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Rezensionen (Geschichte)
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MABW = Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg

Machiavelli, Niccolò italienischer Humanist: Niccolò Machiavelli (*1469-†1527) wurde in einen verarmten Familienzweig der Florentiner Machiavelli hineingeboren, genoss aber eine umfangreiche Ausbildung und Erziehung, die ihn u.a mit klassisch-lateinischen Autoren wie Livius und Ovid bekannt machte. Nach dem Sturz Savanarolas (1498) wurde Machiavelli Zweiter Kanzler der Republik Florenz und führte im Auftrag von Regierung (gonfaloniere Piero Soderini) und Rat (governo largo) erfolgreich diplomatische Aufträge durch (Gesandtschaften zu König Ludwig XII. von Frankreich, Cesare Borgia, Kaiser Maximilian I. u.a.). Ausfluss dieser Tätigkeit waren die Denkschriften Machiavellis über Deutschland und die Schweizer Eidgenossenschaft (1508). 1509 gelang mit Hilfe der von Machiavelli aufgestellten Bauernmilizen die Eroberung von Pisa, das 1494 von Florenz abgefallen war. Die alleinige politische Anbindung an Frankreich (Gegenkonzil von Pisa 1511 u.a.) führte indes Florenz in die Niederlage gegen Papst und Spanier, die Medici kehrten nach Florenz zurück, die Dienste des Republikaners Machiaveli wurden nicht mehr gebraucht (1512). Letzterer überstand Inhaftierung und Folterung infolge seiner angeblichen Beteiligung an einer Verschwörung gegen die Medici (1513). Bis 1513 war Machiavellis Schrift "Vom Fürsten" (De principatibus) entstanden, der 1513/17 der an Livius angelehnte Traktat "Von der Republik" (Discorsi sopra la prima deca di Tito Livio) folgte. In den beiden Schriften trennt Machiavelli provozierend Politik (Macht) und Moral, erweist sich aber mit seinem Traum von der "perfekten Republik" als gesellschaftspolitischer Idealist. Politisch interpretierbar sind auch sein 1517/19 fertiggestellten Komödien La Mandragola und Clizia sowie seine 1519/20 verfasste Biografie über den Luccheser Stadtherren Castruccio Castracani degli Antelminelli (†1328). 1520/25 folgt die Istorie Fiorentino, die "Geschichte von Florenz", die Machiavelli im Auftrag des Kardinals und Papstes Giulio de Medici (Papst Clemens VII., 1523-1534) verfasste (Kritik Machiavellis an der Mediciherrschaft über Florenz). Gegen Ende seines Lebens (1526/27) führte Machiavelli noch politische Aufträge in Norditalien durch (Warnungen vor dem kaiserlichen Söldnerheer) und erlebte noch den Sacco di Roma (1527) (nach: Reinhardt, Machiavelli).
Zu Machiavelli s.: Machiavelli, Niccolò (1513), Der Fürst, übers. v. Friedrich von Oppeln-Bronikoswki (1990) (= it 1207), Frankfurt a.M. 41993, 169 S., Zeittafel, DM 12,80; Machiavelli, Niccolo (ca.1517), The Discourses, hg. v. Bernhard Crick (1983) (= Pelican Classics), Harmondsworth 61983, 544 S., DM 3,-; Reinhardt, Volker (2012), Machiavelli oder Die Kunst der Macht. Eine Biographie, München 2012 > R Reinhardt, Machiavelli. [Buhlmann, 02.2012, 12.2021]

MacKendrick, Paul Lachlan (1965), Hellas steinernes Erbe. Archäologie der griechischen Welt (= Bastei Tb 60009), Bergisch Gladbach 1980 > G Griechische Geschichte

Macksey, Kenneth J. (1968), Das Afrika-Korps (= Moewig Dokumentation 4300), München 1980 > Z Zweiter Weltkrieg

Macksey, Kenneth J. (1981), Deutsche Panzertruppen (= Moewig Dokumentation 4310), München 1981 > Z Zweiter Weltkrieg

Madariaga, Salvador de (1966), Kolumbus. Entdecker neuer Welten (= Heyne Biographien, Bd.19), München 21978 > K Kolumbus, Christoph

Madelin, Louis (1969), Fouché. Macht und Ehrgeiz (= Heyne Biographien 54), München 1978, 396 S., Schwarzweißtafeln, DM 7,80. Joseph Fouché (*1759-†1820) erhielt u.a. eine (geistliche) Ausbildung im Seminar der Oratorianer in Nantes; später war er Logiklehrer in Vendôme und Physiklehrer in Arras. Als Anhänger der Französischen Revolution (1789) - er war mit Robespierre bekannt - wurde Fouché Konventsabgeordneter (1792; Bergpartei) und war an der Unterdrückung antirevolutionärer Bewegungen beteiligt (Aufstände in der Vendée und in Lyon [Fouché als "Schlächter von Lyon"] 1793). Fouché war in der Revolution ein Unterstützer der Herbertisten, wurde zeitweise Präsident des Jakobinerclubs (1794) und war einer Drahtzieher an Sturz und Hinrichtung Robespierres (9./10. Thermidor 1794). Nähe und politischer Gegensatz zum Direktorium (als französischer Regierung) ließen Fouché den Staatsstreich vom 18. Fructidor 1797 und als damaliger Polizeiminister den vom 18. Brumaire 1799 überstehen. Für den Ersten Konsul und Kaiser Napoleon war Fouché - mit einer Unterbrechung (Absetzung 1802, Wiederernennung 1804) - in der Funktion als Polizeiminister unentbehrlich. Die Verteidigung Antwerpens (1809) brachte Fouché den Titel eines Herzogs von Otranto ein. Fouché widersetzte sich in der Folgezeit der Durchführung weiterer Kriege durch Napoleon, wurde als Minister wieder abgesetzt (1810) und zum Gouverneur der illyrischen Provinzen ernannt (1811). 1814 unterstützte er sowohl die Rückkehr der Bourbonen auf den französischen Thron als auch die des auf Elba verbannten Napoleon. Nach dessen "100 Tagen" Herrschaft verblieb Fouché zunächst als Polizeiminister in der Regierung des Königs, bis er auch von Ludwig XVIII. (1814-1824) abgesetzt wurde (1815), um französischer Gesandter in Dresden zu werden. Bedroht vom Verbannungsdekret (1816) gegen die Revolutionäre, die 1793 die Hinrichtung König Ludwigs XVI. (1774-1793) beschlossen hatten, floh Fouché in die Habsburgermonarchie, wo er mit Unterstützung Metternichs in Prag, Linz und Triest bis zu seinem Tode (1820) lebte. [Buhlmann, 10.2022]

Maedel, K[arl-] E[rnst] (1968), Die Dampflokzeit. Schienengiganten des 19. und 20. Jahrhunderts in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Stuttgart 31974 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

MÄS = Münchner Ägyptologische Studien

Magirius, Heinrich (1994), Annaberg. Evangelisch-Lutherische St. Annenkirche (= Schnell & Steiner, Kleine Kunstführer, Nr.2147), Regensburg 72013 > A Annaberg

Magrini, Riccardo (2005), Schiffe. Segelschiffe, Passagier- und Handelsschiffe, Kriegsschiffe (= Wissenswertes, Sport, Technik), Klagenfurt 2006 > B Bohn, Seefahrt

Magris, Claudio (1988), Donau. Biographie eines Flusses (= dtv 34418), München 22007 > F Flussgeschichte(n)

MaH = Das Münster am Hellweg

Mai, Günther (2009), Die Weimarer Republik (= BSR 2477), München 2009 > D Deutsche Geschichte, 1918/19-1933

Mai, Klaus-Rüdiger (2015), Dürer. Das Universalgenie der Deutschen, Berlin 2015, 400 S., Farbtafeln, € 28,-. Albrecht Dürer (*1471-†1528), Sohn des Nürnberger Goldschmieds Andreas Dürer des Älteren (wohl ungarischer Herkunft) und der Barbara Holper, Tochter des Goldschmieds Hieronymus Holper, ging bei seinem Vater, mit dem er sich Zeit seines Lebens insbesondere in künstlerischen Dingen sehr gut verstand, in die Goldschmiedelehre (1484/85), um dann eine Malerlehre bei Michael Wolgemut zu absolvieren (1486/89). Die Wanderschaft als Geselle führte Dürer an den Oberrhein (1490/94). Dürer kehrte nach Nürnberg zurück und heiratete 1494 Agnes Frey, Tochter des Rotschmieds, Tischbrunnenbaumeisters und Musikers Hans Frey. 1495/96 war Dürer in Venedig. Von seinen Reisen brachte der genau beobachtende Künstler vielfältige Eindrücke mit, die sein Schaffen in origineller Weise beeinflussen sollten. So wurde Dürer zu einem künstlerischen Universalgenie, eingebunden in den deutschen, christlichen Humanismus (translatio imperii, translatio studii, translatio artium) u.a. des Nürnberger Patriziats (Conrad Veltis, Willibald Pirckheimer, Anthoni Koberger), eingebunden auch in die neuen Techniken der Wende vom späten Mittelalter zur frühen Neuzeit (Buchdruck, Holzschnitt, Kupferstich, disegno-colore). Betriebswirtschaftlich-organisatorisch ruhten die Nürnberger Werkstatt des Künstlers und der wirtschaftliche Erfolg wohl entscheidend auf Dürers Ehefrau Agnes, die selbst auf Verkaufsreisen ging und mit der Dürer im Übrigen keine Kinder hatte. In Dürers Werkstatt absolvierten so bedeutende Künstler wie Hans Baldung Grien oder Matthias Grünewald Teile ihrer Ausbildung. Eigenständige und Auftragsarbeiten - u.a. vom sächsischen Herzog Friedrich den Weisen oder Kaiser Maximilian I. - sollten Dürer dann in ganz Europa bekannt machen: Selbstbildnis (1484), Bildnis des Vaters (1490), Bildnis der Mutter (1490/93), "Mein Agnes" (1494), Landschaftsaquarelle (1495/96), Dresdner Marienaltar (1496), "Frauenbad" (1496), "Männerbad" (1496), "Büßender Heiliger Hieronymus" (1497), "Apokalypse" (1498), "Große Passion" (1496/99), Selbstbildnis (1500), "Nemesis" (1501/02), "Marienleben" (1501/05), "Feldhase" (1502), Jabachaltar (1503/04), "Anbetung der Könige" (1504), "Adam und Eva" (1504), "Rosenkranzfest" (1505/07), "Marter der 10000 Christen" (1508), "Ritter, Tod und Teufel" (1513/14), "Mellencolia I" (1514), "Hieronymus im Gehäus" (1514), "Ehrenpforte Kaiser Maximilians I." (1517/18), "Triumphwagen Kaiser Maximilians I." (1518/22) u.a. Dabei nahm Dürer immer wieder die künstlerischen Strömungen seiner Zeit auf wie bei seinem zweiten Venedigaufenthalt (1505/07) oder auf seiner Reise durch die Niederlande (1520/21). Insgesamt diente das künsterlische Gesamtwerk Dürers dessen Suche nach (christlicher) Wahrheit (imitatio Christi), so dass der Künstler alsbald zum Anhänger Martin Luthers und der (Nürnberger) Reformation wurde (Schenkung der "Vier Apostel" an die Stadt Nürnberg 1526). Kurz vor seinem Tod vollendete Dürer noch seine theoretischen Schriften zur Wahrheit in der Kunst: "Unterweisung der Messung" (1525), Befestigungslehre (1527), "Vier Bücher von menschlicher Proportion" (posthum 1528). Zu den Werken Dürers s.: Meister Albrecht Dürer. Gemälde und Handzeichnungen (= Der Eiserne Hammer), Königstein-Leipzig o.J. [ca.1943?], 32 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, RM [?] 0,90. Zu den Schriften Dürers s.: Dürer, Albrecht (1525), Underweysung der messung / mit dem zirckel richtscheyt in Linien / ebnen unnd gantzen corporen, Unterschneidheim 1972, [182] S., Abbildungen, DM 48,- Dürer, Albrecht (1527), Befestigungslehre, Nördlingen 1980, [56] S., Abbildungen, DM 40,-. [Buhlmann, 01.1992, 12.2015, 03.2023]

Maier, Bernhard (1994), Lexikon der keltischen Religion und Kultur (= KTA 466), Stuttgart 1994 > K Kelten

Maier, Bernhard (2000), Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 2000 > K Kelten

Maier, Bernhard (2001), Die Religion der Kelten. Götter, Mythen, Weltbild, München 2001 > K Kelten

Maier, Bernhard (2009), Die Druiden (= BSR 2466), München 2009, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 7,90. Druiden ("Eichenkundiger"?, "Wahrsager"?) waren eine religiös-intellektuelle Elite innerhalb antiker keltischer Gesellschaften, zuständig u.a. für das Kultwesen innerhalb der keltischen Religion. Archäologisch ist das wohl in die Vorgeschichte zurückreichende Druidentum nur schwer nachweisbar; schriftliche antike Geschichtsquellen (Ammianus Marcellinus, Aurelian, Ausonius, Caesar, Cicero, Clemens von Alexnadria, Diodorus Siculus, Diogenes Laertius, Hippolyt, Lampridius, Lukan, Plinius der Ältere, Strabon, Sueton, Tacitus) geben nur sporadische Einblicke, am ehesten noch Caesar im "Gallischen Krieg". Ein sporadisches Wiederaufleben von keltischer Religion und Druidentum ist für Spätanitke und frühes Mittelalter (Britannien, Irland) zu beobachten. Vgl. Kendrick, T[homas] D[owning] (1927), The Druids, London 1994, XIV, 227 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, £ N.N. [Buhlmann, 07.2009, 01.2021]

Maier, Bernhard (2012), Geschichte und Kultur der Kelten, München 2012, 384 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Pläne, € 68,-. I. Die geschichtliche Erforschung der Kelten gründet auf griechisch-römisch-antiken Quellen (Literatur, Kunst), archäologischen Untersuchungen, der vergleichenden Sprachwissenschaft und der Geschichtswissenschaft seit dem Humanismus. II. Vorrömische keltische Geschichte reicht vom 6. bis 1. Jahrhundert v.Chr. (späte Hallstattzeit, Laténezeit) und lässt sich geografisch zunächst in Mittel- und Westeuropa, dann auch in Oberitalien, Spanien, Britannien, Irland und Kleinasien verorten (keltische Expansionen im 4/3. Jahrhundert v.Chr.). Mehr oder weniger Spezifisches lässt sich in Hinblick auf keltische Kulturen und Gesellschaften aussagen: Wirtschaft (Ackerbau und Viehzucht, Jagd, Bodenschätze [Erz, Salz]), Siedlungswesen (Höfe, Dörfer, Zentralorte und oppida), Handwerk und Kunst (Metall- und Holzverarbeitung, Keramik, Glas und Emaille, Schmuck, Textilien), Handel und Verkehr (Handelsstraßen und -flüsse, Handelsgüter, Mittelmeerraum), Gesellschaft (Arbeitsteiligkeit, soziale Gliederung, Gefolgschaftswesen), Religion (Gräber, Kultstätten, Götterverehrung, Druiden), Sprache (Namen, Inschriften, Festland- und Inselkeltisches). Mit der Einbeziehung keltischer Stämme in das römische Reich ab dem 3. Jahrhundert v.Chr. (römische Unterwerfung der Kelten in Mittel- und Oberitalien [bis 193 v.Chr.], der Keltiberer [bis 133 v.Chr.], der Gallier [bis 51 v.Chr.], der kleinasiatischen Kelten [bis 25 v.Chr.], von Teilen der britannischen Kelten [ab 43 n.Chr.]). Im römischen Reich erfolgte dann die Romanisierung der unterworfenen Kelten, wobei vielleicht keltische Kontinuitäten in Kultur, Kunst und Gesellschaft weiterbestanden (gallorömische Kultur: Neuerungen in der Landwirtschaft, Urbanisierung und römische Städteneugründungen, Gräber, Weihinschriften und Reliefs [Brigachquellstein], spätantike Landschafts- und Städtebezeichnungen). [Buhlmann, 01.2014]

Maier, Bernhard (2015), Geschichte Schottlands (= BSR 2844), München 2015, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 8,95. I. Schottland, mit dem südlich gelegenen England zu einer Insel verbunden, 79000 qkm groß, zeichnet sich mit seinen vorgelagerten Inseln ([Äußere, Innere] Hebriden, Orkneys, Shetlands) durch seine geologische (Präkambrium, Kambrium usw.) und geografische Vielfalt (Highlands, Mittleres Tiefland, Südliches Hügelland) aus. II. Frühe Jäger und Sammler lebten seit dem Mesolithikum in Schottland (9.-5. Jahrtausend v.Chr.), die Nordseeküste war um 6100 v.Chr. von einer Tsunami-Katastrophe betroffen. Neolithische Siedlungen datieren ab der 1. Hälfte des 4. Jahrtausends v.Chr. und weisen auf Viehzucht und Getreideanbau hin (Skara Brae, Barnhouse settlement). Jungsteinzeitlich sind die Kammergräber als gemeinschaftliche Bestattungsform (Galeriegräber [court cairns], stalled cairns), neolithische Kultstätten stellen der Hügel von Cairnpapple (um 3000 v.Chr) und die Steinkreise von Callanish, Stenness und Brodgar (3. Jahrtausend v.Chr., 1. Hälfte). Bronzezeitlich sind Funde wie die Bronzeaxt von Migdale (2200/2000 v.Chr.) oder das Grab von Culduthel (2000 v.Chr.); in der Spätbronzezeit (1200/1000 v.Chr.) wurde Schottland vom Ausbruch des isländischen Vulkans Hekla heimgesucht (Opfergaben im Duddingstonsee, 950/750 v.Chr.). Die um 700 v.Chr. beginnende Eisenzeit steht für keltische Geschichte und Kultur (Ausbreitung keltischer Kultur und Sprache, Akkulturationsvorgänge; Hügelfestungen [hillforts], Steinhäuser, crannógs); eisenzeitliche Funde sind die Erlenholz"göttin" von Ballachulish (600 v.Chr.), das Wagengrab von Newbridge (5. Jahrhundert v.Chr.), eine "Leier" von der Insel Skye (300 v.Chr.). III. Mit der Einbeziehung Englands in das römische Reich (ab 43 n.Chr.) geriet auch Schottland (Caledonia) seit der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts n.Chr. ins Blickfeld der Römer (römische Invasionen 71/74, 79/81 [Schlacht bei Trimontium], 83/84 [Schlacht beim Mons Graupius]). Die schottischen Stämme konnten indes in der Folge des Baus der Limesanlagen von Hadrians- und Antoninuswall (n. ca.118, 142/54) ihre (relative) Unabhängigkeit von Rom behaupten (römische Festung Cramond ca.140, 208/11; römische Invasion unter Kaiser Septimius Severus [193-211] 209/11). IV. In römische und nachrömische Zeit (Abzug römischer Truppen aus Britannien 409/10, Aufgabe Britanniens 440) gehören dann die Stämme Schottlands (Votadini/Gododdin u.a.) und die frühmittelalterlichen Königreiche Gododdin, Ystrad Clud/Alclud (bis 11. Jahrhundert) und Dál Riada (Gälen, Scot(t)i; König Fergus Mór [10./11. Jahrhundert]) sowie das Königreich der Pikten und das Königreich Fortriu (König Óengus I. [731-762]); aus den letzteren Herrschaftsbildungen entstand das schottische Königreich (Alba) angeblich (?) König Kenneths I. (9. Jahrhundert) der Alpindynastie bis auf König Malcolm II. (†1034). Das frühe Schottland hatte sich dabei mit den Wikingern und Dänen auseinanderzusetzen (Hebriden, Orkneys). In der Zeit des Übergangs von Antike zu Mittelalter verbreitete sich auch das Christentum in Schottland (Steine mit christlichen Inschriften [5. Jahrhundert, 2. Hälfte], Missionare Ninian, Mungo, Columban der Ältere). Der Alpindynastie folgte das Haus Dunkeld (1034-1286) u.a. mit den Königen David I. (1124-1153), William I. (1165-1214) und Alexander II. (1214-1249). Englische Einflüsse auf Schottland (Lehnswesen, Verwaltung) bis hin zur Oberhoheit (Vertrag von Falaise 1175) zeichneten das Hochmittelalter aus; die schottischen Könige engagierten sich in der Gregorianischen Kirchenreform (Klostergründungen [Dumferline, Holyrood, Melrose], Selbstständigkeit der schottischen Bischofskirche 1192), schottische Kultur äußerte sich beonders in der verschiedensprachigen Geschichtsdichtung. V. Das spätmittelalterliche Schottland wird eingeleitet durch die Schottischen Unabhängigkeitskriege (1296-1328 [Schlachten von Stirling 1297 und Falkirk 1298, Robert Bruce [†1329]; 1332-1357 [Vertrag von Berwick 1357]). Die schottische Stuartdynastie begann mit König Robert II. (1371-1390). Unter Robert II. und den Stuartkönigen Robert III. (1390-1406), Jakob I. (1406-1437), Jakob II. (1437-1460), Jakob III. (1460-1488) und Jakob IV. (1488-1513) kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit England (Schlachten von Otterburn 1388, Roxburgh 1436, Sark 1448, Flodden Field 1513; Verlust von Berwick upon Tweed 1482; Gewinn der Orkneys und Shetlands 1469, der Hebriden 1493). Innenpolitisch konnte das Königtum erfolgreich den schottischen Adel verdrängen und die Zentralisierung des Königreichs vorantreiben (Lehnswesen, königliche Städte [royal burhgs], Kronrat, Parlament), für die schottische Wirtschaft blieben weiterhin auf Ackerbau, Viehzucht und Fischerei maßgeblich, weiter der lokale, regionale und überregionale Handel (mercat crosses, Hafenstädte [Export, Import]; gesellschaftliche Hierarchie [Adel, Bauern, Leibeigene/Sklaven]). Im 15. Jahrhundert entstanden erste schottische Universitäten (St. Andrews 1410/13, Glasgow 1450, Aberdeen 1495, [Aberdeen 1583]). VI. Dem mit Frankreich verbündeten Schottenkönig Jakob V. (1513/28-1542) folgten dessen Tochter Maria Stuart (†1567) und die Niederlage gegen das England König Heinrichs VIII. (Schlachten bei Ancrum Moor 1545 und von Pinkie Cleugh 1547; Verträge von Boulogne 1550 und Norham 1551), während sich spätestens seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Reformation auch in Schottland durchsetzte (Scots Confession des Parlaments 1560); König Jakob VI. (1567-1625), der Sohn Maria Stuarts, war Protestant und verband ab 1603 als Jakob I. die Königreiche Schottland und England in Personalunion. Unter Jakobs Sohn Karl I. (1625-1649) kam es in Schottland zu den "Bischofskriegen" (1639/40; presbyterianische Kirche Schottlands [National Covenant], Covenanters und englischer Bürgerkrieg [ab 1642]). Die Herrschaft Oliver Cromwells (†1658) umfasste auch das von englischen Truppen besetzte Schottland, während unter den Stuartkönigen Karl II. (1660-1685) und (dem katholischen) Jakob II. (1685-1688/1701) die Personalunion weiterbestand. Die Glorious Revolution in England (1688) führte zur Herrschaft Wilhelms von Oranien (1689-1702) in England und Schottland. Nach der Act of Settlement des englischen Parlaments 1701, der Act of Security des schottischen Parlaments 1704 und einem englischen Handelsembargo gegenüber Schottland folgte 1707 die Realunion zwischen den beiden Königreichen letztlich unter den Königen des Hauses Hannover Georg I. (1714-1727), Georg II. August (1727-1760), Georg III. (1760-1820) usw. (Old Pretender 1708, Jakobitenaufstand 1715/16, Schlachten von Prestonpans 1745, Falkirk 1746 und Culloden 1745). Kunst, Literatur und Kultur Schottlands standen in der frühen Neuzeit unter den Voraussetzungen von Renaissance und Reformation (schottische Geschichtsschreibung u.a.), bedeutend war die schottische Aufklärung im 17./18. Jahrhundert (Francis Hutcheson [†1746], David Hume [†1776], John Knox Witherspoon [†1794], Thomas Reid [†1796], Dugald Stewart [†1828] u.a.), weitreichend die von James Macpherson (†1796) kolportierten angeblichen Werke Ossians. VII. Das 19. Jahrhundert sah Schottland als Teil Großbritanniens und des britischen Weltreichs (schottische Soldaten im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg [1775-1783], Spanischen Unabhängigkeitskrieg [1808-1814], Krimkrieg [1853-1856], Ersten Weltkrieg [1914-1918]), als Teil der wirtschaflich-gesellschaftlichen Entwicklung im Gefolge von Industrialisierung und Urbanisierung (James Watt [†1819], Kohleabbau und Schwerindustrie, Eisenbahnbau, Schiffsbau; schottische Auswanderung u.a. nach Kanada [Nova Scotia]; Staat und Kirche [Church of Scotland, United Presbyterian/Free Church of Scotland). Dabei kam es seit dem 19. Jahrhundert zu nationalen Bestrebungen in Schottland, die sich nicht zuletzt im Rahmen einer sich ausbildenden parlamentarischen Demokratie im schottischen Parteienwesen niederschlug (Scottish/Independent Labour Party, Scots National League/Scottish Party). Nach Zweitem Weltkrieg (1939-1945) und europäischer Integration Großbritanniens erlangte Schottland seit 1997 eine immer größere politische Autonomie innerhalb des britischen Herrschaftsverbunds (schottisches Parlament 1999, Referendum zur Abtrennung Schottlands vom Vereinigten Königreich 2014). Heute ist Schottland ein integraler Bestandteil der Europäischen Union und Großbritanniens, eingebunden in die Weltwirtschaft, ausgestattet mit seiner regionalen Kultur. Vgl. Höhn, Christian, Kostrzewa, Achim, Kostrzewa, Renate (1994), Schottland, Augsburg 1997, 144 S., Farbfotos, DM 19,95. [Buhlmann, 09.2015, 10.2019]

Maier, Ferdinand (2006), Der Bildstein von der Brigachquelle bei St. Georgen (Schwarzwald-Baar-Kreis), in: Germania 84,2 (2006), S.415-429. Wohl in die römische Zeit, in das endende 1., 2. oder beginnende 3. Jahrhundert, gehört ein Steindenkmal an der Brigachquelle bei St. Georgen, das mit einem Quellheiligtum in Verbindung gebracht werden kann. Der Reliefstein hat eine Länge von 0,56 m, eine Höhe von 0,27 m und ist mit einem Bildfeld auf der Vorderseite versehen. Das Denkmal zeigt, in einem Rahmen eingefasst, im Zentrum frontal einen Kopf auf einem Kandelaber, der links und rechts an den Rändern von zwei weiteren Köpfen flankiert wird, die sich dem Kopf in der Mitte zuwenden. Zwischen den drei Köpfen finden sich Tiere, und zwar links ein von links nach rechts laufender Hirsch, rechts ein Hase, der sich nach links wendet, darüber ein Vogel, vielleicht eine Taube. Der Kopf in der Mitte wird interpretiert als Abnoba, die römische Personifikation des Schwarzwaldes, der Kopf mit dem Hirsch als Cernunnos, als römischer Silvanus, der rechte Kopf als Astarte, Aphrodite, Venus; der Hase ist das Attribut der Abnoba. Eine andere Deutung geht von einer Brigia als keltischer Quellgottheit aus. [Buhlmann, 06.2008]

Maier, Wilhelm, Lienhard, Karl (1964), Geschichte der Stadt Triberg im Schwarzwald, Triberg 1964 > T Triberg

Maissen, Thomas (2013), Geschichte der Frühen Neuzeit (= BSR 2790), München 2013, 128 S., Karten, € 8,95. Die frühe Neuzeit ist die europäische Geschichte des 16. bis 18./19. Jahrhunderts. Ausgangspunkt geschichtlicher Entwicklungen in der frühen Neuzeit ist die Zeit um 1500 mit ihren ständisch gegliederten Gesellschaften, dem Humanismus und der Reformation, mit der portugiesischen und spanischen außereuropäischen Expansion (Afrika, Asien, Amerika). Das spanisch-habsburgische Jahrhundert (16. Jahrhundert) kulminiert im Kaisertum und Weltreich des Habsburgers Karl V. (1519-1556/58) bei habsburgisch-französischem Gegensatz und der vergeblichen Bekämpfung der Reformation; die 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts war die Zeit der Gegenreformation und der Loslösung der Niederlande aus dem Habsburgerreich (Achtzigjähriger Krieg 1568-1648) sowie der spanischen Staatsbankrotte trotz reicher Edelmetallzufuhr aus Amerika. Es folgt ein französisches Jahrhundert (17. Jahrhundert), eingeleitet mit dem Edikt von Nantes (1598) König Heinrichs IV. (1589-1610); der konfessionelle Ausgleich in Frankreich war dann bei einer zunehmend auf das Königtum ausgerichteten Verwaltung (Souveränitätslehre, Staatsraison Richelieus) eine der Voraussetzungen für Frankreichs Aufstieg zu einer europäischen Großmacht gerade auch während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) und der Regierungszeit des "Sonnenkönigs" Ludwig XIV. (1643-1715; Fronde 1648/53, Pyrenäenfrieden 1659, Absolutismus). Mit dem Westfälischen Frieden (1648) verband sich ein modernes Völkerrecht, das die Souveränität der europäischen Herrscher betonte (Navarra an Frankreich, Böhmen und Ungarn an Habsburg, Hohenzollern als Könige in Preußen, Welfen als englische Könige); die (nicht nur Mitteleuropa und Heiliges Römisches Reich betreffende) Friedensordnung wurde oftmals gestört, u.a. durch die englisch-niederländischen Seekriege (1652-1654, 1665-1667, 1672-1674; Niederlande als Welthandelsmacht), den Pfälzer Krieg (1689-1697), den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) und den Großen Nordischen Krieg (1700-1721) (Staatsbildungskriege ["Kabinettskriege"] und Souveränität, Herrscher und Stände). Eingeleitet durch die Glorious Revolution (1688; republikanischer Commonwealth Cromwells 1649, Wiederherstellung des englischen Königtums 1660, Großbritannien), wurde das 18. Jahrhundert zum britischen Jahrhundert, in dem sich Großbritannien (König, Parlament) als Welthandelsmacht gegen die Mitkonkurrenten Frankreich (Siebenjähriger Krieg 1756-1763) und Niederlande (4. englisch-niederländischer Krieg 1780-1784) durchsetzen konnte (Naturrecht und Aufklärung, Nation und Welthandel, wissenschaftliche Revolution; Aufstieg Preußens). Die frühe Neuzeit endet mit gesellschaftlichen Umbrüchen in Europa im Zusammenhang mit Industrialisierung und "politischen Revolutionen" (Französische Revolution 1789, napoleonische Neuordnung Europas). [Buhlmann, 02.2014]

Maiwald, Klaus u.a. (1994), Unterkirnach. Geschichte einer Schwarzwaldgemeinde, hg. v.d. Gemeinde Unterkirnach, Bietigheim 1994, 383 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Zeittafeln, Karten, DM N.N. I. Am Anfang der (mittelalterlichen) Geschichte Unterkirnachs, gelegen am östlichen Rand des mittleren Schwarzwaldes, steht der sog. Tennenbacher Güterstreit (1180/87) zwischen der Zisterze Tennenbach und dem Benediktinerkloster St. Georgen im Schwarzwald um das von dem zähringischen Ministerialen Werner von Roggenbach (†1180/85) den Zisterziensern geschenkte Gut Roggenbach (westlich der Kirnach). Die Zisterzienser aus Tennenbach konnten dabei das Roggenbacher Gut [unter dem Obereigentum St. Georgens] behaupten, das in der Folgezeit - zunächst als Grangie organisiert - zum Klosterbesitz auf der Baar (Aasen, Dauchingen, Roggenbach, Villingen) gehörte und auch besitzrechtliche Erweiterungen fand (Schenkungen König Friedrichs II. [1212-1250]: "Herzogswiese" 1219). Zu den Jahren 1275 und 1310 sind Streitigkeiten zwischen den Zisterziensern und der Stadt Villingen um Roggenbach bezeugt, zum Jahr 1290/91 Grenzstreitigkeiten im Kirnacher Gebiet zwischen der Stadt und dem Kloster St. Georgen. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts wurde die Grangienwirtschaft in Roggenbach aufgegeben, das Gut in Leiheland zergliedert und an Bauernfamilien verpachtet (Klosterhof, alte Lehen, neue Lehen, "Waldlehen", Zinswiesen); das Tennenbacher Güterbuch (1317/41) gibt auch Auskunft über Roggenbach. Im Jahr 1506 verkaufte das Kloster Tennenbach seine Güter auf der Baar an die Stadt Villingen. Nordwestlich von Roggenbach, zum Schwarzwald hin (in Oberkirnach), gab es das Herrschaftsgebiet der (erstmals 1185 bezeugten) Herren von Kirneck um deren (erstmals 1285 genannte) Burg. Der Name "Kirnach/Kirneck/Kürneck", auch 1244 als Kurna überliefert, ist die für einen vom Schwarzwald in die Brigach verlaufenden Bach, an dem auch Unterkirnach liegt (Kirnachtal). II. Als Teil der Villinger Gemarkung übte in der frühen Neuzeit die unter habsburgischer Herrschaft stehende Stadt die Niedergerichtsbarkeit im (Villinger Dependenzort) Unterkirnach (Dorf, Lehen, Umland) aus und zog Abgaben und Gefälle von den dort lebenden Personen ein (Rodel von 1506 und 1664, Häuserliste von 1723, Rügegerichtsordnungen von 1508 und ca.1652). Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) betraf auch die Unterkirnacher Einwohner schwer (1632/37). Im Zuge der gesellschaftlich-politischen Umwälzungen am Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Unterkirnach zusammen mit Villingen Teil des Großherzogtums Baden (1806). Verwaltungreformen (Ablösung von Zinsen, Zehnten, Weiderechten u.a.; Villinger Stadtwald, Flößerei), Infrastrukturmaßnahmen (Schule, Rathaus, Chausseen, Schwarzwaldbahn), Gewerbe (Uhrmacherei, Strohflechterei, Orchestrionherstellung), die (badische) Revolution von 1848/49, aber auch Auswanderung prägten die Geschichte Unterkirnachs im 19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert war Unterkirnach eine selbstständige Gemeinde, die u.a. als Luftkurort die Geschichte von deutschem Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalsozialismus und Bundesrepublik Deutschland mitmachte. Ab dem beginnenden 20. Jahrhundert siedelten sich auch evangelische Christen in Unterkirnach an (evangelische Kirchengemeinde); das katholische Dorf am Jakobsweg besaß im späten Mittelalter eine Kapelle als Villinger Filialkirche (Kapellengedenkstein von 1650, Friedhof 1663, Wiederaufbau der Kapelle 1715) und war ab 1787 Mittelpunkt einer katholischen Pfarrei (Armenfonds, Pfarrkirche von 1903). [Buhlmann, 10.2022]

Malerei. Lexikon von A bis Z. Geschichte der Malerei von den Anfängen bis zur Gegenwart, Köln 1986 > K Kunst

Mandelbrot, Benoit B. (1991), Die fraktale Geometrie der Natur, Basel-Boston-Berlin 1991 > S Stillwell, Mathematics

Manegold von Berg, Abt von St. Georgen, Bischof von Passau: Manegold, der jüngste Sohn des oberschwäbischen Grafen Diepold (II.) von Berg (1116/27-1160/66) und der Gisela von Andechs (†n.1160), war für eine geistliche Karriere bestimmt. In jungen Jahren wurde er Mönch, dann Abt von St. Georgen, wo er im Tennenbacher Güterstreit (1180-1187) die Besitzrechte des Schwarzwaldklosters verteidigte. Zudem erhielt Manegold die Leitung des österreichischen Klosters Kremsmünster (1183-1206), doch war er hier nicht unumstritten. Er wurde Abt im bayerischen Tegernsee (1190-1206) und gab nach 1193/94 die St. Georgener Abtswürde auf. Im Jahr 1197 beteiligte er sich am Kreuzzug ins Heilige Land, 1206 wurde er zum Bischof von Passau (1206-1215) gewählt. Vor dem Hintergrund der stauferfreundlichen Haltung der Grafen von Berg entfaltete Manegold mehrfach reichspolitische Aktivitäten und traf mit den Königen Heinrich VI. (1190-1197), Philipp von Schwaben (1198-1208), Otto IV. (1198-1215) und Friedrich II. (1212-1250) zusammen. Als Bischof war er am territorialen Ausbau seines Bistums interessiert; auch die Stadt Passau ließ er neu befestigen (1209). Manegold von Berg starb am 9. Juni 1215 in Wien.
Quellen und Literatur zu Manegold von Berg sind: Buhlmann, Michael (2003), Manegold von Berg - Abt von St. Georgen, Bischof von Passau (= VA 4), St. Georgen 2003, 52 S., € 4,-, Essen 22010, 80 S., € 6,-; Buhlmann, Michael (2003), Manegold von Berg - Abt von St. Georgen, Bischof von Passau: Quellen und Regesten (= VA 6), St. Georgen 2003, 68 S., € 4,-; Buhlmann, Michael (2004), Der St. Georgener Abt Manegold von Berg auf dem Dritten Laterankonzil (März 1179)?, in: Heimatbote 15 (2004), S.3-9. [Buhlmann, 09.2003, 11.2003, 12.2004, 10.2010, 07.2013]

Manilius, Marcus, Astronomica. Astrologie. Lateinisch-Deutsch, hg. v. Wolfgang Fels (= RUB 18555), Stuttgart 2008, 531 S., € 16,- > Lateinische Literatur > M Manilius

Mann, Bernhard (2006), Kleine Geschichte des Königreichs Württemberg 1806-1918, Leinfelden-Echterdingen 2006 > W Württemberg

Mann, Christian (2013), Die Gladiatoren (= BSR 2772), München 2013, 127 S., Schwarzweißabbildungen, 1 Karte, 1 Zeittafel, € 8,95. In der etruskischen und italischen Kultur der Antike sind - im Zusammenhang mit der Bestattung hochgestellter Persönlichkeiten - Phersu-Kämpfe (6. Jahrhundert v.Chr.) bzw. Zweikämpfe (4. Jahrhundert v.Chr.) bezeugt, die vielleicht Vorläufer der Gladiatorenkämpfe im römischen Kulturbereich waren. Erstmals sind für Rom zum Jahr 264 v.Chr. (Bestattung des Decimus Iunius Brutus Pera) Gladiatorenkämpfe (munera) überliefert. In der mittleren und späten Republik dienten die munera der Selbstdarstellung der aus Senatoren und Rittern bestehenden Oberschicht innerhalb eines Konkurrenzkampfes um Ämter und Macht (lex Tullia de ambitu 63 v.Chr.). Seit augusteischer Zeit bestand der Zusammenhang zwischen Bestattungsritualen und Gladiatorenkämpfen nicht mehr (22 v.Chr.), während sich die munera mindestens seit dem endenden 3. vorchristlichen auch außerhalb Italiens im römischen Reich, auch im griechischen Osten verbreitet hatten. In der römischen Kaiserzeit bis zur Spätantike sind in Rom die Kaiser und die römischen Magistrate als Ausrichter von Gladiatorenkämpfen bezeugt (Eröffnung des Kolosseums 80 n.Chr., Triumph Kaiser Trajans 107 n.Chr., Kaiser Commodus als Gladiator 192 n.Chr.), in Italien und in den Provinzen richteten Mitglieder der städtischen Oberschichten und die Kaiserpriester (römischer Kaiserkult) munera aus, die aber auch (finanziellen) Beschränkungen von Seiten der römischen Zentrale unterlagen (177 n.Chr.). Ab dem 4. Jahrhundert ist dann ein Rückgang der Gladiatorenkämpfe im römischen Reich zu beobachten, Gladiatorenkämpfe im Kolosseum sind letztmalig für 434/35 n.Chr. bezeugt; mit der Christianisierung des römischen Reiches fiel teilweise die organisatorische Grundlage für munera weg (Kaiserpriester), Gladiatoren zwischen Leben und Tod erinnerten zudem in ihrer Symbolik an Tod und Auferstehung von Jesus Christus; moralische Einwände (von Heiden oder Christen) treten demgegenüber zurück. In der späten Republik und in der römischen Kaiserzeit waren Gladiatoren Sklaven, Kriegsgefangene, (durch Gerichtsurteil für eine gewisse Zeit übereignete) Verbrecher, aber auch Freiwillige (auctorati); sie unterlagen - soweit sie Freie waren - rechtlichen Beschränkungen (infamia), lebten in Gladiatorenkasernen (ludi; familia) und wurden von lanistae an munenarii, die Ausrichter von Gladiatorenkämpfen, ausgeliehen (palus als Rangklasse eines Gladiators, Gladiatoren verschiedener Rangklassen). Üblicherweise fanden Gladiatorenkämpfe im (hölzernen, steinernen) Amphitheatern statt (steinernes Amphitheater des Statilius Taurus in Rom 29 v.Chr.), zeitlich nach den Tierhetzen (venationes) und den Hinrichtungen von Verurteilten. Gekämpft wurde in Zweikämpfen in verschiedenen Waffengattungen (armaturae [Schutz, Bewaffnung]; retiarius, secutor, thraex, murmillo, hoplomachos, provocator, eques, essedarius, bimachairos [arbelas]). Die von einem Schiedsrichter überwachten Kämpfe konnten unentschieden (stantes missi), durch den Tod eines Kämpfers oder durch die Niederlage eines Gladiators enden; im letzten Fall entschieden die Zuschauer oder der Kaiser über Leben und Tod des Unterlegenen (missio als Begnadigung des Gladiators; Zusammenwirken von Kaiser und Volk bei Gladiatorenkämpfen in Rom [römisches Gemeinschaftsbewusstsein, römische Tugenden, "Brot und Spiele"]). Über das Schicksal einzelner Gladiatoren (und Gladiatorinnen) - jenseits eines Spartacus (Spartacus-Aufstand 73-71 v.Chr.) - berichten hauptsächlich Grabsteine. In den Provinzen des römischen Reiches stand die Ausbreitung der Gladiatorenkämpfe im (weiteren) Zusammenhang mit der Romanisierung und der Anwesenheit römischer Soldaten und Truppen. [Buhlmann, 05.2013]

Mann, Frido, Mann, Christine (Hg.) (2021), Im Lichte der Quanten. Konsequenzen eines neuen Weltbilds (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2021), Darmstadt 2021, 334 S., Schwarzweißabbildungen, ca. € 10,-. Zentral für die moderne Physik ist die Quantenphysik, die ein neues, nicht nur physikalisches Weltbild der Moderne prägt. Neben den aus der Quantenphysik resultierenden technischen Entwicklungen weisen die nicht mehr im Sinne der klassischen Physik deutbaren und vorherbestimmbaren Strukturen auf der Ebene der Elementarteilchen auf einen Zusammenhang zwischen Geist und Materie im Sinne einer [sher wohl umstrittenen] "Protyposis-Theorie" von Informationsquanten und Quantenbits. Diese Theorie bringt damit Physik und menschliche Evolution des Bewusstseins zusammen (Christine Mann, Das Geistige als Grundlage unserer Welt?; Thomas Görnitz, Ein Weg zur Erleuchtung - Erkenntnisse der Naturwissenschaft; Brigitte Görnitz, Der evolutionäre Weg zum menschlichen Bewusstsein) und bietet Ansatzpunkte der Anwendung (Ralf Krüger, Die Grundfrage der psychosomatischen Medizin; Brigitte Görnitz, Ich fühle und ich denke - der individuelle Weg zum Selbst) und einer neuen Weltsicht in Geselschaft und Geschichte (Claudia Nemat, Quantenphysik und Echtzeitgesellschaft; Frido Mann, Demokratie als Aufgabe und Verantwortung; Till Keil, Spiritualität oder die offene Weite; Ernst Ulrich von Weizsäcker, Aufklärung in neuer Richtung; Christine Mann, Wir gestalten unsere Welt). [Buhlmann, 03.2021]

Mann, Golo, deutscher Historiker, Biograf und Publizist: Geboren 1909 als Sohn des Schriftstellers Thomas Mann (*1875-†1955), studierte Golo Mann Philosophie und Geschichte in Berlin und Heidelberg, wo er in Philosophie promovierte (1932). Vor den Nationalsozialisten floh Mann 1933 aus Deutschland und hielt sich die nächsten Jahre u.a. in Frankreich (St. Cloud, Rennes) und der Schweiz (Zürich), hier als Redakteur der Zeitschrift Maß und Wert (1939/40), auf. Ab 1940 hielt sich Mann in den Vereinigten Staaten von Amerika auf, wo er als Historiker eine Lehrtätigkeit am Olivet College (Olivet) ausübte (1942/43), um danach als Soldat der US Army nachrichtendienstlich am Zweiten Weltkrieg (1939-1945) in Europa teilzunehmen. Nach Ende des Krieges war Mann u.a. Gastprofessor in Münster (1958/59) und Professor für politische Wissenschaft an der Technischen Universität Stuttgart (1960/64). Seine wichtigen Publikationen - besonders als freier Historiker und Publizist - sind: Friedrich von Gentz. Geschichte eines europäischen Staatsmannes (1947), Vom Geist Amerikas (1954/61), Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts (1958), Geschichte und Geschichten (1961), Wallenstein (1971), Zwölf Versuche (1973), Erinnerungen und Gedanken (1986), Wir alle sind, was wir lesen (1989), Wissen und Trauer (1992). Golo Mann, der seine letzten Lebensjahrzehnte in der Schweiz lebte, starb im Jahr 1994.
An Publikationen von Golo Mann seien genannt: Mann, Golo (1938/79), Zeiten und Figuren. Schriften aus vier Jahrzehnten (= Fischer Tb 3428), Frankfurt a.M. 1979, 451 S., DM 12,80; Mann, Golo (1958), Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Sonderausgabe, Frankfurt a.M. 171983 > D Deutsche Geschichte, 1789-1815; Mann, Golo (1971), Wallenstein, Frankfurt a.M. 1978 > D Dreißigjähriger Krieg; Mann, Golo (1971), Wallenstein (= Spiegel Edition), Hamburg 2006 > D Dreißigjähriger Krieg; Mann, Golo (1989), Wir alle sind, was wir lesen. Aufsätze und Reden zur Literatur, Frankfurt a.M. 1989 > L Literatur [Buhlmann, 12.2017, 05.-07.2021, 07.2022]

Mann, Heinrich, deutscher Schriftsteller: I. Heinrich Mann wurde am 27. März 1871 als Sohn des Lübecker Kaufmanns und Senators Thomas Johann Heinrich Mann in Lübeck geboren. Er lebte dort zusammen mit seinen vier Geschwistern und den Eltern; eine Buchhandelslehre in Dresden barch er ab, es folgte u.a. ein Voluntariat beim Berliner S. Fischer-Verlag. Ab dem Jahr 1891 war er als Schriftsteller tätig. Politisch links, pazifistisch, antifaschistisch und sozialdemokratisch eingestellt, floh er 1933 aus Deutschland und lebte seit 1940 im US-amerikanischen Kalifornien im Exil. Heinrich Mann starb am 12. März 1950 im kalifornischen Santa Monica. II. An literarischen Werken wurden von Heinrich Mann veröffentlicht: "Haltlos" (1891), "In einer Familie" (1894), "Im Schlaraffenland" (1900), "Die Jagd nach der Liebe" (1903); Mann, Heinrich (1905), Professor Unrat. Roman (= rororo 35), 1951, Nachdruck Hamburg 1974, 152 S., DM 3,80, 1951, Nachdruck Hamburg 1988, 185 S., DM 6,80; "Stürmische Morgen" (1906), "Zwischen den Rassen" (1907), "Die kleine Stadt" (1909), "Die Armen" (1917); Mann, Heinrich (1918), Der Untertan. Roman (= dtv 256), München 151977, 364 S., DM 6,80, München 191979, 364 S., DM 6,80, 442 S., München 351993, DM 12,90, Mann, Heinrich (1918), Der Untertan. Roman (= Universalbibliothek 72), Leipzig 1980, 402 S., M 2,- (über den den deutschnational gesinnten Unternehmer und Untertan des Kaisers Diederich Heßling und dessen gesellschaftlichen Aufstieg in der Stadt Netzig im deutschen Kaiserreich [Vater und Kindheit, Chemiestudium und Promotion in Berlin, Begegnungen mit dem Kaiser in Berlin und später in Rom, Rückkehr nach Netzig, Papierfabrik, Geschwister, Heirat und Kinder, Politik, Sozialdemokratie und Liberale, Netziger Kaiserdenkmal]); "Diktatur der Vernunft" (1923), "Vereinigte Staaten von Europa" (1924), "Der Kopf" (1925), "Mutter Marie" (1927), "Eugénie" (1928), "Ein ernstes Leben" (1932), "Die Jugend des Königs Henri Quatre" (1935); Mann, Heinrich (1938), Die Vollendung des Königs Henri Quatre. Roman (= rororo 13488), Frankfurt a.M. 212004, 907 S., € 10,90; "Ein Zeitalter wird besichtigt" (Memoiren, 1946), "Der Atem" (1949) u.a. [Buhlmann, 06.2020, 07.2021, 07.2023]

Mann, Thomas, deutscher Schriftsteller: Thomas Mann wurde am 6. Juni 1875 als Sohn des Lübecker Kaufmanns und Senators Thomas Johann Heinrich Mann in Lübeck geboren. Er lebte dort zusammen mit seinen vier Geschwistern und den Eltern; der Vater starb, als Thomas sechszehn war. Thomas war Schüler im Katharineum, einem Lübecker Gymnasium. Schon früh verfasste er Aufsätze für Zeitschriften, interessierte sich darüber hinaus für Kunst, Literatur und Philosophie. Nach Beendigung der Schule (1894) wurde er Volontär bei einer Versicherungsgesellschaft, eine Stelle, die er alsbald (1895) aufgab, als seine erste Novelle Gefallen (1894) erschien. Der volljährige Thomas Mann (1896) wandte sich nun vollends der Schriftstellerei zu. Er veröffentlichte Beiträge für konservative Zeitschriften, u.a. für die Zeitschrift Das zwanzisgste Jahrhundert, deren Herausgeberschaft kurzzeitig sein älterer Bruder Heinrich Mann innehatte. Die erste Novellensammlung Der kleine Herr Friedemann sollte folgen (1897). 1901 erschien sein erfolgreicher Gesellschaftsroman Buddenbrooks, aufgeteilt in zwei Bände; für die Buddenbrooks erhielt er den Nobelpreis für Literatur (1929). Thomas Mann heiratete seine damalige Freundin Katia Pringsheim, mit der er sechs Kinder hatte (1905). Als weitere Erzählungen sind für die wohl wichtigsten Jahrzehnte von Manns schriftstellerischem Schaffen zu nennen: Tonio Kröger (1903), Tristan (1903), Das Eisenbahnunglück (1909), Der Tod in Venedig (1911), Tristan und Isolde (1923), Der Zauberberg (1924), Mario und der Zauberer (1930). Auch war Mann in der Weimarer Republik als (politischer) Essayist erfolgreich ("Deutsche Ansprache" 1930). Die nationalsozialistische "Machtergreifung" (1933) traf Thomas Mann auf einer Europareise; er beschloss, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren (Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft 1933, Reisen in die USA 1934/35, Verleihung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft 1936). Die endgültige Übersiedlung in die USA erfolgte 1938; Thomas Mann arbeitete u.a. als Gastprofessor an der Universität Princeton und führte Leserreisen durch. Nach einer weiteren Europareise (1939) konnte Mann seinen Goethe-Roman Lotte in Weimar veröffentlichen. Zwischen 1940 und 1945 - während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) - hielt der Schriftsteller gegen die nationalsozialistische Regierung in Deutschland Radioreden unter dem Titel "Deutsche Hörer!", die über die BBC nach Deutschland hin ausgestrahlt wurden. Ab 1941 wohnten Mann und seine Familie an der kalifornischen Pazifikküste. 1944 wurde Thomas Mann US-amerikanischer Staatsbürger, 1946 konnte sein Lungenkrebsleiden operativ kuriert werden. Währenddessen entstand Manns Roman Doktor Faustus (1947). Das Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) ermöglichte Mann die Rückkehr nach Europa. Nach einem ersten Besuch im Nachkriegsdeutschland (1949) siedelte der Schriftsteller - auch als Opfer des "Komitees für unamerikanische Umtriebe" (1951) - nach Zürich, wo er ein Haus in Kilchberg erwarb (1952/54). Thomas Mann starb dort am 12. August 1955, sein Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull blieb Fragment. Zahlreich waren die Literaturpreise und Ehrungen, die Thomas Mann im Laufe seines Lebens erhielt, u.a.: Ehrendoktorwürde der Universität Bonn (1919, 1936 aberkannt, 1946 erneuert), Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1932), Ehrendoktorwürden der Harvard, Columbia, Yale, Princeton University (1935/39), Ehrendoktorwürde der University of Oxford und der Universität Lund (1949), Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main (1949), Ehrenbürger der Stadt Weimar (1949), Goethe-Nationalpreis (1949), Premio Feltrinelli (1952), Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Künste (1955), Ehrenbürger der Stadt Lübeck (1955), Pour le Mérite/Friedensklasse (1955), Ehrendoktorwürde der ETH Zürich (1955). Wirkung und Renommee Thomas Manns als Person und Schriftsteller blieben zu seinen Lebzeiten und nach seinem Tod umstritten.
Von den zahlreichen Publikationen Thomas Manns als Schriftsteller seien hier genannt: Mann, Thomas (1901), Die Buddenbrooks. Verfall einer Familie, Gütersloh 1957, 700 S., DM 7,80; Mann, Thomas (1901), Die Buddenbrooks. Verfall einer Familie, Freiburg i.Br. 1968, 636 S., DM N.N.; Mann, Thomas (1901), Buddenbrooks, Gütersloh o.J., 573 S., DM N.N.; Mann, Thomas (1901), Buddenbrooks. Verfall einer Familie, Stuttgart-Hamburg-München o.J., 673 S., DM N.N.; Mann, Thomas (1901), Die Buddenbrooks. Verfall einer Familie (= Fischer Tb 9431), Frankfurt a.M. ?1994, 759 S., DM 19,90, Frankfurt a.M. 562007, 759 S., € 10,-; Mann, Thomas (1901), Buddenbrooks. Verfall einer Familie (= Fischer Tb 13542), Frankfurt a.M. 1996, 759 S., DM 10,-; Mann, Thomas (1903), Tonio Kröger (= S. Fischer Schulausgaben: Texte moderner Autoren), 1922, Nachdruck Berlin 1969, 91 S., DM 2,20 (als eine [auch autobiografisch interpretierbare] Aneinanderreihung von Episoden aus dem Leben des Lübecker Kaufmannssohns und Schriftstellers Tonio Kröger und allgemeine Erörterung zum Zwiespalt zwischen Natur und Geist, zwischen Bürgerlichkeit und Künstlertum, zwischen Liebe und Literatur); Mann, Thomas (1903/30), Tonio Kröger. Mario und der Zauberer (= Fischer Tb 1381), Frankfurt a.M. 101979, 124 S., DM 3,80, Frankfurt a.M. 362000, 127 S., DM 11,90; Mann, Thomas (1909), Königliche Hoheit. Roman (= Fischer Tb 2), Frankfurt a.M. 71956, 254 S., DM 1,90, Frankfurt a.M. 101958, 254 S., DM 2,20; Mann, Thomas (1909), Königliche Hoheit. Roman, Sonderausgabe, Nachdruck Frankfurt a.M. [2]1975, 384 S., DM 24,-; Mann, Thomas (1909), Das Eisenbahnunglück. Novellen (= SP 868), München 1988, 77 S., DM 7,80; Mann, Thomas (1924), Der Zauberberg. Roman, Stuttgart-Hamburg o.J., 750 S., DM N.N.; Mann, Thomas (1924), Der Zauberberg (= Fischer Tb 9433), Frankfurt a.M. ?1994, 998 S., DM 24,90; Mann, Thomas (1930), Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis (= Fischer Tb 9320), Frankfurt a.M. 172002, 107 S., € 5,90; Mann, Thomas (1933/48), Joseph und seine Brüder, Frankfurt a.M. 2007, 1334 S., € 25,- (zusammengestellt aus den Romanen: Die Geschichten Jaakobs; Der junge Joseph; Joseph in Ägypten; Joseph, der Ernährer; Joseph und seine Brüder); Mann, Thomas (1939), Lotte in Weimar. Roman (= Sonderausgabe), Gütersloh o.J. [1975], 407 S., DM N.N.; Mann, Thomas (1947), Doktor Faustus (= Fischer Tb 9428), Frankfurt a.M. ?1993, 672 S., DM 22,90; Mann, Thomas (1951), Der Erwählte, Berlin-Darmstadt-Wien [1974], 261 S., DM N.N. (nach dem Gregorius des Hartmann von Aue); Mann, Thomas (1954 u.a.), Der Tod in Venedig (und andere Erzählungen) (= Fischer Tb 54), Frankfurt a.M.-Hamburg 91960, 241 S., DM 2,40; Mann, Thomas (1955), Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (= Fischer Tb 639), Nachdruck Frankfurt a.M. 1982, 300 S., DM 7,80, Nachdruck Frankfurt a.M. 1986, 300 S., DM 8,80; Mann, Thomas (1955), Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (= Fischer Tb 9429), Frankfurt a.M. ?1997, 398 S., DM 15,80. Zu Thomas Mann s.: Dittmann, Ulrich (Bearb.) (1971), Thomas Mann: Tristan (= RUB 8115), Nachdruck Stuttgart 1983, 96 S., DM 2,20; Schröter, Klaus (1964), Thomas Mann (= rm 93), Reinbek b.H. 1964, 173 S., Schwarzweißfotos, Zeittafel, DM 2,80. [Buhlmann, 1994, 04.2018, 11.2019, 01.2020, 02.2020, 07.2020, 09.2020, 05.2021, 07.2021, 03.2022, 05.2022, 08.2022, 10.-11.2022, 03.2023, 08.2023, 10.2023, 02.2024]

Manns, Peter (1982), Martin Luther. Der unbekannte Reformator. Ein Lebensbild (= Herder Tb 1188), Freiburg-Basel-Wien 1985 > L Luther, Martin

Manvell, Roger (1982), Die Herrschaft der Gestapo (= Moewig Dokumentation 4319), München 1982 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Manz, Dieter (2008), Die Gotteshäsuer der Katholischen Kirchengemeinde St. Moriz in Rottenburg-Ehingen. Geschichte - Kunstwerke, Rottenburg 32008 > R Rottenburg

Mao Zedong, chinesischer Diktator: Das China des 20. Jahrhunderts war mit dem Ende des chinesischen Kaiserreichs, der chinesischen Revolution, der Durchsetzung des Kommunismus und dem Aufstieg Chinas zur militärischen und wirtschaftlichen Groß- und Weltmacht durch massive Veränderungen geprägt. Die chinesische Republik hatte nicht lange Bestand; Kriegsherren beherrschten (ab 1912) das Feld, ebenso Japan (Erster Weltkrieg [1914-1918]), zunehmend auch Guomindang (GMD) und Kommunistische Partei Chinas (KPCh; 1917 russische Oktoberrevolution). Chiang Kai-shek (†1975) und die Guomindang stellten eine nur oberflächliche Einheit Chinas her (1926/28; 1927-1937 Nanjinger Jahrzehnt), während sich chinesische Kommunisten und Guomindang immer weiter entfremdeten. Unter den Kommunisten entwickelte sich Mao Zedong (*1893-†1976), einer der Gründer der Kommunistischen Partei Chinas, zu einer überragenden Führungsgestalt während des Langen Marschs der kommunistischen Armee (Rote Armee) (1934/35), um sich der Guomindang zu entziehen (Neuorganisation von Partei und Roter Armee in Shanxii). Im Rahmen des Zweiten Weltkriegs (1937-1945) eroberten die Japaner China, nach der Kapitulation Japans (1945) begann der Chinesische Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Guomindang (1946-1948); 1949 rief Mao als Vorsitzender des Zentralkomitees der KPCh die kommunistische Volksrepublik China aus, während Maos Gegenspieler Chiang Kai-shek sich mit seinem Guomindang-Truppen nach Taiwan zurückziehen musste (Republik Taiwan). Die KPCh und Mao Zedong sollten fortan die Geschicke Festlandchinas als totalitärer Einparteienstaat bestimmen. Zur chinesischen Politik gehörten die Anlehnung an die kommunistische Sowjetunion (1950 Verzicht auf die Äußere Mongolei u.a.), eine expansive Außenpolitik (1950/51/59 Einbeziehung Tibets, 1950/53 Koreakrieg), die Entwicklung Chinas zur Atommacht (1968) bis hin zum Beitritt Chinas zur UN (1971). Nach innen geschah die Chinesische Landreform (1949 Zuweisung von Grundbesitz an Bauern ohne Land, 1953 Landkollektivierung), gefolgt von Kampagnen gegen "Klassenfeinde" (1950/52) und vom Beschluss des ersten Fünfjahresplan einer kommunistischen Planwirtschaft (1953). Reformen und politische Kampagnen sollten dabei das kommunistische Regime stabilisieren. 1954 gab sich die chinesische Volksrepublik eine Verfassung; Mao wurde Staatspräsident. Die "Hundert Blumen"-Kampagne (1956), der "Große Sprung nach vorn" (1958/61), der eine massive Industrialisierung Chinas vorsah, und eine sozialistische Erziehungskampagne (1963) waren ebenfalls Teil der "permanenten Revolution" Maos, die mit der "Kulturrevolution" (1966/69/75) ihr Ende fand. Insgesamt kosteten die verfehlten kommunistischen Staatsdirektiven und politischen Säuberungen Maos 40 bis 80 Millionenn Menschen das Leben u.a. in der Großen Chinesischen Hungersnot (1959/61). Um 1960 war die Stellung Maos innerhalb der KPCh durch die Fehlentwicklungen innerhalb von Landwirtschaft und Industrie geschwächt, die "Kulturrevolution" ("Viererband", Rote Garden) stärkte auch durch die Beseitigung von Konkurrenten innerhalb der KPCh die Stellung Maos im chinesischen Machtsystem wieder (1972 Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Richard Nixon bei Mao in Peking, 1973 erster Schlaganfall). Mao starb am 9. September 1976 in Peking. Die politische Hinterlassenschaft Maos bleibt zwiespältig zwischen (Staats-) Mythos und Mao-Kult (Kommunismus und Maoismus, "Mao-Bibel") auf der einen und Mao als Diktator und Verbrecher auf der anderen Seite.
Zu Mao Zedong s.: Grimm, Tilemann (1968), Mao Tse-tung (in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten) (= rm 141), Reinbek b.H. 41970, 181 S., Abbildungen, Zeittafel, DM 3,80; Snow, Edgar (1938), Roter Stern über China. Mao Tse-tung und die chinesische Revolution (= Fischer Tb 1514), Frankfurt a.M. 1974, 510 S., DM 8,80. [Buhlmann, 05.2022]

