 > K Kemp, Geschichte der Fotografie; Martin, Ludwig A.C. (Hg.) (1979), Hundert Jahre Weltsensation in Pressefotos (= Die bibliophilen Taschenbücher 120), Dortmund 1979, 362 S., Schwarzweißfotos, DM 14,80; Stiegler, Bernd, Thürlemann, Felix (2011), Meisterwerke der Fotografie (= RUB 18763), Stuttgart 2018, 336 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, € 12,- mit 150 Fotografien, von einem Photogramm Thomas Wedgwoods (ca.1800) über die den Anfang der Fotografie definierende Heliographie des Nicéphore Niépce ("Blick aus dem Arbeitszimmer", 1827), ein Foto des Boulevard du Temple des Loius-Jacques Mandé Daguerre (1838?), Fotografien von Architektur und Menschen (Hermann Biow: Alexander von Humboldt, 1847; Maxime Du Camp: Tempel Ramses' III. in Theben, 1850 usw.) bis hin zur modernen bis postmodernen Fotografie der 2. Hälfte des 20. und des 21. Jahrhunderts (Eddie Adams, Bernd und Hilla Becher, Thomas Demand, Willam Eggleston, Lee Friedlander, Robert Mapplethorpe, Helmut Newton, Arnulf Rainer, Ed Ruscha, Cindy Sherman, Jeff Wall u.a.). Historisches, u.a. als Lebensläufe bedeutender Fotografen, bietet auch: Schöttle, Hugo (1978), DuMont's Lexikon der Fotografie. Foto-Technik, Foto-Kunst, Foto-Design (= DuMont Tb 58), Köln 1978, 332 S., Schwarzweißabbildungen, -fotos, Farbtafeln, DM 14,80. [Buhlmann, 10.2019, 04.2021, 06.2022, 10.2023]

Fouquet, Gerhard, Zeilinger, Gabriel (2011), Katastrophen im Spätmittelalter, Darmstadt 2011, 172 S., Schwarzweißabbildungen, € 4,95. I. Katastrophen sind allgemeine Unglücke und Extremereignisse in menschlichen Gesellschaften, die gemeinschaftlich und individuell überstanden und verarbeitet werden mussten. Sie brechen jählings über die Menschen ein, stellen deren Alltag infrage, verursachen Tod, materielle und seelische Schäden. Katastrophen haben meist nur eine Ursache (im Gegensatz zu sich über einen längeren Zeitraum entwickelnden Krisen mit deren Ursachenbündeln). Katastrophen beeinflussen nicht zuletzt Menschen mental, ablesbar z.B. an der historischen Überlieferung. Für das Spätmittelalter lassen sich somit ein mit Katastrophen verbundener Gottes- und Schicksalsglaube insbesondere an der städtischen Historiografie und Erinnerung (Stadt als "Schicksalsgemeinschaft") ablesen als Einbruch der erschütterten Natur in die menschliche Lebenswelt und als Rückkehr der Menschen in deren "gefährdeten Alltag". II. Schematisch lassen sich Katastrophen im Spätmittelalter wie folgt einordnen: klimatische Katastrophen, Wetterkatastrophen (Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste [Klimawandel, Eindeichung, Sturmfluten, Rungholt-Mythos]; Hochwasser und Eisgänge [Basel 1454-1542, Birsig-Hochwasser 1529]; Stürme [Basel 1530]; Trockenheit [Landwirtschaft, Ernteausfälle]; Schiffsuntergänge [Mittelmeer, Atlantik, Nordsee, Unglücksfahrt des venezianischen Stadtadligen Pietro Querini 1431/32]), Erdbeben (Basel 1356, Kreta 1494; verursachte Schäden, menschliche Wahrnehmungen und Vorstellungen [Gelehrtenwissen], Hilfe nach der Katastrophe), Hunger (Hungerjahre 1437/40; arme Leute, Bettler, "gemeiner Nutzen"), Stadtbrände ([Klein-] Basel 1258, 1294, 1327, 1352, 1377, 1417, 1495 u.a.; Frankenberg 1476; menschliche Wahrnehmungen und Vorstellungen [von Augenzeugen]; Brandbekämpfung und Feuerwehr [Verhalten bei Bränden, Sicherheit und Ordnung, "gemeiner Nutzen"]), Epidemien (Pestpandemie 1347/52; Mentalitätswandel [Krankheit, Tod, Überleben, Stiftungen, Erfahrungen]; Judenverfolgungen), Krieg (Städtekrieg 1449/50, Belagerung von Neuss 1474/75; Alltag des Krieges), Finanzkatastrophen (Schinderlingskrise 1459; spätmittelalterliches Geldsystemn, Geld und Kredit, Inflation). [Buhlmann, 02.2019]

Fox, Robin Lane (1974), Alexander der Große. Eroberer der Welt (= Heyne Biographien 41), München 1977 > A Alexander der Große

Fr

FRA = Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen

Fraesdorff, David (2005), Der barbarische Norden. Vorstellungen und Fremdheitskategorien bei Rimbert, Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen und Helmold von Bosau (= Orbis mediaevalis 5), Berlin 2005, 415 S., € 39,90. Im frühen und hohen Mittelalter des Franken-, Ostfranken- und deutschen Reichs fing der "Norden" (Norden: arktos, septentrio, Nordnordosten: aquilo, boreas; antike und mittelalterliche Vorstellungen) als Nord- bzw./und Osteuropa an der Elbe (Unterwerfung der Sachsen durch Karl den Großen; Antike: am Rhein) an und wurde u.a. in Rimberts Vita Anskarii sowie der Geschichtsschreibung Thietmars von Merseburg (Chronik), Adams von Bremen (Hamburgische Kirchengeschichte) und Helmolds von Bosau (Slawenchronik) mit verschiedenen Fremdheitsvorstellungen belegt. Den Fremdheitskategorien der mittelalterlichen Historiografen, die alle aus dem Raum westlich und östlich der Elbe stammten, entsprachen die religiöse Fremdheit (Gegensatz "Christentum (christianitas) - Heidentum", Fremder als paganus), ethnische Fremdheit (slawische libertas), politische Fremdheit ("Kriegergesellschaften") und kulturelle Fremdheit (Fremder als barbarus, naturales boni) der geschilderten Bewohner des "barbarischen Nordens". Die weitgehend einheitliche Sichtweise vom 9. bis 12. Jahrhundert resultierte dabei auch aus der Anschauung des "Nordens" als christlichen Missionsbezirk am nordöstlichen Rand der christianitas. Die früh- und hochmittelalterlichen Vorstellungen vom "Norden" wirkten auch in den folgenden Jahrhunderten bis in die Neuzeit nach. [Buhlmann, 08.2014]

Frahm, Eckart (2013), Geschichte des alten Mesopotamien (= RUB 19108), Stuttgart 2013, 296 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Zeittafel, € 8,-. Eingebettet in gesellschaftliche und kulturelle Entwicklungen wird als altorientalische Geschichte des Landes an Euphrat und Tigris das Folgende erkennbar: Homo erectus- und Funde von Neandertalern kennzeichnen die Altsteinzeit im Alten Orient, Sesshaftwerdung und "neolithische Revolution" den Übergang zur akeramischen und keramischen Jungsteinzeit (Kebarisch [18000-12000 v.Chr.], Natufien/Zarzisch [12000-10200], Miéfatien/Nemrikien [10200-7000], Proto-Hassuna [7000-6500]). Dörfer (und Häuser), organisierte Dörfer stehen am Ende des keramischen Neolithikums und lassen gesellschaftlich, wirtschaftliche und religiöse Strukturen (chiefdom, big man, altorientalische Religionen) (Hassuna [6500-6000] und Halaf [6000-5300], Obeid [6500-4300]), Samarra [6200-5700]). In der Uruk- und Gaurazeit (4300-3100 v.Chr.) begann der Übergang zu hochorganisierten städtischen Gemeinwesen (Adab, Eridu, Nippur, Ur, Uruk; Herrschaft, Verwaltung und Hierarchisierung [en, Erfindung der Schrift], Großbauten [Tempel, Stadtmauer]). Die Krise der Späturukzeit mündete ein in die Djemdet Nasr- (3100-2900 v.Chr.) und frühdynastische Zeit (2900-2340 v.Chr.); die Städte des südlichen Mesopotamien mit ihren umgebenden Territorien (sumerische Stadtstaaten) regierten Königsdynastien (lugal, en, ensi), bedeutende Könige waren Mesilim von Kisch, Eanatum von Lagasch und Lugalzagesi von Umma/Uruk, der das "Land Sumer" wohl weitgehend unter seiner Herrschaft vereinigte. Auf Lugalzagesi folgte die mesopotamische Herrschaft Sargons unter Einbeziehung der sumerischen Stadtstaaten und die semitische zentralisierende Staatenbildung der Akkadzeit (2340-2172/66 v.Chr.), die unter König Naramsin ihren politisch-militärischen Höhepunkt erreichte. Das Ende Akkadzeit markierte die Herrschaft der Gutäer (2210-2110 v.Chr.), die wiederum durch Utuhengal von Uruk beendet wurde; es beginnt die Ur III-Zeit (2110-2003 v.Chr.) unter den Herrschern Urnammu, Schulgi, Amarsin, Schusin und Ibbisin sowie in Lagasch u.a. unter Gudea. Die Einnahme und Zerstörung Urs durch Elamiter leitete dann zur Isin- (Ischbi-Erra; 2019-1933 v.Chr.), Larsa- (1933-1763 v.Chr.) und altbabylonischen Zeit (1792-1595 v.Chr.) über. Bedeutendster König dieser Epochen war Hammurabi von Babylon (Gesetzeskodex); die altbabylonische Zeit endete mit der Eroberung Babylons durch die Hethiter (1595 v.Chr.). In der nachfolgenden mittelbabylonischen Kassitenzeit (1580-1155 v.Chr.) war Mesopotamien (Babylonien, Assyrien) Teil eines komplexen Staatensystems von Ägypten über Mittani bis zum Hethiterreich. Mittelassyrische (1400-1000 v.Chr.) und Isin II-Zeit (1157-1026 v.Chr.) stehen für den Aufstieg Assyriens unter den Königen Assuruballit, Salmanassar I. oder Tukultininurta I. bzw. für das Königtum in Isin u.a. des Nebukadnezar I. Das 1. Jahrtausend v.Chr. sah dann in der neuassyrischen Zeit (1000-609 v.Chr.) den Aufstieg Assyriens zum Großreich vom Persischen Golf bis zum Mittelmeer und nach Ägypten (Eroberungen der Könige Salmanassar III., Tiglatpilesar III., Sanherib, Sargon II., Assurbanipal; Kontrolle Babylons, Verwaltungsorganisation des Reiches). Das neuassyrische Reich ging unter im Krieg gegen das neubabylonische Reich (626-539 v.Chr.) und die Meder (612/09 v.Chr.). Die neubabylonische Dynastie u.a. unter Nebukadnezar II. steht für die spätbabylonische Zeit (Stadt Babylon mit Tempeln, Zikkurat, Euphratbrücke, Stadtmauer), die mit der Einnahme Babylons durch den Perserkönig Kyros II. ihr Ende fand (539 v.Chr.). Fortan war Mesopotamien eine Provinz im persischen Großreich (Achämenidenzeit [539-331 v.Chr.]). Kulturelle Äußerungen des Alten Orients finden sich indes noch in Hellenismus und den ersten nachchristlichen Jahrhunderten. Vgl. Jursa, Michael (2004), Die Babylonier. Geschichte, Gesellschaft, Kultur (= BSR 2349), München 2004, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 7,90; Selz, Gebhard J. (2005), Sumerer und Akkader. Geschichte, Gesellschaft, Kultur (= BSR 2374), München 2005, 126 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 7,90. [Buhlmann, 09.2004, 08.2005, 03.2014]

Francesco, Grete de (1939), Die Macht des Charlatans. Mit einem biographischen Essay von Volker Breidecker (= Die Andere Bibliothek), Berlin 2021, 455 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, € 44,-. I. (Nicht nur) die frühe Neuzeit (16.-18. Jahrhundert), Renaissance und Barockzeitalter, brachte "Wundermänner" als Alchimisten, Goldmacher, Jahrmarktsgaukler, Salbenkrämer und Schwarzkünstler als Scharlatane hervor. Scharlatane gaben vor, etwas zu wissen, was sie nicht wussten, und spiegelten Fähigkeiten vor, die sie nicht besaßen. Sie vermittelten ihrer Anhängerschaft einfache Antworten auf komplexe Probleme und setzten auf die Hoffnungen und die Verführbarkeit von Menschen. Zu nennen sind als die Wahrheit verdrehende und reduzierende Scharlatane: der u.a. in Venedig "wirkende" Goldmacher Marco Bragadino, der Pseudowissenschaftler Leonhard Thurneysser auf dem Gebiet der Alchimie; die Gaukler auf dem Jahrmarkt als Vermittler von Propaganda und Meinungsfälscher wie John Case, Johannes Andreas Eisenbarth versus die "höheren Scharlatane" wie Francesco Giuseppe Borri, insbesondere des 18. Jahrhunderts wie den Grafen von St. Germain, Michael Schüppach, James Graham, John Taylor und Cagliostro; die Scharlatane der Aufklärung und des Automatenzeitalters wie Tallinucci, Gottfried Christoph Bareis. II. Die Autorin Margarethe Weissenstein oder Grete de Francesco (*1893-†1945) war eine jüdische Schriftstellerin und Publizistin, die 1939 nach ihrer Publikation The Power of the Charlatan in den Vereinigten Staaten von Amerika bekannt wurde. De Francesco wurde vor dem Hintergrund der politischen Scharlatanerie Adolf Hitlers ein Opfer des Nationalsozialismus und überlebte das Konzentrationslager Ravensbrück nicht (1945). [III. Die Reihe der Scharlatane ließe sich für die historische Moderne (19.-21. Jahrhundert) beliebig fortsetzen, insbesondere was den politischen Bereich menschlicher Gesellschaften anbetrifft. Diesbezüglich sind die Autokraten, Diktatoren, Nationalisten und Populisten, die das 20. und 21. Jahrhundert erlebt und erlebt hat, zu nennen. Zu ihnen gesellen sich auch heute noch die "Pseudowissenschaftler" einer "modernen Alchimie".] [Buhlmann, 07.2021]

Franckhs Eisenbahnbibliothek ist eine Reihe zur Eisenbahngeschichte. Die Eisenbahn war - in Europa, in Mitteleuropa und Deutschland - ein Motor der Industrialisierung des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie revolutionierte als schienengebundenes Verkehrssystem (Fahrzeuge: Lokomotive, Triebwagen, Wagen) mit Streckennetz (Haupt-, Nebenstrecken) und Bahnanlagen (Gleise mit Unter- und Oberbau, Bahnhöfe, Stellwerke, technische Anlage) u.a. mit Hilfe abgestimmter und getakteter Fahrpläne das (Personen-, Güter-) Transportwesen.
U.a. ist in der Reihe "Franckhs Eisenbahnbibliothek" erschienen: Löttgers, Rolf (1983), Privatbahnen in Deutschland: Die Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft 1960-1969, Stuttgart 1983, 143 S., Schwarzweißabbildungen, Streckenkarten, DM 24,-, betreffend die "Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft" (DEG) als u.a. in den Jahren 1960 bis 1969 betriebsführende Gesellschaft der "Aktiengesellschaft für Verkehrswesen und Industrie" (AGVI) für die (große, kleinere) Beteiligungsbahnen (Kleinbahnen, Betriebsführungsbahnen): Moselbahn Trier-Bullay, Teutoburger Wald-Eisenbahn, Braunschweig-Schöninger Eisenbahn, Kiel-Schönberger Eisenbahn, Kiel-Segeberger Eisenbahn, Farge-Vegesacker Eisenbahn, Eisenbahn Bremen-Thedinghausen, Rinteln-Stadthagener Eisenbahn, Eisenbahn Hildesheimer-Kreis Pein, Röhrtalbahn Neheim-Hüsten-Sundern, Kleinbahn Beuel-Großenbusch, Kleinbahn Kaldenkirche-Brüggen, Kleinbahn Kassel-Naumburg, Butzbach-Licher Eisenbahn, Kleinbahn Frankfurt-Königstein, Reinheim-Reichelsheimer Eisenbahn, Jülicher Kreisbahn, Dürener Kreisbahn, Bad Eilsener Kleinbahn, Marburger Kreisbahn, Geilenkirchener Kreisbahn, Kleinbahn Gießen-Bieber, Kleinbahn Philippsheim-Binsfeld, Nassauische Kleinbahn, betrieben mit Dampf- (Elna 142, Elna 146, "David", "Goliath") und Diesellokomotiven (V 34, V 62ff, V 126; Triebwagen: VT 2, VT 31, VT 51, "Türke", "Wismarer") auf Normal-, teilweise auch auf Schmalspur (Stationen, Bahnhöfe, Gleisanlagen). [Buhlmann, 07.2020]

François, Bill (2021), Die Eloquenz der Sardine. Unglaubliche Geschichten aus der Welt der Flüsse und Meere, München 2021, 234 S., zahlreiche Schwarzweißabbildungen, Zeichnungen, € 22,-. Locker und informativ geschriebene Naturkundebücher sind selten. Das ausgerechnet ein Physiker den Spagat zwischen Wissenschaft und Unterhaltung schafft, ist erfreulich. Mit "Die Eloquenz der Sardine" ist dem dem Franzosen Bill Françoiser ein wunderbar erzähltes Buch gelungen, das man nach 230 schnell verschlungenen Seiten nur ungern aus den Händen legt. In 13 Kapiteln trägt der renommierte Hydrodynamiker viel zusammen, was Ichthyologen, Aquarianer, Angler und Historiker interessiert: Wie schaffen Fische es, im Schwarm zu kommunizieren? Wann und wo wurde das Angeln erfunden? Warum führten die Blähungen von Heringen fast zu einem Seekrieg? Wieso benutzten die Ureinwohner Australiens abgerichtete Schiffshalterfische statt Angelhaken? Spannende Fragen, die stets sachkundig und für Laien verständlich beantwortet werden, ohne auch nur in einer Zeile ihre Faszination und ihren Zauber zu verlieren. Daneben erfährt man manch andere interessante Story, wie etwa die über die unterirdischen Street-Fishing-Kids von Paris, die bei Einbruch der Dunkelheit, stets mit der Gendarmerie auf den Fersen, auf urbane Zander angeln. Wer allein unbeschwerte Unterhaltung und Informationen erwartet, wird "enttäuscht", denn Bill François weißt auch auf die Gefahren hin, die den Ozeanen und ihren Bewohnern sowie dem gesamten Blauen Planeten drehen. Klimawandel, Schifffahrt, Ölbohrungen, Schleppnetzfischerei, Verschmutzung und Lärmbelastung haben aus dem einzigen Reich der Stille ein gefährdetes Ökosystem werden, lassen, dessen Rettung auf Messerschneide steht. Ein sehr lesenswertes natur- wie auch kulturhistorisches Sachbuch, das sich wohltuend aus der Flut des heute so beliebten Genres "nature writing" abhebt. [Bötefür, 10.2023]

Frank, Beatrice (1989), Untersuchungen zum Catalogus testium veritatis des Matthias Flacius Illyricus, Diss. Tübingen 1989, 217 S. Schwarzweißabbildungen > Lateinische Literatur > F Flacius Illyricus

Franke, Thomas (1987), Studien zur Geschichte der Fuldaer Äbte im 11. und frühen 12. Jahrhundert, in: AfD 33 (1987), S.55-238 > F Fulda