Marasovic, Tomislav (1967), Split. Die Denkmäler des historischen Zentrums, Zagreb 1967, 50 S., Schwarzweißabbildungen, Farbplan. Auf der Halbinsel des dalmatinischen Orts Split reichen Siedlungsspuren bis in die Bronzezeit zurück, eine am Meer gelegene (illyrische?, griechische?) Siedlung namens Aspalatos wird im 3. Jahrhundert v.Chr. in griechischen Geschichtsquellen erwähnt. Die Siedlung (mit einer Palastanlage?) wird auch in frührömischer Zeit noch bestanden haben. Sie stand im Schatten der benachbarten Stadt Salona. Gegen Ende des 3. Jahrhunderts n.Chr. sollte Aspalatos der Ort des Palastbaus des römischen Kaisers Diokletian (284-305) werden. In über zehnjähriger Bauzeit wurde durch die Baumeister Zotikos und Lotas eine annähernd rechteckige, 215m mal 180m große Palastanlage errichtet, umgeben von Mauern und (Eck-) Türmen, versehen mit drei Toren und einer Anlegestelle; im Innern des Mauergevierts befanden sich entlang von decumanus und cardo zahlreiche Gebäude, u.a. Tempel und das Mausoleum des Kaisers sowie dessen Privaträume, zur Seeseite hin gelegen, und Höfe. Im frühen Mittelalter ermöglichte die Zerstörung Salonas durch Awaren und Slawen (614) den Aufstieg Spalatos/Splits zur (Hafen-) Stadt. Der Ort wurde Bischofssitz (Diokletianmausoleum als Dom, Jupitertempel als Taufkirche) und Verwaltungsmittelpunkt im byzantinischen Reich. Nach venezianisch-kroatischem Zwischenspiel (Slawisierung Splits im 10./11. Jahrhundert) war seit dem beginnenden 12. Jahrhundert ein weitgehend autonomes Split im Herrschaftsbereich der ungarisch-kroatischen Könige einbezogen. Die wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit der Stadt dauerte bis zur Unterstellung der Stadt unter Venedig (1420). Im 15. Jahrhundert war der Ort Teil der venezianischen terra ferma, in der frühen Neuzeit Festung gegen das Vordringen der osmanischen Türken. Split nahm kulturell an Humanismus und den Kunstströmungen des 17. und 18. Jahrhundert teil. Mit dem Ende der venezianischen Republik (1797) gelangte die Stadt an Österreich-Ungarn, gesellschaftlicher Wandel und Industrialisierung machten aus dem Ort eine Großstadt, zumal im Königreich Jugoslawien der Zeit nach dem 1. Weltkrieg (1914-1918) bzw. im sozialistischen Jugoslawien nach dem 2. Weltkrieg (1939/41-1945). Erhalten geblieben sind in Split die Reste des Diokletianspalast (Süd-, Nord-, West-, Osttor, Nordost-, Südostturm, nördliche, östliche Mauer, südliche Palastfassade, Keller, Peristyl, kleiner Saal mit Apside), mittelalterliche Kirchen- und Klostergebäude (Dom, Taufkirche, Martins-, Benedikt-, Dominikus-, Michaelskirche), profane Gebäude des Mittelalters und der frühen Neuzeit (vorromanisches Gebäude, spätgotischer Palast der Patrizierfamilie Cambj, Palast Karepic, Palast Agubio, Palast Tartaglia, altes Rathaus, mittelalterliche Stadtmauer, Civran-Bollwerk, Cornaro-Bollwerk, Conarini-Bollwerk). [Buhlmann, 11.2016]

Marc Aurel, römischer Kaiser: Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, übers. v. Wilhelm Capelle (1933) (= KTA 4), Stuttgart 111967, LX, 204 S., DM 6,50; Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, übers. v. Arno Mauersberger (1949), Augsburg 1997, XXV, 186 S., € 4,-; Marc Aurel, Wege zu sich selbst, hg. v. Willy Theiler (1951) (= BdAW RR [7]), Zürich 1951, 347 S., DM 4,-; Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, übers. v. Otto Kiefer (1991) (= it 1374), Frankfurt a.M.-Leipzig 1992, 206 S., DM 13,80. Die auf Griechisch verfassten "Selbstbetrachtungen" (oder "An sich selbst") des römischen Kaisers Marc Aurel (160-181) bieten von ihren 12 Büchern her eine disparates Bild. Die Reihenfolge der Bücher ist unklar; Buch 1 in der Ich-Form erinnert an ein Testament, die Bücher 2-12 sind in der Du-Form verfasst. Die philosophisch-stoische Schrift kreist (durchaus ermüdend) um ein gemeinnütziges, schlichtes, bescheidenes und ehrliches Leben. Marc Aurel reflekiert über die Kürze dieses Lebens, das von der Vorsehung und damit von Vernunft und Ordnung als Verbindung zum Göttlichen bestimmt wird. Dem entspricht die gesellschaftliche Rolle Marc Aurels, Kaiser zu sein, ohne zu "verkaisern". Dem entspricht, den Körper der (naturgemäßen) Askese zu unterwerfen, den Verstand aber im Sinne der Philosophie zu kontrollieren. Alles dies steht aber im Schatten des Todes und eines (nur) eventuellen Weiterlebens danach. Vgl. Fündling, Jörg (2008), Marc Aurel (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2008), Darmstadt 2008 > G Gestalten der Antike. [Buhlmann, 01.2013, 09.2023, 02.2024]

MarbTS = Marburger Theologische Studien

Marco Polo, mittelalterlicher Asienreisender: I. Der Venezianer Marco Polo (*1254-†1324), Sohn des wohlhabenden Fernhändlers Niccolò Polo, ist bekannt geworden durch den auf Frankoitalienisch verfassten Bericht über eine Reise von Venedig nach China, die er, noch jung an Jahren, zusammen mit Vater und Onkel unternahm (1271-1295). Während Niccolò und sein Bruder Matteo dabei unter Ausschaltung des Zwischenhandels weiterhin Handelsgeschäfte tätigten, wurde aus Marco nach Ankunft in Khanbaliq/Peking (1275) für zwanzig Jahre ein "Mann" (home, semuren) des Khans, ein Gefolgsmann Kublai Khans (1260/71-1294), des mongolischen Herrschers über (das Khanat) China (Yuan-Dynastie 1260/71-1368). In Diensten des (Groß-) Khans war Marco, der neben dem Italienischen vier Fremdsprachen (darunter Persisch und Mongolisch) beherrschte, u.a. bei der mongolischen Eroberung Südchinas dabei (1279), begleitete eine Handelskarawane nach Indien und war für den Khan in Persien (in untergeordneter Position) diplomatisch tätig. Während die Hinreise von Venedig in das mongolische Reich Kublais über Land erfolgt war, kehrte Marco als "enkulturierter Mongole" hauptsächlich über den Seeweg nach Europa zurück (1291/95). II. Frucht der vielfältigen Abenteuer in Asien war der Divisament dou monde Marco Polos, der Reisebericht (n.1299?), zu dem der Reisende seine Erlebnisse beitrug und der ihn bald bekannt und berühmt machte und auch früh ins Französische übersetzt wurde (1307). Ein gewisser Rustichello da Pisa soll die Geschehnisse um Marco Polo in die literarische Form des Berichts gegossen haben. Der Divisament konnte dann dem lesenden Publikum zur literarischen Unterhaltung, geistlichen Erbauung und ethnografisch-geografischen Erkundung dienen sowie als praktische Reiseanleitung. Der zwei Bücher (in 56 bzw. 79 Kapiteln) und einen Epilog enthaltende Reisebericht hat den Khan, dessen Herrschaft (Hof, Heerwesen, Rechtswesen) und die mongolische Gesellschaft (Religion, Bräuche) zum Inhalt; kulturelle und kritische Distanz hielt Marco Polo zu den unterworfenen Chinesen. Vgl. Marco Polo (n.1299?), Beschreibung der Welt. Die Reise von Venedig nach China (1271-1295), hg. v. Detlef Brennecke (2003), Wiesbaden 32016, 320 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, € 24,-. [Buhlmann, 09.2021]

Marek, Christian (2010), Geschichte Kleinasiens in der Antike (= HB), München 2010, 941 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Karten, € 44,-. Die Geschichte des kleinasiatischen Subkontinents, der Küstenregionen (Ägäis, Nord-, Südkleinasien) und der zentral- und ostanatolischen Hochebenen und Gebirge, begann in der Zeit vor 22000 Jahren im Paläolithikum (Urfa-Region). Neolithische und chalkolithische Kulturen (neolithische Revolution 8300/7600 v.Chr.) finden sich in Göbekli Tepe und Catal Höyük, die frühe und mittlere Bronzezeit (3000-1700 v.Chr.) ist repräsentiert durch Troja II, Kültepe oder Beziehungen zu den Hochkulturen in Mesopotamien (assyrischer Handel). Die Spätbronze- und beginnende Eisenzeit (1800-1200 v.Chr.) nimmt die Staatenbildung der indoeuropäischen Hethiter ein (Altes, Mittleres, Neues [Groß-] Reich), die auch über Kleinasien nach Mesopotamien und Syrien hinausgriffen. Der "Seevölkersturm" (ca.1200 v.Chr.) beendete die Existenz des hethitischen Großreichs (hethitische Nachfolgestaaten in Syrien), die dunklen Jahrhunderte (1200-800 v.Chr.) ließen neue Völker und Reiche entstehen: Phryger (11.-6. Jahrhundert v.Chr.), Uratäer (9.-6. Jahrhundert v.Chr.), Lykier, Karer, Sideten (7.-4. Jahrhundert v.Chr.), Lyder (7./6.-6. Jahrhundert v.Chr.). Griechen siedelten ab dem 11. Jahrhundert v.Chr. an den Küstenregionen Kleinasiens (Aioler, Dorer, Ionier), im Rahmen der Großen Griechischen Kolonisation (750-550 v.Chr.) kam es zur Sekundarkolonisation von griechischen Städten in Kleinasien (Alphabetschrift, Homer, ionische Naturphilosophie, griechische Literatur und Wissenschaften). Mit der Unterwerfung des Lyderreiches (547/46 v.Chr.) wurde Kleinasien Teil des Perserreiches der Achäminiden. Die poltische Zuordnung der griechischen Städte zum Perserreich blieb umstritten (Ionischer Aufstand [500-494 v.Chr.], persische Feldzüge nach Griechenland [490, 480/79 v.Chr.], Attischer Seebund [477-404 v.Chr.], Peleponnesischer Krieg [431-404 v.Chr.], Königsfrieden [387/86 v.Chr.]). Die persische Herrschaft in Kleinasien war dabei weitgehend ungebrochen (Satrapienordnung, Königsstraße; Zug der Zehntausend [Schlacht bei Kunaxa 401 v.Chr.], Satrapenaufstand ca.368 v.Chr.). Erst die Eroberung des Perserreiches durch König Alexander den Großen von Makedonien (336-323 v.Chr.) änderte die Machtverhältnisse - bei vielfacher Beibehaltung der persischen Verwaltung - grundlegend (Schlacht am Granikos 334 v.Chr.); in den Diadochenkämpfen (323-281 v.Chr.) war die Herrschaft über Kleinasien zwischen den Nachfolgern Alexanders umstritten (Eumenes von Kardia, Antigonos I., Demetrios von Phaleron, Lysimachos, Seleukos I.; Schlacht bei Ipsos 301 v.Chr., Schlacht bei Korupedion 281 v.Chr.), bis sich das Seleukidenreich weitgehend durchsetzen konnte. Städtegründungen nicht nur der makedonischen Könige (Poleis) beförderten auch in Kleinasien die Kultur des Hellenismus. Im 3. Jahrhundert v.Chr. etablierten sich die Galater (Kelten) in Kleinasien (278/77 v.Chr.), es entstand das Königreich der Attaliden um Pergamon (ab 282 v.Chr.), ptolemäisch-ägyptische Besitzungen finden sich an der Südküste Kleinasiens. Unter Antiochos III. (223-187 v.Chr.) gewann das Seleukidenreich in Kleinasien wieder an Einfluss, doch musste sich der König nach der Niederlage bei Magnesia (190 v.Chr.) im Frieden von Apameia den Römern geschlagen geben (188 v.Chr.); fortan war das Seleukidenreich auf das Gebiet südlich des Taurus begrenut. Das Königreich Pergamon dominierte nun, daneben die Insel Rhodos einschließlich ihres kleinasiatischen Festlandbesitzes, die Lykier, die Königreiche Bithynien und Pontos. Mit dem Tod des letzten Attaliden fiel das Reich Pergamon an die Römer (133 v.Chr.), die die Provinz Asia hier einrichteten. Das ausgehende 2. und 1. Jahrhundert v.Chr. war dann durch die römische Hegemonie in Kleinasien bestimmt. In den drei Kriegen gegen Mithradates Eupator von Pontos (119-63 v.Chr.) (88-84, 83-81, 73-63 v.Chr.) sowie bei der Bekämpfung der Seeräuber u.a. in Kilikien durch Gnaeus Pompeius (†48 v.Chr.) setzten sich die römischen "Kriegsherren" durch; Pompeius ordnete nach der Aufhebung des Seleukidenreiches den östlichen Mittelmeerraum neu (63 v.Chr.). Von der allgemeinen Ausplünderung Kleinasiens durch die römische Oberschicht (Konfiskationen, Steuern) hob sich die Statthalterschaft des Konsulars Marcus Tullius Cicero (†43 v.Chr.) in der Provinz Kilikien wohltuend ab (51/50 v.Chr.). Gaius Iulius Caesar (†44 v.Chr.) besiegte bei Zela den pontischen König Pharnakes. Von den römischen Bürgerkriegen (44-30 v.Chr.) war auch Kleinasien betroffen. In der römischen Kaiserzeit (Prinzipat) wurde das System der kleinasiatischen Provinzen (Asia, Pontus et Bithynia, Galatia, Paphlagonia, Lycia et Pamphilia, Cilicia, Cappadocia, Armenia Minor, Ora Ponti Ptolemoniani) bis in die Zeit der flavischen (72 n.Chr.) und der Adoptivkaiser (117/61 n.Chr.) weiterentwickelt. In der langen Friedenszeit des 1. und 2. Jahrhunderts n.Chr. entfaltete sich die pax Romana auf Grund des auf den Poleis (Polisordnung [Dekurionen, Ämter, Euergetismus, Liturgien], Städtebau [Tempel, Theater], städtisches Umland) und den Provinzen (römische Statthalterschaft, Provinziallandtage) beruhenden politischen Systems, von Wirtschaft und Handel (Steuern, Zölle, Geldwirtschaft), Infrastrukturmaßnahmen (Straßen, cursus publicus, militärische Einrichtungen, Ostgrenze [Limes]); kulturelles Leben äußerte sich in Bildung (Philosophie, Rhetorik, Zweite Sophistik) und Religion (Tempel, Heiligtümer, Orakel, Wanderprediger, Monotheismus, Grabkult). Die Anfänge der christlichen Religion, die im 2. und 3. Jahrhundert n.Chr. Verfolgungen ausgesetzt und zunächst alles andere als einheitlich war (Häresien), liegen in Kleinasien in der Zeit des Apostels Paulus (†64 n.Chr.). Die Krise des römischen Reiches im 3. Jahrhundert n.Chr. (Parther-, Perserkriege u.a. um Armenien) führte auch in Kleinasien zu tiefgreifendem politischen und wirtschaftlichen Wandel, die in die politischen und verwaltungstechnischen Umstrukturierungen unter der Tetrarchie Kaiser Diokletians (284-305 n.Chr.) und unter Kaiser Konstantin den Großen (306-337 n.Chr.) einmündeten. Vgl. noch: Schwertheim, Elmar (2005), Kleinasien in der Antike. Von den Hethitern bis Konstantin (= BSR 2348), München 2005, 127 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 7,90. [Buhlmann, 08.2005, 08.2013]

Marek, Christian (2023), Rom und der Orient. Reiche, Götter, Könige, München 2023, 720 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, Karten, € 48,-. Das römische Reich der Antike im Vorderen Orient hatte u.a. die Kulturen und Reiche des Alten Orients zur Voraussetzung sowie die griechisch-hellenistischen Königreiche, auf die es im Bereich des östlichen Mittelmeeres (Kleinasien, Syrien, Palästina, Ägypten) unmittelbar aufbaute:

Zeitraum (v./n.Chr.)Nordafrika, ÄgyptenMesopotamien, LevanteGriechenland, östliches MittelmeerItalien, westliches Mittelmeer
4. Jahrtausend v.Chr., EndeFormierung von auf Schriftlichkeit beruhenden Hochkulturen (Ägypten, Mesopotamien)
3. Jahrtausend v.Chr.Frühe Bronzezeit:
Thinitenzeit (Ägypten: ca.2850-2650 v.Chr.)
Altes Reich (Ägypten: ca.2650-2150 v.Chr.)
Erste Zwischenzeit (Ägypten: ca.2150-2000 v.Chr.)
Frühe Bronzezeit:
Frühdynastische Zeit (Sumer: ca.2800-2500 v.Chr.)
1. Dynastie Ur, Lagasch (Sumer: ca.2500-2350 v.Chr.)
Reich von Akkad (Mesopotamien: ca.2350-2150 v.Chr.)
3. Dynastie Ur (Mesopotamien: ca.2050-1950 v.Chr.)
Frühe Bronzezeit:
Minoische Frühzeit (Kreta: ca.2600-2000 v.Chr.)
ca.2000-1600 v.Chr.Mittlere Bronzezeit:
Mittleres Reich (Ägypten: ca.2000-1800 v.Chr.)
Zweite Zwischenzeit (Ägypten: ca.1800-1550 v.Chr.)
Mittlere Bronzezeit:
Altassyrisches Reich (Mesopotamien: ca.2000-1760 v.Chr.)
Altbabylonisches Reich (Mesopotamien: ca.1800-1600 v.Chr.)
Mittlere Bronzezeit:
Ältere Palastzeit (Kreta: c.2000-1600 v.Chr.)
ca.1600-1200 v.Chr.Späte Bronzezeit:
Neues Reich (Ägypten: ca.1550-1100 v.Chr.)
Späte Bronzezeit:
Kassitenzeit (Mesopotamien: ca.1600-1200 v.Chr.)
Mittelassyrisches Reich (Mesopotamien: ca.1400-1050 v.Chr.)
Späte Bronzezeit:
Hethiterreich (Kleinasien: ca.1700-1200 v.Chr.)
Jüngere Palastzeit (Kreta: ca.1600-1375 v.Chr.)
Mykenische Zeit (Griechenland: ca.1600-1200 v.Chr.)
ca.1200-750 v.Chr.Frühe Eisenzeit:
Dritte Zwischenzeit (Ägypten: ca.1100-715 v.Chr.)
Karthager (Nordafrika: ca.800-146 v.Chr.)
Frühe Eisenzeit:
Phönizier (Syrien: ca.1100 v.Chr.)
Israel (Palästina: ca.900 v.Chr.)
Frühe Eisenzeit:
"Dunkle Jahrhunderte" (Griechenland: ca.1200-750 v.Chr.)
Frühe Eisenzeit:
Villanovakultur (Italien: ca.1000-500 v.Chr.)
Etrusker (Italien: ca.900-90 v.Chr.)
ca.750-500 v.Chr.Eisenzeit:
Spätzeit (Ägypten: 715-332 v.Chr.)
Eisenzeit:
Neuassyrisches Reich (Mesopotamien, Syrien, Ägypten: ca.900-612 v.Chr.)
Neubabylonisches Reich (Mesopotamien, Syrien: 625-539 v.Chr.)
Eisenzeit:
Phrygisches Reich (Kleinasien: ca.800-ca.650)
Archaische Zeit (Griechenland: ca.750-500 v.Chr.)
Lyderreich (Kleinasien: ca.650-546 v.Chr.)
Eisenzeit:
Römische Frühzeit (Italien: 754-509 v.Chr.)
Magna Graecia (Italien: ca.750-272/216 v.Chr.)
ca.500-336 v.Chr.Achämenidenreich (Persien, Kleinasien, Mesopotamien, Ägypten: ca.550-330 v.Chr.)Klassische Zeit (Griechenland: ca.500-338 v.Chr.)
Makedonenreich (Griechenland: ca.400-279 v.Chr.)
Frühe römische Republik (Italien: 509-264 v.Chr.)
336-323 v.Chr.Hellenismus:
Reich Alexanders des Großen (Griechenland, Kleinasien, Ägypten, Mesopotamien, Persien: 336-323 v.Chr.)
323-30 v.Chr.Hellenismus:
Ptolemäerreich (Ägypten: 304-30 v.Chr.)
Hellenismus:
Reich des Antigonos (Kleinasien, Syrien: 321-301 v.Chr.)
Seleukidenreich (Kleinasien, Syrien, Mesopotamien, Persien: 304-64 v.Chr.)
Partherreich (Persien, Mesopotamien: ca.247 v.Chr.-227 n.Chr.)
Hellenismus:
Aitolischer Bund (Griechenland: ca.300-200 v.Chr.)
Achaiischer Bund (Griechenland: ca.280-146 v.Chr.)
Pontos (Kleinasien: ca.280-47 v.Chr.)
Antigonidenreich (Griechenland: 279-168 v.Chr.)
Pergamon (Kleinasien: 263-133 v.Chr.)
Mittlere römische Republik (Italien, Spanien, Griechenland, Nordafrika: 264-133 v.Chr.)
Späte römische Republik (Italien, Spanien, Griechenland, Nordafrika, Kleinasien, Syrien, Gallien: 133-30 v.Chr.)
30 v.Chr.-193 n.Chr.Römisches Reich (Prinzipat) (westlicher, östlicher Mittelmeerraum, Ägypten, Britannien: 30 v.Chr.-193 n.Chr.)
3. Jahrhundert n.Chr.Römisches ... Sassanidenreich (Persien, Mesopotamien: 227-637 n.Chr.)... Reich (Reichskrise)
284-395 n.Chr.Spätantike:
Römisches Reich (Dominat) (westlicher, östlicher Mittelmeerraum: 284-395)
395-476/80 n.Chr.Oströmisches Reich (östlicher Mittelmeerraum: 395-476/80 n.Chr.)Weströmisches Reich (westlicher Mittelmeerraum: 395-476/80 n.Chr.)
Tolosanisches Westgotenreich (Gallien, Spanien: 419-507 n.Chr.)
Vandalenreich (Nordafrika: 429-534 n.Chr.)
Burgunderreich (443-534 n.Chr.)

Ab dem 2. Jahrhundert v.Chr. begann sich Rom, d.h. die römische Republik und ihre Bundesgenossen, auch im östlichen Mittelmeerraum auszubreiten. Ablesbar ist dies an den Kriegen, die Rom u.a. gegen das Makedonen- und Seleukidenreich sowie König Mithridates VI. von Pontos (†64 v.Chr.) führte und an der Einbeziehung immer größerer Teile zunächst von Kleinasien, dann von der Levante und schließlich Ägyptens in das System römischer Provinzen. Dies geschah unter Einbeziehung einer Reihe hellenistischer Königreiche (im Gefolge der Neuordnung des östlichen Mittelmeers durch Pompeius Magnus, in der Folge der römischen Bürgerkriege zwischen Caesar und Pompejus, zwischen Oktavian und Marcus Antonius usw.) bis in die frühe römische Kaiserzeit hinein (Kleinasien: Asia 133/29 v.Chr., Bithynien 74 v.Chr., Kilikien 74 v.Chr., [Bithynien und] Pontus 64/63 v.Chr., Pamphylien 43 v.Chr., Galatien 25/24 v.Chr., Paphlagonien 6/5 v.Chr., Kappadokien 17/18 n.Chr.; Zypern 27/22 v.Chr.; Syrien 64/63 v.Chr., Iudaea 6 n.Chr.; Ägypten 30 v.Chr.). Im Verlauf der Kaiserzeit kamen weitere Provinzen - auch durch die zeitweise Besetzung von Teilen des Partherreiches - hinzu (Arabia 105/06 n.Chr., Armenia 114-117 n.Chr., Assyria 115-117 n.Chr., Mesopotamia 115-117 bzw. 197-227 n.Chr., Osrhoene v.195 n.Chr.), weiter sind sich in römischer Anhängigkeit befindende Vasallenkönigreiche (Kommagene, Iudaea, Nabatäerreich usw.) vorauszusetzen. Die zum römischen Orient gehörenden Provinzen waren dabei bis ins 7. Jahrhundert n.Chr. zeitweise und immer wieder gefährdet durch Angriffe aus dem Parther- und dem Sassanidenreich (römische Niederlage bei Carrhae 53 v.Chr., Partherfeldzug des Marcus Antonius, Königreich Armenien zwischen Römern und Parthern, Partherkrieg des Kaisers Marc Aurel, persische Gefangenschaft Kaiser Gallienus' 260 n.Chr., Justinian I. gegen Chosrau I., Herakleios gegen Chosrau II.), aber auch durch innere Aufstände (Aristonikos-Aufstand 133/29 v.Chr., Jüdischer Krieg 66/70 n.Chr., Bar-Kochba-Aufstand 132/35 n.Chr.), in Bürgerkriegen (zwischen rivalisierenden Kaisern) oder durch Abspaltung östlicher Provinzen (Sonderreich von Palmyra 259/72). Die unter römischer Herrschaft befindlichen Länder des Oriens Romanus trugen zur Kultur im römischen Reich erheblich bei, sprachlich (griechische Koiné, Aramäisch), in Dichtung, Literatur, Philosophie, Historiografie und Wissenschaft (Ammianus Marcellinus, Apollonios von Tyana, Apuleius, Artemidor von Daldis, Athenaios von Naukratis, Cassius Dio, Chariton, Dion von Prusa, Diophantos, Epiktet, Flavius Josephus, Galen, Heliodor, Herodian, Hypatia, Iamblichos, Klaudius Ptolemaios, Longos, Lukian von Samosata, Menandros Rhetor, Nikolaus von Damaskus, Pausanias, Philon von Alexandria, Plotin, Porphyrius, Soranos von Ephesos, Strabon, Synesios von Kyrene, Theon), in der orientalischen Bildkunst (Skulptur, Mosaik, Münzen), religiös (orientalisches "Heidentum"; Judentum, Christentum, Mithraskult als Erlösungsreligionen). Den Alltag bestimmten die alteingesessene Bevölkerung, römische Kolonien und Ansiedlung (römisches Bürgerrecht, Constitutio Antoniniana 212 n.Chr.), das Militär des Kaisers (Grenzen [anatolischer, syrischer, arabischer Limes], Festungen, Militärstandorte), das Kaisertum, die römische Provinzialordnung (Regierung, Verwaltung) und die Städte (poleis) in den Provinzen (Ägypten: nomoi), bestimmten Arbeit und Beruf sowie Freizeit und Spiele (Wettkampf, Theater, spectacula). Die Spätantike bestimmten seit Kaiser Diokletian (284-305) bzw. seit Konstantin I. dem Großen (306-337) eine neue Ordnung der Provinzen (Präfektur Oriens, Diözesen, Provinzen) sowie die Christianisierung des römischen Reiches ("Konstantinische Wende") bei Zurückdrängung des "Heidentums" (christliche Kirche[n], Christenverfolgungen, Glaubenskämpfe, Häresien, ökumenische Konzilien und christliche Dogmen, Mönche und Kirchenväter); das Christentum spaltete sich in verschiedene Richtungen (Arianer, Athanasier, syrische Kirche, Nestorianer, Monophysiten, Dreikapitelstreit), in der Spätantike standen sich u.a. "Kreuz und Feueraltar" (Christentum, Zoroastrismus) gegenüber. Der Oriens Romanus - im Laufe der Jahrhunderte schon vielfachen Veränderungen unterworfen - kam im Verlauf des 7. Jahrhunderts mit der arabisch-islamischen Eroberung von Syrien, Palästina und Ägypten zu seinem Ende. Alles in allem waren Beziehungen zwischen Rom und dem "Westen" auf der einen und dem östlichen Mittelmeerraum und dem Vorderen Orient auf der anderen Seite schon immer vorhanden, legendarisch seit dem Aeneas-Mythos der Abstammung der Römer von den Trojanern, historisch spätestens seit der Einbeziehung des archaisch-homerischen Griechenlands in die koine des Alten Orients im 7. Jahrhundert v.Chr. Die Epoche des Hellenismus verklammerte griechische Antike und vorderasiatische Kulturen noch stärker miteinander, die griechische Kultur wurde zur "Lehrmeisterin" der römischen. Beide kreisten um das Konstrukt der Stadt(staatlichkeit) als polis, in der Politik, Gesellschaft und Kultur auch im römisch dominierten Orient (weiterhin) stattfand, kreisten um die griechisch-römische Urbanität im Mittelmeerraum. Dies begründete mit die "Ausdehnung und Stabilität" der römischen Herrschaft im Orient trotz vielfältiger und wiederholter militärischer Auseinandersetzungen mit den Mächten des Vorderen Orients wie den hellenistischen Königreichen, dem Parther- und Sassanidenreich. Nicht zu vergessen ist, dass der römische Orient eine seit jeher wirtschaftlich prosperierende Region war (Getreideanbau in Ägypten, Syrien und Kleinasien; Drehkreuz des Fernhandels). Er war auch eine Kontaktzone in Bezug auf Weltanschauungen und (Welt-) Religionen, seien es Spätplatonismus, hellenistische Kosmologie, zorastrischer Dualismus, jüdischer Monotheismus, christliche Erlösungsreligion (Lichtthematik und -metaphorik, "heilige Männer", clash of civilizations). Gerade das monotheistische Christentum erhob sich mit seiner Transzendenz und "eschatologischen Sehnsucht", dem "Aufglühen der Frömmigkeit", seiner Intoleranz über die pragmatisch-aufklärerische Universalkultur der Antike, die christliche Spätantike im römischen Reich transformierte den hellenistisch geprägten Oriens Romanus. [Buhlmann, 02.2024]

Margarete von Navarra, französischsprachige Schriftstellerin: Margarete von Navarra (*1492-†1549) aus der Nebenlinie Angoulême des französischen Königshauses, Schwester des französischen Königs Franz I. von Valois (1515-1547), aufgewachsen und erzogen in Blois (Vermittlung von Latein, Spanisch, Italienisch, Philosophie), in erster Ehe verheiratet mit Herzog Karl von Alençon (1509), in zweiter mit König Henri d'Albret von Navarra (1527), bestimmte die Politik des Königreichs Frankreich teilweise (Margarete als französische Unterhändlerin in den Verhandlungen um die Freilassung ihres Bruders nach der verlorenen Schlacht bei Pavia 1525/26) und beratend mit, neigte durchaus reformatorischen Gedankengut zu, war an Mystik und Dantes "Göttlicher Komödie" interessiert, förderte die Übersetzung wichtiger Werke ins Französische durch ihre Sekretäre und wurde insbesondere als Verfasserin literarischer Werke bekannt: Miroir de l'Ame pécheresse (religiöse Gedichte, 1531; 1533 von der Sorbonne zeitweise verboten), Gedichte (v.1549), L'Heptaméron ("Siebentagewerk" als Sammlung von Novellen in einer Rahmenhandlung [in Anlehnung an die Geschichtenerzählungen Boccaccios], 1558/59). Vgl. Margarete von Navarra, Das Heptameron, übers. v. Walter Widmer (1960), Stuttgart-Hamburg o.J. [1960], 790 S., Schwarzweißstiche, DM 24,80. [Buhlmann, 11.2018]

Maria, christliche Heilige, "Gottesmutter": Maria, die Mutter Jesu Christi, hat von jeher gläubige Christen fasziniert. Auf dem ökumenischen Konzil von Ephesos (431) wurde sie als "Gottesgebärerin" bezeichnet; davon ausgehend genoss Maria in (spätem) Mittelalter und (früher) Neuzeit in allen Schichten der christlichen Bevölkerung eine überragende Verehrung. Die Marientage (Mariä Verkündigung, Mariä Himmelfahrt u.a.) wurden zu wichtigen kirchlichen Festtagen, Marienbilder (Lukasbilder) und Marienreliqiuen (als Sekundärreliquien [Rock, Mantel, Gürtel]) vergegenständlichten die Rolle Marias als Helferin in der Not oder auch bei Schlachten, als Strahlenkranz-, Schutzmantel- oder Rosenkranzmadonna. Maria als Madonna (mit ihrem göttlichen Sohn Jesus Christus) dominiert mit die christliche Kunst in den europäischen Epochen des Mittelalters, der Renaissance, der frühen Neuzeit und der Moderne; Madonnendarstellungen können dabei vom Typ her zurückverfolgt werden in antik-heidnische Zeit (heidnische Göttinnen Artemis, Demeter, Kybele, Isis mit Horus); die Darstellung der Maria als Jungfrau, Gottesmutter oder Himmelskönigin spiegelt wider matriarchalische Einflüsse in patriarchalischen Gesellschaften, gleichwie das Marien- und Madonnenbild in der Kunst der Moderne starke Wandlungen erfuhr. Marias Mutter war - der christlichen Tradition zufolge - Anna (Anna Selbdritt mit Tochter Maria und Enkel Jesus), Maria hatte drei Töchter (Heilige Sippe).
Maria und die mit ihr verbundene Marienverehrung behandeln: Beinert, Wolfgang, Petri, Heinrich (Hg.) (1984), Handbuch der Marienkunde, Regensburg 1984, 1042 S., DM 39,80; Beissel, Stephan (1909), Geschichte der Verehrung Marias in Deutschland während des Mittelalters. Ein Beitrag zur Religionswissenschaft und Kunstgeschichte, Freiburg 1909, Nachdruck Darmstadt 1972, 677 S., Abbildungen, DM 40,-; Belán, Kyra [o.J.], Die Madonna in der Kunst. Vom Mittelalter bis zur Moderne, [London] o.J., 256 S., Farbabbildungen, DM 19,95; Posener, Alan (1999), Maria (= rm 50621), Reinbek b.H. 1999, 158 S., Schwarzweißabbildungen, DM 12,90; Schreiner, Klaus (1996), Maria - Jungfrau, Mutter, Herrscherin (= dtv 4707), München 1996, 593 S., Abbildungen, DM 39,-; Schreiner, Klaus (2003), Maria. Leben, Legenden, Symbole (= BSR 2313), München 2003, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 7,90; Signori, Gabriela, Maria zwischen Kathedrale, Kloster und Welt. Hagiographische und historiographische Annäherungen an eine hochmittelalterliche Wunderpredigt, Sigmaringen 1995, 336 S., DM 58,-. [Buhlmann, 11.1999, 05.2003, 12.2013, 09.2022]

Marienberg bei Helmstedt, Augustinerchorfrauenstift: Das Augustinerchorfrauenstift Marienberg von den Toren Helmstedts wurde (vielleicht als Hauskloster) von Abt Wolfram (1173-1183) des Klosters Werden a.d. Ruhr gestiftet; der Abt soll auch in der Klosterkirche begraben worden sein. Die Gründung wurde mit Nonnen aus dem Kloster Steterburg (bei Salzgitter) besetzt, die in Marienberg einem Propst und einer Priorin unterstellt waren. 1235 ließ sich der Werdener Abt Gerhard von Grafschaft (1228-1255) alle Rechte am Frauenstift bestätigen, 1247 kam es zu einem Vergleich zwischen dem Stift und dem Werdener Abt. Hauptsächlich im 13. Jahrhundert entstand durch Schenkung und Kauf die kleine Grundherrschaft des Stifts, das auch Patronatsrechte über einige Kirchen der Umgebung ausübte und spätestens 1242 das Kloster Marienborn gründete. Dem inneren und äußeren Verfall begegnete man 1461 mit einer Reform nach der augustinischen Klosterregel. 1568/69 wurde die Frauengemeinschaft in ein evangelisches Stift umgewandelt, das noch heute besteht.
Grundlegend für die Geschichts des Stifts ist die Urkundensammlung: Urkundenbuch des Augustinerchorfrauenstiftes Marienberg bei Helmstedt, bearb. v. Horst-Rüdiger Jarck (= VHKNB XXXVII 24 = QFBrLG 32), Hannover 1998, 535 S., € 12,20 > Lateinische Literatur > M Marienberg, ebenso grundlegend ist die Darstellung: Strauß, Ulrike (1983), Das ehemalige Augustinerchorfrauenstift Marienberg bei Helmstedt. Beiträge zu seiner Geschichte bis zur Reformation (= Braunschweigisches Jahrbuch, Beih.1), Braunschweig 1983, 236 S., ca. DM 16,-. [Buhlmann, 09.2014]

Marienberg in Südtirol, Benediktinerkloster: I. Das Südtiroler Benediktinerkloster Marienberg war eine Gründung des Investiturstreits (1075-1122), an der die Herren von Tarasp, ihnen voran Eberhard und sein Bruder, der Churer Bischof Ulrich II. (1088-1096), maßgeblich beteiligt gewesen waren. Die Stiftung zunächst in Schuls schloss vielleicht an das damals nicht mehr bestehende karolingerzeitliche Männerkloster Tuberis an. Um das Jahr 1095/96 wurde das Eigenkloster in Schuls zu Ehren der Gottesmutter Maria gestiftet und genügend ausgestattet. Im Jahr 1130 durch Brand schwer geschädigt, wurden Kloster und Kirche am 7. Juli 1131 erneut geweiht, die Dotation der Mönchsgemeinschaft nochmals erweitert. Als Eigenkloster blieb die geistliche Kommunität auch weiterhin in der Hand der Herren von Tarasp, die 1142 mit Albert von Ursin aus der bedeutenden Ottobeurer Vögtefamilie einen Ottobeurer Mönch als Abt (1142-1152; erstmals statt eines Priors) nach Schuls beriefen. Wegen der nicht nur geografisch ungünstigen Lage des Klosters zog unter Albert noch vor 1150 die Mönchsgemeinschaft mit Erlaubnis des Papstes schließlich nach Marienberg (bei Burgeis) um, wo bis 1201 eine Kryptenanlage und die Klosterkirche entstanden. Die Konversen im Marienberger Konvent kamen aus Ottobeuren, nach Albert wurden dessen Nachfolger Mazelin (1152-1158), Schwiker (1158-1163), Gebhard (1163/64-1179) und Volker (1179-1180) ebenfalls aus Ottobeuren berufen. Den somit fünf Ottobeurer Äbten in Marienberg gelang bis zur Resignation Volkers, der 1180 in sein Ursprungskloster zurückkehrte, Aufbau und Konsolidierung der Mönchsgemeinschaft. 1169 fand Marienberg als Stiftung der Herren von Tarasp die Anerkennung durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1180), 1178 erhielt das Kloster ein Privileg Papst Alexanders III. (1159-1181). In den 1160er- und 1170er-Jahren erhielt das Kloster umfangreiche Zuwendungen von der Stifterfamilie. II. Weitere Königs- und Papstprivilegien für Marienberg folgten bis zum ausgehenden hohen Mittelalter. Wichtig waren die Urkunden Papst Honorius III. (1216-1227), eine Schutzurkunde vom 6. August 1220 und ein Privileg vom 9. Februar 1217, das dem Kloster den Besitz der Pfarrkirche von Burgeis bestätigte. Doch gab es in der Folgezeit Probleme mit den Pfarrangehörigen sowie mit den Bewohnern des Dorfes Burgeis. Der Grundbesitz der Kommunität beschränkte sich im Wesentlichen auf Güter im Vintschgau und im Unterengadin, wobei eine klösterliche Siedlungstätigkeit in Burgeis, Schlinig und Paznaum erkennbar wird. Die Vogtei lag bis 1164/68 in den Händen der Stifterfamilie, danach bei den mit diesen verwandten Herren von Matsch. Im 15. Jahrhundert waren die Tiroler Landesherren und habsburgischen Herzöge Klostervögte. Im späten Mittelalter wurde Marienberg, das bis in die Neuzeit hinein im Durchschnitt nur bis zu rund einem Dutzend Mönche beherbergte, Opfer von Übergriffen, wie der Überfall des Ritters Schwiker von Reichenberg auf das Kloster am 25. Oktober 1274 oder die Ermordung Abt Hermanns (1302-1304) durch den Klostervogt Ulrich II. von Matsch am 26. August 1304 zeigen. Das 14. Jahrhundert sah trotz des Einbruchs der Pest, die das Kloster an den Rand seiner Existenz brachte (1348), eine Stabilisierung des Konvents gerade auch im geistlich-religiösen Bereich. Die Gebetsverbrüderungen mit den Klöstern Weihenstephan, St. Georgenberg und Füssen gehören hierher (1316/17), ebenso das Wirken des bedeutenden Marienberger Priors Goswin (†n.1393), dessen Chronik als älteste Tiroler Geschichtsschreibung gilt. Daneben schrieb Goswin, der Lehrer an der Klosterschule war, Chorbücher und das Marienberger Urbar von 1390. Im 15. Jahrhundert führte die zum Teil prekäre wirtschaftliche Situation zum verstärkten Eingreifen der habsburgischen Klostervögte und Landesherren in die inneren Verhältnisse der Marienberger Mönchsgemeinschaft. Die Visitation von 1498 schärfte den Mönchen die Beachtung von Benediktregel und Klausur ein, doch kam im Anschluss, bedingt u.a. durch den Engadinerkrieg (1499), keine Reform zustande. III. Auch in der beginnenden frühen Neuzeit blieb die Reform des Klosters Marienberg ein Thema. Zwar überstand die Kommunität Bauernkrieg (1525) und Reformation (Wiedertäufer, Zwinglianismus), doch eskalierte unter Abt Christian Blaas (1558-1561) die Lage, als dieser eine Visitation des Churer Bischofs ablehnte und daraufhin Kaiser Ferdinand I. (1531/56-1564) beim Papst die Klostervisitation vom 5. Dezember 1560 durchsetzte. Aber auch danach blieb es hinsichtlich der Klosterreform nur bei Ansätzen, die Anzahl der Marienberger Mönche blieb gering oder war in der Seelsorge auf andere Orte verstreut. So holte man sich etwa den Mönch und Priester Johannes Januari aus Ottobeuren oder den St. Blasianer Konventualen Cosmas Zink, der in Marienberg Abt wurde (1578-1586). Unter Zinks Nachfolger Leonhard Andri (1586-1606) konnte sich das Kloster in der Frage der Exemtion vom Churer Bischof im Wesentlichen durchsetzen; mit päpstlicher Hilfe wurde es gemäß dem sog. Laudum Turrianum vom 15. Dezember 1598 exemt und direkt dem Papsttum unterstellt. Visitationen von 1598 und 1599 führten indes zur Absetzung des Abtes durch päpstliche Beauftragte, sogar die Aufhebung der geistlichen Gemeinschaft drohte. Letzteres wurde aber verhindert durch die Intervention Weingartener Mönche und des Ottobeurer Abtes Alexander Sauter (1600-1612). In der Folge lag die Reform des Marienberger Klosters bei den Weingartener Mönchen, Matthias Lang schuf als Prior, Administrator und Abt (1615-1640) die Grundlage für das weitere Bestehen der Mönchsgemeinschaft. Unter Matthias Lang, dem "zweiten Gründer" der Abtei, schloss sich Marienberg der Oberschwäbischen Benediktinerkongregation an (1638). Baumaßnahmen, auch unter den Nachfolgern Langs, zielten auf eine Erweiterung und Barockisierung des Klosters. Trotz Klosterbrand (1656) und Türkenkriegen blieb die Gemeinschaft auch weiterhin auf einem guten Weg, wie die Gebetsverbrüderungen mit Ottobeuren (1683/84) und Tegernsee (1694) sowie der Zuwachs an Mönchen in der Regierungszeit des Abtes Johannes Baptist Murr (1705-1732) belegen. Im Jahr 1724 entstand in Meran das Gymnasium, später Lyzeum der Marienberger Patres, dem bis 1744/45 das Kollegium der Professoren und ein Benediktinerkonvikt folgten. Unter Abt Beda Hillebrand (1732-1771) stabilisierten Sparmaßnahmen den Klosterhaushalt wieder, doch hatte deswegen der Klosterleiter Auseinandersetzungen mit den ihm untergebenen Mönchen (Visitation von 1747). IV. Das endende 18. Jahrhundert stand dann im Zeichen von Josephinismus und Französischer Revolution. Die Teilnahme des Klosters Marienberg an der Oberschwäbischen Kongregation wurde untersagt (1781), die Exemtion aufgehoben, das Konvikt in Meran geschlossen (1786/87). Im bayerischen Tirol der Jahre 1805 bis 1814 erlosch mit Säkularisation und Aufhebung am 17. September 1807 zunächst das Marienberger Kloster, bis mit Datum vom 12. Januar 1816 im nunmehr wieder österreichischen Land die Abteien und Stifte wiederhergestellt wurden. Für Marienberg bedeutete dies unter Abt Karl Mayr (1816-1855) einen Neuanfang, zumal der Konvent bis zum Höchstand im Jahr 1890 auf 41 Mitglieder ansteigen sollte und aus diesem hervorragende Vertreter von Kultur und Religion stammten. Zu erwähnen ist diesbezüglich Beda Weber (†1858), Professor am Meraner Gymnasium, Stadtpfarrer in Frankfurt und Verfasser einer dreibändigen Heimatkunde. Restaurierungen und Modernisierungen betrafen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Baulichkeiten der Mönchsgemeinschaft, das Kloster war seit 1889 Mitglied der Österreichischen Kongregation vom heiligen Josef und seit 1919, nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918), Teil des italienischen Südtirol. Die Zeit des italienischen und deutschen Faschismus sowie des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) überstand Marienberg mit einigen Blessuren (Aufhebung des Meraner Gymnasiusm 1930, Anschluss an die Schweizer Benediktinerkongregation 1931). 1946 richtete man die 1807 aufgehobene Klosterschule als Privatgymnasium ein. Der Bedeutung Ottobeurens in der Marienberger Geschichte entsprechend, wurde unter Abt Stephan Pamer (1957-1984) am 7. April 1959 die Gebetsverbrüderung mit dem ostschwäbischen Benediktinerkloster erneuert.
An Literatur zum Südtiroler Kloster Marienberg seien genannt: Buhlmann, Michael (2007), St. Georgen und Ottobeuren. Benediktinerklöster der St. Georgener Klosterreform (= VA 35), St. Georgen 2007 > O Ottobeuren; Loose, Rainer (1997), Marienberg und Tirol. 900 Jahre Benediktinerabtei (Schuls-) Marienberg 1096-1996, in: SMGB 108 (1997), S.97-111; Müller, Iso (1980), Die Herren von Tarasp, Disentis 1980, 223 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, SFR 39,-. [Buhlmann, 10.2007, 01.2016]

Mariental in Steinheim a.d. Murr, Dominikanerinnenkloster: Römisches Bad, Herrenhof der badischen Markgrafen, Dominikanerinnenkloster - so könnte man die topografische Entwicklung bis zur Gründung einer Frauengemeinschaft in Steinheim a.d. Murr im Jahr 1255 beschreiben. Die Frauensammlung, die sich 1261 dem Dominikanerorden anschließen konnte, nutzte denn auch die Baulichkeiten des markgräflichen Hofes, der zum Teil in Klosterkirche und Kloster einbezogen werden konnte. Als Versorgungsanstalt für Töchter aus Adel und städtischem Patriziat verfügte Mariental über reichen Grundbesitz, die Siedlung Steinheim beim Kloster blieb hingegen wirtschaftlich unbedeutend. Im späten Mittelalter stellte sich die Frauengemeinschaft als reichsunmittelbar dar, was württembergischen Einfluss in Hinblick auf notwendige Reformen im Kloster nicht ausschloss (1478). Ausfluss der Reformen waren die wirtschaftliche Gesundung Marientals, ablesbar am Umbau des Klosters unter der Priorin Ursula von Ramstein um 1500, und eine geistlich-geistige Erneuerung, die die Anzahl der Nonnen wieder steigen ließ. Zwischen 1556 und 1582 wurde das Kloster ein Opfer der württembergischen Reformation.
Zu Mariental s.: Untermann, Matthias (1991), Kloster Mariental in Steinheim an der Murr. Römisches Bad, Grafenhof, Kloster (= Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg, Bd.13), Stuttgart 1991, 128 S., Abbildungen, Karten, Pläne, DM 15,-. [Buhlmann, 03.2009]

Marks, Robert B. (2006), Die Ursprünge der modernen Welt. Eine globale Weltgeschichte, Darmstadt 2006, 208 S., € 4,95. Betrachtet wird die globale (besonders wirtschaftliche) Entwicklung der Jahrhunderte zwischen 1400 und 1900. Am Anfang stehen die Kulturen des eurasischen Doppelkontinents mit Westeuropa, Russland, osmanischem Reich, Persien, Indien, China, Südostasien und Japan, eingebunden im System der biologischen alten Ordnung der neolithischen Revolution. Auf Landwirtschaft beruhende Gesellschaften konnten dabei - wie China oder England im 18. Jahrhundert - an ihre wirtschaftliche Grenzen gelangen, waren aber - nach dem Rückgang der Bevölkerung infolge der Pest (1347/49 und später) - dennoch fähig zu weltweitem Außenhandel (chinesische Flottenexpeditionen des beginnenden 15. Jahrhunderts und der Verzicht Chinas auf maritime Vorherrschaft) oder zu kolonialer Expansion (Entdeckungsreisen; spanisches Kolonialreich in Amerika, Portugiesen im Indischen Ozean). Dabei waren die indische und chinesische Gesellschaft bei wachsenden Bevölkerungen bis um 1800 in der Weltwirtschaft führend, deren Landwirtschaften am produktivsten. Asiatische Waren gelangten dabei gegen (spanisches) Silber und Gold nach Europa und Amerika; gerade der Silberabfluss nach China hielt den Welthandel in Gang. Im kolonialen Amerika entstand durch die weitgehende Vernichtung der Ureinwohner (Krankheiten, Zwangsarbeit) ein auf afrikanische Sklaven beruhendes Plantagensystem u.a. zur Herstellung von Baumwolle. Die industrielle Revolution in England (politischer Aufstieg Englands gegen Frankreich im 18. Jahrhundert [Siebenjähriger Krieg]) schuf dann für Großbritannien, Westeuropa und Nordamerika - bei Ausbeutung fossiler Brennstoffe - eine gesellschaftliche Situation, die ein Ausbrechen aus der biologischen alten Ordnung agrarischer Prägung ermöglichte, während Asien und Lateinamerika innerhalb dieser alten Ordnung verblieben. Somit geriet China politisch und wirtschaftlich gegenüber Großbritannien im 19. Jahrhundert ins Hintertreffen (Opiumkriege, Kanonenbootpolitik), Japan musste sich dem "Freihandel" europäisch-nordamerikanischer Prägung öffnen. Die Nationalstaaten in Europa und die USA konkurrierten dabei wirtschaftlich (Rohstoffe, Absatzmärkte) und politisch (Kolonialreiche besonders in Afrika, Konzessionen in China) miteinander. Diese Entwicklungen verstärkten gegen Ende des 19. Jahrhunderts die durch El-Nino-Katastrophen verursachten Hungersnöte, die Millionen von Menschen in den Gesellschaften der biologischen alten Ordnung das Leben kosteten. Die globaliserte Welt des 15. bis 19. Jahrhunderts bildete dann die Voraussetzung für den Industriekapitalismus des 19. und 20. Jahrhunderts, für einen weltweiten Technologieausbau (industrieller Aufstieg Asiens), für aus starkem Bevölkerungswachstum (jenseits der biologischen alten Ordnung) hervorgehenden Migrationsbewegungen in die Industrieländer, für einen Wandel in der politischen Weltordnung (Weltkriege, Entkolonialisierung, Kommunismus und Kapitalismus). [Buhlmann, 03.2013]

Markschies, Alexander (2011), Brunelleschi (= BSR 2540), München 2011, 128 S., Abbildungen, Farbtafeln, € 8,95. Der Künstler Filippo Brunelleschi (*1377-†1446) aus Florenz, Sohn eines Notars, ausgebildet zum Goldschmied, Bildhauer und Architekt, steht mit seinen Werken am Anfang der Renaissance in Italien. Brunelleschis Leben lässt sich in etwa ablesen an der Kunst und Architektur, mit der er (nicht immer in eindeutiger Art und Weise) in Verbindung gebracht wird: Figuren u.a. des heiligen Augustinus als Teil des Silberaltars im Dom von Pistoia (1395/1400), zwei Perspektivtafeln u.a. des Florentiner Baptisteriums (1410er-Jahre), Kuppel des Doms von Florenz (1417-1436), Florentiner Findelhaus (1419-1427), Barbadori-Kapelle in der Kirche S. Felicità in Florenz (1419-1423), Neubau und Alte Sakristei der Florentiner Kirche S. Lorenzo (ab 1419, um 1422), Oratorium des Kamaldulenserklosters S. Maria degli Angeli in Florenz (1434-1437), Palazzo die Parte Guelfa in Florenz (um oder nach 1430), Neubau der Florentiner Kirche S. Spirito (ab 1436), Pazzi-Kapelle des Franziskanerklosters S. Croce in Florenz (ab 1445, Zuordnung unsicher). Begraben liegt Brunelleschi unter der Kuppel des Florentiner Doms. [Buhlmann, 05.2011]

Markschies, Christoph (2001), Die Gnosis (= BSR 2173), München 2001 > G Gnosis

Marlowe, Christopher, englischer Dichter: Christopher Marlowe (*1564-†1593) war ein englischer Dichter des elisabethanischen Zeitalters (Königin Elisabeth I., 1558-1603), der in Cambridge am Corpus Christi College studierte (Bachelor of Arts 1584, Master of Arts 1587), um in seinen letzten Lebensjahren (1587/93) in London Theaterstücke zu verfassen und aufzuführen. Unter Blaspehmieverdacht stehend, wurde Marlowe am 30. Mai 1593 in Deptford ermordet. Von Marlowe sind überliefert die Theaterstücke: Tamburlaine the Great (1587/90), Edward II, Massacre at Paris, Faustus (ca.1592/1604), The Jew of Malta, Dido, Queen of Carthage (1594). Außerdem übersetzte er Ovids Liebeskunst.
S.: Marlowe, Christopher (ca.1592/1604), Die tragische Historie vom Doktor Faustus (= RUB 1128), Nachdruck Stuttgart 1971, 88 S., DM 1,20. [Buhlmann, 05.2019]

Maron, Monika, deutsche Schriftstellerin: Monika Maron (*1941 in Berlin) lebte zwischen 1951 und 1988 in Berlin, wo sie Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte studierte, dann als Journalistin tätig war und zudem 1976 freie Schriftstellerin wurde. Ihr erster Roman Flugasche (1981) wurde indes in Westdeutschland veröffentlicht. Maron wurde bis zu ihrer Ausreise in dei Bundesrepublik Deutschland (1988) von der Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik beobachtet. (Angeblich?) umstrittene politische Positionierungen der in Berlin lebenden Autorin (z.B. gegenüber dem Islam) führte 2020 zur Trennung von Autorin und S. Fischer Verlag. U.a. stammt aus der Feder der Autorin der (Gleichnis-) Roman: Maron, Monika (1991), Stille Zeile sechs (= Fischer Tb 11804), Frankfurt a.M. ?1995, 219 S., DM 14,90 (über den kommunistischen Funktionär Herbert Beerenbaum und die Historikerin Rosalind Polkowski, die Beerenbaums Geschichte niederschreiben soll und mit Beerenbaum um die Deutungshoheit ebendieser Geschichte ringt; der in der Perspektive der Rosalind geschriebene "gleichnishafte" Roman spielt in verschiedenen zeitlichen, rückblendenhaften Ebenen, die vom Geschehen bei Beerenbaums Beerdigung ausgehen). [Buhlmann, 12.2021]

Marrucci, Myriam, Volterra. Stadtführer, San Gimignano o.J., [32] S., Farbabbildungen, Stadtplan, L N.N. I. Der Villanova-Zeit (9./8. Jahrhundert v.Chr.) folgte seit dem 8. Jahrhundert v.Chr. das etruskische Volterra, entstanden aus dem Zusammenschluss mehrerer Siedlungen, als Teil eines aus zwölf Orten bestehenden etruskischen Städtebundes. Volterra (Velletri) wurde bedeutsam u.a. durch den Handel mit Kupfer und Salz; die Bedeutung der Stadt ist zuletzt ablesbar an der (heute nur noch teilweise erhaltenen) etruskischen Stadtmauer aus dem 4. Jahrhundert v.Chr. Das ab dem 4./3. Jahrhundert v.Chr. im römischen Machtbereich gelegene Volterra wurde in den römischen Bürgerkriegen in Mitleidenschaft gezogen (79 v.Chr.), erholte sich aber in der Kaiserzeit. Mit der Durchsetzung des Christentums im römischen Reich der Spätantike (4./5. Jahrhundert n.Chr.) wurde Volterra Bischofssitz. Im hohen Mittelalter entstand gegen die Stadtherrschaft des Bischofs (Adelsfamilie der Pannocchieschi) eine Bürgergemeinde (Rat, Bürgermeister [1193], Palazzo Comunale [1208]). Im späten Mittelalter geriet Volterra in zunehmende Abhängigkeit des benachbarten Florenz (Stadtherrschaft der Belforti [1340], Giusto die Antonio Landini als Capitano del Popolo [1429], Niederlage Volterras gegen Florenz [1472]). Die Stadt blieb in der Folge unter der Herrschaft der Florentiner Medici. II. Sehenswürdigkeiten in Volterra sind: etruskische Kunst (Ombra della Sera [6. Jahrhundert v.Chr.], Aschenurnen, Urne der Vermählten [1. Jahrhundert v.Chr.]), Arco Etrusco (4. Jahrhundert v.Chr.), römisches Theater (um Christi Geburt), Dom (12./13. Jahrhundert), Geschlechtertürme (Mittelalter), Palazzo dei Priori (13. Jahrhundert), Bastione Medievale (13. Jahrhundert), Medici-Festung (1472/75; Rocca Antica [1343], Maschio) u.a. [Buhlmann, 03.2020]

Marsh, Peter, Morris, Desmond (1988), Die Horde Mensch. Individuum und Gruppenverhalten, München 1989 > M Menschwerdung

Marti, Franz, Trüb, Walter (1979), Bahnen der Alpen, Zürich 1979 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Martini, Eduard Christian (1859), Geschichte des Klosters und der Pfarrei St. Georgen auf dem Schwarzwald (mit Rücksicht auf die Umgebung), St. Georgen 1859, Nachdruck Villingen-Schwenningen 1979, 313 S., € 10,50. Die Mönchsgemeinschaft in St. Georgen im Schwarzwald, gegründet im Jahr 1084 als benediktisches Reformkloster, war zunächst Priorat des Klosters Hirsau, bis es unter Abt Theoger (1088-1119) als selbstständige Abtei Beziehungen zum Papsttum und zum deutschen Königtum aufnehmen konnte. Besitzmäßig gut ausgestattet mit Gütern und Rechten auf der Baar, in Oberschwaben, am Oberrhein und im Elsass, wurde das Kloster im beginnenden 12. Jahrhundert zu einem Reformmittelpunkt benediktinischen Mönchtums; Frauen- und Männerklöster wie Lixheim, Amtenhausen, Friedenweiler, Urspring oder Rippoldsau waren St. Georgener Priorate. Wechselhaft war die Klostergeschichte unter den St. Georgener Äbten ab dem 12. Jahrhundert: 1224 wurde das Kloster durch Brand stark in Mitleidenschaft gezogen; im späten Mittelalter gelang die Ausformung eines Klostergebiets (mit St. Georgen, Brigach, Oberkirnach, Langenschiltach und Peterzell), während die Klostervogtei am Ende des Mittelalters württembergisch wurde. Die Einführung der Reformation durch den württembergischen Herzog (1536) beendete die katholische Zeit St. Georgens, die Mönche wichen nach Villingen aus, das Klostergebiet wurde als Klosteramt innerhalb der württembergischen Landesherrschaft organisiert, es gab eine evangelisches Kloster (zeitweise mit Klosterschule) unter evangelischen Äbten. Der Zerstörung des Klostergebäude im Dreißigjährigen Krieg (1633) folgte 1810 der Übergang St. Georgens an das Großherzogtum Baden. Beziehungen St. Georgens bestanden seit dem Mittelalter zu Tennenbronn, Mönchweiler, Stockburg, Weiler und Burgberg. [Buhlmann, 11.1998]

Maschek, Dominik (2018), Die römischen Bürgerkriege. Archäologie und Geschichte einer Krisenzeit, Zabern-Darmstadt 2018, 350 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, Karten, € 46,40. I. Die Zeit der römischen Bürgerkriege (133-30 v.Chr.) lässt sich chronologisch an folgenden Ereignissen festmachen: 146 v.Chr.: Zerstörung Karthagos und Korinths, 136-132: 1. Sizilischer Sklavenkrieg, 133; Zerstörung Numantias, Volkstribunat des Tiberius Gracchus und dessen Ermordung, 129: Einrichtung der Provinz Asia, 125: Zerstörung Fregellaes, 123/21: Volkstribunat des Gaius Gracchus und dessen Ermordung, 120: Weihe des Concordiatempels in Rom, 113-101: Krieg gegen dei Kimbern und Teutonen, 104-100: 2. Sizilischer Sklavenkrieg, 100: Volkstribunat des Marcus Livius Drusus und dessen Ermordung, 91-89/82: Römischer Bundesgenossenkrieg, 89-85: 2. Mithridatischer Krieg, 88-86/84: Regime des Marius und des Cinna in Rom, 83-81: Bürgerkrieg, 82-79: Diktatur Sullas, 78: Tod Sullas, 77-72: Krieg zwischen Pompejus und Sertorius, 73-63: 3. Mithridatischer Krieg, 73-71: Spartakusaufstand, 67-63: Eingreifen des Pompejus im östlichen Mittelmeerraum, 60: 1. Triumvirat zwischen Pompejus, Caesar und Crassus, 58-50: Gallischer Krieg, 53: Römische Niederlage bei Carrhae, 49-48: Bürgerkrieg zwischen Pompejus und Caesar, 48: Schlacht bei Pharsalus und Tod des Pompejus, 48-44: Dikatur Caesars, 46: Schlacht bei Thapsus, 44: Ermordung Caesars, 44-42: Bürgerkrieg zwischen Caesaranhängern und -gegnern, 43: Mutinesischer Krieg, 43: Triumvirat zwischen Marcus Antonius, Octavian und Lepidus, 43-33: Sizilien unter der Herrschaft des Sextus Pompejus, 42: Schlacht bei Philippi, 36: Schlacht bei Naulochos, 31: Schlacht bei Actium, 30: Tod des Marcus Antonius und der Kleopatra, 27: Prinzipat des Augustus. II. Die Krise der römischen Republik im Zeitalter der Bürgerkriege lief im Rahmen der "klassischenspezifischen Konkurrenz" der römischen und italischen Oberschichten ab. Da war zum einen die massive Umverteilung von Vermögen als Folge von Bürgerkrieg und Proskriptionen, die den Aufstieg von (neuen, Freigelassenen-) Familien z.B. in den Ritterstand ermöglichten, aber auch die Gefährdung von (Grund-) Besitz aufzeigten. Sowohl die Konkurrenz innerhalb der Elite als auch die (Beute-) Gier der oberen und unteren Schichten der Bevölkerung hielt dabei den Bürgerkrieg in Gang und dies bei weiterer politischer und wirtschaftlicher Expansion des römischen Machtbereichs im Mittelmeerraum und darüber hinaus. Die Expansion römischer Macht aber beförderte - auf Kosten der Besiegten - eine weiter zunehmende Monetarisierung und Globalisierung der römischen Wirtschaft und eine Urbanisierung auf der italischen Halbinsel. Auch dabei gab es Gewinner und Verlierer, so dass der Reichtum sehr ungleichmäßig verteilt war. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen innerhalb des Sozialgefüges ("familiäre Gefolgschaftsstrukturen", Sklavenarbeit) vollzogen sich innerhalb von nur drei Generationen, massiv innerhalb der 40er- und 30er-Jahre des 1. Jahrhunderts v.Chr., ablesbar aber auch an einem Bauboom und an einem gesteigerten Konsum (luxuria). All diese Entwicklungen spiegelten sich in der Gebäudearchitektur und der Relief- und Grabmalkunst, wo es um erinnerte Geschichte, die Deutungshoheit um die Geschichte und die "Vorherrschaft über die Erinnerungskultur" ging. Die Weihe des römischen Concordia-Tempels gehört hierher, ebenso ein Abheben auf für Gemeinschaft und Staat verbindliche Tugenden, aber auch das Festhalten an Tradiertem gerade bei politischer Instabilität. In der Zeit des princeps Augustus (27 v.Chr.-14 n.Chr.) ist dann in der Kunst und Literatur ein Konsens zu beobachten, der die vorangegangenen politischen Gegensätze aufhob, um ein Bild vom Aufstieg Roms zu vermitteln und eine "Botschaft des Friedens und des Aufblühens, der Ruhe und der Sicherheit" (römische summi viri, römisches Curtius-Relief, Monumente und Bilder). Adressaten dieser Botschaft waren die, die den römischen Bürgerkrieg und damit Gewalt und gesellschaftliche Verwerfung miterlebt hatten. [Buhlmann, 03.2020]

Maser, Werner (1974), Adolf Hitler - Mein Kampf. Geschichte, Auszüge, Kommentare (= Moewig Dokumentation 4329), München 1983 > H Hitler, Adolf

Maser, Werner (1980), Adolf Hitler. Das Ende der Führer-Legende (= Moewig Dokumentation 4325), München 1982 > H Hitler, Adolf

Masson, Georgina (1976), Das Staunen der Welt: Friedrich II. von Hohenstaufen (= Bastei 61006), Bergisch-Gladbach 1976 > F Friedrich II. (von Hohenstaufen)

Mathematik, Wissenschaft im Bereich menschlicher Kulturen und Gesellschaften: I. Mathematik ist die logisch-beweistechnisch unterlegte Wissenschaft von (mathematischen) Strukturen und deren Eigenschaften, Mathematikgeschichte orientiert sich an je nach geschichtlicher Epoche wirksamen mathematischen Teilgebieten. II. Der Satz des Pythagoras (*ca.580-†497 v.Chr.) und seine geometrisch-beweistechnische Formulierung in einem rechtwinkligen Dreieck stehen (von daher) am Anfang der Mathematikgeschichte, damit zusammenhängend die pythagoräischen Zahlentripel und die Frage von Rationalität und Irrationalität von (reellen) Zahlen. Antik-griechische Geometrie, vermittelt u.a. durch Euklid (ca.300 v.Chr.), Perseus (ca.150 v.Chr.), Diokles (ca.100 v.Chr.) und Ptolemaios (ca. 140 n.Chr.), drehte sich um Axiomatik und Deduktion, um regelmäßige Polyeder, Kegelschnitte und Epizykel. An zahlentheoretischen Erkenntnissen sind die Prim- und Polygonalzahlen zu nennen, der Euklidische Algorithmus, die Diophantischen Gleichungen (Diophantes, ca.250 n.Chr.?). Infinitesimale Betrachtungen (Zenon-Paradoxon, ca.450 v.Chr.) bieten die Proportionentheorie des Eudoxos (4. Jahrhundert, 1. Hälfte), geometrische Approximationen von Figuren und Körpern u.a. durch Archimedes (*ca.287-†212 v.Chr.). Teilweise parallele Entwicklungen sind dann für den chinesischen Kulturkreis und für Indien auszumachen (Brahmagupta [*598-†665]; Bhâskara [*1114/15-†ca.1185]). III. Die Anfänge von Algebra finden sich (neben Brahmagupta) bei dem arabischen Mathematiker al-Khwarizmi (9. Jahrhundert, 1. Hälfte), der in seinem Werk Al-jabr w'al mûqabale (ca.830 n.Chr.) die Lösung linearer und quadratischer Gleichungen behandelte. Die Algebra al-Khwarizmis kann dann als Ausgangspunkt gelten für das Lösen kubischer und algebraisch höherer Gleichungen (mit irrationalen Lösungen) (Niccolò Tartaglia [*1499/1500-†1557]; Girolamo Cardano [*1501-†1576]; Francois Vieta [*1540-†1603]). IV. Im Bereich der analytischen Geometrie (Koordinatensysteme [Hipparch, ca.150 v.Chr.; Nikolaus Oresme, *ca.1323-†1382]) erbrachten die Forschungen u.a. von René Descartes (*1596-†1650) auf dem Gebiet algebraischer Kurven Fortschritte (Kegelschnitte, Folium, kubische Kurven, Bézouts Theorem, Arithmetisierung der Geometrie). Mit projektiver Geometrie (Perspektive) beschäftigten sich Girard Desargues (*1591-†1661) und Blaise Pascal (*1623-†1662; Essai pour les coniques 1640). V. Im Rahmen der im 17. Jahrhundert aufkommenden Analysis (Calculus) ging es um Infinitesimalrechnung bei Differentiation (Tangente, Minimum, Maximum einer Kurve) und Integration (Flächenberechnung, Quadratur); zu nennen sind hier die Arithemetica Infinitorum des John Wallis (*1616-†1703), die mathematischen Erkenntnisse Isaac Newtons (*1642-†1727) sowie der für die Folgezeit maßgeblichere Calculus des Gottfried Wilhelm Leibniz (*1646-†1716). Zum Gebiet der Infinitesimalrechnung gehörte auch die Theorie der unendlichen Folgen und (Potenz-) Reihen (Fibonacci-Folge 1202, Richard von Swineshead und sein Liber calculationum ca.1350, Transzendenz der Zahlen π und e, Zeta-Funktion), vermittelt u.a. durch James Gregory (*1638-†1675) und Leonhard Euler (*1707-†1783). Physikalische Anwendungen der Analysis betrafen die Himmelsmechanik, "mechanische Kurven" (Pendel, Flüssigkeit) (Jakob Bernoulli [*1654-†1705], Johann Bernoulli [*1667-†1754). VI. Im Bereich der Zahlentheorie gab es seit Diophantes ebenfalls Fortschritte (Pascalsches Dreieck 1654), insbesondere durch Pierre Fermat (*1601-†1665; Fermats kleiner Satz, Fermats letzter Satz). VII. Die Theorie der elliptischen Funktionen bildete sich im 17. bis 19. Jahrhundert heraus (elliptische Integrale, Lemniskate); hier leisteten u.a. Niels Henrik Abel (*1802-†1829) und Carl Gustav Jacob Jacobi (*1804-†1851) Entscheidendes. VIII. Komplexe Zahlen treten als Lösungen etwa quadratischer und kubischer Gleichungen in Erscheinung, sind aber auch im Zusammenhang zu den elliptischen Funktionen zu sehen. Der Fundamentalsatz der Algebra (1799) stand hier im Mittelpunkt (Jean le Rond d'Alembert [*1717-†1783]; Gauß), ebenso komplexe Kurven und deren Projektionen (Bernhard Riemann [*1826-†1866]) sowie komplexe Funktionen (Satz von Cauchy 1814/25), elliptische Funktionen und Kurven (Uniformisierung) (Joseph Louis Lagrange [*1736-†1813]; Augustin-Louis Cauchy [*1789-†1857]). IX. Die Differentialgeometrie nahm ihren Ausgang bei den transzendentalen Kurven (Exponentialfunktion, trigonometrische Funktionen) und untersuchte die Krümmung von Kurven und Oberflächen; Protagonisten dieses mathematischen Forschungsfeldes waren u.a. Thomas Harriot (*ca.1560-†n.1621) und Carl Friedrich Gauß (*1777-†1855). X. Es entwickelte sich zudem eine nichteuklidische Geometrie (euklidische Axiome, sphärische Geometrie, hyberbolische Geometrie, Parkettierungen) u.a. durch János Bolyai (*1802-†1860) und Nikolai Ivanovich Lobachevsky (*1792-†1856). XI. Neue Impulse erhielt die Mathematik durch das Konzept der algebraischen Struktur der Gruppe (Permutationsgruppen, Parkettierungen) besonders durch Evariste Galois (*1811-†1832). Ringe, Körper und Ideale traten hinzu (Gaußsche Ganzzahlen, algebraische Zahlen) (Richard Dedekind [*1831-†1914], David Hilbert [*1862-†1943], Emmy Noether [*1882-†1935]). XII. Die Erweiterung des komplexen Zahlbegriffs zu den hyperkomplexen Zahlen (Quaternionen, Oktonionen) erfolgte durch William Rowan Hamilton (*1805-†1865). XIII. Topologie als Erweiterung der Geometrie beschäftigt sich mit den gegenüber geometrischen Transformationen invarianten Eigenschaften von Räumen und Körpern (Polyederformlen von Descartes und Euler 1630, 1752; Oberflächen und Oberflächenklassifizierungen [Möbiusband], Fundamentalgruppen) (Henri Poincaré [*1854-†1912]). XIV. Mengentheorie und mathematische Logik fanden zusammen u.a. bei der Überabzählbarkeit der reellen Zahlen (Georg Cantor [*1845-†1918]), in der Maß- und Integrationstheorie (Riemann- und Lebesgue-Integral, Fourierreihen), im Auswahlaxiom, in der Berechenbarkeit von Funktionen (Turing-Maschine 1936), schließlich in den für die (axiomatischen) Grundlagen der Mathematik so bedeutsamen Gödelschen Sätzen (Alfred North Whitehead, Bertrand Russell, Principia Mathematica 1910; Kurt Gödel [*1906-†1978]) (nach: Stillwell, John (1989), Mathematics and its History (= Undergraduate Texts in Mathematics), New York 22004).
Die moderne Mathematik gliedert sich in eine Vielzahl von Fachgebieten, u.a.: Grundlagen: Baur, Ludwig (2004), Lehr- und Übungsbuch der Allgemeinen Arithmetik und Algebra (zum Gebrauche an höheren Lehranstalten sowie zum Selbstunterricht), Stuttgart 1904, 291 S., RM N.N.; Duden. Schulwissen: Mathematik 5. bis 10. Klasse, Berlin-Mannheim-Zürich 22011, 400 S., € N.N.; Laugwitz, Detlef, Vollrath, Hans-Joachim, Schulmathematik vom höheren Standpunkt, Bd.I (= BI 118/118a), Mannheim-Wien-Zürich 1969, 195 S., Abbildungen, DM N.N.; Lexikon der Mathematik, hg. v. Guido Walz, in 5-6 Bden.: Bd.1 (2001): A bis Eif, Heidelberg-Berlin 2001, IX, 475 S., Abbildungen, DM 186,-; Müller, Robert (1983), Mathematik verständlich. Zahlenbereiche, Mengenlehre, Algebra, Geometrie, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Kaufmännisches Rechnen, Niedernhausen 1983/85, 652 S., Abbildungen, DM 68,-; Schüler-Duden: Die Mathematik I. Ein Lexikon zur Schulmathematik Sekundarstufe I (5.-10. Schuljahr), Mannheim 1981, 539 S., Abbildungen, DM N.N., Mannheim 1990, 539 S., Abbildungen, DM N.N.; Siebert, Reinhard, Strauß, Johann (1968), Grundwissen Mathematik C, Stuttgart 21973, 131 S., Abbildungen, Tafeln, DM N.N.; Geometrie: Müller-Philipp, Susanne, Gorski, Hans-Joachim (2001), Leitfaden Geometrie (= Vieweg-Teubner Studium), Wiesbaden 42009, 318 S., Schwarzweißabbildungen, € 22,90; Scheid, Harald, Schwarz, Wolfgang (1991), Elemente der Geometrie, München 42007, 290 S., Schwarzweißabbildungen, € 22,-; Analysis: Deitmar, Anton (2014), Analysis (= Springer Spektrum), Berlin-Heidelberg 22017, 422 S., Abbildungen, € 29,99; Lineare Algebra: Bosch, Siegfried (2001), Lineare Algebra (= Springer Spektrum), Berlin-Heidelberg 52014, 385 S., € 29,90; Klingenberg, Wilhelm, Klein, Peter (1971/72), Lineare Algebra und analytische Geometrie, Bd.1 (= BI 748), Mannheim-Wien-Zürich 1971, XII, 288 S., DM N.N., Bd.2 (= BI 749), Mannheim-Wien-Zürich 1972, XVIII, 404 S., DM N.N.; Numerik: Engeln-Müllges, Gisela, Reutter, Fritz (1987), Formelsammlung zur Numerischen Mathematik mit Turbo-Pascal-Programmen, Mannheim-Wien-Zürich 21987, 505 S., DM 44,-; Meister, Andreas, Sonar, Thomas (2019), Numerik. Eine lebendige und gut verständliche Einführung mit vielen Beispielen (= Springer Spektrum), Berlin 2019, 381 S., Farbabbildungen, € 32,99. [Buhlmann, 12.2008, 12.2019, 06.2020, 10.2020-01.2021, 10.2022, 05.2023]

Matthäus, Hartmut, Der Arzt in römischer Zeit: [Tl.1:] Literarische Nachrichten - archäologische Denkmäler (= Schriften des Limesmuseums Aalen, Nr.39), Aalen 1987 > S Schriften des Limesmuseums Aalen

Matthäus, Hartmut, Der Arzt in römischer Zeit: [Tl.2:] Medizinische Instrumente und Arzneien - Archäologische Hinterlassenschaften in Siedlungen und Gräbern (= Schriften des Limesmuseums Aalen, Nr.43), Aalen 1989 > S Schriften des Limesmuseums Aalen

Matthews, John u. Caitlin (1994), Lexikon der keltischen Mythologie, hg. v. Michael Görden u. Hans Christian Meiser (1994) (= Heyne Sachbuch 280), München 1994 > M Mythos und Geschichte

Matuz, Josef (1985), Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte, Darmstadt 1985 > O Osmanische Geschichte

Matz, Klaus-Jürgen (1980), Regententabellen zur Weltgeschichte (= dtv 3215), München 1980 > R Regententabellen, Stammtafeln

Mauelshagen, Franz (2023), Geschichte des Klimas. Von der Steinzeit bis zur Gegenwart (= BSR 2942), München 2023, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, Karte, € 12,-. I. Die Klimageschichte des Planeten Erde schwankte zwischen vollständiger Vereisung ("Schneeballerde" im Präkambrium) und völliger Eisfreiheit (in der Kreidezeit). Die Eiszeiten (Glaziale) und Zwischeneiszeiten (Interglaziale) der letzten rund 800000 Jahre des Pleistozäns (ab 2600000 vor heute) waren dabei vornehmlich abhängig vom Orbitalantrieb der Erde (Präzession als Taumelbewegung der Erdachse [Periode: 26000 Jahre], Obliquität als Schwankung der Erdachsenneigung [Periode: 41000 Jahre], Exzentrität als Änderung der Erdumlaufbahn um die Sonne [Periode: 405000 Jahre]). Vor (ab 16000 vor heute) und mit Beginn des Holozäns (11700 vor heute) verschwanden - teilweise auf der Nordhemisphäre unterbrochen durch die Jüngere Dryaszeit (12900-11700 vor heute; kaltes Schmelzwasser, den warmen Golfstrom unterbrechend?) - große Teile des (Gletscher-, Meeres-) Eises auf den Kontinenten und in der Arktis und Antarktis, der Meeresspiegel stieg um 120 Meter, die Küstenlinien der Kontinente veränderten sich stark, die CO2-Konzentration (des Treibhausgases) in der Atmosphäre des Planeten Erde erhöhte sich, was zu einer weiteren Erwärmung des Weltklimas führte. Das Holozän stellt sich also [im Rahmen des "Anthropozäns" ("Zeitalter des Menschen")] als eine Zwischeneiszeit bzw. Warmzeit dar, die auf Grund der durch den Menschen verursachte antizyklischen Klimaentwicklungen den natürlichen Verlauf von Warm- und Kaltzeiten [wahrscheinlich] unterbricht. II. [Die Zeit der biologischen Evolution der Menschheit vollzog sich in der Altsteinzeit auch während des Wechsels von Eis- und Zwischeneiszeiten in Europa und Asien.] Im Übergang zum Holozän, im Epipaläolithikum und vorderasiatischem Natufien (12500-9600 v.Chr.) fingen Jäger uns Sammler an, bewusst bestimmte Getreidearten zu säen und zu ernten, ohne dass damit schon ein sesshafte Lebensweise verbunden war. Im Vorderen Orient war die Jüngere Dryaszeit geprägt von Trockenheit, die die Jagdmöglichkeiten der menschlichen Gruppen einschränkte und daher deren zunehmende Sesshaftigkeit mit Tier- und Pflanzendomestikation förderte. Es begannen die "neolithischen Revolutionen" des frühen und mittleren Holozäns als Verbreitung einer von Menschen kontrollierten Methode der Vieh- und Pflanzenbewirtschaftung (Landwirtschaft als Agrarproduktion: Domestizierung von Pflanzen und Tieren innerhalb von Jahrhunderten bis Jahrtausenden) mit einem daraus sich ergebenden Bevölkerungswachstum bei Ausbildung von Arbeitsteilung, Kultur und Zivilisation (künstliche Bewässerung, Entstehung von Städten, Umweltzerstörung [Entwaldung, Bodenerosion, Epidemien]). Ein Temperaturrückgang an der Grenze vom frühen (Grönlandium [11700-8000 vor heute]) zum mittleren Holozän (Nordgrippium [8000-4000 vor heute]) (8200-Jahre-Ereignis: Süßwasserausbruch nordamerikanischer Seen in den Nordatlantik), könnte zur Wanderungsbewegung sesshafter neolithischer Gruppen geführt haben und zur Ausbreitung neolithischer Lebensweisen in Anatolien und Südosteuropa. Eine weitere plötzliche Klimabkühlung geschah um 4200 Jahr vor heute und bildet die geologische Grenze zwischen mittlerem und spätem Holozän; sie soll eine Mitursache für das Ende des altägyptischen Reiches gewesen sein und auch am Niedergang der Induskultur Mitschuld tragen, ein eventueller Einfluss auf das Ende des akkadischen Reiches wird ebenfalls diskutiert. Im späten Holozän unterlag das Klima durch den Orbitalantrieb der Erde einen Abkühlungstrend, unterbrochen von wärmeren und kälteren Phasen, die sich an der frühbronzezeitlichen Kälteperiode (3800-3500 vor heute) und an einer Warmperiode (2950-2400 vor heute) ablesen lassen. III. Für die nachchristlichen Jahrtausende ist festzuhalten, dass das 1. Jahrtausend n.Chr. im Durchschnitt wärmer war als das 2. (bis zur Industrialisierung). Dies schloss Abweichungen vom Trend nicht aus, wie das "römische Klimaoptimum" ([vorchristliche Jahrhunderte]-3. Jahrhundert n.Chr.) und die "spätantike Kaltzeit" (4.-8. Jahrhundert) bzw. "spätantike kleine Eiszeit" (536-660; eingeleitet durch einen Vulkanausbruch) zeigen. Die Warm- und Kaltzeit soll mit dem Aufstieg und Untergang des römischen Reiches zusammenhängen (Klima und Pestepidemien). Eine "mittelalterliche Klimaanomalie" in Europa zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert hat mit einer "nordatlantischen Oszillation" (Islandtief, Azorenhoch) zu tun (Ausbreitung der Wikinger bis nach Nordamerika [Walrossjagd und Elfenbeinhandel], Niedergang der Wikingersiedlungen auf Grönland im 14./15. Jahrhundert), während in Nordamerika die Zivilisation der Pueblo-Völker längeren Dürreperioden unterlag (9.-13. Jahrhundert). Das endende europäische Mittelalter und die europäische frühe Neuzeit war geprägt von der "Kleinen Eiszeit" (1300-1850 bzw. 1450-1850; Samalas-Vulkanausbruch 1257, Übergangsklima des 14. Jahrhunderts, "Großer Hunger" 1315/17 und "Schwarzer Tod" 1348/50, kältere 2. Hälfte des 15., wärmere 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, erneute Abkühlung ab 1580, Höhepunkt der Eiszeit im 17. als kältestes Jahrhundert, wärmeres 18. Jahrhundert, erneute Abkühlung ab 1770; witterungsbedingte europäische Krisen 1570/72/3, 1690er-Jahre, 1740/41, 1770/71, 1816/18); mit der "Kleinen Eiszeit" gingen in Europa einher wirtschaftliche (Inflation und Preisschwankungen auf Grund von Versorgungsdefiziten), demografische (frühneuzeitliches Bevölkerungswachstum trotz Versorgungskrisen und Mangelernährung) und kulturelle Auswirkungen (Hexenverfolgungen). Ähnliche Erscheinungen gab es auf der Südhalbkugel durch die "südpazifische Oszillation" (La Nina 1788/90, El Nino 1791/93) oder in China (1644; Übergang von der Ming- zur Qing-Dynastie). Das Ende der "Kleinen Eiszeit" ist gekennzeichnet durch eine Reihe das Wetter auf der Nordhalbkugel negativ beeinflussender Vulkanausbrüche (1808/09, Tambora 1815, Galanggung 1822, 1831, Cösigüina 1835) zurzeit eines Dalton-Minimums der Sonnenaktivität (1790/1830); die damalige verstärkte Auswanderung von Europa nach Nordamerika ("Klimamigration") war die Folge. In China mag die Endphase der "Kleinen Eiszeit" die positive wirtschaftliche Entwicklung des 18. Jahrhunderts unterbrochen haben, in Bengalen folgte auf das "Jahr ohne Monsun" (1816) eine verheerende Cholera-Epidemie. IV. Die europäisch-koloniale Expansion seit der frühen Neuzeit war verbunden mit der ebenso kolonialen Unterwerfung ("Europäisierung") der außereuropäischen Natur (Reduzierung von Waldbestand und Feuchtgebieten; Klimatheoretiker als Verfechter eines bewusst durch Menschen induzierten "Klimawandels" [koloniale Klimadebatte des 18./19. Jahrhundert; Hugh Williamson, Edward Gibbon, Samuel Williams, Johann Gottfried Herder versus Alexander von Humboldt, Leopold von Buch, Joakin Frederik Schouw, Francois Aragó; Entdeckung der Eiszeiten als geologische Zeitepoche]). Damit zusammenhängend wird wohl zunehmend klarer, dass auch die mit den "neolithischen Revolutionen" einsetzende Intensivierung der menschlichen Nutzung von Land (bei Bevölkerungswachstum, agrarische Beschleunigung auch in der vorindustriellen Landwirtschaft) sich im gesamten Holozän auf die Klimaentwicklung ausgewirkt hat (Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Flächen, Viehhaltung und Methan als Treibhausgas usw.) und dem theoretischen "interglazialen Abwärtstrend" bei der CO2-Konzentration entgegenwirkte. Allerdings blieb dieser "agrarschwirtschaftliche Effekt" wohl so gering, dass es durch ihn zu keiner Klimaveränderung kam, zumal ihm auch Faktoren entgegenwirkten wie die statistisch zu betrachtende Verkleinerung der Anbaufläche für die Ernährung eines Menschen oder der "demografische Kollaps" bei der indigenen Bevölkerung in Mittel- und Südamerika nach der "Entdeckung" Amerikas 1492. In der Moderne (19.-21. Jahrhundert) führte bei gestiegener Nachfrage (starkes demografisches Wachstum bei Ungleichverteilung der Ressourcen) die Entwicklung hin zu einer industriellen, kommerzialisierten Landwirtschaft bei einer stark verkleinerten Zahl von Menschen, die in der Landwirtschaft arbei(te)ten. V. Der entscheidende Faktor des anthropogenen Klimawandels der Moderne war und ist allerdings die Industrialisierung, zunächst in Europa und Nordamerika, dann weltweit. Der auf der Grundlage der (lokalen) Wetterbeobachtung gemessene Temperaturanstieg beim Weltklima im Verlauf der 2. Hälfte des 19. und des 20. Jahrhunderts lässt dabei eine Erwärmungsphase von den 1900er- bis zu den 1940er-Jahren, eine Stagnation zwischen 1945 und 1975, eine weitere Erwärmungsphase ab 1975 erkennen. Darin spiegelt sich die Nutzung vorwiegend fossiler Energien (Holz, Kohle, Öl, Gas) bei Industrie und Verkehr, auch die wirtschaftliche Ungleichheit zwischen den Industriestaaten als Zentren des Konsums und den Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Temperaturzunahme erweist sich regional bis kontinental verschieden; in der Arktis und der Antarktis ist sie z.B. am größten. Unter (politischer, gesellschaftlicher) Anerkennung des anthropogenen Klimawandels wurden daher (gegen Widerstände) (weltweit) Gegenmaßnahmen ergriffen, die durch eine Änderung des fossilen Energieregimes den Temperaturanstieg begrenzen sollen; dazu gehören die (mehr oder weniger erfolgreichen) Klimakonferenzen (Montreal 1987, Rio de Janeiro 1992, Kyoto 1997, Kopenhagen 2009, Paris 2015), die Klimaziele der Industriestaaten, der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten von Amerika, der Ausbau von (Kernenergie und) erneuerbaren Energien (Solartechnik, Windenergie u.a.). Der Klimawandel unterliegt dabei einer starken politischen Aufladung (Klimaleugnung <-> Klima und Umweltschutz). [Buhlmann, 10.2023]

Maugham, William Somerset, englischer Schriftsteller und Dramatiker: William Somerset Maugham (*1874-†1965) gehört zu den bedeutendsten englischsprachigen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Seit 1897 arbeitete Maugham auf literarischem Gebiet, er war Arzt und Geheimagent. Sein literarisches Werk umfasst Dramen, Romane und Kurzgschichten, u.a.: Liza of Lambeth (1897; Roman), Mrs. Craddock (1902; Roman), A Man of Honour (1903; Theaterstück), Of Human Bondage (1915, Roman), The Trembling of a Leaf (1921; Kurzgeschichten), The Painted Veil (1925; Roman), Sheppey (1933; Theaterstück), The Razor's Edge (1943; Roman), Catalina (1948; Roman), daneben weitere Romane, Theaterstücke und Kurzgeschichten. Eine Anzahl von Kurzgeschichten ist etwa versammelt in: Somerset Maugham, William (1921/51), Collected Short Stories: Vol.1, Nachdruck Harmondsworth 1971, 441 S., DM 2,-, Vol.2, Nachdruck Harmondsworth 1969, 424 S., DM 2,-. Weiter sei verwiesen auf die Romane: Somerset Maugham, William (1915), Der Menschen Hörigkeit. Roman (= Fischer Tb 253/54), Frankfurt a.M.-Hamburg 1959, 546 S., DM 4,40; Somerset Maugham, William (1941), Oben in der Villa (= detebe 20166), 1971, Nachdruck Zürich 1975, 106 S., DM 12,80. [Buhlmann, 05.2021, 10.2021, 06.2022]

Maul, Stefan M. (2013), Die Wahrsagekunst im Alten Orient. Zeichen des Himmels und der Erde, München 2013, 423 S., Farb- und Schwarzweißabbildungen, Karte, € 29,95. Jede menschliche Gesellschaft (Kultur) benötigt Prognoseverfahren zur Erkundung der vermeintlichen Zukunft. Aus neolithischen Anfängen (Viehzucht) erwuchs im Alten Orient Mesopotamiens und Syriens die (wohl vorwiegend semitisch geprägte) Wahrsagekunst zur Vorausschau der Zukunft. Die Orakeltätigkeit verband dabei Menschen und Götter, Erde und Himmel. Gegen Ende des 3. vorchristlichen Jahrtausends war es König Schulgi (3. Dynastie von Ur [21./20. Jahrhundert v.Chr.]), der wohl die Orkakeltätigkeit neu organisierte, im 2. und 1. Jahrtausend v.Chr. bildete sich die Wahrsagekunst heraus, wie sie zahlreiche Keilschrifttexte (frühe Keilschriftsammlungen des 19. Jahrhunderts v.Chr.) vermitteln. Dem mit aufwändigen Ritualen verbundenen Binärorakel (Fragestellung mit Ja/Nein-Antwort) im Zusammenhang mit der Opferung von Lämmern und der Analyse der geopferten Tiere (allgemeines Erscheinungsbild, Innereien, Leberschau [linke/ungünstige, rechte/günstige Felder, Saldo der günstigen und ungünstigen Zeichen, göttliche Antwort]) kam eine besondere Rolle zu, doch vermochten die "Seher" auch aus der Verteilung von Mehl, Räucherwerk oder Öl zu lesen. Solcherart beraten wurden Könige (Politikberatung in Krieg und Frieden) wie Privatleute. Gegen Ende des 2. vorchristlichen Jahrtausend kamen zudem in Mesopotamien die Astrologie und mit ihr die genaue (astronomische) Beobachtung des Himmels und der Himmelsphänomene (Finsternisse, Lunisolarkalender) auf, die die bisherige Wahrsagekunst bald als subsidiär erscheinen ließen. Im 1. vorchristlichen Jahrtausend war Babylon als kulturelles Zentrum und damit auch wichtigstes Zentrum der Orakelkunst (Priester, "Seher", himmelskundige "Tafelschreiber"). Gut belegt ist Wahrsagekunst unter dem neuassyrischen König Assurbanibal (668-631 v.Chr.; Bibliothek des Königs in Ninive; Netzwerk astronomischer Beobachtung, Opferschau). [Buhlmann, 01.2014]

Maulbronn, Zisterzienserkloster: Aus einer "Gründungsurkunde" des Speyerer Bischofs Gunther (1146-1161) von 1148 erfahren wir einiges über die Entstehung der Zisterze Maulbronn. Initiator der Gründung war ein Edelfreier namens Walter von Lomersheim, auf dessen Bitten Abt Ulrich vom Neuburger Zisterzienserkloster auf Walters Erbgut in Eckenweiher eine Mönchsgemeinschaft gründete (1138/39). Doch genügte Eckenweiher den Erfordernissen eines Klosters nicht, so dass die Mönchsgemeinschaft mit Unterstützung des Bischofs von Speyer nach Maulbronn verlegt wurde (1147). Eine Bulle Papst Eugens III. (1145-1153) vom 29. März 1148 privilegierte schon bald das Kloster, das sich in der Folgezeit trotz angespannter Wirtschaftslage und trotz eines bestehenden Gegensatzes zwischen staufischen und welfischen Parteigängern etablieren konnte. Die defensio, die "Verteidigung" des Klosters kam dabei in bischöfliche Hand, die geistliche Gemeinschaft fand sich eingebunden in das Netzwerk der Stauferanhänger nördlich der Enz, von denen Bischof Gunther der prominenteste war. Die Schutzurkunde Kaiser Friedrichs I. (1152-1190) vom 8. Januar 1156 kann dann als vorläufiger Endpunkt der Integration Maulbronns in das staufische Herrschaftssystem gelten. Besitzvergrößerung und Rodungstätigkeiten verbesserten unterdessen die wirtschaftliche Situation der Zisterze, die beispielsweise 1159 massiv gegen die Bewohner des Dorfes Eilfingen vorging, um dort eine Grangie zu errichten. Mit dem Tod Bischof Gunthers hörten die engen Beziehungen Maulbronns zum Speyerer Bistum auf, das Kloster stand während des alexandrinischen Papstschismas (1159-1177) auf staufischer Seite, der Bischof übte wohl im Auftrag des Kaisers die defensio über die Mönchsgemeinschaft aus. Nach dem Frieden von Venedig (1177) erlangte das Kloster zwei Papstprivilegien vom 21. Dezember 1177 und April 1179. Maulbronner Äbte standen in der Folgezeit weiterhin in Verbindung mit den staufischen Kaisern und Königen, die deutschen Herrscher übten die Schirmvogtei über das Kloster aus, als diesbezügliche Amtsträger sind wohl ab 1236 die Herren von Niefern-Enzberg, ein staufisches Ministerialengeschlecht, neben dem Reichsvogt von Wimpfen (1240/43) bezeugt. In spät- und nachstaufischer Zeit gerieten die Reichsrechte gegenüber Maulbronn bald ins Hintertreffen. Gemäß einem Diplom König Wilhelms von Holland (1247-1256) vom 23. März 1255 durfte der Bischof von Speyer den Schirmvogt über die Zisterze einsetzen, doch konnten die Herren von Enzberg, die die Schutzvogtei rücksichtslos ausübten, erst 1270 aus der klösterlichen defensio verdrängt werden. 1273 gelangte die Vogtei nochmals ans Reich, ab 1280 übte der Speyerer Bischof die defensio in königlichem Auftrag aus. Die Vogtei wurde in den 1360er-Jahren kurpfälzisch, 1504 württembergisch. Das 1554 endgültig evangelisch gewordene Kloster ging in der Landesherrschaft der württembergischen Herzöge auf. Die Klosterkultur Maulbronns bewegte sich mit Skriptorium und Büchern im Umfeld der Kultur des Zisterziensertums. Das zisterziensische "Grundgesetz" der charta caritatis ("Urkunde der Liebe", endgültige Redaktion in den 1160er-Jahren) schrieb so einen gewissen Mindeststandard in Quantität und Qualität der im Kloster zu benutzenden (liturgischen) Bücher vor, die damit klösterliche Lebenspraxis untermauern halfen. Das Maulbronner Antiphonar des Jahres 1249 aus dem Kloster Lichtenthal verweist dann direkt auf die damalige zisterziensische Buchkultur in Südwestdeutschland. Danach war diese beeinflusst vom überragenden Kultur- und Kunstzentrum von Ile-de-France und Paris, Letzteres auch die Residenz des kapetingisch-französischen Königtums und Sitz der wichtigen Universität. Südwestdeutsche Zisterzienser studierten in Paris, Pariser Handschriften gelangten in deutsche Zisterzen, liturgische Bücher orientierten sich am französischen Vorbild, z.B. bei der Notenschrift mit den Linien. Damit war die klösterliche Buchkultur Südwestdeutschlands, soweit sie die Zisterzienser betraf, eingebunden in größere, europäische Zusammenhänge. Das genannte Maulbronn-Lichtenthaler Antiphonar sowie zwei wohl von einem Maulbronner Mönch Bertolf geschriebene Graduale aus der Zeit um 1175 beleuchten dann die Situation von Skriptorium und Buchproduktion in der Zisterze Maulbronn im hohen Mittelalter, wenn auch kaum mehr über die Maulbronner Bücher des 12. und 13. Jahrhunderts in Erfahrung zu bringen ist. Erhalten geblieben ist immerhin die hoch- bis spätmittelalterliche Klosteranlage Maulbronns: die schmucklose romanische Pfeilerbasilika als Klosterkirche (1147/78) mit dem Chorgestühl aus dem 15. Jahrhundert, das Paradies (ca.1215), das Winterrefektorium (ca.1230), der Kapitelsaal, der unterschiedlich gestaltete Kreuzgang (13.-15. Jahrhundert) sowie die zahlreichen Wirtschaftsgebäude (Küferei, Schmiede, Fruchtkasten) und die Klostermauer mit den Wehrtürmen. Im sog. Faustturm des Klosters wohnte der 1509 an der Heidelberger Universität zum Doktor der Theologie promovierte Alchemist Johann (Georg) Faust (*ca.1480-†1540) im Jahr 1516.
An Literatur zu Maulbronn sei genannt: Henk, Richard, Braus, Günter, Braus, Johannes, Grassl, Anton Maria (1979), Abtei Maulbronn, Heidelberg 31983, 72 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, (DM 25,80); Rückert, Peter, Planck, Dieter (Hg.) (1999), Anfänge der Zisterzienser in Südwestdeutschland. Politik, Kunst und Liturgie im Umfeld des Klosters Maulbronn (= OS 16), Stuttgart 1999, 278 S., € 14,95. [Buhlmann, 03.2009, 11.2012, 02.2016]

Maurach, Gregor (Hg.) (1975), Seneca als Philosoph (= WdF 314), Darmstadt 1975 > S Seneca

Maurer, Heinrich (1889), Zur Geschichte der Markgrafen von Baden, in: ZGO 43 (1889), S.478-506 > B Baden

Maurer, Helmut (1974), Die Abtei Reichenau. Neue Beiträge zur Geschichte und Kultur des Inselklosters (= Bodensee-Bibliothek, Bd.20), Sigmaringen 1974 > R Reichenau

Maurer, Helmut (1978), Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen seiner Herrschaft in ottonischer, salischer und staufischer Zeit, Sigmaringen 1978 > S Schwaben

Maurer, Helmut (1989), Konstanz im Mittelalter: I. Von den Anfängen bis zum Konzil (= Geschichte der Stadt Konstanz, Bd.1), Konstanz 21996 > K Konstanz

Maurer, Helmut (1989), Konstanz im Mittelalter: II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts (= Geschichte der Stadt Konstanz, Bd.2), Konstanz 21996 > K Konstanz

Maurer, Michael (Hg.) (1992), O Britannien, von Deiner Freiheit einen Hut voll. Deutsche Reiseberichte des 18. Jahrhunderts, München 1992, 576 S., Schwarzweißabbildungen, DM 48,-. "Eine Reise nach England unterschied sich von einer Reise in andere Länder dadurch, daß man diese glückliche Insel nicht anders als zur See erreichen konnte." Diese für moderne Leser nicht weiter erstaunliche Bemerkung Michael Maurers, unterstreicht ein für die frühe Neuzeit wichtiges sozialgeschichtliches Alleinstellungsmerkmal, denn wer sich nach England begeben wollte, musste zumindest genug Geld für eine Schiffspassage aufbringen können. Für die Masse der auf den Fernstraßen des Kontinents reisenden Handwerksgesellen, Gaukler, Vaganten und Landstreicher blieb England somit in der Regel unerreichbar. In der sehr sachkundig eingeleiteten Sammlung unterschiedlicher Reiseberichte finden sich daher auch nur Texte von solchen Englandbesuchern, die entweder über ein ausreichendes eigenes Vermögen verfügten, oder reiche Finanziers hatte. Noch heute bekannte Autoren wie Johann Wilhelm von Archenholtz, Sophie von La Roche sowie Vater und Sohn Forster, aber auch unbekannte Berichterstatter wie Johann Basilius Küchelbecker berichteten in den Jahren zwischen 1710 und 1791 über Probleme bei der Überfahrt, Hahnenkämpfe, Pferderennen, Theaterbesuche, Gärten, Restaurants, den wahren oder vermeintlichen Nationalcharakter der Briten, Gefahren durch Räuber, Sodomiten am Pranger und viele andere Beobachtungen, Erlebnisse und Eindrücke. Das Spektrum der Reiseberichterstatter reicht dabei von Lebemännern über Schriftsteller, Forscher und Wissenschaftler bis zu Absolventen von Kavalierstouren. Mehr als drei Jahrzehnte nach seinem Erscheinen ist "O Britannien, von Deiner Freiheit einen Hut voll" ein noch immer sehr lesenswertes Buch. Dies gilt sowohl für Historiker und Literaturwissenschaftler, wie auch für Englandbesucher, die sich vor, nach oder während einer Reise auf die "glückliche Insel" über die Eindrücke deutscher Reisender informieren möchten, die im 18. Jahrhundert ihr Fernweh und ihre Sehnsucht nach Freiheit jenseits des Ärmelkanals zu stillen suchten. Insgesamt enthält das Buch ausschnittsweise Reiseberichte von: Zacharias Conrad von Uffenbach (1710), Johann Gottlieb Deichsel (1718), Karl Ludwig von Pöllnitz (1721), Johann Basilius Küchelbecker (1737), Jacob Friedrich von Bielfeld (1741), Georg Wilhelm Alberti (1745/47), Christlob Mylius (1753), Justus Möser (1763/64), Helferich Peter Sturz (1768), Johann Friedrich Karl Grimm (1774), Friedrich Justinian von Günderode (1774), Friedrich Wilhelm von Taube (1774), Johann Georg Büsch (1777), Gebhard Friedrich August Wendeborn (1779), Johann Reinhold Forster (1780), Johann Christian Fabricius (1782), Karl Philipp Moritz (1782), Heinrich Maximilian Friedrich von Watzdorf (1784), Johann Wilhelm von Archenholtz (1785), Georg Forster (1790), Gebhard Friedrich August Wendeborn (1791). [Bötefür, 10.2023]

Maurice, Florence, Rex, Patricia (2008), CSS. Webdesign mit Cascasing Style Sheets (= Markt + Technik), München 2008, 447 S., Schwarzweißabbildungen, € 24,95 > Kompendium Mittelalter > Geschichtsdarstellung: Homepage/Website [Buhlmann, 08.2008]

Mausfeld, Rainer (2018/19), Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören, Frankfurt a.M. 52020 > K Kapitalismus

Maximilian I., deutscher König und Kaiser: Der Sohn des habsburgischen Kaisers Friedrich III. (1440-1493) und der Eleonore von Portugal wurde am 22 Mai 1459 in Wiener Neustadt geboren. Seine Heirat mit der burgundischen Erbtochter Maria am 18. August 1477 in Gent brachte den Habsburgern - wenn auch erst nach den erfolgreichen Kämpfen Maximilians gegen Frankreich - den Großteil der burgundischen Erbmasse ein (Friede von Arras 1482; Vertrag von Senlis 23. Mai 1493). Die Wahl Maximilians zum deutschen König (16. Februar 1486) und seine Krönung in Aachen (9. April) machte den Sohn zum Nachfolger des Vaters im römisch-deutschen Reich. Nach dem Tod Friedrichs III. konnte zudem Maximilian I. alle habsburgischen Länder (Stammlande, Tirol, burgundische Territorien) in einer Hand vereinen. Die Heirat Maximilians mit der Mailänderin Bianca Maria (9. März 1494) ermöglichte es dem König, auch in Italien einzugreifen. Dort stieß er allerdings auf den Widerstand der französischen Könige Karl VIII. (1483-1498), Ludwig XII. (1498-1515) und Franz I. (1515-1547) sowie Venedigs. Die Italienpolitik endete in einem Fiasko (1515) und im Frieden von Brüssel (3 Dezember 1516). Immerhin brachte das Zusammengehen mit Papst Julius II. (1503-1513) für Maximilian den Titel eines "Erwählten Römischen Kaisers" (4. Februar 1508); alle deutschen Könige nahmen seither bei ihrer Königskrönung auch den Kaisertitel an. Im Reich machte auf dem Wormser Reichstag (7. August 1495) die Reichsreform dahingehend Fortschritte, dass ein Ewiger Landfriede, die Bildung eines Reichskammergerichts und die Erhebung eines Gemeinen Pfennigs beschlossen wurden. Trotzdem hielten die Unruhen in Deutschland an, z.B. mit den Schweizern, die nach dem Schwabenkrieg (1499) mit dem Frieden von Basel (22. September 1499) faktisch aus dem Reich ausschieden. Maximilian konnte sich aber im Landshuter Erbfolgekrieg (1504/05) erfolgreich durchsetzen (Schlacht bei Regensburg, 12. September 1504). Der Kölner Reichstag im Sommer 1505 sah dann den König auf dem Höhepunkt seiner Macht. In seiner Ostpolitik bemühte sich Maximilian weiter um den Erwerb der ungarischen und böhmischen Krone. Die Adoption des Prinzen Ludwig - dieser war der Sohn des ungarisch-böhmischen Königs Wladislaw (1471-1516) - und eine Doppelhochzeit regelten die habsburgischen Ansprüche auf beide Königreiche (20. Juli 1515). Der Kaiser starb am 12. Januar 1519 und wurde in Wiener Neustadt begraben.
Vgl. die Quellen: Quellen zur Geschichte Maximilians I. und seiner Zeit, hg. v. Inge Wiesflecker-Friedhuber (1996) (= FSGA B 14), Darmstadt 1996, XIX, 323 S., € 20,- und die Darstellungen: Breitner, Erhard (1939), Maximilian I. Der Traum von der Weltmonarchie, Bremen 1939, 403 S., Schwarzweißtafeln, DM 5,50; Holleger, Manfred (2005), Maximilian I. (1459-1519). Herrscher und Mensch einer Zeitenwende (= Urban Tb 442), Stuttgart 2005 > H Holleger, Maximilian I. [Buhlmann, 11.1996, 03.2020]

May, Georg (1983), Der Glaube in der nachkonziliaren Kirche (Ein Vortrag, der ausschnittsweise am 17. Oktober 1982 in Düsseldorf gehalten wurde), Wien 1983 > K Katholische Kirche in der Moderne

Mayer, Hanns (1971), Schwabenland farbig. Ein farbenfrohes Bildermosaik des vielgestaltigen Raumes im Südwesten Deutschlands, Stuttgart 31978 > S Schwaben

Mayer, Hartwig, Die althochdeutschen Griffelglossen der Handschrift Salzburg St. Peter a VII 2 (= StAhd 28), Göttingen 1994 > S Studien zum Althochdeutschen

Mayer, Johannes Gottfried, Goehl, Konrad (Hg.) (2003), Kräuterbuch der Klostermedizin. Der "Macer Floridus", Medizin des Mittelalters, Leipzig 2003, 272 S., Farbtafeln, € 24,90 > Lateinische Literatur > M Macer Floridus

Mayer, Julius (1898), Markgraf Hermann I., der Stammvater des markgräflichen und großherzoglichen Fürstenhauses von Baden, in: FDA 26 (1898), S.241-266 > B Baden

Mayer, Wilhelm, 65 Jahre Heimat- und Bürgerverein Kaiserswerth 1949-2014, Düsseldorf-Kaiserswerth 2014 > H Heimat- und Bürgerverein Kaiserswerth. Dokumente

Mayer, Wilhelm, 30 Jahre Museum des Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth 1984/1991-2014. Dokumentation über 30 Jahre Ausstellungen zur Geschichte Kaiserswerths und zu Künstlern des Düsseldorfer Nordens, Düsseldorf-Kaiserswerth 2014 > H Heimat- und Bürgerverein Kaiserswerth. Dokumente

Mayer, Wilhelm, Veröffentlichungen und sonstige Schriften des Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth. Zusammenstellung der verschiedenen Schriftenreihen und sonstigen verkäuflichen Schriften zur Geschichte Kaiserswerths und zu Künstlern des Düsseldorfer Nordens, Düsseldorf-Kaiserswerth 2014 > H Heimat- und Bürgerverein Kaiserswerth. Dokumente

Mayor, Adrienne (2020), Götter und Maschinen. Wie die Antike das 21. Jahrhundert erfand (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2020), Darmstadt 2020, 336 S., Schwarzweißabbildungen, € ca.10,-. Die griechisch-römische Antike kannte (sich gegenseitig aufeinander beziehende) mythische Darstellungen und technologische Vorstellungen von "Robotern" und "Automaten", die biologisches Leben künstlich nachahmen sollten, aber "geschaffen, nicht geboren" waren, und Wünsche und "technologische Gedankenexperimente", das natürliche Leben künstlich zu übertreffen, was z.B. Altern und Unsterblichkeit anbetraf: der "Bronzeroboter" Talos des kretischen Königs Minos, besiegt von Medea und den Argonauten; die "biotechnische" Verjüngung König Aisons durch Medea und Medeas Rache am Usurpator Pelias; das Streben nach Unsterblichkeit und die damit verbundenen Probleme (Unsterblichkeit der Götter; Eos und Tithonos); das Streben nach Technologie zur Ausweitung und Verstärkung menschlicher Fähigkeiten (techne; feuerspeiende Stiere, Metallsoldaten Alexanders des Großen, medizinische Prothesen, techne-Pornografie [Minotaurus], Daedalus und Ikarus); die künstliche Nachahmung von Lebendigem (lebendige Statuen und Automaten des Daedalus; [weibliche] Automaten des Hellenismus, Magnetismus-Theorien; Pygmalions lebendige Puppe; Erschaffung des Menschen aus Schlamm/Ton durch Prometheus); die göttlichen Apparate und Automaten des Gottes Hephaistos (techne und Schmiede; künstliches Pferd, goldener Hund, fliegendes Dreibein, fliegender Sessel, goldene Jungfrauen, automatische Dienerinnen; Erschaffung der Pandora im Auftrag des Zeus als kalon kakon für die Menschheit ["Büchse der Pandora"]); die mehr oder wenigee reale technische Umsetzung von techne (in römischen Arenen, als Bronzestiere, Signalhörner, "musikalische" Statuen, "Batterien", Startsignalegeber bei den Olympischen Spielen, automatische Tiere [fliegende Taube des Archytas, Riesenschnecke des Demetrios von Phaleron, künstlicher Vogel und Maschinen des Philon von Byzanz], Menschen [Ehefrau Apega des Tyrannen Nabis von Sparta] und Götter [Riesenstatue der Nysa, bronzener Herakles des Heron von Alexandria]). Parallelen zur heutigen technischen Entwicklung (technologischer Fortschritt, Maschinen, künstliche Intelligenz; Science fiction [Literatur, Film]) sind also feststellbar, [vielleicht] enstprechen sie doch [mentalitätsgeschichtlich] den Urängsten und Urhoffnungen von Menschen aller Epochen in Bezug auf ein künstliches Leben, der Ausweitung von menschlichen Fähigkeiten und der Unsterblichkeit von Menschen, betreffen also über den Menschan als solchen hinausgehende auch technologische Entwicklungen [Menschen und Götter]. [Buhlmann, 06.2020]

Mazal, Otto (1989), Handbuch der Byzantinistik, Graz 1989 > B Byzantinische Geschichte

MBMRF = Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung

McCullough, David (1977), Sie teilten die Erde. Abenteuer und Geschichte der Erbauung des Panama-Kanals (= Knaur Tb 3657), München-Zürich o.J., 382 S., Karte, DM 8,80. [Pläne für einen Kanal zwischen Atlantik und Pazifik im Raum des späteren Staates Panama gab es schon seit dem 16. Jahrhundert (Kaiser Karl V. 1523, Alexander von Humboldt 1799/1804; Isthmus von Panama).] Nach der Eröffnung des Suezkanals (1869) versuchte die 1876 gegründete französische Gesellschaft Société Civile Internationale du Canal Interocéanique sich am Bau eines Panamakanals (Wyse-Konzession 1878, Beschlussfassung zum Kanalbau 1879, Besuch Panamas durch Ferdinand de Lesseps 1879/80, Finanzierung/Aktienemmission durch die Aktiengesellschaft Compagnie Universelle du Canal Interocéanique 1880). Die Arbeiten an einem schleusenlosen Kanal unter französischer Führung begannen 1881 und mussten wegen zu großer klimatischer, organisatoricher und technischer Schwierigkeiten (falsche Planung, Bestechung, Erkrankung der Arbeiter vor Ort mit Malaria und Gelbfieber) 1889 eingestellt werden (Panamaskandal, Zahlungsunfähigkeit der Compagnie Universelle du Canal Interocéanique 1888). Die französische Auffanggesellschaft Compagnie Nouvelle du Canal de Panama (1894) verkaufte das Panamakanalprojekt an die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) (1902), die nach dem spanisch-amerikanischen Krieg (1898; Inbesitznahme von Hawaii, der Philippinen, von Guam und Puerto Rico) unter ihrem Präsidenten Theodore Roosevelt sehr am Kanalprojekt interessiert waren. Widerstände des südamerikanischen Staates Kolumbien wurden im Panamakonflikt von US-amerikanischer Seite durch die Installierung und Besetzung des aus Kolumbien herausgelösten Staates Panama (1903) beseitigt, eine Kanalzone beiderseits des Kanals unter US-amerikanischer Kontrolle gestellt (Hay-Bunau-Varilla-Vertrag 1903). Die Bauarbeiten an dem nun mit Schleusen versehenen Panamakanal schritten unter amerikanischre Führung zwischen 1904 und 1914 voran. Am 3. August 1914, dem Tag des Beginns des Ersten Weltkriegs (1914-1918), passierte das erste Schiff den Kanal. [Die offiziellen Eröffnungsfeierlichkeiten fanden 1920 statt.] [Buhlmann, 10.2021]

McKitterick, Rosamond (1997), Constructing the Past in the Early Middle Ages: The Case of the Royal Frankish Annals, in: Transactions of the Royal Historical Society 7 (1997), S.101-129. I. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist laut dem christlichen Kirchenvater Augustinus (†430) für den Menschen im Jetzt erfahrbar. Dies gilt gerade für das Festhalten von Vergangenheit durch Geschichtsschreibung. Letztere betrifft - vor dem Hintergrund von Erinnern und Gedäcnhtnis - auch Kalendare, Nekrologien, Martyrologien, Überlieferungen zur Zeitrechnung usw. Vergangenheit wird dabei aus schriftlichen, mündlichen und historiografischen Quellen für die Gegenwart konstruiert. So kam im frühmittelalterlichen Frankenreich in der Zeit der karolingischen Könige und Kaiser der narrative Typus der Annalen als Geschichtsschreibung auf, der im Judentum, in der römischen Antike und im frühen Christentum seine Vorläufer hatte. Jahr für Jahr, angeordnet in der Jahreszählung nach Christi Geburt (zyklische Zeit) und damit im Rahmen christlicher Zeitrechnung, zeigten die Annalen historische Ereignisse an, die eingebunden waren und wurden in eine sozial-politische, aber auch christlich-religiöse Zeit. Dabei standen Zeitrechnung und Komputistik (Lunisolarjahr, Osterfestrechnung) unter der Kontrolle von Geistlichkeit und Königtum (Admonitio generalis König Karls des Großen). Die Annalen-Geschichtschreibung hat sich wohl unabhängig von den frühmittelalterlichen christlichen Ostertafeln entwickelt, sie war aber - mentalitätsgeschichtlich gesehen - wie die Ostertafeln Ausdruck einer christlichen Form der Erfassung von Zeit. Nicht von ungefähr vermelden die fränkischen Reichsannalen in ihrem Kernzeitraum (ab 759) jährlich, dass der Hof des Herrschers als politisches Zentrum des Frankenreichs das Oster- und Weihnachtsfest als zentrale christliche Feste beging. Politik wurde somit eingebunden in die Zeitzyklen der christlichen Religion, die Annalen hoben sich dadurch mit ihrer strengen zeitlich-jahrweisen Ordnung von der vormaligen fränkischen Geschichtsschreibung etwa der Fredegar-Chronik ab. II. Die Reichsannalen, die Annales regni Francorum umfassen die fränkisch-karolingische Geschichte zwischen 741 und 829. Sie sind konstruierte Vergangenheit, die die Taten der karolingischen Herrscher und damit die der Franken effektvoll herausstellen. Teilweise zusammenhängend (741-793, 807-829, 820-829) niedergeschrieben wurden die Annalen von verschiedenen Personen und überliefert in einer Anzahl von frühmittelalterlichen Handschriften, die die weite Verbreitung der zwischenzeitlich auch revidierten Annalen anzeigen (Handschriftengruppen und Annalenversionen A-E, west- und ostfränkische Tradierungen). Die Revisionen halfen Brüche in der karolingischen politischen Tradition zu beseitigen (Pippin, Karlmann und Grifo; Karlmann und Karl der Große); die Merowingerkönige waren sowieso von Anfang an in den Annalen nicht genannt worden. Die Annalen wurden zu einer weit ausstrahlenden Geschichtsschreibung über das Volk der Franken, die diesen unter Führung der karolingischen Herrscher (neue) Identität verlieh, gerade auch in Abgrenzung zu anderen Völkerschaften, die von den Franken bekriegt und unterworfen wurden. [Die Einbindung der in den Annalen geschilderten Geschehnisse in einem christlich-religiösen Rahmen - sichtbar in der Verwendung der Inkarnationsrechnung - machte zudem die Franken zu einem (von Gott) "auserwählten Volk".] Dabei ist für die Geschichtskonstruktion der Annalen im mentalitätsgeschichtlichen Zusammenhang der Sichtweise von fränkischem Königtum und karolingischen Parteigängern auf die Franken irrelevant, inwieweit das in in diesem historiografisch-literarisch-narrativen Text Geschilderte eine wie auch immer aufzufassenden "Wahrheit" entspricht. [Buhlmann, 05.2023]

MdtF = Mitteldeutsche Forschungen

Me

Meadows, Donella, Meadows, Dennis, Randers, Jørgen (1992), Die neuen Grenzen des Wachstums (= rororo 19510), Reinbek b.H. 52001 > U Umweltgeschichte der Moderne

Medien als Mittel der Kommunikation und Informationsspeicherung: Medien haben in der Geschichte von (Hoch-) Kulturen schon immer eine Rolle gespielt, angefangen bei den Medien "Kunst" und "Sprache und Schrift" in deren vielfältigen Ausprägungen. Mensch (Körper, Sinne, Gehirn) und Gesellschaft hingen und hängen in den jeweiligen Epochen der Menschheitsgeschichte nicht zuletzt durch den Faktor "Medien" zusammen; Medien vermittel(t)en Subjekten Teil einer Gesellschaft zu sein und an deren Weltbild (Selbstverständnis, Deutungsmuster, Erfahrungen) teilzuhaben. Mit dem Aufkommen von Massenmedien (Buch, Presse, elektronische und digitale Kommunikation) ab der frühen Neuzeit erhielt die historisch zu betrachtende Medienevolution eine neue Qualität, wobei die Moderne auf Grund technischer Innovationen für eine höchst dynamische Medienentwicklung steht (Fotografie, Radio, Fernsehen, Digitalisierung, Internet). Medientheorie ist die (schon seit der Antike) betriebene (medien-) wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den in je einer Zeitepoche existierenden Medien. Vgl. Helmes, Günter, Köster, Werner (Hg.) (2002), Texte zur Medientheorie (= RUB 18239), Nachdruck Stuttgart 2013, 352 S., € 9,40 (mit Quellentexten aus der jüdischen Thora, von Hesiod, Platon, Cicero, Plinius den Älteren, Tertullian, Augustinus, Bonaventura, Martin Luther, Ulrich Zwingli, Gotthold Ephraim Lessing, Johann Gottfried Herder, Immanuel Kant, Wilhelm von Humboldt, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Karl Marx, Ernst Mach, Bertolt Brecht, Ernst Jünger, Walter Benjamin, Martin Heidegger, Helmut Schelsky, Jack Goody, Nelson Goodman, Niklas Luhmann, Ray Kurzweil u.a.). [Buhlmann, 07.2022]

Medingen, Zisterzienserinnenkloster: Die Nonnengemeinschaft des Zisterzienserinnenklosters Medingen (bei Bad Bevensen) war zunächst in Wolmirstadt (bei Magdeburg) entstanden (1228). Ansiedlungen in Restorf am Höhbeck (1228-ca.1234/35), in Plate (bei Lüchow) (ca.1234/35-123) und Bohndorf (bei Dahlenburg) (1237-1241) erwiesen sich als kurzlebig, wenn auch das Kloster wahrscheinlich Unterstützung beim Magdeburger Erzbischof Albrecht II. (1205-1232) fand. Erst der Umzug nach (Alten-) Medingen stellte vor dem Hintergrund einer durch die Ritter von Meding erfolgten Schenkung von (Alten-) Medinger Kirche und Klostergelände (1241) die geistliche Kommunität auf eine solide, auch wirtschaftliche Grundlage. Hinzu kamen 1251 die Zuweisung des Medinger Zehnten durch Bischof Lüder von Verden (1231-1251), 1253 das Schutzprivileg König Wilhelms von Holland (1247-1256) sowie 1261 die Schenkung eines Königszinses in Niendorf und Secklendorf. Unter den Medinger Pröpsten Nikolaus (II.) (1261-1287) und Hartwig von der Sülze (1287-1306) schritt der wirtschaftliche Ausbau des Klosters weiter voran (Zehntrechte an Orten der Umgebung 1262, Anteil an der Lüneburger Saline 1263), für das ausgehende 13. Jahrhundert lassen sich in Medingen hergestellte Musikhandschriften ausmachen. Unter den Pröpsten Christian (1306-1326) und Ludolf von Lüneburg (1326-1352) erfolgte im Zusammenhang mit einer Verschärfung der Nonnenklausur bei bestehendem Konversinneninstitut (1313) der Umzug des Zisterzienserinnenklosters nach Zellensen oder - wie es nun hieß - Neu-Medingen (1336). Das 14. Jahrhundert sah den Erwerb von Kirchenpatronaten u.a. in Römstedt (1319), Bardowick (1333) und Wichmannsburg (1339), die Einkünfte des Klosters ergaben sich aus dem Salinengut, aus grundherrschaftlichen Renten, aus Memorialstiftungen und Seelmessen; ein Vertrag zwischen Kloster und Stadt Lüneburg regelte die Schifffahrt auf der Ilmenau (1343). Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts werden Veränderungen bei der Nonnenklausur bemerkbar. Die Nonnen verfügten zunehmend über Privateigentum (1370), gehörten vielfach auch Lüneburger Bürgerfamilien an. Die engen Beziehungen der Zisterzienserinnengemeinschaft zur Stadt Lüneburg wirkten sich indes im Lüneburger Nachfolgekrieg (1371-1388) und im "Prälatenkrieg" (1449-1462) negativ auf das Kloster aus. Parallel dazu verstärkte sich die finanzielle Belastung des Klosters durch die Landesherren und Herzöge von Braunschweig-Lüneburg (Auslösung von herzoglichen Bürgschaften 1464); klösterliche Misswirtschaft kam hinzu. Propst Tilemann von Bavenstedt (1467-1494) führte spätestens ab 1477 erfolgreich eine Reform des Klosters durch. Der Neubau von Wirtschaftsgebäuden, eine 1479 erfolgte Visitation der Frauengemeinschaft durch den Verdener Bischof Berthold von Landsberg (1470-1502), die Bereitstellung von Ordensregel und liturgischen Handschriften sowie die Einführung der vita communis bei Verzicht der Nonnen auf Privateigentum und Verschärfung der Klausur gehören hierher; statt der bisherigen Priorinnen führte ab 1494 eine Äbtissin den Frauenkonvent. Dieser sollte während der Hildesheimer Stiftsfehde (1519-1523) in die Stadt Lüneburg fliehen (1519). Ab 1524 gab es Versuche des Landesherrn, in Medingen die Reformation einzuführen. Der Konvent wehrte sich, Herzog Ernst der Bekenner (1521-1546) richtete das Amt Medingen ein (ab 1529) und zerstörte Teile der Klostergebäude (ab 1536). Im Jahr 1554 wurde schließlich die lutherische Reformation in Medingen eingeführt. Vgl. Urkundenbuch des Klosters Medingen, bearb. v. Joachim Homeyer (2006) (= Lüneburger Urkundenbuch, 10. Abt. = VHKNB 233), Hannover 2006, 797 S., € 15,- > V Veröffentlichungen der historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. [Buhlmann, 06.2014]