Frankenreich, Großreich des europäischen Frühmittelalters: I. Antike Anfänge: Der Niederrhein war seit dem Auftreten der Römer Grenzgebiet des Imperium Romanum gegenüber den rechtsrheinischen Germanen. Diese - lose als Stämme organisiert - bildeten indes im 1. und 2. nachchristlichen Jahrhundert kaum eine Bedrohung. Erst das 3. Jahrhundert sollte u.a. den Gegensatz zwischen Römern und fränkischen Stämmen bringen. Das 3. Jahrhundert n.Chr. wird allgemein mit der Krise des Imperium Romanum verbunden. Rechtsrheinisch, im Vorfeld des Rheinlimes, bildeten sich Stammesbünde (Großstämme) heraus, die - gerade in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts - römische Grenze und gallisches Hinterland bedrohten. Einer dieser Stammesbünde waren die Franken, deren Namen wohl nach der Mitte des dritten Jahrhunderts erstmals in den römischen Quellen erscheint. Dabei wird der Begriff "Franken" sowohl als die ,Mutigen, Kühnen, Ungestümen' interpretiert als auch im Sinne von "(frank und) frei". Gerade die letzte Deutung gewinnt angesichts der Rombezogenheit der Quellen an Plausibilität: Franken sind diejenigen "(von römischer Herrschaft) freien" Germanen rechts vom Niederrhein. Ältere Stämme (gentes) sind als zu den Franken gehörig nachweisbar: Chamaven, Chattuarier, Brukterer und Amsivarier, eventuell auch Teile der Chauken und die Chatten. Im 4. Jahrhundert werden noch die Salier genannt. Diese Stämme lassen sich im rechtsrheinischen Raum lokalisieren, u.a. die Brukterer im Kölner Vorland, die Chattuarier in dem vor Xanten und an der Ruhr. Die Führung (teilweise als [Klein-] Königtum) der fränkischen (Teil-) Stämme hatte dabei die Oberschicht der principes, duces oder reges, reguli inne. Die fränkischen Invasionen fügten dem römischen Reich und der spätantiken Provinz Germania secunda zweifellos beträchtlichen Schaden zu. Doch spätestens um die Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert trat mit der Neuorganisation des Imperium Romanum im Innern und nach außen eine Beruhigung ein. Auch die fränkisch-römischen Beziehungen veränderten sich hin zu einer Symbiose zwischen dem römischen Reich und den Franken, erkennbar u.a. am Status von fränkischen Verbänden im römischen Reich als foederati. Die linksrheinischen Germanen und Barbaren wurden alsbald Träger einer gallisch-germanischen Mischzivilisation des 4. und beginnenden 5. Jahrhunderts, die auch das rechtsrheinische Gebiet beeinflusste. Es entstand - auch auf Grundlage der rhein-wesergermanischen Kultur der frühen Kaiserzeit - eine über die Reichsgrenzen hinausgreifende Kultur, die wesentlich von der fränkischen Oberschicht und ihren kriegerischen Gefolgschaften abhing. Das 5. Jahrhundert ist für die weitere Entwicklung am Niederrhein entscheidend. Die römische Herrschaft wurde abgelöst durch die der Franken und deren "Landnahme" auf römisch-nordgallischem Gebiet (iuxta pagos vel civitates, "nach Gauen und Stadtbezirken"), die Franken unter der Königsdynastie der salischen Merowinger politisch geeint. Die Ethnogenese der Franken aus einem Stammesschwarm von Einzelstämmen war spätestens im 5. Jahrhundert abgeschlossen. In der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts standen salische (merowingische) Kleinkönigreiche, wie die eines Childerich von Tournai (460-482) oder Ragnachar von Cambrai neben den rheinfränkischen der Chattuarier um Xanten oder der Kölner Franken. II. Merowingisches Frankenreich: Chlodwig (482-511) folgte seinem Vater Childerich im Königtum nach. Ihm gelang es, gegen den Widerstand des römischen Romanorum rex Syagrius (486/87), der Alemannen (496/97) oder Westgoten (507) und unter Beseitigung der fränkischen Kleinkönigreiche die Franken und weite Teile Nordgalliens einschließlich großer rechtsrheinischer Gebiete unter seiner Herrschaft zu vereinigen. Bedeutsam war Chlodwigs Übertritt zum katholischen Glauben 498 (?). Private Gründe und auch das römische Umfeld, mit dem Chlodwig von jeher Kontakt hatte, begünstigten diesen Entschluss. Der Auslöser soll aber die Alemannenschlacht gewesen sein, bei der Chlodwig - so die Legende - den Übertritt zum Christentum gelobte. Das Band zwischen Franken und katholischer Kirche und damit zur römisch-senatorischen Führungsschicht in Gallien war geknüpft. Die Römer/Romanen sollten in der Verwaltung des Reiches, bei der Fortführung des römischen Staatsapparates, eine Rolle spielen. Mit Chlodwig entstand das (geeinte) fränkische Königtum der Merowinger, die bis 751 wenigstens formal herrschen sollten, und das fränkische Großreich, das in der Folgezeit fast den ganzen Raum des ehemals römischen Gallien und auch die gentes der Thüringer, Alemannen und Bayern vereinnahmte. An den Rand gedrängt wurden hingegen die fränkischen Kernräume der Spätantike und damit das Gebiet am und östlich des Niederrheins. Das Frankenreich war in all den frühmittelalterlichen Jahrhunderten, in denen es Bestand gehabt hat, als Königreich organisiert. Chlodwig, dem primus rex Francorum, gelang durch seine Großreichsbildung, ein wie auch immer geartetes germanisches (Sakral-?, Heer-?) Königtum durch die "primordiale" Tat der Landnahme und Eroberung mit den nach einem mythisch-historischen Stammvater Merowech genannten Merowingern zu verbinden; alle Merowinger waren Nachkommen Chlodwigs, mit der stirps regia merowingica, mit der merowingischen Königsfamilie (Erblichkeit des Königtums), war das fränkische Großkönigtum zunächst über Franken und Romanen, dann über weitere germanische Stämme verbunden (Frankenreich als "Vielvölkerstaat"). Ausfluss des merowingischen Großkönigtums waren auch die Teilungen des Frankenreichs unter die (gleich) erbberechtigten Söhne des verstorbenen Königs (sog. Eintrittsrecht), wobei auch die Brüder eines verstorbenen Herrschers dessen Reichsteil übernehmen konnten (sog. Anwachsungsrecht). Diese Teilungspraxis schließt nicht aus, dass auch nach politischen Gegebenheiten geteilt wurde. Die erste Reichsteilung im Frankenreich fand nach dem Tod Chlodwigs (511) zwischen dessen vier Söhnen statt, wobei im Wesentlichen aequa lance ("zu gleichen Teilen") geteilt wurde und Theuderich I. (511-533), der älteste Sohn Chlodwigs, die etwas größere portio des östlichen Reichsteils, das Gebiet der Rheinfranken, zugewiesen bekam, während die Söhne von Chlodwig mit Chrodechild sich den Rest teilten. Alle vier Reichsteile (Teilreiche) trafen in der Francia, im Seinebecken, zusammen, hier lagen die vier "Hauptstädte" Paris, Reims, Metz und Soissons, nach denen die Reichsteile üblicherweise benannt werden. Zusätzlich teilte man das gerade eroberte Aquitanien. Die Chlodwigsöhne Theuderich I. (511-533), Chlodomer (511-524), Childebert I. (511-558) und Chlothar I. (511-561) dehnten das Frankenreich durch meist gemeinsam unternommene Kriegszüge weiter aus. Einbezogen bzw. gesichert wurde gegen die Westgoten Südaquitanien (514/15, ca.526?, 532/33), es folgte die Eroberung des Thüringerreichs (531/33) hauptsächlich durch Theuderich. Die Franken wandten sich hier - begünstigt durch den Tod des Ostgotenkönigs Theoderich des Großen (493-526) und den Zerfall von dessen ausgedehntem Bündnissystem - gegen den Thüringerkönig Hermenefrid (v.510-531/33). Gegen das Reich der Burgunder gingen die Chlodomer, Childebert und Chlothar erstmals im Jahr 523 vor, die endgültige Eroberung des Burgunderreiches (532) fand im Erwerb der ostgotischen Provence (536/37) einen gewissen geografischen Abschluss. Auch nach innen wandte sich das kriegerische Geschick der Merowinger. Chlodomer hatte die Schlacht bei Vézeronne nicht überlebt (524), seine Brüder Childebert und Chlothar schalteten die drei Söhne Chlodomers aus und bemächtigten sich des Reiches des Bruders. Der Teilung des Chlodomerreiches folgte mit dem Aussterben der Merowingerkönige im öst-lichen fränkischen Herrschaftsgebiet - 555 war Theudebald (547-555), der Enkel Theuderichs I. gestorben - die "Anwachsung" dieses Reichsteils an Chlothar, der 558 zudem seinen Bruder Childebert beerbte. Damit war das Frankenreich wieder in der Hand eines Herrschers vereint, der vom Atlantik bis nach Thüringen, von der Nordsee bis ans Mittelmeer über einen Vielvölkerstaat gebot, dessen Grenzen und Einflusssphären bis zum Ende der Merowingerzeit im Wesentlichen gleich blieben. Auch Chlothar I. teilte sein Reich, auch er hatte vier Söhne, so dass die Reichsteilung von 561 an die von 511 anknüpfen konnte. Den östlichen Reimser Reichsteil wurde mit dem Königtum Sigiberts I. (561-575) verbunden, der Westen mit Paris als Vorort kam an Charibert I. (561-567), der (burgundische) Süden mit dem Vorort Orléans an Gunthramn (561-592), der Norden mit dem Vorort Soissons an den jüngsten Chlotharsohn Chilperich I. (561-584); Aquitanien, aber auch die Provence wurden geteilt. Die nach dem frühen Tod Chariberts (567) erfolgte Dreiteilung seines Reiches unter die ihn überlebenden Brüder brachte alsbald Streitigkeiten um die Erbmasse gerade zwischen Chilperich und Sigibert. Hinzu kam eine Familientragödie, da Sigibert die westgotische Brunichild (†613) geheiratet hatte und Chilperich deren Schwester Galaswintha (†570/71). Chilperich ließ jedoch seine Ehefrau auf Anstiftung seiner Konkubine Fredegund (†597) ermorden, so dass Brunichild und Fredegund von nun an in unversöhnlicher Feindschaft gegeneinander standen. Der Bruderkrieg zwischen Chilperich und Sigibert brachte Letzterem Vorteile (Schilderhebung in Vitry 575), doch wurde Sigibert ermordet und Sigiberts noch unmündiger Sohn Childebert II. (575-596) konnte auf Intervention Gunthramns das Erbe seines Vaters im Ostreich antreten. Hierbei führte die Mutter Brunichild die Regentschaft. Chilperich gelang bis zu seiner Ermordung (584) die Eroberung des gesamten Charibertreiches, danach blieben sein erst vier Monate alter Sohn Chlothar II. (584-629) und die Regentin Fredegund in ihrer Herrschaft auf Neustrien nördlich der Loire beschränkt. Der Tod Chilperichs war auch Anlass für die Erhebung Gundowalds (584/85), eines (angeblichen?) Sohnes Chlothars I., in Aquitanien und dem Charibertreich. Als Gunthramn im Jahr 592 starb, übernahm König Childebert II. auch das frankoburgundi-sche Teilreich. Der austrasische König stand immer in Abhängigkeit von seiner Mutter, und so war es nur folgerichtig, dass Brunichild nach Childeberts Tod die Regentschaft über ihre Enkel Theudebert II. (596-612) und Theuderich II. (596-613) übernahm. Nach Niederlagen gegen Chlothar II. und die Awaren wurde Austroburgund unter die Childebertsöhne geteilt (599). 600 folgte der austroburgundische Sieg über Chlothar, dessen Herrschaft auf ein Gebiet zwischen Seine und Oise reduziert wurde. Zwischen Theudebert II. in Austrien und Theuderich II. in Burgund kam es aber in den folgenden Jahren zur Entfremdung. 605 stan-den sich die Heere beider Brüder in Quierzy-sur-Oise gegenüber, doch kam es zu keiner Schlacht; 610 übervorteilte Theudebert seinen Bruder bei Gebietsverhandlungen in Selz am Oberrhein; 612 besiegte Theuderich in Schlachten bei Metz und Zülpich Theudebert und ließ ihn töten. Theuderich starb im Jahr darauf, und Brunichild machte ihren Urenkel Sigibert II. (613) zum austroburgundischen König und sich zu dessen Regentin. Doch erhob sich dagegen Widerstand in Austrien. Chlothar II. wurde herbeigerufen, Brunichild gefangen genommen, sie und ihre Urenkel mit Ausnahme eines Merowech getötet (613). Es folgte die über ein Vierteljahrhundert dauernde monarchia ("Alleinherrschaft") Chlothars II. und Dagoberts I. war die längste Periode der Reichseinheit im Merowingerreich. Chlothar trug dabei zweifellos zur Stabilisierung seiner Gesamt- und Oberherrschaft bei, als er durch sein auf einer Pariser Reichsversammlung und -synode beschlossenes Edictum Chlotharii vom Oktober 614 einen Ausgleich zwischen dem Königtum und den Großen seines Reiches schuf. Insbesondere wurde dadurch den Reichsteilen Neustrien, Austrien und Burgund mit ihren jeweiligen Gruppen von politisch Mächtigen eine gewisse Unabhängigkeit vom Königtum, gerade hinsichtlich der eigenen Hausmeier, zugestanden. 623 schuf Chlothar ein austrasisches Unterkönigreich für seinen Sohn Dagobert I. (623/29-639), in dessen Umfeld die frühen Karolinger (Arnulfinger, Pippiniden) erstmals in Erscheinung traten. Nach dem Tod seines Vaters (629) führte Dagobert die Alleinherrschaft weiter, wenn er auch für seinen Halbbruder Charibert II. (629-632) auf Drängen des Adels das Unterkönigreich Toulouse einrichten musste. Dagobert und sein fränkisches Heer erlitten allerdings bei einem Feldzug gegen das Slawenreich des Franken Samo (entstanden ca.626) bei Wogatisburg (Kaaden a.d. Eger) eine schwere Niederlage (631). Danach war es wiederum der Adel, diesmal in Austrien, der die Einsetzung von Dagoberts Sohn Sigibert (III., 633/34/39-656) als Unterkönig im Ostreich erzwang. Der allzu frühe Tod Dagoberts (639) setzte dann wieder den Mechanismus der Reichsteilung in Gang, die unmündigen Söhne Sigibert und Chlodwig II. (639-657) erhielten ihre Anteile am Reich, so dass für die Folgezeit Austrien und Neustroburgund als meist gegeneinander stehende Teilreiche entstanden. In der Folgezeit gerieten im Ringen um die Macht im Frankenreich die jungen Merowingerkönige zunehmend ins Hintertreffen. Dem Hausmeier (maior domus) als wichtigstem Amt am Königshof und in der Hofverwaltung kam dabei eine besondere Rolle zu. So versuchte der neustrische Hausmeier Erchinoald (641-658) Einfluss auf König Chlodwig II. zu gewinnen, scheiterte jedoch am Widerstand der Königin Balthild (†ca.680), der späteren Regentin für ihren Sohn Chlothar III. (657-673). Balthilds Mitregent war der Hausmeier Ebroin (658-673, 675-680), der einen burgundischen Aufstand unterdrücken konnte (660/63) und zwischenzeitlich von König Childerich II. (662-675) verbannt wurde. In Austrien gab es unterdessen den "Staatsstreich" des karolingischen Hausmeiers Grimoald (643-662), nach dessen Hinrichtung der neustrische Merowinger Childerich II. auch König in Austrien wurde, um 673 nach dem Tod seines Bruders Chlothars III. für wenige Jahre die Alleinherrschaft zu übernehmen. Childerich war vielleicht der letzte Merowinger, der (in beschränktem Ausmaß) eine eigenständige Politik betrieben hat. Er und seine schwangere Ehefrau und Cousine Bilichild wurden jedoch 675 ermordet. Ebroin installierte daraufhin einen angeblichen Sohn Chlothars III., den "falschen" Chlodwig ([III.], 675/76) und vermochte wieder Hausmeier zu werden. Er bemächtigte sich des Merowingerkönigs Theuderich III. (673-690/91) und setzte sich gegen den burgundischen Bischof Leodegar von Autun (662-677) durch, den er hinrichten ließ. Schließlich fiel er selbst einem Mordanschlag eines neustrischen Großen zum Opfer (680). Die Merowingerkönige waren nunmehr - so überliefern es zumindest die Geschichtsquellen - zu "Schattenkönigen" geworden, die von neustrischen oder austrasischen Adelsgruppen instrumentalisiert wurden. Gerade die Adelskämpfe der ausgehenden Merowingerzeit offenbaren die Epoche mentalitätsgeschichtlich als ein "barbarisches Zeitalter". III. Karolingisches Frankenreich: Nach dem "Staatsstreich" Grimoalds hatte es der Arnulfinger Pippin der Mittlere (687-714) zunächst schwer, sich in Austrien zu behaupten, wenn auch die Arnulfinger-Karolinger über eine hervorragende Machtbasis in Form von Großgrundbesitz (Ardennen, mittlerer Maasraum) und Klöstern (Nivelles, Stablo-Malmedy) besaßen. Bei den Kämpfen gegen den neustrischen Hausmeier Ebroin (675-679) zog Pippin den Kürzeren, erlangte jedoch nach Ebroins Ermordung (680) die Anerkennung seiner austrasischen Machtstellung durch den neustrischen Hausmeier Waratto (680-686). Nach der neustrischen Niederlage in der Schlacht bei Tertry (687) war Pippin der Herrscher über das Gesamtreich. Der princeps Francorum und in dessen Nachfolge sein Sohn Karl Martell (714-741) besaßen von nun an die politische Führung, hatten eine königsgleiche Macht, die es ermöglichte, die merowingischen "Schattenkönige" nach Belieben (?) einzusetzen, wenn auch Schwächen der karolingischen Herrschaft zu Beginn des 8. Jahrhun-derts und während der "Sukzessionskrise" nach dem Tod Pippins (714/18) das merowingische Königtum wieder stärker hervortreten ließen. Pippin führte während seiner Regierung Feldzüge gegen Friesen (690, 695) und Alemannen (709-712). Nach Überwindung von "Sukzessionskrise" und inneren Widerständen nahm Karl Martell als maior domus des Gesamtreiches die Außenpolitik seines Vaters wieder auf. Einer Übereinkunft mit den Aquitaniern (720) unter ihrem Herzog Eudo (714-735) folgten Feldzüge gegen Thüringen, Alemannien, Bayern und Burgund. Der Sieg in der Schlacht zwischen Tours und Poitiers (732) galt nach Aquitanien eingedrungenen Sarazenen des islamischen Omaijadenkalifats. Seit dem Tod des Merowingers Theuderich IV. (721-737) regierte Karl Martell ohne König. Vor seinem Tod (741) teilte er das Frankenreich - auch hierbei königgleich - unter seine Söhne Pippin den Jüngeren (741-768; Neustroburgund) und Karlmann (741-747; Austrien) auf. Der Hausmeier Pippin der Jüngere erlangte im Jahr 751 - unter Absetzung des letzten Merowingerkönigs Childerich III. (743-751) und mit Unterstützung der Päpste Zacharias (741-752) und Stephan III. (752-757) - das fränkische Königtum, das in der Folgezeit in den Händen der Karolinger blieb. Unter Pippin und seinem Sohn Karl den Großen (768-814) wurde das Frankenreich nochmals erweitert (Einbeziehung Aquitaniens 760-768; Eroberung des Langobardenreiches 773/74; Eroberung Sachsens 772-804; Angliederung Bayerns 788). Damit war der Rahmen für die auch unter den Karolingern vorherrschende Reichsteilungspraxis des 9. Jahrhunderts gegeben. Der "Habenseite" der Eroberungen und der karolingischen Machtausdehnung steht entgegen, dass besonders nach 800 das nun übergroße Frankenreich außenpolitisch zunehmend in die Defensive geriet. Die "Grenzen des Wachstums" waren längst überschritten, etwa hinsichtlich des byzantinischen Venedig und des Adriaraums, mit dem Auftreten der Normannen oder gegenüber der Bretagne, deren vollständige Unterwerfung mehrfach misslang (Bretonische Mark). Auch gestalteten sich die inneren Verhältnisse im Frankenreich schwieriger, geriet der Vielvölkerstaat doch - u.a. ausgelöst durch die andauernden Kriege - in eine soziale Schieflage, die die wirtschaftlich Schwächeren (pauperes) gegenüber den Mächtigen und Großen (potentes) benachteiligte. Da halfen denn auch eine zunehmende Schriftlichkeit in der Reichsverwaltung, die ausgeprägte Kapitulariengesetzgebung, die schriftliche Fixierung von Volksrechten, die Grafschaftsverfassung und das Herrschaftsinstrument der Königsboten (missi dominici) nicht viel, während die fränkische Kirche mit ihren Bistümern und Abteien verstärkt in Politik, Verwaltung und Kriegswesen integriert wurde. Das Eingreifen Karls in kirchlich-religiöse Bereiche belegt eindrucksvoll die Frankfurter Synode von 794 mit ihren Beschlüssen zu (spanischem) Adoptianismus und byzantinischem Bilderstreit (Libri Carolini); Aachen wurde zur Residenz des Herrschers, wo 816 und 817 ebenfalls Kirchenversammlungen stattfanden. Dass dabei die Herrschaft Karls nicht immer unumstritten gewesen war, beweist die gegen ihn gerichtete Adelsverschwörung des Grafen Hardrad in Ostfranken (785/86). Gegen Widerstände der byzantinischen Kaiser ließ sich Karl der Große von Papst Leo III. (795-816) in Rom zum Kaiser krönen (800) und begründete damit die Tradition des westlichen römischen Kaisertums (neu); erst Jahre später wurde ein tragfähiger Kompromiss mit dem byzantinischen Kaiser Michael I. (811-813) gefunden (Vertrag von Aachen 812). Karls einziger Nachfolger war Kaiser Ludwig der Fromme (814-840). Ludwig machte 814 seine Söhne Lothar I., Ludwig den Deutschen und Pippin I. zu Königen und wies Ludwig Bayern und Pippin Aquitanien jeweils als Unterkönigreich zu. Die von seinem Vater initiierte Reformpolititik führte Ludwig der Fromme zunächst erfolgreich weiter, jedoch sollte das dadurch gesteigerte Zusammengehen von Kirche und König-/Kaisertum letztendlich eine wesentliche Ursache für die Zergliederung des karolingischen Herrschaftsverbands und den Zerfall des karolingischen Gesamtreichs bilden. Auslöser dazu waren die vom Kaiser 817 verfügte Ordinatio imperii ("Ordnung des Reiches") als die Einheit des Frankenreichs respektierende Thronfolgeordnung, die die Söhne in unterschiedlicher Weise berücksichtigte und im Sinne einer religiös übergeordneten, gerade vom fränkischen Klerus und der "Reichseinheitspartei" propagierten Reichseinheit (unitas imperii) den ältesten Sohn Lothar, seit 817 Mitkaiser, eine Art Oberherrschaft über seine Brüder (und deren Königreiche) zugestand. Mit der Geburt eines weiteren Sohnes des Kaisers, Karl (des Kahlen), der bei der Erbfolge auch Berücksichtigung finden sollte, vertiefte sich der von Anfang bestehende Widerstand gegen die Thronfolgeordnung. Nach einer ersten Rebellion und dem Aachener Teilungsplan (831) endete ein weiterer Aufstand gegen den Vater im Jahr 833 mit der Verlassung Ludwigs des Frommen auf dem "Lügenfeld" von Colmar und der Gefangennahme des Herrschers, der erst nach einer öffentlich vollzogenen Kirchenbuße 834 Herrschaft und Kaisertum wiedererlangte. Ludwig der Deutsche agierte in den Jahren danach in seinem Unterkönigreich weit selbstständiger als vom Vater zugestanden; Pippin I. starb im Jahr 838, und sein gleichnamiger Sohn fand als Nachfolger keine Berücksichtigung. Von daher entfaltete auch der letzte von Ludwig dem Frommen beschlossene (Wormser) Teilungsplan (839) keine weitergehende Wirkung, zumal sich alle Teilungspläne der 830er-Jahre immer mehr von der Ordinatio entfernt hatten. Bei seinem Tod (840) hatte Ludwig jedenfalls weder das Ziel einer (weiter bestehenden) Reichseinheit noch überhaupt das einer geregelten Nachfolge erreicht. Im nach dem Tod des Kaisers ausbrechenden Bürgerkrieg setzten sich die jüngeren Söhne Ludwigs gegen ihren Bruder Lothar I. (840-855), dem Verfechter der Reichseinheit, durch (Schlacht bei Fontenoy 841). Der Vertrag von Verdun (843) besiegelte die Teilung des Karolingerreiches in ein West-, Mittel- und Ostreich und damit das Ende aller Reichseinheitspläne. IV. Mittelreich: Der Vertrag von Verdun (843) schuf das Mittelreich Kaiser Lothars I. von Mittelitalien nach Friesland, das immerhin große Teile des karolingischen Kernlandes an Maas und Rhein umfasste. Bis zu seinem Tod (855) hatte sich Lothar außenpolitisch mit den Normanneneinfällen nach Friesland (ab 845) und der Bekämpfung der Sarazenen in Italien zu befassen, wobei sein ältester Sohn Ludwig II. seit 844 für die italienischen Belange zuständig war und 850 auch (Mit-) Kaiser wurde. Herrschaftsmittelpunkt Lothars war hauptsächlich die Aachener Pfalz, der Kaiser stand den Frankentagen der karolingischen Könige in Meersen 847 und 851 vor, über die damit verbundene ideelle Einheit des Frankenreichs als Brüdergemeine hinaus konnte Lothar seine Vorrangstellung als Kaiser nicht zur Geltung bringen. Vor seinem Tod teilte Lothar, der zu Zeiten seines Vaters Ludwig des Frommen doch der Verfechter der Reichseinheit gewesen war, sein Reich unter seine drei Söhne Ludwig II. (855-875), Lothar II. (855-869) und Karl "von der Provence" (855-863). Letzterer entfaltete wenig politische Wirksamkeit, er starb früh, und sein burgundisches Reich wurde zwischen den überlebenden Brüdern geteilt (863). Kaiser Ludwig II. blieb in seinem politischen Handeln weitgehend auf Italien beschränkt, das nach dessen Tod (875) zum Interessengebiet der west- und ostfränkischen Herrscher wurde. Lothar II., von dessen regnum Hlotharii Lothringen seinen Namen hat, war in seine höchst politischen "Ehehändel" verstrickt. Ohne einen (legitimen) Nachfolger Lothars II. teilten sich nach dem Tod des Königs (869) seine Onkel Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle im Vertrag von Meersen das Lotharreich (870). 880 fiel im Vertrag von Ribémont ganz Lothringen an Ostfranken, hier richtete König Arnulf (887/88-899) 895 ein Unterkönigreich für seinen Sohn Zwentibold (895-900) ein. Mit dem Aussterben der ostfränkischen Karolinger (911) kam Lothringen an das Westfrankenreich, was 921 im Bonner Vertrag Bestätigung fand. 925 wurde das regnum Hlotharii als Herzogtum Teil des ostfränkisch-deutschen Reiches der ottonischen Könige und Kaiser. V. Westfrankenreich: Die lange Regierungszeit König Karls des Kahlen (840/43-877) führte auf Dauer zur Stabilisierung der karolingischen Königsherrschaft im Westfrankenreich trotz der Normanneneinfälle und gerade auch gegen den Aufstieg von Mittelgewalten westfränkischer Großer. Karl gelang die Ausschaltung seines Neffen, König Pippins II. von Aquitanien (838-852/64), wehrte westfränkische "Herrschereinladungen" ostfränkischer Karolinger ab (853/54, 858) und verfolgte umgekehrt eine aggressive Politik gegen seine königlichen Mitverwandten (Lothringen 870, Schlacht bei Andernach 876). In der Nachfolge des 875 verstorbenen Ludwigs II. von Italien sicherte sich Karl noch im selben Jahr das Kaisertum. Auf Karl folgte der einzig überlebende Sohn Ludwig der Stammler (877-879), nachdem dessen Bruder Karl das Kind, Unterkönig in Neustrien (855-866), schon früh verstorben und der Bruder Karlmann (†876) zwangsweise zum Mönch gemacht worden war. Mit Ludwig begann die Reihe der nur kurz regierenden Karolingerkönige in Westfranken, die Regierung des (ostfränkischen) Gesamtherrschers Karl III. (885-887) mit eingeschlossen. Nach Karls III. Tod (888) löste sich das karolingische Gesamtreich ein für alle Mal auf, und die "vielen kleinen Könige", die auf Karl folgten, beherrschten auch in Westfranken das politische Feld. Es waren nun nicht mehr nur Karolinger, die das Westreich regierten, mit Odo, dem Grafen von Paris und erfolgreichem Verteidiger der Stadt gegen die Normannen, kam ein Mitglied der in Neustrien so einflussreichen Robertiner-Kapetinger erstmals auf den Königsthron (888-898). Auf Odo folgten zwar wieder Karolinger als Herrscher, doch mussten sich diese im Verlauf des 10. Jahrhunderts mit immer weniger Einfluss begnügen. Unmittelbare Königsherrschaft wurde in der Francia zwischen Loire und Seine ausgeübt, während die regna Aquitanien und Burgund eigene Wege gingen. Auch der Erwerb Lothringens durch König Karl den Einfältigen (893/98-923, †929) im Jahr 911 änderte daran wenig, zumal Lothringen 925 wieder verloren ging. Ludwig IV. der Überseeische (Transmarinus, 936-954) entfaltete dann noch einmal eine eigenständige Politik mit und gegen den Robertiner Hugo den Großen (923-956) und in Anlehnung an die Ottonen, die Könige des ostfränkischen Reiches. Der Ludwigsohn Lothar (954-986) wandte sich 978 allerdings ohne greifbaren Erfolg gegen Aachen und Lothringen und den ostfränkischen Kaiser Otto II. (973-983), der kurz zuvor Lothars Bruder Karl (978-991), der vom Königtum ausgeschlossen war, zum Herzog von Lothringen gemacht hatte. Karls Sohn, Herzog Otto von Lothringen (991-1005/12) war dann der letzte Karolinger im Mannesstamm, weil Ludwig V. (986-987) in der Nachfolge seines Vaters Lothar nur kurz das Westfrankenreich regierte und selbst keinen Sohn hinterließ. In Westfranken folgten auf die Karolinger die Kapetinger als Könige, Hugo Capet (987-996), der Sohn Hugos des Großen, übernahm nach Ludwig V. die Königsherrschaft. VI. Ostfrankenreich: Das Ostfrankenreich war der politische Vorläufer des deutschen Reichs, bis 911 regiert von den (spät-) karolingischen Herrschern, den Nachkommen von König Ludwig II. dem Deutschen (840-876). Im Bruderkrieg sicherte sich Ludwig der Deutsche trotz des von Kaiser Lothar I. initiierten Stellinga-Aufstandes in Sachsen (841-843) die ostrheinischen Gebiete des Frankenreichs; durch die Reichsteilung von Verdun (843) wurden ihm aber auch die wichtigen linksrheinischen Hausgutkomplexe um Mainz, Worms und Speyer zugestanden. Erfolgreich war Ludwig der Deutsche auch bei seinen Kriegszügen im Norden und Osten seines Reiches. Hier seien die Normannenabwehr (Frieden von Paderborn 845) und die Feldzüge gegen das mährische Reich (846, 855/58) erwähnt, wobei die Mährer nach einem weiteren Feldzug (864) zumindest die fränkische Oberhoheit anerkannten. Im Innern des ostfränkischen Reiches führte u.a. die Einrichtung eigener Herrschaftsbereiche 856 und 863 zu Konflikten zwischen dem Vater und seinen Söhnen Karlmann (876-880), Ludwig III. dem Jüngeren (876-882) und Karl III. (876-888), die wiederum Rückhalt bei regionalen Adelsfamilien fanden. Der Beilegung solcher Auseinandersetzungen dienten nicht zuletzt die Teilungspläne für das ostfränkische Reich (865, 872). Ludwig dem Deutschen gelang 870 der Erwerb des östlichen Teils von Lothringen. 875 unternahm Karlmann - nach dem Tod Kaiser Ludwigs II. von Italien - einen Italienzug, musste aber vor Karl dem Kahlen zurückweichen, der an Karlmanns Stelle zum Kaiser gekrönt wurde. 876 erhielt der älteste Ludwigsohn Karlmann Bayern als Königreich, von hier aus griff er im Spätsommer 877 wieder nach Italien aus, wo er nach dem Tod Karls des Kahlen (877) als König anerkannt wurde. Eine schwere Krankheit trieb ihn indes nach Bayern zurück, und im Laufe der Jahre 878 und 879 verschlimmerte sich sein Gesundheitszustand so sehr, dass er infolge seiner Regierungsunfähigkeit Bayern an Ludwig den Jüngeren und Italien an Karl III. abtrat (879). Bei der Reichsteilung nach dem Tod seines Vaters (876) erhielt Ludwig III. der Jüngere mit Franken und Sachsen den westlichen und nördlichen Teil des Ostfrankenreichs. Auseinanderzusetzen hatte er sich zunächst mit seinem Onkel Karl den Kahlen, der versuchte in Ostfranken einzudringen, jedoch von Ludwig in der Schlacht bei Andernach (876) besiegt wurde. In der Folge erzwang Ludwig die Abtretung des Westteils Lothringens zu erzwingen (880), 879 erhielt er außerdem noch Bayern aus dem Erbteil Karlmanns. In der Normannenabwehr war Ludwig im Großen und Ganzen erfolgreich; es sei hier an seinen Sieg bei Thiméon (880) erinnert. Der jüngste Sohn Ludwigs des Deutschen, Karl III. der Dicke, erhielt bei der Reichsteilung von 876 mit Alemannien (Schwaben) den kleinsten Anteil. Ab 879 war Karl König von Italien; am 12. Februar 881 wurde er in Rom zum Kaiser gekrönt. Nach dem Tod seines Bruders Ludwigs des Jüngeren (882) trat er die Herrschaft in ganz Ostfranken an. Da bald auch in Westfranken ein regierungsfähiger Karolinger fehlte (Tod Karlmanns 884), wurde Karl zudem Herrscher im westfränkischen Königreich (885) und vereinigte - abgesehen vom niederburgundischen Herrschaftsbereich Bosos von Vienne (879-887) - das Reich Karls des Großen für kurze Zeit (885-887/88) noch einmal in einer Hand. Zunehmende außen- (Sarazenen- und Wikingereinfälle, Belagerung von Paris 885/86) und innenpolitische Schwierigkeiten schwächten - neben einer schweren Erkrankung - die Position des Kaisers zusehends. Hinzu kam das letzten Endes fehlgeschlagene Bemühen um einen legitimen Nachfolger. Karl III. wurde von (König) Arnulf von Kärnten (887-899) gestürzt (887) und starb alsbald. Arnulfs Politik konzentrierte er auf den ostfränkischen Bereich, auf die Wiedergewinnung Lothringens (891, 893) und auf die Abwehr normannischer Übergriffe, die nach dem Sieg Arnulfs bei Löwen (891) und letzten Heimsuchungen des Rheingebiets endgültig aufhörten. Kriegszüge gegen Mähren (892, 893) sollten schließlich die Oberhoheit Arnulfs über das Großmährische Reich Svatopluks (870-894) sichern helfen. In einer Reichsversammlung zu Tribur (895) fand Arnulf Unterstützung in seiner Politik sowohl bei den weltlichen Großen als auch bei den Bischöfen seines Reiches. Beschlüsse zur Frie-denswahrung zeigen jedoch die zerrütteten Zustände in Ostfranken an; die Machtfülle der großen Adelsfamilien in Sachsen, Franken und Lothringen wuchs an. Um Lothringen stärker an sein Reich zu binden, machte Arnulf seinen illegitimen Sohn Zwentibold zum König in Lothringen (895-900). Nach einem Italienzug im Jahr 894 erschien Arnulf 895/96 wiederum in Italien und wurde Ende Februar 896 in Rom zum Kaiser gekrönt. Auf den Rückweg ereilte ihn eine schwere Krankheit, die den Kaiser in den folgenden Jahren in seiner Regierungsfähigkeit immer stärker einschränkte. Nach Arnulfs Tod übernahm die Regierung für den damals unmündigen Königssohn Ludwig IV. das Kind (900-911) eine Art Regentschaftsrat aus geistlichen und weltlichen Großen. Ostfranken stand unter dem Zeichen zunehmender politischer Desintegration: Die Adelsfehde zwischen Babenbergern und Konradinern im Maingebiet (bis 906) wurde bald von der Ungarngefahr in den Schatten gestellt. Nach dem Ende des mährischen Reiches (905/06) bedrohten die Ungarn nun unmittelbar Ostfranken; 906 drangen sie nach Sachsen ein (907/10); schließlich brachte das Eingreifen des kränklichen Königs den Ostfranken nur eine weitere Niederlage ein (Lechfeldschlacht 910). Mit dem Tod Ludwigs im Jahr 911 kam die karolingische Königsdynastie im Ostfrankenreich zu ihrem Ende.
Aus der zahlreichen Literatur zur Geschichte des Frankenreichs seien vorgestellt: Bleiber, Waltraut (1988), Das Frankenreich der Merowinger, Berlin 1988 > Bleiber, Frankenreich, > M Merowinger; Buhlmann, Michael (2008), Das Frankenreich, Großmacht am Anfang des Mittelalters, Tl.1: Geschichte, Tl.2: Anhang, Tl.3: Karten (= VA 37/1-3), St. Georgen 2008, 120 S., CD-ROM, € 10,-; Busch, Jörg W. (2011), Die Herrschaften der Karolinger 714-911 (= EdG 88), München 2011 > K Karolinger; Ewig, Eugen (1988), Die Merowinger und das Frankenreich (= Urban Tb 392), Stuttgart-Berlin 1988 > M Merowinger; Hartmann, Martina (2003), Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger, Darmstadt 2003 > M Merowinger; Hartmann, Martina (2012), Die Merowinger (= BSR 2746), München 2012 > M Merowinger; Kaiser, Reinhold (1993), Das römische Erbe und das Merowingerreich (= EdG 26), München 1993 > M Merowinger; Laudage, Johannes, Hageneier, Lars, Leiverkus, Yvonne (2012), Die Zeit der Karolinger, Darmstadt 2006 > K Karolinger; Schieffer, Rudolf (1992), Die Karolinger (= Urban Tb 411), Stuttgart-Berlin 1992 > K Karolinger; Schneider, Reinhard (1982), Das Frankenreich (= OGG 5), München 1982, 196 S., DM 29,80; Scholz, Sebastian (2015), Die Merowinger (= Urban TB 748), Stuttgart 2015 > M Merowinger; Ubl, Karl (2014), Die Karolinger. Herrscher und Reich (= BSR 2828), München 2014 > K Karolinger; Zöllner, Erich (1950), Die politische Stellung der Völker im Frankenreich (= VIÖG 13), Wien 1950, 276 S., DM 5,-; Zöllner, Erich (1970), Geschichte der Franken (bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts), München 1970, VIII, 278 S., Stammtafel, Karten, DM 40,-. [Buhlmann, 04.-07.1989, 04.-07.1991, 10.1991-02.1992, 04.-07.1994, 04.2008, 10.2023]