Mehdorn, Andreas M., Prosopographie der Missionare im karolingischen Sachsen (ca. 750-850) (= MGH. Hilfsmittel, Bd.32), Wiesbaden 2021, LXXX, 404 S., € 80,-. Die Erkenntnis, dass fast alle Immunitätsprivilegien der Kaiser Karl des Großen (768-814) und Ludwig des Frommen (814-840) für damals angeblich existierende sächsische Bistümer (Bremen-Hamburg, Halberstadt, Hildesheim, Minden, Münster, Osnabrück, Verden) Fälschungen sind (Ausnahme: Privileg Ludwigs des Frommen für das Bistum Paderborn 822), führt zu der Feststellung, dass es unter diesen fränkischen Herrschern kaum eine kirchliche Raumgliederung und Erfassung des eroberten Sachsens (angebliche sächsische Diözesanordnung) gegeben hat. Stattdessen waren es karolingerzeitliche Missionare und Missionsbischöfe, die offensichtlich - anders als die Diözesanbischöfe - ohne sedes (Bischofssitze) auskamen. Fraglich ist zudem, inwieweit die Abwehr der Sachsen durch die Franken bzw. die Einbeziehung Sachsens in das Frankenreich neben der Eroberung und Unterwerfung auch die Bekehrung und Christianisierung zum Ziel hatte (Sachsenkrieg [772-804] als Eroberungs-, Missionskrieg). Dabei geben hochmittelalterliche Bistumshistoriografien mit ihren idealisierten und legendenhaften Gründungsberichten die Anfänge der sächsischen Bistümer verfälscht wieder, während Viten über Missionsbischöfe diese in hagiografischer Absicht darstellen. Dagegen bieten die offiziöse fränkische Annalistik, Schenkungs- und Güterverzeichnisse, eine klösterliche Chartularüberlieferung und Nekrologien zumindest Hinweise auf damalige Geschehnisse. Die Einbeziehung und Christianisierung Sachsens bei Aufbau einer kirchlichen Bistumsordnung ist dann im Rahmen der angelsächsischen Mission auf dem Kontinent (Willibrord, Bonifatius), des fränkischen Eroberungskriegs und der Nachkriegszeit bis zur Mitte des 9. Jahrhunderts zu sehen. Vor diesem historischen Hintergrund spielte sich die Bekehrungstätigkeit folgender Missionare und Missionsbischöfe ab: Agilfried (Abt von St. Amand, Bischof von Lüttich [769-787], Verbindungen zum Osnabrücker Raum, †787); Altfrid (Liudgeride, Verfasser einer Liudgervita, Werdener Klosterleiter, Bischof von Münster, †849); Alubert (Angelsachse, Missionshelfer Gregors von Utrecht bei der Friesenmission, corepiscopus, †n.775); Ansgar (*801, Mönch in Corbie [-822/23] und in Corvey [822/23-826], Mission in Dänemark [826-829] und Schweden [829-830/31], Missionsbischof in Nordelbien [831/34-848], Bischof von Bremen [847/48-864], Missionserzbischof [864], †865); Atrebanus (Missionar in Dithmarschen, Martyrium 782); Autbert (Missionsbegleiter Ansgars, †829); Badurad (Nachfolger des Missionsbischofs Hathumar in Paderborn [815-862/63], Missionsarbeit, Paderborner Immunitätsurkunde [822], Tätigkeiten im Auftrag Kaiser Ludwigs des Frommen, †862/63); Benjamin (Missionsgehilfe Willehads, Martyrium 782); Bernlef (Schüler und Missionsgehilfe Liudgers, Dichter und Verfasser des Heliands [?]); Bernrad (Abt [von Echternach?, Erzbischof von Sens?] als [erster] westsächsischer Missionar, †791/92 [797?]); Ebo (Nähe zur karolingischen Herrscherfamilie, Erzbischof von Reims [816-835, 840-841], Dänenmission und Missionslegat [822/23-833], Absetzung und Klosterhaft [833-840], Bischof von Hildesheim [844/45-851], †851); Egisrik (Schüler des Willehad, Widukindaufstand und Rückzug nach Echternach [782], †n.789); Erkanbert (Mönch in Fulda?, Missionsbischof und Missionsleiter im Wesergebiet und im Mindener Gebiet?, †830); Folcard (Missionshelfer des Willehad, Martyrium 782); Gauzbert (Missionsbischof in Schweden [830er-Jahre], Flucht [845], [Missions-] Bischof von Osnabrück [845/47-ca.859], Osnabrücker Immunitätsurkunde König Ludwigs des Deutschen 848, †ca.859); Gefwin (Missionsbischof und Osnabrücker Bischof [v.829-835], Beteiligung an der Absetzung Kaiser Ludwigs des Frommen 833, Flucht ins Kloster Fulda [835], †850 [?]); Gerbert Castus (Schüler Liudgers, Diakon [796], Wohltäter des Klosters Werden, [angeblich?] Abt von Visbek [821?], kein Missionar); Gerfrid (Liudgeride, Geistlicher [801], Bischof von Münster [809-839], eingeschränkte Werdener Klosterleitung, im Umfeld Kaiser Ludwigs des Frommen, †839); Gerwal (Missionshelfer Willehads, Martyrium 782); Giselmar (Mönch im Kloster Corbie, Missionar in Dänemark in der Nachfolge Ansgars); Gunthar (Bischof in Sachsen [Ende 8., Anfang 9. Jahrhundert], einer der Vorgänger des Bischofs Altfrid von Hildesheim [851-874], Missionstätigkeit?, Kirchenbau?); Haduard (Bischof in Minden [-853], †853); Hartrich (Missionsbischof? [786-806], Reichenauer Mönch); Harud (Missionsbischof? [829], kein Bischof von Verden, keine Beziehungen nach Amorbach und Neustadt am Main, †829); Hathumar (als sächsische Geisel, geistliche Ausbildung, Missionsbischof für Paderborn [806/07-815/16], Zustimmung zur Klostergründung in Hethis [815], †815/16); Helmgaud (Bischofsweihe [829], Mission, am Kaiserhof in Nimwegen [838], †839/42); Hemmo (Mönch in Fulda?, Urkundenschreiber [815], Diakon [ca.822/23], Beziehungen zu Hrabanus Maurus, Bischof von Halberstadt [840?-853], †853); Heridag (Sachsenmissionar und Priester [804/14]); Hildigrim (Liudgeride, Bruder Liudgers, Diakon [793, 796], Bischof von Châlon-en-Champagne [802-827], Missionstätigkeit wohl auch im Halberstädter Raum [Stephanus-Dompatrozinium, monasterium Hildigrims in Halberstadt], Werdener Klosterleiter [809-827], angebliche Immunitätsurkunde für Halberstadt 816, angeblicher Gründer des Klosters Helmstedt, †827); Isenger (fiktiv, kein Bischof von Verden, kein Abt von Amorbach); Landricus (Umfeld von Liudger und Fosetesland [Helgoland?], Schüler Liudgers?, Priester?); Lebuin (Friesenmissionierung unter Gregor von Utrecht, Kirche in Deventer, Flucht vor Sachsenaufstand, Rückkehr, †773/74); Leuderich ([angeblicher?] Bremer Bischof, †845); Leyulo (fiktiv, kein Bischof von Verden); Liudger (*ca.742, Friesen- und Sachsenmissionar [in Deventer 775, in Dokkum 777-784, in Friesland 787-792, im Münsterland 793-805], Gründer des Klosters Werden [ca.800], Missionsbischof im Münsterland [805-809], †809); Marchelm (Schüler des Bonifatius oder des Willibrord, monasterium Utrecht [777]); Meingoz (fiktiv?, angeblich Wiedenbrücker Missionsleiter, angeblich Bischof von Osnabrück); Northila (fiktiv, angeblich Bischof von Verden [wie auch Suitbert]); Reinbert (Missionsbischof im Hildesheimer Raum [ca.840?], †v.845); Rothila (fiktiv, angeblich Bischof von Verden); Spatto (fiktiv, angeblich Bischof von Verden, angeblich Abt von Amorbach und Neustadt am Main); Surmi (*704/12, Mönch in Fritzlar, Priester [732/33], Missionstätigkeit unter Bonifatius um Fritzlar, Gründung des Klosters Fulda [744], Sachsenmission [ca.777-779], † 779); Suidbert (angelsächsischer Missionar bei den Boruktuariern, Gründung des Klosters Kaiserswerth, †713 <-> angeblich erster Bischof von Verden [786] [<- Verdener Bischof Hermann]); Thanco (fiktiv, kein Bischof von Verden); Thiadgrim (Liudgeride, Bischof im Halberstadter Raum [827-840], Mainzer Synode [829], Nimwegener Reichsversammlung [838], †840); Waldgar (Bischof von Verden [v.847-v.868], Mainzer Versammlungen [847, 848], Verdener Immunitätsurkunde 848/49, †v.868); Wiho (fiktiv, kein Bischof, auch der Osnabrücker Kirche [ca.800] <- Urkundenfälschungen im Zusammenhang des Osnabrücker Zehntstreits gegen Corvey und Herford); Willehad (*735/44, Mission in Friesland [ca.770-780], in Wigmodien [ca.780-782], auch als Missionsbischof in Wigmodien [785-789], †789); Willerich ([späterer?] Nachfolger Willehads, Mission in Wigmodien, Bischof [n.804/ca.805, 823], [Kirchen-] Bautätigkeit in Bremen [monasterium?], †838); Witmar (Missionsbegleiter Ansgars in Schweden, Mönch in Corbie, †n.865/71). Die vorstehende Prosopografie der Missionare in Sachsen auch auch Friesland lässt erkennen: angelsächische Herkunft der besonders in Friesland wirkenden Missionare, Friesen als Missionare in Sachsen, Missionare sächischer Herkunft, (auch sächsische) Missionare aus dem Adel und der Oberschicht; geistliche Ausbildung (tertius gradus) der Missionare auch in monasteria (Corvey, Fulda, Münster, Werden); Mission als Auftrag karolingischer Herrscher, Mission aus eigenem Antrieb, Missionsunterstützung/-patenschaften (Châlon-en-Champagne -> Halberstadt, Lüttich -> Osnabrück, Paderborn -> Würzburg, ? -> Münster); Missionsstationen und -filialen, (gentil verankerte) Missionssprengel nicht genau definiert bei sich ausdehnender Mission (bei den Missionsstationen/sedes und den Missionssprengeln/"Protobistümern" ist sicher nicht von einer in eine Richtung gehende Institutionenverdichtung auszugehen, vielmehr von einem Auf und Ab in der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts; die Entwicklung hin zu einer sächsischen Diözesanordnung verlief wahrscheinlich alles andere als geradlinig hin zu den Verhältnissen in der Mitte bzw. in der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts); Massentaufen und Überzeugungsmission als konkurrierende Missionspraktiken vor dem Hintergrund der Jahrzehnte im und nach dem Sachsenkrieg im Rahmen einer ambulanten, durch Predigt und Tatmission (Ausrottung des Heidentums, Zerstörung heidnischer Kultstätten) sowie bei weitgehendem Fehlen der Errichtung von Kirchen und monasteria (zunächst nur teilweisen) erfolgten Christianisierung der Sachsen (bei Überleben von Heidentum und paganer Bräuche auch in den folgenden Jahrhunderten [mindestens bis 11. Jahrhundert, Anfang]); Auswahl der Missionare durch die karolingischen Herrscher ohne Beteiligung des Papsttums, flexible und pragmatische Rolle der Missionare und Missionsbischöfe in Sachsen etwa bei der Einsetzung von Priestern jenseits starrer Kanonistik, langsam fortschreitende, schleichende Institutionalisierung der [Missions-] Bischofswürde hin zum Amt des Diözesanbischofs (Wormser Synode 868), kein Unterschied zwischen Missions- und Diözesanbischöfen; Kontinuität der Mission unter Karl dem Großen und Ludwig dem Deutschen, Anerkennung der ostfränkischen Herrschaft Ludwigs des Deutschen (Mainzer Synode 847; -> "Verstetigung der kirchlichen Strukturen" im ostfränkischen Sachsen), Missionare und Grafen, Missionare als/und Adlige, Beteiligung der Missionare an fränkischen Synoden und Reichsversammlungen [ab 829 <-> Paderborner Reichsversammlungen 777, 799?]; sächsische Missionare im Gedächtnis der Kirche (Liudgeriden und Werdener Familiengrablege; Verehrung von Ansgar, Lebuin, Liudger und Willehad als Heilige; Instrumentalisierung von [fiktiven] Missionaren in der Historiografie und in Urkundenfälschungen [von Immunitätsurkunden]). [Buhlmann, 07.2023]

Mehltretter, J[örg] M[ichael] (1974), Dampflokomotiven. Die letzten in Deutschland, Stuttgart 1974 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Meid, Wolfgang (2007), Die Kelten (= RUB 17053), Stuttgart 2007 > K Kelten

Meie, Hans-Jürgen (1998), Weltkulturerbe Quedlinburg. Deutsch-Englisch, Goslar 52003 > Q Quedlinburg

Meier, Christian (1986), Caesar (= dtv 10524), München 1986 > C Caesar

Meier, Esther (2010), Handbuch der Heiligen, Darmstadt 2010 > H Heilige des Christentums

Meier, Frank (2007), Gefürchtet und bestaunt. Vom Umgang mit dem Fremden im Mittelalter, Ostfildern 2007, 176 S., € 7,99. Innerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft(en) gab es Fremdes, Unbekanntes, Ausgegrenztes. Das Fremde diente als Folie und Selbstvergewisserung für das Eigene, das sich als eigener identitätsbildender Maßstab einer christlichen Ökumene (universitas christiana und mappae mundi) und göttlichen Ordnung (ordo im Mikro- und Makrokosmos) verpflichtet war und differierend Grenzen gegenüber dem Fremden aufrichtete. Das bekannte Nahe und das fremde Ferne galten in geografischer Hinsicht trotz und gerade wegen der im Verlauf des Mittelalters zundehmenden Mobilität von Menschen (Entdecker, Pilger, Kaufleute) , aber es gab auch im Binnenbereich der mittelalterlichen Gesellschaft Grenzen und Brüche. Dem ständischen Aufbau der Gesellschaft entsprechend, fanden sich Menschen an den Rand gedrängt und diskriminiert, etwa Landfremde (Händler, Handwerker, Kaufleute), Leute, die sog. unehrliche Berufe ausübten (Dirnen, Fahrende und Gaukler, Henker), oder Häretiker. Innerhalb der europäischen Gesellschaften bildeten zudem die Juden als einzige Nichtchristen eine bedeutende Randgruppe. Zu einem massiven Bruch im Verhältnis von Juden und Christen kam es zur Zeit der Kreuzzüge, zumal des Ersten Kreuzzugs (1096/99), als die durch den Kreuzzugsaufruf aufgeheizte Stimmung zu Judenpogromen insbesondere im Rheinland führte. Verstärkt wurde man nun auch auf die religiöse und gesellschaftliche Fremdheit der Juden aufmerksam (Ausgrenzung, "Sündenbock"-Funktion); auch wirtschaftliche Faktoren (Verschuldung der Gläubiger) und Vorurteile gelten als Gründe für die Judenverfolgungen. In der auf die frühen Pogrome folgenden Zeit ist dennoch von einem weiteren Wachsen der jüdischen Gemeinden im römisch-deutschen Reich auszugehen. Judenschutz war Regal der staufischen Kaiser und Könige, die Juden waren der Kammerknechtschaft unterworfen, die sich von einer eher theoretisch erfassbaren Rechtsgröße, einem Vorrecht (praerogativa) für die Juden, zu einem praktisch anwendbaren Unterdrückungsmechanismus im Rahmen spätmittelalterlicher Leibeigenschaft steigerte (Eigentumsrecht des Herrschers an den Juden [dominium, proprietas]). Dies war neben anderem (angebliche Ritualmorde, angebliche Hostienschändungen der Juden u.a.) der Nährboden für viele spätmittelalterliche Judenverfolgungen, für die Auslöschung vieler Judengemeinden im Zuge der verheerenden Pestpandemie ("Schwarzer Tod") in Europa in den Jahren 1348/51, für die Vielzahl der Judenvertreibungen aus Territorien und den Judenvierteln und Ghettos der meisten Reichsstädte; am Ende des Mittelalters gab es Juden nur noch in wenigen Reichsstädten wie Frankfurt oder Friedberg. Der gesellschaftliche Umgang mit den Juden steht nicht alleine da. Ausgegrenzt und verfolgt wurden auch christliche Häretiker und Schismatiker, im Rahmen der Kreuzzüge offenbarte sich darüber hinaus die religiöse Fremdheit der Christen gegenüber den Muslimen, heidnische Völker wie Wikinger, Ungarn oder Mongolen wurden als Fremde und zunächst auch als Feinde betrachtet. Selbst zwischen Mann und Frau gab es eine sexuelle Fremdheit, beobachtbar an der Abwertung der Frau durch den Mann oder am schwierigen Verhältnis der christlichen Kirche zur Sexualität (Sexualfeindlichkeit, Homosexualität). Imaginäre Fremdheit tat sich am Ende des Mittelalters auf im Verhalten gegenüber Hexen und Zauberern. Im Imaginären ist schließlich auf den Bereich geografisch-wissenschaftlicher Erkenntnis zu verweisen. Wundervölker und wilde Menschen, Fabeltiere und Monster wurden im christlichen Europa als fremd betrachtet. Fremdsein bedingte hier einerseits eine Abgrenzung vom Fremden, Unbekannten und Ungewohnten, das auch als Bedrohung empfunden werden konnte. Umgekehrt haftete dem Fremden auch etwas Faszinierendes an. Die "europäische Neugierde", die im Zeitalter der Entdeckungen neben anderem ein Antrieb für die Expansion Europas in die Welt wurde, nahm auch die Sitten und Gebräuche fremder Völker wahr, die sie freilich ihrem Fremdheitsschema unterordnete. Nicht zuletzt solche und andere Erkenntnisse wurden über das Buchwissen Generationen lang reproduziert und flossen somit ein in die "wissenschaftlichen Mentalitäten" des europäischen Gelehrtentums. Gerade durch das Buch war zudem das Fremde aufgezeichnet und gleichsam systematisiert, gebannt und eingehegt, das Fremde hatte seine Bedrohlichkeit verloren. [Buhlmann, 11.2019]

Meier, Frank (2008), Mensch und Tier im Mittelalter, Ostfildern 2008, 174 S., € 7,-. Das Verhältnis von Mensch und Tier war auch im Mittelalter ambivalent. Nach christlichem Glauben und Bibel Gottes Mitgeschöpfe des Menschen innerhalb von Welt und Natur, dienten Tiere der Ernährung, waren Haustiere, wurden gejagt, angeklagt und gequält. Das Tier war (christliches) Symbol (Lamm Gottes, Eber im Weinberg), war Wappentier (Adler, Löwe, Bär, Wolf, Hirsch, Fisch), stand - nicht zuletzt in den mittelalterlichen Bestiarien oder im "Tierlexikon" der Ebstorfer mappa mundi - für gewisse tugendhafte (Mut des Ebers) oder verachtenswerte Eigenschaften (Suhlen des Hausschweins). In Märchen und Fabeln haben Tiere ihre eigene Sprache; Fabeln wurden belehrend im Gottesdienst eingesetzt, vermittelten aber auch Kritik an der mittelalterlichen Ständegesellschaft (Reineke Fuchs, Isegrim). Aus Tieren wurden dann (angebliche) Heilmittel hergestellt (Hildegard von Bingen, Physica), als Essenzen der guten oder bösen (dämonischen) Kräfte des Tiers. Tiere konnten zur Plage werden (Heuschreckenschwärme) oder verursachten Unfälle und Unglücke; Folge davon waren u.a. die Gerichtsprozesse gegen Tiere, die mit Tierstrafe, -bann oder -tötung enden konnten (Lausanner Maikäferprozess 1478/79); Tierprozesse und Tierexorzismus kamen im 15. Jahrhundert verstärkt auf, vielleicht eine indirekte Folge, der schlechter werdenden klimatischen Bedingungen in Europa. Jenseits von Symbolik und Dämonisierung wurden Tiere gejagt oder zur Jagd verwendet; aus dem frühmittelalterlichen Forst (forestis) entwickelten sich Bannforst, Wildbann und Jagdregal etwa der spätmittelalterlichen Fürsten und Landesherren. Gejagt wurde im Jagdrevier, aber auch im eingefriedeten Wildpark (Wildgehege, Brühl) Rot-, Schwarz- und Niederwild; Bärenjagd fand mit Jagdhunden statt, die Beizjagd mit Greifvögeln (Jagdbücher [Falknerei], Jagdtechniken). Im späten Mittelalter diente die Jagd in erster Linie der Repräsentation des die Jagd durchführenden Adels; Bauern hingegen waren auf die Vogeljagd verwiesen (Netze, Leimruten). Als Haus- und Nutztiere fanden im Mittelalter sowohl auf dem Land als auch in der Stadt Verwendung: Rinder (Fleischversorgung [Viehhandel, -märkte], eingeschränkt: Milchwirtschaft; Weidebetrieb), Schweine (Fleischversorgung; Schweinemast [Eichelmast im Wald]), Ziegen (Milch), Schafe (Wollproduktion, Pergamentherstellung), Hühner (Eier, Fastenspeise), Gänse, Enten, Tauben, Hauskaninchen (in Gehegen); Ochsen und Pferde (Kaltblüter) wurden von den Bauern als Gespanntiere verwendet, Pferde (Shire Horse, Ponys) und Esel als Reit- und Lasttiere, Hunde der Jagd (Schweiß-, Lauf-, Vorstehhunde, Doggen) oder als Hof- und Hirtenhunde, Katzen der Bekämpfung von Schädlingen, Eichhörnchen als (adlige) Schoßtiere, Bienenvölker der Herstellung von Honig (Zeidelwirtschaft). Besondere Bedeutung bei der Ernährung kam dem Fisch (u.a. als Fastenspeise) zu, der eingepökelt über weite Strecken transportiert werden konnte (Hering ["Voll-, Hohlhering", Bückling; Bedeutung der Hanse], Stockfisch [Dorsch, Kabeljau]). Gegenüber Tierkrankheiten (Rotz, Spat als Pferdekrankheiten; fehlende Hygiene) war die Tierheilkunde (Bücher zur Pferdeheiilkunde) weitgehend machtlos. (Haus-, Nutz-) Tiere wurden geschlachtet und gegessen, wobei es zeitliche Einschränkungen (Fastenzeit bei den Christen) und kulturelle Beschränkungen (jüdische Speisege- und -verbote) gab; Hunger und Völlerei (Schaugastmähler adliger und bürgerlicher Repräsentation; Kochbücher) standen sich im Spätmittelalter gegenüber. Schließlich dienten gefangene Tiere an Höfen von Fürsten und Herrschern der Repräsentation (Elefant Abul Abbas als Geschenk für Kaiser Karl den Großen [801], Menagerie Kaiser Friedrichs II., Elefant Hanno für Papst Leo X. [1514], Panzernashorn [1516, Zeichnung Albrecht Dürers]). [Buhlmann, 07.2013]

Meier, Franziska (2018), Dantes Göttliche Komödie. Eine Einführung (= BSR 2880), München 2018, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, € 9,95. I. Der toskanische Dichter Dante Alighieri (*1265-†1321) wurde in Florenz geboren und getauft (1266) und beschäftigte sich schon früh - auch nach dem Tod des Vaters (1281/86) - mit Literatur und Schriftstellerei (Teilübersetzung des Rosenromans, Gedichte). Verheiratet mit Gemma die Manetto Donati (1288?), entstammten der Ehe zwei Söhne und eine Tochter; die von Dante angebetete Beatrice (Bice di Folco Portinari?) starb 1290. Als Bürger von Florenz nahm Dante an der Schlacht bei Campaldino teil (1289), seine politische Karriere (ab 1295) brachte Dante - trotz beginnender wirtschaftlicher Schwiergkeiten in der Familie Alighieri - ins Florentiner Priorat (1300). Der Sturz der Bianchi (1301) brachte Dante die Verbannung aus Florenz (1302); Dante sollte dorthin nicht mehr zurückkehren können und wollen (1311; Todesurteil gegen Dante und Beschlagnahmung von dessen Besitz 1315) und hielt sich in der Folgezeit vormehmlich in Nord- und Mittelitalien auf (Bologna, Casentino?, Lucca, Pisa?, Ravenna). Als ravennatischer Gesandter stirbt Dante auf der Rückreise von Venedig am 13./14. September 1321. Dante hat neben den Gedichten und seiner "Göttlichen Komödie" (1307/20) auch philosophische Werke auf Latein verfasst. II. Die "Göttliche Komödie", die Dante über einen langen Zeitraum verfasste, ist eine "Synthese aus Antikem und Christlichem", u.a. gründend auf Vergils Aeneis (Aeneas' Besuch der Unterwelt) und auf einer im Mittelalter verbreiteten Visionsliteratur ("Entrückung des Apostels Paulus", Mohammeds Himmelfahrt u.a.) und antik-mittelalterliche Vorstellungen der (Jenseits-) Geografie (Landschaften), der Seelenlehre oder der Erklärung von den jenseitigen Schattenleibern nutzend. Die "Göttliche Komödie" stellt die "Ordnungen der Jenseitsreiche" dar: Inferno (Hölle; Aufbau abgeleitet aus der aristotelischen Ethik), Purgatorium (Läuterungsberg, Fegefeuer; Aufbau gemäß den sieben christlichen Todsünden), Paradies (Aufbau gemäß den christlichen Tugenden). In der "Göttlichen Komödie" begibt sich der Wanderer (Dante) in Begleitung des römischen Dichters Vergil bzw. der Beatrice (im päpstlichen Jubeljahr 1300) auf Jenseitsreise durch Inferno (Luzifer im Erdmittelpunkt), Purgatorium (Läuterungen) und Paradies (Annäherung an Gott, Gottesschau). Reflektiert wird von Dante auch die Niederschrift der "Göttlichen Komödie" (Musen, Dante als "irdischer" Dichter, Dichtung und Lüge). Formal besteht die auf Italienisch verfasste Divina Commedia aus 100 Gesängen (canto), verteilt über die drei Abschnitte (cantiche) Inferno, Purgatorium, Paradies. Jedes canto besteht aus rund 140 Versen, je drei Verse bilden eine Strophe (Terzine), in der sich der 1. und 3. Vers reimen. Das (klassische) Versmaß ist das des endecasillabo mit seinen elf Silben pro Vers. III. Die Rezeption von Dantes "Göttlicher Komödie" war vielfältig, wie die überlieferten mittelalterlichen Abschriften zeigen. Für Neuzeit und Moderne stand die "Göttliche Komödie" am Anfang der modernen europäischen Dichtung (Kanonisierung als great book). An Ausgaben der Göttlichen Komödie Dantes seien genannt: Dante Alighieri (1307/20), Die Göttliche Komödie, übers. v. Karl Vossler, Gütersloh o.J., 525 S., DM N.N.; Dante Alighieri (1307/20), Die Göttliche Komödie, übers. v. Hermann Gmelin (1954/63) (= RUB 796), Nachdruck Stuttgart 1990, 541 S., DM 18,-; Dante Alighieri (1307/20), Die Göttliche Komödie, übers. v. Philalethes (König Johann von Sachsen) (1849) (= Fischer Klassik Tb 90008), 2008, Frankfurt a.M. 42011, 458 S., € 10,50. [Buhlmann, 01.2019, 12.2021-01.2022]

Meier, Mischa (2004), Justinian. Herrschaft, Reich und Religion (= BSR 2332), München 2004 > J Justinian I.

Meier, Mischa, Patzold, Steffen (2010), August 410 - Ein Kampf um Rom, Stuttgart 2010, 259 S., € 19,90. Die Eroberung Roms durch die Westgoten unter ihrem König Alarich (382-410) im Jahr 410 wird beleuchtet und gedeutet als "epochales Ereignis" in den zeitgenössischen Geschichtsquellen des Claudian, Hieronymos, Augustinus, Orosius und Rutilius Namatianus (Christentum, Romidee). Die Eroberung Roms wurde rezipiert und tradiert durch spätantike und mittelalterliche Geschichtsschreiber wie Zosimus, Prokop, Jordanes, Isidor von Sevilla, Otto von Freising oder Flavio Biondo. In der Neuzeit beschäftigten sich mit dem Geschehen u.a. Edward Gibbon, Ferdinand Gregorovius, Felix Dahn sowie Herwig Wolfram und Michael Kulikowski (Ethnogenese der Goten). [Buhlmann, 03.2011]

Meier-Seethaler, Carola (1997), Gefühl und Urteilskraft. Ein Plädoyer für die emotionale Vernunft (= BSR 1229), München 1997 > G Gassen, Gehirn

Meineke, Birgit (1991), Althochdeutsche -scaf(t)-Bildungen (= StAhd 17), Göttingen 1991 > S Studien zum Althochdeutschen

Meineke, Eckhard (1994), Abstraktbildungen im Althochdeutschen. Wege zur ihrer Erschließung (= StAhd 23), Göttingen 1994 > S Studien zum Althochdeutschen

Meineke, Eckhard, Schwerdt, Judith (2001), Einführung in das Althochdeutsche (= UTB 2167), Paderborn-München-Wien-Zürich 2001, 350 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 15,90. Das Althochdeutsche gehört zur Gruppe der indogermanischen (indoeuropäischen) Sprachen (früheste indoeuropäische Siedlungsgebiete [Kurgan-Kultur, transkaukasische Kupferzeitkultur; linguistisch-kulturhistorische Methode] und europäische Ausbreitung in der frühen Bronzezeit (?)) und zur Teilgruppe der (west-) germanischen Sprachen ("Völkerwanderung und germanische Stammessprachen, u.a.: Gotisch [Wulfilabibel als Codex Argenteus], Burgundisch, Wandalisch, Angelsächsich, Sächsisch, Friesisch, Fränkisch [mit Westfränkisch], Alemannisch, Langobardisch, Bayrisch). Das Althochdeutsche machte damit die 1. (germanische) Lautverschiebung (indogermanisch *b/d/g/gw > germanisch *p/t/k/kw bzw. *bh/dh/gh/gwh > b/d/g/gw u.a.) und die 2. (althochdeutsche, wohl in regionalen Entwicklungen verwurzelte, überregional sich angleichende) Lautverschiebung (Konsonantenverschiebung) des Hochdeutschen (germanisch p/t/k > pf/ts/kch* [Affrikate, Frikative] > f/s/ch bzw. p/t/k > f/s/ch [6.-8. Jahrhundert?]; rheinischer Fächer [Benrather Linie bis Speyerer/Germersheimer Linie]) mit. Zum Althochdeutschen des frühen Mittelalters gehören dann: Mittelfränkisch, Rheinfränkisch, Thüringisch, Südrheinfränkisch, Ostfränkisch, Alemannisch, Bairisch (daneben als Niederdeutsch: Niederfränkisch, Sächsisch). Während das Germanische in einigen Lehnwörtern im Finnischen und Lateinischen, in Runen- und Matroneninschriften überliefert ist, offenbart sich das Althochdeutsche in einer Reihe von schriftlich fixierten Sprachdenkmälern (Schriftsprache und Lautgestalt des Althochdeutschen): a) Kleinere Textdenkmäler: Paternoster, Credo, Taufgelöbnisse, Katechismus, Beichten, Predigten, Bibelkommentare, -übersetzungen und -dichtung (Muspilli), Lieder und Hymnen (Petrus-, Georgslied), Physiologus, Inschriften, Beschwörungen (Merseburger Zaubersprüche), Schullektüre, (Ereignis-) Dichtung (Hildebrands-, Ludwigslied), Rechtsdenkmäler, Gesprächsbücher (Kasseler Gespräche); b) Größere Textdenkmäler: althochdeutscher Isidor und Mon(d)see-Wiener Fragmente, althochdeutsche Benediktregel, althochdeutscher Tatian, Evangelienbuch Otfrids von Weißenburg, althochdeutsche Bearbeitung von Werken des Boethius, Aristoteles und Martianus Capella sowie des Psalters durch Notker von St. Gallen, Hoheliedparaphrase der Williram von Ebersberg; c) Althochdeutsche Glossen (Arbograns, Prudentiusglossen, Summarium Heinrici, Sachglossare). Das Althochdeutsche genügt den grammatikalischen Regeln von Deklination (Substantivflexion), Konjugation (Flexion von schwachen und starken Verben), Wortbildung (Komposition, Ableitung) und Syntax (Satz und Satzgefüge, Wortstellung). [Buhlmann, 05.2014]

Meiners, Werner (2001), Nordwestdeutsche Juden zwischen Umbruch und Beharrung. Judenpolitik und jüdisches Leben im Oldenburger Land bis 1827 (= VHKNB 204), Hannover 2001, 623 S., Karten, € 6,95. I. In der frühen Neuzeit standen die Grafschaften Oldenburg und Delemenhorst des Oldenburger Landes unter dänischer Herrschaft (dänische Könige aus dem Haus Oldenburg [ab 1448]); die dänischen Könige als absolute Landesherren betrieben auch hier eine Politik der Wirtschaftsförderung und damit zusammenhängend eine dezidierte Judenpolitik (Handelsprivilegien, Bürgerrechte, Ansiedlung sephardischer Juden, Schutzjudentum [1. Phase: Christiansburg/Varel, Oldenburg, Delmenhorst, bis 1703; 2. Phase: Neomerkantilismus, Aufklärung, 1746-1773] -> Restriktionen und dänischer Protektionismus, wirtschaftliche Schwierigkeiten der jüdischen Kaufleute [<-> nichtjüdisches Bürgertum], soziale Unterschiede innerhalb der jüdischen Bevölkerung, Hofjuden des Hauses Oldenburg). Auch in den anderen Gebieten des Oldenburger Landes (Herrlichkeit Gödens, [hannoversche Ämter] Harpstedt-Wildeshausen, Herrschaft Jever [Anhalt-Zerbst], Herrlichkeit Kniphausen, [münstersche Ämter] Vechta-Cloppenburg) siedelten sich ab dem Ende des 17. Jahrhunderts (Schutz-) Juden an, die auch hier unter Schwierigkeiten ihr Auskommen fanden. II. Herrschaftsumschichtungen innerhalb des Hauses Oldenburg (Dänemark-Holstein-Russland) führten zur Entstehung des Herzogtums Oldenburg (1773/74), das die bisherige Judenpolitik trotz Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Oldenburg und dem Landesherrn (1773/75) im Großen und Ganzen zunächst fortsetzte. Es kam aber durchaus in der landesherrlichen Judenpolitik innerhalb der jeweiligen Territorien zu Neuorientierungen, positiv in der Herrschaft Jever (Toleranzedikt 1776), negativ im Herzogtum Oldenburg (Ringen um die "Judenfrage", Reformprogramm [ca.1780], Restriktionen [1782/84]; arme Juden im Hausierhandel, "Betteljuden"). Dabei gelten die Jahre ab 1780 allgemein als Zeit jüdischer Emanzipation, die allerdings die Juden im Oldenburger Land "zwischen Krise, Konjunktur und Konsoliderung" (1773-1807/10) antraf. Immerhin verdichteten sich durch Zuzug etwa aus dem Rheinland oder von Franken die jüdischen Niederlassungen an Orten und Städten zu eigenen Gemeinden (mit und ohne Friedhof) wie etwa in Fedderwarden, Jever, Oldenburg, Ovelgönne oder Varel. Änderungen in der "Judenfrage" und der Judenpolitik gab es auch im Gefolge der Französischen Revolution (1789), politisch durch die Vergrößerung des Oldenburger Herzogtums nach dem Reichsdeputationshauptschluss (1803; Harmonisierung der Judenpolitik in den neu hinzukommenden Territorien) und durch die französische Besetzung des Oldenburger Herzogtums und Landes (1811-1814; Departement "Wesermündungen", Königreich Holland u.a.), gesellschaftlich dadurch, dass nun Juden den rechtlichen Status eines gleichberechtigten Bürgers (mosaischen Glaubens) erhielten. Die Folgen dieser Emanzipation waren eine erhöhte geografische und soziale Mobilität der jüdischen Bevölkerung, ablesbar an verstärkten Handelstätigkeiten, an Gewerbegründungen oder jüdisch-christlichen Heiraten. Zudem erhielt das Judentum des Oldenburger Landes (in Ansätzen) einen organisatorischen Überbau durch Konsistorialsystem und Landrabbiner (Parnass). III. Mit dem Ende der französischen Suprematie über Europa kam es dann aber seit 1814 zu einer Rückkehr zur alten Ordnung (1814/20), so dass die jüdische Bevölkerung von Ausweisungen und ökonomischen Beschränkungen bedroht war (negative jüdische Bevölkerungsentwicklung, Verbot des Hausierhandels, Einschränkungen beim kommunalen Bürgerrecht und Staatsbürgerrecht [Herzogtum Oldenburg und oldenburgische Judenverordnung 1827, Fürstentum Birkenfeld]). IV. Auf der Ebene der Alltagsgeschichte ist auf das sich entwickelnde jüdische Gemeindeleben zu verweisen (Gemeindebildung als korporative Organisation [Verwaltung, Statuten u.a. von Varel 1755/60 unf Jever 1780], Religionsausübung [Synagoge und Gottesdienst], Friedhof, Lehrer; Einschränkungen bei der Gemeindeautonomie, staatliche Eingriffe [jüdische Armenversorgung, Aufklärung und Reform]; Konversionen zum Christentum) und auf das jüdisch-christliche Zusammenleben zwischen Ausgrenzung (Religionshass, Drohungen, Gewaltakte, Übergriffe; Ausschreitungen gegen Jüden in Neustadtgödens und Kniphausersiel 1782) und Integration (Juden als Nachbarn und Mitbürger). Alles in allem spiegelt die Stellung der Juden im Oldenburger Land zwischen dem endenden 17. und beginnenden 19. Jahrhundert die Zeit vor der allgemeinen jüdischen Emanzipation im 19. Jahrhundert wider. [Buhlmann, 06.2021]

Meister, Andreas, Sonar, Thomas (2019), Numerik. Eine lebendige und gut verständliche Einführung mit vielen Beispielen (= Springer Spektrum), Berlin 2019 > M Mathematik

Melas, Evi (Hg.), Die griechischen Inseln. Ein Reisebegleiter zu den Inseln des Lichts. Kultur und Geschichte (= DuMont Kunst-Reiseführer), Köln 61982, 485 S., Schwarzweißabbildungen, Schwarzweiß-, Farbtafeln, Karten, DM 28,-, bietet umfangreiche, auch historische Materalien zu jeder griechischen Insel in der Ägäis und im Ionischen Meer. Im Einzelnen werden vorgestellt: I. Saronischer Golf: Salamis (Mythen von Salamina und dem Heros Ajax, athenische Eroberung [6. Jahrhundert v.Chr., Verteidigungsanlage Poudoro], Seeschlacht bei Salamis [480 v.Chr.], klassisch-hellenistisches Salamis [Hauptstadt Kamatero, Hafen Ambelakia, Selbstständigkeit zwischen den Mächten], byzantinische [Kreuzkuppel-] Kirchen); Ägina (Insel und Stadt, neolithische Besiedlung [4./3. Jahrtausend v.Chr.], mittelhelladische Zeit, mykenezeitliche Siedlung [13. Jahrhundert v.Chr.], Apollontempel [ca.520 v.Chr.], Zeustempel [5. Jahrhundert v.Chr.], Aphaia-Tempel [5. Jahrhundert v.Chr.], Asklepion [5. Jahrhundert v.Chr.], religiöse Kulte [2. Jahrhundert n.Chr.], byzantinische, osmanische Zeit, modernes Griechenland [1828]); Poros (und das benachbarte festländische Troizen mit Poseidon- bzw. Hippolytheiligtum); Hydra (mykenezeitliche Besiedlung, Akropolis Chorisa und Hafen Glyphos, Herrschaftswechsel in klassischer griechischer Zeit, albanische Ansiedlung in osmanischer Zeit, osmanische Plünderung der Insel [1645], Schiffbau und Schifffahrt, wirtschaftliche Blütezeit und Freiheitskampf gegen die Türken [1821]); Spetses (als Pitioussa; osmanische Herrschaft, Orloff-Aufstand und türkische Rückeroberung [1760]). II. Kykladen: Kea (als Keos, Tzia; neolithische Siedlung [4000/2800 v.Chr.], mykenezeitliche Besiedlung, Dichter Simonides und Bakchylides [6. Jahrhundert v.Chr.], Kouros von Kea [530 v.Chr.], Stadt Korisia der griechischen KLassik, Athenetempel von Karthaia [5. Jahrhundert v.Chr.], Perserkriege [490/70 v.Chr.], Arzt Erasistros [4./3. Jahrhundert v.Chr.], Philosoph Ariston [3. Jahrhundert v.Chr.], Hauptort Chora in venezianischer und osmanischer Zeit); Andros (antike Hauptstadt Palaiopolis [7. Jahrhundert v.Chr.-5. Jahrhundert n.Chr.], antiker Hafen Gavreion, Marmorsteinbrüche, Dionysosverehrung, Philosoph Proklos [5. Jahrhundert n.Chr.], byzantinischer Kaiser Leo VI. [886-912], Kloster Panaghia Panachrantos [963/69], byzantinische [Kreuzkuppel-] Kirchen, venezianische Herrschaft [ab 1207] und Hauptstadt Chora, "Feudalherrschaft" in osmanischer Zeit [Kotsambasides], Schiffbau und Reeder); Kythnos (Mythologie um den Heros Kythnos, Bündnis der Insel mit Athen [5. Jahrhundert v.Chr.], Maler Timanthes [4. Jahrhundert v.Chr.], Maler Kydias [*320 v.Chr.], makedonisch-ptolemäische Zeit, römische Eroberung [146 v.Chr.], Seeräuberei [68 v.Chr.], Herrschaft der venezianischen Familien Sanudo, Castelli ["Frankenzeit"] und Gosadino [bis 1617], Zerstörung von Kastro durch Chaireddin Barbarossa [1537]); Syros (vorgeschichtliche Besiedlung, Hafen Grámmata, "Frankenherrschaft" [13. Jahrhundert], Ort Ano Syros, katholische Mönche und Syros als "Insel des Papstes", osmanische Zeit [1537], Jesuitenkloster in Ano Syros [1747], Neutralität im griechischen Freiheitskrieg [1821], Hafenstadt Hermoupolis, erste griechische Volksschule [1823], Mädchengymnasium [1828], syriotische Schifffahrt und Handel); Tenos (als Tinos; Besiedlung seit 3. Jahrtausend v.Chr., archaische Pithoi, antiker Hafen Stavrós, antike Polis Tenos, panhellenisches Poseidonheiligtum auf der Kiónia-Ebene, Marienkloster [12. Jahrhundert], venezianische Herrschaft [der Ghisi, 1207-1309, 1390-1715] und Hauptstadt Xómburgo, osmanische Zeit [1715-1821]); Mykonos (antikes Mykonos, byzantinische Kirchen, venezianische Zeit [1204-1537], osmanische Zeit [1537-1821] bei russischer Besetzung der Insel [1770-1774]); Delos (als Dilos; Mythologie um Poseidon und Leto [Geburt Apollos], Besiedlung seit 3. Jahrtausend v.Chr., Apollonkult und delisches Apollonheiligtum [8. Jahrhundert v.Chr.], athenische Schutzherrschaft [ab Peisistratos von Athen] und Hegemonie [5. Jahrhundert v.Chr., attisch-delischer Seebund, atheinische "Katharsis" 426/422 v.Chr.], hellenistische Zeit, Delosheiligtum [heiliger Hafen, heiliger Bezirk und heilige Straße, drei Apollontempel, Propyläen, Prytaneion, Stoa, "Theke", Altar "Keraton", Tempel der olympischen Götter, Löwenallee, Aniosheiligtum, Aphrodision, Serapeion, Isistempel, Samothrakeion, Heratempel] und Handelszentrum Delos, Delos an Athen [166 v.Chr.], Niedergang [1. Jahrhundett v.Chr.]); Seriphos (antike Mythologie um Danae, antike Stadt [?], Perserkriege [480/79 v.Chr.], Münzen von Seriphos als "Frösche", hellenistische Zeit, Bündnis mit König Mithridates VI. von Pontos und römische Eroberung [84 v.Chr.], römischer Verbannungsort, venezianische Zeit [1204-1537], Herrschaft des Chaireddin Barbarossa [1537], russisches Intermezzo [1770], griechische Moderne [1821]); Siphnos (Gold- und Silberreichtum [6. Jahrhundert v.Chr., Schatzhaus des delphischen Apollon], Apollonkult, antiker Hauptort Asty-Kastro [Prytaneion, Markthallen, Theater], byzantinische Kirchen, mittelalterliche Klöster, "Frankenzeit" u.a. der Gosadino [1307-1617], türkische Herrschaft [1617-1836], russisches Intermezzo [1771-1774]); Paros (Besiedlung seit 5./4. Jahrtausend v.Chr., Bronzezeit [3. Jahrtausend v.Chr.], mykenische Siedlung Naousa, Delion als prähistorisches Heiligtum, antike Stadt Poros, Dichter Archilochos [7. Jahrhundert v.Chr., 1. Hälfte], parische Kolonie Thasos [680 v.Chr., Goldminen], Marmorsteinbrüche bei Marpissa und parische Bildhauer [Kouroi, Korai], Paros als bedeutendes Handeslzentrum, gescheiterter athenischer Feldzug gegen Paros [490 v.Chr.], gemäßigte oligarchische Verfassung der Insel, attische Seebünde, Koloniegründung von Pharos [385 v.Chr.], Asklepion [4. Jahrhundert v.Chr.], "Bund der Inseln" [3. Jahrhundert v.Chr.], "fränkische" Burg); Naxos (vorgeschichtliche Besiedlung [frühkykladische Idole], geometrisch-archaische Zeit, naxische Kolonie Naxos auf Sizilien [735/34 v.Chr.], Tyrann Lygdamis [550-524 v.Chr.], spartanische Intervention [524 v.Chr.], persische Angriffe auf Naxos [501, 490 v.Chr.], Perserkriege, 1. Attischer Seebund, athenische Eroberung von Naxos [467 v.Chr.] und Kleruchie, 2. Attischer Seebund, "Bund der Inseln" [3. Jahrhundert v.Chr.], römisches Naxos [41 v.Chr.], byzantinische Zeit, muslimische Überfälle [9. Jahrhundert], Naxos als Hauptinsel des venezianischen Ägäis-Herzogtums u.a. der Crispi [1204-1566], mittelalterliches Chora, türkische Herrschaft [1566]); Kimolos (mykenezeitliche Besiedlung, archaische Zeit und Handelsbeziehungen nach Korinth [Feigen], Attischer Seebund, Athene-, Artemis-, Poseidonkult [3. Jahrhundert v.Chr.], befestigte fränkische Siedlung Kastro [14./16. Jahrhundert]); Melos (Besiedlung seit 3. Jahrtausend v.Chr., mykenezeitliche Siedlung Phylakopi [Megaron, Gräber], antike Stadt Melos, archaische Zeit [Kouros], athenische Eroberung von Melos [416 v.Chr.], Aphrodite von Melos [1. Jahrhundert v.Chr.], teilweise Verödung der Insel [5./6. Jahrhundert n.Chr.], "Frankenzeit" [bis 1580] und türkische Herrschaft, nachmittelalterliche Stadt Kastro-Plaka); Pholegandros (Mythos um Minos, kykladische Kultur, Perserkriege und Attischer Seebund, venezianisches Ägäis-Herzogtum des Marco Sanudo, türkische Eroberung [1566], Griechenland [1829]); Sikinos (Ersterwähnung zum 6. Jahrhundert v.Chr., Teil des Attischen Seebundes [425 v.Chr.], venezianisches Ägäis-Herzogtum des Marco Sanudo [1212], türkische Eroberung [1566], Griechenland [1829]); Ios (Attischer Seebund, venezianisches Ägäis-Herzogtum, türkische Herrschaft, Holländer Pasch von Krienen [1721, Legende von Homers Mutter], Windmühlen, Massentourismus [1970er-Jahre]); Amorgos (Marmoridole, Gräber [3. Jahrtausend v.Chr.], minoisch-mykenische Zeit, samischer Einfluss [7. Jahrhundert v.Chr.], antike Städte Minoa, Aighiáli, Arkesine, Hafen Katápola, Blütezeit [2. Jahrhundert n.Chr.], byzantinische Zeit, Kloster Panaghia Chosoviótissa [9. Jahrhundert, Renovierung 1088, Pergamentevangelien 11./13. Jahrhundert, Papiercodizes 13./16. Jahrhundert], venezianische Herrschaft, türkische Herrschaft [1537], russische Besetzung [1771/74]); Santorin (als Thera, minoisches Kreta, Akrotiri und Vulkanausbruch [17./16. Jahrhundert v.Chr.], Gräber [8./7. Jahrhundert v.Chr.], Kolonisierung von Kyrene [ca.630 v.Chr.], Apollonkult [6. Jahrhundert v.Chr.], ptolemäische Herrschaft, Artemidor [3. Jahrhundert v.Chr.]). III. Dodekanes: Astypalaia (mykenische Zeit, venezianische Herrschaft); Nisyros (Mythos um Poseidon [Strabon], Attischer Seebund, Abhängigkeit von Rhodos, Hafen Mandraki, Akropolis, Münzen [4. Jahrhundert v.Chr.], frühchristliche Basiliken, Herrschaft des Johanniterordens, Vulkanausbruch [1522]); Telos (auch Tilos, Zwergelefanten [bis 5. Jahrtausend v.Chr.], Kolonisierung Gelas [7. Jahrhundert v.Chr.], Attischer Seebund, politische Unabhängigkeit [Seeschlacht bei Knidos 394 v.Chr., bis 4/3. Jahrhundert v.Chr.], Herrschaft der Insel Kos [4/3. Jahrhundert v.Chr.], römische Eroberung [42 v.Chr.], römisch-byzantinische Zeit, Johanniterherrschaft [1310], türkische Überfälle [1478, 1485, 1504], türkische Herrschaft [1522]); Karpathos (italienische Herrschaft, Orte Pighadia, Olympos [Moderne]); Kastellorizo (als Meghiste, vorgeschichtliche Besiedlung, minoisch-mykenische Zeit, persische Zeit [496 v.Chr.], Unabhängigkeit [333/04 v.Chr.], römisch-byzantinische Zeit, arabische Eroberung, fränkische Herrschaft, Johanniterherrschaft, Schenkung der Insel an den Kömog von Neapel [1450], osmanische Zeit [1522], venezianisches Zwischenspiel [1570], russischer Flottenstützpunkt [1789], griechischer Freiheitskampf [1821/28], Insel an Griechenland [1947]); Rhodos (Mythen um Tlepolemos und Althaimenes, drei Stadtstaaten Ialysos, Kamiros, Lindos [6./5. Jahrhundert v.Chr.], Synoikismos zur Asty Rhodos [411 v.Chr.], Stadt Rhodos [408/07 v.Chr.], erfolglose Belagerung der Stadt durch Demetrios Poliorketes [306 v.Chr.] und Koloss von Rhodos, Rhodos als Handelsstadt [Freihafen], Erdbeben [226 v.Chr.], erfolglose Belagerung der Stadt durch Mithridates VI. [88 v.Chr.], römische Besetzung [42 v.Chr.], frühes Christentum [2. Jahrhundert n.Chr.], Plünderungen durch Goten [3. Jahrhundert], Araber [7. Jahrhundert], Seldschuken [9. Jahrhundert], Bündnis mit den Venezianern [11. Jahrhundert], venezianisches Despotat Rhodos [1204], genuesische Eroberung [13. Jahrhundert, Mitte], Verkauf von Rhodos, Kos und Leros an den Johanniterorden [1306], Insel als "Bollwerk des Christentums", erfolglose Belagerung der Stadt Rhodos durch die Osmanen [1480], Erdbeben [1481], Belagerung der Stadt Rhodos durch die Osmanen und Kapitulation und Abzug der Johanniter [1522], türkische Herrschaft, türkisch-italienischer Krieg [1912] und italienische Besetzung der Dodekanes [Isole Italiane dell'Egeo], Vereinigung mit Griechenland [1947]); Symi (Legende um Nereus, Rhodos und Symi, Kloster Panormitis, osmanische Eroberung [1522], Blütezeit durch Handel und Schifffahrt [ca.1700]); Kos (neolithisches Kos, frühe Bronzezeit, mykenische Zeit, Hexapolis Kos, Halikarnassos, Knidos, Iasylos, Kamiros, Lindos [ca.700 v.Chr.], Tyrann Skythis von Kos [6. Jahrhundert v.Chr.], Herrschaft von Halikarnassos, Attischer Seebund [5. Jahrhundert v.Chr.], Festungsanlage des Alkibiades [Dekeleischer Krieg], Gründung der Stadt Kos [366 v.Chr.], Arzt Hippokrates [†356 v.Chr.], Asklepion [4./3. Jahrhundert v.Chr.], römisch-byzantinische Herrschaft, frühes Christentum, Erdbeben [6. Jahrhundert n.Chr., Mitte] und Aufgabe der Stadt Kos, Johanniterherrschaft [1306] und Wiederaufbau der Stadt, johannitische Burganlage Antimacheia [1494], osmanische Herrschaft [1522], italienische Herrschaft, Vereinigung mit Griechenland [1947]); Kalymnos (neolithische Besiedlung, Perserherrschaft [546 v.Chr.], Attischer Seebund [5. Jahrhundert v.Chr., Mitte], 2. Attischer Seebund [377/55 v.Chr.] und karische Oberherrschaft, Apollonkult, Ptolemäerherrschaft, Herrschaft von Kos [3. Jahrhundert v.Chr., Ende], Honigproduktion in der Antike, frühchristliche Basilika, Kastro [9. Jahrhundert n.Chr.], Johanniterherrschaft, osmanische Herrschaft); Leros (antike Orte Platanos und Aghia Marina, Ionischer Aufstand [500-494 v.Chr.], Festung von Leros, Gefängnis in der Zeit der griechischen Militärdiktatur [1967/74]); Patmos (antike Besiedlung [4. Jahrhundert v.Chr.], heiliger Johannes auf Patmos [1. Jahrhundert n.Chr., Offenbarung des Johannes], Klosterburg [11. Jahrhundert, Schenkung von Patmos an das Kloster, seefahrende Mönche], Patmos als Fluchtziel nach der osmanischen Eroberung von Konstantinopel [1453] und von Kreta [1669], [Tübinger] Reisebeschreibung des Iakovos Meloitis [1588], Blütezeit der Insel [16./17. Jahrhundert], türkisch-venezianischer Krieg und Zerstörung von Patmos [1659]). IV. Östliche Ägäis: Ikaria (Mythos von Dädalus und Ikarus, Besiedlung von Milet aus [?, 8. Jahrhundert v.Chr.], Tyrannis des Polykrates von Samos, Perserherrschaft, Attischer Seebund [5. Jahrhundert v.Chr.], Artemis-Tauropolos-Heiligtum in Oine, Ikaria als [angeblich?] menschenleere Insel [4. Jahrhundert v.Chr.-1. Jahrhundert n.Chr.], hellenistische Festung Drakanon, byzantinische Zeit [Thema "Aigaion Pelagos"], Insel als venezianische Baronie [1191-1333], Familie Giustiniani als Grafen von Ikaria [1362-1481], Herrschaft der Cavalieri Gerosolimitani, türkische Herrschaft [1567] und ihr Ende [1912]); Samos (als ionische Insel, Kolonisierung von Perinthos [7. Jahrhundert v.Chr.] und Naukratis [6. Jahrhundert v.Chr.], Tyrann Polykrates von Samos [537-522 v.Chr., Stadt Pythagoreion als Kulturzentrum, Wasserleitung, Hafenanlage], persische Herrschaft [522 v.Chr.], Attischer Seebund und Abfall von Samos [440/39 v.Chr.], Peleponnesischer Krieg [431-404 v.Chr.] und athenisches Bürgerrecht für Samier, römische Herrschaft [Militärstützpunkt, Kaiseraufenthalte], byzantinische Zeit [Thema Thalassis], Flucht der Samier nach Chios [1453], griechischer Aufstand [1821] und sich selbst verwaltendes Samos [1834/1912], Vereinigung mit Griechenland [1912]); Chios (neolithische Besiedlung, ionische Insel, wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit [6. Jahrhundert v.Chr.], persischer Überfall [493 v.Chr.], byzantinische Blütezeit [11./12. Jahrhundert n.Chr.], Kloster Nea Moni [11. Jahrhundert], genuesische Herrschaft [1346-1566], türkische Herrschaft [1566] und wirtschaftliche Blüte, Aufstand und türkische Rückeroberung [1822], Vereinigung mit Griechenland [1912]); Psara (als Psyrie bei Homer, Türkenherrschaft, griechischer Aufstand [1821]); Lesbos (vorgeschichtliche Besiedlung, griechische Städte Mytilene, Methymna, Eressos, Antissa, Pyrrha, Arisbe, Kolonisierung und kleinasiatische lesbia chora [8. Jahrhundert v.Chr.], lesbische Dichter Terpandros aus Antissa, Arion von Methymna, Sappho, Alkaios [7./6. Jahrhundert v.Chr.], Attischer Seebund und Abfall Mytilenes [428 v.Chr.], Philosoph Theophrast von Eressos [†ca.287 v.Chr.], Blütezeit während der römischen Kaiserzeit [3. Jahrhundert n.Chr., "Haus des Menander"], christliche Kirchen [5./6. Jahrhundert], genuesischer Schutz [1261], genuesische Herrschaft der Gattilusi [1355], osmanische Eroberung [1462], griechischer Aufstand [1821], Vereinigung mit Griechenland [1912], Lesbos als Zuflucht [1922]). V. Nördliche Ägäis: Lemnos (Überlieferung in den Werken Homers, Argonautenmythos, Kult der Kabiren, frühgeschichtliche Siedlung Polyochne [2700/2200/1600 v.Chr.], Eroberung durch den Athener Miltiades [6. Jahrhundert v.Chr.], persische Herrschaft und Attischer Seebund, athenische Kleruchen, Eroberung durch Demetrios Poliorketes [307 v.Chr.] und makedonische Herrschaft, römische Besetzung [202 v.Chr.], Lemnos an Athen [n.166 v.Chr.], lemnische Rhetorenfamilie der Philostraten [2./3. Jahrhundert n.Chr.], venezianische Herrschaft und byzantinische Zurückeroberung [1269], erneute venezianische Herrschaft, türkischer Angriff [1475, Freiheitsheldin Marula] und Eroberung [1478], russischer Okkupationsversuch [1770], Vereinigung mit Griechenland [1912]); Samothrake (neolithische Besiedlung, vorgriechische Bevölkerung, Große Göttin-Kult und Heiligtum der Großen Götter, Mysterikenkult, Kyklopenmauer, "Nike von Samothrake", hellenistische Zeit und Flottenstützpunkt, Erdbeben [ca.200 n.Chr.], genuesische Herrschaft [15. Jahrhundert], türkische Herrschaft [n.1453], Vereinigung mit Griechenland [1912]); Thasos (thrakische Vorbevölkerung, Kolonisierung der Insel von Paros aus [8./7. Jahrhundert v.Chr., Tellis und Telesikles], Einbeziehung des gegenüberliegenden Festlandes [ca.660/650 v.Chr., thasische Emporien], Gold- und Silbergewinnung, archaische Zeit als Blütezeit der Insel [7./6. Jahrhundert v.Chr.], Perserkriege, Attischer Seebund, Abfall der Insel und Unterwerfung unter Athens Herrschaft [ca.465 v.Chr.], antike Stadt Thasos [Häfen, Stadtmauer, Agora, Theater, Tempel, Heiligtümer], Thasos als Handelszentrum, Peleponnesischer Krieg und Stasis, spartanische Eroberung von Thasos [405 v.Chr.] und spartanische Garnison [bis 390/88 v.Chr.], 2. Attischer Seebund und Thasos als athenischer Flottenstützpunkt, Versuch der Wiederherstellung der thasischen Festlandsherrschaft und Abhängigkeit von Makedonien, Thasos als freie Polis [197 v.Chr.], Thasos im römischen Bürgerkrieg [42 v.Chr.], römisch-byzantinische Zeit, genuesische Herrschaft der Gattilusi [1414], türkische Eroberung [1455], russischer Stützpunkt [1770/74], Thasos an Mohammed Ali [1813], Aufstandsbewegung [1821], Vereinigung mit Griechenland [1912]). VI. Sporaden: Skiathos (Erwähnung der Insel bei Herodot [480 v.Chr.], Attischer Seebund, makedonische Herrschaft [338-200 v.Chr.], römische Eroberung [88 v.Chr.], Schenkung an Athen [42 v.Chr.], Unabhängigkeit von Athen innerhalb des römischen Reiches [128 n.Chr.], Bischofssitz [ca.530], Kloster Ahia Sophia bei Troulos [6. Jahrhundert], venezianische Herrschaft [n.1204], türkische Herrschaft, modernes Griechenland, Skiathos im 2. Weltkrieg); Skopelos ([und Alonisos], neolithische Besiedlung, minoische Kolonie Peparethos, mykenische Zeit, Kolonisierung von Chalkis aus [8. Jahrhundert v.Chr.], Agonantas von Peparethos Sieger in Olympia [569 v.Chr.], Neutralität während der Perserkriege, Attischer Seebund, demokratische Ordnung in Peparethos, Peleponnesischer Krieg und Oligarchie, makedonische Herrschaft, römische Herrschaft, frühes Christentum [3. Jahrhundert n.Chr.], venezianische Herrschaft [n.1204], türkische Eroberung durch Chaireddin Barbarossa [1538], Skopelos als Teil des modernen Griechenland [1830]); Skyros (paläolithischer Faustkeil, neolithische Besiedlung, Mythen um Theseus, Achilles und Neoptolemos, Appollontempel, athenische Kolonie [5. Jahrhundert v.Chr.], makedonische Herrschaft, römisch-athenische Herrschaft [166 v.Chr.], byzantinische Herrschaft [Thema Hellas], Bischofssitz, Teil des lateinischen Kaiserreichs [1204], venezianischer Besitz [1284], türkische Herrschaft [1538], griechische Unabhängigkeit [1821]). VII. Euböa (Neolithikum, Frühhelladikum [2600-2000 v.Chr.], Mittelhelladikum [2000-1600 v.Chr.], mykenische Zeit [1600-1200 v.Chr., Lefkandi], euböische Stadtstaaten in archaischer und klassischer Zeit, darunter: Chalkis [Hafen, Agora, Zeustempel, Kolonisierung in Italien und Sizilien, Lelantischer Krieg 8. Jahrhundert v.Chr., Ende, Niederlage im Krieg gegen Athen 506 v.Chr., Perserkriege, Beteiligung an der Seeschlacht bei Salamis 480 v.Chr. Attischer Seebund und zeitweise abtrünniges Euböa 446 v.Chr., Ende der athenischen Herrschaft 411/10 v.Chr., 2. Attischer Seebund, makedonischer Flottenstützpunkt 333 v.Chr., Tod des Aristoteles 322 v.Chr., Diadochenkämpfe, makedonische Herrschaft und Chalkis als "Fessel Griechenlands", römische Herrschaft 196 v.Chr., Ausbau unter Kaiser Justinian I., arabischer Überfall 880 n.Chr., Neubefestigung 1338], Eretria [Besiedlung von Lefkandi aus?, Lelantischer Krieg 8. Jahrhundert v.Chr., Ende, Kolonisierung, demokratische statt oligarchische Ordnung 6./5. Jahrhundert v.Chr., Zerstörung durch die Perser 490 v.Chr., Beteiligung an der Seeschlacht bei Salamis 480 v.Chr., 1. Attischer Seebund, euböischer Aufstand 446 v.Chr. und athenische Kleruchen, athenische Niederlage im Hafen von Eretria 411 v.Chr., 2. Attischer Seebund, euböisches Bündnis 341 v.Chr., makedonische Herrschaft und Autonomie in Mittel- und Südeuböa, römische Zerstörungen 198, 87 v.Chr., Zerfall der Stadt], Kyme, Istiaia, Aidipsos, Karystos, römisch-byzantinische Herrschaft über die Insel, venezianische Herrschaft über Euböa [Negroponte] [1204-1470], türkische Eroberung der Insel [1470], Euböa zu Griechenland [1821]). VIII. Ionische Inseln: Korfu (als Korkyra, Kerkyra, als phäakisches Scheria Homers, vorgriechische Bevölkerung, Kolonisierung durch Eretria?, durch Korinth [734 v.Chr.?], Sieg der Kerkyräer über Korinth in der Seeschlacht bei Kerkyra [664 v.Chr.], Tyrannis des Periandros von Korinth [620-580 v.Chr.] und Unterwerfung Kerkyras, danach Unabhängigkeit und Sieg über Korinth in der Seeschlacht bei Actium [435 v.Chr.], Bürgerkrieg in Kerkyra und Peleponnesischer Krieg [431-404 v.Chr.], 2. Attischer Seebund [375 v.Chr.], Herrschaft des Tyrannen/Königs Agathokles von Syrakus [316/04-289 v.Chr.], makedonischer Einfluss, Herrschaft des Pyrrhos von Epirus [†272 v.Chr.], römischer Schutz [229 v.Chr.], Verwüstung der Insel durch die Römer und Schlacht bei Actium [31 v.Chr.], Ausbreitung des Christentums [Basilika des beginnenden 5. Jahrhunderts n.Chr.], Siedlung Garitsa [v. 11. Jahrhundert], Normannenünerfälle [11./12. Jahrhundert], 4. Kreuzzug [1202-1204] und Despotat Epirus [1210-1259], venezianische Herrschaft, Herrschaft der Herzöge von Anjou [1267-1386], venezianische Herrschaft [1386-1797], Vertrag von Campoformio und französische Herrschaft [1797-1800], "Staat der Sieben Inseln" unter russischer Schutzherrschaft [1800], Vertrag von Tilsit und französische Herrschaft [1807], Wiener Kongress und ionische Insel als englischer Besitz [1815], Schenkung der ionischen Inseln an Griechenland [1864], Schloss Achilleion [1890]); Laukas (als Lefkada, neolithische Besiedlung, mykenische Zeit, Kolonisierung durch Korinth [7. Jahrhundert v.Chr., Mitte], Legende um den Tod der Dichterin Sappho, Perserkrieg und Teilnahme an der Schlacht bei Salamis [480 v.Chr.], Unterstützung von Korinth und Sparta im Peleponnesischen Krieg, makedonische Herrschaft [359/36 v.Chr.], Eroberung durch Pyrrhos von Epirus, römische Belagerung und Eroberung [197 v.Chr.], römisch-byzantinische Herrschaft, Plünderung der Insel durch Normannen und Pisaner [11. Jahrhundert n.Chr.], venezianische Herrschaft [n.1293] und Herrschaft der Anjou [14. Jahrhundert, Anfang, Aufstand der Leukadier dagegen], türkische Herrschaft [1479], venezianische Herrschaft [1684], Vertrag von Campoformio und französische Herrschaft [1797-1800], "Staat der Sieben Inseln" unter russischer Schutzherrschaft [1800], Vertrag von Tilsit und französische Herrschaft [1807], Wiener Kongress und ionische Insel als englischer Besitz [1815], Schenkung der ionischen Inseln an Griechenland [1864]); Ithaka (als Insel des Odysseus nach Homer, vorhelladische Besiedlung, Mittelhelladikum, mykenische Zeit, Blütezeit in archaischer Zeit, Beziehungen zu Korinth, klassische Zeit [5./4. Jahrhundert v.Chr., Akropolis auf dem Aetosberg], römische Zeit und wahrscheinliche Entstehung des Ortes Vathy, "Frankenzeit", venezianische Herrschaft, Verödung der Insel [16. Jahrhundert n.Chr.], Vertrag von Campoformio und französische Herrschaft [1797-1800], russisch-türkischer "Staat der Sieben Inseln" unter russischer Schutzherrschaft [1800], Vertrag von Tilsit und französische Herrschaft [1807], Wiener Kongress und ionische Insel als englischer Besitz [1815], Schenkung der ionischen Inseln an Griechenland [1864]); Kephallonia (Paläolitikum, Neolithikum, frühe Bronzezeit, mykenische Zeit, Zeuskult, antike Stadtstaaten Krane, Pale, Pronnoi, Same/Sami, römische Eroberung von Same [187 v.Chr.], römisch-byzantinische Zeit, frühes Christentum [2. Jahrhundert n.Chr.], "Frankenzeit" und Herrschaft der Grafen Orsini [12. Jahrhundert] und Familie De Tocco [14. Jahrhundert] über Zakynthos und Kephallonia, Schenkung der ionischen Inseln an Griechenland [1864]); Zakynthos (antike Polis Psophis, Christianisierung der Insel [3. Jahrhundert n.Chr.], Plünderung durch die Vandalen [466], "Frankenzeit" und Herrschaft der Grafen Orsini [12. Jahrhundert] und Familie De Tocco [14. Jahrhundert] über Zakynthos und Kephallonia, mittelalterliche Stadt Zante, venezianische Eroberung [1485], Erdbeben 1514/15, Insel als Zufluchtsort für Griechen, Aufstand gegen die venezianische Herrschaft [1797], russisch-türkische Kontrolle [1799], englische Herrschaft [1809], Schenkung der ionischen Inseln an Griechenland [1864], Erdbeben 1953); Kythera (als Porphyris, als Aphrodites Geburtsinsel, minoische Zeit, mykenische Zeit, Aphrodite-Heiligtum, antike Gewinnung von Purpurschnecken, athenische Besetzung der Insel im Peleponnesischen Krieg [424 v.Chr., Insel gegenüber Lakonien], venezianische Herrschaft der Venieri [1207], Gemälde "Pilgerfahrt nach Kythera" von Jean-Antoine Watteau [1717/19], Schenkung der ionischen Inseln an Griechenland [1864]).
Vgl. dazu: Gallas, Klaus (1987), Korfu. Das antike Kerkyra im Ionischen Meer. Geschichte, Kultur, Landschaft (= DuMont Kunst-Reiseführer), Köln 21989, 358 S., Schwarzweißabbildungen, Schwarzweiß-, Farbtafeln, Karten, DM 18,99; Griechische Inseln (= Knaurs Kulturführer in Farbe), München 1987 > K Knaurs Kulturführer in Farbe und unter der Herausgeberschaft der Griechischen Zentrale für Fremdenverkehr: Inseln im Saronischen Golf, o.O. [Athen] 2004, 9 S., Abbildungen, Karte, kostenlos; Ionian Islands, o.O. [Athen] 2004, 87 S., Abbildungen, Karte, kostenlos; Kykladen, o.O. [Athen] 2003, 28 S., Abbildungen, Karten, kostenlos. [Buhlmann, 08.2000, 12.2021]