Frankfort, Henri, Frankfort, H.A., Wilson, John A., Jacobsen, Thorkild, Frühlicht des Geistes. Wandlungen des Weltbildes im Alten Orient (= Urban Tb 9), Stuttgart 1954 > A Alter Orient

Franklin, John Hope, Moss Jr., Alfred A. (1948), Von der Sklaverei zur Freiheit. Die Geschichte der Schwarzen in den USA (= Ullstein Tb 26550 = Propyläen Tb), Berlin 1999 > S Sklaverei (Geschichte)

Franz, Eckhart G., Lux, Thomas (1974/2018), Einführung in die Archivkunde (= Einführungen), Darmstadt 92018, 209 S., € 9,90 > Kompendium Mittelalter > Archivkunde [Buhlmann, 01.2018]

Franziskus von Assisi, Gründer des Franziskanerordens, Heiliger: Vor dem Hintergrund gesellschaftlichen, sozialen und politischen Wandels im Italien des 12. und 13. Jahrhunderts wurde Giovanni Francesco Bernardone, der spätere Franziskus von Assisi, 1181/82 als Sohn des reichen Tuchhändlers Pietro Bernardone in Assisi geboren. Erziehung und Schulausbildung Giovannis (Lesen, Schreiben, Rechnen) waren auf eine kaufmännische Karriere ausgerichtet; daneben übte das adlige Rittertum Assisis einen bedeutenden Einfluss auf den jungen Mann aus. In der Schlacht von Collestrada (1202) geriet Giovanni in Gefangenschaft und wurde nach wohl einem Jahr vom Vater durch Zahlung von Lösegeld befreit. Haft und anschließende Krankheiten stellten sicher einen Wendepunkt im Leben Giovannis dar, der auf dem Weg in den Krieg des Papstanhängers Walter von Brienne gegen die Staufer eine Traumerscheinung hatte und wieder in seine Heimatstadt zurück (1205). Eine Wallfahrt nach Rom, gepaart mit einer zweiten Vision (Aufforderung Gottes, "sein Haus wieder aufzubauen") in der Kirche S. Damiano (1206), führte bei Franziskus zum vollständigen Wechsel der Lebensweise, zum Zerwürfnis mit dem Vater und zu einem asketischen Leben in der Nachfolge Jesu, in Demut und Buße (Bettelei, Unterstützung Aussätziger, Erneuerung von Kirchen in Assisi; 1206/08). Konflikte mit der städtischen Oberschicht blieben nicht aus, doch wuchs auch die Anhängerschaft des Franziskus (Bernhard von Quintavalle, Petrus Cathani), die radikale franziskanische vita apostolica verbreitete sich auch im Umfeld Assisis (Missionsreisen in die Toskana und die Mark Ancona 1208; Ausweichen ins Rietital 1209). U.a. unterstützt von Bischof Guido von Assisi, kam es im Mai 1209 zu einem Treffen mit Papst Innozenz III. (1198-1216) und zur vorläufigen Approbation der fraternitas um Franziskus. In der Folge nahm die Bewegung der fratres minores ("Minderen Brüder") einen weiteren Aufschwung in personeller und geografischer Hinsicht (Missionsreisen u.a. nach Umbrien). Kontakte zwischen Franziskus und der Adligen Klara di Favarone (1210) führten zur Entstehung der franziskanischen Frauenbewegung um Klara (1211). Franziskus war anwesend auf dem 4. Laterankonzil (1215), die Institutionalisierung seiner Gemeinschaft zu einem Mönchsorden schritt weiter voran (Ordensregel, Ordensprovinzen), begünstigt etwa durch ein Privileg Papst Honorius' III. (1216-1227) von 1218. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, in islamischen Gebieten zu predigen (1212, 1214), gelang es Franziskus, während des 5. Kreuzzugs (1217-1221) und der Belagerung des ägyptischen Damiette ein letztlich erfolgloses Religionsgespräch mit Sultan al Kamil I. (1218-1238) zu führen (1219); das Martyrium blieb ihm in diesem Zusammenhang versagt. Nach Italien zurückgekehrt, sah sich Franziskus der weiter fortschreitenden Institutionalisierung und Expansion des Ordens gegenüber (Protektor Hugolin von Ostia, Ämterwesen, Aufweichung der forma minorum und Franziskus als Vorbild). Franziskus beteiligte sich trotz seines Rückzugs aus der Ordensleitung (1220) an der Formulierung der "Nicht-bullierten Ordensregel" ("Mattenkapitel" 1221) sowie an deren (kirchenrechtlich verbindliche) Überarbeitung zur "Bullierten Regel", die vom Papst bestätigt wurde (1223; zentrale Organisationsform [Papst, Generalminister, Generalkapitel, Ordensprovinzen, Kustodien, Kleriker und Laien]). Die letzten Lebensjahre des Franziskus waren geprägt von Krankheit, von Gebet und Meditation, von Naturerkenntnis und Gottesschau; auf dem Berg La Verna kam es im Sommer 1224 zu einer weiteren Vision und zur verheimlichten Stigmatisierung. Dabei trat die Kluft zwischen dem Ordensgründer und dem Orden als Institution immer deutlicher in Erscheinung. Franziskus' Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend (fehlgeschlagene Augenoperation 1225, fehlgeschlagene medizinische Therapien, Blutsturz 1226), während der Heilige durch Visionen Heilsgewissheit erlangte (Dankesdichtungen, Sonnengesang). Über Cortona und Bagnaia, wo er sein Testament verfasste, kehrte Franziskus nach Assisi und Portiunkula zurück, wo er am 3. Oktober 1226 starb. Der Leichnam des schon am 16. Juli 1228 heilig gesprochenen Franziskus (Heiligenvita des Thomas von Celano) fand seine Ruhestätte in der Grabeskirche (Unterkirche) S. Francesco in Assisi (Translation 1230).
Als Geschichtsquelle sei verwiesen auf: Franziskus von Assisi, Sämtliche Schriften. Lateinisch/Deutsch, hg. v. Dieter Berg (2014) (= RUB 19044), Stuttgart 2014, 279 S., Zeittafel, € 9,80 > Lateinische Literatur > F Franziskanerorden, Franziskus von Assisi. Biografien zu Franziskus von Assisi sind: Feld, Helmut (1998), Franziskus von Assisi und seine Bewegung, Darmstadt 1994, XIV, 539 S., DM 64,-; Feld, Helmut (2001), Franziskus von Assisi (= BSR 2170), München 2001, 114 S., DM 14,80. [Buhlmann, 12.2014]

Franzke, Jürgen (Hg.) (2005), Rheingold. Geschichte eines Luxuszuges, Königswinter 2005 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Franzl, Johann (1986), Rudolf I. Der erste Habsburger auf dem deutschen Thron, Graz-Wien-Köln 1986 > R Rudolf I. von Habsburg

Französische Revolution (1789): I. Die Französische Revolution ist ein "Gründungsereignis" der modernen Welt des 19. bis 21. Jahrhunderts, Ausfluss der europäischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts, Indikator für den "politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel" in Europa vom Ancien Régime des "Absolutismus" zum modernen Europa, ablesbar an "neuen politischen Ausdrucksformen" (Menschen- und Bürgerrechte, Demokratie), ablesbar aber auch am Entgleisen der Revolution (Gewalt, Politik der Terreur). II. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts befand sich das Ancien Régime im französischen Königreich in einer Krise (Wirtschafts- und Finanzkrisen, soziale Unzufriedenheit, System der "Feudalität" der Grundherren, Dynamik von Wirtschaft und Kapitalismus), erkennbar u.a. - und über die Ständegrenzen (Adel, Klerus, Dritter Stand) hinweg - am wirtschaftlichen und publizistischen Gegensatz zwischen "Privilegierten und Etablierten" einerseits und den wirtschaftlich Zukurzgekommenen andererseits. Auch kulturelle Ursprünge der Französischen Revolution lassen sich nachweisen in Form von Aufklärung, Kirchenkritik, Rationalismus und Wissenschaft (politische Literatur, philosophische Texte, politische Clubs und Sozietäten [Salons, Freimaurer, Lesekabinette]). Daneben stand die Reformunfähigkeit der französische Monarchie mit ihrer monarchisch-ständischen Herrschaft gerade unter König Ludwig XVI. (1774-1793) (vergebliche Anläufe zur Reform der Steuern, Missernte von 1788 und deren Folgen, Wahlen zu den Generalständen [1789; gestuftes Wahlrecht; Pré-Revolution], Unruhen in Paris wegen der Lebensmittelkrise [1789]). III. Was folgte, waren: 1) die Einberufung der Generalstände in Versailles (Ende April 1789), deren Dritter Stand sich im Rahmen einer Verfassungsrevolution zu einer Nationalversammlung formierte (17. Juni), die wiederum Zulauf von Personen des Ersten und Zweites Standes bekam und schließlich vom Herrscher sanktioniert wurde (27. Juni); 2) die Volksrevolution (Munizipalrevolution) gerade in Paris, d.h. die Revolution auf den Straßen und Plätzen, der menu peuple ("Sturm auf die Bastille" 14. Juli, Volkserhebungen im ganzen Königreich); 3) die Grande Peur auftsändischer Bauern als antifeudale Revolution gegen Grundherrn, grundherrschaftliche Abgaben und Kapitalismus (Sommer 1789). Die drei Revolutionen sollten in der Folge zusammenspielen, wie die Abschaffung der Feudalrechte und Privilegien der ersten beiden Stände durch die Nationalversammmlung (4. August), die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in der Nationalversammlung (26. August), der erzwungene Umzug des Königs und der Umzug der Nationalversammlung nach Paris (5./6. Oktober) zeigen. Die Nationalversammlung wurde - trotz des Widerstands des Königs - zu einer gesetzgebenden Institution, die sich mit der "Rekonstruktion" Frankreichs befasste (Verstaatlichung von Kirchengütern [2. November 1789], Departementsverfassung [22. Dezember; Zentralisierung der Verwaltung] mit sich selbstverwaltenden Gemeinden, Französisch als Nationalsprache, volle Staatsbürgerschaft für Protestanten und Juden, Ablösung der Feudalleistungen durch Geldzahlungen [3. Mai 1790], Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten [Dezimalsystem], Abschaffung des Adels [19. Juni], Föderationsfest [14. Juli], Vereinheitlichung des Gerichtswesens und Abschaffung der Feudalgerichte [16. August 1790], Abschaffung von feudalen Korporationen und der Zünfte [2. März 1791], Abschaffung von Arbeitervereinigungen [14. Juni 1791]). Das Königtum wurde der neuen Verfassung einer "bürgerlich-individualistischen Gesellschaft" untergeordnet (König als Verfassungsorgan, Erblichkeit der Königswürde, Absetzbarkeit des Königs), die Verfassung selbst war Ausfluss von Beratungen innerhalb der Nationalversammlung im Herbst 1791 und wurde am 3. September verabschiedet. In den Beratungen der Nationalversammlung und zur Verfassung und im gefundenen Verfassungskompromiss gewannen politische Positionen und Parteiungen an Relevanz; politische Klubs wie die Amis de la Constitution (Jakobiner), die Aristocrates, die Constitutionells oder die Monarchiens entstanden, während noch immer die Exekutive beim König und seinen Ministern lag (Mittlerrolle des Marquis de Lafayette als Führer der Nationalgarde, des Grafen Honoré Mirabeau [1790/91]). Der König fand sich indes in der neuen Verfassung nicht wieder, die politischen Clubs gingen zunehmend gegeneinander auf Konfrontationskurs, wie die Beispiele der Jakobiner unter Maximilien de Robespierre und der volksnahen Cordeliers unter Jean-Paul Marat und Georges Danton zeigen (Politisierung der Volksrevolution). Dem "glücklichen Jahr" der Revolution (1790) folgten somit Zwiespalt und die Spaltung des Dritten Standes (Revolutionsbefürworter und -gegner, Monarchisten und Antimonarchisten [antimonarchische Kundgebung und deren blutige Niederschlagung am 17. Juli 1791]). Darüber konnte auch die beschlossene Verfassung einer parlamentarischen Monarchie nioht hinwegtäuschen, zumal der missglückte Fluchtversuch der Königsfamilie (20./21. Juni 1791) und die Annexion des päpstlichen Avignon (September 1791) außenpolitische Probleme schufen (Deklaration von Pillnitz [27. August 1791]). Die Wahl des neuen französischen Parlaments, das die Nationalversammlung ablöste, erfolgte auf der Grundlage der Verfassung, das Parlament trat am 1. Oktober 1791 in Paris erstmals zusammen. Jedoch scheiterte das Parlament weniger an den innerparlamentarischen Auseinandersetzungen zwischen den durchaus mit der Politik vertrauten Abgeordneten (Feuillants, Jakobiner, Unabhängige, "Girondisten" [links -> rechts]) als durch den Druck von außen (Volksbewegung, Pariser Commune). Zur Radikalisierung der Revolution trugen zudem innen- und außenpolitische Schwierigkeiten bei (Denunziationen, Kirchenkonflikt, Niederlagen der französischen Armee, militärischer Notstand [11. Juli 1792]). Die Pariser Commune insurrectionelle (9. August) errang durch den Sturm auf die Tuilerien (10. August) sowie die Bildung eines Generalrates als Gegenparlament und eines provisorischen Exekutivrates unter der Führung des Justizministers Danton die Macht in Frankreich, gefolgt von den Septembermorden an 1130 Gefangenen in den Pariser Gefängnissen (2./6. September). Der im September gewählte Konvent ersetzte das Parlament (Auflösung der Legislative [20. September]; Jakobiner [Montagnards], Plaine/Marais, Girondisten, Brissots [links -> rechts]). Beim Zusammentreten des Konvents stimmte dieser für die Abschaffung des Königtums und die Schaffung einer Republik (21. September; Jahr I der Republik [22. September]). Die Revolution radikalisierte sich weiter, ablesbar an den heftigen Konflikten um die Verfassung der Republik zwischen Montagnards und Cordeliers auf der einen und Girondisten auf der anderen Seite, während die Revolutionstruppen bei Valmy, in Savoyen und bei Jemappes siegten und z.B. Mainz eroberten (September/Dezember 1792). Der Prozess gegen den König endete mit der Hinrichtung des Herrschers (21. Januar 1793), die Ausweitung des revolutionären Krieges verursachte auch mächtige Verwerfungen in Frankreich selbst (gegenrevolutionärer Aufstand in der Vendée [März], Föderalistenrevolte [Juli]), während die Instrumentalisierung der Pariser Volksmassen durch Robespierre zur Einrichtung des Comité de salut public ("Wohlfahrtsausschuss") unter Danton (6. April) und letztlich zum Sturz der Girondisten führte ("Dritte Revolution", Sansculotten [April-Oktober]). Der Wohlfahrtsausschuss hatte indes zunehmend mit innen- und außenpolitischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Robespierre, der die Führung im Ausschuss übernommmen hatte (27. Juli), regierte die Republik außerhalb der Gesetze in einer "Schreckensherrschaft" (Terreur [Juli/August 1793-Juli 1794], Revolutionstribunal [9. März 1793], Gesetz gegen Verdächtige [17. September], "Revolutionsregierung" [4. Dezember], Prairialgesetz [10. Juni 1794]), der Rumpfkonvent beteiligte sich an den erforderlichen "Notstandsmaßnahmen", die Terreur wurde legalisiert und ideologisch gerechtfertigt, eine Revolutionsdiktatur (der "Tugend") unter Robespierre errichtet, der auch Weggenossen des Diktators wie Jacques-René Hébert und die Hébertisten (24. März 1794) sowie Georges Danton und die Dantonisten (5. April) zum Opfer fielen (Große Terreur [Juni/Juli]). Die Terreur endete im Wesentlichen mit dem Sturz und der Hinrichtung Robespierres und seiner Anhänger (27./28. Juli) durch die Guillotine, jenem Mordinstrument (Fallbeil), das als "Symbol der Revolution" ("Sichel der Gleichheit") (Zehn-) Tausende Revolutionsgegner und -anhänger zu Tode befördert hatte. IV. Die unmittelbaren Folgen des Revolutionsgeschehens in Paris und Frankreich ("politische Kultur der Revolution") waren: 1) die Errichtung einer neuen gesellschaftlichen Ordnung, die das Alltagsleben unmittelbar beeinflusste (Kalenderrechnung, Maße und Gewichte, Geld [Assignaten]) und demokratische Grundlagen schuf (Wahlrecht, Sektionsversammlungen, politische Öffentlichkeit, Frauenbewegung, politische Klubs, direkte Demokratie); 2) eine mit der Revolution verbunde "Medienrevolution" (Presse und Zeitungswesen, Flugblätter und Bilderbögen [Tableaux historiques de la Révolution Francaise]); 3) die Revolution als Selbstdarstellung (Feiern und Feste, Eidesleistung, Propagierung des revolutionären Wertesystems). V. Mit der Hinrichtung Robespierres mäßigte sich die Revolution, die Verfassungsordnung geriet durch die nun herrschenden Thermidorianer in ruhigere Fahrwasser, die Republik feierte außenpolitische Erfolge (Sieg bei Fleurus [26. Juni 1794], [Wieder-] Eroberung der linksrheinischen Gebiete [September/Oktober], "Weiße Terreur" gegen Jakobiner und Sansculotten [September/Oktober], Eroberung der Niederlande [Januar 1795; Batavische Republik]). Der Rückkehr der Girondisten in den Konvent (8. Dezember 1794) und der (vermeintlichen) Stärkung der Repräsentativverfassung folgten Aufstände der Sansculotten (April, Mai [Prairialaufstand] 1795) und der Royalisten (Oktober), die Abschaffung des Revolutionstribunals (31. Mai 1795) und die Errichtung eines Direktoriums (23. September/31. Oktober). Verbunden war das Jahr 1795 mit dem Aufstieg Napoleon Bonapartes als erfolgreicher General der Revolutionstruppen, der schließlich im Staatsstreich vom 18. Brumaire (9. November 1799) das Direktorium entmachtete, die Herrschaft über Frankreich übernahm und die Revolution auf diese Weise "abwickelte" ("Beendigung und Bewahrung" der Revolution [15. Dezember 1799]) (zitierte Begriffe meist aus: Thamer, Französische Revolution).
Zur Französischen Revolution s.: Flathe, Th[eodor], Prutz, Hans ([1910]), Die Französische Revolution, Essen o.J. [1997], 447 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, DM 24,80; Furet, Francois, Richet, Denis (1968), Die Französische Revolution (= BS), München [1980], 663 S., Abbildungen, DM 39,80; Thamer, Hans-Ulrich (2004), Die Französische Revolution (= BSR 2347), München 42013, 123 S., € 8,95; Voss, Jürgen (Hg.) (1983), Deutschland und die Französische Revolution (= Francia, Beih.12), München 1983, XV, 338 S., DM 98,-. [Buhlmann, 1982, 03.2017]

Französische Sprache, romanische Sprache des europäischen Mittelalters und der Neuzeit: Das Alt- und Mittelfranzösische des Mittelalters und der beginnenden frühen Neuzeit war eine stark vom Lateinischen geprägte Sprache als Teil der romanischen (italienisch-französisch-iberischen) Sprachfamilie, die im westlichen Mittelmeerraum beheimatet ist. Altfranzösisch im Sinne einer romana lingua ("romanischen Sprache") sind überlieferte Texte des 9. und 10. Jahrhunderts (Straßburger Eide [842], Eulaliasequenz [ca.881], Jonasfragment [10. Jahrhundert, 1. Hälfte], Leodegarvita [10. Jahrhundert, 2. Hälfte], Passion von Clermont-Ferrand [10. Jahrhundert, Ende]). Ausgehend von der karolingischen Renaissance Kaiser Karls des Großen (768-814), entwickelte sich das Altfranzösische durch Abkopplung vom Lateinischen (lateinisch-französischer Bilingualismus) auf der Grundlage von gallisch-galloromanischem Substrat und fränkischem Adstrat. Dabei kam dem Französischen der Ile de France als Herrschaftszentrum des französischen Königtums, dem Franzischen, alsbald eine besondere Rolle als Hochsprache zu. Im hohen Mittelalter gelangte das Normannisch-Französische nach England (normannische Eroberung von England 1066, Anglonormannisch), das Franzische verdrängte zunehmend andere nordfranzösische Dialekte (franko-normannische, franko-champagnische, franko-pikardische Literaturen; erste altfranzösische Urkunden [1197, 1204]). Mit der Einbeziehung Südfrankreichs in den Herrschaftsraum der französischen Könige setzte sich das Französische auch im Langue d'oc durch, beispielsweise unter Verdrängung des Provenzalischen. Das Altfranzösische umfasst einen Zeitraum vom 9. bis zum 14. Jahrhundert, das Mittelfranzösische vom 14. bis zum beginnenden 17. Jahrhundert, wobei das 16. Jahrhundert des Humanismus wegen Latinisierungstendenzen im Französischen nochmals eine gewisse Zäsur in der sprachlichen Entwicklung darstellt. Eine völlige typologische Umorganisierung des Französischen (Grammatik, Satzbau) hin zum Neufranzösischen fand ab dem 17. Jahrhundert statt. Im 18. Jahrhundert wurde Französisch (zeitweise) zur Sprache der Diplomatie und machte auf der Grundlage von europäischer Expansion und Globalisierung auch seinen "Export" nach Amerika (Kanada, Guyana) und (Nordwest-, Mittel-) Afrika mit. Im Rahmen der Entwicklungen der französischen Sprache ist schließlich die Vielfalt der französischen Literatur vom Mittelalter bis in die Moderne zu sehen.
Französisch als Sprache wird behandelt von: Langenscheidts Taschenwörterbuch Französisch: Französisch-Deutsch. Deutsch-Französisch, Berlin-München-Wien-Zürich 551982, 1200 S., DM 16,80; Langenscheidts Taschenwörterbuch: Französisch-Deutsch. Deutsch-Französisch, Berlin-München-Wien-Zürich-New York 2003, 1532 S., € 21,90. Französische Literatur als Teil der französischen Sprache rückt in den Mittelpunkt bei: Heitmann, Klaus (1970), Der Immoralismus-Prozeß gegen die französische Literatur im 19. Jahrhundert (= Ars poetica. Texte und Studien zur Dichtungslehre und Dichtkunst, Studien-Bd.9), Bad Homburg v.d.H.-Berlin-Zürich 1970, 347 S., DM 34,-; Littérature française, hg. v. Claude Pichois: Bd.11 (1976): Didier, Béatrice, Le XVIIIe siècle III (1778-1820), Paris 1976, 383 S., Schwarzweißtafeln, Dichterbiografien, FF N.N., Bd.13 (1979): Pichois, Claude, Le Romantisme II (1843-1869), Paris 1979, 565 S., Schwarzweißtafeln, Dichterbiografien, FF N.N.; Merlot, André (1966), Précis de'Histoire de la Littérature Francaise (du XVIe siècle à nos jours), Paderborn-München 61967, 232 S., DM 6,80; Schoell, Konrad (1970), Das französische Drama seit dem Zweiten Weltkrieg, Tl.I: Konventionelle Formen von Sartre bis Sagan (= KVR 315/16/17), Göttingen 1970, 102 S., DM 4,-; Voss, Karl (Hg.) (1956), Wege der französischen Literatur. Ein Lesebuch (= Ullstein Tb 508/09), Berlin 1956, 538 S., € 2,-. [Buhlmann, 01.2018, 05.2020, 03.2021, 11.-12.2023]

Fraschetti, Augusto (2015), Caesar. Eine Biographie (= RUB 18872), Stuttgart 2015 > C Caesar

Frase, Michael (1990), Friede und Königsherrschaft. Quellenkritik und Interpretation der Continuatio Reginonis (Studien zur ottonischen Geschichtsschreibung) (= SI 35), Frankfurt a.M.-Bern-New York-Paris 1990, VI, 353 S., € 7,19. Die lateinische Weltchronik des Prümer Abtes Regino (892-899; †915) - ab 870 aus eigener politischer Anschauung verfasst - endete mit dem Jahr 906. Die Continuatio Reginonis setzt als Fortsetzung dort an und beschreibt die Geschichte der ottonischen Herrscher im ostfränkisch-deutschen Reich zwischen 907 und 967; die Continuatio wurde vielleicht von Adalbert, dem Mönch von St. Maximin, Abt von Weißenburg und erstem Erzbischof von Magdeburg (968-981), verfasst. Äußere (Ungarneinfälle, Westfranken und Lothringen) und innere Krisen (Aufstände gegen den König, Rolle der Königsfamilie) im Ostfrankenreich des 10. Jahrhundert ließen den Verfasser die Leitthemen "Wiederherstellung von Frieden" (Friedensgedanken, "Friedenswahrung und Widerstand") und "Kontinuität innerhalb der sächisch-ottonischen Königsdynastie" in den Mittelpunkt der Continuatio stellen. Damit folgt der Autor in seinen Intentionen (Friedensordnung, heilsgeschichtliche Einordnung von Geschichte, positive Geschichtsdeutung) seinem Vorgänger Regino von Prüm; die Continuatio versteht sich daher ebenfalls als Weltchronik, hier des ottonischen Jahrhunderts. Darüber hinaus lässt sich das Geschichtswerk einbinden in das historiografische Umfeld der damaligen Zeit: Flodoard, Annalen; Gerhard, Lebensbeschreibung des Augsburger Bischofs Ulrich; Hrotsvit von Gandersheim, Gesta Oddonis; Liudprand, Antapodosis; Ruotger, Lebensbeschreibung des Kölner Erzbischofs Bruno; Widukind von Corvey, Sachsengeschichte. > Lateinische Literatur > C Continuatio Reginonis, > Lateinische Literatur > R Regino von Prüm [Buhlmann, 07.2022]

Fraser, Julius T. (1991), Die Zeit. Auf den Spuren eines vertrauten und doch fremden Phänomens (= dtv 30023), München 21992 > Z Zeit

Freeden, Max H. von (1954), Tilman Riemenschneider, Frankfurt a.M. 1954 > R Riemenschneider, Tilman

Frege, Gottlob, deutscher Mathematiker und Philosoph: Gottlob Frege (*1848-†1925), geboren in Bad Kleinen, gestorben in Wismar, war von 1874 bis 1917 Privatdozent bzw. Honorarprofessor an der Universiät Jena und forschte zu den Grundlagen der Mathematik wie mathematische Logik und Philosophie. Als Logiker ist Frege auch heut noch bedeutsam. Freges (später als inkonsistent nachgewiesener) Zahlbegriff als Aussage über Anzahlen ("Anzahl, welche einem Begriff zukommt, als Umfang des Begriffs 'gleichzahlig dem Begriff'"; Humes Prinzip), d.h. u.a.: "0 ist die Anzahl, welche dem Begriff 'sich selbst ungleich' zukommt" (steht also für den Begriff, worunter das, was immer es ist, nicht fällt); "1 ist die Anzahl, welche dem Begriffe 'gleich 0' zukommt" (was bedeutet: "1 folgt unmittelbar auf 0") usw., daraus folgend (vermöge der "analytischen und apriorischen Natur der arithmetischen Wahrheiten") die Konstruktion der natürlichen Zahlenreihe, die wiederum Voraussetzung für die Konstruktion umfassenderer Zahlenmengen ist, ist erörtert bei: Frege, Gottlob (1884), Die Grundlagen der Arithmetik (= RUB 8425), Stuttgart 2019, 160 S., € 6,80. Mit mathematischen Funktionen, Begrifflichkeiten und Bedeutungen beschäftigt sich: Frege, Gottlob (1882/1904), Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien, hg. von Günther Patzig (1962) (= VR 1144), Göttingen 41975, 106 S., DM 7,80 (mit: Funktion und Begriff [Begriffe als "spezielle Klasse von Funktionen"; Über Sinn und Bedeutung; Über Begriff und Gegenstand; Was ist eine Funktion? [über den mathematischen Funktionsbegriff]; Über die wissenschaftliche Berechtigung einer Begriffsschrift). [Buhlmann, 09.2019, 05.2021]

Freiburg, Stadt im Breisgau: I. Die berühmteste der "Zähringerstädte" ist das im Breisgau gelegene Freiburg. An ältere Siedlungen anknüpfend, entstand seit dem 11. Jahrhundert ein Gewerbe- und Handelsplatz mit einer Ministerialensiedlung (burgus), die civitas erhielt 1120 durch Konrad von Zähringen (†1152) einen Markt (forum), Ausgangspunkt für die Stadtwerdung Freiburgs, dessen Stadtrecht sich im 12./13. Jahrhundert ausformte (Freiburger Stadtrodel, ca.1218). Das Freiburger Münster wurde noch unter dem Zähringerherzog Berthold V. (1186-1218) begonnen, neben dem von Graben, Ringmauer und vier Toren umschlossenen Stadtkern bildeten sich mehrere Vorstädte aus, die noch im 13. Jahrhundert befestigt wurden. Im späteren Mittelalter entwickelte sich Freiburg zu einer Großstadt mit bis zu 9000 Einwohnern unter dem Stadtregiment von Patriziat (Ministerialität, Kaufleute) und Zünften (seit dem 14. Jahrhundert). Reichtum erlangte die Stadt durch den Schwarzwälder Silberbergbau, durch Fernhandel und Gewerbe. Stadtherren waren zunächst die Zähringer, nach ihnen die Grafen von Freiburg als Nachkommen des Grafen Egino (V.) von Urach (†1236/37) und seines Sohnes Konrad I. (1236/37-1272). Die Grafen beherrschten seit dem 13. Jahrhundert die oberrheinische Tiefebene um Freiburg und den daran anschließenden Schwarzwald. Bis 1368 übten sie die zuletzt nicht unumstrittene Stadtherrschaft über Freiburg aus, während nach dieser Zeit die Stadt Freiburg als habsburgische Territorialstadt ihrerseits ein grundherrliches Territorium mit im Schwarzwald gelegenen Dorfherrschaften sowie Vogtei und Besitz des Klosters St. Märgen erwerben konnte. Ein reichsstädtisches Zwischenspiel (1415-1425/27) hatte Freiburg noch, als der österreichische Landesherr Herzog Friedrich IV. (1406-1439) der Reichsacht verfiel, nachdem er Papst Johannes XXIII. (1410-1415) die Flucht vom Konstanzer Konzil (1414-1418) ermöglicht hatte. 1457 entstand die Freiburger Universität, 1498 fand in Freiburg ein Reichstag König Maximilians I. (1493-1519) statt. In der frühen Neuzeit blieb Freiburg habsburgisch. In Mitleidenschaft gezogen wurde der Ort im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648; französische Eroberung 1642, Rückeroberung und Schlacht bei Freiburg 1644) und wiederholt auch in den nachfolgenden Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts. Ab 1805 gehörte Freiburg zum Großherzogtum Baden, im 19. und 20. Jahrhundert machte es die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen Deutschlands mit. 1944 im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) stark durch Bombenangriffe stark zerstört (Freiburger Altstadt), ist Freiburg eine Großstadt im Bundesland Baden-Württemberg der Bundesrepublik Deutschland. II. Auf den Zähringerherzog Berthold V. zurückgehend und eine ältere Pfarrkirche (aus der Zeit Herzog Konrads) ersetzend, erhebt sich das von ca.1200 bis ins 2. Viertel des 16. Jahrhunderts erbaute Freiburger Münster noch heute über der Stadt. Das Münster gehörte zu den bedeutenden mittelalterlichen Bauwerken am Oberrhein und stellte sich zunächst dar als spätromanische Basilika mit dreischiffigem Langhaus, Querhaus und polygonalem Chorabschluss (13. Jahrhundert, 1. Viertel). Der das Mittelschiff weiterführende Westturm als gotische Einturm-Westfront (13. Jahrhundert, 2. Hälfte-14. Jahrhundert, 1. Hälfte) entspricht aus derselben Zeit der gotische Neubau des Langhauses, dem später ein ebenfalls gotischer Neubau des Chors folgte (14. Jahrhundert, Mitte-16. Jahrhundert, Anfang). Bis ins 13./14. Jahrhundert, auch ins 16. Jahrhundert gehen die Glasmalereien im Münster zurück.
Zu Freiburg s.: Geiges, Leif (1977), Geliebte alte Stadt. Bilder aus Freiburg, Freiburg i.Br. 21986, 120 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, DM 18,-; Kintscher, Konrad, Adam, Ernst, Krummer-Schroth, Ingeborg (1982), Freiburger Münster, Freiburg i.Br. 1982, 102 S., Schwarzweiß-, Farbfotos, Farbtafeln, Pläne, DM 24,80. [Buhlmann, 04.2020, 07.2021]

Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe. Reihe A: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, ist eine umfangreiche Buchreihe, die relevante, meist lateinische Geschichtsquellen aus dem Mittelalter (Geschichtsschreibung, Lebensbeschreibungen, Urkunden, Briefe, Quellen zur Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte) mit deutscher Übersetzung und Anmerkungen enthält. U.a. sind erschienen:
FSGA A 5 (1955): Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte. Tl.1: Die Reichsannalen. Einhard, Leben Karls des Großen. Zwei "Leben" Ludwigs. Nithard, Geschichten, hg. von Reinhold Rau, Darmstadt 1955, Nachdruck Berlin o.J., 484 S., DM 67,- > Lateinische Literatur > A Astronomus, E Einhard, N Nithard, R Reichsannalen, T Thegan; FSGA A 18b (2007): Quellen zur Geschichte der Welfen und die Chronik Burchards von Ursberg, hg. v. Matthias Becher (2007), Darmstadt 2007, 328 S., € 69,90 > Lateinische Literatur > A Annales Welfici, B Burchard von Ursberg, G Genealogia Welforum, H Historia Welforum; FSGA A 23 (2005): Heiligenleben zur deutsch-slawischen Geschichte. Adalbert von Prag und Otto von Bamberg, hg. v. Lorenz Weinrich (2005), Darmstadt 2005, VIII, 496 S., € 69,90 > Lateinische Literatur > B Brun von Querfurt, E Ebo von Michelsberg, H Herbord von Michelsberg, V Vita Adalberti, V Vita Ottonis; FSGA A 32 (1977): Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250, hg. v. Lorenz Weinrich, Darmstadt 1977, XXV, 550 S., DM 98,-; FSGA A 44 (2005): Aeneas Silvius de Piccolomini, Historia Austrialis. Österreichische Geschichte, hg. v. Jürgen Sarnowsky (2005), Darmstadt 2005, 544 S., € 20,- > Lateinische Literatur > P Piccolomini, Enea Silvio; FSGA A 48 (2014): Die Chronik der Polen des Magisters Vincentius, hg. v. Eduard Mühle, Darmstadt 2014, 424 S., € 49,95 > Lateinische Literatur > V Vincentius; FSGA A 49 (2017): Codex epistolaris Carolinus. Frühmittelalterliche Papstbriefe an die Karolingerherrscher, hg. v. Florian Hartmann u. Tina B. Orth-Müller, Darmstadt 2017, 440 S., € 79,95 > Lateinische Literatur > C Codex (epistolaris) Carolinus; FSGA A 50 (2017): Marsilius von Padua, Der Verteidiger des Friedens. Defensor pacis, übers. v. Horst Kusch, Darmstadt 2017, CLXI, 1177 S., € 72,- > Lateinische Literatur > M Marsilius von Padua; FSGA A 52 (2020): Flodoard von Reims, Annalen, hg. v. Günter Eichler u. Thomas Wozniak, Darmstadt 2020, 223 S., € 48,- > Lateinische Literatur > F Flodoard von Reims; FSGA A 53 (2021): Heilige Fürstinnen und Kleriker. Lebensbeschreibungen und Wunderberichte von polnischen Heiligen des Mittelalters (des 13. und 14. Jahrhunderts), hg. v. Eduard Mühle, Darmstadt 2021, 507 S., Karte, € 57,60 (mit einer Einleitung über den Heiligenkult im mittelalterlichen Polen, beginnend mit dem "Staatsheiligen" Adalbert [†997; Adalbertkult des 10.-12. Jahrhunderts, "staatstragende" Hagiografie um Adalbert], sich fortsetzend in hochmittelalterlichen Heiligenkulten um antike und "fremde" Heilige [Blasius, Florian, Burgunderkönig Sigismund, Vinzenz von Bevagna], sich unter "nationalen" Vorzeichen und unter Beeinflussung durch die Bettelorden fortsetzend in der polnischen Hagiografie im 13. und 14. Jahrhundert betreffend "einheimische" Prinzessinnen und Königswitwen sowie Geistliche und Bischöfe [nur regionale Bedeutung der Heiligenkulte]) > Lateinische Literatur > M Mors et miracula beati Verneri episcopi Plocensis, V Vita Annae ducissae Silesiae, Vita et miracula sancti Hyacinthi ordinis fratrum predicatorum, Vita sanctae Kyngae ducissae Cracoviensis, Vita sanctae Salomeae reginae Haliciensis, Vita (maior) sancti Stanislai Cracoviensis episcopi; FSGA A 56 (2022): Ausgewählte Synoden Galliens und des merowingischen Frankenreichs, hg. v. Sebastian Scholz, Darmstadt 2022, 480 S., € 76,- > Lateinische Literatur > C Concilium Agathense 506, Concilium Arausicanum 441, Concilium Arelatense II 490/502, Concilium Aurelianense 511, Concilium Aurelianense 533, Concilium Aurelianense 538, Concilium Aurelianense 541, Concilium Aurelianense 549, Concilium Cabilonense 647/53, Concilium Claremontanum 535, Concilium Clippiacense 626/27, Concilium Epaonense 517, Concilium Latunense 673/75, Concilium Lugdunense 567/70, Concilium Lugdunense 583, Concilium Matisconense 581/83, Concilium Matisconense 585, Concilium Parisiense 561/62, Concilium Parisiense 614, Concilium Turonense 567, Concilium Vasense 442. [Buhlmann, 05.1980, 12.1994, 01.2014, 01.2015, 01.2018, 06.2018, 12.2020, 06.2023, 12.2023]

Freller, Thomas (2007), Adlige auf Tour. Die Erfindung der Bildungsreise, Ostfildern 2007, 231 S., € 8,-. Fremdes stieß auch in der mittelalterlich-frühneuzeitlichen Kultur des christlichen Europa auf Interesse und Abenteuerlust. Waren es im Mittelalter noch überwiegend Pilgerreisen, so wandelten sich im Zeitalter des Humanismus und der Gegenreformation die Reisemotive in Richtung Bildung und Frömmigkeit (Bernhard von Hirschfeld 1517/18: Ägäis, Heiliges Land; Hans Johann von Hürnheim: 1569/70: Kreta, Zypern, Heiliges Land; Hans Ludwig von Lichtenstein u.a. 1586-1589: Malta, Konstantinopel, Palästina, Ägypten, Österreich, Böhmen; Karl Ferdinand von Rechberg 1587: Palästina; Georg Albrecht von Erbach 1616-1618: Frankreich, Malta, Tunis [Gefangenschaft], Italien; Friedrich Eckher von Käpfling u.a. 1625/26: Ägypten, Palästina, Syrien). Das 17./18. Jahrhundert ist die Zeit der adligen Bildungsreisen (Kavalierstour, Grand Tour) zum Erwerb eines breit gefächerten Bildungskanons ("adlige Gelehrsamkeit" [nobilitas erudita]: Zivil- [Recht, Geschichte, Genealogie, Mathematik, Architektur] und Militärwissenschaften [Militär-, Festungswesen]) in Ländern West-, Nord-, Ost- und Südeuropas (Ahasver von Lehndorff u.a. 1656-1665: Dänemark, Niederlande, England, Frankreich, Italien, Malta, Ägäis, Spanien; Christian August von Holstein-Norberg u.a. 1658-1661: Deutschland, Niederlande, Frankreich, Italien [Rom]); Ferdinand Albrecht I. von Braunschweig-Lüneburg 1658-1663: Frankreich, Italien, 1665/66: Baltikum ["Wunderbare Begebnüsse" 1678], 1683: Niederlande; Hans Adam von Schöning 1660-1664: Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, England, Ungarn; Siegfried Innocenz von Lüttichau 1671-1673: Österreich, Italien, Frankreich; Otto Friedrich von der Gröben 1673-1680: Italien, Malta, Kreta, Heiliges Land, Zypern, Ägypten, Frankreich, England, Niederlande [preußische Afrikaexpedition, Fort "Großfriedrichsburg" 1682-1684; Krieg in Griechenland 1686; "Guinesische Reise-Beschreibung" 1694]). In der Epoche des Absolutismus, in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts klang der Typus der adligen Bildungsreise aus. Stattdessen kamen - geschuldet einem neuen Bildungsideal und neuen Bildungsvoraussetzungen - neue Formen des (adligen, großbürgerlichen) Reisens auf; den (persönlich-subjektiven) Erlebnisreisen der "Galanterie" und auf der Suche nach der klassischen Antike (Karl Albrecht [Karl VII.] von Bayern 1715/16: Italien; Wilhelmine von Bayreuth u.a. 1754/55: Frankreich, Italien; Johann Hermann von Riedesel 1766/67: Italien, Malta, 1768/69: Griechenland [Athen], Konstantinopel, Ägypten ["Reise durch Sicilien und Großgriechenland" 1771]) folgten im 19. Jahrhundert - bedingt durch die gesellschaftlichen Veränderungen im Anschluss von Aufklärung und Französischer Revolution - die Reisen aus romantisch-exotischen Motiven (Lisa(beth) von der Recke 1804-1806: Italien ["Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien in den Jahren 1804 bis 1806" 1815/17; Wilhelm von Nassau 1822: Österreich, Italien; Hermann Ludwig Heinrich von Pückler Muskau [und Machbuba] 1837-1839: Algerien, Tunesien, Griechenland, Ägypten, Syrien, Konstantinopel, Ungarn). [Buhlmann, 05.2012]

Fremer, Torsten (2002), Äbtissin Theophanu und das Stift Essen. Geschichte und Individualität in ottonisch-salischer Zeit, Bottrop-Essen 2002, 198 S., € 19,-. Zu den bedeutenden Äbtissinnen der Essener und Gerresheimer Frauengemeinschaft aus dem Mittelalter gehört Theophanu (1039-1058), die Enkelin Kaiser Ottos II. (973-983). Aus dem 11. Jahrhundert ist dabei aus der Essener Frauengemeinschaft ein eindrucksvolles mittelalterliches Schriftstück im Original überliefert. Es handelt sich um das sog. Testament der Äbtissin Theophanu. Diese einzigartige Geschichtsquelle sieht Theophanu an der Spitze zweier Frauengemeinschaften, eingebunden in ein Geflecht von Kirchen und geistlichen Institutionen, in Gottesdienst und Gebetsgedenken. Leben und Testament der Theophanu geben von daher nicht zuletzt Einblick in die Geschichte der Äbtissin u.a. als Bauherrin und Stifterin und in die Geschichte der mit ihr verbundenen Frauengemeinschaften im 11. Jahrhundert. Vgl. noch: Abel, Paul (1970), Die Familie der Äbtissin Theophanu von Essen, in: MaH 23 (1970), S.143-160; Buhlmann, Michael (2007), Das Testament der Essener Äbtissin Theophanu. Hildegard von Bingen in Werden? (= BGW 6), Essen 2007; Buhlmann, Michael (2008), Die Gerresheimer Äbtissin Theophanu (= BGG 2), Essen 2008, 24 S., € 2,50; Eger, Anni (1954), Herrscherinnen über Essen: Theophanu (Regierungszeit: 1039-1056), in: MaH 7 (1954), S.50-55; Fremer, Torsten (2002), Die Essener Äbtissin Theophanu. Individualität und Selbstdarstellung im Mittelalter, in: EB 114 (2002), S.11-35. [Buhlmann, 04.2007, 09.2008, 09.2012, 06.2016]

Fremer, Torsten (2002), Die Essener Äbtissin Theophanu. Individualität und Selbstdarstellung im Mittelalter, in: EB 114 (2002), S.11-35 > F Fremer, Äbtissin Theophanu

Frenken, Ansgar (2015), Das Konstanzer Konzil, Stuttgart 2015, 309 S., € 32,99. I. Das spätmittelalterliche Konstanz war das Umfeld, als 1414 das Konzil von Konstanz zusammentrat (Generalversammlungen im Münster, Konklave im Kaufhaus [Konzilshaus]). 600 bis 700 Geistliche, darunter 300 Bischöfe, und ebenso viele weltliche Große und Gesandte berieten unter der Leitung des römisch-deutschen Königs und Kirchenvogts Sigismund (1411-1437) in Konstanz über: 1) die Einheit der Kirche (causa unionis): das Konzil beanspruchte die Entscheidung im Papstschisma (Dekret Haec sancta synodus, 6. April 1415), so dass es zum Rücktritt bzw. zur Absetzung der drei Päpste im Großen Papstschisma (1378-1417) kam und am 11. November 1417 mit Martin V. (1417-1431) ein neuer Papst gewählt wurde; 2) die Einheit im Glauben (causa fidei): das Konzil verbot und verurteilte die Lehren des Böhmen Jan Hus, der als Ketzer verbrannt wurde (6. Juli 1415); 3) die Reform der Kirche (causa reformationis) hinsichtlich Benefizienverteilung und Abgaben an die Kurie bei Forderung der periodischen Abhaltung weiterer Konzilien (Dekret Frequens, 17. Oktober 1417). Am 22. April 1418 kam die Kirchenversammlung zu ihrem Ende. Sie fand ab 1431 in der Basler Synode seine Fortsetzung. Die kirchlichen Versammlungen in Pisa, Konstanz und Basel gelten dann als Höhepunkte des (spätmittelalterlichen) Konziliarismus. II. Die heutige historisch-theologische Bewertung des Konstanzer Konzils (Constantiense) in der Kirchengeschichte dreht sich um theologisch-ekklesiologische Fragestellungen (Großes Papstschisma [1378-1417], Dekrete Haec sancta [1415], Frequens [1417], Ekklesiologie und Konziliarismus, Absetzung bzw. Rücktritte der Päpste [1415-1417], Constantiense als ökumenisches Konzil, Nachwirkungen), um Person und Lehre des Jan Hus (†1415), die Debatten zum Tyrannenmord, die causa reformationis und um das Konzil als "polyvalentes Ereignis" (symbolische Kommunikation, Kommunikation und Ideen, Konzil als politischer Kongress). [Buhlmann, 02.2015]

Frenz, Barbara (2000), Gleichheitsdenken in deutschen Städten des 12. bis 15. Jahrhunderts (= Städteforschung A 52), Köln-Weimar-Wien 2000, IX, 273 S., DM 68,-. Gleichheit wird in den Quellen (Urkunden, Stadtrechte, Eidesformeln) deutscher Städte im späteren Mittelalter formuliert u.a. mit den Begriffen "arm und reich", "glich" oder "Bürger und Gemeinde" und zielte daher nicht auf die soziale, sondern auf die rechtliche Gleichstellung der Stadtbürger, die z.B. von den städtischen Amtsträgern gleich zu behandeln waren. Gleichheit war eng verbunden mit dem politischen Interessenausgleich zwischen städtischen Gruppen wie Patriziat und Zünften. Als solches war das Gleichheitsdenken Ausfluss des städtischen Friedensgebots und diente der Herstellung eines sozial-gesellschaftlichen Konsenses innerhalb der Städte bei Steuergerechtigkeit, sozialem Wohlverhalten der Bürger untereinander auch in ihren Wirtschaftsbeziehungen, bei Genossenschaft und Konfliktschlichtung. Theoretisch fand das (mittelalterliche, städtische) Gleichheitsdenken bei Eike von Repgow (Sachsenspiegel, Gleichheit der Menschen vor Gott), Albertus Magnus (Aristoteles, Gleichheit als soziales Ordnungskonzept) und spätmittelalterlichen Gelehrten (Gleichbehandlung und Gleichstellung der Bürger in der städtischen Politik) eine Grundlage. [Buhlmann, 05.2011]

Frenz, Lothar (2003), Riesenkraken und Tigerwölfe. Auf den Spuren der Kryptozoologie (= rororo science 61625), Reinbek 2003, 252 S., Schwarzweißabbildungen, € 8,90. Die Kryptozoologie des 19. und 20. Jahrhunderts beschäftigt sich mit neu zu entdeckenden, (scheinbar?) ausgestorbenen oder legendenumwobenen Tieren. Dies gilt zunächst für das Umfeld des Menschen als Gattung homo sapiens sapiens selbst (Bigfoot, Yeti, Neandertaler, "Minnesota"-Mensch, Affenmenschenm, Tiermenschen, Waldschrate u.a.; südamerikanische Menschenaffen, Orang-Pendek), dann für scheinbar ausgestorbene, vielleicht doch noch existierende Tierarten (tasmanischer Tiger, Riesengürteltier, Riesenfaultier, Königsgepard/Onza, Dodo), für wieder- oder neu aufgefundene Tierarten (Quastenflosser, Brückenechse, Lurche, Kröten, Huia, Moa, Tiere im Urwald von Vietnam und Laos). Legendenhaft ausgeschmückt wurden schon seit jeher die Geschichten um Seeungeheuer (Nessy) und "Riesenkraken" (Riesenkalmar Architheutis, Riesenoktopus, an die Meeresküste geschwemmte Klumpen von tierischem Protein [Wale?, Haie?]). [Buhlmann, 11.2016]

Frenzel, Herbert A., Frenzel, Elisabeth (1962), Daten deutscher Dichtung. Chronologischer Abriß der deutschen Literaturgeschichte, 2 Bde., Bd.I: Von den Anfängen bis zur Romantik (= dtv 28), München 31966, DM 2,-, Bd.II: Vom Biedermeier bis zur Gegenwart (= dtv 54), München 21964, DM 2,-, zus. 766 S., enthält in chronologischer Reihung regestenartig die wichtigsten historischen Daten zu Werken und Autoren deutscher Literaturgeschichte vom Mittelalter bis zur Moderne. [Buhlmann, 03.2015]

Fressl, Johannes (1886), Die Skythen-Saken. Die Urväter der Germanen, 1886, Nachdruck Wolfenbüttel 2015, 340 S., € 19,95. Antike Historiografie und Quellen verorten Skythen (und Saken) nördlich des Schwarzen Meeres bzw. zwischen Schwarzem und Kaspischen Meer und beschreiben anschaulich die skythische Kultur, die der germanischen sehr ähnlich ist. Von daher können die zeitlich früher auftretenden Skythen [als Protoindoeuropäer] als "Urväter der Germanen" gelten. [Die Darstellung ist vor dem Hintergrund der heutigen Forschung zu den Indoeuropäern überholt.] [Buhlmann, 12.2017]

Freud, Sigmund, Erfinder der Psychoanalyse: Sigmund Freud (*1856-†1939), der jüdische Psychologe, Kulturtheoretiker und Religionskritiker, der Erfinder der Psychoanalyse, zeichnet sich - auch psychoanalytisch gesehen - aus durch Wahrheitssuche und intellektuellem Mut, durch ein besonderes Verhältnis zu seiner Mutter und zu Frauen, durch komplexe und nicht unkomplizierte Beziehungen zu Freunden, Männern und dem Vater, durch spezifische religiöse und politische Überzeugungen (historische Persönlichkeiten als Idole [Moses, Hannibal], Sozialismus, Psychoanalyse und Politik, Freud als Weltverbesserer).
Zu den Werken Sigmund Freuds s.: Freud, Sigmund (1912/13), Totem und Tabu (= Fischer Tb 6053), Frankfurt a.M. 171980, 171 S., DM 5,80; Freud, Sigmund (1921), Massenpsychologie und Ich-Analyse. Die Zukunft einer Illusion (= Fischer Tb 851), Frankfurt a.M.-Hamburg 1967, 135 S., DM 2,40; Freud, Sigmund (1940), Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten (= Fischer Tb 6083), Frankfurt a.M. 171978, 202 S., DM 4,80; Sigmund Freud, Werke im Taschenbuch: Freud, Sigmund (1917), Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Biographisches Nachwort von Peter Gay (1991) (= Fischer Tb 10432), Nachdruck Frankfurt a.M. 1996, 472 S., DM 26,90, Freud, Sigmund (1899), Die Traumdeutung. Nachwort von Hermann Beland (1991) (= Fischer Tb 10436), Nachdruck Frankfurt a.M. 1996, 663 S., DM 24,90, Freud, Sigmund (1905), Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. Einleitung von Reimut Reiche (1991) (= Fischer Tb 10440), Nachdruck Frankfurt a.M. 1996, 151 S., DM 16,90, darüber hinaus: Fromm, Erich (1981), Sigmund Freud. Seine Persönlichkeit und Wirkung (= Ullstein Materialien = Ullstein Buch 35094), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1981, 123 S., DM 5,80. [Buhlmann, 09.2016, 05.2018, 09.2021, 03.2022]