Melchers, B. (1912), Die ältesten Grafen von Berg bis zu ihrem Aussterben 1225, in: ZBGV 45 (1912), S.5-105 > B Berg, Grafen von

Melchers, Erna, Melchers, Hans (1965), Das große Buch der Heiligen. Geschichte und Legende im Jahreslauf, bearb. v. Carlo Melchers (1978), Gütersloh-München 1978 > H Heilige des Christentums

Melka, R[obert Lewis] (1969), Nazi Germany and the Palestine Question, in: Middle Eastern Studies 5 (1969), S.221-233 > P Palästina, 1933-1939

Melton, Jim, Buxton, Stephen (2006), Querying XML. XQuery, XPath, and SQL/XML in Context, San Francisco 2006, 815 S., Schwarzweißabbildungen, $ N.N. > Kompendium Mittelalter > Geschichtsdarstellung: Homepage/Website [Buhlmann, 05.2020]

Melville, Gert, Rehberg, Karl-Siegbert (Hg.) (2004), Gründungsmythen - Genealogien - Memorialzeichen. Beiträge zur institutionellen Konstruktion von Kontinuität, Köln-Weimar-Wien 2004, 300 S., € 9,90. I. Geschichte hat auch die Aufgabe, historische Kontinuität als Brücke zur Vergangenheit (Kontinuität, Überzeitlichkeit und Entzeitlichung) für menschliche Gruppen, Institutionen, Organisationen und Staaten (zwischenmenschliche Beziehungen) bereitzustellen, um diese in rückerinnernd-teleologischen Entwürfen ("Erbe", kollektive Erinnerung, Memorialzeichen) zu deuten, zu legitimieren, zu stablisieren. Diese identitätsstiftenden "Entwürfe historischer Kontinuität" betreffen alle Epochen der Menschheitsgeschichte und beziehen sich etwa auf Mythen an den Anfängen von Kulturen, auf mittelalterliche Genealogien, auf kulturelle Traditionen, auf "Leitideen", auf institutionelle Vorgaben, auf nationale Selbstbilder usw. (Karl-Siegbert Rehberg, Zur Konstruktion kollektiver "Lebensläufe". Eigengeschichte als instituioneller Mechanismus). II. Beispiele von Konstruktionen historischer Kontinuität sind: der abendländisch-europäische Mythos des Gegensatzes zwischen West und Ost, gegründet im Troja-Mythos und den griechisch-persischen Kriegen und den Schlachten von Marathon (490 v.Chr.), Salamis und Plataiai (480/79 v.Chr.): römisches Reich gegen persisches Reich (römische Kaiserzeit), Ost-/Mitteleuropa gegen die osmanischen Türken (Spätmittelalter, frühe Neuzeit) (Hans Joachim Gehrke, Was heißt und zu welchem Ende studiert man intentionelle Geschichte? Marathon und Troja als fundierende Mythen). III. Gerade im Mittelalter erwies sich in Form von Genealogisierungen der Troja-Mythos (trojanischer Krieg) als produktiv, z.B. im Eneasroman Heinrichs von Veldeke (Zäsur am Anfang einer Genealogie, Generationenübergänge und Genealogiekontinuität, Ansippung an ältere Familien/Dynastien/Geschlechter -> Stiftung von Kontinuität zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) (Beate Kellner, Zur Konstruktion von Kontinuität durch Genealogie. Herleitungen aus Troja am Beispiel von Heinrichs von Veldeke 'Eneasroman'). IV. Die Jungfrau von Orléans, Jeanne d'Arc, stellt einen Frankreich, den französischen Nationalstaat, definierenden Nationalmythos dar, der sich als "nationales Erinnerungsprivileg" im europäischen Kontext (Europäische Union) und in einer globalisierten Welt behaupten muss (Dietmar Rieger, Die Jungfrau von Orléans ins Museum? Überlegungen zur weiteren Verwendungsfähigkeit eines Nationalmythos). V. Im russisch-japanischen Krieg (1904-1905; Schlachten von Mukden und Tsushima 1904) erlitt das russische Zarenreich eine Niederlage, was zur Folge hatte, verstärkt das "kollektive kulturelle Gedächtnis" in Russland durch die Feier von Jubiläen auf erfolgreiche russische Kriege und Kriegserfahrungen zu lenken ("Militarisierung der Erinnerungskultur", Staat und orthodoxe Kirche, "Ritualisierung von Kriegserfahrung") (Konstantin Tsimbaev, "Jubiläumsfieber". Kriegserfahrung in den Erinnerungsformen in Russland Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts). VI. "Geschichte als Waffe" konstruierter Erinnerung im Dienste Nationalstaatlichkeit modifizierte auch die Erfahrungen mit Krieg in Polen und der Ukraine im 1. Drittel des 20. Jahrhunderts (Schlacht bei Tannenberg/Grunwald 1410, kosakischer Aufstand gegen Polen 1648/49) (Christoph Mick, Kriegserfahrungen und die Konstruktion von Kontinuität. Schlachten und Kriege im ukrainischen und polnischen kollektiven Gedächtnis 1900-1930). VII. Die mexikanische Revolution bzw. der mexikanische Bürgerkrieg (1910/20, auch 1920er-Jahre) wurde schon bald (ab 1920er-Jahre) institutionalisiert (nationaler Identitätsdiskurs, Institutionalisierungsphase) u.a. innerhalb der "Populärkultur" durch das visuelle Medium von Wandmalereien der Revolutionsmaler Diego Rivera, José Clemente Orozco und David Álafaro Siqueiros, während das narrative Medium von Romanen des Martin Luis Guzmán oder Juan Rulfo zur "Dekonstruktion" des Revolutionsmythos beitrug (1928, 1953) (Walter Bruno Berg, Die Institutionalisierung der mexikanischen Revolution in der Literatur und der bildenden Kunst sowie ihre Revision in der zeitgenössischen "Cultura popular"). VIII. Das (ab ca.1960) entkolonialisierte subsaharische Afrika übernahm mit seinen rund 40 Staaten die Grenzen der Kolonialzeit bei einer postkolonialen Geschichtspoltik des Vergessens und Ausblendens z.B. ethnischer Konflikte (transethnische Programmatik, Panafrikanismus). Nichtdestotrotz spielt bis heute die historische Dimension afrikanischer Staatlichkeit ein wichtige Rolle (Hartmut Bergentheim, Winfried Speitkamp, Grenzen der Kontinuitätskonstruktion. Geschichtspolitik und Geschichtswissenschaft im postkolonialen Afrika). IX. Verfassungen sind als "Grundordnungen des Poltischen" auch (konstitutive) Institutionen, die sich (meist) durch einen konstitutionellen Gründungsakt und dessen Begründung auszeichnen. Daraus ensteht konstitutionelle ver- und entzeitliche Kontinuität in Form einer institutionellen Eigengeschichte als behaupteter Geschichte ("institutionelle Geltungsbehauptung") (Hans Vorländer, Verfassungsgeschichten. Über die Kontinuierung des konstitutionellen Momentes). X. Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft hatte auch das "Minimalparlament" der EG eine "institutionelle Eigendynamik" u.a. auf der Grundlage einer (fiktiven) europäisch-parlamentarischen Kontinuitätskonstruktion ("institutioneller Mechanismus") (Werner J. Patzelt, Identitätsstiftung durch Konstruktion fiktiver Kontinuität. Erfahrungsmanagement im frühen Europäischen Parlament). XI. Die in die französische Literaturgeschichte zwischen 1630 und 1730 einzuordnenden "Querelle des Anciens et des Modernes" kreiste als Streit zwischen den Akademien, als "Metastreit um die autonome Ordnung" um Beharrung oder Fortschritt, Latein oder französische Moderne usw. (Christoph Oliver Mayer, Konstruktion von Kontinuität und Diskontinuität. Die "Querelle des Anciens et des Modernes" im Frankreich des 17. Jahrhunderts). XII. Dekonstruktivismus und absolutierte Elitekunst als Sichtweise auf Kunst sowie geschichtslose Kunstautonomie schlagen sich auch nieder beim 2001 gegründeten Pariser "Musée des Arts Premiers" und dessen eigenartiger unhistorischer Auffassung von "primitiver" (auch afrikanischer "Volks"-, Beute-) Kunst (Wolfgang Brückner, Museale Kontinuitätskonstruktion von "les arts premiers"). XIII. Moderne "Zweierbeziehungen" (Paargeschichten; Ehen u.a.) sind besondere Vergemeinschaftungsformen hinsichtlich ihrer Existenz und Eigengeschichten mit besonderen Kontinuitäten und Diskontinuitäten (Karl Lenz, Maja S. Maier, Paargeschichten als Kontinuitätskonstruktion. Ein Beitrag zur institutionellen Analyse von Zweierbeziehungen). XIV. "Utopien und Institutionen versuchen die Zeit anzuhalten." Diese Detemporalisierung geschieht durch Konstituierung von Eigenzeiten, erkennbar etwa an "Salomons Haus" in der Utopie "New Atlantis" des Francis Bacon (1623) oder in den "offenen", oder an den Zeitutopien des Bildungsromans des ausgehenden 17. und des 18. Jahrhunderts (Wilhelm Voßkamp, Entzeitlichung. Utopien und Institutionen). [Buhlmann, 09.2019]

Mende, Achim, Lutz, Stefan (2015), Schwarzwald. Perle des Südens, Konstanz 2015 > S Schwarzwald

Mendelssohn, Kurt (1974), Das Rätsel der Pyramiden (= Fischer Tb 1764), Frankfurt a.M. 1976 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Mendelssohn, Kurt (1974), Das Rätsel der Pyramiden, Augsburg 1999 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Mennicken, Peter (1932), Nikolaus von Kues, Trier 21950 > N Nikolaus von Kues

Menocal, Maria Rosa (2002), Die Palme im Westen. Muslime, Juden und Christen im alten Andalusien, Berlin 2003, 383 S., Farbtafeln, Zeittafel, Glossar, Karten, € 24,90. I. Geschichte: Die islamische Eroberung Nordafrikas (Fall des oströmischen Karthago 698) führte zu muslimischen Raubzügen ins Westgotenreich und schließlich im Jahr 711 zur Überquerung der Meerenge zwischen Nordafrika und der iberischen Halbinsel durch arabisch-berberische Krieger unter Tariq ibn Ziyad. Nach Niederlage und Tod des westgotischen Königs Roderich (710-711) in der Schlacht am Guadalete (Roderich-Legende) stand den muslimischen Eroberern die iberische Halbinsel offen, und es sollte sich in den folgenden Jahrzehnten unter Integration der westgotischen Gesellschaft die arabisch-islamisch dominierte Kultur von Andalusien (al-Andalus <- "Wandalen"?) ausbilden. Mit dem Sturz des Omaijadenkalifats von Damaskus (661-750) durch die Abbasiden und der Flucht des Omaijadenprinzen Abd-al-Rahman nach Spanien entstand das Emirat von Cordoba unter den Herrschern Abd-al-Rahman I. (756-788), Hischam I. (788-796), al-Hakam I. (796-822), Abd-al-Rahman II. (822-852), Muhammad I. (852-886), al-Mundhir (886-888), Abd Allah (888-912) und Abd-al-Rahman III. (912-961), der sich den Kalifentitel zulegte (929). Das Emirat bzw. Kalifat umfasste große Teile der iberischen Halbinsel mit Ausnahme von Staaten christlicher Herrscher im Norden und Nordwesten (Asturien, Asturien-León-Kastilien, Pamplona, Aragón, spanisch-fränkische Mark [fränkische Eroberung Barcelonas 801]). Das Emirat von Cordoba war dabei immer wieder von zentrifugalen Kräften bedroht (drei nördliche Marken, Banu [Clans]; Aufstände 852/912), aber auch von außen (Wikingereinfälle 844, 858, 859, 966, 971; Emirat als Seemacht und Einbeziehung der Balearen, Stützpunkt in Fraxinetum [887], Plünderung des Klosters St. Gallen [954]; omaijadische Politik gegenüber dem Maghreb). Die Kalifen al-Hakam II. (961-976) und Hischam II. (976-1009) hatten nur noch ein formelle Stellung unter den eigentlichen Machthabern (hadschib) al-Mansur (981-1002), Abd al-Malik (1002-1008) und Abd al-Rahman (1008-1009). Das Kalifat ging dann ab 1009 unter in "Bürgerkriegen" (fitna). An die Stelle des Kalifats traten politisch die lokal-regionale Herrschaftsbereiche abdeckenden Taifenreiche in Sevilla (Abbadiden, 1023-1091), Cordoba (Dschauhariden, 1031-1070; -> Sevilla), Malaga (Hammudiden, 1016-1057; -> Granada), Granada (Siriden, 1012-1090), Badajoz (Aftasiden, 1022-1094), Valencia (Amiriden, 981-1065; -> Toledo), Toledo (Dhu n-Nun, 1016-1085/92; -> Valencia), Murcia und Almeria (1012-1090; -> Sevilla), Niebla (Yahya, 1023-1053; -> Sevilla), Silves (-1063; -> Sevilla), Denia und die Balearen (1009-1076; -> Saragossa) und Saragossa (Tudschib, 1017-1039; Hudiden, 1039-1110). Die innen- und außenpolitische Schwäche der Taifenreiche machte sich zum einen gegenüber den christlichen Königreichen im Norden bemerkbar (christliche Eroberung von Toledo [1085], Valencia [1094], Saragossa [1118]; El Cid), zum anderen an gesellschaftlich-religiösen Entwicklungen innerhalb der Reiche, die schließlich zum Machtverlust der herrschenden Dynastien und zum malakitisch-orthodoxen Islam der Almoraviden führten. Die um die Mitte des 11. Jahrhunderts aufgekommene Berberdynastie der Almoraviden herrschte über Marokko und Westalgerien; Yusuf ibn Taschufin (1061/86-1106) konnte auch Andalusien (als "koloniale" Nebenherrschaft) seinem Machtbereich eingliedern (1086/1091-105; Schlacht bei az-Zallaqa 1086). Im Zuge eines rigid-orthodoxen Islam verschlechterte sich dort teilweise das Miteinander von Muslimen, Christen (Mozarabern) und Juden und führte ebenso teilweise zu Abgrenzungen, die der "toleranten Heterodoxie" an den Höfen der Taifenherrscher entgegengesetzt waren (islamische Religion, malikitisches Rechtswesen). Handel, Gewerbe und Landwirtschaft blieben in Andalusien auch weiterhin produktiv. Die Almoravidendynastie ging nach dem Tod Ali ibn Yusufs (1106-1143) unter (almohadische Eroberung von Fes [1146] und Marrakesch [1147]). Nutznießer des untergehenden Almoravidenreiches (1143/47) waren die streng islamischen Almohaden, die unter Abdalmumin (1130-1163) den ganzen Mahgreb beherrschen sollten und unter Abu Yaqub Yusuf (1163-1184) und Abu Yusuf Yaqub al-Mansur (1184-1199) auch Andalusien ihrem Reich eingliederten (Almohaden in Andalusien ab 1150; Schlacht von Alarcos 1195). Die Niederlage in der Schlacht von Las Navas de Tolosa gegen ein christliches Heer (1212) bedeutete den Anfang vom Ende der almohadischen Herrschaft in Andalusien (1225); in Nordafrika folgte den Almohaden spätestens 1269 die Meriniden. Im Zuge der in den christlichen Königreichen (Aragón, León-Kastilien, Portugal) aufgekommenen Reconquista (Eroberungszeit 1086/1251) war der islamische Machtbereich auf der iberischen Halbinsel stark geschrumpft (christliche Eroberung der Balearen [1229/32], von Cordoba [1236], Valencia [1238], Murcia [1243], Cartagena [1244], Sevilla [1248], Cadiz [1265] u.a.). Behaupten konnte sich die 1232 begründete muslimisch-andalusische Dynastie der Nasriden im Reich von Granada, deren Herrscher Muhammad al-Ahmar I. (1232-1273), Muhammad II. (1273-1302), Muhammad III. (1302-1309), Nasr (1309-1314), Ismail I. (1314-1325), Muhammad IV. (1325-1333), Yusuf I. (1333-1354), Muhammad V. (1354-1359, 1362-1391) usw. einen mitunter von schweren inneren Unruhen (Aufstände, Thronkämpfe, Verschwörungen des 15. Jahrhunderts; Nasriden und der Adel des Königreichs, Anarchie) erschütterten Herrschaftsbereich regierten, doch sich auch gegen die christlichen Herrschaftsgebiete durchaus offensiv behaupten konnten. Im Königreich Granada erlebte das muslimische Andalusien auch eine kulturelle Blütezeit, ablesbar z.B. am Wesirat des Literaten Lisan al-Din Muhammad ibn al-Khatib oder an der Baugeschichte der Alhambra als befestigte Residenz der Herrscher. Die Vereinigung der spanischen Königreiche Kastilien und Aragón (1469) läuteten die Endphase des von den Christen im Norden von den nordafrikanischen Meriniden im Süden bedrängten Königreichs ein. Mit der Übergabe des von spanischen Truppen ab 1490 belagerten Granada durch Sultan Muhammad XI. Boabdil (1482-1483, 1487-1492) (2. Januar 1492) endete die Epoche muslimischer Herrschaft auf der iberischen Halbinsel. Die in Spanien verbleibende muslimische Bevölkerung wurde in der Folgezeit religiös (Konversion), rechtlich und sozial schlechter gestellt (Capitulaciones de Granada 1492, Konversionsedkt 1526, Congrgaciòn 1526; elches, Mudéjares, Moriscos), floh oder wurde schließlich zwangsausgesiedelt (1609/12). II. Einzelne Facetten auf das von Toleranz, aber auch Intoleranz geprägte Verhältnis zwischen Muslimen, Juden und Christen im mittelalterlichen Andalusien werfen historische Episoden betreffend: a) Baubeginn an der Moschee von Córdoba durch den Emir Abd ar-Rahman I. (†788) (784; "Moschee und Palme" 786); b) Martyrium und die Hinrichtung von Christen in Córdoba (855); c) Annahme des Kalifentitels durch Abd ar-Rahman III. (929) und diplomatische Verhandlungen des Wesirs und Gelehrten Hasdai ibn Shaprut mit Byzanz in der Palaststadt Madinat az-Zahra (949); d) Erweiterung der großen Moschee von Córdoba unter Kalif al-Hakam (961-976) und Beginn der Bürgerkriege im Kalifat (Zerstörung von Madinat az-Zahra 1009); e) Sieg des Taifenherrschers Badis von Granada über seinen Rivalen Jadir in der Schlacht von Argona (1041); f) ehemaliger Omaijadenwesir Ibn Hazm (†1064) und dessen Trakate über Recht, Philosophie und Wissenschaft sowie dessen Buch "Das Halsband der Taube"; g) normannische Übergriffe auf Barbastro (1064); h) christliche Eroberung Toledos und das Ende des dortigen Taifenreichs (1085); i) Taufe des Juden Petrus Alfonsi in Huesca (1106), die Schrift Disciplina clericalis des Petrus und die Eroberung des Taifenreichs Saragossa (1118) durch König Alfons I. (1104-1134); j) Reise des andalusischen Juden und Dichters Jehuda Halevi nach Alexandria (1140), k) Abt Petrus Venerabilis von Cluny (1122-1156) und die Übersetzung des Korans ins Lateinische durch Robert von Ketton (1142); l) Gelehrter Michael Scotus (†1236) am sizlischen Hof Kaiser Friedrichs II. (1198/1212-1250) (Übersetzung aus dem Arabischen) und die christliche Eroberung Cordobas (1236); m) Aristoteles, Averroes und Maimonides in der islamisch-arabischen Überlieferung, Pariser Verbotsliste betreffend den arabisch in lateinischer Übersetzung überlieferten Aristoteles (1277); n) Tod des jüdischen Gelehrten Moses de Léon (1305); o) Ibn Chaldun am Hof des christlichen Königs Peter I. von Kastilien (1334-1369) in Sevilla (1364); p) Ende des islamischen Königreichs Granada (1492); q) Miguel de Cervantes, Don Quijote von der Mancha (1605/15). [Buhlmann, 12.2020]

Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte > J Judentum

Menschwerdung als Herausbildung der Gattung Mensch im Rahmen der biologischen Evolution auf dem Planeten Erde: Der Rahmen der biologisch-evolutionären Entwicklung von Menschenformen umfasst den zeitlichen Rahmen der geologischen Epochen des Tertiär und Quartär (65 Millionen Jahre vor heute-heute). Nach der Entstehung erster Säugetierarten in der Kreidezeit (90-65 Millionen Jahre vor heute) kam es im tertiären Paläozän (65-56 Millionen Jahre vor heute) zu einer Herausbildung der Stammlinie von Säugetrieren, zu der auch die Primaten gehören. Weitere evolutionäre Aufspaltungen erfolgten innerhalb dieser Primatenstammlinie während des tertiären Miozäns (25-8 Millionen Jahre vor heute) und Pliozäns (8-1 Millionen Jahre vor heute) hin zu den Menschenartigen (Hominoidea, 23 Millionen Jahre vor heute), den Menschenaffen (Hominidae, 15 Millionen Jahre vor heute), den afrikanischen Menschenaffen (11 Millionen Jahre vor heute), den Hominini (5,2+/-1,1 Millionen Jahre vor heute). Entscheidend war die Entwicklung der Hominini in (Ost-) Afrika, von denen die folgenden Gattungen paläontologisch aufgespürt werden konnten: Sahelanthropus, Orrorin (7-5 Millionen Jahre vor heute), Ardipithecus (4,4 Millionen Jahre vor heute), Australopithecinen (4-2 Millionen Jahre vor heute: Australopithecus afarensis, Paranthropus), Formen der Gattung Homo (ab 3-2 Millionen Jahre vor heute). Mit dieser Entwicklung verbunden waren: aufrechter Gang, Vergrößerung des Gehirnvolumens, Verkleinerung des Kiefers, Reduzierung der Überaugenwülste, opponierbarer Daumen, Rückgang der Behaarung, Verlängerung von Schwangerschaft und Kindheit - Verhalten, Sexualität - Kultur (Verwendung von Feuer und Werkzeugen). Innerhalb der Gattung Homo lief die Evolution der Menschwerdung weiter: Homo (Australopithecus) rudolfensis (2,5-2 Millionen Jahre vor heute), Homo (Australopithecus) habilis (2-1,5 Millionen Jahre vor heute), Homo ergaster, Homo erectus (1,5-0,5 Millionen Jahre vor heute). Homo erectus (Homo heidelbergensis) trat auch außerhalb von Afrika in Europa und Asien in Erscheinung. Aus der eurasiatischen Homo erectus-Art entwickelte sich der Neandertaler (Homo neanderthalensis) und als Seitenlinie der Denissowa-Mensch (0,25 Millionen Jahre vor heute), weiter der Homo floresiensis. Aus dem (ost-) afrikanischen Homo erectus entwickelte sich der (heutige) Homo sapiens (0,3-0,2 Millionen Jahre vor heute), der vor 70000 bis 45000 vor heute auch Europa und Asien besiedelte, wo er den Neandertaler verdrängte, vor 60000 Jahren vor heute Australien, vor 15000/11500 Jahren vor heute Amerika. Gerade mit dem Homo sapiens verbanden sich schon früh kulturelle Äußerungen wie Sprache, Geisterglaube, Schamanismus oder Kunst. Auch in historischer Zeit änderte sich noch der Phänotyp des Homo sapiens (Hautfarbe, Laktosetoleranz [Neolithikum], Unterkieferverkleinerung [europäisches Mittelalter]).
Zur biologischen Menschwerdung s.: Glowatzki, Georg (1968), Tausend Jahre wie ein Hauch. Woher kommt der Mensch? (= Kosmos-Bibliothek, Nr.259), Stuttgart 1968, 87 S., Schwarzweißabbildungen, -tafeln, DM 3,80; Haaf, Günter (1982), Adam und Eva. Ursprung und Entwicklung des Menschen, Gütersloh 1982, 208 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, DM N.N.; Reichholf, Josef H. (1993), Das Rätsel der Menschwerdung. Die Entstehung des Menschen im Wechselspiel der Natur (= dtv 30341), München 1993, 279 S., Abbildungen, Karten, DM 16,90; Schrenk, Friedemann (1997), Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homo sapiens (= BSR 2059), München 1997, 127 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, DM 14,80. Zum biologisch-evolutionär geprägten menschlichem Verhalten s.: Eibl-Eibesfeldt, Irenäus (1975), Krieg und Frieden (aus der Sicht der Verhaltensforschung) (= SP 329), München 21984, 329 S., DM 14,80; Lorenz, Konrad (1973), Die Rückseite des Spiegels. Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens (= dtv 1249), München 1977, 318 S., DM 7,80; Marsh, Peter, Morris, Desmond (1988), Die Horde Mensch. Individuum und Gruppenverhalten, München 1989, 160 S., Schwarzweiß-, Farbfotos, DM 48,- (über: Stammesbindung, Riten des Übergangs, Sexualität und Brautwerbung, Sport, Aggression und Krieg). [Buhlmann, 11.1997, 04.2020, 03.2023]

Menzies, Gavin (2002), Als China die Welt entdeckte (= Knaur Tb 77766), München 2004, 603 S., Schwarzweißabbildungen, -tafeln, Karten, € 10,90. Der chinesische Kaiser Zhu Di-Yongle (*1402-1424) der Ming-Dynastie setzte sich in einem Bürgerkrieg (1399/1402) gewaltsam als chinesischer Kaiser durch, schaltete alsbald die eventuellen Ansprüche männlicher Verwandter aus, betrieb die weitere Zentralisierung der kaiserlichen Verwaltung und residierte ab 1406 in der neuen Hauptsadt Peking. Mongolenfeldzüge (1410, 1414, 1422, 1423, 1424) und die Eroberung der Mandschurei sicherten den Bestend des chinesischen Kaiserreichs; hinzu kam die Unterwerfung Annams (Vietnam, 1406). Zwischen 1405 und 1422 unternahm eine große, neu erbaute Flotte (Schatzflotte) chinesischer Dschunken meist unter dem Admiral Zheng He (†1433/35) Erkundungs- und Entdeckungsfahrten entlang der schon lange benutzten chinesischen Handelsrouten nach Westen (Indonesien, Indien, Ceylon: 1405/07, 1407/09, 1409/11; Persischer Golf, afrikanische Ostküste: 1417/19, 1421/22; Malakka, Thailand: 1431/33). Die Erkundungsfahrten wurden 1435 eingestellt, die Schatzflotte außer Betrieb gesetzt bzw. in die chinesische Kriegsflotte integriert. Angeblich sollen nun chinesische Flotten in den Jahren 1421/23 Nord- und Südamerika, Australien, die Arktis und Antarktis erkundet haben, auch eine Weltumseglung sei gelungen, ablesbar ebenso angeblich auf europäischen Karten wie der Pizzigano-Karte (1424), der Karte des Fra Mauro (1459), der des Martin Waldseemüller (1507) oder der von Piri Reis (1513); auch die Vinlandkarte oder eine chinesische Weltkarte von angeblich 1418 sollen die weltweiten chinesischen Erkundungsfahrten belegen. [Buhlmann, 11.2020]

Merian, Matthäus, Kupferstecher, Verleger: Geboren 1593 in Basel als Sohn eines Ratsherrn, erlernte Matthäus Merian (der Ältere) in Zürich und Straßburg das Handwerk der Kupferstecherei (Basler Stadtplan 1615). Als Schwiegersohn des Verlegers und Kupferstechers Johann Theodor de Bry (†1623) übernahm Merian dessen Frankfurter Verlagshaus und erhielt das Frankfurter Bürgerrecht (1626). In Frankfurt entstanden die bekannten Werke in Verlegerschaft Merians: Historische Chronik (1629/34), Theatrum Europaeum (ab 1633), Topographia Germaniae (ab 1642). Nach Merians Tod in Langenschwalbach (1650) setzten seine Söhne Verlag und Werke des Vaters fort.
Aus den Topographia Germaniae und dem Theatrum Europaeum entnommen finden sich Kupferstiche von Merian zusammengestellt in: Merian, Matthaeus, Die schönsten Schlösser, Burgen und Gärten. Aus den Topographien und dem Theatrum Europaeum mit einer Einleitung von Elisabeth Höpker-Herberg (1965), Stuttgart-Hamburg 1965, XXIII, 67 S., Stiche, DM N.N. [Buhlmann, 05.2022]

Merk, Otto (1966), Handeln aus Glauben. Die Motivierungen der paulinischen Ethik (= MarbTS 5), Marburg 1968, XII, 287 S., DM 34,-. Die neutestamentlichen Briefe des christlichen Missionars Paulus (Thessaloniker- I/II, Galater-, Korinther- I/II, Römer-, Philipper-, Kolosser-, Philemonbrief) bezeugen paränetisch (ermahnend)-begründend-motivierend, wie aus dem Glauben um Jesus Christus und dessen "Sitz im Leben" christliches Handeln auf der Grundlage "verstehenden Gehorsams" entstehen kann. Das Handeln bezieht somit sowohl ethische als auch praktisch-nützliche Umsetzungen des Glaubens mit ein, resultierend aus dem geschichtlichen Handeln Gottes heraus, d.h. aus der Bedeutung der Taufe, der von Gott an Christus vollzogenen Heilsgeschichte (Abendmahl, Auferstehung) sowie der Parusie (Naherwartung der Wiederkehr Christi) und Eschatologie für jeden Christen (vergangenes, gegenwärtiges, zukünftiges bzw. rechtfertigendes, versöhnendes Heilshandeln Gottes [christologische Begründungen, endzeitliches Handeln Gottes, Taufe als Berufung, Gesetze des Alten Testaments als Begründung]). [Buhlmann, 08.2019]

Merker, Reinhard (1983), Die bildenden Künster im Nationalsozialismus. Kulturideologie, Kulturpolitik, Kulturproduktion (= DuMont Tb 132), Köln 1983 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Merlot, André (1966), Précis d'Histoire de la Littérature Francaise (du XVIe siècle à nos jours), Paderborn-München 61967 > F Französische Sprache

Mernissi, Fatema (1990), Die Sultanin. Die Macht der Frauen in der Welt des Islam, Frankfurt a.M. 21991, 259 S., DM 38,-. I. Der Islam des (europäischen) Mittelalters und der frühen Neuzeit kannte den Kalifen als religiös-institutionellen "Führer der Gläubigen", gebunden am göttlichen Gesetz der Scharia. Herrschaft in der rein weltlichen Sphäre übte der Sultan oder König (malik), aber auch der Kalif aus. Laut dem islamischen Gelehrten Ibn Chaldun (†1406) war weltliche Herrschaft (mulk) ein System politischer Vorschriften (Herrschaft, Willkürherrschaft, Despotie), denen sich die Untertanen des Herrschers unterwerfen mussten. Während die Stellung eines Kalifen nur Männern zustand, konnten in der islamischen Geschichte auch Frauen Herrscherinnen (Sultanin, Königin, Herrscherin [malika, sajida, hurra, sitt, amira, chatun]) werden. II. Vorbehalte gegenüber weiblicher Herrschaft gab es von Seiten des Kalifats (Schadscharat ad-Durr und die Dynastie der Aijubiden [ab 1250]) oder islamisch-geistlicher Würdenträger (Radija als Sultanin von Delhi [ab 1260]; vier Königinnen des Reiches Atjeh [Sumatra, 17./18. Jahrhundert]). Der "geistliche Vorbehalt" gegen weibliche Herrschaft wurde dabei von der islamischen Geistlichkeit als Verstoß gegen die religiösen Grundlagen von Herrschaft begründet. III. Auch Haremssklavinnen (Kurtisanen) bestimmten über die "Waffen einer Frau" (Sexualität, Liebe, Intellekt) zu allen Zeiten (informell) die Politik der jeweiligen männlichen Herrscher (Machtpolitik, Haremsfraktionen, Erbfolge) mit, zum Teil auch über den Tod des Herrschers hinaus (Chaizuran als Frau des Abbasidenkalifen al-Mahdi [775-785] und als Mutter Harun ar-Raschids [786-809]; Mutter des Kalifen al-Muqtadir [908-932]; Adud ad-daula [949-982] und die Tötung einer Haremssklavin [dscharia]). Insignien (formeller) weiblicher Macht waren die Nennung der (im Übrigen nur nicht-arabischen) Herrscherinnen im Freitagsgebet (chutba) und/oder auf Münzen. IV. An Herrscherinnen sind zu nennen: die mamlukischen Sultaninnen Radija, Schadscharat ad-Durr (13. Jahrhundert), die mongolischen chatun Qutluh, Padeschah, Abesch, Sati Beg, Tindu, Fatema Begum (13./14. Jahrhundert), die maledivischen Herrscherinnen Chadija, Myriam, Fatema (14. Jahrhundert), die schon genannten indonesischen Herrscherinnen von Atjeh. V. Darüber hinaus gab es innerhalb der sulaihidisch-schiitischen Dynastie im Jemen die Herrscherinnen Asma und Arwa (11./12. Jahrhundert). Vom Jemen spannt sich der Bogen zur sagenhaften, auch im Koran erwähnten Königin von Saba. Weiter ist hier die fatimidisch-schiitische Herrscherin Sitt al-Mulk (1021-1025) zu nennen, die (informell) über Ägypten herrschte. [Buhlmann, 05.2019]

Merowinger, Königsdynastie im Frankenreich: Die Anfänge der Merowingerdynastie lassen sich bei den Kleinkönigen als Anführer (duces) kriegerischer Gefolgschaften (Heerkönigtum) während der fränkischen "Landnahme" im römischen Reich (5./6. Jahrhundert) verorten (Könige Chlodio, Merowech, Childerich I.). Das Frankenreich entstand als Germanenreich auf dem Boden des römischen Gallien. Mit der fränkischen Großreichsbildung König Chlodwigs I. (482-511) und dessen Übertritt zum christlich-katholischen Glauben (496 oder 507/08) begann die Zeit der merowingischen Herrscherdynastie und damit eine Epoche des Übergangs von der Spätantike zum Frühmittelalter, die geprägt war durch ein erbliches, Teilungen unterworfenes Königtum an der Spitze eines römisch-germanischen Vielvölkerstaates christlich-barbarischer Prägung. Einer Phase der Expansion des Frankenreichs unter Chlodwig I. und den Chlodwigsöhnen Theuderich I. (511-533), Chlodomer (511-524), Childebert I. (511-567) und Chlothar I. (511-561) (Reich des Syagrius 486, Alemannen 496, Tolosanisches Westgotenreich 507, Thüringerreich 531, Burgunderreich 532/34, Provence 536/37) folgte die des "Bürgerkriegs" (bellum civile, 584-613) unter den Chlotharsöhnen und -enkeln, insbesondere zwischen Sigibert I. (561-575) und dem auch kulturell interessierten Chilperich I. (561-584) bzw. zwischen dem neustrischen König Chlothar II. (584-629) und der austroburgundischen Regentin Brunichilde (†613). Die Bürgerkriege beschleunigten dabei die Formierung der Teilreiche/Reichsteile Neustrien, Austrien und Burgund innerhalb des fränkischen Gesamtreichs. Daran änderten auch die Jahre der Reichseinheit (613-639) unter Chlothar II. (Pariser Reichsversammlung und -konzil, Edictum Chlotharii 614) und Dagobert I. (623/29-639) nicht viel, kam doch den Großen in den Reichsteilen eine immer größere Bedeutung zu (Hausmeier). Die Unmündigkeit der Dagobertsöhne Sigibert III. (639-656/57) und Chlodwig II. (639-656/57) verstärkte den Einfluss des Adels und der Großen auf die fränkische Politik (Hausmeier in Austrien, Regentschaft der Königin Nanthild [†642] in Neustrien). Mit dem Aufstieg der karolingischen Hausmeier in Austrien verstärkte sich der Gegensatz zwischen den Teilreichen Neustroburgund und Austrien ("Staatsstreich" Grimoalds 657/62?, Regentschaft der Königin Balthilde [†680/81] in Neustrien, Hausmeier Ebroin), der letzte regierungsfähige Merowingerkönig und Gesamtherrscher Childerich II. (673-675) wurde ermordet. Die Merowingerkönige danach waren - so will es die frühmittelalterliche Überlieferung - "Schattenkönige", sie hatten mit den politischen Kämpfen des ausgehenden 7. und der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts nichts zu tun. Sieger der Auseinandersetzungen um die Macht im Frankenreich war der karolingische Hausmeier und princeps Pippin der Mittlere (†714; Schlacht bei Tertry 687); Pippins Enkel Pippin der Jüngere (741/51-768) sollte den letzten Merowingerkönig Childerich III. (743-751) absetzen und selber König werden (751). Auf die Merowinger folgten die Karolinger als Herrscher im Frankenreich.
Quellenkundlich ist anzumerken: Diplomatum imperii [Diplomata regum Francorum e stirpe Merowingica. Diplomata maiorum domus regiae. Diplomata spuria], hg. v. Karl G.F. Pertz (1872) (= MGH. Diplomata in Folio, [Bd.1]), Nachdruck Stuttgart 1980, XVI, 250 S., DM 68,-; Die Urkunden der Merowinger (Diplomata regum Francorum e stirpe Merovingica), hg. v. Theo Kölzer (2001), 2 Tlbde. (= MGH. Die Urkunden der Merowinger), Hannover 2001, zus. XXXIV, 965 S., Schwarzweißtafeln, zus. € 140,-. Umfangreich ist die Literatur zu Merowingern und merowingischem Frankenreich: Bleiber, Waltraut (1988), Das Frankenreich der Merowinger, Wien-Köln-Graz 1988, 194 S., Abbildungen, Karten, DM 39,80; Ewig, Eugen (1974), Studien zur merowingischen Dynastie, in: FMSt 8 (1974), S.15-59; Ewig, Eugen (1988), Die Merowinger und das Frankenreich (= Urban Tb 392), Stuttgart-Berlin 1988, 235 S., Karten, DM 24,-; Hartmann, Martina (2003), Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger, Darmstadt 2003, 222 S., Farbabbildungen, Karten, € 27,90; Hartmann, Martina (2012), Die Merowinger (= BSR 2746), München 2012, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Stammtafeln, Karten, € 8,95; Kaiser, Reinhold (1993), Das römische Erbe und das Merowingerreich (= EdG 26), München 1993, IX, 157 S., Karte, DM 28,-; Kaufmann, Ekkehard (1955), Über das Scheren abgesetzter Merowingerkönige, in: ZRG GA 72 (1955), S.177-185; Scholz, Sebastian (2015), Die Merowinger (= Urban TB 748), Stuttgart 2015, 342 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, Stammtafel, € 28,-. > F > Frankenreich [Buhlmann, 04.-07.1989, 04.-07.1994, 04.2008, 08.2015, 02.2017]

Mersiowsky, Mark (2000), Die Anfänge territorialer Rechnungslegung im deutschen Nordwesten. Spätmittelalterliche Rechnungen, Verwaltungspraxis, Hof und Territorium (= Residenzenforschung, Bd.9), Stuttgart 2000, 475 S., € 15,90. Rechnungen, die in den Geschichtsquellen disparat vom 13. Jahrhundert bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts auftauchen, belegen mit den bekannten Territorialisierungsprozess, dem die Landesherrschaften im römisch-deutschen Reich des späten Mittelalters unterlagen. Für den deutschen Nordwesten, d.h. hier für das Erzstift Köln, die Hochstifte Münster, Osnabrück und Paderborn und die weltlichen Territorien Jülich-Berg-Ravensberg, Kleve, Lippe, Nassau-Dillenberg sowie kleinere Adelsherrschaften (Anhol, Drachenfels, Lembeck, Vlatten, Werth u.a.) ergibt sich aus dem wenig Erhaltenen immerhin eine territoriale Rechnungslegung und Rechnungspraxis (Rechnungsvorstufen [Kladden, Wachstafeln, Kerbhölzer] und -schreiber, Rechnungsjahr, manipulierte Rechnungen und Kontrolle), die gut mit der Ausweitung territorial-herrschaftlicher Aufgaben in Einklang steht. Rechnungslegung bedingte dabei in erster Linie die Kontrolle der Amtsträger, war aber noch weit entfernt von einer behördenmäßigen Erfassung der Finanzen einer Landesherrschaft (Budgetierung, Etat) und damit von einer Entwicklung, die erst in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts begann. [Buhlmann, 03.2013]

Merveldt, Eka von (1982), 4mal Florenz (= Panoramen der Welt = SP 5130), München-Zürich 21988 > F Florenz

Meschkowski, Herbert (1979/86), Problemgeschichte der Mathematik, 3 Bde., Bd.I, Zürich 21984, 206 S., Abbildungen, DM 25,-, Bd.II, Zürich 1981, 285 S., Abbildungen, DM 25,-, Bd.III, Zürich 1986 , 314 S., Abbbildungen, DM 25,-. Die "Problemgeschichte der Mathematik" kreist um die zentralen Themen dieser Wissenschaft, für Antike und Mittelalter um die altorientalische (und außereuropäische) Mathematik, die griechische Mathemetik (Geometrie, Axiomatisierung, Irrationalität, Zahl und Ziffer, Gleichungen), die europäisch-mittelalterliche Mathematik (Null, Trigonometrie, Unendlichkeit, Kontinuum). Die Mathematik der frühen Neuzeit und Moderne ist verbunden mit dem Aufkommen bzw. der Weiterentwicklung der Infintesimalrechnung (Differential- und Integralrechung, Analysis, Maß- und Integrationstheorie, Funktionalanalysis), mit den komplexen Zahlen (Funktionentheorie), mit der nichteuklidischen Geometrie (euklidische Axiome, sphärische Geometrie, hyberbolische Geometrie, Parkettierungen), der Algebra von Körpern, Ringen und Gruppen, der Topologie und insbesondere der Mengenlehre (mathematische Logik, Axiomatik). [Buhlmann, 1988, 02.2024]

Metternich, Wolfgang (2011), Teufel, Geister und Dämonen. Das Unheimliche in der Kunst des Mittelalters (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2011), Darmstadt 2011, 144 S., zahlreiche Farbabbildungen, ca. € 15,-. Mittelalterliche Bildkunst, überliefert etwa in Codices oder in der Architektur der Kirchen, wurde entscheidend geprägt von der christlichen Religion. Die Darstellung des Unheimlichen, das Angst, Grauen und Erschrecken beim Betrachter hervorrief, aber auch Ehrfurcht vor Gott und seinen Heiligen, war daher ein Mittel der Kirche, die Gläubigen dem christlichen Glauben zu unterwerfen, die Menschen in ihrem Sinne zu erziehen und die aus Heidentum und Volkskultur kommenden Vorstellungen in das Christentum einzubeziehen. Umgekehrt artikulierte sich darin auch eine kirchlich unterdrückte Volkskultur. Das immer wieder von Gewalt und wirtschaftlicher Ausbeutung bedrohte Leben des Einzelnen in der mittelalterlichen Gesellschaft erzeugte allgemein Angst, die in der Kunst im Unheimlichem seinen adäquaten Ausdruck fand. Dabei wurden aus dem (griechisch-römischen, keltischen) Heidentum überlieferte Wesen wie Götter, Zentauren, Dornauszieher oder Schlangen thematisiert, ebenso der Teufel und die Dämonen. Für den göttlichen Willen standen die Heerscharen (Chöre) der Engel. Weiter bevölkerten Tiere (Physiologus: Löwe als Symbol der Stärke, Hase als Fruchtbarkeitssymbol usw.) und Fabelwesen (Drache, Schlange, Ziegenfisch, Steinbock usw.) die Bilddarstellungen. Die Frau mit ihrer die christliche Askese (Keuschheit) bedrohenden Sexualität, die Frau als Verführerin war mitunter Thema obszöner und exhibitionistischer Szenen (romanische Eva von Autun, Frauen als Dämonen, unzüchtige Verhaltensweisen); Sexualität und Fruchtbarkeit betonten wiederum Phalli oder Geburtsszenen an Gotteshäusern. Das Unheimliche in der mittelalterlichen Kunst hatte seinen Anteil auch an der Marginalisierung gesellschaftlicher Gruppen wie Juden, Heiden (Muslime) oder fahrenden Volk (Tanz der Salome). Noch fremder und exotischer waren allerdings die sagenhaften Völker weit entfernter Länder, wie sie etwa der Bibel, der heidnischen Antike oder dem Alexanderroman zu entehmen waren (Gog und Magog, Kopffüßler, Panotier, Priesterkönig Johannes usw.). Und schließlich ist noch auf das Unheimliche von Krankheiten (Mutterkorn, Pest) zu verweisen (Krankheit als Strafe, Totentanz). [Buhlmann, 07.2011]

Metz, Friedrich (Hg.) (1959), Vorderösterreich. Ein geschichtliche Landeskunde, Freiburg i.Br. 42000 > V Vorderösterreich

Metz, Wolfgang (1959), Probleme der fränkischen Reichsgutforschung im sächsischen Stammesgebiet, in: NiedersJb 31 (1959), S.77-126 > R Reichsgut

Metz, Wolfgang (1960), Das karolingische Reichsgut, Berlin 1960, XXXVI, 266 S., Karten. I. Reichsgut waren die Besitzungen (und Rechte) des (nicht nur fränkisch-ostfränkischen) Königs, die er zum Zweck der Herrschaftsausübung einsetzen konnte. Daneben verfügte der Herrscher auch über das Hausgut, also über Besitz der Adelsfamilie, der er selbst angehörte. Da eine Abgrenzung von Reichsgut und Hausgut auch im Mittelalter schwierig war, vermengten sich im Verlauf der Jahrhunderte des frühen und hohen Mittelalters immer wieder diese für den König nutzbaren Besitzgruppen. Auch veränderten sich im Laufe der Zeit die Besitz-grundlagen des Königtums geografisch; das Reichs- bzw. Hausgut der karolingischen Herrscher lag im austrasisch-lothringischen Raum der spätmerowingisch-karolingischen Epoche. Das Reichsgut der karolingischen Könige des frühen Mittelalters ging zumindest zum Teil auf Königsgut der merowingischen Frankenkönige (5.-8. Jahrhundert) zurück, die wiederum im Zuge der fränkischen "Landnahme" im römischen Reich (4./5. Jahrhundert) Teile des römischen Staatslandes für sich nutzbar machen konnten. Mit der Karolingerzeit wird das grundherrschaftlich organisierte Reichsgut der fränkischen Könige und Kaiser erfassbar. Grundherrschaft heißt ein den Grundherrn, hier den König, versorgendes Wirtschaftssystem, das auf Großgrundbesitz und Abgaben von und Rechten über abhängige Bauern beruht. Die zweigeteilte Grundherrschaft bestand aus eigenbewirtschaftetem Salland und gegen Abgaben und Frondienste an bäuerliche Familien ausgegebenem Leiheland. Villikationen, Hofverbände unter der Verwaltung eines villicus (Meier), hatten einen Fronhof als Zentrum, eine Anzahl von Villikationen und Einzelhöfen bildeten die Grundherrschaft. Die königliche Grundherrschaft der Karolingerzeit (unter Einschluss des auch nicht grundherrschaftlich organisierten Reichsguts) war auf den Königshof (curtis) oder die Pfalz (palatium) hin ausgerichtet, mithin auf das Königsitinerar, sie war eingebunden in Landschaft (pagus) und Grafschaft (comitatus), genoss aber Immunität. Grafen wurden aus dem Reichsgut mit Amtsgut ausgestattet, von Reichsgut wurde der Landesausbau betrieben. II. Das Capitulare de villis ist ein Kapitular des Frankenkönigs Karl des Großen (768-814), einzig überliefert als Gebrauchsexemplar von Königsboten (missi) in dem auf uns gekommenen Codex Helmstadensis 254 (heute in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel), niedergeschrieben im 2. Viertel des 9. Jahrhunderts. Das Capitulare de villis als "Landgüterverordnung" umfasst 70 Kapitel, die detailliert auf die Organisations- und Verwaltungsstruktur des karolingischen Königsguts eingehen. Seinem Inhalt nach wird das Capitulare de villis den sog. capitularia mundana ("weltlichen Kapitularien") zugeordnet. Das Capitulare de villis war wohl im ganzen Frankenreich ohne Italien gültig. Es datiert auf das letzte Jahrzehnt des 8. Jahrhunderts (ca.795). Güterverzeichnisse wie die Brevium exempla (ca.825/50) und weiter der St. Gallener Klosterplan (ca.820) hängen inhaltlich und sprachlich mit dem Capitulare de villis zusammen. Karolingisches Reichsgut wird darüber hinaus fassbar im Lorscher Reichsurbar (ca.830/50), churrätischen Reichsurbar (842/43), Polyptychon von Verberie (v.864/921) u.a. Vgl. noch: Metz, Wolfgang (1971), Zur Erforschung des karolingischen Reichsgutes (= EdF 4), Darmstadt 1971, VI, 93 S., DM 12,90. > Lateinische Literatur > B Brevium exempla, C Capitulare de villis, C Churrätisches Reichsurbar, L Lorscher Reichsurbar. [Buhlmann, 10.2015]

Metz, Wolfgang (1964), Staufische Güterverzeichnisse. Untersuchungen zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des 12. und 13. Jahrhunderts, Berlin 1964, XXVI, 187 S., DM 48,-. Reichsgut heißt der in der Nutzung des (nicht nur) fränkisch-ostfränkisch-deutschen Königs stehende Besitz aus Krongut, Reichskirchengut und Reichslehngut (königliche Grundherrschaft). Aus der Stauferzeit ist dann eine Reihe von Güterverzeichnissen überliefert, die Einblick geben in Verwaltung und Leistungen des Reichsguts. Es handelt sich hierbei um das Tafelgüterverzeichnis (ca.1150 oder später), das Lehnbuch des staufischen Ministerialen Werner II. von Bolanden (Wende 12. zum 13. Jahrhundert), das Urbar der Reichsmarschälle von Pappenheim (13. Jahrhundert, 1. Hälfte), ein Verzeichnis von Rechten und Einnahmen des Reichs im Amt (officium) Pfullendorf (ca.1220), die Reichssteuerliste (1241), die Abrechnung des Amtmanns Gerhard von Sinzig (1242) sowie die Goslarer Vogteigeldlehnrolle (1244). > Lateinische Literatur > A Abrechnung Gerhards von Sinzig, G Goslarer Vogteigeldlehnrolle, L Lehnbuch Werners II. von Bolanden, R Reichssteuerverzeichnis, T Tafelgüterverzeichnis, U Urbar der Reichsmarschälle von Pappenheim, V Verzeichnis von Rechten und Einnahmen des Reichs im Amt Pfullendorf. [Buhlmann, 10.2015]

Metz, Wolfgang (1971), Zur Erforschung des karolingischen Reichsgutes (= EdF 4), Darmstadt 1971 > M > Metz, Karolingisches Reichsgut

Metz, Wolfgang (1976), Quellenstudien zum Servitium regis (900-1250), in: AfD 22 (1976), S.183-271. I. Innerhalb der christlichen Reichskirche des mittelalterlichen fränkischen Karolingerreichs sowie des Ostfranken- bzw. deutschen Reichs umfasste das servitium regis, der "Königsdienst", im Wesentlichen: Gebetsgedenken für Herrscher und Herrscherfamilie, Abgaben und Dienste für die Verpflegung des Königs (Königsgastung) und für das Heerwesen, Beteiligung an königlichen Hoftagen und an Heerzügen. Der Königsdienst betraf die Reichsbistümer und Reichsabteien, die - gerade in der Zeit der ottonisch-salischen Reichskirche (10./11. Jahrhundert) - vom ostfränkisch-deutschen Herrscher mit Reichskirchengut ausgestattet wurden und von daher das servitium als Gegenleistung zu erbringen hatten. Nach der Zäsur des Investiturstreits (1075-1122) wurde der Königsdienst lehnsrechtlich gedeutet und gehörte zur Sphäre der temporalia (Regalien, Steuern) der reichskirchlichen Institutionen. II. Quellenmäßig wird das servitium im Bereich der Reichsabteien erfassbar in Urbaren, Güterverzeichnissen und Urkunden [Belegsammlung im Aufsatz]. Dies betrifft die Reichsabteien: (Rheinland, Lothringen:) Werden, Stablo-Malmedy, St. Maximin/Trier, Lorsch (Abtretung von Villikationen an den König 1147), Remiremont, Burtscheid, Klingenmünster, Prüm, Essen (Königsstufe), (Niedersachsen, Westfalen:) Freckenhorst, Gandersheim, Vreden, Corvey (königliche Verschenkung von Kemnade und Fischbeck an das Kloster 1147), Helmarshausen, (Hessen:) Fulda (Königsfutter), (Bayern:) Tegernsee, Benediktbeuern, Wessobrunn, Ober-/Niedermünster/Regensburg, Niederaltaich (steura regis), Niedernburg/Passau, (Alemannien:) Reichenau. [Buhlmann, 07.2018]

Metz, Wolfgang (1978), Das Servitium Regis. Zur Erforschung der wirtschaftlichen Grundlagen des hochmittelalterlichen deutschen Königtums (= EdF 89), Darmstadt 1978 > R Reichsgut

Meußdoerffer, Franz, Zarnkow, Martin (2014), Das Bier. Eine Geschichte von Hopfen und Malz (= BSR 2792), München 2014, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 8,95. I. Bier ist ein alkoholisches Getränk, das durch Vergären einer zuckerhaltigen Lösung entsteht. Anders als etwa beim Wein muss beim Bier aber diese zuckerhaltige Lösung, die Würze, erst erzeugt werden, und zwar aus stärkehaltigen Ausgangsstoffen. Über die Malzherstellung (aus Getreide: Keimen [Einweichen], Darren [Trocknen]), durch Schroten und Maischen von Malz entsteht enzymatisch aus Stärke Malzzucker, der zentraler Bestandteil der Bierwürze ist. Läutern und Kochen der Würze (etwa unter Beifügung von Hopfen) bilden die Voraussetzung für die Zugabe von Hefe (und Milchsäurebakterien) und der anschließenden Vergärung der Würze im Brauwasser bei der Hefe zuträglichen Temperaturen. Nach bis zu einer Woche wandelt die Hefe den Zucker in der Bierwürze in Alkohol um, wobei (im Bier enthaltene) Kohlensäure bzw. Kohlendioxid entsteht. Es folgen Nachgärung und Filtration, die die den Herstellvorgang beenden. II. Während menschliche Jäger- und Sammlerkulturen etwa des Mesolithikums (10.-8./7. Jahrtausend v.Chr.) durchaus alkoholische Vergärungsprozesse kannten (vorderasiatisches Natufien [12.-10. Jahrtausend v.Chr.], frühneolithischer Fundplatz Göbleki Tepe [10.-8. Jahrtausend v.Chr.), bildete eine auf Landwirtschaft beruhende Le-bensweise, die im Rahmen der sog. neolithischen Revolution aufkam (ca. 9500-6000 v.Chr.), die Voraussetzung (und auch eine Ursache?) dafür, dass Menschen Bier brauen konnten. Der Anbau von (verändertem, domestiziertem) Getreide (Einkorn, Emmer, Gerste, Weizen), die Fähigkeit, Getreidestärke in Zucker zu verwandeln, die Verwendung von (Speichel oder) Hefepilzen (von Früchten, im Traubenmost, Honig, Getreidebrei), die Möglichkeiten der Lagerung waren nur unter der Voraussetzung von Ackerbau und Viehzucht gegeben. Schon im mesopotamischen Gilgameschepos wird der "Wildmensch" Enkidu auf Brot und Bier als Ausdruck menschlicher Zivilisation verwiesen. Auch die Archäologie bestätigt die weite Verbreitung von Bier in den altorientalischen Reichen des Vorderen Orients und Ägyptens (4./3.-1. Jahrtausend v.Chr.). In der griechisch-römischen Antike (8. Jahrhundert v.Chr.-5. Jahrhundert n.Chr.), die vornehmlich eine Kultur des Mittelmeers war, herrschte Weinanbau und Weinkonsum vor, während "barbarische" Völker in Mitteleuropa wie Kelten und - daran anschließend - Germanen auf eine Bierbrautradition mindestens seit der europäischen Bronzezeit (2200-800 v.Chr.) zurückblicken konnten; technologisch stieß die Bierherstellung bei den germanischen gentes allerdings an Grenzen (Honig, Braumalz, Bierzusätze [Geschmack, Haltbarmachung], Benutzung von Holzgerätschaften, Bierherstellung als Frauen-/ Hausarbeit, Bierkonsum bei [ritualisierten] Opfer-/Festmählern; 1. Jahrhundert v.Chr.-5. Jahrhundert n.Chr.). Westgermanisch bior und nordgermanisch ealu entwickelten sich zu den heutigen Bezeichnungen "Bier" und "Ale"; davon unberührt leitet sich in den romanischen Sprachen "Bier" von lateinisch cervisia her. III. Die Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft von der Spätantike (4.-5. Jahrhundert) zum frühen Mittelalter betraf unter dem Stichwort der "Vergetreidung" die Entstehung grundherrschaftlicher Strukturen und die (teilweise) Ausbildung einer Dreifelderwirtschaft (Winter-, Sommergetreide, Brache). Von Irland und den britischen Inseln bis hin zu den Slawen Osteuropas war Bier nun gebräuchlich; es wird auch vermutet, dass sich damals die Verwendung und der Anbau von Hopfen (alanisch chumällig, altslawisch chumeli/chemele, mittellateinisch humulus, türkisch qumlaq) als Bierzusatz von im Kaukasus ansässigen Alanen her nach Westen ausbreitete (slawischer Hopfen, Hopfenanbau in Böhmen [10. Jahrhundert]). Mit der Christianisierung Europas nutzten im Rahmen der christlich-katholischen Kirche auch Mönche und Geistliche das alkoholische Getränk. Der Hopfen fand im Übrigen im hohen Mittelalter besondere Verbreitung durch den Mönchsorden der Zisterzienser, doch erwähnen die von Abt Adalhard (†826) verfassten "Gewohnheiten des Klosters Corbie" (consuetudines Corbeienses; Aachener Synode 816) Hopfenbier (aus gesammelten Wildhopfen); außerdem gab es schon gegen Ende des 9. Jahrhunderts am Freisinger Bischofssitz humlonaria ("Hopfengärten"). Statt Hopfen wurden im Mittelalter dem (Grut-) Bier Gagel, Beifuß, Schafgarbe oder Heidekraut, auch halluzinogenes Bilsenkraut als Bestandteile beigemischt. Ein Anstieg der Bevölkerungszahlen und die Ausformung des mittelalterlichen Städtewesens prägten das 11. bis 13. Jahrhundert. Über Brau- und Schankrechte ("Braugerechtigkeit" [materia cervise, Grut] ursprünglich ein Regal der deutschen Herrscher?) verfügten geistliche und weltliche Große (Äbte, Bischöfe, Fürsten); Getreide, Malz und (Grut-, Hopfen-) Bier waren wichtige bäuerliche Abgaben für den Grundherrn ("Kölner Hofdienst" [1153] des Kölner Erzbischofs als Verzeichnis von täglichen Bierzuteilungen); Klöster besaßen verstärkt eigene Brauhäuser und boten Bier etwa auf städtischen Märkten an. Umgekehrt gehörte das Brauen von Bier - als Teil der Nahrungsmittelzubereitung für den Eigenbedarf (auch bei Festen [Ernte-, Hochzeitsbier]) - zu jedem mittelalterlichen Haushalt; die Bürger einer Stadt konnten mitunter eigengebrautes Bier verkaufen, Städte erwarben vom Stadtherrn Braurechte, Stadträte kontrollierten die Qualität der ausgeschenkten Biere, den Bierhandel und -verkauf. Bier wurde damit auch im städtischen Lebensbereich zu einem Grundnahrungsmittel für die Einwohner. Für das späte Mittelalter sind Streitigkeiten um Herstellung und Verkauf von (Eigen-) Bier innerhalb von Städten oder zwischen Städten (Bannmeilen und "Bierausfälle", Breslauer Bierkrieg 1380/82) bezeugt. Im 14./15. Jahrhundert setzte sich das Hopfenbier gegenüber den Grutbieren weitgehend durch; Hopfen konnte gut angebaut und gezüchtet werden, der geerntete Hopfen war als nunmehr wichtigste Bierwürze Mittelpunkt eines lukrativen Handels (verschiedene Sorten von Hopfen, Hopfenmärkte, Hopfenmesser [zur Kontrolle des gehandelten Hopfens]), Hopfenbiere waren billiger in der Herstellung, konnten in größerer Mengen bei gleich bleibender Qualität produziert werden und blieben länger haltbar, was den Handel mit Bier Vorschub leistete, etwa im Bereich der Hansestädte (Exportbiere, Hamburg als "Brauhaus der Hanse") beim "Lübecker Bier" oder (inländisch gehandelten) "Einbecker Bier". Die Verwendung von Hopfen führte auch zur Verwendung von Gerste als (alleiniger) Getreideart für das Brauen von Bier. Alles in allem stieg im späten Mittelalter die Nachfrage und das Angebot an Bier. Der Sicherstellung hochqualitativer Biere diente schließlich das bayerische Reinheitsgebot vom 24. April 1516, das Gerste, Hopfen und Wasser für das Brauen vorschrieb und dabei die Rechte des bayerischen Herzogs als Territorialherrn und der brauberechtigten Obrigkeiten wie Adel, Städte oder Klöster betonte (Besteuerung [Bierakzise, "Biergeld" als wichtige Einnahmequelle mittelalterlicher Städte] und Kontrolle der Rohstoffe, des Brauens und des Bierverkaufs). IV. Mit der europäischen Expansion in der frühen Neuzeit lernten Entdeckungsreisende und Eroberer die Rolle von Bier und alkoholischen Getränken in außereuropäischen Kulturen kennen (Ostasien: chinesischer Reiswein; Mittel- und Südamerika: Pulque der Azteken, Balché der Maya, Maisbier der Inka). Die Kommerzialisierung und Professionalisierung des europäischen Brauwesens, die im Mittelalter begonnen hatte, setzte sich auch in der frühen Neuzeit fort, so dass sich mit der Globalisierung des europäischen Handels letztlich auch die europäische Art des Bierbrauens weltweit überwiegend durchsetzen sollte. Im Europa des 14. bis 18. Jahrhunderts lassen sich neue Brautechnologien ausmachen, die unter Verwendung von (Darr-, Luft-) Malz (mit Bestandteilen von Weizen), von gekochtem Hopfen (abhängig von Menge und Qualität) und Hefe (bei Zurücktreten der Milchsäurebakterien) und von (zunehmend größer werdenden) Kupferkesseln oder -pfannen etwa die Herstellung von untergärigem Rot-/Schwarzbier oder obergärigem Weißbier ermöglichten, auch die von (meist untergärigem, fränkischem) Keller-/Lagerbier (als "Sommerbier", im Gegensatz zum im Winter gebrauten Bier). Im 15. und 16. Jahrhundert entstanden in den Städten - in wirtschaftlichen Konzentrationsprozessen - bürgerliche Brauereien, die auf gutes Brauwasser (Brunnen) angewiesen waren, von denen umgekehrt auch Brandgefahren ausgehen konnten (Feuerschutzordnungen; Holz und Torf als Brennmaterial). Die Bierbrauer (Braumeister) waren im römisch-deutschen Reich eingebunden in die städtisch-landesherrschaftlichen Vorgaben und Bestimmungen der Obrigkeiten (Organisation in Zünften, Gilden, Ämtern, Innungen oder Bruderschaften; zeitweise Brauverbote [im Sommer, wegen Getreidemangels] u.a.); Zuwiderhandlungen etwa durch die Verwendung von Bilsenkraut oder "indianischer Substanzen" konnten einen Bierproduzenten durchaus in das Umfeld von frühneuzeitlichem Hexenglauben und -verfolgung (Brauhexen) bringen. Im 15. und 16. Jahrhundert stieg der Bierverbrauch im Allgemeinen an, während der Konsum z.B. einfacher Landweine weiter zurückging; an neuen Biersorten kamen auf das sehr erfolgreiche Hannoveraner "Broyhan", die Braunschweiger "Mumme", die Goslarer "Gose", regional-städtische Biere wie das Bamberger Bier gelangten in einem größeren geografischen Umfeld in den Verkauf. Das Brauen von Bier fand auch im Buchdruck seinen Niederschlag (Heinrich Knaust, Fünff Bücher Von der Göttlichen und Edlen Gabe der Philosophischen, hochthewren und wunderbaren Kunst, Bier zu brauen, 1575). Ab der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts geriet das Braugewerbe wirtschaftlich unter Druck; gestiegene Getreidepreise machten die Bierherstellung teurer, während die Kosten kaum an die Verbraucher weitergegeben werden konnten (Herabsetzung der Stammwürze, Verdünnung der Vollbiere, Verwendung von Kofent [Dünnbier]), der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) mit seinen Verheerungen tat ein Übrige. Im 18. Jahrhundert - im Zeitalter der Aufklärung und des Pietismus - musste sich das Bier bei der Oberschicht und den bürgerlichen Mittelschichten gegen den aufkommenden Kaffee und Tee behaupten, die Unterschicht, für die Bier (Bier, Biersuppen) bis dahin eine wichtige (kalorienreiche) Ernährung bildete, wechselten zu Kartoffeln, Gemüse. und Branntwein, was billiger war. V. Dem Niedergang des Braugewerbes in Deutschland (und auf dem Kontinent) stand am Beginn des 19. Jahrhunderts eine florierende englische Brauindustrie gegenüber, die - nach dem Übergang zum Hopfenbier im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts - nach neuen Verfahren (Heizen mit Koks, Einsatz von Thermometern, Messung des Extrakts) in großem Maßstab Porter (Stout, als dunkles obergäriges Lagerbier) produzierte und auch nach Mitteleuropa exportierte. Die industrielle Herstellung von Bier verbreitete sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts auch in Kontinentaleuropa (Münchner Spatenbräu, Schechater Brauerei, Berliner Wagnerbrauerei, Dortmunder Thierbrauerei); große Mengen von Lagerbier benötigten dabei zur Kühlung große Mengen von Eis, die Kompressionseismaschine kam ab 1875 auf; Mälzereien und Brauereien wurden zudem zu getrennten Produktionsbetrieben, auch der Mälzungsprozess wurde modernisiert ("pneumatische Mälzerei", Keimtrommel, Kastenmälzerei); mikrobiologisch gezüchtete reine Hefe kam ab 1883 zum Einsatz (Lebensmittelchemie, Hygiene). Den entstehenden industriellen Großbrauereien mit ihrer Arbeiterschaft ("soziale Frage") entsprachen große Herstellungsmengen von Bier (Dortmunder, Münchner, Pils), die in Mitteleuropa unter den politisch-wirtschaftlichen Bedingungen von Deutschem Bund (1815-1866) und deutschem Kaiserreich (1870/71-1918) gehandelt werden konnten (Norddeutscher Zollverein 1834, Münchner Währungsvertrag 1837, Deutscher Brauer-Bund 1871, deutsches Reinheitsgebot 1871, 1906, 1919, 1952). Das 20./21. Jahrhundert sah und sieht einerseits die Bierherstellung für einen globalisierten, weltweiten Markt europäischer und nordamerikanischer ("Einheits"-) Biere (American Lager) international tätiger Brauereikonzerne (Anheuser-Busch-InBev, Budweiser, Carlsberg, Heineken, Tsingtao u.a.), andererseits vielgestaltige Craft Beer-Sorten in Skandinavien und den Vereinigten Staaten von Amerika. [Es fehlt ein Literaturverzeichnis.] [Buhlmann, 07.2023]

Meuthen, Erich (1958), Die letzten Jahre des Nikolaus von Kues. Biographische Untersuchungen nach neuen Quellen (= Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NRW 3), Köln-Opladen 1958 > N Nikolaus von Kues

Meuthen, Erich (1961), Nikolaus von Kues in Aachen, in: ZAGV 73 (1961), S.5-23 > N Nikolaus von Kues

Meuthen, Erich (1964), Nikolaus von Kues (1401-1464). Skizze einer Biographie (= BCG Sb), Münster 71992 > N Nikolaus von Kues

Meuthen, Erich (1964), Das Trierer Schisma von 1430 auf dem Basler Konzil (= BCG 1), Münster 1964 > N Nikolaus von Kues

Mexikanische Geschichte: I. Im zum heutigen mexikanischen Staatsgebiet gehörenden geografischen Raum entwickelnden sich altamerikanische Kulturen wie die der Olmeken (1500-500 v.Chr.), postolmekische Kulturen, die klassische Kultur von Teotihuacan (2.-6. Jahrhundert n.Chr.), die Kulturen von Teotihuacans Peripherie, die der klassische-nachklassischen Maya (3. Jahrhundert v.Chr.-10. Jahrhundert n.Chr.), die der Tolteken, Mixteken und Zapoteken (11.-13. Jahrhundert), die der Azteken (Mexika) (13.-16. Jahrhundert). II. Die Eroberung Mexikos durch die Spanier (1520/24) beendete faktisch die Existenz der altamerikanischen Kulturen. An ihre Stelle trat eine mehrere Jahrhunderte überdauernde spanische Kolonialherrschaft (1521/35-1821); Mittelamerika war Teil des Vizekönigreichs Neuspanien, das auf koloniale Ausbeutung von Menschen und Ressourcen beruhte. Mit der 1811/21 gegen Spanien erkämpften Unabhängigkeit (Vertrag von Córdoba 1821) änderte sich innenpolitisch aber zuächst wenig, insbesondere dauerte es, bis die politischen Strukturen von Mexiko (als Monarchie und Republik) so weit aufgebaut waren, um den Land Stabilität zu geben. Die weitere Verschlechterung der Lebensverhältnisse eines Großteils der Bevölkerung (Mestizen, Indios) unter der Diktatur des Generals Porfirio Díaz (1876-1910) führte schließlich zur mexikanischen Revolution (1910/17), die mit verlustreichen Bürgerkriegen einherging (Venustiano Carranza, Francesco Madera, Pancho Villa, Emiliano Zapata). Folgen der Revolution waren die Etablierung der "Partei der institutionalisierten Revolution" (PRI, 1929) als Staatspartei und eines durch "Präsidentialismus" bestimmten republikanischen Systems. Auch die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts sah soziale Unruhen (Massaker im Zusammenhang mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele 1968; Indio-Aufstand in Chiapas 1994/95 und später; Drogenkriege). Heute ist Mexiko eine föderale Republik ("Vereinigte Mexikanische Staaten") mit rund 125 Millionen Einwohnern.
Zu Mexiko s.: Heck, Gerhard, Wöbcke, Manfred (1987), Mexiko (= DuMont Richtig reisen), Köln 42001, 416 S., Farbabbildungen, Fotos, Pläne, Karten, DM 39,80; Helfritz, Hans (1980), Mexiko. Ein Reisebegleiter zu den Götterburgen und Kolonialbauten Mexikos (= DuMont Kunst-Reiseführer), Köln 61989, 283 S., Farbabbildungen, Fotos, Pläne, Karten, DM 42,-; Schmitt, Hans-Jürgen (1991), Mexiko (= dtv merian reiseführer = dtv 3753), München 1991, 334 S., Farbabbildungen, Fotos, Pläne, Karten, DM 29,80. [Buhlmann, 08.1991, 06.2020]

Meyer, Christoph (2006), Herbert Wehner. Biographie (= dtv 24551), München 22006 > F Faulenbach, Geschichte der SPD

Meyer, Conrad Ferdinand, Schweizer Schriftsteller: Conrad Ferdinand Meyer (*1825 in Zürich, †1898 in Kilchberg) entstammte einer Züricher Patrizierfamilie, die ihm auch nach dem Tod von Vater und Mutter ein Leben in wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen ermöglichte. Meyer, der unter Depressionen litt (Aufenthalte in der Psychiatrie), konnte daher seinen literarischen Interessen (französische, deutsche Literatur) nachgehen. Als Autor von Novellen, Romanen und Gedichten trat Meyer ab dem Jahr 1872 hervor. Meyers literarischer Stil war "knapp und gedrängt", die Hauptpersonen seiner "historischen" Erzählungen verortete er mitunter ins Umfeld berühmter Persönlichkeiten der Geschichte. U.a. zeichnet Conrad Ferdinand Meyer als Autor von: Meyer, Conrad Ferdinand (1873), Das Amulett. Novelle (= RUB 6943), Nachdruck Stuttgart 1960, 78 S., DM 0,65, Nachdruck Stuttgart 1971, 79 S., DM 1,10, Nachdruck Stuttgart 1976, 79 S., DM 1,60; Meyer, Conrad Ferdinand (1878), Der Schuß von der Kanzel. Novelle (= RUB 6944), Nachdruck Stuttgart 1973, 61 S., DM 1,30; Meyer, Conrad Ferdinand (1884), Die Hochzeit des Mönchs. Novelle (= Hamburger Leseheft 121), Hamburg o.J., 72 S., DM N.N. [Buhlmann, 09.2023]

Meyer, Eduard (1906), Die Israeliten und ihre Nachbarstämme. Alttestamentliche Untersuchungen, Nachdruck Darmstadt 1967 > J Jüdische Geschichte, 10. Jahrhundert v.Chr.-3. Jahrhundert n.Chr.

Meyer, Eduard (1910/31), Geschichte des Altertums, hg. v. Hans Erich Stier: Bd.I,1: Einleitung, Elemente der Anthropologie, Darmstadt 1981, XVI, 252 S., Bd.I,2: Die ältesten geschichtlichen Völker und Kulturen bis zum 16. Jahrhundert, Darmstadt 1981, 1090 S., Bd.II,1: Die Zeit der ägyptischen Großmacht, Darmstadt 1981, XIII, 620 S., Bd.II,2: Der Orient vom zwölften bis zur Mitte des achten Jahrhunderts, Darmstadt 1981, X, 460 S., Bd.III: Der Ausgang der altorientalischen Geschichte und der Aufstieg des Abendlandes bis zu den Perserkriegen, Darmstadt 1981, XIX, 787 S., Bd.IV,1: Das Perserreich und die Griechen bis zum Vorabend des Peloponnesischen Krieges, Darmstadt 1981, XVIII, 905 S., Bd.IV,2: Der Ausgang der griechischen Geschichte, Darmstadt 1981, 366 S., Bd.V: Das Perserreich und die Griechen, Darmstadt 1981, XV, 595 S., zus. DM 198,-. Die altorientalischen Zivilisationen sind die Kulturen, Stadtstaaten und Reiche der Ägypter (Altes, Mittleres, Neues Reich), der Sumerer, Akkader, der 3. Dynastie von Ur, des altbabylonischen Reiches, der Hethiter und Kassiten, von Mitanni, der Assyrer und des neubabylonischen Reiches, der biblischen Staaten (Israel, Juda) sowie des Perserreiches. In vielfältigen Beziehungen zum Alten Orient, insbesondere zum Perserreich, stand die archaische, klassische und vorhellenistische Kultur Griechenlands. [Buhlmann, 1983]

Meyer, Heinz (2000), Die Enzyklopädie des Bartholomäus Anglicus. Untersuchungen zur Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte von 'De proprietatibus rerum' (= MMS 77), München 2000, 523 S., Schwarzweißabbildungen, € 10,50. I. Der Franziskanermönch Bartholomäus Anglicus (†v.1270?), "aus England stammend", aber seit 1231 Lehrer am franziskanischen studium (generale) in Magdeburg, tritt überlieferungsgeschichtlich kaum in Erscheinung. Von daher kann die Entstehung des lateinisch verfassten Hauptwerks des Bartholomäus, von De proprietatibus rerum, nur ungefähr auf die Zeit um 1230/40 datiert werden. Mit De proprietatibus rerum schrieb Bartholomäus eine Enzyklopädie der "Dinge", die sich als compilatio vom Autor verwendeter Quellen (Aristoteles und andere antike Philosophen; Isidor, Etymologien; kirchliche Schriftsteller; Plinius, Naturgeschichte; arabische Autoren) und als Bibliotheksersatz in erster Linie an Franziskaner und Angehörige anderer Orden wandte. Erörtert werden in der 19 Bücher umfassenden Enzyklopädie in Anlehnung an Bibelexegese mit ihrer auf Gotteserkenntnis abzielenden propagierten Zeichenhaftigkeit der körperlich-sichtbaren Dinge und auf der Grundlage durchaus traditioneller Werkkonzepte und -anlagen (Gliederungsentwurf im Vorwort): [Unkörperliche Welt:] Buch I: Gott, Gottesnatur; II: Engel; III: psychisch-seelische Konstituton des Menschen; [Körperlichkeit des Menschen:] IV: Temperamente; V: Körperteile; VI: Lebensalter, Geschlecht, Ernährung; VII: Krankheit, Medizin; [Natur:] VIII: Himmelskörper; IX: Gestirne, Zeit; X: Elemente, Feuer; XI: Luft, Wetter; XII: Vögel; XIII: Wasser, Gewässer, Fische; XIV: Erde, Landschaften; XV: Länder, Provinzen; XVI: Mineralien, Metalle, Edelsteine; XVII: Pflanzen; XVIII: Landtiere; [Anhang:] XIX: Akzidentien der Dinge, Quadrivium. II. Für ein Werk des 13. Jahrhunderts erlebte De proprietatibus rerum außergewöhnlich eine annähernd vier Jahrhunderte umfassende Überlieferung, die neben gerade im 14. Jahrhundert angefertigten lateinischen Abschriften der Originalfassung (zu Zwecken von geistlichen Ordensstudien) auch volkssprachliche (französische [Übersetzung des Hofkaplans Jean Corbechon, illustrierte Handschriften], englische, provenzalische, italienische, spanische, deutsche, niederländische) Übersetzungen (für [adlige] Laien) und schließlich gedruckte Ausgaben (zwischen 1470 und 1609) sah. Dabei erstreckte sich der Gebrauch der Enzklopädie auf das gesamte christliche Europa, das Werk war nicht nur bei Franziskanern, sondern auch Dominkanern und Benediktinern gleichermaßen verbreitet. De proprietatibus rerum wurde auf verschiedene Art und Weise benutzt; an Gebrauchsfunktionen können festgemacht werden: die Benutzbarkeit des Werks für die allegorisch-exegetische Erschließung der Dinge, z.B. für die Predigt; das Werk als enzyklopädisches Universal- und Handbuch u.a. zur Darstellung des göttlichen ordo; das Werk als Nachschlagewerk mit Orientierungshilfen (Inhaltsverzeichnisse, Marginalien, Register); Teilüberlieferungen, aber auch textliche Ergänzungen der Enzyklopädie z.B. hin zu einem naturkundlichen Fachbuch. > Lateinische Literatur > B Bartholomäus Anglicus [Buhlmann, 07.2022]

Meyer, Martin (1990), Ernst Jünger (= dtv 4613), München 1993 > J Jünger, Ernst

Meyer, Rudolf W. (Hg.) (1969), Das Problem des Fortschritts - heute, Darmstadt 1969 > F Fortschritt

Meyer, Wilhelm (1910), Die Welt der Planeten (= Kosmos), Stuttgart 1910 > A Astronomie

Meyer-Gebel, Marlene (1987), Zur annalistischen Arbeitsweise Hinkmars von Reims, in: Francia 15 (1987), S.75-108. Hinkmar von Reims von Reims war Erzbischof von Reims (845-882) und ein Protagonist der Politik westfränkischer Könige im zerfallen(d)en Karolingerreich Karls des Großen (768-814) und Ludwigs des Frommen (814-840). Vor dem Hintergrund Hinkmars als Kirchenmann und Politiker verfasste der Reimser Erzbischof die Annales Bertiniani (Kloster St. Bertin in St. Omer) als "offiziöse westfränkische Reichsannalen" für die Jahre 861 bis 882; die Annalen selbst setzen mit dem Jahr 830 ein und sind (bis 835) eine Fortsetzung der Annales regni Francorum ("Reichsannnalen") und wurden dann von Bischof Prudentius von Troyes (843-861) erarbeitet (835-861). Hinkmars durchaus interessegeleitete Arbeitsweise an den Annales Bertiniani ist geprägt von: Passagen, die an "Tagebucheintragungen" erinnern und die in zeitlicher Nähe zu den Ereignissen verfasst wurden; Passagen, die sich durch einen großen zeitlichen Abstand (bis zu einem Jahr) zwischen Ereignis und Annaleneintrag (besonders ab 875) auszeichnen; der Verwendung von zitierten Texten und Briefen in zusammenhängenden größeren Textpassagen; dem chronologischen Auseinandertreten zwischen der in den Annalen behaupteten zeitlichen Reihung von historischen Geschehnissen und der Abfolge, wie die Nachrichten über die Geschehnisse Hinkmar erreichten; der durchaus variierenden Bewertung historischer Ereignisse (Normanneneinfälle in die Reiche der Franken, Eheangelegenheiten König Lothars II., Teilung Lothringens, Kaisertum Karls II., militärisches Eindringen von Herrschern eines Teilreiches in ein anderes, Adel und Königtum usw.) und der daran beteiligten Personen (karolingische Herrscher des West-, Mittel- und Ostreiches) bei mehr ausgeglichener Wertung von Personen in Annalen-Passagen, die mit größerem zeitlichen Abstand niedergeschrieben wurden. [Buhlmann, 05.2023]

Meyer-Zwiffelhoffer, Eckard (2009), Imperium Romanum. Geschichte der römischen Provinzen (= BSR 2467), München 2009 > W Wesch-Klein, Provinzen

Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden (1981), Bd.1: A-Ang, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.2: Anh-Bahn, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.3: Bahr-Box, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.4: Boy-Conc, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.5: Cone-Dun, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.6: Duo-Fd, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.7: Fe-Gurs, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.8: Gurt-Grie, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.9: Grie-He, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.10: He-Iz, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.11: J-Klas, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.12: Klas-Las, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.13: Lat-Mand, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.14: Mane-Moni, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.15: Monk-Nov, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.16: Nov-Pers, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.17: Pers-Pup, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.18: Pur-Rt, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.19: Ru-Schw, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.20: Schw-Spin, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.21: Spin-Teb, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.22: Tec-Uns, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.23: Unt-Wal, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Bd.24: Wan-Zz, Mannheim-Zürich-Wien 1983, 360 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Tabellen, Karten, zus. DM N.N. Selbst im "postmodernen" Zeitalter von Internet und wikipedia ist für den Historiker ein allgemein bildendes Lexikon von Nutzen, tangiert Geschichte doch jede Ausformung menschlicher Kultur und betrifft daher auch die Bereiche der Geografie und Geologie, aller Naturwissenschaften, der Medizin und Psychologie, aller Geistes- und Sozialwissenschaften, u.a. der Philosophie und Soziologie. [Buhlmann, 01.2024]

Meyers Handbuch über das Weltall, hg. v. Sebastian von Hoerner u. Karl Schaifers (1960), Mannheim 1960 > U Universum

MGH = Monumenta Germaniae Historica

MHF = Münstersche Historische Forschungen

Mi

Michaelis, Herbert, Hubatsch, Walter, Ruge, Friedrich, Dahms, Hellmuth Günther, Ruge, Friedrich, Schraepler, Ernst (1968), Der 2. Weltkrieg. Bilder, Daten, Dokumente, München 1983 > Z Zweiter Weltkrieg

Michel, Volker (2001), "Ich komme auch vom Lande, und bin ganz froh darum". Thomas Strittmatter und St. Georgen im Schwarzwald (= Spuren, Nr.56), Marbach a.N. 2001 > S Strittmatter, Thomas

Michels, Mechthild (2005), Katholische Pfarrkirche St. Martin Riegel, Lindenberg 2005 > R Riegel

Michels, Volker (Hg.), Über Hans Carossa (= st 497), Frankfurt a.M. 1979 > C Carossa, Hans

Miedema, Nine Robijntje (2001), Die römischen Kirchen im Spätmittelalter nach den 'Indulgentiae ecclesiarum urbis Romae' (= BDHIR 97), Tübingen 2001, VIII, 897 S., Karte, € 16,95. I. Die Indulgentiae ecclesiarum urbis Romae sind ein spätmittelalterlicher Pilgerführer zu den Kirchen in Rom und bieten zudem Auskünfte über die zu erwerbenden Ablässe. Ursprünglich - seit dem 12. Jahrhundert - in Latein verfasst, gab es bis zum 16. Jahrhundert zahlreiche volkssprachliche Übersetzungen, u.a. in Deutsch, seit 1470er-Jahren lagen die Indulgentiae auf Latein, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch auch gedruckt vor (Unterschiede zwischen den vereinheitlichenden Druckfassungen und der handschriftlichen Überlieferung). Eine Ergänzung der Indulgentiae sind die mit diesen zusammen überlieferten Stationes ecclesiarum urbis Romae, ein Verzeichnis der römischen Stationskirchen nach dem Kalender- bzw. Kirchenjahr. Mischformen zwischen Indulgentiae und Stationes lassen sich seit dem späten Mittelalter nachweisen. Weiter schlossen die Mirabilia Romae vel potius Historia et descriptio urbis Romae, die ungefähr seit 1475 zunächst auf Deutsch, dann auch auf Latein (als Inkunabeln) gedruckt wurden, die Indulgentiae und die Stationes mit ein, ergänzt um eine Chronik römischer Könige und Kaiser. II. Die Indulgentiae listen auf: die römischen Hauptkirchen S. Crucis, S. Johannis in Laterano, S. Laurentii extra Muros, S. Mariae Maioris, S. Pauli extra Muros, S. Petri in Vaticano, S. Sebastiani, die römischen Nebenkirchen, auch Titelkirchen S. Apollinaris, S. Caeciliae, S. Chrysogoni, S. Clementis, Ss. Quattuor Coronatorum, Ss. Cosmae et Damiani, S. Eustachii, S. Georgii (al Velabro),Ss. Johannis et Jacobi, S. Laurentii in Carcere, S. Laurentii in Damaso, S. Marcelli, S. Marci, S. Mariae Rotundae (Pantheon), S. Mariae ad Scolam Graecam (in Cosmedin), S. Petri in Vinculis, Ss. Philippi et Jacobi, S. Stephani in Coelio Monte (Rotondo), S. Susannae. > Lateinische Literatur > I Indulgentiae ecclesiarum urbis Romae, M Mirabilia Romae vel potius Historia et descriptio urbis Romae, S Stationes ecclesiarum urbis Romae [Buhlmann, 07.2015]

Miedema, Nine R[obijntje] (2011), Einführung in das "Nibelungenlied" (= Einführungen Germanistik), Darmstadt 2011 > N Nibelungenlied

Miegel, Annekathrin (2014), Kooperation, Vernetzung, Erneuerung. Das benediktinische Verbrüderungs- und Memorialwesen vom 12. bis 15. Jahrhundert (= SSWLK 74), Ostfildern 2014, 270 S., Schwarzweißabbildung, Karten, Tabelle der Verbrüderungen, € 39,-. Die umfangreichen geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Benediktinerklöstern im hohen und späten Mittelalter (12.-15. Jahrhundert) im süddeutschen Raum machen Kooperation, Vernetzung und Erneuerung im Umfeld des (nur in Einzelklöster organisierten) benediktinischen Mönchtums greifbar. Beispielhaft können dazu die Beziehungen der Klöster Hirsau, St. Emmeran (Regensburg), Prüfening, Heilig Kreuz (Donauwörth), Mönchsdeggingen, St. Ulrich und Afra (Augsburg), Wiblingen, Elchingen, Irsee herangezogen werden. Dabei resultierten Kooperation, Vernetzung und Erneuerung vielfach aus den benediktinischen Reformbewegungen des hohen (gregorianische Kirchenreform) und des späten Mittelalters (Kastler, Melker, Bursfelder Reform). Es entstanden auch dadurch vornehmlich "lose gefügte Verbrüderungs- und Memorialnetze", die etwa dem (einmaligen) Gedenken verstorbener Mönche und Äbte an anderen Klösteren dienten (Individual- versus Pauschalgedenken), aber als (rudimentäre) Vorstufe von Klosterverbänden von den im hohen Mittelalter sich entwickelnden Mönchsorden (etwa der Zisterzienser oder der Bettelorden) mit deren Institutionalisierung und Hierarchisierung (rechtlich) weit entfernt waren (<-> Cluniacensis ecclesia). Nach einer Blütezeit im hohen Mittelalter kam es gegen Ende des 13. Jahrhunderts im benediktischen Mönchtum zu einer Erneuerung der Aktivitäten auf dem Gebiet der Verbrüderung (fraternitas) und des Gebetsgedenkens (Totengedenken, memoria), die durch die Reformbewegungen des 15. Jahrhunderts noch verstärkt wurden ("Aktivierung von Verbrüderungsbeziehungen"). Die Verbrüderungen (als "umfassende Bruderschaft") waren weit von einem "rechtlichen Zusammenschluss" von Klöstern entfernt, bildeten aber die wichtigste Grundlage im Beziehungsgeflecht zwischen den Mönchsgemeinschaften, wobei sich zwei Partnerklöster durch individuell ausgestaltete, flexible Verbrüderungsverträge miteinander verbanden. Diese enthielten wesentlich: die Teilhabe des einen an den guten Werken des anderen Klosters, das gemeinsame Gebetsgedenken, die Modalitäten der Versorgung von Mönchen des einen im anderen Kloster. Ein Kloster verband sich exklusiv mit einem ausgewählten anderen Kloster, wenn dieses etwa durch Ansehen oder als Reformzentrum unter den Klöstern des Benediktinertums hervorstach. Das Netzwerk der durch Verbrüderung verbundenen Klöster war Teil des damaligen viel umfangreicheren kirchlichen Netzwerks (Klöster und Bischöfe, Papsttum und Kirche als zentrale Organe spätmittelalterlicher Kirche), es entstand auch auf Grund eines kooperativen Handelns, das soziales Ansehen für die Klöster (bei Ausschaltung von Hierarchien) versprach. [Buhlmann, 01.2018]

Miegel, Meinhard (2002), Die deformierte Gesellschaft. Wie die Deutschen ihre Wirklichkeit verdrängen, [Nachdruck] Berlin-München 2003 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Mieth, Dietmar (2004), Meister Eckhart. Mystik und Lebenskunst, Düsseldorf 2004 > E Eckhart

Mika, Bascha (1998), Alice Schwarzer. Eine kritische Biographie (= rororo 60778), Reinbek b.H. 1999 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Militzer, Klaus (1968), Die Deutschordenskommende zu Giengen, in: ZWLG 27 (1968), S.31-38. Vom endenden 13. bis zum endenden 14. Jahrhundert sind für Giengen Komture des Deutschen Ordens nachweisbar, die die Annahme einer selbstständigen Giengener Deutschordenskommende wahrscheinlich machen. Initiator der Kommende war wohl ein Friedrich von Giengen, Komtur von Ulm (1268?, 1270, 1284), der die Giengener Kommende mit Besitz ausstattete und von Ulm aus gründete. Seit 1286 sind hier Komture bezeugt (Albert [1286], Ulrich von Kammlach [1293-1299], Herbort [1309-1320], Erkinger von Stetten [1340], Herold von Ohrn [1345/46, 1350]), Heinrich der Kittler [1352], Walter von Kaltental [1391], Johann von Venningen [1396]), Besitzungen sowohl der Ulmer als auch der Giengener Kommende befanden sich im 13./14. Jahrhundert in Gemengelage, die Kommende Giengen muss noch mindestens bis in die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts Bestand gehabt haben. Mit der zeitlich nicht bestimmbaren Auflösung/Umwandlung der Kommende gelangte deren Grundbesitz (Güterverzeichnis von 1391) teilweise an die Ulmer Kommende (Besitz in Landshausen, Deisenhofen, Mörslingen u.a.), der Großteil der Güter indes an die Deutschordenskommende Kapfenburg (bezeugt ab 1379; Übergang der Güter in Fleinheim [1434] und Ballhausen [1435], Vogtei Zöschingen); Walter von Kaltental war Komtur sowohl von Karpfenburg als auch von Giengen, und das mag auch für seine Nachfolger gegolten haben. Irgendwann zwischen dem endenden 15. und endenden 16. Jahrhundert muss die Giengener Kommende in die Karpfenburger Vogtei Zöschingen umgewandelt worden sein. > D Deutscher Orden [Buhlmann, 06.2013]

Militzer, Klaus (2005), Die Geschichte des Deutschen Ordens, Stuttgart 2005 > D Deutscher Orden

Militzer, Klaus (2012), Fragment eines Kopialbuchs des Ursulastifts, in: AHVN 215 (2012), S.1-16 > Lateinische Literatur > D Deutschordenszentralarchiv, Varia 37

Militzer, Klaus (2014), Die Fehde des Deutschen Ordens mit den Lievendaels, in: AHVN 217 (2014), S.1-17. Die Lievendaels waren eine spätmittelalterliche Adelsfamilie, die sich nach ihrem Ansitz Lievendael (bei Wevelinghoven) nannten, einem Offenhaus des Kölner Erzstifts (1370/95). Verwandt waren die Lievendaels mit den Wyden und Ousheim, Verbindungen der drei Familien zum Deutschen Orden bestanden. Katharina von der Wyden war nacheinander mit Heinrich von Ousheim und Gerhard dem Älteren von Lievendael verheiratet; aus den zwei Eheen entstammten der Deutschordensbruder Heinrich von Ousheim und die Geschwister Gerhard der Jüngere, Reinhard und Rutger von Lievendael. Als Katharina im Jahr 1424 brachen Erbstreitigkeiten aus und in der deren Folge eine langdauernde Fehde zwischen den Lievendaels auf der einen und dem Deutschen Orden auf der anderen Seite (Fehdeansage von 50 Herren an den Deutschen Orden 1425, Fehdeansage der Lievendaels 1425, Verhandlungen mit dem Kölner Erzbischof und Schiedsgerichtsverfahren 1425, Schiedsgerichtsverfahren der Lievendael-Brüder 1425, Fehdefortsetzung 1425/26, weitere Verhandlungen 1426, Fehdefortsetzung u.a. Johann Lievendaels [des Sohns Gerhards des Jüngeren] 1426-1446, Schiedsgerichtsverfahren des Kölner Erzbischofs und Schiedssspruch des Jungherzogs Ruprecht von Jülich-Berg von Kaster [Transfix vom 30. Dezember 1447] 1447, Beiliegung der Fehde). In Fehden mit Adelsfamilien war der Deutsche Orden insofern benachteiligt, als dass er von sich natürlich keine Christen angreifen und schädigen konnte. Insofern setzte der Orden immer wieder auf die im Spätmittelalter so verbreitete Schiedsgerichtsbarkeit. > D Deutscher Orden [Buhlmann, 01.2017]

Militzer, Klaus (2016), Testament und Inventar des Priesters Hermann Moelner von Kirspenich an der Pfarrkirche von Elsen, in: AHVN 219 (2016), S.103-116 > Lateinische Literatur > M Moelner, Hermann

Millard, Alan (1985), Schätze aus biblischer Zeit. Ihre Entdeckungsgeschichte - ihre Bedeutung, Giessen-Basel 41994 > B Bibel

Miller, Arthur, US-amerikanischer Schriftsteller: Arthur Miller (*1915 in New York, †2015 in Roxbury) war ein amerikanischer Schriftsteller und Drehbuchautor. Er studierte in den USA Wirtschaftswissenschaften, Geschichte und Anglistik, arbeitete als Zeitungsredakteur und wurde - auch auf Grund seines Theaterstücks Death of a Salesman (1949) - zu einem bekannten Schriftsteller, der u.a. mit Marilyn Monroe verheiratet war (1956/60). Auch Millers weitere Dramen und Theaterstücke beleuchteten kritisch die Entwicklungen innerhalb der US-amerikanischen Gesellschaft.
Vgl.: Last, Brian W. (1980), Arthur Miller: Death of a Salesman (= York Notes), Beirut-Harlow 91990, 63 S., £ N.N.; Miller, Arthur (1949), Death of a Salesman. Certain private Conversations in two Acts an d a Requiem, hg. v. Karl Gruber (1964) (= Diesterwegs neusprachliche Bibliothek, Nr.4134), Frankfurt a.M. 81974, 117 S., DM 4,80. [Buhlmann, 06.2023, 10.2023]

Miller, Henry, US-amerikanischer Schriftsteller: Henry Miller (*1891 in New York, †1980 in Pacific Palisades), aufgewachsen in Brooklyn in New York, fasste im "wirklichen" Leben kaum Fuß (abgebrochenes Studium, vielfacher Arbeitsplatzwechsel, fünf Heiraten); es zog ihn stattdessen zur Schriftstellerei und zu einem Leben der Bohème (1928/29-1939 in Frankreich und Europa) hin. Mit der Erzählung "Mademoiselle Claude" (1932) erlangte Miller einen gewissen Bekanntheitsgrad, der sich durch weitere Veröffentlichungen von Romanen und Erzählung noch steigerte. Millers Blick galt dabei bevorzugt den sozialen Verhältnissen in den Vereinigten Staaten von Amerika: Moloch or This Gentile World (1927), Crazy Cock (1930), Tropic of Cancer (1934), Tropic of Capricorn (1939), The Air-Conditioned Nightmare (1945), The Smile at the Foot of the Ladder (1948), Sexus (1949), Plexus (1953), Quiet Days in Clichy (1956), Nexus (1960), Joey: a Loving Portrait of Alfred Perlès Together With Some Bizarre Episodes Relating to the Opposite Sex (1979). Auch als Maler wurde Miller bekannt.
Vgl.: Miller, Henry (1945), Der klimatisierte Alptraum (= rororo 11851), Reinbek b.H. 72006, 247 S., € 6,90 (darstellend Millers Reise durch die USA und die sozialen Missstände in den USA am Ende der 1930er-, zu Beginn der 1940er-Jahre); Miller, Henry (1940/56), Stille Tage in Clichy (= rororo 5161), Nachdruck Reinbek b.H. 1990, 139 S., DM 7,80 (enthält: Stille Tage in Clichy, Mara-Marignon); Miller, Henry (1950/72/73), Reise in ein altes Land. Skizzen für meine Freunde (= dtv 1654), München 1981, 106 S., DM 2,50; Miller, Henry (1976), Jugendfreunde. Eine Huldigung an Freunde aus lang vergangenen Zeiten (= rororo 12587), Reinbek b.H. 1990, 153 S., Schwarzweißfotos, DM 7,80 (über Millers Freundschaften zu Stasiu, Joey und Tony, Henry, Jimmy Pasta, Joe O'Reagan, Max Winthrop, Alec Considine). [Buhlmann, 03.-04.2023, 02.2024]

Miller, Konrad (Hg.) (1962), Die Peutingersche Tafel, 1916, Nachdruck Stuttgart 1962, 16 S., Karte, DM 50,-. Die Peutingertafel (tabula Peutingeriana), benannt nach dem Augsburger Humanisten Konrad Peutinger (*1465-†1547), ist die mittelalterliche Nachzeichnung (wohl spätes 12. Jahrhundert) einer spätantiken Reisekarte. Die weitgehend genordete Karte stellt - gemäß ihrer ursprünglichen, auch in der Nachzeichnung beibehaltenen Aufzeichnung auf einer antiken Pergamentrolle (Rotulus von 6,75 m Länge und 0,34 m Höhe) - das Gebiet des römischen Reiches um das Mittelmeer verzerrt dar und führt die wichtigsten Städte und Straßen mit den zugehörigen Entfernungsangeban auf. Sie verortet z.B. die Alamannia, das Siedlungsgebiet der Alemannen, östlich und nördlich von Rhein, Bodensee und Donau, das Siedlungsgebiet der fränkischen Stämme (Franci, Bructuri) jenseits des Niederrheins und gibt damit gut die Situation im 4./5. Jahrhundert wieder. [Buhlmann, 10.2005]

Miller, Matthias (2004), Mit Brief und Revers. Das Lehenswesen Württembergs im Spätmittelalter. Quellen - Funktion - Topographie (= SSWLK 52), Leinfelden-Echterdingen 2004, X, 214 S., 1 CD-ROM, € 25,-. Nach außen hin belegte der Graf von Württemberg in der lehnsrechtlich begründeten Heerschildschildordnung des spätmittelalterlichen deutschen Reiches den 4. Rang, nach seiner Erhebung zum Herzog (1495) gehörte er dem Reichsfürstenstand und damit dem 3. Heerschild an. Dabei besaßen die Grafen seit jeher Lehen des Reiches wie etwa das Herzogtum Teck, die Pfalzgrafschaft Tübingen oder die Grafschaften Württemberg, Neuffen, Calw usw. (passive Lehnsbindungen). Nach innen (aktive Lehnsbindungen: gewere) wirkte das spätmittelalterliche Lehnswesen integrierend in Bezug auf die württembergische Landesherrschaft. Die auf Ritual (Handgang) und Schriftlichkeit ([Lehns-] Brief und Revers) begründete Lehensvergabe (bei Herren- und Mannfall, Lehensmutung innerhalb von Jahr und Tag) band im 14. und 15. Jahrhundert rund 300 bis 500 Vasallen, Ritter und Niederadlige, Geistliche, Bürger und Bauern, an den Grafen (württembergischer Lehnshof). Verliehen wurden Dorfherrschaften, Burgen, Zehntrechte, Höfe und Grundstücke, der Lehnsherr konnte von den Vasallen "Rat und Hilfe" (consilium et auxilium) erwarten, wobei die militärische Bedeutung des Lehnsverbands zu Gunsten des Einsatzes der Vasallen in der Verwaltung immer mehr abnahm. Aus dem Lehnsadel, der Geistlichkeit und der Schicht der Amtsträger entwickelten sich die württembergische Landstände, die im 15. Jahrhundert in finanziellen Angelegenheiten und etwa bei der Landesteilung von 1442 Mitsprache erlangten. [Buhlmann, 10.2006]

Miller, Robert P. (1955), Chaucer's Pardoner, the Scriptural Eunuch, and the Pardoner's Tale, in: Speculum 30 (1955), S.180-199 > C Chaucer, Geoffrey

Miller, Susanne, Potthoff, Heinrich, Kleine Geschichte der SPD. Darstellung und Dokumentation 1848-1980, Bonn 41989 > F Faulenbach, Geschichte der SPD

Milton, John, englischer Dichter und Gelehrter: John Milton (*1609 in London, †1674 in Bunhill) erwarb den Bachelor (1628) und den Master of Arts (1632) an der Cambridger Universität und erlangte schon früh durch seine literarische Studien und Dichtungen (Arcades, Lycidas, L'Allegro, Il Penseroso) Berühmtheit. Es folgten politisch-monarchiekritisch-puritanisch-kirchenkritische Traktate und Streitschriften (Prelatical Episcopacy 1641, Reason of Church 1642, Areopagitica 1644, "Geschichte Englands in der angelsächsischen Epoche" 1645/49, The Tenure of Kings and Magistrates 1649, Defensio pro populo anglicano 1651, The Ready and easy Way to establish a free common Wealth 1660). U.a. zurzeit des Lordprotektorats Oliver Cromwells (1653/58) war Milton Sekretär des Staatsrats (1649/60) und wandte sich politisch gegen die Restauration des englischen Königtums, die dennoch geschah. Politisch nun verfolgt, zog sich der Dichter ins Private zurück. Trotz seiner Erblindung verfasste Milton Paradise Lost (1665/67) als sein bedeutendstes Werk, ein religiöses Werk um die biblische Vertreibung aus dem Paradies. Es folgten noch: Paradise regained (1671), Samson Agonistes (1671), De Doctrina Christiana, an der er bis zu seinem Tod arbeitete.
Zu den Werken Miltons s.: Milton, John (1667), Das verlorene Paradies, übers. und hg. v. Hans Heinrich Meier (1968) (= RUB 2191), Nachdruck Stuttgart 2008, 448 S., € 11,-. [Buhlmann, 03.2023]

Mittler, Mauritius, Studien zur Geschichte der Siegburger Abteibibliothek, Siegburg 1974 > S Siegburger Studien

Mindermann, Arend (2006), Ein karolingischer Missionsstützpunkt in Bardowick-Konende? Neue Thesen zu einer alten Kontroverse um die Frühgeschichte des Bistums Verden, in: JbnsKG 104 (2006), S.9-48. Bardowick (an der Ilmenau) und Verden (an der Aller) waren schon vor dem Sachsenkrieg (772-804) des Frankenkönigs Karl des Großen (768-814) besiedelt, besaßen auch durchaus zentralörtliche Funktionen, wie das Verdener "Strafgericht" des fränkischen Königs über die Sachsen (782) oder auch ein Aufenthalt des Kaisers in Verden bezeugt (810). Anzunehmen ist weiter, dass es in Verden - bevor der Ort Bischofssitz wurde - ein älteres Missionszentrum gegeben hat, das für die Christianisierung des Umlandes zuständig war. Dies ist vielleicht aus Aktivitäten von Mönchen des Odenwälder Klosters Amorbach ab ungefähr 815 zu erschließen. Eventuell waren ja die Amorbacher Mönche schon seit 795/900 in der christlichen Missionierung tätig. Die historische Forschung meint sogar in der spätmittelalterlichen Verdener Überlieferung die Namen von vier dieser Mönche ausfindig gemacht zu haben (Nortila, Leyulo, Rotila, Isenger), die aber doch eher in die Zeit ab 815 zu stellen sind. Bardowick - bzw. Konende, bei (in) Bardowick an einer Stephanskirche (als Missionskirche) gelegen - war vielleicht schon ab 785/87, vielleicht sogar schon ab 779/80 ein Zentrum der Christianisierung von Sachsen im Bardengau, und auch von Slawen östlich der Ilmenau; das Kapitular von Diedenhofen (805) bezeichnet Bardowick als Grenzhandelsplatz zu den Slawen. Die Missionszelle unterstand sehr wahrscheinlich der Bremer Kirche des Missionars Willehad (†789), als Missionare und Heilige erscheinen in legendenhafter Überlieferung ein Marianus und ein Egistius. Ob in Bardowick-Konende in der Zeit Karls des Großen ein Missionsbistum errichtet werden sollte, ist unklar, aber möglich; immerhin hielt sich der Frankenkönig dort in den Jahren 795 und 798 auf. Auf jeden Fall sind eventuelle Pläne aufgegeben worden, als Kaiser Ludwig der Fromme an die Macht kam. Das Missionszentrum Bardowick wurde aufgegeben - und damit auch die Bindung an Bremen -, der Ort und das Umland des Bardengaus wurden zum Bistum Verden geschlagen, dessen Anfänge - als Mainzer Suffraganbistum - somit auf die Zeit 814/15 anzusetzen sind. Rund eine Generation hatte damit die Bardowicker Missionszelle Bestand gehabt. In Verden sind nun Missionsbischöfe bezeugt, die gleichzeitig Äbte des Klosters Amorbach gewesen waren und sich von daher nur zeitweise in Sachsen aufhalten konnten: Spatto (ca.815/16), Tancho (n.815/16-v.829), Harud (v.829-829). Die als Scoti, also Iroschotten bezeichneten Abtbischöfe entfalteten indes wohl keine allzu große missionarische Wirkung innerhalb ihres Verdener Missionssprengels. [Buhlmann, 08.2013]

Minnesang: Innerhalb der höfisch-ritterlichen Kultur des hohen Mittelalters drehte sich der Minnesang als mittelhochdeutsche Liebeslyrik um Liebe und ein doch begrenzten Minnerepertoire wie heimliche Liebe, Fernliebe, Frauendienst oder Minneleid. Aus diesen Voraussetzungen machten Dichter und Autoren wie Albrecht von Johansdorf, Dietmar von Eist, Friedrich von Hausen, Gottfried von Neifen, Hartmann von Aue, Heinrich von Breslau, Heinrich von Morungen, Heinrich von Veldecke, Johannes Hadlaub, der von Kürenberg, Neidhart, Reinmar, Rudolf von Fenis, der Tannhäuser, Ulrich von Lichtenstein, Ulrich von Winterstetten oder Walther von der Vogelweide inhaltlich und formal beeindruckende Lieder, die Rollenlyrik sowie Selbstbezug, literarische Kommunikation und Konkurrenz (zwischen den Dichtersängern), Minne- und Minnesangdiskurs transportierten. Dabei traten auch erzählend-narrativ-szenische Elemente hinzu, etwa bei Tagelied, Pastourelle oder Erzähllied.
An Einführungen in den und Quellen zum Minnesang seien erwähnt: Deutscher Minnesang (1150-1300), Mittelhochdeutsch - Neuhochdeutsch, hg. v. Friedrich Neumann, bearb. v. Kurt Erich Maurer (1981) (= RUB 7857), Stuttgart 1981, 174 S., DM 2,-; Herchert, Gaby (2010), Einführung in den Minnesang (= Einführungen. Germanistik), Darmstadt 2010, 141 S., € 9,90; Minnesang. Mittelhochdeutsche Liebeslieder. Eine Auswahl. Mittelhochdeutsch - Neuhochdeutsch, hg. v. Dorothea Klein (2010) (= RUB 18781), Stuttgart 2010, 576 S., € 16,-. [Buhlmann, 01.2011, 05.2012]

MIÖG = Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

Mirabilia Urbis Romae. Die Wunderwerke der Stadt Rom, hg. u. übers. v. Gerlinde Huber-Rebenich, Martin Wallraff, Katharina Heyden u. Thomas Krönung (2014), Freiburg i.Br. 2014, 176 S., Schwarzweißabbildungen, -fotos, Stadtplan, € 21,95. I. Mirabilia: Der lateinische Text der Mirabilia Urbis Romae, verfasst wohl zwischen 1140 und 1143 von einem unbekannt gebliebenen Autor, steht im Zusammenhang mit der Rückbesinnung auf das antike Rom, die im Rahmen des Aufstiegs des mittelalterlichen Rom im 11. und 12. Jahrhundert sowohl das wiedererstarkende Papsttum als auch die entstehende "Republik" betrieben; hierbei kam dem Ende des Pontifikats Papst Innozenz' II. (1130-1143) eine gewisse Bedeutung zu (Porphyrsarkophag Kaiser Hadrians als Grab des Papstes, Ausrufung der römischen "Republik" auf dem Kapitol 1143). So finden sich die Mirabilia abschriftlich erstmals im Liber politicus des römischen Kanonikers Benedikt (12. Jahrhundert, Mitte). Die Mirabilia sind also entstanden aus dem "Geist der glorifizierenden Erneuerung Roms aus der Antike". Sie sind eine Mischung aus listenartigen Verzeichnissen (antike Regionarien), Städtelob und -beschreibung (indulgentiae, stationes) sowie "Reiseführer". Sie enthalten im Anfangsteil Listen (Stadtmauer, Stadttore, Trumphbögen, Hügel, Thermen, Paläste, Theater, Orte christlichen Martyriums, Brücken, Katakomben), im Mittelteil eine Aneinanderreihung von kurzen historiografischen und legendarischen Erzählungen, festgemacht an der "Kulisse" antiker Bauten und Gegebenheiten (Kirche S. Maria in Aracoeli, Dioskurengruppe des Quirinals, Kolosseum, Reiterstandbild, Pantheon, römische Märtyrer, Kirche S. Pietro in Vincoli, Vatikan, Engelsburg, Marsfeld, Kapitol, Foren, Palatin, Circus maximus, Caelius, Esquilin, Quirinal, Aventin, Forum Boiarium, Trastevere), sowie einen kurzen Schluss, in dem der Verfasser auf das erinnerungswürdige heidnisch-antike Rom verweist. II. Mittelalterliche Topografie Roms: Zwischen Antike und Mittelalter (5./6. Jahrhundert) verwandelte sich Rom unter hohen Bevölkerungsverlusten von der Weltstadt als Haupt(stadt) des römischen Reiches zu einem Ort mit (für das Mittelalter immer noch beträchtlichen) rund 60000 Einwohnern. Die Einwohnerschaft verlor sich folglich im Mauerring der aurelianischen Stadtmauer, viele Bereiche waren unbesiedelt (disabitato). Die mittelalterliche Besiedlung (abitato) war im frühen Mittelalter noch auf die einzelnen Stadtviertel verteilt, konzentrierte sich bis zum 10./11. Jahrhundert aber allein auf die Bereiche entlang des Tiber, vom Marsfeld über das Tiberknie und Trastervere bis zum Rindermarkt (Forum Boiarium) und zum Velabrum. Ablesbar ist diese Entwicklung auch an der zunehmenden Bestattung der Toten innerhalb des Mauerrings bei Aufgabe der Katakomben (8./9. Jahrhundert). Besiedelte Inseln im disabitato waren das Gebiet um die Lateranbasilika, das Kolosseum und S. Maria Maggiore. Besiedelt war außerhalb der römerzeitlichen Ummauerung die Gegend zwischen der Peterskirche des Vatikans und der Engelsburg (Borgo), die unter Papst Leo IV. (847-853) ummauerte civitas Leonina. Bis zum 8. Jahrhundert war das Forum Romanum noch das Zentrum (Rest-) Roms gewesen; die Freiflächen der Foren waren im 9. und 10. Jahrhundert mit Wohnhäusern überbaut, ab dem 11. Jahrhundert der nicht mehr bewohnte Campo Vaccino, eine "Kuhweide". Antike Brücken über den Tiber (bei der Engelsburg, über und südlich der Tiberinsel) verbanden die Stadtteile auf beiden Seiten des Flusses, noch (bis ins Hochmittelalter) funktionierende Aquädukte lieferten Wasser; die antike Infrastruktur war auch im noch teilweise bestehenden römischen Straßensystem erkennbar, während antike Baulichkeiten außer Kirchen (Basiliken, Pantheon), die Engelsburg (Mausoleum Kaiser Hadrians) und dem Marcellustheater (als Befestigungen) kaum weiter genutzt wurden. Stattdessen entstanden auf und in römischen Ruinen Wohnhäuser und Adelstürme (Geschlechtertürme), große Bereiche des disabitato wurden landwirtschaftlich genutzt (Wein-, Obstanbau). Das Kapitol wurde im Rahmen der römischen "Republik" (Senatorenpalast) im 12./13. Jahrhundert dem abitato eingegliedert. > Lateinische Literatur > M Mirabilia Urbis Romae [Buhlmann, 08.2020]

Mirkovic, Miroslava (2007), Moesia Superior. Eine Provinz an der mittleren Donau (= Orbis Provinciarum. Römische Provinzen), Mainz 2007, 127 S., zahlreiche Farbabbildungen, Karten, € 12,95. Die Unterwerfung der Volksstämme der Autariaten, Dardaner, Skordisker oder Triballer nördlich der römischen Provinz Macedonia geschah ab dem Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. (Niederlagen der Skorisker 106, 80 v.Chr.; römische Siege über Dardaner 97, 85, 75-72 v.Chr.; Unterwerfung der Moeser 30-28 v.Chr.; römische Feldzüge gegen Odrysen, Bessen, Sarmaten 24/23, 19/18, 16, 12-9 v.Chr.). Es entstand ein Komplex der römischen Provinzen Achaia-Makedonia-Moesia, aus dem am Beginn des 1. Jahrhunderts n.Chr. die Provinz Moesia entlang der Donau gebildet wurde (vor 23 n.Chr.). In der Militärprovinz standen zwei römische Legionen zur Grenzverteidigung; sie dienten dem Schutz des römischen Reiches hauptsächlich vor den Dakern nördlich der Donau. 86 n.Chr. wurde vor dem Hintergrund der Dakerbedrohung (Dakereinfälle der 80er-Jahre) die Moesia in die beiden Provinzen Moesia superior und Moesia inferior geteilt. Die Moesia superior umfasste das Provinzgebiet von der mittleren Donau bis nach Makedonien und auch nach der römischen Eroberung des Dakerreiches (106 n.Chr.) weiter die Legionsstandorte Singidunum und Viminacium. Die Provinz wurde ab dem 1./2., besonders im 2./3. Jahrhundert n.Chr. romanisiert (Soldaten, Veteranen; Urbanisierung), Zentren der Romanisierung waren die Munizipien Singidunum, Viminacium, Horreum, Naissus, Ulpiana, Scupi und municipium Dardanorum. Innerhalb der Moesia superior spielte der Bergbau eine wichtige Rolle, die Provinz war einbezogen in den Handel im römischen Reich. Die Krise des 3. Jahrhunderts, die römischen Kaiser aus den Balkanprovinzen und die Bedrohungen des römischen Reiches durch Völker nördlich der Donau (Aufgabe Dakiens 271 n.Chr.) führten u.a. zu Militärreformen und zur Neugliederung und Verkleinerung der Provinzen; an die Stelle der Moesia superior traten in der Spätantike die Provinzen Moesia I und Dardania, teilweise die Dacia ripensis und Dacia mediterranea. Die Moesia I blieb weiterhin für die Grenzverteidigung wichtig (obermösischer Donaulimes), die Provinz war wirtschaftlich weitgehend autark. In Romulania erbaute sich Kaiser Galerius (293/305-311) eine stark befestigte Palastanlage, in der villa Mediana (bei Naissus) teilten die Kaiser Valentinian (364-375) und Valens (364-378) ihre Verwaltung über das römische Reich (364 n.Chr.). Im 4. Jahrhundert n.Chr. breitete sich das Christentum in Obermoesien aus (christliche Märtyrer, christliche Kirchen [Romulania, Remesiana]). Die Veränderungen im Rahmen der "Völkerwanderung" (Westgoten, Hunnen, Ostgoten) betrafen auch das obermösische Gebiet im römischen Reich (4./5. Jahrhundert n.Chr.). Unter Kaiser Justinian (527-565) gelang die zeitweise Sicherung der Donaugrenze; Justinian gründete die Stadt Iustiniana Prima (ca.530 n.Chr.; Ober-, Unterstadt, Akropolis). Das Ende des 6. Jahrhunderts brachte auch das Ende der (ost-) römischen Herrschaft im obermösischen Raum (awarische Eroberung von Sirmium [582], awarische Angriffe auf Singidunum [584/96 und später] und Viminacium [ca.600]). [Buhlmann, 06.2013]

Mitteilungen und Forschungsbeiträge der Cusanus-Gesellschaft, hg. v. Rudolf Haubst u.a., ist eine Reihe zur Person und Umwelt des spätmittelalterlichen Kirchenmanns, Theologen und Philosophen Nikolaus von Kues (*1401-†1464). U.a. sind in der Reihe erschienen: Bd.1 (1961): Mainz 21968, 126 S. (u.a. mit den Beiträgen: Josef Stallmach, Zusammenfall der Gegensätze. Das Prinzip der Dialektik bei Nikolaus von Kues; Hermann J. Hallauer, Eine Denkschrift des Nikolaus von Kues zum Kauf der Ämter Taufers und Uttenheim in Südtirol; H. Kleinen, Robert Danzer, Cusanus-Bibliographie [1920-1961]); Bd.2 (1962): Mainz 1962, 138 S. (u.a. mit den Beiträgen: Erich Meuthen, Die Pfründen des Cusanus; Giovanni Mantese, Ein notarielles Inventar von Büchern und Wertgegenständen aus dem Nachlaß des Nikolaus von Kues); Bd.3 (1963): Mainz 1963, 270 S. (u.a. mit den Beiträgen: Alois Krchnak, Neue Handschriften in London und Oxford. Reisebericht; Alois Krchnak, Die Herkunft der astronomischen Handschriften und Instrumente des Nikolaus von Kues; Peter Volkelt, Die Philosophenbildnisse in den Commentarii ad opera Aristotelis des Cod. Cus. 187; Valentin Palm, Nikolaus von Kues und sein Vater im Bernkasteler Weistum des Jahres 1431; Robert Danzer, Cusanus-Bibliographie. Fortsetzung [1961-1964]); Bd.4 (1964): Das Cusanus-Jubiläum in Bernkastel-Kues vom 8. bis 12. August 1964, hg. v. Rudolf Haubst, Mainz 1964, 450 S., Abbildungen (u.a. mit den Beiträgen: Erich Meuthen, Neue Schlaglichter auf das Leben des Nikolaus von Kues; Erwin Iserloh, Reform der Kirche bei Nikolaus von Kues; Johannes Bärmann, Cusanus und die Reichsreform; Hermann J. Hallauer, Eine Visitation des Nikolaus von Kues im Benediktinerinnenkloster Sonnenburg; Rudolf Haubst, Die leitenden Gedanken und Motive der cusanischen Theologie; Maurice Patronnier de Gandillac, Das Problem der Völkerverständigung nach den theologischen Grundsätzemn und praktischen Vorschlägen des Kardinals Nikolaus von Kues; Joseph Meurers, Nikolaus von Kues und die Entwicklung des astronomischen Weltbildes; Nikolaus Stuloff, Mathematische Tradition in Byzanz und ihr Fortleben bei Nikolaus von Kues); Bd.5 (1965): Mainz 1965, 180 S. (u.a. mit den Beiträgen: Mariano Alvarez-Gomez, Die Frage nach Gott bei Nikolaus von Kues; Paul Eugene Sigmund, Konzilsidee und Kollegialität nach Cusanus; Joseph Ehrenfried Hofmann, Mutmaßungen über das früheste mathematische Wissen des Nikolaus von Kues); Bd.6 (1967): Mainz 1967, 210 S. (u.a. mit den Beiträgen: Hermann J. Hallauer, Nikolaus von Kues und das Brixener Klarissenkloster; Joseph Ehrenfried Hofmann, Über Regiomontanus und Butéons Stellungnahme zu Kreisnäherungen des Nikolaus von Kues; W. Traut, M. Zacher, Cusanus-Bibliographie, 2. Fortsetzung [1964-1967] und Nachträge); Bd.7 (1969): Mainz 1969, 192, 4 S., Abbildungen (u.a. mit dem Beitrag: Rudolf Haubst, Ein Predigtzyklus des jungen Cusanus über tätiges und beschauliches Leben); Bd.8 (1970): Mainz 1970, 279 S. (u.a. mit den Beiträgen: Erich Meuthen, Der Dialogus concludens Amedistarum errorem ex gestis et doctrina concilii Basiliensis; Satoshi Oide, Über die Grundlagen der cusanischen Konjekturenlehre; Peter Hirt, Vom Wesen der konjekturalen Logik nach Nikolaus von Kues; Rudolf Haubst, Zusammenfassende theologische Erwägungen); Bd.9 (1971): Nikolaus von Kues als Promotor der Ökumene. Akten des Symposions in Bernkastel-Kues vom 22. bis 24. September 1970, Mainz 1971, 224 S. (u.a. mit den Beiträgen: Erich Meuthen, Nikolaus von Kues in der Entscheidung zwischen Konzil und Papst; Werner Krämer, Der Beitrag des Nikolaus von Kues zum Unionskonzil mit der Ostkirche; Hermann J. Hallauer, Das Glaubensgespräch mit den Hussiten; Anton Schall, Die Sichtung des Christlichen im Koran; Rudolf Haubst, Der Leitgedanke der repraesentatio in der cusanischen Ekklesiologie; Gerd Heinz-Mohr, Friede im Glauben. Die Vision des Nikolaus von Kues; Bernhard Hanssler, Die Idee der Völkergemeinschaft bei Nikolaus von Kues); Bd.10 (1973): Mainz 1973, 264 S. (u.a. mit den Beiträgen: Joseph Ehrenfried Hofmann, Über eine bisher unbekannte Vorform der Schrift De mathematica perfectione des Nikolaus von Kues; Karl Bormann, Eine bisher verschollene Handschrift von De beryllo; Peter Takashi Sakamoto, Die theologische und anthropologische Fundierung der Ethik bei Nikolaus von Kues; Wolfgang Breidert, Rhytmomachia und Globusspiel; Pavel Floss, Cusanus und Comenius; M. Vazquez, Cusanus-Bibliographie, 3. Fortsetzung [1968-1972]); Bd.11 (1975): Nikolaus von Kues in der Geschichte des Erkenntnisproblems. Akten des Symposions in Trier vom 18. bis 20. Oktober 1973, hg. v. Rudolf Haubst, Mainz 1975, 287 S. (u.a. mit den Beiträgen: Maurice Patronnier de Gandillac, Nikolaus von Kues zwischen Platon und Hegel; Johannes Hirschberger, Das Prinzip der Inkommensurabilität bei Nikolaus von Kues; Wilhelm Dupré, Apriorismus oder Kausaldenken nach der cusanischen Auffassung von der Gotteserkenntnis?; Eusebi Colomer Pues, Die Erkenntnismetaphysik des Nikolaus von Kues im Hinblick auf die Möglichkeit der Gotteserkenntnis); Bd.18 (1989): Das Sehen Gottes nach Nikolaus von Kues. Akten des Symposions in Trier vom 25. bis 27. September 1986, hg. v. Rudolf Haubst, Trier 1989, 303 S., Abbildungen (u.a. mit den Beiträgen: Margot Schmidt, Nikolaus von Kues im Gespräch mit den Tegernseer Mönchen über Wesen und Sinn der Mystik; Alex Stock, Die Rolle der "icona Dei" in der Spekulation "De visione Dei"; Werner Beierwaltes, "Visio facialis" - Sehen ins Angesicht. Zur Coincidenz des endlichen und unendlichen Blicks bei Cusanus; Rudolf Haubst, Die erkenntnistheoretische und mystische Bedeutung der "Mauer der Koinzidenz"; Klaus Kremer, Gottes Vorsehung und die menschliche Freiheit); Bd.24 (1998): Nikolaus von Kues als Kanonist und Rechtshistoriker, hg. v. Klaus Kremer u. Klaus Reinhardt, Trier 1998, XIII, 278 S., € 3,95 (mit den Beiträgen: Thomas E. Morrissey, Ein unruhiges Leben. Franciscus Zabarella an der Universität von Padua (190-1410). Die Welt, die Nikolaus von Kues vorfand; Peter Landau, Die Bedeutung der Kanonistik für die Karriere einer aufsteigenden Bürgerschicht; Erich Meuthen, Der Kanonist und die Kirchenreform; Hans-Jürgen Becker, Der Streit der Juristen: Nikolaus von Kues in der Auseinandersetzung mit Herzog Sigismund 1460-1464; Hermann J. Hallauer, Nikolaus von Kues als Rechtshistoriker. Sen Kampf um die Bewahrung der Brixener Kirche; Gregorio Piaia, Marsilius von Padua (†um 1342) und Nicolaus Cusanus (†1464). Eine zweideutige Beziehung?; Paul Eugene Sigmund, Konsens, Repräsentation und die Herrschaft der Mehrheit bei Marsilius und Cusanus; Giovanni Santinello, Nikolaus von Kues (1401-1464) und Petrarca (1304-1374); Hermann J. Hallauer, Auf den Spuren eines Autographs von Predigten und Werken des Nikolaus von Kues aus der Brixener Zeit). > N Nikolaus von Kues [Buhlmann, 10.1996-02.1997, 07.2020]