Freudenstadt, Stadt im Schwarzwald: Eine gemessen an den Entwicklungen im hohen und späten Mittelalter späte Stadtgründung stellt Freudenstadt im Nordostschwarzwald dar. Der Ort ist eine Planstadt der Spätrenaissance und des württembergischen Herzogs Friedrich I. (1593-1608). Wie bei einem Mühlebrett liegen um einen riesigen (Markt-) Platz drei Häuserreihen im Geviert, wobei die innerste Arkaden zum Platz hin erhielt. Mit dem Bau der Stadt begonnen wurde am 22. März 1599, mit dem der Kirche, die heute als Winkelhakenbau den Marktplatz an einer Ecke abschließt, am 2. Mai 1601. Damals erhielt die entstehende Stadt die Bezeichnung "Freudenstadt". Durch evangelische Zuwanderer aus habsburgischen Ländern besaß der Ort bald 2000 Einwohner. Im Freudenstadt benachbarten Christophstal gab es Bergbau und Hütten- und Hammerwerke, Christophstaler hieß die gemeinsame württembergisch-badische Silbermünze des 17. Jahrhunderts. Einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung ergab sich aus dem Ausbau Freudenstadts zu einer Festung (ca.1670). Die württembergische Oberamtsstadt wurde in der Folge immer wieder Ziel militärischer Auseinandersetzungen. Gewerbe und Handel schufen im 18. und 19. Jahrhundert einen geringen Wohlstand, doch wanderten zu dieser Zeit auch viele Freudenstädter aus, etwa Herrnhuter nach Nordamerika (1752) oder in der Massenauswanderung des Jahres 1854. Überbevölkerung und Hungersnöte gerade um die Mitte des 19. Jahrhunderts betrafen dabei die ärmeren (Schwarzwald-) Regionen sowohl in Württemberg als auch in Baden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verbesserte sich die wirtschaftliche Situation, als Freudenstadt Anschluss an den Fremdenverkehr im Schwarzwald fand. Aus dem Ort wurde eine Kurstadt, und das blieb - trotz der großen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg (1945) - bis heute so.
Zur Geschichte Freudenstadts s.: Adler, Renate Karoline u.a. (1990), Planstadt - Kurstadt - Freudenstadt. Chronik einer Tourismusstadt (1599-1999), Karlsruhe 1999, 400 S., Abbildungen, Pläne, Karten, DM 39,-. [Buhlmann, 10.2007]

Frey, Eric (2004), Schwarzbuch USA, Frankfurt a.M. 32004 > U US-amerikanische Geschichte

Frey, Linda, Frey, Marsha (1983), A Question of Empire: Leopold I and the War of Spanish Succession 1701-1705, New York 1983 > S Spanischer Erbfolgekrieg

Frey, Linda, Frey, Marsha (Hg.) (1995), The Treaties of the War of the Spanish Succession. An Historical und Critical Dictionary, Westport-London 1995 > S Spanischer Erbfolgekrieg

Freyer, Walter (1990), Tourismus. Einführung in die Fremdenverkehrsökonomie (= Lehr- und Handbücher zu Tourismus, Verkehr und Freizeit), München-Wien 51995, XVI, 456 S., grafische Darstellungen, DM 59,80. Ortsveränderungen als Ausbreitung und Migration, in Jäger- und Sammlerkulturen, bei Sesshaftigkeit zur Ausübung von Arbeit und Handel usw. hat es schon in der Altsteinzeit in menschlichen Gesellschaften und Kulturen gegeben. Reise als Selbstzweck ist demgegenüber ein relativ neues historisches Phänomen, wenn auch Wallfahrten, Pilgerreisen und (adlige) Bildungsreisen (Kavalierstouren) ins Europa des christlichen Mittelalters und der frühen Neuzeit zurückreichen und auch dem Vergnügen dienten (Grand Tour [17./18. Jahrhundert], Badereisen [18. Jahrhundert], Entdeckungsfahrten). Die Beschwerlichkeiten bei der menschlichen Ortsveränderung änderten sich im Zuge der industriellen Revolution (19./20. Jahrhundert), die schnellere Fortbewegungsmittel mit sich brachte (Dampfsschifffahrt, Eisenbahn, Autoverkehr, Flugverkehr). Für Europa, Mitteleuropa bzw. Deutschland ist ab der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Anfangsphase (1850-1914) des modernen Tourismus (als bürgerliches Reisen) festzumachen (1. Pauschalreise des englischen Reiseveranstalters Thomas Cook 1841, Gründung des Norddeutschen Lloyd 1857, 1. deutsches Reisebüro [Carl Stangen] in Breslau 1863, Reisewelle statt Auswanderung ca.1900, "Sommerfrische"). Es folgten die Entwicklungsphase (1914-1945), unterbrochen von den Weltkriegen (Weimarer Republik: Urlaubsregelungen zu Gunsten der Arbeiter und Angestellten; Nationalsozialismus: "Kraft durch Freude"), und die Hochphase (ab 1945), die geprägt ist vom organisierten Tourismus ("Massentourismus"; DER 1947, Deutsche Flugdienst GmbH als 1. deutsche Charterfluggesellschaft 1955, TOUROPA 1956; Quelle-Reisen 1962, NUR 1964, TUI 1967/68 ["Kaufhaustourismus"]). Die Hochphase ist (in Mitteleuropa bzw. Deutschland) gekennzeichnet durch die "Boomfaktoren" des Reisens (Wohlstand, Urlaub und Freizeit, Motorisierung und Mobilität, Reisen als Grundbedürfnis), es liegt ein "System Fremdenverkehr" (Inlands-, Auslandsreisetätigkeit) vor, das kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten gehorcht (Tourismusangebot, technisch-organisatorischer Fortschritt, Wettbewerb und Verdrängung, Wachstum) und in den bereisten Ländern zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor wurde (ökonomisch-gesellschaftliche Bedeutung des Tourismus, Tourismuskritik). Vgl. noch: Bötefür, Markus (1999), Reiseziel ständische Integration. Biographische und autobiographische Kavalierstourberichte des 17. und 18. Jahrhunderts als Quellen der deutschen Kultur- und Mentalitätsgeschichte, Diss. Essen 1999, 96 S. [Buhlmann, 1999, 09.2019]

Frickel, Josef (1988), Das Dunkel um Hippolyt von Rom. Ein Lösungsversuch: Die Schriften Elenchos und Contra Noëtum (= Grazer Theologische Studien, Bd.13), Graz 1988 > H Hippolyt

Fried, Johannes (1982), Der karolingische Herrschaftsverband im 9. Jahrhundert zwischen "Kirche" und "Königshaus", in: HZ 235 (1982), S.1-43 > K Karolinger

Fried, Johannes (1984), Die Wirtschaftspolitik Friedrich Barbarossas in Deutschland, in: BlldtLG 120 (1984), S.195-239 > F Friedrich I. Barbarossa

Fried, Johannes (2001), Papst Leo III. besucht Karl den Großen in Paderborn oder Einhards Schweigen, in: HZ 272 (2001), S.281-326 > K Karl der Große

Fried, Johannes (2013), Karl der Große. Gewalt und Glaube. Eine Biographie, München 2013 > K Karl der Große

Fried, Johannes, Rader, Olaf B. (Hg.) (2011), Die Welt des Mittelalters. Erinnerungsorte eines Jahrtausends, München 2011, 560 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 29,80. Orte: I. Jerusalem war für das christliche Mittelalter das Zentrum der Welt, das Zentrum des Heiligen Landes (Grabeskirche) und der christlichen biblisch-neutestamentlichen Heilsgeschichte, das himmlische Jerusalem (Endzeitvorstellungen), Zielpunkt der Kreuzzüge und der Jerusalempilger, Mittelpunkt von Kartendarstellungen (mappae mundi); es stand aber ebenso im Mittelpunkt islamischer Frömmigkeit (al-Aqsa-Moschee, Felsendom), wenn auch verstärkt erst im Zusammenhang mit der aufkommenden politischen Propaganda des Dschihads im 12. Jahrhundert (Peter Thorau, Der Nabel der Welt - Jerusalem im Spannungsfeld von Christentum und Islam). II. Das mittelalterliche Burgund steht für das frühmittelalterliche Burgunderreich (ca.450-532/34), das welfische Herzogtum und Königreich Burgund (10./11. Jahrhundert) und dessen Einbeziehung in den Herrschaftsbereich des deutschen Königs (1033) sowie für den Machtbereich der spätmittelalterlichen Herzöge von Burgund zwischen Frankreich und römisch-deutschem Reich (14./15. Jahrhundert; burgundischer Hof) und den Habsburgern bzw. den französischen Königen als deren Nachfolger (1477/93) (Hermann Kamp, Burgund). III. Aachen war der Residenzort des fränkisch-karolingischen Königs und Kaisers Karl des Großen (768-814), Krönungsort der ostfränkisch-deutschen Könige (ab 936; Geschichte und Mythos, Marienkirche), "heilige Hauptstadt" des römisch-deutschen Reiches (caput et sedes regni, regia sedes, 966, 1166) nicht zuletzt auf Grund der Heiligsprechung Karls des Großen (1165; Aachener Karlsverehrung) (Max Kerner, Aachen und der Kult Karls des Großen). IV. Hagiografischer Erinnerung zufolge war das nordwestspanische Santiago de Compostela Ort des Grabes des christlichen Apostels Jakobus des Älteren ("Grabentdeckung" und Translatio 9. Jahrhundert, Anfang), wurde folglich zum Ziel von Pilgerströmen (nicht nur) im Mittelalter (Jakobuswege) und zum Erinnerungsort iberischer (Reconquista) und europäischer Bedeutung (memoria, Pilgerliteratur, Pilgerfahrten [Jakobusmuschel]) (Klaus Herbers, Santiago de Compostela). V. Die Vertreibung der aschkenasischen Juden aus deutschen (Reichs-) Städten (z.B. Regensburg 1519) im späten Mittelalter hatte auch Auswirkungen auf die Synagogen (Abriss, Zweckentfremdung) und die jüdischen Friedhöfe (Leichenfledderung, Zerstörung und Versetzung der Grabsteine [und damit Zerstörung jüdischen Andenkens]) (Alfred Haverkamp, Jüdische Friedhöfe in Aschkenas). Bauten: VI. Die römische Antike überlebte im Mittelalter auch in der Form antiker Mauern, die in mittelalterliches Mauerwerk eingebunden ("aufgehoben") waren und umgenutzt wurden (Materialentnahme, Einbauten, Vermauerung), die aber auch auf Grund ihrer guten handwerklichen Qualität (Quadersteine [lapis quadrata], Steinschnitt, Material, Metallklammern) als Antik-Fremdes (Mythos, Magie, Märchen) erkannt wurden (Arnold Esch, Antike Mauer im Mittelalter). VII. Mittelalterliche Kathedralen als Bischofs- (Dom) und Festtagskirchen verbreiteten sich wie die Architektur der Gotik ab dem 12. Jahrhundert von Frankreich aus; Kathedralen war steingewordene memoria, die im Wesentlichen, was die Architektur betrifft, unangetastet blieben (nur partielle Umgestaltungen, Bewertung der gotischen Kathedrale in früher Neuzeit und Moderne [z.B. Romantik]) (Robert Suckale, Die Kathedrale). VIII. Burgen als mittelalterliche Befestigungsanlagen und Herrschaftszentren (Herrschaftszeichen) (burg als "Berg, Anhöhe", "befestigte Anhöhe") traten ab dem hohen Mittelalter verstärkt in Erscheinung (Rittertum, Burgenregal und Landesherrschaft, incastellamento und Siedlungswandel), zeichneten sich durch besondere Bauformen und Architekturen aus (Ringwall, Motte, Steinburg [Bergfried, Donjon, Palas, Ringmauer, Eingangstor, Vorburg, Wirtschaftsgebäude; Buckelquader]) und wirkten - u.a. romantisch verklärt - noch bis in die Moderne nach (Burgen Hohenzollern, Neuschwanstein) (Olaf B. Rader, Die Burg). IX. Die römische Peterskirche des Mittelalters als fünfschiffige Basilika aus der Zeit Kaiser Konstantins (ca.320) mit einer Vielzahl von Erweiterungen war Erinnerungsort, Pilgerstätte zum Grab des Apostelfürsten Petrus, bevor sie in der Renaissance dem (ablassfinanzierten) Kuppelbau von Neu-St. Peter weichen musste, Sinnbild u.a. päpstlicher Hybris (im Zeitalter der Reformation), aber auch der architektonischen Ohnmacht bei der Erbauung dieses "Heils- und Unheilsbaus" (Kuppel, Langhaus, PLatz) (Volker Reinhardt, Auslöschung und Neuschöpfung der Erinnerungen - Sankt Peter). Bedrohungen: X. Das Weltende spielte in verschiedenen menschlichen Religionen eine Rolle; besonders aber in der christlichen Religion des Mittelalters wurde das Weltende als Ende von Zeit und Welt, als Zeit des Antichrist, der Wiederkehr Christi und des Weltgerichts auch als Bedrohung empfunden (mittelalterliche Chronistik [Beda, Otto von Freising], Fegefeuer, Theologie; Apokalypse, Jahr 1000, römisch-deutsches Reich als sacrum imperium, Joachim von Fiore [†1202], staufischer Endkaiser, Wissenschaft und Astrologie) (Christian Jostmann, Das Weltende). XI. Eine Zäsur in der europäischen Geschichte des Spätmittelalters stellt (nach der Justinianischen Pest [540/41]) zweifelsohne das Auftreten der Pest ("Schwarzer Tod") dar (Pandemie 1347/52, Endemien bis ins 18. Jahrhundert); massive Bevölkerungsverluste und gesellschaftlich-soziale Einschnitte kennzeichneten das Eindringen der Pest (Erinnerungsgeschichte der Pest [Pestsäulen, Pestheilige, Pestassoziationen usw.]) (Neithard Bulst, Die Pest). XII. Eine Bedrohung anderer Art stellten im 8. bis 11. Jahrhundert (Wikingerzeit) die skandinavischen Wikinger für die frühmittelalterlichen Reiche u.a. der Franken und Angelsachsen dar; dank ihrer Schiffe (Gokstad-Schiff, Schiffe von Roskilde) waren die Handelsunternehmungen, die Raub- und Eroberungszüge der Wikinger erfolgreich, es folgten normannische Besiedlung und Herrschaftsbildung (Daniel Föller, Die Wikinger und ihre Schiffe). XIII. In der christlichen Religion des Mittelalters symbolisierte die Tötung des Drachens den erfolgreichen Kampf von Gut gegen Böse (Drachenkämpfe des Erzengels Michael, des heiligen Georg [Freskenfolge im südböhmischen Schloss Neuhaus 1338, St. Georgsgruppe in der Stockholmer Nikolaikirche 1489], Herzog Heinrichs des Löwen [Wandmalerei in Karden 15. Jahrhundert, Ende]; Georgsorden, Drachenorden [spätes Mittelalter]) (Oliver Auge, Caroline Hoppe, Gut gegen Böse - Der Drachenkampf). Personen: XIV. Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) war ein römisch-deutscher Herrscher aus der Stauferdynastie des hohen Mittelalters und wurde nach seinem Tod auf dem Dritten Kreuzzug (1189/92) zu einer Person vielfältiger Erinnerung, die zudem mit seinem Enkel, Kaiser Friedrich II. (1198/1212-1250), verknüpft waren (Endkaiser, Antichrist), bis ab beginnendem 16. Jahrhundert Friedrich I. wieder in den Erinnerungsmittelpunkt rückte (Kyffhäusersage, deutsche Romantik, deutsches Kaiserreich [Barbarossa-Denkmal auf dem Kyffhäuser 1896], "Unternehmen Barbarossa" [1941]; Nationalmythos) (Knut Görich, Friedrich Barbarossa - Vom erlösten Kaiser zum Kaiser als nationaler Erlösergestalt). XV. Der florentinisch-toskanische Dichter Dante Alighieri (*1265-†1321) ist hauptsächlich durch seine "Göttlichen Komödie" (1307/20) bekannt, doch wurde auch der emblematische Kopf des Dichterfürsten zu einem Erinnerungsort und Symbol über Italien hinaus (italienischer, deutscher, Weltdante) bis in die Moderne (Dantedenkmäler, Übersetzungen, Musik und Film) (Johannes Helmrath, Dante). XVI. Der mittelhochdeutsche Dichter Walther von der Vogelweide (*ca.1170-†ca.1230) war ein politischer Hofdichter (deutscher Thronstreit 1198-1208), ein Mahner, ein Visionär (spätmittelalterliche Liederhandschriften), über dessen Person jenseits seiner Dichtung und seiner (vermeintlichen) Selbstaussagen kaum etwas bekannt ist, einer verstärkten (nationalen, romantischen) Rezeption Walthers seit dem 19. Jahrhundert zum Trotz (Haiko Wandhoff, Walther von der Vogelweide). XVII. Die Vitalienbrüder (Vitailleurs) störten als "Piraten" (Kaperfahrer als Fehdehelfer, Frieden von Skanör und Falsterbo 1395) den hansischen Handel im Spätmittelalter; u.a. wurde eine Gruppe dieser Piraten vor Helgoland besiegt, nach Hamburg verbracht und dort hingerichtet (1402). Dieses Ereignis war der Beginn des Mythos um den Piratenanführer (Nikolaus, Klaus) Störtebeker, dessen Person in der spätmittelalterlichen und gerade frühneuzeitlichen Überlieferung legendenhaft ausgeschmückt wurde. Trotzdem lässt sich ein historischer Störtebeker als aus Mecklenburg stammender Kaperfahrer und Fehdehelfer an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert ausmachen (1394/1400, 1405/13) (Gregor Rohmann, Klaus Störtebeker und die Vitalienbrüder). XVIII. Unterschiedliche Bewertung fand der Stauferherrscher und sizilische König Friedrich II. (1198/1212-1250) im Verlauf der der Stauferzeit nachfolgenden Jahrhunderte in Deutschland und Italien: von der Verklärung des Herrschers bis zu dessen Verdammung (Sehnsuchtskaiser, Endkaiser, Person Friedrichs als stupor mundi), im spätmittelalterlichen politischen "Tagesgeschäft" in Italien zwischen Ghibellinen und Guelfen, bei Nationenbildung Italiens im 19. Jahrhundert, als Kaiser der Kyffhäusersage in Deutschland (Olaf B. Rader, Der geteilte Kaiser - Friedrich II. in Deutschalnd und Italien). XIX. Die Verklärung des französischen Nationalheiligen Jeanne d'Arc (†1431), des Bauernmädchens (pucelle/puella), das als Visionärin den Hundertjährigen Krieg (1337-1453) zu Gunsten des französischen Königtums mitentschied (Orléans 1429, Reimser Königskrönung 1429), begann schon bald nach ihrer Verbrennung als Hexe: Heilige oder Hexe, Jungfrau von Orléans, Märtyerin und Anhängerin des Königtums, Nationalheldin (gegen Deutschland), Figur in zahlreichen Portraits in der Malerei, Denkmalfigur, literarische (Roman-) Figur, Frau des Jahrtausends, (Heribert Müller, Jeanne d'Arc). Texte: XX. Die angebliche Schenkung Roms und Westhälfte des römischen Reichs an Papst Silvester I. (314-335) durch den römischen Kaiser Kontstantin I. (306-337) nahm ihren Anfang in der Silvesterlegende und (in Zusammenhang mit den pseudoisodorischen Fälschungen) in dem Constitutum Constantini aus der Zeit vor der Mitte des 9. Jahrhunderts (verortbar im Frankenreich [Klöster St. Denis und Corbie, Äbte Hilduin und Wala?]), wurde in der Zeit des Reformpapsttums gegen das östliche Christentum (Kirchenschisma 1053/54) und das westliche Kaisertum (Investiturstreit 1075-1122) instrumentalisiert und in Form gegossen (Kirchenrecht, Decretum Gratiani), half die Herrschaft der Päpste über Rom und den Kirchenstaat zu begründen (Papst Innozenz III.; Bildinszenierungen im Lateran und in der Silvesterkapelle von Santi Quattro Coronati), war im späten Mittelalter - sofern diskutiert - ein Symbol päpstlicher "Weltmonarchie", für ein Gegeneinander von Kaisertum und Papsttum (päpstliche plenitudo potestatis; Dante, Wilhelm von Ockham; eidliche Bestätigung der Donatio durch die Kaiser Heinrich VII. und Karl IV.), wurde schließlich als Fälschung entlarvt (Basler Konzil, Nikolaus von Kues, Lorenzo Valla, Reginald Pecocke), diente in der frühen Neuzeit den Reformatoren in ihrer antipäpstlichen Propaganda und den Päpsten für deren "überkaiserlichen Anspruch" (Johannes Fried, Die konstantinische Schenkung). XXI. Die Krise des englischen Königtums unter König Johann Ohneland (1199-1216) u.a. nach dem Verlust (des Großteils) der angevinischen Festlandsbesitzungen und erhöhten Steueranforderungen von Seiten des Herrschers (bei erhöhter Effizienz der königlichen Verwaltung) führte zu dem in Runnymede am 15. Juni 1215 ausgestellten Schriftstück der Magna Charta, einem in der Form einer Königsurkunde ausgehandelten Kompromiss zwischen Krone und Baronen, der erst in der Fassung von 1225 den Bürgerkrieg im Königreich beendete (Freiheit der Kirche, politische Mitsprache der Barone bei feudalrechtlich-herrscherlichen Gewohnheiten, Gerichtsbarkeit, Freiheit des "freien Mannes") (Hanna Vollrath, Magna Charta). XXII. Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (1346-1378) von 1356 (keiserliches rechtbuch) zur deutschen Königswahl der Kurfürsten sowie die drei Ordonanzen des französischen Königs Karl V. (1364-1380) zur Sohnesnachfolge im Königtum vor dem Hintergrund englischer Thronansprüche im Hundertjährigen Krieg repräsentieren die durchaus gegensätzlichen Positionen von Wahl- und Erbkönigtum sowie konsensualer Herrschaft des deutschen Königs und sakraler Dynastie der französischen Herrscherdynastie der Kapetinger-Valois (Bernd Schneidmüller, Monarchische Ordnungen - Die Goldene Bulle von 1356 und die französischen Ordonanzen von 1374). XXIII. Die Gestaltung mittelalterlicher Handschriften durch Illustrationen (Buchmalerei) lässt sich anhand der illumimierten Grandes Chroniques de France (Darstellung der Abfolge von französischen Königen) gut beobachten; Illuminationen in Handschriften werden so zu Erinnerungsorten einer Geschichte des französischen Königtums (visualisierte Geschichtsdarstellung) (Andrea von Hülsen-Esch, Buchmalerei). Ideen: XXIV. Der "heilige Ort" dient(e) (auch) im mittelalterlichen Christentum als Verbindung der Gläubigen zu Gott, christlich-neutestamentlicher "Ortlosigkeit" zum Trotz (Heiligengräber, Kirchenbau, Heiliges Land) (Arnold Angenendt, Christliche Ortlosigkeit). XXV. Die christliche Bezeichnung "Meerstern" als Ehrentitel der Gottesmutter Maria rührt von hebräisch mir iam = stilla maris > lateinisch stella maris = "Meerstern" her (Hieronymus [*ca.347-†419/20]), verbreitete sich im frühen Mittelalter (Isidor von Sevilla [†636], Etymologien; Beda Venerabilis [†735]), wurde in der scholastischen Theologie zur Marienmetapher und blieb auch in der frühen Neuzeit im katholischen Christentum weit verbreitet (Klaus Schreiner "Meerstern ich grüße dich" - Bedeutung und Funktion eines Mariensymbols). XXVI. Die Entwicklung der Optik im europäischen Mittelalter (arabisch-islamische Einflüsse; Petrus Hispanus als Papst Johannes XXI. [1276-1277], Roger Bacon, Witelos Perspectiva, John Peckham [als sich mit theoretischer Optik befassender Gelehrtenkreis in Viterbo]) beinhaltete auch die Kenntnis des "Beryllus" ("Lesestein" als konvex geschliffener Halbedelstein, "lichter Spiegel", Vergrößerungsglas; erwähnt in: Jüngerer Titurel [ca.1270], Manessische Liederhandschrift [ca.1300]), schließlich die Erfindung der Brille wohl an einem unbekannten (italienischen?) Ort (Pisa?) um 1286 (Pisaner Dominikanermönche Alessandro della Spina, Giordano da Pisa; Herstellung von Brillenlinsen in Venedig [ca.1300], Autorisierung der Herstellung von Brillengläsern in Venedig [1301], Herstellung und Handel mit Brillen) (Oliver Jungen, Die Erfindung der Brille. Oder: Verschärfte Konkurrenz in Norditalien). XXVII. Die (geschichtliche, literarische) Figur Rolands, des "Paladins" Kaiser Karls des Großen, wurde in Mittelalter und Neuzeit in Deutschland und Frankreich (verschieden) rezipiert (Rolandslied, Rolandsstatuen, Schulbücher, [Schokoladen-] Werbung) (Bernhard Jussen, Roland). XXVIII. Die Legende um die Liebesgeschichte des christlichen Königs Alfons VIII. von Kastilien (1158-1214) und der Jüdin Fermosa von Toledo ist nicht historisch, sondern eine Erfindung des Lorenzo de Sepúlveda (1551); sie steht dennoch für das Mit- und Gegeneinander der Religionen auf mittelalterlichen iberischen Halbinsel und deren moderne Rezeption (Barbara Schlieben, Die Jüdin von Toledo). Institutionen: XXIX. Die Entstehung des Rittertums im Hochmittelalter (miles, chevalier, ritter, knight) machte die Ritter zu über ein Gewaltmonopol verfügende Krieger und zum Zentrum ritterlicher Kultur (Hof, Minne, Turnier, Literatur), verpflichtete sie auch als milites Christi zu "Ritterlichkeit" und christlichem Handeln. Die Umbrüche in Spätmittelalter und früher Neuzeit überstand das Rittertum nur bedingt (Verlust des Gewaltmonopols, reichsunmittelbare Ritterschaft), ab dem 19. Jahrhundert fand sich das Rittertum in der Rolle als wichtiger Bestandteil eines verklärt-romantischen Mittelalters (Ritterlichkeit, Burgenromantik) (Thomas Zotz, Der Ritter). XXX. Die memoriale christliche Religion der Spätantike und des Mittelalters verlangte einerseits nach dem einem Mönchtum, das die neutestamentliche Radikalität des Lebens Jesu Christi umsetzte (Mönche als "unblutige Märtyrer", geistliche Mönchsgemeinchaft statt Familie von Blutsverwandten, [sexuelle, materielle] Askese und Weltverneinung [abrennuntaitio]), andererseits griff das Mönchtum als Institution auch immer über auf die Welt (Benedikt von Nursia, Cluny, Bernhard von Clairvaux, Forderungen nach der vita perfecta von Mann und Frau) (Hubertus Lutterbach, Das Mönchtum - zwischen Weltverneinung und Weltgestaltung). XXXI. Der Aufstieg des spätantik-mittelalterlichen Papsttums fand vor dem Hintergrund von Rom als Zentrum der römischen Welt, der Apostel Petrus und Paulus als römische Märtyrer und der politischen Öffnung der römischen Bischöfe hin zum Frankenreich statt (westliches Kaisertum). Das hochmittelalterliche Reformpapsttum sah sich an der Spitze der westlichen Christenheit (Investiturstreit, Kreuzzüge, Päpste Gregor VII. [1073-1085], Innozenz III. [1198-1216] und Bonifaz VIII. [1294-1303]), Konflikte zwischen Papsttum und Kaisertum oder zwischen spätmittelalterlichen Konzilien und Päpsten mit eingeschlossen (Harald Müller, Das Papsttum). XXXII. Im Hochmittelalter enstanden in Transformation des frühmittelalterlichen Bildungssystems der artes liberales der Kloster- und Kathedralschulen die ersten Universitäten als Genossenschaft (universitas) der Lehrenden und Lernenden, als studium (generale), gegliedert nach Fächern (vier Fakultäten) und nationes, rechtlich privilegiert durch die damaligen Herrscher. Korporation, Egoismus, "nationale" oder europäische Ursprünge der Universitäten werden in den Jahrhunderten von früher Neuzeit und Moderne bis heute diskutiert (Frank Rexroth, Die Universität). XXXIII. Der gegen Ende des 12. Jahrhunderts sich ausbildende Deutsche Orden bietet eine facettenreiche Geschichte, die geografisch ein Gebiet vom Heiligen Land über Süd- und Mitteleuropa bis nach Preußen abdeckt. Goldene Bulle von Rimini (1226?) und Kruschwitzer Vertrag (1234) z.B. werfen Fragen nach der historischen Einordnung des Ordens auf, ebenso die Christianiserung Preußens durch den Orden, die Schlacht bei Tannenberg (1410; Mythos "Tannenberg"), die Marienburg als Residenz des Deutschen Ordens (1309-1466) oder die Reformation ("Staatsstreich") Preußens (1525) - Fragen, die z.B. deutsche oder polnische Historiker unterschiedlich beantworten (Arne Karsten, Der Untergang des Deutschen Ordens - Vom Erlöschen eines Erinnerungsortes). [Buhlmann, 07.2017]