Mitteis, Heinrich (1950), Die Krise des deutschen Königswahlrechts (= Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Jg. 1950, H.8), München 1950, 92 S., € 2,-. Die Nachfolge eines Königs im ostfränkisch-deutschen Reich des frühen und hohen Mittelalters war bestimmt durch "Geblüts-" und "Wahlrecht", wobei je nach politischer Lage das eine hinter dem anderen zurücktreten konnte und das "Geblütsrecht" mit sakralem Königscharisma und -heil verbunden war. Der dynastische Gedanke des Königtums stand bei den Merowingern, Karolingern, Ottonen, Saliern und Staufern im Vordergrund, es gab aber auch z.B. im Rahmen eines Dynastiewechsels Situationen, in denen die Königswahl dominierte. Im (spätkarolingisch-) ostfränkischen Reich sind diesbezüglich die Wahl Arnulfs von Kärnten (887) und die Konrads I. (911) zu nennen. Die ottonische Dynastie begann mit der Designation und Wahl ("Auswahl", "Kur") König Heinrichs I. (919). Ein entscheidender politischer Umbruch war im Investiturstreit (1077-1122) mit der Wahl des Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden (1077) gegeben. Diese erscheint als ein Wendepunkt in der Entwicklung hin zum Königswahlrecht des späten Mittelalters, wenn auch die Staufer für mehrere Generationen wieder eine Königsdynastie etablieren konnten (Erbreichsplan Kaiser Heinrichs VI. [1196]; deutscher Thronstreit [1198/1208]). Nach dem "Untergang" der Staufer setzte sich der Gedanke einer ausschließlichen Königswahl im deutschen Reich durch. [Buhlmann, 07.2020]

Mittelalter: I. Das Mittelalter umfasst das Jahrtausend zwischen 500 und 1500, wobei die Zeitgrenzen nur als ungefähr, die Übergänge von der Antike und Vorgeschichte bzw. hin zur Neuzeit als fließend zu verstehen sind; es wird traditionell unterteilt in ein frühes, hohes und spätes Mittelalter. Das frühe Mittelalter (6.-11. Jahrhundert) ist dabei die Epoche des fränkischen Großreichs der Merowinger und Karolinger, des Reichsverfalls im 9. und der Bildung u.a. des deutschen Reiches im 10. und 11. Jahrhundert Das hohe Mittelalter (11.-13. Jahrhundert) schließt die Umbruchszeit des 11./12. Jahrhunderts mit ein; es ist die Zeit des Investiturstreits und der Entstehung der mittelalterlichen Stadt. Früheres Mittelalter heißt die Zeit vom 6. bis 12., späteres die vom 12. bis 15. Jahrhundert. Eine andere Zeiteinteilung orientiert sich an den ostfränkisch-deutschen Königsdynastien der Karolinger (751/843-911), Ottonen (919-1024), Salier (1024-1125) und Staufer (1138-1254). Das Ende des staufischen Königtums und das daran anschließende Interregnum (1256-1273) stehen am Beginn des späten Mittelalters (13.-15./16. Jahrhundert), der Zeit der Territorien, Städte und der wirtschaftlichen Intensivierung. Die dem Mittelalter nachfolgende Zeitepoche ist die frühe Neuzeit (16.-18. Jahrhundert) bis zum Ende des "Alten Europa". II. Der Vielschichtigkeit des Mittelalters entsprechen einige der nachfolgend aufgeführten Ansichten auf die mittelalterliche Geschichte: a) Frankenreich: Am erfolgreichsten unter den ab dem 3. Jahrhundert ins römische Reich eindringenden germanischen Stämmen waren die Franken, die - vom Niederrheingebiet ausgehend - sich zunächst unter Kleinkönigen (Heerkönigen wie Childerich von Tournai), dann während und nach der gewaltsamen Einigung unter König Chlodwig (482-511) über Gallien ausbreiten konnten. Seit Chlodwig bestimmte die Königsdynastie der Merowinger das Geschehen im größten Teil Galliens und angrenzender (insbesondere rechtsrheinischer) Gebiete, wobei die Übernahme des katholischen Glaubens durch Chlodwig (498?), der Sieg über Alemannen (496) und Westgoten (507) sowie die Eingliederung des Burgunderreichs (532-534) Etappen auf dem Weg zur Großreichsbildung waren; nicht zu vergessen ist die Einbeziehung ostrheinischer Gebiete wie Thüringen (531), die Mainlande oder Bayern. Die Merowinger verkörperten das Reich, das daher auch einer Teilungspraxis unterlag. So kam es immer wieder zu Konflikten innerhalb von Dynastie und Reich. Die Epoche der Bürgerkriege (561-613) führte dabei u.a. zur Herausbildung der Reichsteile Austrien, Neustrien und Burgund und zu einer weiteren Stärkung des Adels. In der beginnenden Karolingerzeit (ca.700-911) hatte das merowingische Königtum seine Machtstellung eingebüßt; spätestens seit der Schlacht bei Tertry (687) waren die Karolinger (Pippin der Mittlere [687-714], Karl Martell [714-741]) als Hausmeier die maßgeblichen Personen im Frankenreich. So war die Übernahme des fränkischen Königtums durch den Karolinger Pippin den Jüngeren (741/51-768) nunmehr folgerichtig (751). Unter Pippin und seinem Sohn Karl den Großen (768-814) wurde das Frankenreich nochmals erweitert (Einbeziehung Aquitaniens 760-768; Eroberung des Langobardenreiches 773/74; Eroberung Sachsens 772-804; Angliederung Bayerns 788). Damit war der Rahmen für die auch unter den Karolingern vorherrschende Reichsteilungspraxis des 9. Jahrhunderts gegeben. Denn schon während der Regierung Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) traten Konflikte zwischen den Ludwig-Söhnen Lothar (817/843-855), Ludwig den Deutschen (843-876), Pippin und Karl den Kahlen (843-877) auf. Beim Tode des Vaters brach der Bürgerkrieg (840-843) aus (Schlacht bei Fontenoy 841; Straßburger Eide 842; sächsischer Stellinga-Aufstand), der mit dem Vertrag von Verdun (843) seinen Abschluss fand. Es entstand das ostfränkische Reich der spätkarolingischen Könige (843-911), das sich bis zum 11. Jahrhundert zum deutschen Reich wandeln sollte. - b) Karl der Große: Kaisertum: Seit dem karolingischen Königtum Pippins des Jüngeren gerieten Italien, Rom und das Papsttum zunehmend in den Brennpunkt karolingischer Politik. Nach dem Treffen von Ponthion (754) und mit der Konstituierung des Kirchenstaats (patrimonium Petri) in Mittel- und Norditalien (Pippinsche Schenkung) trat Pippin als patricius Romanorum, als "Schutzherr" der römischen Kirche auf. Dies führte zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Langobardenreich (754, 756), denen 773/74 dessen Eroberung folgte. Karl der Große war nun auch rex Langobardorum, das Frankenreich in Nord- und Mittelitalien präsent, wobei etwa das südlich gelegene, langobardische Herzogtum Benevent politisch vom Reich der Karolinger abhängig wurde. Eingebunden war Italien seit 781 als Unterkönigreich im fränkischen Gesamtreich Karls und Ludwigs des Frommen. Papst Leo III. (795-816), der Nachfolger Papst Hadrians I. (772-795), geriet in Rom in schwere politische Turbulenzen. Beim Zusammentreffen zwischen Frankenkönig und Papst im sächsischen Paderborn (799) ging es wahrscheinlich um die Wiedereinsetzung des abgesetzten Papstes, während Karl vielleicht schon damals mit byzantinischen Gesandten die Frage seines Kaisertums erörterte. Auf alle Fälle passten die römischen Unruhen in Karls Plan des Erwerbs der römischen Kaiserwürde, des nomen imperatoris. Die in Rom zu Weihnachten 800 erfolgte Kaiserkrönung unter wesentlicher Beteiligung des römischen Bischofs war insofern folgerichtig, doch bestanden zwischen Papst und Kaiser weiterhin Differenzen, verfolgte Karl doch die Idee eines vom Papst unabhängigen Kaisertums. Dem entsprach, was an "Kaisertheorien" im Frankenreich kolportiert wurde und dass es mit dem byzantinischen Reich, das zurzeit von Karls Kaiserkrönung von der Kaiserin Eirene (797-802) regiert wurde, nach deren Sturz zunächst zu keiner Verständigung kam. Erst ab 810 wurden Verhandlungen über die byzantinisch-fränkischen Auseinandersetzungen im Adriaraum und über das westliche Kaisertum geführt, mit dem Ostkaiser Michael I. (811-813) im Sommer 812 ein tragfähiger Kompromiss geschlossen. Das westliche Kaisertum blieb auch unter Ludwig dem Frommen noch "universal", besaß aber seit Ende des 9. Jahrhunderts als Würde der italienischen Könige nur mehr eine regionale Bedeutung. Die Kaiseridee blieb aber weiterhin wirksam, wie das Kaisertum der deutschen Könige oder die im Auftrag des Papsttums gefälschte "Konstantinische Schenkung" zeigen. - Aachen: Im Zusammenhang auch mit den Sachsenkriegen erlangte das in Bistum und Grafschaft Lüttich gelegene Aachen größere Bedeutung. Seit den 780er-Jahren wurde Aachen, das über heiße Quellen verfügte, bevorzugter Aufenthaltsort Karls des Großen während der Wintermonate. Ab dieser Zeit ist auch mit einem intensiven Ausbau der 765/66 erstmals bezeugten Pfalzanlage zu rechnen. In den letzten Regierungsjahren Karls und den ersten Ludwigs des Frommen war Aachen gleichsam Residenzort der Kaiser; hier fanden Reichsversammlungen und Reichssynoden statt. Eine wichtige Pfalz blieb Aachen auch in der Zeit des Mittelreichs und Lotharingiens, doch überwog schon seit Ludwig dem Frommen wieder die ambulante Herrschaftstätigkeit der Könige (Reisekönigtum). Die Ottonen als ostfränkisch-deutsche Könige belebten ab 936 die Karlstradition, wurde Aachen doch zum Krönungsort der deutschen Herrscher. Die repräsentative Pfalzanlage Karls des Großen hatte mit Königshalle und Pfalzkapelle (Marienkirche mit dem Stift) zwei Mittelpunkte. Der oktogonal gestaltete, zweigeschossige Zentralbau der Marienkapelle mit den Säulenumgängen, dem Karlsthron im Obergeschoss und dem Kuppelmosaik war die Grablege des Kaisers, an die Königshalle (aula regia) schlossen sich Wohngebäude an, ein überdachter Gang verband Aula und Kapelle. Neben diesem "Kernensemble" der Pfalz gab es die Badeanlage, die Unterkünfte für Soldaten und Diener; der befestigten Pfalz waren ein Wirtschaftshof (Aachener Fiskalbezirk), ein Tiergehege und ein Jagdgelände zugeordnet. - c) Klöster: Besonders im Frankenreich der karolingischen Könige wurzelte das mittelalterliche Mönchtum, zunächst als Mönchtum der benediktinischen Männer- und Frauenklöster (Benedikt von Nursia, †547). Der Begriff "Kloster" stammt vom lateinischen bzw. mittellateinischen claustrum (von lateinisch claudere, "verschließen") und findet in den Worten abbatia, cella, coenobium, monasterium seine weitere Entsprechung. Das Kloster ist der Aufenthaltsort der Mönche, die dort in der Klausur weitgehend ungestört von den Abläufen "in der Welt" leben sollten (vita communis). Das Kloster als Mönchsgemeinschaft wurde damit zu einem sozialen System mit Innen- und Außenbeziehungen. Zu den Innenbeziehungen gehörten: die Mönche (Chormönche, Konversen) in ihrer Hierarchie (Abt, Klosterämter), der Gottesdienst und das Stundengebet, die Handarbeit und die geistig-geistliche Lektüre, zu den Außenbeziehungen: das Verhältnis zu anderen Klöstern (Gebetsverbrüderung, abhängige Klöster), das (sich wandelnde verfassungsrechtliche) Verhältnis zu den Herrschenden (Adel, Stifter, Tradenten, Vogt, König, Bischof, Papst; Klosterreform), die Grundherrschaft, die familia als der zum Kloster gehörende, nach Aufgaben und Arbeiten vielgliedrig abgestufte Personenkreis von den Mönchen bis hin zum abhängigen Bauern. Das Kloster ist auch eine Ansammlung von Gebäuden, die den Mönchen als Aufenthaltsort dienen. Die Klosteranlage besteht - nicht zuletzt auf Grund des in der Benediktregel Vorgegebenen - aus dem oratorium ("Betraum", Kirche), dem refectorium (Speisesaal) und dem dormitorium (Schlafsaal) für die Mönche, gleichsam als Grundgegebenheiten mönchischen Lebens im Sinne von Gebet und Dasein. Hinzu kommt der Bereich der Organisation und Arbeit: Kapitelsaal, parlatorium (Sprech- und Besucherraum), Abtshaus, Küche, Bibliothek, Garten, calefactorium (als einziger beheizbarer Raum des Klosters), Infirmerie (als Krankenhaus der Mönche), Novizengebäude, Schule, Speicher, Scheunen, Stallungen, Werkstätten, Mühlen. Der Kreuzgang (ambitus) verbindet die Räumlichkeiten der Klausur, das Skriptorium war die Schreib- und Malschule des Klosters. Der St. Galler Klosterplan (ca.820) gibt das Ideal eines karolingerzeitlichen Großklosters wieder. Neben das benediktinische Mönchtum traten im hohen Mittelalter die Zisterzienser, die Ritterorden (Templer, Johanniter, Deutscher Orden), die Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner) und die Orden mit Augustinerregel (Augustinerchorherren, -frauen u.a.). - d) Grundherrschaft: Grundherrschaft heißt ein den Grundherrn, z.B. ein Kloster, versorgendes Wirtschaftssystem, das auf Großgrundbesitz und Abgaben von und Rechten über abhängige Bauern beruht. Grundherrschaft ist damit - verkürzt und nicht unbedingt korrekt ausgedrückt - "Herrschaft über Land und Leute". Man unterscheidet - bei fließenden Übergängen - die zweigeteilte (bipartite) klassische Grundherrschaft des (frühen und) hohen Mittelalters von der spätmittelalterlichen Rentengrundherrschaft. Die zweigeteilte Grundherrschaft bestand aus eigenbewirtschaftetem Salland und gegen Abgaben und Frondienste an bäuerliche Familien ausgegebenem Leiheland. Villikationen, Hofverbände unter der Verwaltung eines villicus (Meier), hatten einen Fronhof als Zentrum, eine Anzahl von Villikationen und Einzelhöfe bildeten die Grundherrschaft. Die soziale Dynamik des hohen Mittelalters brachte den Wandel weg von der klassischen Grundherrschaft. Das Villikationssystem wurde aufgelöst, eigenbewirtschaftetes Land an Bauern verpachtet. Die Rentengrundherrschaft des späten Mittelalters lebte bis auf geringe Reste der Eigenbewirtschaftung von den Abgaben und Pachtzinsen der Bauern, die nun nicht mehr nur in grundherrschaftliche, sondern auch in dörfliche Strukturen eingebunden waren (Ortsherrschaft des Grundherrn). Zur Grundherrschaft, die sich im Allgemeinen auf Ackerbau ("Vergetreidung", Dreifelderwirtschaft) und Viehzucht stützte, gehörten Sonderkulturen wie Weinbau, Fischerei oder Bienenzucht. Die Mühle im Dorf sicherte dem Grundherrn weitere Einnahmen, ebenso das Patronat über die Dorfkirche. - e) Lehnswesen: Die Anfänge eines angeblich "europäischen Lehnswesens" mit feudo-vasallitischer Grundlage sind nicht in der frühkarolingischen Zeit des 8. Jahrhunderts (Karl Martell und die Säkularisation von Kirchengut, vassi u.a.) zu suchen, sondern allgemein in frühmittelalterlichen Leiheformen (Prekarie als Landleihe u.a.) zu finden, die erst an der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert in wohl meist wirtschaftlich fortgeschrittenen Regionen wie Oberitalien, Flandern oder Südfrankreich/Katalonien durchaus zu Formen von Lehnswesen führten (Valvassorengesetz Kaiser Konrads II. [1024-1039] von 1037), während im normannischen England des Hochmittelalters das Lehnswesen neben einer starken königlichen Zentralgewalt stand. Gerade die juristische Einordnung des Lehnswesens in Oberitalien (Libri feodorum des 11. und 12. Jahrhunderts) sollte unter Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) die lehnsrechtliche Ausgestaltung von (Königs-) Herrschaft in Deutschland nördlich der Alpen stark beeinflussen (Privilegium minus von 1156, Kaisertum als beneficium des Papstes 1157, Gelnhäuser Urkunde von 1180). Aus den hochmittelalterlichen Anfängen entwickelte sich im deutschen Reich des Spätmittelalters ein vielschichtiges, flexibel zu nutzendes Lehnswesen (verschiedene Arten von Lehen vom Mann- bis zum Geldlehen), das z.B. in den Landesherrschaften herrschaftsverdichtend wirkte und auch personale Bindungen über Herrschaften hinweg zuließ ("Vasallitätspolitik" der deutschen Herrscher). Lehnbücher des späten Mittelalters oder die lehnsrechtlichen Theorien von Juristen des 16. Jahrhunderts stehen dann am Ende eines unterschiedlich gearteten und unterschiedlich interpretierbaren mittelalterlichen Lehnswesens. Daher sind auch die verschiedenen historisch belegten Formen von Lehen und Lehnswesen nur bedingt bis entfernt vergleichbar mit der Theorie des "klassischen Lehnswesens", die auf bestimmten personalen (Vasallität [Vasall: Mann, Mannschaft/hominium, Treue, consilium et auxilium; Herr: Treue, Schutz, Schirm) und dinglichen Beziehungen (Lehen [Herr: Verleihung/Investitur; Vasall: Nutzung]; Betonung der dinglichen Komponente) fußt. Wenn damit für das frühe und hohe Mittelalter das Lehnswesen zur Verwaltung von Königreichen vielfach ausfällt, so ist hinsichtlich der "staatlichen" Organisation der Blick eher römische Grundlagen, karolingische Grafschaftsorganisation und ottonisch-salische Reichskirche zu richten. - f) Investiturstreit: Die Epoche des Investiturstreits (1075-1122) ist sicher einer der prägnantesten Wendepunkte in der mittelalterlichen Geschichte Europas. Man kennt mit dem deutschen König, dem Salier Heinrich IV. (1056-1106), und mit Papst Gregor VII. (1073-1085) zwei Protagonisten dieser Zeit; der Bußgang Heinrichs IV. nach Canossa (26.-29. Januar 1077) ist berühmt geworden. Dabei ging es in diesem Konflikt zwischen König und Kirche zunächst um die Reform der Kirche (bis hin zur Gregorianischen Kirchenreform), dann um die Trennung von Welt und Kirche, woraus sich vornehmlich der Streit entwickelte um Simonie (den "Kauf kirchlicher Würden"), Nikolaitismus (Priesterehe) und Laieninvestitur (die Einsetzung von Priestern in ihr kirchliches Amt durch Laien, insbesondere der Bischöfe und Äbte durch den (deutschen) König). Der Simonievorwurf betraf dann auch indirekt das Eigenkirchenwesen, d.h. die Verfügung des Adels über die auf ihrem Grund und Boden erbauten Kirchen, und die Kirchenvogtei, also den mit Immunität und weltlichen Schutz begabten, besonderen Rechtsstatus einer Kirche oder eines Klosters. Die Härte des damaligen Kampfes zwischen Papst- und Königtum erklärt sich überwiegend daraus, dass mit dem Ausschluss des Königtums von der Kirche diesem wesentliche Einflussmöglichkeiten in der ottonisch-salischen Reichskirche und wichtige Machtmittel (Reichskirchengut) entzogen worden wären. Mit der Durchsetzung der Ansprüche Gregors VII. wäre jedenfalls ein sakral gedachter König als "Stellvertreter Christi" undenkbar geworden, und ebenso unmöglich gewesen wäre eine Kirchenleitung durch den Herrscher. Dagegen gelang es dem Papsttum, die Kirche auf sich auszurichten und zu zentralisieren. Der Kompromiss des Wormser Konkordats (23. September 1122) beendete zumindest formell den Investiturstreit, bei dem es nicht zuletzt um den Vorrang der beiden, ihrem Verständnis nach universalen Gewalten in der Welt, nämlich des Kaiser- und des Papsttums, gegenüber der jeweils anderen ging (Gelasianische Zweigewaltenlehre). - g) Städte: Zu den gesellschaftlichen Veränderungen im hohen Mittelalter gehörte neben dem neu interpretierten Verhältnis zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt auch die Entstehung von Städten. Die Entstehung von Städten im Verlauf gerade des hohen Mittelalters ist ein einzigartiges historisches Phänomen. Das hochmittelalterliche Städtewesen, die sog. Gründungsstädte waren Ergebnis von Bevölkerungszunahme, wirtschaftlichem Wandel und massiven Änderungen innerhalb des Systems der klassischen Grundherrschaften. Die Städte konnten "Inseln der Freiheit" in einem "Meer von Unfreiheit" sein, gründeten z.B. auf der Friedenseinung (communio, coniuratio) von (freien) Einwohnern oder auf dem Willen des Stadtherrn und streiften so grundherrschaftliche Bindungen ab wie etwa die von Hörigen innerhalb ihres Fronhofsverbands (Hofrecht, grundherrliche Abgaben). Die mittelalterlichen Städte passten zunächst nicht in das System agrarisch-feudaler Ordnung, die feudalen Mächte, Adel und Grundherren, standen ihnen anfangs durchaus ablehnend gegenüber. Erst die Einbindung der Städte in die damaligen Herrschaftsstrukturen und in die Adelsgesellschaft u.a. vermittels einer "Städtepolitik" brachte im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts so etwas wie die Anerkennung des Phänomens "Stadt" durch die feudale Welt. Unterschiede zwischen Herrschaft (Stadtherr) und Genossenschaft (Bürgergemeinde) sollten aber im späteren Mittelalter immer wieder aufbrechen und zu Streitigkeiten führen. Städte entstanden aus verschiedener Wurzel (Markt, Festung, Verwaltung). Sie unterstanden dem Stadtherrn und/oder waren autonom. Die Bürgergemeinde übte eine Selbstverwaltung aus, das Stadtrecht war das Recht der Bürger. U.a. wirtschaftliche Potenz machte die mittelalterliche Stadt aus, die Zentrum von Handel und Gewerbe war (Patriziat, Zünfte, Juden). Die Kirche prägte wie das Land auch die Stadtkultur durch Seelsorge und (Pfarr-) Kirchen, die Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner entfalteten hier besondere Wirksamkeit. Die Stadt besaß somit auch bzgl. der kirchlichen Einrichtungen eine Mittelpunktsfunktion, wenn auch die Stadtkirchen vielfach noch der Pfarrrechte entbehrten, waren sie doch nur Filialen (Tochterkirchen) der Pfarrkirchen, in deren Pfarrbezirken die Städte gegründet wurden. - h) Handel, Handwerk, Hanse: Die Landwirtschaft war die Grundlage des hochmittelalterlichen Wirtschaftens. "Vergetreidung", Übergang zur Dreifelderwirtschaft, Wandel in der landwirtschaftlichen Technik (Wende- statt Hakenpflug), die Organisationsform der Grundherrschaft mit ihrem Villikationssystem waren Voraussetzung und Ergebnis der hochmittelalterlichen Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung. Die (adlige) Oberschicht, Krieger und auch Geistlichkeit, lebte von den Erträgen der in den Grundherrschaften eingebundenen abhängigen Bauern. Daneben gab es freie Bauern und die Zwischenschicht der Ministerialen (Dienstleute) und villici ("Meier"). Kaufleute, Handwerker und Bürger waren in dieser sich im 10./11. Jahrhundert formierenden Feudalgesellschaft zunächst nur Randgrößen. Folge und Ursache des sich ausbildenden Städtewesens war ab dem hohen Mittelalter eine Intensivierung von Handel und Gewerbe. Kaufleute waren schon im frühen Mittelalter in Gilden organisiert, Handwerker in den spätmittelalterlichen Städten in Zünften als berufsständische Einrichtungen u.a. mit eigener Gerichtsbarkeit (Zunftmeister, Beteiligung von Zünften an Rat und städtischer Politik). Für den norddeutschen Raum wurde im späten Mittelalter die Hanse als Wirtschaftsorganisation der Kaufleute und der Städte bedeutsam. Beginnend im 12. Jahrhundert mit den Fahrtgemeinschaften von Kaufleuten (Gotlandfahrer), beginnend auch mit dem Aufstieg Lübecks ("Haupt der Hanse") zur erfolgreichen Handelsmetropole nicht nur des Ostseeraums, entwickelte sich im späten Mittelalter die Städtehanse als Zusammenschluss zahlreicher norddeutscher, niederländischer, preußischer und baltischer Städte (Dortmund, Köln, Lübeck, Magdeburg als Vororte [von Dritteln, Vierteln]), die alsbald den Wirtschaftsraum von Nord- und Ostsee beherrschten. Über die großen Hansekontore Bergen, Brügge, London und Novgorod lief der Handel der Hansekaufleute mit Waren (Hering, Pelze, Häute, Wachs, Bauholz, Wolle, Tuche, Leinwand, Metallwaren, Glas, Papier, Wein, Bier, Salz, Eisen, Zinn, Kupfer, Silber) und Schiffen (Hansekogge). Zur Durchsetzung ihrer Interessen (Handelsprivilegien) schreckte die Hanse auch von der Kriegsführung nicht ab (Kölner Konföderation [1367/85] und Stralsunder Frieden [1370]; Tohopesaten und Landesherrschaften; Englandkonflikt [1469/74] und Frieden von Utrecht [1474]). Der Aufstieg der holländischen Kaufleute und der englischen merchant adventurers, die Entwicklung der Territorialstaaten und der Territorien sowie das Aufkommen süddeutscher Kaufleute (Fugger, Welser) führten am Ende des Mittelalters zum Niedergang der Hanse, trotz Reorganisationsbemühungen in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts und der Beibehaltung der Hansekontore Antwerpen, Bergen und London. Der letzte Hansetag (als politisches Beschlussgremium der Hansestädte) fand im Jahr 1669 statt. - i) Juden: Im christlichen Europa des Mittelalters waren die Juden die einzige mehr oder weniger tolerierte Gruppe von Nichtchristen als Minderheit zwischen christlich- jüdischem Mit- und Gegeneinander. Jüdische Bevölkerungsgruppen treten seit dem 9./10. Jahrhundert im karolingischen Frankenreich in Erscheinung, im ostfränkisch-deutschen Reich seit dem 10. Jahrhundert (Magdeburg, Mainz, Speyer, Worms; 4000-5000 Juden [10. Jahrhundert, Ende]; 20000-25000 Juden [11. Jahrhundert, Ende]). Die jüdische Lebensweise in Mitteleuropa war die des aschkenatischen Judentums auf der Grundlage der jüdischen Religion (Tora, Talmud, Gottesdienst, Rabbiner). Juden engagierten sich im Geld- und Kreditwesen (jüdische Geldleihe), waren aber auch mitunter bedeutende Ärzte und Gelehrte (Rabbiner, Halachismus, jüdische Mystik). Neben diesen Juden der jüdischen Oberschicht gab es eine jüdische Mittel- und Unterschicht. Die jüdische Bevölkerung vor Ort war in Gemeinden organisiert ("Judenrat", Gemeindeeinrichtungen [Synagoge, Bad, Festhaus, Armenspital, Gerichtsbarkeit und jüdisches Recht]). Den bis zu mehreren Tausend Juden zählenden großen Gemeinden des hohen Mittelalters stehen die wesentlich kleineren Gemeinden des späten Mittelalters gegenüber. Ein Grund dafür ist die zunehmende Ausgrenzung der Juden im christlichen Europa seit Beginn der Kreuzzüge gewesen; Judenverfolgungen gab es im Zusammenhang mit dem 1. bis 3. Kreuzzug, lokale Ritualmordaffären sind für Fulda, Koblenz und Sinzig sowie Oberwesel bezeugt (1236-1287); die "Rindfleischverfolgungen" fanden in Franken im Jahr 1298 statt; die größte Verfolgungswelle trat im Zusammenhang mit der Großen Pest auf (1348-1350); die Wiener Gesera betraf Österreich (1420/21). Die Verfolgungen schädigten die jüdischen Gemeinden schwer, der von den Juden durch Steuerumlagen erkaufte Schutz des deutschen Königs (Schutzprivilegien für Wormser und Speyrer Juden, ca.1090; Kammerknechtschaft der Juden in staufischer Zeit; Reichssteuerliste von 1241; spätmittelalterliches "Judenregal") erwies sich dabei als brüchig. Die Folge war eine weitere Marginalisierung des Judentums im spätmittelalterlichen deutschen Reich bei größerer Abhängigkeit der Juden vom christlichen Umfeld (Ausbildung des Jiddischen als Sprache) und deren schärfere Ausgrenzung (städtische Judenviertel und Ghettoisierung, Kleiderkennzeichnungen, Verbote [Glücksspiel, Baden, Sexualität, Feiern, Ausgehverbote], "Landjuden" der frühen Neuzeit). - j) Islam, Kreuzzüge: Als dritte monotheistische Religion neben Judentum und Christentum bildete sich im beginnenden 7. Jahrhundert auf der arabischen Halbinsel (Mekka, Medina) der Islam aus (Mohammed, †632; Koran). Die unter dem Zeichen des Islam in den Mittelmeerraum und nach Persien ausgreifende arabische Expansion (7./8. Jahrhundert) betraf neben dem Heiligen Land (Jerusalem) und dem Byzantinischen Reich auch das christliche Europa (Spanien, Sizilien). Mit der "Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt" begann im hohen Mittelalter das Ausgreifen des europäisch-katholischen Christentums nach außen. U.a. die Kreuzzüge gehören hierher. Eine Geschichte der Kreuzzüge bewegt sich dabei ereignisgeschichtlich vom 1. (1096-1099) bis zum 7. Kreuzzug (1270), umfasst den geografischen Raum vom christlichen Westeuropa über das byzantinische Reich bis zur Levante (Kreuzfahrerstaaten in Syrien und Palästina [sowie in Griechenland und der Ägäis]), umfasst [eingeschränkt] weiter die mit der Kreuzzugsidee mehr oder weniger in Verbindung stehenden Kriege gegen die Muslime in Spanien, gegen Heiden in Europa (Wendenkreuzzug, Deutscher Orden in Preußen) und innerchristliche Konflikte (Albigenserkreuzzug, Krieg gegen das sizilische Reich Kaiser Friedrichs II.). Vor dem Hintergrund der hochmittelalterlichen Veränderungen in Europa (Klimaoptimum, Bevölkerungswachstum, Entstehung von Städten, Ausweitung von Handel und Verkehr, verstärktes Aufkommen der Geldwirtschaft, grundherrschaftlicher Wandel) und von gregorianischer Kirchenreform und Investiturstreit (1075-1122) kam es im Zuge der Kreuzzüge zum "Aufbruch Europas" über Europa hinaus, setzten sich das Papsttum (von Urban II. [1088-1099] bis Pius II. [1458-1464]) sowie christliche Könige (Konrad III. [1138-1152] und Ludwig VII. von Frankreich [1137-1180], Friedrich I. Barbarossa [1152-1190] und Richard I. Löwenherz von England [1189-1199], Friedrich II. [1212-1250], Ludwig IX. der Heilige von Frankreich [1226-1270], [Sigismund von Ungarn (1387-1437)]) an die Spitze der Kreuzzugsbewegung und entstanden in der Levante im Gefolge des 1. Kreuzzugs (Eroberung Antiochias 1098, Eroberung Jerusalems 1099) die Kreuzfahrerstaaten Grafschaft Edessa, Fürstentum Antiochia, Königreich Jerusalem und Grafschaft Tripolis (Outremer). Im Mit- und Gegeneinander mit den muslimischen Herrschaften des Vorderen Orients waren die Kreuzfahrerstaaten immer auf kriegerischen Nachschub aus dem christlichen Westen angewiesen - hierbei spielten die italienischen Seefahrerstädte Venedig und Genua eine zunehmend wichtigere Rolle -, die Ritterorden der Templer, Johanniter und (seit dem Ende des 12. Jahrhunderts) der Deutschordensritter bestimmten mit ihren Rittern und Burgen gerade im 13. Jahrhundert die militärische Ausrichtung Outremers. Wirtschaftliche Grundlage der Kreuzfahrerstaaten war das Zusammenleben von Muslimen, orientalischen Christen, Juden und sich ansiedelnden bzw. herrschenden "Franken" (meist aus dem westeuropäisch-französischen Raum), im 13. Jahrhundert besaß der Handel über die Küstenstädte Outremers eine große Bedeutung. Gesellschaftlich-politisch war Outremer nach europäisch-lehnsrechtlichen Maßstäben organisiert (König bzw. Fürst, Barone). In Kriegen mit den muslimischen Zengiden und Aijubiden gingen die Grafschaft Edessa (1147) bzw. der Großteil des Königreichs Jerusalem (Schlacht bei Hattin, Eroberung Jerusalems durch Saladin 1187) verloren, die Belagerung und letztendliche (Wieder-) Eroberung von Akkon (1189-1191) leitete zeitlich die 2. Hälfte der Existenz Outremers als Küstenregion mit muslimischem Umfeld ein. Zwar gelang durch den gebannten Kaiser Friedrich II. auf diplomatischen Weg die Zurückgewinnung der heiligen Stätten Jerusalem und Bethlehem (1228/29), doch wurde Jerusalem 1244 wieder muslimisch. Das Ausgreifen von Mamelucken und Mongolen nach Syrien und Palästina beendete dann die Existenz der Kreuzfahrerstaaten in der Levante (Eroberung Antiochias 1268, Eroberung Akkons 1291). Die Kreuzfahrerstaaten in Griechenland und der Ägäis (Lateinisches Kaiserreich, Fürstentum Achaia, Herzogtum Athen, Herzogtum Naxos, venezianische Besitzungen), entstanden in der Folge des 4. Kreuzzugs (1202-1204), überlebten teilweise bis zum 15. Jahrhundert und bis in die frühe Neuzeit hinein. Das Spätmittelalter sah Kreuzzüge gegen die osmanischen Türken (osmanisches Reich) (Schlacht bei Nikopolis 1396, Schlacht bei Varna 1444).
Einführungen in die mittelalterliche Geschichte gibt es mehr als genug: Jankrift, Kay Peter (2004), Das Mittelalter. Ein Jahrtausend in 12 Kapiteln, Ostfildern 2004, 286 S., € 12,95, behandelt - in Auswahl und jahrhundertweise - mittelalterliche Geschichte vom römischen Reich der Spätantike und von der "Völkerwanderungszeit" (4./5. Jahrhundert) an, um dann auf die germanischen Reiche der "Völkerwanderung" (Ostgoten, Franken) einzugehen; dem frühmittelalterlichen Frankenreich zwischen Islam und Normannen (7.-9. Jahrhundert) folgte die hochmittelalterliche Welt der deutschen, französischen und englischen Herrscher (10.-13. Jahrhundert), die Zeit des Investiturstreits, der Kreuzzüge und der Häresien (11.-13. Jahrhundert); das Spätmittelalter ist gekennzeichnet durch eine intensivierte Wirtschaftsentwicklung (Hanse), als Krisenzeit und "Herbst des Mittelalters" (Kleine Eiszeit, Pest, Großes Papstschisma, Hundertjähriger Krieg), aber auch als Zeitalter des Aufbruchs (Burgund, Renaissance, Entdeckungsfahrten) (13.-15./16. Jahrhundert); Pilawa, Jörg (2008), Pilawas Mittelalter. Eine vergnügliche Zeitreise durch die Jahrhunderte (= Fischer Tb 18330), Frankfurt a.M. 2009, 253 S., Schwarzweißabbildungen, € 8,95, bindet die mittelalterliche Geschichte ein in ein Frage-Antwort-Spiel; Zimmermann, Harald (1975/79), Das Mittelalter, 2 Bde., Tl.I: Von den Anfängen bis zum Ende des Investiturstreits, Braunschweig 1975, X, 298 S., DM 40,-, Tl.II: Von den Kreuzzügen bis zum Beginn der großen Entdeckungsfahrten, Braunschweig 1979, 308 S., DM 40,-, bietet einen herkömmlichen, meist ereignisgeschichtlich-politischen Überblick über die Geschichte des Mittelalters. [Buhlmann, 12.2011, 06.2015, 07.2023]

Mittelalterliche Kartografie: I. Die Erde besaß gemäß dem mittelalterlichen Weltbild drei (von Menschen bewohnte) Kontinente, nämlich Europa, Afrika und Asien, das Letztere so groß wie die zwei anderen Landmassen. Diese Ökumene war umflossen vom Weltmeer, das Verhältnis von Wasser zu Land schwankte von 1 : 7 über 4 : 1 bis 11 : 1. Hinzukommen konnte in den Überlegungen der mittelalterlichen Gelehrten ein unbekannter vierter Südkontinent (terra australis incognita) mit seinen Antipoden ("Gegenfüßlern"). Dabei war zu beachten, dass gemäß der antiken Klimalehre, die die Erde in Zonen geografischer Breite vom arktischen bis zum heißen Äquatorklima unterteilte (Klimakarten, Zonenkarten), die Unbewohnbarkeit und Unüberschreitbarkeit der Äquatorgegend postuliert wurde. Nach dem Kirchenvater Augustinus (†430) sollen nämlich die Nachkommen der drei Söhne Noahs jeweils nur einen Kontinent besiedelt haben, so dass von daher keine Antipoden zu erwarten waren. Dem entsprach es, dass der biblische Missionsbefehl Jesu Christi sich wegen der "klimatischen Sperre" am Äquator doch nur auf die Nordhalbkugel der Erde beziehen konnte. Mittelpunkt der Erde war dabei Jerusalem. II. Aus dem Mittelalter sind eine Fülle von Karten (und Plänen) überliefert: keine, die heutigen entsprechen würden, hingegen solche, die die Eigenart mittelalterlichen Denkens verdeutlichen. Die Peutingerkarte (tabula Peutingeriana) war eine hochmittelalterliche Nachzeichnung einer spätantiken Reisekarte, benannt nach dem Augsburger Humanisten Konrad Peutinger (†1547). Die Peutingerkarte verzeichnet das Straßennetz im (spät-) römischen Reich, nennt in der Art eines Itinerars Entfernungen, Stationen und Städte und verzeichnet Küsten, Flüsse und Gebirge. Sie stellt dies alles bei einer Länge von 6,75 Meter und einer Breite von 34 Zentimetern in (ungefährer) West-Ost-Richtung gestreckt, in (ungefährer) Nord-Süd-Richtung gestaucht dar. Die Reisekarte fand im Mittelalter keine Nachahmung. Von der Peutingerkarte unterscheiden sich somit die eigentlichen mittelalterlichen Weltkarten (mappae mundi). Sie waren vielfach TO-Karten, d.h. in einem Kreisrund O befinden sich die drei Kontinente Asien, Europa und Afrika, die Meere in Form eines T voneinander trennen. Dabei sind die Weltkarten allesamt geostet ("orientiert", d.h.: Osten ist oben), in ihrem Zentrum liegen Jerusalem und das Heilige Land. Die Karten vermitteln im Allgemeinen keine Entfernungen zwischen einzelnen Orten, sondern führen - in Anlehnung an die geografischen Vorstellungen des Mittelalters - Inseln, Berge, Meere und Flüsse, Bauwerke und Städte, Menschen, Völker und Tiere auf. Zu den mittelalterlichen mappae mundi gehören die Ebstorfer Weltkarte (13. Jahrhundert) und die Hereford-Karte. Die Weltkarten hatten insbesondere die Aufgabe, in einer räumlichen und zeitlichen Dimension Heilsgeschichte zu vermitteln. Seekarten, sog. Portulane hatten dagegen praktische Bedeutung. Die Portulane, entwickelt im 12. und 13. Jahrhundert, zeigten nur die Küstenlinien vorzugsweise von Mittel- und Schwarzem Meer. Die auf den Karten verzeichneten Küstenlinien sind dabei nur in Maßen genau, eine einheitliche und mathematische Projektionsmethode (vom Globus auf die Karte) gab es nicht, auch wurden Längen- und Breitengrade in die Karte eingetragen. Die Nordung der Portulane weicht vom geografischen Norden um 7 bis 12 Grad ab und folgte damit dem magnetischen Nordpol, Letzteres ein Hinweis auf die Benutzung des Kompasses im späteren Mittelalter. In der Seefahrt brauchte man darüber hinaus weitere Gerätschaften, um Positionsbestimmungen durchzuführen, wie die (wenig geeigneten) Armillarsphären und Astrolabien sowie die Quadranten und Sextanten. Neue Impulse gab am Ende des 14. Jahrhunderts die Entdeckung der Kartografie des antiken Geografen Claudios Ptolemäus, die gerade bei den Humanisten Verbreitung fand (Karte und Gradnetz; frühe Drucke, u.a. die Ulmer Ausgaben 1482, 1486). Für das endende Mittelalter stehen die Weltkarte des venezianischen Kamaldulenserlaienbruders Fra Mauro (†1459) und die Kartentafeln des Henricus Martellus Germanus (†1496). Die sog. ptolemäischen Karten sind mit ihrer Einteilung in Längen- und Breitengrade und entsprechenden Kartenprojek-tionen unseren heutigen sehr ähnlich. Die Welt war damit zumindest theoretisch vermessen, wenn auch exakte Koordinatenangaben noch fehlten. Der Vorstel-lung der Erde als Erdapfel geschuldet war schließlich der Globus des Nürnberger Martin Behaim (†1507), den der Entdeckungsreisende und Kartograf 1492 anfertigte.
Zur mittelalterlichen Kartografie s.: Edson, Evelyn, Savage-Smith, Emilie, Brincken, Anna-Dorothee von den (2005), Der mittelalterliche Kosmos. Karten der christlichen und islamischen Welt, Darmstadt 2005, 128 S., Farbabbildungen, € 24,90; Miller, Konrad (Hg.) (1916), Die Peutingersche Tafel, 1916, Nachdruck Stuttgart 1962 > M Miller, Peutingersche Tafel; Reichert, Folker (2013), Das Bild der Welt im Mittelalter, Darmstadt 2013 > R Reichert, Bild der Welt. [Buhlmann, 01.2006, 05.2015, 01.2020]

Mittelalterliches Weltbild: I. Das mittelalterliche Weltbild war ein geozentrisches, gespeist aus antiken und mittelalterlichen Vorstellungen der Naturphilosophie. Der Kosmos, das Weltall war auch ein musikalisches Klangbild von astronomisch begründeten Sphären. Die Erde war eine Kugel, bestehend aus dem schwersten der vier Elemente und damit "unten" im Zentrum des Kosmos angesiedelt. Der die Erde umgebende Kosmos (Welt, mundus) war eingeteilt in konzentrische, kugelförmige Sphären, die die Erde als Mittelpunkt hatten. Auf dem geozentrischen Weltbild der ionisch-antiken Naturphilosophie beruhend, unterschied man die Himmelssphären der sieben "Planeten" ("Wandelsterne") einschließlich Sonne und Mond. Hinzu kamen die noch sichtbare Fixsternsphäre (Firmament mit den Sternbildern und den Tierkreiszeichen) und die Sphäre des "ersten Bewegers" (primum movens) bzw. des "ersten Bewegten" (primum mobile), so dass es insgesamt neun Sphären gab. Das Firmament, von Gott jenseits der Fixsternsphäre in Bewegung gesetzt, rotierte dabei am schnellsten, innerhalb von 24 Stunden um die Erde und teilte diese Bewegung durch Reibung den anderen Sphären mit, ohne dass sich die Bewegung auch auf die Erde übertrug. Dieses Grundsystem von Erde und Kosmos ist dann vielfach modifiziert worden. Außerhalb der Fixsterne soll es einen Kristallhimmel (als primum mobile), einen Feuerhimmel (empyreum) und Gott (als primum movens) gegeben haben. Gott wurde u.a. als unendlich gedacht, so dass ein endlicher Sphärenkosmos im Unendlichen zu liegen kam. Dies hatte z.B. die Konsequenz, dass man auch darüber nachdachte, ob es in diesem Unendlichen nicht noch anderen "Erden" gab. Das Unendliche konnte dann in verschiedene "geistige" Himmel mit göttlicher Trinität und Engelschören zergliedert werden, wie dies u.a. die Schedelsche Weltchronik von 1493 wiedergibt. Da man unter Umständen auch die sublunare Sphäre in die Bereiche der vier Grundelemente Feuer, Luft, Wasser und Erde unterteilte, schwankte die Anzahl der Sphären gerade im Spätmittelalter zwischen acht und 14. Dazu kamen Modelle, die aus astronomischen Gründen - etwa nach Aristoteles (†322 v.Chr.) - über viel mehr Sphären verfügten, denn man wollte die Planetenbewegungen (mit ihren auftretenden Rückläufigkeiten) exakt nachahmen. Hier setzte sich aber die Epizykeltheorie des Claudios Ptolemäus (†n.160) durch, wonach die Planeten sich auf Kreisen (Epizykeln) bewegten, deren Mittelpunkte wiederum auf den Sphären (Deferenten) lagen. Das Phänomen des Auftretens der Planeten Merkur und Venus als "Morgen- und Abendsterne" löste man zumindest teilweise, indem man diesen Himmelskörpern heliozentrische Umläufe (um die Sonne) einräumte, so dass ein gemischt-geozentrisch-heliozentrischer Kosmos entstand. Als weitgehend kongruent zur Sphärensystematik wurde das Modell des kosmischen Eis empfunden, wobei das Ei mit der Schale als Firmament, dem Häutchen als Äther, dem Eiweiß als Wasser und dem Dotter als Erde die Sphären und Elemente abbildete. Dass schließlich bestimmte Sphären unterschiedlich "klangen", war Inhalt der antik-mittelalterlichen und unhörbaren Sphärenharmonie. Danach umfassten die Sphären von "Planeten" und Fixsternen eine Oktave von Tönen, wobei der Mond den tiefsten, der Fixsternhimmel den höchsten Ton erzeugte. II. Den Kosmos mochte man sich in seinen räumlichen Dimensionen endlich oder unendlich (unter Einschluss der "Unendlichkeit" und "Ewigkeit" Gottes) vorstellen, die zeitliche Endlichkeit der Welt war jedoch durch Bibel und christliche Lehre vorgegeben. Gottes Schöpfung stand am Anfang der Welt, das Jüngste Gericht an deren Ende, wobei man über das Kommen der Endzeit reichlich wenig wusste (Endzeiterwartungen, Parusie oder Wiederkunft Christi; Weltalterlehre). Die unbewegliche Erde befand sich im Mittelpunkt der kosmischen Sphären. Nach den meisten mittelalterlichen Vorstellungen war die Erde eine Kugel; nur wenige vertraten die Ansicht, dass sie eine Scheibe sei. Und so war z.B. für Christoph Kolumbus (†1506), dem Entdecker Amerikas, von vornherein klar, dass Ostasien auch durch eine Fahrt nach Westen erreicht werden konnte. Somit wurde bei den Verhandlungen um die Entdeckungsreise des Kolumbus nach Westen auch nicht die Kugelgestalt der Erde in Frage gestellt, sondern die Durchführbarkeit des Unternehmens, war man sich doch im Unklaren darüber, welches die Größe des Erdumfangs war. Der antike Astronom Eratosthenes (3. Jahrhundert v.Chr.) hatte diesen mit knapp 40.000 km recht genau ermittelt, der griechische Geograf Strabo (†23 n.Chr.) mit nur 27.000 km. Dagegen war auch aus antiken Schriften oder etwa von Beda Venerabilis (†735) her bekannt, wie man Erdkrümmung und Kugelgestalt der Erde nachweisen konnte (Sichtbarkeit eines Schiffes bis zum Horizont, Planetenauf- und -untergänge). Die Erde besaß gemäß dem mittelalterlichen Weltbild drei (von Menschen bewohnte) Kontinente, nämlich Europa, Afrika und Asien, das Letztere so groß wie die zwei anderen Landmassen. Diese Ökumene war umflossen vom Weltmeer, das Verhältnis von Wasser zu Land schwankte von 1 : 7 über 4 : 1 bis 11 : 1. Hinzukommen konnte in den Überlegungen der mittelalterlichen Gelehrten ein unbekannter vierter Südkontinent (terra australis incognita) mit seinen Antipoden ("Gegenfüßlern"). Dabei war zu beachten, dass gemäß der antiken Klimalehre, die die Erde in Zonen geografischer Breite vom arktischen bis zum heißen Äquatorklima unterteilte (Klimakarten, Zonenkarten), die Unbewohnbarkeit und Unüberschreitbarkeit der Äquatorgegend postuliert wurde. Nach dem Kirchenvater Augustinus (†430) sollen nämlich die Nachkommen der drei Söhne Noahs jeweils nur einen Kontinent besiedelt haben, so dass von daher keine Antipoden zu erwarten waren. Dem entsprach es, dass der biblische Missionsbefehl Jesu Christi sich wegen der "klimatischen Sperre" am Äquator doch nur auf die Nordhalb-kugel der Erde beziehen konnte. Mittelpunkt der Erde war dabei Jerusalem.
Zum mittelalterlichen Weltbild s.: Grant, Edward (1980), Das physikalische Weltbild des Mittelalters, Zürich-München 1980, 214 S., Abbildungen, DM 18,-; Grant, Edward (1987), Celestial Orbs in the Latin Middle Ages, in: Isis 78 (1987), S.153-173; Gurjewitsch, Aaron J. (1978), Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen, München 41989, 421 S., Abbildungen, DM 39,80; Simek, Rudolf (1992), Erde und Kosmos im Mittelalter. Das Weltbild vor Kolumbus, München 1992, 219 S., Abbildungen, DM 39,80. [Buhlmann, 10.1991-02.1992, 01.2020]

Mittelalterrezeption ist die Sichtweise nachmittelalterlicher Personen und Historiker auf die Epoche des Mittelalters, beginnend beim Humanismus, fortlaufend bis in die heutige Zeit. Mittelalterrezeption umfasst u.a. die Definition von Mittelalter als historischer Epoche und ein (jeweils unterschiedliches) Geschichtsbild über das Mittelalter. Mittelalterrezeption kann künstlerisch, literarisch oder wissenschaftlich erfolgen.
Vgl. dazu: Browne, Dik ([1994]), Hägar der Schreckliche. Heldengeschichten aus dem Leben des furchtlosen Wikingers, Lingen [1994], 160 S., Comics, DM N.N.; > Kompendium Mittelalter > Mittelalter-Rezeption, > Kompendium Mittelalter > Mittelalter-Rezeption in der Moderne: Historische Romane, [Buhlmann, 07.2020]

Mittelhochdeutsch: Das Mittelhochdeutsche gehört zur Gruppe der indogermanischen (indoeuropäischen) Sprachen und dort zu der der germanischen Sprachen, die wiederum aufgeteilt werden können in ost-, west- und nordgermanische Sprachen. Das Mittelhochdeutsche ist eine der (mittelalterlichen) Sprachperioden des Deutschen, ihm voraus ging das Althochdeutsche als westgermanischer Sprach-/Dialektverbund aus Alemannischem, Altfränkischem, Bayerischem, Langobardischem (ca.750-1050; punktuelle Überlieferung von historisch-literarischen Texten). Das Mittelhochdeutsche umfasst zeitlich das 11. bis 14. Jahrhundert (ca.1050-ca.1350) und gliedert sich in Frühmittelhochdeutsch (ca.1050-ca.1170), klassisches Mittelhochdeutsch (ca.1170-ca.1250) und Spätmittelhochdeutsch (ca.1250-ca.1350). Mittelhochdeutsch korrespondiert neben dem Mittelniederdeutschen (1200-1650) mit den deutschen Sprachlandschaften Oberdeutsch, Mitteldeutsch, Niederdeutsch. Das Mittelhochdeutsche ist auch wegen der Verwendung der lateinischen Schriftzeichen als Grapheme zu den Phonemen deutscher Dialekte nur uneinheitlich schriftlich überliefert; hinzu kommen innerhalb der schriftlichen Überlieferung fehlende Interpunktion, Uneinheitlichkeit beim Getrennt- und Zusammenschreiben sowie bei der Groß- und Kleinschreibung, die Verschriftlichung von Diphtongen und Umlauten, die Verwendung von Abkürzungen und Kürzeln. Vor dem Hintergrund der Kommunikation zwischen Menschen vermittelst Sprache, vor dem Hintergrund von Sprache und Sprechen (als "individueller Vollzug von Sprache") sind Phoneme kleinste phonologische Einheiten (Vokale, Konsonanten [Verschlusslaute/Reibelaute/Affrikaten/Nasal-, Liquid-Sonanten versus Labiale/Dentale/Gutturale]), Wörter (Verben, Nomina [Substantive, Adjektive], Fremd-, Lehnwörter) selbstständige Sinneinheiten, Sätze (Frage-, Aufforderungs-, Aussagesätze; Haupt-, Nebensätze, Genitivkonstruktionen) aus sprachlichen Einheiten als Satzgliedern syntaktitisch zusammengesetzt. Die Grammatik regelt dabei die Morphologie (als Gesamtheit der sprachlichen Bauformen) des Mittelhochdeutschen (Konjugation von [schwachen, starken] Verben, Verbalbildungen; [schwache, starke] Deklination der Nomina [Substantive, Adjektive, Adverbien, Pronomina). Das Mittelhochdeutsche unterlag vom Alt- zum Neuhochdeutschen einem Lautwandel (germanische, hochdeutsche Lautverschiebung; Grammatischer Wandel [Vernersches Gesetz]; Lautwechsel/-wandel im Vokalismus) sowie einem Wandel von der Wortbedeutung (Semantik) her (Wortbildung, Entlehnung, Wortfelder der höfischen Literatur). Mittelhochdeutsche literarische Texte sind dann überliefert u.a. als: hochhöfische Epik (Artusroman, Heldenepik), Minnesang (donauländischer Minnesang, "hohe Minne"), späthöfische Epik (Heldenepik, Dietrichepik), spätmittelalterliche Kleinepik (maere). Vgl. dazu: Weddige, Hilkert (1996), Mittelhochdeutsch. Eine Einführung (= C.H. Beck Studium), München 1996, XII, 210 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, DM 29,80, München 42001, XII, 210 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 14,90 [Buhlmann, 12.2022]

Mittelhochdeutsche Sangspruchdichtung des 13. Jahrhunderts. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg., übers. v. Theodor Nolte u. Volker Schupp (2011) (= RUB 18733), Stuttgart 2011, 515 S., € 15,80. Mittelhochdeutsche Sangspruchdichtung ist eine schwer abgrenzbare literarische Gattung, die man dadurch umschreiben kann, dass sie nicht Minnesang ist. Sangspruchdichtung betrifft hauptsächlich das 13. Jahrhundert und klingt im 14. und 15. Jahrhundert aus bzw. wird abgelöst von Minnerede, Reimchronistik und Meistergesang. Sangsprüche behandeln disparate Themen wie Religion und Politik, Lebenswirklichkeit und Gesellschaft, Lebenswelt der Sänger und Unterhaltung. Ausgewählt wurden Sangsprüche von: Meister (Wilder) Alexander (13. Jahrhundert, 2. Hälfte; alemannisch?), (Starker?) Boppe (13. Jahrhundert, Ende; Südwestdeutschland), Der von Buchein (ca.1262/63; alemannisch?), Hermann Damen (1282/1307; Rostock), Fegfeuer (13. Jahrhundert, 2. Hälfte), Frauenlob (Hermann von Meißen, †1317/18?), Friedrich von Sonnenburg (1250/75; Südtirol), Gast (13. Jahrhundert, 4. Viertel), Geltar (Gedrut, 1230/50; Bayern/Österreich), Der Goldener (13./14. Jahrhundert; Nordostdeutschland), (Pseudo-) Gottfried von Straßburg, Der Guter (13. Jahrhundert, 2. Hälfte; Mitteldeutschland), Der Hardegger (13. Jahrhundert, Mitte; St. Gallen?), Der Henneberger (Meiningen/Würzburg), Höllefeuer (v.1268), Der Junge Meißner (1303?; Tirol?), Der Junge Spervogel (Der Junge Stolle; ca.1200), Der Kanzler (13. Jahrhundert, Ende), Kelin (13. Jahrhundert, 2. Hälfte; oberdeutsch), Konrad von Würzburg (†1287), Leutold von Seven (13. Jahrhundert, Mitte; Steiermark?), Der Litschauer (13. Jahrhundert, 2. Hälfte?; Niederösterreich?), Der Marner (1230/v.1267; Schwaben), Der Meißner (13. Jahrhundert, 2. Hälfte; Ostmitteldeutschland), Reinmar der Fiedler (13. Jahrhundert, Mitte; Oberdeutschland), Reinmar von Zweter (13. Jahrhundert, 2. Viertel; Österreich/Franken?), Rumelant von Sachsen (13. Jahrhundert, 2. Hälfte; Bayern/Dänemark), Rumelant von Schwaben (1275/77), Schulmeister von Esslingen (1274/75), Sigeher (13. Jahrhundert, 3. Viertel; Südtirol?), Singauf (Mitteldeutschland), Stolle (Der Alte Stolle; 13. Jahrhundert, 2. Viertel oder 2. Hälfte), Süßkind von Trimberg (1218/25), Der Tannhäuser (13. Jahrhundert, Mitte; Franken?), Ulrich von Singenberg (1209/28; St. Gallen), Der Unverzagte (13. Jahrhundert, 4. Viertel), Walther von Breisach (1265/1300), Walther von der Vogelweide (*ca.1170-†ca.1230), Bruder Wernher (13. Jahrhundert, 2. Viertel; Bayern/Österreich), Zilies von Seine (13. Jahrhundert, 2. Hälfte; Sayn). [Buhlmann, 04.2012]

MMS = Münstersche Mittelalter-Schriften

Mo

Mocker, Ute, Mocker, Helmut, Werner, Matthias (1993), PC-Einsatz in den Geisteswissenschaften. EDV-Einsatz für das Studium sinnvoll nutzen (= dtv 50155), München 1993, 304 S., DM 22,90 > Kompendium Mittelalter > Wissenschaftsbetrieb: Computertechnologie [Buhlmann, 04.1994]

Möhlig, Andreas (2011), Reformatio und reclusio. Das Zisterzienserinnenkloster Sterkrade im Spätmittelalter, in: AHVN 212 (2009), S.71-97. Zunächst als Nonnenkloster im Jahr 1240 in Defth (bei Bottrop-Kirchhellen) gegründet, wurde die Frauenkommunität nach ihrem Umzug nach (Oberhausen-) Sterkrade (ca.1248, bis 1255) bald (1257/71) Teil des Zisterzienserordens. Das Kloster war der Zisterze Kamp unterstellt und hatte bis zu seiner Aufhebung im Jahr 1809 Bestand. Äbtissin Elisabeth von Stecke (1382-1418) leitete eine wirtschaflich prosperierende Gemeinschaft, die allerdings im 15. Jahrhundert zunehmend reformbedürftig erschien. So kam es unter Äbtissin Hadwig von Loe (1461-1473) zu bis Anfang 1465 dauernden Reformmaßnahmen (Wiederherstellung von Klosterdisziplin und Klausur bei Chorgebet, geistlicher Lesung und Handarbeit sowie Verzicht auf Privateigentum), die von Papst Pius II. (1458-1464) (Papsturkunde von 1461), dem klevischen Landesherrn, Herzog Johann I. (1448-1481), und dem Kamper Abt Heinrich von Ray (1452-1483) wirksam und auch gegen Widerstände von Sterkrader Nonnen (Beschwerdebrief von 1464) unterstützt wurden. In der frühen Neuzeit wurde das Kloster 1583 im Truchsessischen Krieg (1583-1589) stark in Mitleidenschaft gezogen; die Nonnen wichen nach Holten aus und kehrten erst 1623 wieder nach Sterkrade zurück. Nicht zuletzt auf Grund des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) blieb die wirtschaftliche Lage des Klosters jedoch weiterhin angespannt (Visitation von 1666). Auch schädigte der Siebenjährige Krieg (1756-1763) die Frauengemeinschaft schwer. [Buhlmann, 05.2011]