Friede, Christian, Schirra-Weirich, Liane (1992), Statistische Datenanalyse SPSS/PC+ (= Standardsoftware. Eine strukturierte Einführung = rororo 8198), Reinbek 1992 > S Statistik

Friedell, Egon (1947), Kulturgeschichte Ägyptens und des Alten Orients (= dtv 10013), München 21984 > A Alter Orient

Friedell, Egon (1950), Kulturgeschichte Griechenlands (= dtv 30084), München 91999, 361 S., DM 19,90. Der Autor konzentriert sich in seiner "Kulturgeschichte Griechenlands" auf den "Ionischen Frühling" (Griechenland, Homer, Hesiod, Religion, griechische Kolonisation, Tyrannis, "Erwachen" von [Natur-] Philosophie und Naturwissenschaft [Thales, Anaximander], Architektur, Dichtung [Archilochos, Alkman, Anakreon, Sappho], Musik, Komödie, Rom, Persien und die Perserkriege) und den "Welttag Athens" (als klassisches Zeitalter Athens; Demokratie und Peleponnesischer Krieg, Theater, Tragödie und Komödie [Aischylos, Sophokles, Euripides, Aristophanes], Geschichtsschreibung [Herodot, Thukydides], Kunst [Polygnot, Phidias, Praxiteles, Apelles], Philosophie [Sophisten, Sokrates, Platon, Demokrit, Aristoteles], Mathematik und Naturwissenschaft [Eudoxos], Rhetorik, makedonische Hegemonie). [Buhlmann, 11.2022]

Friedenthal, Richard (1963), Goethe. Sein Leben und seine Zeit, Sonderausgabe, Stuttgart-Hamburg o.J. > G Goethe, Johann Wolfgang

Friedenthal, Richard (1963/82), Goethe. Sein Leben und seine Zeit (= Piper Tb 2489), München 182017 > G Goethe, Johann Wolfgang

Friedman, Thomas L. (2006), Die Welt ist flach. Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts (= st 3964), Frankfurt a.M. 22008, 765 S., € 15,-. Das letzte Jahrzehnt des 20. und das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts haben in gesellschaftlich-wirtschaftlich-politischer Hinsicht zu einer "Einebnung" der Welt hin zu einer "flachen Welt" - in Abkehr von einer Welt mit vielfach vertikalen Hierarchien - geführt. Gründe für die damit einhergehende "offenere Welt" waren das Ende des Ost-West-Gegensatzes (1989), technischer Fortschritt, Digitalisierung, Internet und Selbstinformation (1995), Outsourcing und Offshoring im Rahmen einer globalisierten Wirtschaftsordnung bei globalen Wertschöpfungsketten und Freihandel. Es kam zu einer Globalisierung des Lokalen; im globalen System der wirtschaftlichen, zukunftsorientierten Weltordnung und der Geopolitik finden sich die Vereinigten Staaten von Amerika, Entwicklungsländer und Unternehmen wieder. Dabei sollten digital-virtuelle und nichtvirtuelle Gemeinschaften wie Unternehmen oder Staaten auf politisch-demokratischen Wertvorstellungen beruhen (Institutionen, Eigentumsrechte, Rechtssicherheit, Bildung, freie Meinungsäußerung, Wissenschaft, Kunst). [Buhlmann, 12.2022]

Friedrich, Otto A. (1972), Das Deutsche Modell der Wirtschaft- und Sozialordnung. Vernunft und Solidität fortschrittlicher Politik, Köln 1972 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Friedrich, Wolf-Hartmut, Killy, Walther (Hg.) (1965), Literatur 2/1 (= FL 35/1), Frankfurt a.M. 61973 > L Literatur

Friedrich I. Barbarossa, deutscher König und Kaiser: I. Leben: Der Neffe König Konrads III. (1138-1152), zugehörig zur Dynastie der staufischen Herrscher, wurde am 20./23. Dezember 1122 geboren; der Vater war Herzog Friedrich II. von Schwaben, die Mutter die Welfin Judith. Aus den frühen Jahren Friedrichs sind lediglich bekannt: seine Teilnahme an einem Buhurt vor der Burg Wolfratshausen, die Fehde gegen Herzog Konrad von Zähringen (1122-1152) und der Überfall auf Zürich (1146), die Teilnahme am Zweiten Kreuzzug (1147-1149). Friedrich (III.) folgte 1147 seinem Vater im Herzogtum nach (1147-1152). Um diese Zeit heiratete er auch seine erste Frau Adela von Vohburg, von der er sich allerdings schon im März 1153 wieder trennte. Die zweite Ehe ging Friedrich im Juni 1156 mit Beatrix von Burgund ein. Aus dieser Ehe stammten auch die späteren Könige Heinrich VI. (1190-1197) und Philipp von Schwaben (1198-1208). Am 4. März 1152 - nach dem Tod Konrads - wurde Friedrich anscheinend ohne großen welfischen Widerstand in Frankfurt zum König gewählt und am 9. März in Aachen gekrönt. Friedrichs erste politische Maßnahmen bestanden darin, einen Ausgleich mit den Welfen, d.h. mit Heinrich dem Löwen und Welf VI., zu finden. Friedrich ließ Heinrich freie Hand in Sachsen und den angrenzenden Gebieten und schuf damit eine zwei Jahrzehnte dauernde Zusammenarbeit zwischen dem König und dem mächtigen Herzog. Letzterer konnte zudem das bayerische Herzogtum mit Einverständnis Friedrichs in Besitz nehmen (1155); der Babenberger Heinrich Jasomirgott verzichtete auf Bayern und erhielt die durch das Privilegium minus vom 17. September 1156 zum bevorrechteten Herzogtum aufgewertete Ostmark (Österreich). Der 1. Italienzug Barbarossas begann im Oktober 1154. Mailand, gegen das Lodi und Como Klage geführt hatten, verfiel der Reichsacht, das mit Mailand verbündete Tortona wurde zerstört (April 1155). Unruhen in Rom konnten von Friedrich I. beseitigt werden; der König wurde am 18. Juni 1155 von Papst Hadrian IV. (1154-1159) zum Kaiser gekrönt. Nach einem burgundischen Zwischenspiel (Heirat mit Beatrix 1156; Hoftag zu Besançon 1157) brach Friedrich im Juni 1158 zum 2. Italienzug (1158-1162) auf. Der Hoftag auf den Roncalischen Feldern (1158) formulierte die gegenüber den oberitalienischen Städten nutzbaren Regalien, deren Realisierung einen enormen fiskalischen Gewinn für den König gebracht und die Städte in ihrer Autonomie eingeschränkt hätte. Bei der Durchsetzung seiner Ansprüche stieß Barbarossa daher auf Widerstand: Crema wurde zerstört (1160), Mailand kapitulierte im März 1162, die anderen gegnerischen Städte unterwarfen sich. Parallel dazu war nach dem Tod Hadrians IV. ein Papstschisma zwischen Alexander III. (1159-1181) und Viktor (IV.) (1159-1164) entstanden; Friedrich schlug sich dabei auf die Seite Viktors, dem nach dessen Tod noch drei andere Gegenpäpste und die Würzburger Eide von 1165 folgten, so dass das Schisma erst 1177 beendet wurde. Der 4. Italienzug Friedrichs (1166-1168) hatte dann die Beseitigung ebendieses Schismas - im Sinne des Kaisers - zum Ziel. Alexander III. floh nach seiner Niederlage bei Tusculum (1167) aus Rom, der Gegenpapst Paschalis III. (1164-1168) wurde inthronisiert. Eine Seuche im Heer (Tod des Erzkanzlers Rainald von Dassel) zwang den Kaiser aber zum Rückzug aus Rom und Italien; die Lombardei, vereinigt im Lombardischen Städtebund (1167), rebellierte gegen Barbarossa. Der Kampf gegen Alexander III. war fürs Erste verloren, die Herrschaft in Italien aufs Höchste gefährdet. Die Zäsur der Jahre 1167/68 bedeutete, dass sich Friedrich zunächst wieder den deutschen Verhältnissen zuwandte. Hier konnte der Kaiser geschickt die staufische Machtposition festigen und erweitern; beim Territorialausbau und bei der Städtepolitik stützte sich Friedrich hauptsächlich auf die Ministerialen. Durch Reaktivierung lehnsrechtlicher Strukturen erzielte er auch eine gewisse Einbindung der geistlichen und weltlichen Fürsten in das staufische Herrschaftssystem. Ab 1174 war Friedrich auf seinem 5. Italienzug (1174-1178) wieder in der Lombardei. Der Vorfrieden von Montebello (17. April 1175) beendete allerdings die Kämpfe nicht, die im Oktober 1175 erneut aufflammten und Friedrich - u.a. bedingt durch die Weigerung Heinrichs des Löwen in Chiavenna, den Staufer mit Truppen zu unterstützen - in eine prekäre Situation brachten; am 29. Mai 1176 erlitt das deutsche Heer bei Legnano eine Niederlage. Im daraufhin geschlossenen Vorvertrag von Anagni (November 1176) erkannte Friedrich Alexander III. als Papst an. Am 24. Juli 1177 folgten der Frieden von Venedig und das Ende des Papstschismas sowie ein Waffenstillstand mit den lombardischen Städten, schließlich am 25. Juni 1183 der Frieden von Konstanz. Nach Deutschland über Burgund (burgundische Königskrönung, 26. Juli 1178) zurückgekehrt, entzog Friedrich - eingedenk des Zerwürfnisses von Chiavenna - Heinrich dem Löwen seine Unterstützung. Die rücksichtlose Machtpolitik des Welfen führte darüber hinaus zur Ächtung Heinrichs (Juni 1179) und zur Aberkennung der welfischen Herzogtümer Bayern und Sachsen (Januar 1180). Im November 1181 unterwarf sich Heinrich, erhielt vom Staufer seinen Allodialbesitz um Braunschweig und Lüneburg und musste sich ins Exil nach England begeben. Das bayerische Herzogtum ging an Otto I. von Wittelsbach (1180-1183), Sachsen an den Askanier Bernhard III. (1180-1212), Westfalen - zum Herzogtum erhoben - an den Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg (1167-1191) (Gelnhäuser Urkunde, 13. April 1180). Für das letzte Regierungsjahrzehnt Friedrichs seien noch das Mainzer Hoffest von 1184, die Heirat Heinrichs VI. mit Konstanze von Sizilien (1186), die Unterdrückung der von Erzbischof Philipp von Heinsberg angeführten Opposition gegen den Kaiser (März 1188) und Friedrichs Teilnahme an dem 3. Kreuzzug (1189-1192) angeführt. Dabei wurde der Kreuzzug wegen der Eroberung Jerusalems durch Saladin (1187) notwendig. Aber der Kaiser erreichte nicht mehr das Heilige Land; auf dem Zug durch Kleinasien ertrank er am 10. Juni 1190 im Fluss Saleph. Seine fleischlichen Überreste wurden in Antiochia, das Herz und die Eingeweide in Tarsus, die Gebeine in Tyros begraben. II. Hof und Herrschaft: Im Rahmen einer Reiseherrschaft (ambulante Herrschaftsausübung) besuchten König, Hof und Gefolge Pfalzen, Höfe und Städte im römisch-deutschen Reich (Unterbringung auch in Zelten, Bereitstellung von Verpflegung). Dabei wechselte die personelle Zusammensetzung des Hofes, der sich als das Königtum repräsentierendes "Machttheater", als Zentrum politischer Entscheidungen, als "Maklersitz" für Rang, Geld und Moden, als "Verbrauchs- und Vergnügungszentrum" darstellte. Der Zugang zum König war eingeschränkt, Bitten wurden durch Fürsprecher vermittelt, die Kommunikation und Interaktion am Hof berücksichtigte die Treue (fides) des Bittenden und die Ehre des Reiches (honor imperii), wie sie in den Urkunden des Herrschers entgegentreten. Der Hof als Austauschzentrum von Bildung, Wissen und Ideen vermittelte nicht nur dem König geistliche lateinische Gelehrsamkeit und volkssprachliche höfische Literatur. Friedrich Barbarossa selbst war wohl ein guter Redner in Deutsch; später sprach er auch gut in Latein. Der Herrscher formulierte gegenüber den Untergebenen scherzhaft bis pointiert, kehrte eine sprachliche Überlegenheit heraus. Dem Sprechen entsprachen auf einer anderen Ebene der Kommunikation die gezeigten oder verborgenen Emotionen des Königs, Trauer und Zorn oder Gelassenheit und Heiterkeit. Durch Hof und Herrschaft repräsentierte Friedrich nicht zuletzt den honor imperii ("Ehre des Reiches") mit Würde, Rang, Glanz und Machtentfaltung von Kaiser und Reich.
Biografien zu Friedrich I. Barbarossa sind: Görich, Knut (2011), Friedrich Barbarossa. Eine Biographie, München 2011, 782 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 29,95; Laudage, Johannes (2009), Friedrich Barbarossa (1152-1190). Eine Biographie, Regensburg 2009, 383 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Stammtafel, Karte, € 34,90; Opll, Ferdinand (1990), Friedrich Barbarossa (= GMR), Darmstadt 1990, XII, 344 S., DM 49,-. Weiter sind einschlägig: Baaken, Gerhard (1968), Die Altersnachfolge der Söhne Friedrich Barbarossas und die Königserhebung Heinrichs VI., in: DA 24 (1968), S.46-78; Fried, Johannes (1984), Die Wirtschaftspolitik Friedrich Barbarossas in Deutschland, in: BlldtLG 120 (1984), S.195-239; Görich, Knut (2001), Die Ehre Friedrich Barbarossas. Kommunikation, Konflikt und politisches Handeln im 12. Jahrhundert (= Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Darmstadt 2001, VIII, 638 S., DM 98,-; Haverkamp, Alfred (Hg.) (1992), Friedrich Barbarossa. Handlungsspielräume und Wirkungsweisen des staufischen Kaisers (= VuF 40), Sigmaringen 1992, 708 S., DM 108,-; Johanek, Peter (1978), Zur Geschichte der Reichskanzlei unter Friedrich Barbarossa, in: MIÖG 86 (1978), S.28-45; Laudage, Johannes (1997), Alexander III. und Friedrich Barbarossa (= RI, Beih.16), Köln-Weimar-Wien 1997, 324 S., DM 98,-; Opll, Ferdinand (1977), Die Winterquatember im Leben Friedrich Barbarossas, in: MIÖG 85 (1977), S.332-341; Opll, Ferdinand (1978), Das Itinerar Kaiser Friedrich Barbarossas (1152-1190) (= RI, Beih.1), Wien-Köln-Graz 1978, XLII, 253 S., DM 92,-. Zu Beatrix von Burgund (†1184), der zweiten Ehefrau Friedrich Barbarossas, vgl.: Balzersen, Ernst-Albert (1995), Eine Herrscherin im Mittelalter: Beatrix, die gekrönte Kaiserin an der Seite von Kaiser Friedrich I., Seminararbeit, Seminar "Friedrich Barbarossa" (Dipl.-Math. Michael Buhlmann, Universität Essen, Fachbereich 1, Fach Geschichte, SS 1995), 15 S. An Quellen und Regesten zu Friedrich I. Barbarossa sind schließlich zu nennen: Die Urkunden Friedrichs I., hg. v. Heinrich Appelt u.a. (1975-1990) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.10,1-5): Tl.1: 1152-1158, München 1975, XIV, 566 S., DM 190,-, Tl.2: 1158-1167, München 1979, VIII, 770 S., DM 274,-, Tl.3: 1168-1180, München 1985, VIII, 584 S., DM 240,-, Tl.4: 1181-1190, München 1990, VIII, 780 S., DM 280,-, Tl.5: Einleitung, Verzeichnisse, München 1990, 283 S., DM 120,-; Die Regesten des Kaiserreiches unter Friedrich I. 1152 (1122)-1190, bearb. v. Ferdinand Opll (1980-2001) (= RI IV,2,1-3): Tl.1: 1152 (1122)-1158, Köln-Wien 1980, XII, 182 S., DM N.N., Tl.2: 1158-1168, Köln-Wien 1991, XIV, 305 S., DM 68,-, Tl.3: 1168-1180, Wien-Köln-Weimar 2001, XV, 269 S., € 40,-; Bischof Otto von Freising und Rahewin, Die Taten Friedrichs (= Chronica) (1965/74), hg. v. Franz-Josef Schmale (= FSGA A 17), Darmstadt 21974, XI, 760 S., DM 79,-; Italienische Quellen über die Taten Kaiser Friedrichs I. in Italien und der Brief über den Kreuzzug Kaiser Friedrichs I. Ottos Morenas und seiner Fortsetzer Buch über die Taten Kaiser Friedrichs. Eines unbekannten Mailänder Bürgers Erzählung über die Unterdrückung und Unterwerfung der Lombardei. Aus Oberts Genueser Annalen. Aus der Chronik des Erzbischofs Romoald von Salerno. Brief über den Kreuzzug Kaiser Friedrichs I. (1986), übers. v. Franz-Josef Schmale (= FSGA A 17a), Darmstadt 1986, 422 S., DM 48,-. [Buhlmann, 04.-07.1995, 05.2011, 07.2013, 07.2019]

Friedrich II. (von Hohenstaufen), deutscher König und Kaiser: Der Sohn des staufischen Kaisers Heinrich VI. (1190-1197) und der Konstanze von Sizilien war am 26. Dezember 1194 auf dem Marktplatz im mittelitalienischen Jesi geboren worden. Nach dem Tod des Vaters (1197) wurde er - unter Verzicht auf das deutsche Königtum - am 17. Mai 1198 in Palermo zum König von Sizilien gekrönt. Noch im selben Jahr starb Friedrichs Mutter Konstanze, und Sizilien versank wahrend der Kämpfe zwischen päpstlichen und deutschen Truppen in Anarchie. Papst Innozenz III. (1198-1216) übte dabei über den noch unmündigen puer Apuliae ("Junge aus Apulien") Friedrich eine Vormundschaft aus, die mit der Volljährigkeit Friedrichs im Jahre 1208 endete. Die Herrschaft im sizilischen Königreich konnte der junge König schon bald stabilisieren, zumal der Vorstoß des 1210 nach Süditalien eingedrungenen Kaisers Otto IV. (1198-1215/18) durch die auf päpstliche Veranlassung durchgeführte Wahl Friedrichs zum deutschen König im Herbst 1211 abgewehrt werden konnte. Otto musste sich nach Deutschland begeben, Friedrich erreichte Konstanz ein paar Stunden vor dem Welfen. Schon bald strömten dem Staufer die Anhänger zu; am 5. Dezember 1212 ist Friedrich in Frankfurt nochmals zum deutschen König gewählt, am 9. Dezember in Mainz gekrönt worden. Die Niederlage bei Bouvines (27. Juli 1214) bedeutete dann das Ende der Machtansprüche Ottos. Friedrich ließ sich am regulären Krönungsort Aachen krönen (25. Juli 1215) und wurde nun allgemein als König anerkannt. Im April 1220 ließ er - entgegen früheren Versprechen gegenüber dem Papst - seinen Sohn Heinrich (VII.) zum deutschen König wählen; der Zustimmung der geistlichen Fürsten ging dabei die Confoederatio cum principibus ecclesiastica ("Übereinkunft mit den geistlichen Fürsten") voraus. Heinrich wurde in Deutschland zurückgelassen, während sein Vater nach Italien aufbrach. In Rom wurde Friedrich am 22. November 1220 von Papst Honorius III. (1216-1227) zum Kaiser gekrönt. Das gute Einvernehmen zwischen Papst und Kaiser zeigte sich dabei in Friedrichs Bekräftigung der staatsrechtlichen Trennung Siziliens vom Reich und der kaiserlichen Gesetzgebung gegen die Ketzer. Friedrich zog nach Sizilien weiter, wo er - beginnend mit einem in Capua verkündeten Landfrieden (Dezember 1220) - die Konsolidierung und Zentralisierung des sizilischen Königreichs vorantrieb. Das Jahr 1226 sah den Kaiser dann in Oberitalien; die Geltendmachung von Regalien führte aber zur Erneuerung des Lombardischen Bundes gegen den Herrscher. Auch das Verhältnis zwischen Honorius III. und dem Staufer hatte sich verschlechtert, zumal der Kaiser den versprochenen Kreuzzug immer wieder verschob. Als schließlich im September 1227 das Kreuzfahrerheer von Unteritalien aus aufbrach, musste der Kaiser auf Grund einer Seuche im Heer umkehren und damit den Kreuzzug abbrechen. Friedrich wurde deshalb vom neuen Papst Gregor IX. (1227-1241) gebannt, verfolgte aber auch als Gebannter das Ziel, Jerusalem für die Christenheit (und für sich) zu erwerben. So brach der Kaiser im Frühjahr 1228 über Zypern ins Heilige Land auf. Dort erreichte er vom Aijubiden-Sultan al-Kamil (1218-1238) die Abtretung Jerusalems und krönte sich am 18. März 1229 in der Grabeskirche selbst zum König. Nach seiner Rückkehr nach Süditalien vertrieb Friedrich die dort eingedrungenen päpstlichen Truppen und einigte sich im Frieden von San Germano (1230) mit Gregor IX. u.a. auf die Lösung vom Bann. Die Wiederherstellung der staufischen Herrschaft in Sizilien fand dabei in den Konstitutionen von Melfi (1231) ihren Ausdruck. Der politische Gegensatz zwischen seinem 1228 regierungsfähig gewordenen Sohn Heinrich (VII.) und den deutschen Fürsten in Deutschland machte nun das Eingreifen des Kaisers erforderlich. Im vergangenen Jahrzehnt hatte Friedrich II. nur punktuell auf sein Reich nördlich der Alpen einwirken können (Goldene Bulle von Rimini für den Deutschen Orden in Preußen, März 1226; Reichsfreiheit für Lübeck, Juni 1226). Mit dem Statutum in favorem principum ("Statut zu Gunsten der Fürsten", 1. Mai 1231, 1232) bestätigten er und sein Sohn wesentliche landeshoheitliche Rechte der Fürsten. Heinrich wollte sich mit dieser Vereinbarung nicht abfinden und rebellierte Ende 1234 offen gegen den Vater. Dieser begab sich - zum ersten Mal nach fast fünfzehn Jahren - nach Deutschland und konnte Heinrich unterwerfen und absetzen. Der Mainzer Reichslandfrieden (15. August 1235) diente der Friedenssicherung, ebenso das von Friedrich eingerichtete Hofgericht. Schließlich setzte der Kaiser die Wahl seines jüngeren Sohnes Konrad (IV.) zum König durch (Februar 1237). In Oberitalien flammten die Kämpfe gegen den Lombardischen Städtebund wieder auf. Friedrichs Sieg bei Cortenuova (27./28. November 1237) und die anschließende Ablehnung des Mailänder Friedensangebots führten aber zu einer Verhärtung der Fronten. Gregor IX. bannte Friedrich zum zweiten Mal (20. März 1239), der Endkampf zwischen Kaisertum und Papsttum hatte begonnen. Die von Gregor betriebene Absetzung des Staufers konnte erst sein Nachfolger Innozenz IV. (1243-1254) auf dem Konzil zu Lyon - wenn auch nicht unumstritten - durchsetzen (17. Juli 1245). Die Ereignisse überschlugen sich, als mit den Gegenkönigen Heinrich Raspe (1246-1247) und Wilhelm von Holland (1247-1256) auch Teile Deutschlands der staufischen Herrschaft entglitten und Friedrich in Oberitalien in die Defensive geriet. Immerhin standen nach dem Aussterben der Babenberger (1246) Österreich und Kärnten unter kaiserlicher Kontrolle, und auch in Oberitalien begann sich spätestens 1250 das Blatt zu Gunsten Friedrichs zu wenden. Doch starb der Kaiser am 13. Dezember 1250 in Castel Fiorentino bei Lucera und wurde im Dom zu Palermo begraben. Mit Friedrich verbunden sind die nicht überzubewertende kulturelle Ausstrahlung seines Hofes und das Interesse des Kaisers an der Wissenschaft; Friedrich selbst verfasste mit dem sog. Falkenbuch ein Lehrbuch der Falkenjagd und Vogelkunde.
Biografien u.ä. zu Kaiser Friedrich II. sind: Abulafia, David (1994), Friedrich II. von Hohenstaufen. Herrscher zwischen den Kulturen (= Goldmann Tb 12853), München 1994, 473 S., DM 18,90; Fleckenstein, Josef (Hg.) (1974), Probleme um Friedrich II. (= VuF 16), Sigmaringen 1974, 383 S., DM 43,-; Horst, Eberhard (1975), Friedrich der Staufer. Eine Biographie, Nachdruck Düsseldorf 1985, 406 S., Abbildungen, DM N.N.; Horst, Eberhard (1997), Der Sultan von Lucera. Friedrich II. und der Islam (= Herder Tb 4453), Freiburg-Basel-Wien 1997, 159 S., DM 17,80; Houben, Herbert (2008), Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Herrscher, Mythos, Mensch (= Urban Tb 618), Stuttgart 2008, 262 S., € 16,90; Masson, Georgina (1976), Das Staunen der Welt: Friedrich II. von Hohenstaufen (= Bastei 61006), Bergisch-Gladbach 1976, 385 S., DM 5,80; Rader, Olaf B. (2010), Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biographie, München 2010, 592 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, Stammtafel, Zeittafel, € 22,90; Rotter, Ekkehart (2000), Friedrich II. von Hohenstaufen (= dtv 31040), München 2000, 159 S., DM 16,50; Schirrmacher, Wilhelm (1859/65), Kaiser Friedrich der Zweite, 4 Bde., Göttingen 1859-1865, zus. DM 240,-; Stürner, Wolfgang (1992/2000), Friedrich II. (= GMR): Tl.1: Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194-1220, Darmstadt 1992, VII, 292 S., DM 46,-, Tl.2: Der Kaiser 1220-1250, Darmstadt 2000, XIV, 659 S., DM 78,-; An Quellen und Regesten zum Stauferherrscher sind zu nennen: Die Urkunden Friedrichs II., bearb. v. Walter Koch (2002-2010) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.14,1-3): Tl.1: 1198-1212, Hannover 2002, 16, LVI, 522 S., € 98,-, Tl.2: 1212-1217, Hannover 2007, XII, 717 S., € 120,-, Tl.3: 1218-1220, Hannover 2010, 16, XCI, 869 S., € 150,-; Die Regesten des Kaiserreiches unter Philipp, Otto IV., Friedrich II., Heinrich (VII.), Conrad IV., Heinrich Raspe, Wilhelm und Richard 1198-1272 (1881-1983) (= RI V,1-6): Bd.V,1 (= Abt.1-2): Kaiser und Könige, hg. v. Julius Ficker, 1881/82, Nachdruck Hildesheim 1971, Bd.V,2 (= Abt.3-4): Päpste und Reichssachen, hg. v. Julius Ficker, Eduard Winkelmann, 1892, Nachdruck Hildesheim 1971, Bd.V,3 (= Abt.5): Einleitung und Register, hg. v. Julius Ficker, Eduard Winkelmann, bearb. v. Franz Wilhelm, 1901, Nachdruck Hildesheim 1971, zus. CLX, 2424 S., zus. DM 380,-, Bd.V,4 (= Abt.6): Nachträge und Ergänzungen, bearb. v. Paul Zinsmaier, Köln-Wien 1983, XII, 403 S., DM 94,-. sowie: Conrad, Hermann u.a. (1973), Die Konstitutionen Friedrichs II. von Hohenstaufen für sein Königreich Sizilien (= Studien und Quellen zur Welt Kaiser Friedrichs II., Bd.2), Köln-Wien 1973, LXXXV, 355 S., Abbildungen, DM 40,-; Eickels, Klaus von, Brüsch, Tanja (Hg.), Kaiser Friedrich II. Leben und Persönlichkeit in Quellen des Mittelalters (2000), Darmstadt 2000, 482 S., DM 39,90; Heinisch, Klaus J. (Hg.) (1968), Kaiser Friedrich II. in Briefen und Berichten seiner Zeit, Darmstadt 1968, VIII, 678 S., DM 30,-; Heinisch, Klaus J. (Hg.) (1968), Kaiser Friedrich II. in Briefen und Berichten seiner Zeit (= dtv dokumente 2901), München 21977, 375 S., DM 9,80. Schließlich findet sich Kaiser Friedrich II. auch in literarischen Werken, u.a.: Lewin, Waldtraut (1994), Federico (= dtv 11946), München 1994, 697 S., DM 19,90. [Buhlmann, 12.1997, 06.2011, 09.2013, 06.2020]

Friedrich III., deutscher König und Kaiser: Nach dem Tod König Albrechts II. (1438-1439) wählten die Kurfürsten am 2. Februar 1440 in Frankfurt den habsburgischen Herzog Friedrich V. (1435-1493) zum König; die Krönung wurde erst am 17. Juni 1442 in Aachen vollzogen. Friedrich wurde am 21. September 1415 in Innsbruck als Sohn des Erzherzogs Ernst von Österreich und der Cimburgis geboren. Nach dem Tod seines Vaters (1424) übte sein Onkel Friedrich IV. (1386/1402-1439) für ihn die Regentschaft aus; er übernahm 1435 aber die Herrschaft in Steyr, Kärnten und Krain. Todesfälle bei Habsburgern, u.a. der Tod Albrechts II. (1439), ermöglichten es Friedrich, faktisch in allen habsburgischen Stammländern zu herrschen. Doch sollte es zwischen dem König, seinem Bruder Albrecht VI. (†1463) und dem habsburgischen Adel in der Folgezeit öfter zu Differenzen kommen (1443/46, 1462; Baumkircher Fehde 1469-1471), denen Friedrich mit einer umfassenden europäischen Politik, aber auch mit Passivität begegnete. Im Reich bemühte sich der König um weitere Reformen und wandte sich gegen das Baseler Konzil (1439). Mit Papst Nikolaus V. (1447-1455) schloss er das Wiener Konkordat (1448), das Friedrich letztlich den Weg zur (übrigens letzten) römischen Kaiserkrönung durch den Papst ebnete (19. März 1452). In Rom heiratete Friedrich auch Eleonore von Portugal (16. März 1452). Friedrichs Eingreifen in Böhmen und Ungarn und das Vordringen der Osmanen schwächten die habsburgische Position im Osten des Reiches; erinnert sei an die Niederlage gegen den ungarischen König Matthias Corvinus (1458-1490), der Teile der habsburgischen Stammlande besetzen konnte (1477-1490). Dagegen errang Friedrich gegen den burgundischen Herzog Karl den Kühnen (1467-1477) bei der Belagerung von Neuß (1474) einen Sieg und mit Karl einen Ausgleich (1475), der in der Heirat Marias, der Erbtochter des 1477 gefallenen Karls des Kühnen, mit Maximilian, dem Sohn Friedrichs, gipfelte. Die Habsburger gewannen so gegen den französischen König einen Großteil der ehemals burgundischen Gebiete. Außerdem gelang es, Maximilian 1486 zum römisch-deutschen König wählen und krönen zu lassen. Bei Friedrichs Tod am 19. August 1493 in Linz waren jedenfalls die Weichen für die Übernahme der böhmischen und ungarischen Krone durch die Habsburger gestellt. Begraben liegt Friedrich III. im Wiener Stephansdom. Vgl. Koller, Heinrich (2005), Kaiser Friedrich III. (= GMR), Darmstadt 2005 > K Koller, Friedrich III. [Buhlmann, 06.2006]

Friedrich, Wolf-Hartmut, Killy, Walther (Hg.) (1965), Literatur 2/1 (= FL 35/1), Frankfurt a.M. 61973 > L Literatur

Friedrichs, Hanns Joachim (Hg.) (1988), Weltgeschichte. Eine Chronik, Minden-Köln 1988 > W Weltgeschichte

(Duisburg-) Friemersheim, Besitzkomplex des Klosters Werden a.d. Ruhr: Der Besitz des Klosters Werden in Friemersheim, ein Königsgutkomplex, wie ihn das Capitulare de villis (ca.795) beschreibt, wurde 809/14 von Kaiser Karl dem Großen (768-814) dem Werdener Klosterleiter Hildigrim I. (809-827) geschenkt und war in Mittelalter und früher Neuzeit - zahlreichen Veränderungen in Organisation und Besitz unterworfen - ein wichtiger Teil der klösterlichen Grundherrschaft. Die Hofverbände gruppierten sich um die Fronhöfe Asterlagen, Borg und Friemersheim; der Friemersheimer Besitz blieb dem Kloster bis zum Ende des 18. Jahrhunderts erhalten.
An Literatur zum (frühmittelalterlichen, mittelalterlichen) Friemersheim findet sich: Buhlmann, Michael (2013), Besitz des Klosters Werden in Friemersheim (= BGW 14), Essen 2013, 51 S., € 3,-; Kastner, Dieter (1979), Zur Lage des Hofes Karls des Großen in Friemersheim, in: DF 27 (1979), S.1-20; Wisplinghoff, Erich (1961), Der Raum von Friemersheim. Untersuchungen zu seiner Geschichte im frühen Mittelalter, (= Schriftenreihe der Stadt Rheinhausen 2), [Duisburg-] Rheinhausen 1961, 29 S., DM 1,50. [Buhlmann, 01.1996, 12.2013]

Frisch, Gisela u.a. (2007), St. Andreas in Fulda-Neuenberg, Petersberg 2007 > F Fulda

Frisch, Max, deutschsprachiger Schweizer Schriftsteller: I. Der Schweizer Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich geboren, besuchte das dortige Realgymnasium (1924/30), studierte Germanistik (1931/33, abgebrochen) und Architektur (1936/41) in Zürich und war - neben seiner Tätigkeit als Architekt (Züricher Architekturbüro, 1942/54) - zunächst nebenberuflich, dann (ab 1954) hauptberuflich Schriftsteller. Eine ausgedehnte private und berufliche Reisetätigkeit verschlug Frisch auf den Balkan (1933), nach Deutschland, Italien, Frankreich (1946), Tschechien, Deutschland und Polen (1948), in die USA und nach Mexiko (1952, 1956), in arabische Länder (1957), nach Israel (1965), in die UdSSR (1966, 1968), nach Japan (1969), in die USA (1970, 1971). Wohnhaft war - neben Zürich - Frisch über mehrere Jahre in Rom (1960/65), dann im Tessin. Für seine schriftstellerische Tätigkeit erhielt er zahlreiche Preise, u.a.: Conrad Ferdinand Meyer-Preis (1934), Rockefeller Grant for Drama (1951), Literaturpreis der Stadt Zürich (1958), Dr. h.c. der Marburger Philipps-Universität (1962), Preis der Stadt Jerusalem, Schiller-Preis des Landes Baden-Württemberg (1965), Großer Schillerpreis der Schweizerischen Schillerstiftung (1974), Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1976), Neustadt-Literatur-Preis (1986), Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf (1989). Max Frisch starb am 4. April 1991 in Zürich. II. Aus der Vielzahl der schriftstellerischen Werke seien genannt: Jürg Reinhart (1934), Blätter aus dem Brotsack (1940), Die Schwierigen (1943), Bin oder Die Reise nach Peking, Nun singen sie wieder (1945), Tagebuch mit Marion, Die Chinesische Mauer (1947), Als der Krieg zu Ende war (1949), Tagebuch 1946-1949 (1950), Graf Öderland (1951), Don Juan oder die Liebe zur Geometrie (1953), Stiller (1954), achtung: die schweiz (1955), Homo faber (1957), Biedermann und die Brandstifter, Die große Wut des Philipp Hotz (1958), Andorra (1961), Wilhelm Tell für die Schule (1971), Mein Name sei Gantenbein (1964), Tagebuch 1966-1971 (1972), Dienstbüchlein (1974), Montauk (1975), Triptychon, Der Traum des Apothekers von Locarno (1978), Der Mensch erscheint im Holozän (1979), Forderungen des Tages (1983), Schweiz als Heimat? (1990).
Literatur von Max Frisch (nebst Kommentaren) bieten: Frisch, Max (1947), Die Chinesische Mauer. Eine Farce (Version für Paris, 1972) (= es 65), Frankfurt a.M. 131979, 92 S., DM 6,-, Frankfurt a.M. 181987, 92 S., DM 7,-; Frisch, Max (1950), Tagebuch 1946-1949 (= Knaur Tb 100), München-Zürich 81970, 341 S., DM 3,80; Frisch, Max (1954), Stiller. Roman (= st 105), Frankfurt a.M. 1973, 439 S., DM 19,80; Frisch, Max (1957), Homo faber. Ein Bericht Hamburg-Frankfurt a.M. o.J., 285 S., DM N.N.; Frisch, Max (1957), Homo faber. Ein Bericht (= st 354), Frankfurt a.M. 1977, 205 S., DM 8,-, Frankfurt a.M. 371991, 205 S., DM 12,-, Frankfurt a.M. 441993, 205 S., DM 12,-, Frankfurt a.M. 632000, 205 S., Zeittafel, DM 14,90, Frankfurt a.M. 652004, 208 S., Zeittafel, € 8,-, Frankfurt a.M. 762009, 203 S., € 8,-, Frankfurt a.M. 802012, 203 S., Zeittafel, € 8,30, Frankfurt a.M. 812013, 203 S., Zeittafel, € 8,30 (Inhaltsangabe: Der Schweizer Ingenieur Walter Faber bereist beruflich die Welt, die er - ganz der Typus eines Naturwissenschaftlers - auch mit naturwissenschaftlich-technischem Interesse sieht. Auf einer Reise begegnet er einer jungen Frau, in die er sich verliebt. Doch stellt sich heraus, dass Sabeth seine Tochter aus seiner Vorkriegsbeziehung mit der Halbjüdin Hanna ist. Zudem verunglückt Sabeth tödlich, Hanna und Walter treffen aufeinander, Walter muss sich einer Magenoperation unterziehen, an der er verstirbt. Der Roman, in dem es darum geht, was das Ich eines Menschen ausmacht, wirft Fragen und Gegensätze auf: Leben und Tod, naturwissenschaftliches Weltbild und Schicksal, Mann und Frau. > Werkvergleich: Dantons Tod - Homo faber - Agnes [34 kB]); Frisch, Max (1957), Homo faber. Ein Bericht (= SBB 3), Frankfurt a.M. 1998, 301 S., DM 8,50; Frisch, Max (1958), Biedermann und die Brandstifter (= es 41), Frankfurt a.M. 1963, 85 S., DM 9,80; Frisch, Max (1961), Andorra. Stück in zwölf Bildern (= st 277), Frankfurt a.M. 81978, 132 S., DM 4,-, Frankfurt a.M. 111979, 131 S., Zeittafel, DM 4,-, Frankfurt a.M. 201983, 129 S., Zeittafel, DM 6,-, Frankfurt a.M. 291986, 129 S., Zeittafel, DM 6,-, Frankfurt a.M. 461995, 129 S., Zeittafel, DM 10,80, Frankfurt a.M. 481996, 129 S., Zeittafel, DM 10,80, Frankfurt a.M. 531999, 129 S., Zeittafel, DM 10,80, Frankfurt a.M. 592003, 129 S., Zeittafel, € 5,50, Frankfurt a.M. 672009, 129 S., Zeittafel, € 5,50, Frankfurt a.M. 722013, 129 S., Zeittafel, € 5,70; Frisch, Max (1961), Andorra. Text und Kommentar (= SBB 8), Frankfurt a.M. 1999, 165 S. DM 6,-; Frisch, Max (1964), Mein Name sei Gantenbein. Roman (= Fischer Tb 1000), Frankfurt a.M. 51971, 311 S., DM 4,80; Frisch, Max (1964), Mein Name sei Gantenbein. Roman (= st 286), Frankfurt a.M. 81979, 291 S., DM 8,-, Nachdruck Frankfurt a.M. 81980, 291 S., DM 8,-; Frisch, Max (1972), Tagebuch 1966-1971 (= st 256), Frankfurt a.M. 1979, 434 S., DM 9,-; Frisch, Max (1975), Montauk. Eine Erzählung (= st 700), Frankfurt a.M. 1981, 209 S., DM 7,- (als autobiografische Collage einer [Liebes-] Beziehung zwischen dem Schriftsteller und der US-Amerikanerin Lynn); Frisch, Max, Stichworte, ausgew. v. Uwe Johnson (1975), Frankfurt a.M. 1975, 253 S., DM 5,-; Frisch, Max. Gesammelte Werke in zeitlicher Folge. Jubiläumsausgabe: Bd.6: Tagebuch 1966-1971. Wilhelm Tell für die Schule. Kleine Prosaschriften. Dienstbüchlein. Montauk (= st 1406), Frankfurt a.M. 1986, 806 S., DM 24,-; Eisenbeis, Manfred (2010), Max Frisch: Homo faber (= Klett Lektürehilfen), Stuttgart 62015, 144 S., € 9,99; Lachner, Juliane (1999), Max Frisch: Homo faber (= Stark Interpretationshilfe: Deutsch), o.O. Nachdruck 2009, 98 S., Schwarzweißfotos, € 5,95, (= Stark Interpretationen: Deutsch), o.O. Nachdruck 2013, 99 S., Schwarzweißfotos, € 5,95; Pelster, Theodor (2001), Max Frisch: Homo faber (= Reclam Lektüreschlüssel = RUB 15303), Stuttgart 2013, 86 S., € 3,60; Schmitz, Walter (Hg.) (1976), Über Max Frisch II (= es 852), Frankfurt a.M. 1976, 568 S., DM 12,-. [Buhlmann, 03.2018, 01.2019, 03.2019, 07.-08.2019, 11.-12.2019, 01.2020, 04.2020, 02.-03.2021, 05.2021, 07.2021, 10.2021, 02.2022, 06.2022, 05.-06.2023, 10.-11.2023, 02.2024]

Fritz, Gerhard (1991), Die Markgrafen von Baden und der mittlere Neckarraum, in: ZWLG 50 (1991), S.51-66 > B Baden

Fritz, Volkmar (1990), Die Stadt im alten Israel (= Beck's Archäologische Bibliothek), München 1990 > J Jüdische Geschichte

Fromm, Erich, deutscher Psychoanalytiker und Sozialphilosoph: Erich Fromm (*1900-†1980, jüdischer Herkunft) gehörte nach Studien der Rechtswissenschaften (Frankfurt a.M.), der Psychoanalyse (Berlin) und der Sozialforschung (Frankfurt a.M., Promotion 1922) zum Gelehrtenkreis um den Philosophen Max Horkheimer ("Frankfurter Schule") und war durchaus einflussreich auf den Gebieten der Psychoanalyse und Religionspsychologie sowie als Gesellschaftskritiker. 1933 emigrierte Fromm in die Vereinigten Staaten, wo er in Chicago, New York, Yale u.a. lehrte, ab 1949/50 unterrichtete er als Professor für Psychoanalyse in Mexiko-Stadt.
Als Publikationen von Erich Fromm seien hier genannt: Fromm, Erich (1956), Die Kunst des Liebens (= Ullstein Materialien 35258), Nachdruck Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1983, 160 S., DM 5,80 (über Liebe als Eltern-, Nächsten-, erotische, Selbst- und Gottesliebe und als Fähigkeit des menschlichen Individuums zu damit verbundener Reife, Selbsterkenntnis und Mut); Fromm, Erich (1964/79), Die Seele des Menschen. Ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen, Stuttgart 21980, 170 S., DM 22,- (über Egoismus, Narzißmus und Inzest, Liebe und Freiheit des Menschen); Fromm, Erich (1966), Ihr werdet sein wie Gott. Eine radikale Interpretation des Alten Testaments und seiner Tradition (= rororo 7332), Nachdruck Reinbek b.H. 1989, 214 S., DM 9,80; Fromm, Erich (1976), Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft (= dtv 1490), München 101981, 216 S., DM 6,80 (für einen auf Unabhängigkeit, Freiheit und Vernunft gegründeten Seinsmodus des Menschen gegen auf Haben und Habenwollen [übersteigerter Konsum] basierende Gesellschaften des Privateigentums); Fromm, Erich (1981), Sigmund Freud. Seine Persönlichkeit und Wirkung (= Ullstein Materialien = Ullstein Buch 35094), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1981 > F Freud, Sigmund. [Buhlmann, 05.2018, 11.2021, 03.2022, 12.2023]

Fromm, Erich (1964/79), Die Seele des Menschen. Ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen, Stuttgart 21980 > F Fromm, Erich

Fromm, Erich (1966), Ihr werdet sein wie Gott. Eine radikale Interpretation des Alten Testaments und seiner Tradition (= rororo 7332), Nachdruck Reinbek b.H. 1989 > F Fromm, Erich

Fromm, Erich (1976), Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft (= dtv 1490), München 101981 > F Fromm, Erich

Fromm, Erich (1981), Sigmund Freud. Seine Persönlichkeit und Wirkung (= Ullstein Materialien = Ullstein Buch 35094), Frankfurt a.M.-Berlin-Wien 1981 > F Freud, Sigmund

Früh, Martin (2014), Nae wysunghe der manschap. Das Lehnsgericht der Reichsabtei Werden im 15. und 16. Jahrhundert, in: AHVN 217 (2014), S.19-62. Das Emsländer Lehngut Brahe des Benediktinerklosters Werden a.d. Ruhr stand nach dem Tod des Vaters der Gräfin Theda von Ostfriesland nicht mehr zur Verfügung, obwohl auch Töchter beim Fehlen von männlichen Erben Werdener Dienstleutegüter zu Lehen nehmen konnten. Dem stimmte auch der Werdener Abt Konrad von Gleichen (1452-1474) unter Bezugnahme auf das Lehnsgericht (mangericht, mankamer, kameren gericht) der Reichsabtei Werden zu (1473). Doch erst 1480/81 kamen die Dinge in Fluss, als ein Beauftragter nach Werden zu Abt Dietrich Hagedorn (1477-1484) kam und hier seine Informatio, eine Sammlung von Tatbeständen betreffend das Brahmer Lehngut, vorstellte. Es begann damit vor dem Werdener Lehnsgericht ein Verfahren, das mit der Ladung des Beklagten innerhalb einer bestimmten Frist eingeleitet wurde. Im Gericht up der abdien to Werden, up der abdien groissen saedel, up dem sael des abts (Abtsaula) traten in Erscheinung: der Abt als Lehnsherr, der Marschall der Abtei als Lehnsrichter (iudex vasallorum), die (drei bis 32 und mehr, häufig acht bis zwölf) Urteiler als Männer aus der Lehnsmannschaft des Klosters (manschop, manschap; meist aus Niederadel bzw. Werdener "Stiftsadel"), die streitenden Parteien (Kläger, Beklagter). Das Gerichtsurteil erfolgte vielfach weniger nach den Vorgaben geschriebenen Rechts (Sachsenspiegel), vielfach zu Gunsten des Vasallen und zu Ungunsten des Abtes. Auch hinsichtlich des Braher Lehnguts kam es zu keiner Entscheidung zu Gunsten der Gräfin Theda; vielmehr wurde auf eine außerordentliche Einigung verwiesen im ZUge einer Schiedsgerichtsbarkeit. Das Werdener Lehnsgericht verfolgte gerade nach der Einführung der Bursfelder Reform im Kloster (1474) intensiv Lehnsverstöße (Entfremdungen von Lehen, Weigerung der Lehnsmutung usw.); die schriftliche Verwaltung innerhalb der Mönchsgemeinschaft begünstigte die Verfolgung von Vergehen. Doch war - wie gesehen - ein Erfolg dieser Vorgehensweise nae wysunghe der manschap nicht garantiert. Im späten 16. Jahrhundert nahm die Bedeutung des Werdener Lehnsgerichts ab. Lehnsverwaltung und -kontrolle kamen in die Hände einer "herrschaftlichen Behörde" mit ihren "gelehrten Richtern". > W Werden [Buhlmann, 01.2017]

Früh, Martin (2016), Manne van leene oder ministeriales sancti Ludgheri? Die Lehnsmannschaft der Reichsabtei Werden als Funktionsstand am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit, in: AHVN 219 (2016), S.31-41. Der ostfriesische Graf und Junker Uko wurde am 14. Januar 1483 vom Abt des Klosters Werden, Dietrich Hagedorn (1477-1484), mit dem emsländischen Hof Brahe belehnt als eyn dienstman (Mannschaftleistung und Lehnseid Ukos). Die Belehnung stand im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten um das Gut, das auch von einem Rudolf von Langen beansprucht wurde. Der Fall um den Hof Brahe steht dann exemplarisch für die Einteilung der Klosterlehen in Mann- und Dienstmanngüter bzw. für die an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhunderte ausklingende Einteilung der Klostervasallität in mannen und denstmannen (ministeriales), die eine ständische Rechtsqualität beinhaltete. Dagegen setzt sich um diese Zeit in Werden (und am Niederrhein) die uniformierende Bezeichnung der Werdener Vasallen als manne van leene durch, die an die Stelle der ministeriales sancti Ludgheri trat und die Werdener Lehnsmannschaft (manschop) unter deynstmanssrecht und Lehnsgericht (als ursprüngliches Ministerialengericht) meinte. Die Vasallität des Werdener Klosters war mit 581 ausgegebenen Lehen (1519; darunter wohl auch Mehrfachbelehnungen) beträchtlich, die Lehnsmannschaft unterstand dem Lehnsgericht. Das gerade am Ende des 15. Jahrhunderts in der Folge der Bursfelder Reform (1474) wieder wichtig werdende Lehnsgericht setzte sich aus Urteilern von innerhalb und außerhalb des Werdener Stiftsgebiets zusammen (Vasallen als Zeugen und Urteiler im Gericht, iudex vasallorum [Werdener Erbmarschall] als Vorsitzender, Gericht als Mannkammer, als manschap). Die Werdener Lehnsmannschaft war am Beginn der Neuzeit somit eine "funktional einheitliche, aber gesellschaftlich differenzierte Gruppe", die nicht territorial verankert, indes personal durch das Rechtsinstitut von Lehnsherrschaft und Lehnsmannschaft vom Werdener Abt abhängig war. Das Lehnsgericht war daher mehr als ein Gütergericht, es war eine "institutionell-sozial-kommunikative Klammer" für die Werdener Lehnsmannschaft als "Funktionsstand". > W Werden [Buhlmann, 05.2017]

Fruscione, Daniela (2003), Das Asyl bei den germanischen Stämmen im frühen Mittelalter (= Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Fallstudien 6), Köln-Wien-Weimar 2003, XXXIV, 222 S., € 9,50. Die Asylbestimmungen (Asyl in der antiken Welt Israels, Griechenlands und Roms) im römischen Recht wie dem Codex Theodosianus oder dem Codex Justinianus bezogen sich auf das von den römischen Kaisern dekretierte Kirchenasyl und allgemeiner den Schutz der christlich-römischen Reichskirche und ihrer Bischöfe (caritas, misericordia der kirchlichen Amtsträger gegenüber den Armen) unter der Beibehaltung staatlichen Einflusses (staatliches Gewaltmonopol, Asylverletzung als crimen maiestatis). Demgegenüber erscheint das auf römischen Grundlagen basierende Kirchenasyl in den kirchlichen Konzilien, den Gesetzgebungen der Könige und den leges der germanischen Stämme der Völkerwanderungszeit (Ostgoten, Westgoten, Langobarden, merowingerzeitliche Franken, Alemannen, Bayern) und der Jahrhunderte des frühen Mittelalters (karolingerzeitliche Franken, Angelsachsen, Friesen, Sachsen) auch von heidnisch-germanischen Einflüssen geprägt. Asyl bedeutete dabei den unmittelbaren Schutz des Verbrechers (zunächst) vor Strafverfolgung ("Zeitgewinn"), aber auch die Möglichkeit von dessen Auslieferung unter bestimmten Voraussetzungen wie etwa dem Verzicht auf Rache bzw. dem Versprechen des Geschädigten, den Verbrecher nicht zu töten. Die Rolle der Kirche im Asyl war daher eine vermittelnde, u.a. entsprechend dem Bußtaxensystem der leges. Die christlich-religiösen Vorstellungen und Voraussetzungen im Rahmen des Rechtsinstituts des Asyls betonten die Heiligkeit der Kirchen (reverentia loci, Verletzung des Asyls, Wegführung eines Flüchtlings als nefas) und von deren Schutzheiligen und Reliquien (Wunderglaube, tabuistische praesentia divina im Kirchenraum, im Heiligtum, am Altar). Die christlichen Vorstellungen vom Asyl können damit z.T. als Fortsetzung heidnischer Vorstellungen interpretiert werden, wie die Entwicklung des frühmittelalterlichen Kirchenasyls auch aus dem Schutz des Flüchtlings an heidnischen Heiligtümern zeigt oder das germanisch-altenglische friđ für "Schutz, Asyl" (sächsisch fridhuwih für "Tempel" [Heliand]). In fränkisch-karolingischer Zeit wird ein größerer Einfluss des Herrschers auf das Asyl bemerkbar (Kontrollmöglichkeiten, [rechtliche] Einschränkungen beim Asyl), eine Entwicklung, die auch für das Asyl in den angelsächsischen Königreichen galt. [Buhlmann, 03.2016]

Fry, Michael, Sibley, Roger (1983), Der Wüstenfuchs. Erwin Rommel und das deutsche Afrikakorps (= Moewig Dokumentation 4336), München 1983 > Z Zweiter Weltkrieg

FSGA = Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe. Reihe A: Mittelalter, Reihe B: Neuzeit

Fu

Fuchs, Karin (2008), Zeichen und Wunder bei Guibert de Nogent. Kommunikation, Deutungen und Funktionalisierungen von Wundererzählungen im 12. Jahrhundert (= PHS 84), München 2008, 310 S., Schwarzweißabbildungen, € 14,80. Der gelehrte Mönch und Abt Guibert von Nogent (ca.1104-1124/25) ist durch eine Reihe von lateinischen Werken bekannt ("Autobiografie", exegetische und spirituelle Schriften, Marienschriften, Reliquientraktat, Kreuzzugschronik, Wundererzählungen). Ausgehend von den zahlreichen Wundererzählungen in den Monodiae, im Reliquientraktat oder in der Kreuzzugschronik, können bestimmte Aspekte der Wundererzählungen in den Texten Guiberts erkannt werden: die konzeptuale Deutung von Wundern (Wunderbegriff des Augustinus, Wunderexegese, institutionelle Verankerung [Synoden und Bischöfe und deren Heiligen- und Wunderdiskussion, bischöfliche Kontrolle der Kultausübung]); Herkunft der Wundererzählungen (Zeugenschaft, mündliche oder schriftliche Überlieferung); Funktion von Wundererzählungen (Wunder als exempla, Wunder und Wunderdeutung); intertextuelle Bezüge von Wundererzählungen (Texte Guiberts, Hagiografie, Marienwunder, Saint-Médarder Wunderbücher). > Lateinische Literatur > G Guibert de Nogent [Buhlmann, 11.2014]

Führer, Heidemarie (2014), Die Frau, die in kein Schema passt. Christa von Viebahn - Die Gründerin der Aidlinger Schwesternschaft, Holzgerlingen 32016 > K Katholische Kirche in der Moderne

Führer durch die Museen, Galerien und Denkmäler Italiens, hg. v. Ministerio della Pubblica Istruzione: Nr.1 (1963): Calza, G., Becatti, G., Ostia, Rom 31963 > R Rom; Nr.67 (1962): Moretti, Giuseppe (1962), Die Ara Pacis Augustae, Rom 1962 > R Rom. [Buhlmann, 11.2014]

Fündling, Jörg (2008), Marc Aurel (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2008), Darmstadt 2008 > G Gestalten der Antike

Fündling, Jörg (2010), Sulla (= GdA), Darmstadt 2010 > G Gestalten der Antike

Fürst, Alfons, Fuhrer, Therese, Siegert, Folker, Walter, Peter (2012), Der apokryphe Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus. Zusammen mit dem Brief des Mordechai an Alexander und dem Brief des Annaeus Seneca über Hochmut und Götterbilder (= UTB 3634 = Sapere XI), Tübingen 2012, 215 S., € 6,99. I. Seneca (†65 n.Chr.), der römische Philosoph und Erzieher Kaiser Neros (54-68) und von diesem zum Selbstmord gezwungen, und der Christenapostel Paulus (†n.60), Opfer der neronischen Christenverfolgungen, hielten sich um das Jahr 60 gleichzeitig in Rom auf, Anlass für Spekulationen darüber, ob sich Seneca und Paulus gekannt haben. Ein anonymer spätantiker Autor des 4. Jahrhunderts nahm diese Spekulation auf und verfasste einen (gefälschten) Briefwechsel zwischen dem Heiden (Pseudo-) Seneca und dem Christen (Pseudo-) Paulus, bei dem es weniger um die religiös-philosophischen Einstellungen der Protagonisten ging, als darum, zwischen den beiden "Freundschaft" (amicitia) und (christliche) "Liebe" (caritas) darzustellen. Demgemäß bestimmen spätantike Mittel der Briefrhetorik die insgesamt 14, nicht stringent (zeitlich) angeordneten (und auch nicht anordbaren) Briefe mehr als inhaltliche Aspekte, die inhaltliche Brüche wie z.B. bei der unterschiedlichen Charakterisierung Neros in Kauf nahm. Die Briefe zeigen stattdessen eine "freundschaftliche Kommunikation" in der Form "spätantiker Freundschaftsbilletts" an; Seneca und Nero verband mithin eine Freundschaft, signalisiert durch den Briefwechsel. Angefangen (392/93) bei den Kirchenlehrern Hieronymus (†420) und Augustinus (†430), war der solcherart gestaltete Briefwechsel im christlichen Mittelalter sehr verbreitet (Pseudo-Seneca, Über die Sitten; Alkuin, Widmungsgedicht; Peter Abaelard; Petrus Venerabilis; Francesco Petrarca, Brief; Erasmus von Rotterdam, Brief) und ist zusammen mit den Werken des Seneca in vielen Handschriften vertreten (eine Handschrift des 8., 25 Handschriften des 9.-12., 300 Handschriften des 13.-15. Jahrhunderts; 1. Druckausgabe 1475) (Alfons Fürst, Einführung). II. Der "wirkliche" Seneca, wie er außerhalb der Briefsammlung begegnet, mag im Rahmen der antik-römischen Religion und vor dem Hintergrund von Platonismus, Stoa und Neuplatonismus monotheistische Überlegungen angestellt haben ("heidnischer Monotheismus") (Alfons Fürst, Seneca - ein Monotheist? Ein neuer Blick auf eine alte Debatte). Auch ist eine "Wesensverwandtschaft" zwischen der von Seneca vertretenen Philosophie der antiken Stoa und dem Christentum (des Paulus) festzustellen (Philosophie als Bildung, Theologie, Anthropologie, Ethik, Erkenntnistheorie) (Therese Fuhrer, Stoa und Christentum). Schließlich ist das Senecabild in Spätmittelalter und früher Neuzeit geprägt vom durchaus als christlich interpretierten Gedankengut in der Philosophie Senecas sowie von Seneca als Moralphilosoph (Nikolaus Trevet, Geert Groote, Rudolf Agricola, Erasmus von Rotterdam, Johannes Calvin, Michel de Montaigne) (Peter Walter, Senecabild und Senecarezeption vom späten Mittelalter bis in die frühe Neuzeit). III. Dem fingierten Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus zur Seite gestellt werden können ein angeblicher Brief des Seneca "über Hochmut und Götterbilder" (5. Jahrhundert, 1. Hälfte) (Alfons Fürst, Der "Brief des Annaeus Seneca über Hochmut und Götterbilder". Ein angeblicher Brief des Hohenpriester Annas an Seneca) und im Rahmen einer jüdischen "Publizistik" den Brief eines angeblichen jüdischen Gelehrten Mordechai an König Alexander den Großen (1. Jahrhundert?) (Folker Siegert, Der "Brief des Mordechai an Alexander". Zur jüdischen Öffentlichkeitsarbeit in der Antike). [Buhlmann, 01.2021]

Fürst, Gebhard (2010), Für eine bewohnbare Kirche. Perspektiven einer menschennahen Pastoral, Ostfildern 2010 > K Katholische Kirche

Fürstenberg, Grafen, Fürsten von, Adelsfamilie mit spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Territorien auf der Baar und im benachbarten Schwarzwald. I. Die Grafen von Fürstenberg gehen auf die von Urach zurück, die beim Aussterben der Zähringer (1218) deren rechtsrheinischen Besitz (zu einem großen Teil) erbten. Graf Egino (V.) (†1236/37) nannte sich nach der Zähringerstadt Freiburg, seine Söhne Konrad und Heinrich begründeten durch Erbteilung (v.1245?) die Familien der Grafen von Freiburg und von Fürstenberg, wobei die Fürstenberger ihren Besitzschwerpunkt auf der Baar und im Kinzigtal hatten. Graf Heinrich I. (v.1245-1284) erlangte die Baargrafschaft (1283), die Fürstenberger mussten aber u.a. Villingen an die Habsburger abtreten (1326). Seit Anfang des 14. Jahrhunderts gab es die Linien Baar und Haslach (bis 1386), neue Erbteilungen führten im 15. Jahrhundert zur Geisinger und Kinzigtaler Linie. Der Aufstieg der Fürstenberger begann mit der Erbeinigung von 1491 an der Wende zum 16. Jahrhundert, ein in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts bestehendes Fürstentum Fürstenberg wurde 1806 mediatisiert. II. Nach dem Aussterben der Zähringerherzöge (1218) kam die Stadt Villingen an die staufischen Herrscher, Villingen wurde zu einem dem Königtum unterstellten Ort, bis nach dem Tod Kaiser Friedrichs II. (1212-1250) sich Graf Heinrich I. von Fürstenberg (1236/37-1284) als Villinger Stadtherr durchsetzte und auf Grund zweier Privilegien König Rudolfs I. von Habsburg (1273-1291) im Jahr 1283 die Landgrafschaft Baar und Villingen als Reichslehen erhielt. Villingen stand danach unter fürstenbergischer Herrschaft bis zum sog. Haslacher Anschlag und dem Übergang Villingens an die Habsburger im Jahr 1326. Das 13. und beginnende 14. Jahrhundert ist zudem die Zeit der weiteren Ausbildung der Villinger Bürgergemeinde unter Rat und Bürgermeister bei Behauptung zunehmender Autonomie gegenüber den fürstenbergischen Stadtherren. > V Villingen III. Die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche(n) Landesherrschaft(en) der Grafen von Fürstenberg waren nicht zuletzt infolge von Erbteilungen (1559) territorial zersplittert (Landgrafschaft Baar, Grafschaft Heiligenberg und Nebenlande, Kinzigtal und Nebenlande), so dass eine frühneuzeitliche Modernisierung von Gerichtsbarkeit, Haushalt und Finanzen (Finanzkrise nach 1559), Verwaltung und Beamtenschaft (aus Adel und Bürgertum, regional verankert oder auswärtig) innerhalb der fürstenbergischen Landschaften als Untertanenverbänden (1484/91: "Landschaft") nur sehr bedingt zum Tragen kam ("persönliches Regiment" der Grafen; Kinzigtaler "Beamtenordnung" [1568/88] und Anfänge einer Ausbildung von Behörden; Ablösung der alten Gerichtsordnung und gelehrte Juristen). Die Herrschaft(en) der Fürstenberger verblieben daher noch im "Vorstaatlichen" (fehlende Trennung von Öffentlichem und Privatem). Verankert waren die fürstenbergischen Territorien dennoch im frühneuzeitlichen römisch-deutschen Reich als Reichsstand.
Quellenmäßig ist zur fürstenbergischen Geschichte zuvorderst zu verweisen auf: Fürstenbergisches Urkundenbuch, hg. v.d. Fürstlichen Archive in Donaueschingen: Tl.I: Quellen zur Geschichte der Grafen von Achalm, Urach und Fürstenberg bis zum Jahre 1299, bearb. v. Sigmund Riezler, Tübingen 1877, XVIII, 403 S., Stammtafeln; Tl.II: Quellen zur Geschichte der Grafen von Fürstenberg vom Jahre 1300-1399, bearb. v. Sigmund Riezler, Tübingen 1877, 459 S., Siegeldabbildungen; Tl.III: Quellen zur Geschichte der Grafen von Fürstenberg vom Jahre 1400-1479, bearb. v. Sigmund Riezler, Tübingen 1878, 531 S., Stammtafel; Tl.IV: Quellen zur Geschichte der Grafen von Fürstenberg vom Jahre 1480-1509, bearb. v. Sigmund Riezler, Tübingen 1879, 583 S.; Tl.V: Quellen zur Geschichte der Fürstenbergischen Lande in Schwaben vom Jahre 700-1359, Tübingen 1885, IV, 563 S., Siegeltafeln; Tl.VI: Quellen zur Geschichte der Fürstenbergischen Lande in Schwaben vom Jahre 1360-1469, Tübingen 1889, 532 S., Siegeltafeln; Tl.VII: Quellen zur Geschichte der Fürstenbergischen Lande in Schwaben vom Jahre 1470-1509, Tübingen 1891, 528 S., Siegeltafeln. An Darstellungen zur fürstenbergischen Geschichte sind zu nennen: Asch, Ronald (1986), Verwaltung und Beamtentum. Die gräflich fürstenbergischen Territorien vom Ausgang des Mittelalters bis zum schwedischen Krieg 1490-1632 (= VKGLBW B 106), Stuttgart 1986, XXIX, 416 S., Amtleuteverzeichnis, Karten, € 4,-; Die Fürstenberger. 800 Jahre Herrschaft und Kultur in Mitteleuropa, hg. v. Erwein H. Eltz u. Arno Strohmeyer (1994) (= Ausstellungskatalog), Korneuburg 1994, 398 S., Abbildungen, Karten, € 22,-. Stievermann, Dieter (1980), Die fürstenbergische Klosterpolitik bis ins Reformationszeitalter. Ein Beitrag zum herrschaftlichen Vogteiverständnis und zum landesherrlichen Kirchenregiment, in: SVGBaar 33 (1980), S.85-99. [Buhlmann, 10.2007, 02.2017]

Fuhr, Eckhard (1990), Geschichte der Deutschen 1949-1990. Eine Chronik zu Politik, Wirtschaft und Kultur, Frankfurt a.M. 1990 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Fuhrer, Therese, Hose, Martin (2017), Das antike Drama (= BSR 2729), München 2017, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 8,95. I. Das antike Drama der griechischen und römischen Antike äußert sich u.a. in den "dramatischen Formen" der Tragödie, der Komödie und des Satyrspiels (Theater, Publikum, Aufführungen). Entstanden ist die griechische Tragödie (Dithyrambos; "Gesang der Böcke" o.ä.) im Verlauf des 6. Jahrhunderts v.Chr. vielleicht in Weiterentwicklung von Kultbräuchen (Sinnhaftigkeit von Sterben und Tod). Im späten 6. Jahrhundert v.Chr. treten mit Thespis und Choirilos erstmals Tragödiendichter in Erscheinung, vielleicht im Zusammenhang mit den Dionysien als Fest der Polis Athen. Für das 5. Jahrhundert v.Chr. sind jedenfalls dramatische Wettbewerbe (Agon) im Rahmen der Dionysien belegt (Tragödie, Satyrspiel). Als Dichter von Tragödien sind überliefert: Phrynichos (neue athenische Demokratie und politische Tragödie ["Der Fall von Milet"]) (511/08 v.Chr.), Pratinas ("Erfinder" des Satyrspiels), Choirilos, Aischylos (*525/24-†456/55 v.Chr.; Tragödien ["Perser" 472 v.Chr., "Sieben gegen Theben", "Bittflehende", "Orestie", Trilogie: "Agamemnon", "Choephoren", "Eumeniden" 458 v.Chr., "Prometheus"?) (499/96 v.Chr.), Sophokles (*497/96-†406 v.Chr.; Tragödien ["Aias", "Trachinierinnen", "Antigone", "Philoktetes", "Ödipus auf Kolonos" 401 v.Chr.], Satyrspiel ["Ichneutai"]) (468 v.Chr.), Euripides (*484/80-†408 v.Chr.; Tragödien ["Alkestis" 438 v.Chr., "Medea", "Herakliden", "Hippolytos", "Andromache", "Hekabe", "Hiketiden", "Elektra", "Herakles", "Troerinnen", "Taurische Iphigenie", "Ion", "Helena", "Phönissen", "Orestes" 408 v.Chr., "Bakchen", "Aulische Iphigenie" postum], Satyrspiel ["Zyklop"]) (455 v.Chr.). Parallel zur Entwicklung der Tragödie wurde auch die (von der Tragödie zu unterscheidende [epirrhema, Parabase]) Komödie in den Agon der athenischen Dionysien einbezogen; das Genre der Komödien entstand wahrscheinlich aus kultischen Umzügen und zeitweise gesellschaftliche Normen außer Kraft setzenden Fruchtbarkeitsriten. Die frühe attische Komödie wird dabei repräsentiert durch: Magnes, Chionides (5. Jahrhundert v.Chr., 1. Hälfte), die klassische durch: Kartinos (†n.423 v.Chr.; Komödien ["Dionysalexandros", "Pytine"]) (450er-Jahre v.Chr.), Eupolis (429 v.Chr.), Aristophanes (*450/44-†ca.380 v.Chr.; Komödien ["Acharner" 425 v.Chr., "Ritter", "Wolken", "Wespen", "Frieden", "Vögel", "Lysistrate", "Thesmophorazusen", "Frösche", "Ekkliazusen", "Plutos" 388 v.Chr.]) (427 v.Chr.). Die "Mittlere Kömodie" (4. Jahrhundert v.Chr.) ist weitgehend unbekannt; im Wesentlichen sind nur (über die byzantinische Suda) Dichternamen überliefert: Antiphanes (*ca.405-†332 v.Chr.), Anaxandrides (*ca.400-†345 v.Chr.), Eubulus (*ca.415 v.Chr.), Alexis (*ca.372-†266 v.Chr.). Die "Neue Komödie" (4./3. Jahrhundert v.Chr.). Die "Neue Komödie" hat in Menander (*ca.342/41-†291/90 v.Chr.; Komödien ["Orge" 321 v.Chr., "Dyskolos", "Epitrepontes", "Aspis"]) (321 v.Chr.) ihren bedeutendsten Vertreter. Das Drama fand in hellenistischer Zeit seine Fortsetzung - die Namen von 80 Tragikern und mehr als 100 Komödiendichter sind bekannt - und spielte in griechischen Akkulturationsprozessen der damaligen Zeit eine wichtige Rolle ("Mose-Drama" des Juden Ezechiel u.a.). Auch das attische Drama der klassischen Zeit hatte ja vielfach seine Wurzeln in Kultur und Gesellschaft (Polis Athen) des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. II. Das Drama in der römischen Republik stellt sich zuvorderst dar als Kulturimport aus dem Griechischen (römisches Theater), wenn auch vorliterarische etruskische Einflüsse, die wiederum zu einem wichtigen Teil aus Griechenland stammten, erkennbar sind. Frühe römische Dramatiker sind: Livius Andronicus ("Odyssee"), Gnaeus Naevius (Bellum Poenicum, Romulus/Lupus), Quintus Ennius (*239-†n.184 v.Chr.; Tragödien ["Thyestes", "Telamo", "Iphigenia"]), Tragödiendichter des 2. Jahrhunderts v.Chr.: Marcus Pacuvius (Niptra), Lucius Accius (2. Jahrhundert v.Chr., 2. Hälfte; Tragödien ["Astyanax"], Theatergeschichte), Tragödiendichter der späten römischen Republik: Varius Rufus ("Thyestes"), Ovid ("Medea"); auch der frühkaiserzeitliche Philosoph Seneca (*1 v.Chr-†65 n.Chr.) schrieb Tragödien (Tragicus: Hercules Furens, Troades, Phoenissa, Medea, Phaedra, Oedipus, Agamemnon, Thyestes, Hercules Oetaeus). Die römische Komödie wird vorzugsweise repräsentiert durch: Plautus (*ca.254-†ca.184 v.Chr.; (Tragik-) Komödien [Bacchides, Amphitruo, Poenulus, Aulularia]), Terenz (*195/84-†159/58 v.Chr.; Komödien [Adelphoe, Andria, Hecyra, "Eunuch"]). Noch in der Spätantike gab es - trotz der christlicher Theaterkritik - neue Formen von Dramen, wie der Querolus (5. Jahrhundert n.Chr.) zeigt. Renaissance und Humanismus entdeckten das antike römische Drama neu. Vgl. Lesky, Albin (1938/58), Die griechische Tragödie (= KTA 143), Stuttgart 31964, 288 S., Abbildungen, DM 10,-; Seeck, Gustav Adolf (2000), Die griechische Tragödie (= RUB 17621), Stuttgart 2000, 271 S., Abbildungen, € 6,10. [Buhlmann, 01.2018]

Fulda, Benediktinerkloster: Das Kloster im mittelhessischen Fulda, eine am benediktinischen Mönchtum orientierte Gemeinschaft von Mönchen, war eine Gründung des angelsächsischen Missionars, Kirchenreformers und Bischofs Winfrid-Bonifatius (†754). Die Gründung erfolgte im Jahr 744 mit dem Einzug von Mönchen unter Abt Sturmi (744-779); Bonifatius hatte zuvor eine Besitzurkunde des fränkischen Hausmeiers Karlmann (741-747) erhalten, Papst Zacharias (741-752) stattete das Kloster 751 mit einem Exemtionsprivileg aus. Fulda wurde zur Grablege des Bonifatius (754), zum Zentrum der Bonifatiusverehrung, und entwickelte sich in der Zeit des karolingischen Frankenreichs rasch zu einem bedeutenden Großkloster und einer wichtigen Bildungseinrichtung (Klosterschule). Unter seinen Äbten sticht Hrabanus Maurus (822-842), der praeceptor Germaniae ("Lehrer Germaniens"), hervor. Zudem waren die Beziehungen zu den karolingischen Königen von besonderer Bedeutung, wie das Immunitätsprivileg König Karls des Großen (768-814) aus dem Jahr 774 zeigt und - daraus resultierend - die Mönchsgemeinschaft als Königs- und Reichskloster. Ab der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts erlebte Fulda auch in der Folge des Zerfalls des fränkischen Gesamtreichs unruhige Zeiten. Unter den ottonischen und salischen Königen des 10. und 11. Jahrhunderts war die Abtei mit ihrem "Königsdienst" (servitium regis) fest eingebunden in die Reichskirche der Herrscher. Auf Grund ihres sehr umfangreichen, grundherrschaftlich organisierten Grundbesitzes und der daraus erwachsenden wirtschaftlichen Stärke wurde sie auch zu militärischen Unternehmungen der Könige herangezogen, etwa für den Feldzug Kaiser Ottos II. (973-983) nach Süditalien (981; Niederlage von Cotrone 982) oder für den König Heinrichs III. (1039-1056) gegen Böhmen (1040). Gleichsam als Gegenbewegung zu den politisch-militärischen Pflichten des Klosters innerhalb der Reichskirche griffen unter den Äbten Poppo (1013-1018) und besonders Richard (1018-1039) Reformmaßnahmen (des lothringischen Klosters Gorze), die u.a. zur Gründung der Fulda benachbarten Propstei Neuenberg führten (1021/25). Streitigkeiten mit den Würzburger Bischöfen, in deren Diözese das Kloster Fulda lag, und mit den Mainzer Erzbischöfen um Zehntrechte in Thüringen, der Goslarer Sesselstreit (1063) sowie die Kämpfe in Sachsen während des Investiturstreits (1075-1122) schädigten das Kloster nicht nur wirtschaftlich, sondern lassen auch einen Zerfall des monastischen Lebens erahnen. Auch nach dem Wormser Konkordat (1122) blieb Fulda Reichsabtei, seine Reichsäbte standen im Dienst der staufischen Könige und Kaiser, während der wirtschaftliche Niedergang anhielt und der Einfluss von Adel und Klostervogt auf die Mönchsgemeinschaft stieg. Das 13. Jahrhundert brachte nunmehr die Ausbildung eines Fuldaer Territoriums bei reichsfürstlicher Stellung des Abtes und eine damit verbundene Regionalisierung der klösterlichen Interessen. Dem entsprach auch die 1294 durch die römische Kurie verfügte (endgültige) Trennung von Fuldaer Abts- und Konventsgut, wobei das Konventsgut sich noch in Pfründen aufteilen und somit einer stiftischen Lebensweise der Mönche (als Stiftsherren) im Spätmittelalter Vorschub leisten sollte. Hinzu kamen die durchaus weltlichen Kämpfe und Fehden gegen benachbarte adlige Landesherren, u.a. die Grafen von Ziegenhain als den Klostervögten (bis 1344), oder die eigene Ministerialität. Auch die Bedeutung der Stadt Fulda, erwachsen aus einer Marktsiedlung des 10. und 11. Jahrhunderts (Markt-, Münz- und Zollrecht Kaiser Heinrichs II. [1002-1024] für Fulda 1019), nahm zu und damit der Gegensatz zwischen Bürgergemeinde und Abt als Stadtherrn (Bürgeraufstände von 1327 und 1331) bei Ausbildung von Ratsverfassung und Zunftwesen. Das Kloster Fulda schloss sich - nach wenig erfolgreichen Reformmaßnahmen im 14. Jahrhundert - zu Beginn des 15. Jahrhunderts unter Abt Johann I. von Merlau (1395-1440) der von Kastl ausgehenden benediktinischen Reformbewegung an (1406/10), doch auch diese führte zu keinen bleibenden Veränderungen im Kloster. Abt Johann II. von Henneberg (1472-1513) festigte die Landesherrschaft der Fuldaer Äbte, während Reformen bei den Fuldaer Nebenklöstern griffen, indes nicht so sehr am Hauptkloster. Auch in der frühen Neuzeit, nach dem zwischenzeitlichen Eindringen der Reformation in Fulda und nach dem Bauernkrieg (1524/25), stand für das nur noch von wenigen Mönchen besiedelte Kloster die Klosterreform auf der Tagesordnung (Constitutio von 1542, Reformordnung von 1552). Die Klosterreform verband sich in Fulda im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts mit der Gegenreformation (Trienter Reform); Fürstabt Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (1623-1632) stellte die monastisch-benediktinische Lebensweise in Fulda zunächst wieder her (1626), bis - im Rahmen des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) - Fulda von hessischen Truppen besetzt wurde und der nur wenige Jahre alte Mönchskonvent sich auflöste. Immerhin gelang dessen Neukonstituierung unter Abt Joachim von Gravenegg (1644-1671); der benediktinische Mönchskonvent sollte sich bis zur Aufhebung des Klosters im Jahr 1802 zufrieden stellend entwickeln. Neben den Mönchen gehörten dem Fuldaer Konvent noch die Mitglieder des adligen Stiftskapitels an, das mit der Erhebung Fuldas zum Bistum (1752) zum Kapitel eines Hochstifts wurde. Der Bistumserhebung waren langwierige Bemühungen vorausgegangen, dem Fürstabt faktisch die geistliche Jurisdiktion im Fuldaer Stift (Territorium) gegen die Ansprüche der Bistümer Würzburg und Mainz zu sichern. Nach der Säkularisation von Kloster und Stift Fulda (1802/03) lebte das Bistum Fulda wieder auf (1821/29). Zum Benediktinerkloster Fulda gehörten auch die in der Nähe des Hauptklosters gelegenen Nebenklöster oder Propsteien. Zu nennen sind hier: das Kloster Frauenberg, das von Abt Ratgar gegründet (809) und um die Mitte des 11. Jahrhunderts erneuert wurde; das Kloster Johannesberg, errichtet unter Abt Hrabanus Maurus (836/42); die Propstei Michaelsberg, die auf die 822 geweihte Michaelskapelle auf dem Mönchsfriedhof zurückging und 1092 als Nebenkloster eingerichtet wurde; das Nebenkloster Neuenberg oder Andreasberg von 1021/25.
Quellen und Darstellungen zur Geschichts Fuldas sind: Franke, Thomas (1987), Studien zur Geschichte der Fuldaer Äbte im 11. und frühen 12. Jahrhundert, in: AfD 33 (1987), S.55-238; Frisch, Gisela u.a. (2007), St. Andreas in Fulda-Neuenberg, Petersberg 2007, 31 S., € 4,50; Heinemeyer, Walter, Jäger, Berthold (Hg.) (1995), Fulda in seiner Geschichte. Landschaft, Reichsabtei, Stadt (= VHKH 57), Fulda 1995, 543 S., DM 72,- (u.a. mit den historischen Beiträgen: Ulrich Hussong, Die Reichsabtei Fulda im frühen und hohen Mittelalter ...; Petra Kehl, Heiligenverehrung in der Reichsabtei Fulda; Berthold Jäger, Grundzüge der fuldischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Bistumserhebung 1752; Uwe Zuber, Krise, Umbruch und Neuordnung. Fulda von 1752 bis 1830; Hermann Kratz, Die Beziehungen zwischen Stadt und Reichsabtei im Mittelalter; Ursula Braasch-Schwersmann, Die Stadt Fulda vom Mittelalter bis in die Gründerzeit ...; Werner Kathrein, Zwischen Reform und Reformation. Zur Geschichte der Fuldaer Stadtpfarrei im 16. Jahrhundert); Stasch, Gregor Karl [o.J.], Die Andreaskirche zu Fulda-Neuenberg, Fulda [o.J.], 33 S., € 2,-. > B Bonifatius [Buhlmann, 05.2012]

Furet, Francois, Richet, Denis (1968), Die Französische Revolution (= BS), München [1980] > F Französische Revolution

Furger, Franz (1992), Moral oder Kapital? Grundlagen der Wirtschaftsethik, Zürich 1992 > K Kapitalismus

Fussenegger, Gertrud (1991), Herrscherinnen. Frauen, die Geschichte machten, Stuttgart 1991, 399 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafeln, Stammtafeln, DM 15,-, umfasst eine [nicht nachvollziehbare] Auswahl von Frauenbiografien betreffend Herrscherinnen der frühen Neuzeit sowie (die "Herrscherin") Indira Gandhi. Als Herrscherinnen der frühen Neuzeit finden Erwähnung: die englische Königin Elisabeth I. (1558-1603); die russischen Herrscherinnen Katharina I. (1725-1727), Elisabeth (1741-1762) und Katharina II. (1762-1796); die österreichische "Kaiserin" Maria Theresia (1740-1780). [Das Buch stammt aus der Zeit, in der Frauen- und Geschlechtergeschichte im deutschen Sprachraum aufkam und neu war.] [Buhlmann, 07.2023]

FWF = Forschungen aus Württembergisch Franken

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