Mölig, Georg, Neddermeyer, Uwe, Schmitz, Wolfgang (Hg.) (2001), Spätmittelalterliche Geschichtsschreibung in Köln und im Reich. Die "Koelhoffsche" Chronik und ihr historisches Umfeld (= VKGV 43), Köln 2001, 160 S., Schwarzweißabbildungen, Diagramme, € 14,-. Spätmittelalterliche städtische Geschichtsschreibung im deutschen Reich befasst sich mit Stadtgeschichte (Stadtchronistik) zumeist im "universalen" Umfeld (biblische Geschichte, Reichsgeschichte). Beispiele von ("popularisierender", von Geistlichen oder Laien verfasster) Stadtchronistik finden sich für Augsburg (Sigmund Meisterlin), Erfurt (Nikolaus von Siegen), Helmstedt (Henning Hagen, Croneke van Helmstede), Mainz (Hermann Picator), Minden (Heinrich Piel), Nürnberg (Sigmund Meisterlin) (Uta Goerlitz, "Accepi [...] te poesis et historiarum fore audissimum exquisitorem". Der Mainzer Humanist und Historiograph Hermannus Piscator OSB und sein Umfeld; Uwe Neddermeyer, Einleitung: Städtische Geschichtsschreibung im Blickfeld von Stadthistorie, Inkunabelkunde, Literatur- und Historiographiegeschichte. Anmerkungen zu einer Textgattung) und nicht zuletzt für Köln (Gerlach vanme Hauwe, Nuwen boichs; Heinrich van Beeck, Agrippina; Koelhoffsche Chronik; Volker Henn, Städtische Geschichtsschreibung in Köln und im Hanseraum). Gerade die Koelhoffsche Chronik (oder Cronica van der hilliger Stat van Coellen) eines unbekannten Verfassers (1499) offenbart dabei Beziehungen zu anderen historiografischen Werken der damaligen Zeit (Schedelsche Weltchronik, Mainzer Sachsenchronik; Heinz Finger, Der Druck der "Koelhoffschen" Chronik im Kontext der Drucklegung zeitgenössischer Chronikausgaben; Christoph Reske, Die "Koelhoffsche" Chronik und ihre Beziehung zur Schedelschen Weltchronik sowie zur Mainzer Sachsenchronik aus buchwissenschaftlicher Sicht) und zur Tradition Kölner Geschichtsschreibung (Anna-Dorothee von den Brincken, Der universalhistorische Rahmen der "Koelhoffschen" Chronik und die bis 1499 im Druck zugängliche Chronistik; Carl August Lückerath, Cronica regia Coloniensis und Chronica Sancti Pantaleonis als Zeugnisse der mittelalterlichen Kölner Historiographie; Robert Meier, Zeitgemäßes und Unzeitgemäßes. Die "Koelhoffsche" Chronik und ihre Vorgängerin Agrippina im Vergleich). Die bis 1499 gedruckte Koelhoffsche Chronik des Kölner Verlegers Johann Koelhoff des Jüngeren umfasste über 700 Seiten und hatte bei einer geschätzten Auflage von 600 bis 1000 Stück einen hohen Verkaufspreis, was neben der niederdeutschen Sprache und dem Vordringen lateinischer gedruckter Bücher (Humanismus) den Absatz sehr erschwerte (Uwe Neddermeyer, Koelhoffs große Fehlkalkulation? Überlegungen zu Auflagenhöhe und Absatzchancen der Cronica van der hilliger Stat van Coellen). [Buhlmann, 11.2015]

Möller, Andreas (2021), Hechte. Ein Portrait, Berlin 2021, 159 S., zahlreiche Farb- und Schwarzweißabbildungen, Zeichnungen, € 20,-. Wladimir Putin, Siegfried Lenz, Boris Becker sowie zahlreiche andere Personen der Zeit- und Weltgeschichte mit Hechten in Verbindung zu bringen, ist keine leichte Übung und bedarf gewiss einer kreativen Recherche. Der Kulturjournalist und Angler Andreas Möller hat sich dieser Mühe unterzogen und in der Reihe "Naturkunden" eine Monografie über Esox lucius verfasst. Das Spektrum seiner Darstellung reicht von der Geburt über den Lebenszyklus bis zum Tod dieser Fische und wird in 18 Kapiteln stets eng mit dem Menschen verknüpft. Herausgekommen ist dabei ein schmaler Band, dessen Würze darin liegt, dass sich sein Verfasser nicht scheut, heute viel zu selten formulierte Wahrheiten über falsch verstandenen und doktrinär praktizierten Naturschutz beim Namen (Kormoran) zu nennen. Um den Hecht als Fisch geht es in diesem Buch dabei nur am Rande. Möller interessiert sich weit mehr für die kulturgeschichtliche Dimension des grünen und pfeilschnellen Raubfisches, den es - will man es überspitzt formulieren - ohne den Menschen wohl so nicht gäbe. Wie sehr der Hecht auch bei Menschen, die nicht angeln, tauchen, in Baggerseen baden oder Fische in der heimischen Küche zubereiten, zu einem "Gefährten" geworden ist, der uns sprachlich ("es zieht wie Hechtsuppe", "Haie des Süßwassers", "grandiose Hechtsprünge") auch dann begleitet, wenn wir ihn als Fisch und Lebewesen gar nicht vor dem geistigen Auge haben. Der Lesegenuss des über weite Strecken angenehm "altmodischen" Buches wird jedoch durch die übertriebenen Ausweise der Belesenheit Möllers etwas getrübt. Zum Glück verschont er uns aber mit Gendersternchen. Insgesamt ein interessanter Essay, der ganz nebenbei auch Einblicke in den längst vergangenen Alltag von Junganglern in der ehemaligen DDR vermittelt. [Bötefür, 10.2023]

Möller, Horst, Morizet, Jacques (Hg.) (1996), Franzosen und Deutsche. Orte der gemeinsamen Geschichte, München 1996, 308 S., DM 48,-. Deutschland und Frankreich, entstanden aus der gemeinsamen Wurzel des merowingisch-karolingischen Frankenreichs im frühen Mittelalter, sich ausbildend als europäische Königreiche im Verlauf des 9. bis 11. Jahrhunderts, lassen sich in ihrem Mit- und Gegeneinander in der europäischen Geschichte vom Mittelalter bis zur Moderne festmachen an den Residenzen und Hauptstädten Aachen, Versailles, Potsdam und Berlin (Karl Ferdinand Werner, Aachen - Aix-La-Chapelle; Jean-Cluade Allain, Das Schlß von Versailles; Horst Möller, "Wiederholte Spiegelungen": Potsdam, Berlin, Preußen in deutscher und französischer Perspektive; Jean-Luc Susini, Reims als historischer Ort), an den Transformationen der europäischen Umbrauchszeit an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert (Etienne Francois, Deutschland und die Französische Revolution; Ilja Mieck, Leipzig/Kassel: Napoleon, Madame de Stael, Völkerschlacht), am deutsch-französischen Gegensatz des 19. und 20. Jahrhunderts (Gerd Krumeich, Verdun: ein Ort gemeinsamer Erinnerung; Francois-Georges Dreyfus, Straßburg und der Rhein zwischen Frankreich und Deutschland; Franz Knipping, Das Ruhrgebiet zwischen Deutschland und Frankreich (1850-1950); Jean-Pierre Azéma, Vichy; Annette Wieviorka, Wie gedenkt man in Frankreich des Völkermords und der Deportation?). [Buhlmann, 07.2021]

Möller, Joseph (1992), Sinn des Lebens. Sinn der Geschichte. Grundzüge einer Geschichtsphilosophie (= PAE 17), Villingen-Schwenningen 1992, 144 S., DM 22,- > Kompendium Mittelalter > Geschichtsphilosophie [Buhlmann, 06.2018]

Möller, Reinhard (1975), Reduktion und Namenwandel bei Ortsnamen in Niedersachsen, in: BNF NF 10 (1975), S.121-156 > N Namenkunde

Möllmann, Ulrich, Die althochdeutschen Adjektive auf -sam (= StAhd 24), Göttingen 1994 > S Studien zum Althochdeutschen

Mömpelgard: Mömpelgard (Montbéliard) liegt in der Burgundischen Pforte und wird um 985 erstmals genannt. Die Burg Mömpelgard war ab dem 11./12. Jahrhundert Herrschaftszentrum einer Grafschaft in den Händen der Grafen von Bar bzw. Montfaucon. Am Ende des 14. Jahrhunderts bestand die Herrschaft Mömpelgard aus der Grafschaft und einigen Nebenherrschaften, die Nebenländer der "Quatre Terres" waren seit einer Erbteilung von 1321 von Mömpelgard getrennt, gelangten indes im 16. Jahrhundert wieder an Mömpelgard. Die Eheabsprache von 1397 betreffend die Heirat Graf Eberhards IV. von Württemberg (1415-1417) mit Henriette von Mömpelgard (*1384/91-†1444) begründete dann ein württembergisches Mömpelgard, d.h. ein in spätem Mittelalter und früher Neuzeit dynastisch mit der Grafschaft bzw. dem Herzogtum Württemberg verbundenes linksrheinisches Territorium. Im Reformationszeitalter wurde Mömpelgard, das Herzog Ulrich von Württemberg (1498-1550) zeitweise Zuflucht bot, lutherisch; im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert entstand die Renaissancestadt Mömpelgard. In den Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts wurde die württembergische Herrschaft Mömpelgard mehrfach französisch besetzt, konnte aber ihre Unabhängigkeit inmitten des Königreichs Frankreich weiterhin behaupten (so 1648, 1679 oder 1697). Das Ende der burgundischen Herrschaft Württembergs kam mit der Französischen Revolution (1789) und der Besetzung Mömpelgards (1792/93), der 1796/1802 der württembergische Verzicht auf das Nebenland folgte.
An neuerer Literatur zum württembergischen Mömpelgard seien genannt: Buhlmann, Michael (2007), Württembergisches Mömpelgard (= VA 30), St. Georgen 2007, 24 S., € 3,50; Kluckert, Ehrenfried (2001), Reise nach Mömpelgard. Kulturgeschichtliche Streifzüge ins schwäbische Frankreich, Stuttgart 2001, 254 S., DM 39,80; Lorenz, Sönke, Rückert, Peter (Hg.) (1997), Württemberg und Mömpelgard - 600 Jahre Begegnung (= Ausstellungskatalog), Stuttgart 1997, 56 S.; Lorenz, Sönke, Rückert, Peter (Hg.) (1999), Württemberg und Mömpelgard - 600 Jahre Begegnung / Montbéliard - Wurtemberg. 600 Ans de Relations (= SSWLK 28), Leinfelden-Echterdingen 1999, XI, 484 S., € 20,90. [Buhlmann, 04.2007]

Möncke, Gisela (2003), Gedruckte Rezesse des Provinzialkapitels der Benediktinerprovinz Mainz-Bamberg aus den Jahren 1482 bis 1524, in: SMGB 114 (2003), S.21-57. Die von Papst Benedikt XII. (1334-1342) dem Benediktinerorden gegebene Reformbulle Benedictina (1336) schrieb den Benediktinerklöstern eine geordnete Güterverwaltung, geistige Arbeit und innerklösterliche Ausbildung vor und verfügte eine Zentralisierung des Ordens mit 36 Ordensprovinzen - u.a. die Mainz-Bamberger Provinz für die süddeutschen Klöster - und Provinzialkapiteln. Für das 15. Jahrhundert ist dann allgemein ein verstärkter organisatorischer Zusammenschluss von Benediktinerkonventen zu beobachten, resultierend u.a. aus den Reformbewegungen des Benediktinertums (Bursfelder Reform, Melker Reform). Benediktinische Klöster in den Diözesen der Mainzer Kirchenprovinz und im Bistum Bamberg bildeten die Benediktinerprovinz Mainz-Bamberg mit ihren Äbteversammlungen als Provinzialkapiteln. Ausfluss der im Wesentlichen seit der Äbtekonferenz von Petershausen (1417) beim Konstanzer Konzil (1414-1418) alle zwei bzw. später alle drei Jahre stattfindenden Versammlungen von Vertretern der Benediktinerklöster der Ordensprovinz Mainz-Bamberg waren die zunächst abschriftlich, dann auch gedruckt verbreiteten Rezesse, die die Beschlüsse, d.h. die Provinzialstatuten der jeweiligen Provinzialkapitel in den Klöstern verbreiten sollten. So sind gedruckte Rezesse zwischen 1482 und 1524 überliefert von den Provinzialkapiteln von 1482 (Blaubeuren), 1485 (Ausgburg), 1487 (Mainz), 1490 (Nürnberg), 1493 (Hirsau), 1496 (Seligenstadt), 1499 (Würzburg), 1501 (Fulda), 1506 (Augsburg), 1509 (Erfurt), 1512 (Bamberg), 1515 (Mainz), 1518 (Würzburg), 1521 (Donauwörth), 1524 (Nürnberg). [Buhlmann, 08.2018]

Mörike, Eduard, deutscher Dichter: Eduard Mörike wurde am 8. September 1804 im württembergischen Ludwigsburg geboren, besuchte dort die Lateinschule (1811/17), danach die Uracher Klosterschule (1818/22) und studierte am Tübinger Stift Theologie (1822/26). Gemäß seiner theologischen Ausbildung bekleidete er im Königreich Württemberg verschiedene Stellen als Vikar in Oberboihingen, Möhringen (1826/27), Köngen (1827), Plattenhardt, Owen (1829/31) und Pfarrverweser in Eltingen (1831), Ochsenwang (1832/33), Weilheim (1833/34), Owen (1834), Ötlingen (1834), schließlich Pfarrer in Cleversulzbach (1834/43) bis zu seiner Pensionierung vom Pfarrdienst (1843). Parallel zu seiner Tätigkeit in der württembergisch-evangelischen Landeskirche erfolgte die als Schriftsteller, beginnend mit dem Ende der 1820er-Jahre. Mörikes erstes Werk, der Roman "Maler Nolten" erschien 1832 in einem Stuttgarter Verlag. Es folgten die "Gedichte" (1838), "Idylle am Bodensee" (1846), "Das Stuttgarter Hutzelmännlein", "Der alte Turmhahn" (1853), "Mozart auf der Reise nach Prag" (1855) u.a., neben seinen Briefwechseln mit Wilhelm Hartlaub, Moritz von Schwind, Theodor Storm oder Friedrich Theodor Vischer und seinen Grafiken und Zeichnungen. Nach 1856 war Mörike kaum noch schriftstellerisch tätig. Er war Lehrer am Stuttgarter Katharinenstift (1851/66) und - nach einer wieder gelösten Verlobung mit Luise Rau (1829/33) - ab 1851 mit Margarethe Speeth verheiratet, von der er die zwei Töchter Fanny (geb. 1855) und Marie (geb. 1856) hatte. Nach seiner Pensionierung von der Lehrertätigkeit am Katharinenstift lebte Mörike zeitweise in Lorch und Nürtingen, um nach Stuttgart zurückzukehren (1873). Nach schwerer Krankheit verstarb der Dichter am 4. Juni 1875 in Stuttgart; sein Leichnam wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof bestattet.
Als Werke von Eduard Mörike seien hier aufgeführt: Mörike, Eduard (1838), Gedichte (= Hamburger Leseheft 199), Husum o.J., 72 S., DM 2,40; Mörike, Eduard (1856), Mozart auf der Reise nach Prag. Novelle (= KdW), Offenburg o.J. [1946], 76 S., RM 1,30; Mörike, Eduard (1856), Mozart auf der Reise nach Prag. Erzählungen, Wien 1975, 144 S., ÖS N.N.; Mörike, Eduard (1856), Mozart auf der Reise nach Prag. Novelle (= Kleine Lesering Bibliothek, Bd.10), [Gütersloh] o.J., 76 S., DM N.N. Als Biografie über Eduard Mörike sei genannt: Quak, Udo (2004), Eduard Mörike. Reines Gold der Phantasie (= ATV 2064), Berlin 2004, 292 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, € 9,95. [Buhlmann, 09.2017, 09.2018, 01.2024]

Mombauer, Annika (2014), Die Julikrise. Europas Weg in den Ersten Weltkrieg (= BSR 2825), München 2014, 128 S., Karten, € 8,95. Die Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Ehefrau Sophie von Hohenberg am 28. Juni 1914 im bosnischen Sarajevo durch serbische Attentäter der revolutionären Bewegung "Junges Serbien" war der Anlass und Auslöser zum Ersten Weltkrieg (1914-1918), der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts". Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn - unterstützt durch den politischen "Blankoschec" des deutschen Kaisers Wilhelm II. und des Deutschen Kaiserreichs - arbeitete innerhalb des Zweibundes (Deutschland, Österreich-Ungarn) in der "Julikrise" 1914 zielstrebig auf einen Krieg gegen Serbien und damit unweigerlich auch gegen das russische Zarenreich. Die politische Reaktion auf das Attentat fiel zunächst verhalten aus; abgewartet wurde das Ende der Erntezeit und der französisch-russischen Verhandlungen in St. Petersburg, bis am 23. Juli - unter Übergehung Italiens (Dreibund) - das absichtlich unannehmbar gehaltene Ultimatum Österreich-Ungarns an Serbien ging. U.a. auf Einwirken Russlands hin lenkte Serbien weitgehend ein, u.a. die britische Diplomatie versuchte, einen Krieg zu verhindern. Am 28. Juli begann indes der Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien; der Logik der Bündnisse von Entente (Frankreich, Russland) und Zweibund entsprechend folgten die militärischen (Teil-) Mobilmachungen Russlands, Deutschlands und Frankreichs (31. Juli, 2. August). Gemäß den militärischen Erfordernissen des Schlieffenplans stellte Deutschland am 2. August dem neutralen Belgien ein Ultimatum, die Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich erfolgte am 3. August, die Großbritanniens an Deutschland am 4. August. Alles in allem wurde in der "Julikrise" ein europäischer Krieg gerade von den maßgeblichen politischen Kreisen in Österreich-Ungarn und Deutschland für unvermeidbar (und vom Zeitpunkt her für günstig) gehalten. Ausgelöst wurde der Erste Weltkrieg bewusst durch eine Politik des Täuschens von Seiten der Zweibundmächte, während sich Russland und Frankreich auf den Krieg einließen. [Buhlmann, 04.2014]

Momente. Beiträge zur Landeskunde von Baden-Württemberg, hg. v. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, behandelt landeskundlich-historische Themen quer durch die Epochen.
U.a. sind erschienen: H.1|2014 (2014), 48 S., Farbabbildungen, € 8,50, hat das Konstanzer Konzil (1414-1418) zum Thema. > K Konstanz: Konzil von Konstanz [Buhlmann, 05.2016]

Mommsen, Hans (1986), Archäometrie. Neuere naturwissenschaftliche Methoden und Erfolge in der Archäologie, Stuttgart 1986 > A Archäologie

Mommsen, Theodor (1892), Die Papstbriefe bei Beda, in: NA 17 (1892), S.387-396 > B Beda Venerabilis

Mongolische Geschichte: Mongolische Völker bzw. Stämme sind als Nomaden erstmals zurzeit der chinesischen Tang-Dynastie (618-906) bezeugt. Unter (Temüjin-) Dschingis Khan (1206-1227) kam es zur Einigung der Mongolen und zur Entstehung eines mongolischen Großreichs (1209 Unterwerfung der türkischen Uiguren, 1215 Eroberung Pekings, 1219/23 Eroberung Transoxaniens, 1223 Schlacht an der Kalka), das unter den Nachfolgern Dschingis Khans, den Großkhanen Ögedei (1227-1241), Güyügs (1246-1248), Möngke (1251-1259) und Qubilai (1264-1294), weiter ausgedehnt wurde (1234 Eroberung des Jin-Reiches in Nordchina, 1235 Hauptstadt Karakorum, ab 1240 Einbeziehung Tibets, 1241 Schlacht bei Liegnitz, 1252/76 Eroberung des Song-Reiches in Südchina, 1253 Mongolen im Iran, 1258 Eroberung Bagdads, 1260 Eroberung von Aleppo und Damaskus, 1274/78 Feldzüge gegen Japan, 1292 Angriff auf Java). Mit dem Großreich in Beziehung steht das "lange mongolische Jahrhundert" (13./14. Jahrhundert; administrative Strukturen des Vielvölkerstaats [quiriltai, Gesetzgebung, Armee, Steuern], Religionen, Kultur [Kleiderordnungen] und Wissenschaft, Handel und Verkehr, Pax Mongolica, europäische Gesandtschaften). Ab den 1260er-Jahren zerfiel das Großreich, es bildeten sich die Nachfolgereiche aus: die Goldenen Horde in Osteuropa (ab 1240er-Jahre; 1313/41 Herrschaft Özbegs und Islamisierung der Goldenen Horde, 1382 Zerstörung Moskaus, ab 1438 Teilung in Kazan-Khanat, Große Horde, Khanat von Astrachan und Krim-Khanat, 1552/54 Khanate von Astrachan und Kazan russisch, 1783 Krim-Khanat russisch), der ulus Caghatai mit Transoxanien (vor 1242; 13./14. Jh. Islamisierung, ab 1338 [türkische] Nachfolgekhanate, u.a. Mogulistan, 1370/1405 Timur Lenk und Timuridenreich [1399 Eroberung Delhis, 1400 Eroberung von Damaskus und Aleppo]; 16. Jh., Anfang Mogulreich), das Il-Khanat im Iran (1256-1335; ca.1300 Islamisierung, ab 1335 Zerfall und Timuridenreich) sowie die mongolische Yuan-Dynastie in China (1260-1368; 1264/94 Qubilai, ab 1323 Zerfall, 1368 Vertreibung der Mongolen bei mongolischen Ansprüchen auf China). Nach dem Ende des Yuan-Reiches dominierten in den Steppengebieten nördlich von China im 15. Jahrhundert politisch zunächst die mongolischen Oiraten (bis 1455 Kriege Esen Khans gegen die chinesische Ming-Dynastie), bis sich die Nachfahren Dschingis Khans unter Dayan Khan durchsetzten (1483/88) und die Mongolen unter der Herrschaft von Großkhanen geeint waren (Neuordnung der Mongolen in sechs Tümen und der Oiraten in vier Oyirad, 16. Jh. Durchsetzung des Buddhismus, kulturelle Blütezeit, 17. Jh. Mongolen und Tibet); mit Ligdan Khan ging das Großkhanat auch in Kämpfen gegen die Jürchen (Mandschu) unter (1634). Ab dem 17. Jahrhundert fanden sich die Mongolen zwischen Russland und China wieder, die Mongolen der "inneren" Mongolei gehörten zum chinesischen Qing-Reich der Mandschu (1644-1911), u.a. im Gefolge der Kriege von Khalkha-Mongolen und Chinesen gegen die Dzungaren (1718/39, 1754/59) führte auch zur Eingliederung der "äußeren" (Khalkha-) Mongolei in das Qing-Reich (Einrichtung des Bannersystems). Auch die Torgud-Mongolen (an unterer Wolga und Kaspischem Meer) wichen unter russischen Druck nach China aus (1771/77). Die Mongolei wurde im 19. Jahrhundert vielfach von Chinesen besiedelt, die Mongolen zunehmend unterdrückt (Widerstand und mongolische Reformbewegungen). Das Ende der Qing-Dynastie (1911), die chinesische Republik und die kommunistische Revolution in Russland (1917) führten zur Abtrennung der "äußeren" Mongolei von China, die unter (russisch-) sowjetischem Einfluss (mongolische Revolution von 1921) zur Mongolischen Volksrepublik wurde (1924; kommunistische [Allein-] Herrschaft und Wirtschaft, 1937/39 "Große Säuberung", ab 1948 Fünf-Jahres-Pläne, 20. Jh., 2. Hälfte starkes Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Hauptstadt Ulanbator). Im Zuge der Demokratisierung der Mongolei (ab 1989/90) folgte auf die Volksrepublik die heute bestehende Mongolische Demokratische Union (politische Parteien, Wirtschaftskrisen). Die zu China gehörende "innere" Mongolei stand in den 1920er-Jahren zwischen mongolischen Kommunisten und Nationalisten, Mongolen schlossen sich in den Jahren ab 1932 den japanischen Besatzern der Mandschurei an (Autonomie, Reformen, Kultur; 1940er-Jahre chinesischer Bürgerkrieg). Das Ende des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) bedeutete durch das militärische Eingreifen von Mongolischer Volksrepublik und Sowjetunion auch das Ende der japanischen Besatzung (1945); ab 1949 sollten die chinesischen Kommunisten die "innere" Mongolei (als Innermongolische Autonome Region) kontrollieren (Säuberungen und Verfolgungen auch im Rahmen der Kulturrevolution von 1966/76, chinesische Einwanderung, Umsiedlungen, ab 1990 demokratische Tendenzen unter den Mongolen) (nach: Kollmar-Paulenz, Mongolen).
Zur mongolischen Geschichte s.: Brent, Peter (1977), Das Weltreich der Mongolen. Dschingis Khans Triumph und Vermächtnis, Bergisch Gladbach 1988, 256 S. Abbildungen, Karten, DM 16,95; Dschingis Khan. Ein Weltreich zu Pferde. Das Buch vom Ursprung der Mongolen, hg. v. Walther Heissig (1985) (= Diederichs Gelbe Reihe 60), Köln 1985, 287 S., Abbildungen, DM 19,80; Kollmar-Paulenz, Karénina (2011), Die Mongolen (= BSR 2730), München 2011 > K Kollmar-Paulenz, Mongolen; Weiers, Michael (Hg.) (1986), Die Mongolen. Beiträge zu ihrer Geschichte und Kultur, Darmstadt 1986, XX, 632, [32] S., Abbildungen, DM 38,-; Weiers, Michael, Geschichte der Mongolen (= Urban Tb 603), Stuttgart 2004, 269 S., Karten, € 18,-. [Buhlmann, 06.2005, 10.2011]

Monheim, Ingeborg (1967), Aachen. Ein Stadtführer, Aachen 51989 > A Aachen

Monroe, Dave (2010), Philosophie für Verdorbene. Essays über Pornografie, Berlin 2011 > L Liebe und Sexualität

Montet, Pierre (1978), Ägypten. Leben und Kultur in der Ramses-Zeit, Stuttgart 21982 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Montgomery, Sy (2019), Der Ruf der rosa Delfine. Wie die schlauen Säugetiere uns in die letzten Geheimnisse des bedrohten Amazonas einweihen, Hamburg 2020, 272 S., Illustrationen, € 24,-. Delfine zählen zu den beliebtesten Meeressäugetieren und wurden seit der Antike mit zahlreichen menschlichen und göttlichen Eigenschaften versehen. Die rosafarbenen Flussdelfine Südamerikas waren über viele Jahre "Forschungsgegenstand" der US-amerikanischen Autorin Sy Montgomery, der es vor allem die mit den seltenen Tieren einhergehende Vermenschlichung im südamerikanischen Kulturkreis angetan hat. Seit ihrem 2017 auch auf Deutsch erschienen Bestseller "Rendezvous mit einem Oktopus. Extrem schlau und unglaublich empfindsam. Das erstaunliche Seelenleben der Kraken" zählt Montgomery zur Crème de la Crème der sog. "Nature Writers", was in ihrem Falle besonders bemerkenswert ist, denn die studierte Romanistin und Psychologin kann sich auf keinerlei naturwissenschaftliche Hochschulausbildung berufen. Für kulturgeschichtlich und soziologisch interessierte Leser ist dieser Umstand jedoch ein Segen, denn die Autorin, die auf ihrer Suche nach den sagenumwobenen Delfinen ganze viermal in den lebensgefährlichen Dschungel Brasiliens und Perus gereist ist, legt ihr Augenmerk weniger auf die tatsächlichen biologischen und evolutionären Eigenschaften der Tiere. Sie bespiegelt in ihrem sehr lesenswerten Buch vor allem das mythische Verhältnis der indigenen und iberisch-stämmigen Bewohner der Amazonasregion zu den scheuen Süßwasserdelfinen. Dreh- und Angelpunkt ihres als Reisebericht aufgemachten Buches, das auch sämtliche Schrecken in Form von Schlangen, Spinnen und Ameisen enthält, ist die Legende von "Encante", jenes verzauberten und unter der Oberfläche des Amazonas vermuteten Ortes, an dem die rosafarbenen Tiere leben und sich mitunter nach der Liebe schöner, junger Menschen verzehren. Ihre Sehnsucht gehe nach Auskunft der von Sy Montgomery aufgesuchten Fachleute (Biologen, Wildhüter und Journalisten) soweit, dass die Eltern der Auserwählten es vorzögen, von den Ufern des Flusses wegzuziehen. In die sowohl informative als auch unterhaltsame Lektüre mischen sich leider auch haarsträubende Fehler. So geht Montgomery davon aus, dass es sich bei Aalen nicht um Fische handle und sie verwechselt mitunter auch Säugetierarten. Hier hätte ein sachkundiges Lektorat nicht nur eine Trübung des Lesevergnügens vermieden, sondern auch dazu beigetragen, die aufgrund fehlender naturwissenschaftlicher Qualifikation ohnehin in Deutschland angezweifelte Expertenschaft der Autorin nicht noch weiter zu beschädigen. Trotz solcher Ungereimtheiten ist ihr Amazonas-Buch für Soziologen und Völkerkundler eine lohnende Informationsquelle. [Bötefür, 09.2021]

Moore, Michael (2001), Stupid White Men. Eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush, München-Zürich 202003 > U US-amerikanische Geschichte

Moosbauer, Günther (2018), Die vergessene Römerschlacht. Der sensationelle Fund am Harzhorn, München 2018, 201 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 19,95. I. Im Verlauf des 2. Jahrhunderts n.Chr. erwuchsen dem das Mittelmeer und die angrenzenden Gebiete umfassenden römischen Reich militärische Probleme mit den Germanen(stämmen) entlang Rhein und Donau (agri decumates zwischen Rhein und Donau mit obergermanisch-rätischem Limes, römisches Dakien; gesellschaftliche Veränderungen im Barbaricum, germanische Fürsten als Verbündete oder Gegner Roms [Fürstengräber] und deren Kampfverbände). Die bis zu Kaiser Antoninus Pius (138-161) geübte Grenzpolitik der Abschottung gegenüber den Germanen erwies sich spätestens ab den Markomannenkriegen (167-175, 178-180) unter den Kaisern Marc Aurel (161-180) und Commodus (180-192) als hinfällig. Weitere römisch-germanische Auseinandersetzungen sollten folgen, so unter den Kaisern Caracalla (211-217) (Feldzug in die Main-Tauber-Regnitz-Region von Rätien aus 213) und Severus Alexander (222-235) (Germaneneinfälle im Maingebiet 233) , wobei sich das römische Reich auch mit dem Reich der Parther bzw. (ab 224/27) der Sassaniden (und damit an zwei Fronten) militärisch beschäftigen musste (römische Niederlage gegen die Parther 217; römischer Feldzug gegen die Perser 231). II. Ein von Severus Alexander lang (234/35) geplanter Germanenfeldzug wurde nach der Ermordung des Kaisers in Mainz (235) von dessen damals vom Heer erhobenen Nachfolger Maximinus Thrax (235-238) unternommen (235). Die römischen Truppen (Legionäre, Reiterei, Artillerie, Tross) passierten (wohl in der Gegend von Butzbach) den obergermanischen Limes, maschierten zur Lahn und erreichten nach dem Durchmarsch durch weitgehend unbesiedeltes Gebiet die Siedlungsräume der westgermanischen Chatten (Fritzlar-Waberner Becken). Von Hedemünden a.d. Fulda wandte sich das Heer nach Osten ins Thüringer Becken (Lagerplatz bei Hachelbich), dem Siedlungsgebiet der Hermunduren, wo es erstmals zu Kämpfen kam. Über das Saaletal wurde die Elbe erreicht und damit der Siedlungsraum der elbgermanischen Sueben. Die Römer rückten verwüstend und plündernd weiter vor. An der Elbe schlugen sie unter großen eigenen Verlusten die Sueben in der "Schlacht am Moor" (nördlich Magdeburg?). Der Rückmarsch der römischen Truppen erfolgte weiter westlich, wobei es an der Engstelle des Harzhorns, eines Ausläufers des Harzes, zu einer weiteren (archäologisch gut dokumentierten [Waffen, Ausrüstung, Gerätschaften, Plünderungsgut]) Schlacht kam. Die Römer konnten sich den Weg Richtung Hedemünden freikämpfen. Über Hedemünden wurde dann Mainz als Winterlager der Truppen erreicht. III. Der Feldzug des Maximinus Thrax zeigt, dass es dem römischen Heer prinzipiell jederzeit möglich war, den Krieg auch in das feindliche germanische Gebiet zu tragen. Dies galt für die Zeit der "römischen Reichskrise" (3. Jahrhundert; Germaneneinfälle [Alemannen, Franken], Perserkriege, Gallisches Sonderreich [260/74], Aufgabe des obergermanisch-rätischen Limes [259/60 bzw. n.290?]) nach der Ermordung des Maximinus Thrax (238) wie für die Spätantike (4./5. Jahrhundert; Reformen der Kaiser Diocletian [284-305] und Konstantin I. [306-337]). [Buhlmann, 07.2019]

Morenz, Siegfried (1964), Gott und Mensch im Alten Ägypten, Darmstadt 21984 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Morfill, Gregor (1991), Scheingraber, Herbert, Chaos ist überall ... und es funktioniert (= Ullstein Tb 35343), Frankfurt a.M.-Berlin 1991 > U Universum

Morrissey, Christoph (1997), Vor- und frühgeschichtliche Wallanlagen auf der Baar-Alb, in: TutHbll NF 60 (1997), S.10-23. Im Gebiet der Baaralb (um Geisingen, Spaichingen und Tuttlingen, zwischen Baar, Hegau und Randen) findet sich eine Reihe von Wallanlagen, die teilweise in die späte Jungsteinzeit (5./4. Jahrtausend v.Chr.), in die Urnenfelderzeit (11./8. Jahrhundert v.Chr.), in die keltische Zeit (8./1. Jahrhundert v.Chr.) bzw. ins Früh- (8./10. Jahrhundert n.Chr.) und Hochmittelalter (11./13. Jahrhundert) zurückreichen. Der jungsteinzeitlichen Michelsberger Kultur könnten angehören die Wallanlagen Hörnekopf (bei Geisingen) und Blatthalde (bei Unterbaldingen), aus der Urnenfelderzeit stammen wohl die ersten Befestigungen auf dem Dreifaltigkeitsberg (bei Spaichingen), hallstattzeitlich (8./5. Jahrhundert v.Chr.) ist der Darrendobel beim Talhof. Mittelalterlich sind die Anlagen Ehrenberg und Schänzle (bei Geisingen), Schanze (bei Kirchen), Heidenberg (bei Ippingen) und die Befestigungen beim Kloster Amtenhausen. Hinsichtlich Kirchens (Kirchheims) kann die Wallanlage auf dem Bergle mit dem in alemannisch-fränkischer Zeit bezeugten Ort Chiriheim (764) in Verbindung gebracht werden, der wiederum auf Grund von dort aufgefundenen Gräbern mindestens ins 7. Jahrhundert zu datieren ist; seit dem hohen und späten Mittelalter wurde der Hang, auf dem die Befestigung lag, landwirtschaftlich genutzt (Ackerbau, Holznutzung). [Buhlmann, 01.2012]

Morrissey, Christoph (2001), Archäologisch-geographische Beobachtung zur Kulturlandschaft am Beispiel des Bergles bei Kirchen-Hausen auf der Baar-Alb, in: TutHbll NF 64 (2001), S.109-124. Der Ort Kirchen (-Hausen) ist in alemannisch-fränkischer Zeit als Chiriheim (764) bezeugt, reicht mindestens ins 7. Jahrhundert zurück und besaß damals mit der Wallanlage Schanze eine frühmittelalterliche Befestigung auf dem Bergle. Seit dem hohen und späten Mittelalter wurde der Hang, auf dem die Befestigung lag, indes landwirtschaftlich genutzt (Ackerbau, Holznutzung), worauf u.a. Terrassierungen hindeuten. [Buhlmann, 01.2012]

Morrissey, Christoph, Müller, Dieter (1999), Die Wallanlagen auf den Geisinger Bergen bei Geisingen (Landkreis Tuttlingen) und Bad-Dürrheim-Unterbaldingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) (= Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg, Bd.2, H.7), Stuttgart 1999, 55 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Kartenbeilagen, DM 24,-. I. Unmittelbar nördlich des Baarortes Geisingen befinden sich die Geisinger Berge der Baaralb. Auf den Geisinger Bergen finden sich die Wallanlagen der "Ehrenburg" (äußerer Abschnittswall, Hauptwall), des "Hörnekapf" (innerer, äußerer Wall, Toranlage) und des "Schänzle" (Abschnittswall, Graben), die auf Grund fehlender Funde zeitlich nicht eingeordnet werden können. II. Ebenfalls zur Baaralb gehört die Wallanlage auf der "Blatthalde" (bei Bad Dürrheim-Unterbaldingen) (Abschnittsbefestigung); in ihrer Umgebung wurden frühhallstattzeitliche Keramikreste aufgefunden. III. Neben der zeitlichen Einordnung der vor- und frühgeschichtlichen Bodendenkmäler steht deren Funktion selbst (als Befestigung, als kultische Anlage?) in Frage. [Buhlmann, 07.2014]

Morrissey, Christoph, Müller, Dieter (1999), Die Wallanlagen bei Kirchen-Hausen und Leipferdingen (Stadt Geisingen, Landkreis Tuttlingen) (= Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg, Bd.2, H.8), Stuttgart 1999, 39 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Kartenbeilagen, DM 20,-. Östlich vom Baarort Geisingen liegen über dem Tal der Aitrach die Schanze auf dem "Bergle" bei (Geisingen-) Kirchen-Hausen (Wall, Graben) und die Befestigung "Heidenlöcher" bei (Geisingen-) Leipferdingen (Wall, Graben). Deren Zeitstellung kann weitgehend nicht bestimmt werden. Immerhin fand man hallstattzeitliche Keramik in der Nähe der Leipferdinger Wallanlage. Und die (dann als frühmittelalterliche einzuordnende) Schanze bei Kirchen-Hausen stand vielleicht in Verbindung mit dem zu 764 erstmals als Chiriheim erwähnten Kirchen; für Kirchen kann archäologisch eine mindestens bis ins 7. Jahrhundert zurückreichende Siedlungskontinuität (merowingerzeitliche Gräber) angenommen werden, der Ort verfügte nach Ausweis des Ortsnamens im 8. oder womöglich schon im 7. Jahrhundert über eine Kirche, eine der "Urkirchen" der Baar; Chiriheim besaß im frühen Mittelalter zudem zentralörtliche Funktionen zwischen Baar, Hegau und Donau. [Buhlmann, 07.2014]

Morrissey, Christoph, Müller, Dieter (1999), Die Wallanlagen bei Wurmlingen, Tuttlingen-Möhringen und Tuttlingen-Eßlingen/Seitingen-Oberflacht (Landkreis Tuttlingen) (= Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg, Bd.2, H.10), Stuttgart 1999, 40 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Kartenbeilagen, DM 20,-. Verwiesen sei auf die zeitlich noch unbestimmte "Schwedenschanze" auf dem Aienbuch östlich von Wurmlingen, weiter auf zwei ebenso zeitlich unbestimmbare, vor- und frühgeschichtliche (?) Bodendenkmäler, den Schanzgraben auf dem Mühleberg bei Tuttlingen-Möhringen und die Wallanlage auf dem Kohlberg bei Tuttlingen-Eßlingen/Seitingen-Oberflacht. Alle Anlagen liegen in den Geisingen-Spaichinger Waldbergen nordwestlich, westlich bzw. südwestlich von Tuttlingen. [Buhlmann, 10.2012]

Morrissey, Christoph, Müller, Dieter (1999), Die Wallanlagen bei Ippingen und Zimmern (Gemeinde Immendingen, Landkreis Tuttlingen) (= Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg, Bd.2: Vor- und frühgeschichtliche Befestigungen, H.9), Stuttgart 1999 > B Bader, Amtenhausen

Mortimer, Charles E. (1973), Chemie. Das Basiswissen der Chemie, Stuttgart-New York 51987 > C Chemie

Mossé, Claude (1979), Der Zerfall der athenischen Demokratie (404-86 v.Chr.), Zürich-München 1979 > A Athenische Demokratie

Mozart, Wolfgang Amadeus, deutsch-österreichischer Musiker: Wolfgang Amadeus Mozart, geboren am 27. Januar 1756 in Salzburg, gestorben am 5. Dezember 1791 in Wien, war ein "musikalisches Wunderkind", das früh (1766/71) durch seine ersten musikalischen Kompositionen (Schuloper, Singspiel, Messe) auffiel. Mozart war Konzertmeister in Salzburg, der Residenzstadt des Salzburger Hochstifts (1772/77), hielt sich auf Stellensuche danach u.a. in Mannheim auf, um als Hoforganist wieder nach Salzburg zurückzukehren (1779/81). Seine letzten Lebensjahre (1781/91) verbrachte Mozart als freischaffender Komponist hauptsächlich in Wien, wobei in der 2. Hälfte der 1780er-Jahre die musikalischen Misserfolge überwogen. Die finanziellen Verhältnisse Mozarts blieben trotz durchschnittlich großer Einnahmen auf Grund größerer Ausgaben prekär; Mozart war Mitglied von Wiener Freimaurerlogen. Der frühe Tod Mozarts gab zu Spekulationen Anlass, die Mozart-Rezeption und historische Aufarbeitung der Person basiert u.a. auf den zahlreichen Briefen des Musikers und seinem musikalischem Werk (Opern, Messen, Requiems, Sinfonien, Klavierkonzerte, Orchesterwerke, Kammermusik, Lieder, Kanons; Köchelverzeichnis).
Das Opernwerk Mozarts (frühe Opern: Schuldigkeit des ersten Gebots 1767, Apollo et Hyacinthus 1767, Bastien und Bastienne 1768; Opera buffa: La finta semplice 1768, La finta giardiniere 1775; Opera seria: Mitridate re die Ponto 1770, Lucio Silla 1772, Il re pastore 1775; "große opera" Idomeneo re die Creta 1781; Entführung aus dem Serail 1782; italienische Musikkomödien Le nozze di Figaro 1785/86, Don Giovanni 1787, Cosi fan tutte 1789/90; Opera seria La clemenza di Tito 1791; "große Oper" Zauberflöte 1791) beleuchtet eindringlich: Kunze, Stefan, Mozarts Opern, Stuttgart 1984, 687 S., Schwarzweißsabbildungen, Notenbeispiele, DM 89,-. [Buhlmann, 02.2018]

Mozes Kor, Eva, Rojani Buccieri, Lisa (2009), Ich habe den Todesengel überlebt. Ein Mengele-Opfer erzählt (= cbj 40109), München 42012, München 82012 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

MPIG = Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte

Mrusek, Hans-Joachim (1972), Baukunst in Deutschland: Romanik, Leipzig 1972, 236 S., Schwarzweiß-, Farbtafeln, Pläne, Karte, M 22,-. Romanik ist eine europäische Kunst- und Architekturrichtung des Mittelalters, mit dem Vorlauf der karolingischen (ca.750-950) und ottonischen Kunst (919-1024) zeitlich unterteilbar in Frühromanik (1024-1080), Hochromanik (1080-1190) und Spätromanik (1190-1235). Zur romanischen Architektur gehören massive Wände und Deckengewölbe aus Stein, Säulen mit Würfelkapitellen, bei Gotteshäusern die Dreischiffigkeit des Langhauses (Basilika), die Joche des Langschiffs, Obergadenfenster, rundbogige Fenster und Türen, Mehrturmanlagen; die Grundrisse der romanischen Bauten basieren auf den geometrischen Formen von Rechtecken (Lang-, Querhaus), Quadraten (Vierung, Türme) und Halbkreisen (Apsiden); Kirchen waren überwiegend Longitudinalbauten, es gab aber auch Zentralbauten. Romanik äußerte sich ebenfalls in Skulptur und Plastik (Kirchentympana, freistehende Großplastiken) sowie in der Buch- und Wandmalerei. Betrachtet werden Beispiele der Sakral- und Profanarchitektur aus: Aachen, Andernach, Bamberg, Corvey, Drubeck, Eckartsburg, Essen, Freckenhorst, Freckleben, Freiberg, Gadebusch, Gandersheim, Gelnhausen, Gernrode, Gnandstein, Göllingen, Goseck, Goslar, Halberstadt, Halle-Böllberg, Hamersleben, Havelberg, Hersfeld, Hildesheim, Jerichow, Kavelstorf, Koblenz, Köln, Königslutter, Komburg, Konradsburg, Ladenburg, Landsberg, Lehnin, Limburg, Lobdeburg, Lorsch, Magdeburg, Maria Laach, Mayen, Memleben, Merseburg, Minden, Münster, Murrhardt, Naumburg, Neuenburg, Neuss, Nordhausen, Nürnberg, Paderborn, Paulinzella, Petersberg, Prozelten, Quedlinburg, Querfurt, Regensburg, Rheda, Rohr, Saalfeld, Schönburg, Soest, Speyer, Trier, Wartburg, Wechselburg, Worms. [Buhlmann, 02.2018]

MS = MittelalterStudien (des Instituts zur Interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens, Paderborn)

MTU = Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters

Mu

Müchler, Günter (2019), Napoleon. Revolutionär auf dem Kaiserthron (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2019), Darmstadt 2019 > N Napoleon

Mühe, Richard, Kahlert, Helmut (1983), Die Geschichte der Uhr. Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen, München 1983, 160 S., Schwarzweiß-, Farbfotos, DM 36,-. Zeit in menschlichen Gesellschaften war von Anfang an mit Zeitmessung verbunden. Die Drehung der Erde um sich selbst (Tag-Nacht-Rhythmus) und um die Sonne (Jahr), die Drehung des Mondes um die Erde (Monat) waren und sind dabei astronomische Zeitmarken, die menschliche Technik ab- und nachzubilden versuchte. Ein technisches Mittel der Zeitmessung war und ist die Uhr, zunächst als Sonnen-, Wasser-, Sand- und Feueruhren, dann - nach der Erfindung der Räderuhr im späten Mittelalter (ca.1300 [Italien, England]) - die mechanischen Uhren (mit den Bauteilen: Antrieb [Aufzugsvorrichtung], Räderwerk, Anzeige, Hemmung [Spindel, Anker], Gangregler [Pendel, Unruhe], Schlagwerk). Erste Räder-, Kirchturm- und astronomische Monumentaluhren stammen aus dem 14. Jahrhundert (Sraßburger Münsteruhr 1353; "öffentliche Zeit"), es folgten gotische Stuhluhren und Wanduhren (Gotik: 14. Jahrhundert-ca.1640), Tisch- und tragbare Uhren im Renaissancestil (Renaissance: 15./16. Jahrhundert), Hals- und Sackuhren (Uhren in Eiform, 16./17. Jahrhundert). Ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert konnte das Konzept der Räderuhr - gerade was die Ganggenauigkeit betraf - mit Pendel und Feder weiter ausgebaut werden; es entstanden bis zum 19. Jahrhundert Stutzuhren und Pendulen, Wanduhren und Bodenstandsuhren, Taschenuhren ("Zwiebeln", Karossen-, Satteluhren u.a.); an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kamen auch Armbanduhren auf. Die Zeit zwischen 1670 und 1720 markiert dann den Beginn der Schwarzwälder Uhrmacherei mit ihren Holzuhren. Die Schwarzwälder Uhrmacherei sollte sich im 18. und 19. Jahrhundert durch Fortschritte in ihrer Uhrentechnik (Verwendung von Messingrädern, Glockenuhren; Diversifikation [Schwarzwalduhr, Schottenuhr, Jockeleuhr, Sorgührchen; Kuckucksuhren, Figurenuhren, Musikuhren]) massiv ausweiten, ablesbar an der Zahl der hergestellten Uhren, an den Produktionsbedingungen (Hausgewerbe: Uhrmacher, Schildmaler u.a.) und dem Uhrenhandel (ambulante Händler). Das 19. und 20. Jahrhundert sahen das Aufkommen einer Schwarzwälder Uhrenindustrie. Im 20. Jahrhundert traten neben die Räderuhren elektrisch betriebene Stimmgabeluhren und Quarzuhren; Atomuhren ermöglichen die genaueste Messung der Zeit. > U Uhren [Buhlmann, 07.2020]

Mühlbacher, Engelbert (1896), Deutsche Geschichte unter den Karolingern, 2 Bde., Essen o.J. [1980] > K Karolinger

Mühle, Eduard (2011), Die Piasten. Polen im Mittelalter (= BSR 2709), München 2011, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 8,95. Die Piasten waren eine polnische Herzogs- und Königsfamilie, die aufs Engste mit der mittelalterlichen Geschichte Polens verbunden ist. Die Anfänge piastischer Herrschaftsbildung um Gnesen scheinen sich ins 9. Jahrhundert zurückführen zu lassen (Burgenbau, Gründungsmythos); im Verlauf des 10. Jahrhunderts kam es zu einer Verdichtung piastischer Machtstellung, woraus sich Kontakte mit dem ostfränkisch-deutschen Reich der ottonischen Könige und die Christianisierung der sich als Polen konstituierenden Herrschaft (Bezeichnung Polani, Poloni u.a, um 1000) ergaben. Die Reichsbildung (Reichsgründung) erfolgte dann unter den Piasten Mieszko I. (†992) und Boleslaw I. Chrobry (992-1025); der "Akt von Gnesen", als Kaiser Ottos III. (984-1002) das Grab des heiligen Märtyrers Adalbnert (†997) besuchte (1000), stand dabei für die enge politische Zusammenarbeit zwischen polnischem Herzog und deutschem Herrscher und wurde zur Grundlage der Unabhängigkeit piastischer Herzogsgewalt und der Eigenständigkeit der sich ausformenden polnischen Kirche (Gründung des Erzbistums Gnesen). Der Herrschaftsbereich Boleslaws umfasste - auch gegen den deutschen König Heinrich II. (1002-1024) - neben dem piastischen Kernraum um Gnesen und Posen (Großpolen) Schlesien, Krakau, zeitweise Gebiete bis zur Ostsee und Böhmen; 1025 wurde Boleslaw zum König gekrönt, das Königtum blieb mit den Piasten im Wesentlichen bis 1079 verbunden, wobei die Nachfolger Boleslaws - unter ihnen Mieszko II. (1025-1034) und Kasimir I. (1034-1058) - immmer wieder mit Krisen der piastischen Königsherrschaft zu kämpfen hatten. Ab dem endenden 11. Jahrhundert, nach dem endgültigen Scheitern der Königsherrschaft, war die piastische Herrschaft über Polen in verschiedene Herzogtümer zergliedert (Senioratsverfassung, Piasten als domini naturales), Amtsträger der Herrscher (ius ducale, Dienstorganisation) und polnische Große bestimmten zunehmend die Politik. Unter dem ideellen Dach des regnum Poloniae gab es im 12. Jahrhundert vier Teilfürstentümer (Großpolen, Kleinpolen, Schlesien, Masowien), deren Zahl sich ab den 1170er-Jahren durch Teilungen noch beträchtlich erweiterte. Dennoch und trotz der Emanzipation des Adels und der polnischen Kirche von den Herzögen (libertas ecclesiae, organisatorische Verdichtung) war das 13. Jahrhundert für die Teilfürstentümer auch auf Grund starken gesellschaftlichen Wandels eine Zeit der Herrschaftsverdichtung (Geldpolitik, Landesausbau). 1295 konnte der Krakauer Teilfürst Przemysl II. (1290-1291, 1295-1296) wieder das Königtum erlangen. Unter den Königen Wladyslaw I. Ellenlang (1306-1333) und Kasimir I. (III.) dem Großen (1333-1370) entstand - auch gegen Übergriffe der böhmischen Herrscher - ein vereinigtes Polen, das sich unter Verzicht auf Schlesien (an Böhmen) und die Pommerellen (an den Deutschen Orden) nach Osten (Halicer Rus, Podolien) ausdehnte. Gleichzeitig gelang eine Intensivierung monarchischer Macht. Mit Kasimir dem Großen starben die Piasten im Mannesstamm aus (1370). [Buhlmann, 07.2011]

Mühleisen, Hans-Otto, Ott, Hugo, Zotz, Thomas (Hg.) (2001), Das Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald. Studien zu seiner Geschichte von der Gründung im 11. Jahrhundert bis zur frühen Neuzeit (= VAI 68), Waldkirch 2001, 322 S., DM 58,-. Die Mönchsgemeinschaft in St. Peter war Hauskloster und Grablege der Zähringer. Die Ursprünge der Kommunität liegen in Weilheim, in einem 1073 oder davor gegründeten Eigenkloster oder -stift, das nach 1078 - erzwungen durch kriegerische Ereignisse, von denen besonders Schwaben in den Jahrzehnten des Investiturstreits betroffen war - an das Kloster Hirsau, frühestens 1085 an Herzog Berthold II. von Zähringen (1078-1111) gelangte. Dieser ließ dort ein Hauskloster errichten, änderte aber gegen 1090 seine Pläne und ließ bis 1093 die geistliche Kommunität eben nach St. Peter im Schwarzwald verlegen. Hier entwickelte sich in kurzer Zeit ein benediktinisches Reformkloster, das mit dem Privileg Papst Urbans II. (1088-1099) vom 10. März 1095 der römischen Kirche unterstellt wurde. Ausfluss des zunehmenden Wohlstands der Mönchgemeinschaft, die mit Schenkungen der Zähringerherzöge und von deren Ministerialen begabt wurde, war der hauptsächlich im 12. Jahrhundert angelegte Rotulus Sanpetrinus, eine Pergamentrolle u.a. mit Traditionsnotizen, die einen guten Einblick in die sich entwickelnde klösterliche Grundherrschaft gibt. Das Kloster wurde dabei von den Zähringerherzögen bevogtet, wobei der Rechtsakt vom 27. Dezember 1111, in dem der zähringische Verzicht auf erbrechtliche Ansprüche an Kloster und Klostergüter geregelt wurde, die auch herzogliche Vogtei über St. Peter mitbegründen half. Bis 1218 blieb dann die zähringische Kloster- und Stiftervogtei unbestritten, die Auseinandersetzungen nach dem Tod des söhnelosen Herzogs Berthold V. (1186-1218) endeten mit der Übernahme der Vogtei durch Bertholds Neffen Graf Egino V. dem Jüngeren von Urach und Freiburg (†1236/37) (1221/26), der nun advocatus ac defensor ("Vogt und Verteidiger") der Mönchsgemeinschaft wurde. Die Vogtei verblieb bei den Freiburger Grafen, die manchmal recht eigenmächtig über klösterliche Güter und Rechte verfügten (1284, 1314). Die Bedrückung durch die Vögte wurde so groß, dass sich das Kloster an Kaiser Karl IV. (1347-1378) wandte und - vielleicht im Rückgriff auf eventuell vorhanden gewesene Beziehungen zu Kaiser Friedrich II. (1212-1250) - den Schirm des Reiches erlangte (1361). Das Privileg wurde 1443 bestätigt, 1498 sprach Kaiser Maximilian I. (1493-1519) von der Zugehörigkeit des Klosters zum Reich. Unterdessen war die Vogtei auf dem Weg der Verpfändung (ab 1371) endlich an Markgraf Wilhelm von Hachberg-Sausenberg (1428-1441) gelangt (1441). 1526 übernahmen die Habsburger die Klostervogtei. Im 11. und 12. Jahrhundert erwarb die Mönchsgemeinschaft in St. Peter - nicht zuletzt durch die Zuwendungen der Stifterfamilie - bedeutenden Besitz im Nahbereich, im Breisgau, auf der Baar, bei Weilheim, in der Mittelschweiz. Kloster und Klosterort lagen auf dem Seelgut (Salland) im engeren Immunitätsbezirk des Klosters, in den Tälern der Umgebung bildete sich ein kompaktes Klostergebiet aus. Im Breisgau gab es Villikationen, fronhofmäßig organisierten Besitz, im Schwarzwald existierten auf Rodungsland bäuerliche Erblehen (feoda), wobei durch Teilung und Verkauf eine ausgeprägte Besitzzersplitterung auftrat (13./14. Jahrhundert). Infolge der Bevölkerungsverluste im 14. Jahrhundert kam es zu Wüstungsprozessen und zum Rückgang der grundherrschaftlichen Einnahmen. Die Dingrodel von 1416 und 1456 benennen die daraus resultierenden Schwierigkeiten zwischen Kloster und Vogt. Sie zeigen zudem die Art der Güter auf: Ding- und Meierhöfe, eigenbewirtschaftete Güter des Seelguts, bäuerliche Lehengüter. 1238 und 1437 ist das Kloster St. Peter Opfer einer Brandkatastrophe geworden, 1436 wurden dem Abt Johannes Tüffer (1427-1439) die Pontifikalien verliehen. Das Kloster verlor im späten Mittelalter an Bedeutung, die Klosterreformen des 15. Jahrhunderts fanden keinen Eingang, der Besitz blieb aber weitgehend erhalten, auch im Zeitalter der Reformation. Abt Peter Gremmelsbach (1496-1512) erneuerte Zähringertradition und Stiftermemoria, die Klostergebäude sind im 17. und 18. Jahrhundert barock neu erbaut worden. Die Mönchsgemeinschaft wurde 1806 aufgehoben. > S St. Peter im Schwarzwald [Buhlmann, 11.2005]

Mühlenfeld, Stephanie (2019), Konzepte der 'exotischen' Tierwelt im Mittelalter, Mainz 2019, 586 S., zahlreiche Farbabbildungen, Diskurs-Frames, € 75,-. I. Tiere, exotische Tiere allzumal, unterlagen im Rahmen der europäischen Literatur des Mittelalters unterschiedlichen, sozial und kulturell verorteten Diskursen als thematischen Zugängen. Die Diskurse helfen im Bereich von Wahrnehmung und Erkenntnis Konzepte als typisierende und repräsentative Prototypen zu erschließen. Dies gilt auch für Konzepte, die exotische Tiere aus dem Mittelalter umfassen. Die Exotik wiederum beinhaltet das Fremde und Andere (Vertrautes und Fremdes in Grenzüberschreitungen und -erfahrungen), das Staunen, die Neugierde und den Zweifel, das Seltene und Wertvolle. Sie steht mittelalterlich gerade auch im Zusammenhang mit den mirabilia, mit dem die Begrenztheit von Wissen aufzeigenden Wunderbaren jenseits des Vertrauten in einer im religiös-christlichen Sinn gedeuteten Welt als Schöpfung Gottes. Exotische Tiere als mirabilia finden sich an den Rändern der mittelalterlichen Ökumene, z.B. als "mirabilia des Ostens" (Orient, Asien, Indien), aber auch an den westlichen und nördlichen Rändern Europas. Eine Abgrenzung von exotischen Tieren zu Fabelwesen und exotischen Menschen war dem europäischen Mittelalter weitgehend fremd, wurden die mirabilia doch auch auf monströse Mischwesen, Tiermenschen und Wundervölker bezogen. Das mittelalterliche (Gesamt-) Konzept vom exotischen Tier ist zudem verbunden mit einer räumlichen, zeitlichen und sozialen Distanz zu seinem Gegenstand in einer deutenden Betrachtung. II. Den theoretischen Einordnungen folgt im Buch der interpretierende Zugriff auf die hoch- bis spätmittelalterliche Literatur in Form von fiktionalen Texten und von Reiseberichten. Untersucht werden, ausgehend von antiken Tierkonzepten, die mittelalterlichen Konzepte der Tiere Panther und Papagei auf den Deutungsebenen des naturkundlichen, religiös-heilsgeschichtlichen, Liebes-, literarischen und kommerziellen Diskurses. Die Diskurse werden methodisch mit Hilfe von Frameanalysen, also bestimmten Interpretations- und Organisationsschemata, beleuchtet. Allen Diskursen gemeinsam ist dann, dass sie in unterschiedlichen Abstufungen den exotischen Charakter der vorgestellten Tiere erkennen lassen. Dies betrifft deren geografische Herkunft aus der Fremde, das auffallende Aussehen und die bemerkenswerten Eigenschaften der Tiere, das Tier als Luxusgut. Es betrifft auch die Allegorese der Tiere als religiöses oder Liebessymbol, etwa wenn Atem und Duft des Panthers im heilsgeschichtlichen Diskurs für das erlösende Wort Gottes oder in der mittelalterlich-höfischen Kultur für die ebenso Erlösung bringenden Worte einer Minnedame stehen oder wenn der Papagei mit grünem Federkleid als tugendhaft und keusch gedeutet oder mit Jesus Christus, keuschen Jungfrauen und der Jungfrau Maria in Verbindung gebracht wird. Dazu passt, dass mittelalterlichen Aussagen zufolge Papageien im Regen sterben und ursprünglich vom biblischen, öden und trockenen "Todesgebirge" Gelboe stammen. Der sprechende Papagei schließlich kann zu einer Gefahr für den Menschen werden, wenn er Geheimnisse enthüllt. III. Das Konzept der exotischen Tierwelt zielt verallgemeinernd darauf ab, Unterschiede und Übereinstimmungen in der Beschreibung und Deutung von Tieren zwischen Kulturen und Epochen aufzuzeigen. So wird noch einmal klar, dass vieles, was ein exotisches Tier im Mittelalter ausmacht, antiken Vorstellungen verhaftet ist. Dennoch gibt es davon abweichende und variierende Tierbeschreibungen, die z.B. dem religiös-heilsgeschichtlichen Diskurs geschuldet sind oder den Erfahrungen von realen Begegnungen mit exotischen Tieren, wie sie spätmittelalterliche Reiseberichte schildern. Alles in allem erweist sich eine mithin synchrone und diachrone Betrachtungsweise des Phänomens der exotischen Tierwelt im Mittelalter als vielversprechend. [Buhlmann, 10.2021]

Mühlhahn, Klaus (2019), Geschichte des modernen China. Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart (= HB), München 2021, 760 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, Karten, € 39,95. I. Das moderne China beginnt mit der mandschurischen Qing-Dynastie, die zwischen 1643 und 1683 in langen und brutalen Kriegen das Mingreich zu eroberte. Die territoriale Expansion der Qing führte unter den Kaisern Kangxi (1662-1722), Yongzheng (1723-1735) und Qianlong (1735-1796) zur Einbeziehung der Mongolen und Dsungaren (bis 1759; 1689 Abkommen mit dem russischen Zarenreich) sowie Tibets (1723 Qingprotektorat). Nach innen wurden die verschiedenen Völker des so errichteten Vielvölkerstaates rechtlich und gesellschaftlich voneinander getrennt, wirtschaftlich war das Reich bis ins 18. Jahrhundert prosperierend. Dies änderte sich im 19. Jahrhundert; das Eindringen des westlichen Imperialismus nach China (Handels- und Vertragshäfen; Kommerzialisierung, Opiumkriege [1840/42, 1856/60]), wirtschaftlicher Zerfall, Unruhen innnerhalb Chinas, der Machtverfall der Qing in den Randgebieten ihres Herrschaftsbereichs bestimmten die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Entwicklungen im 19. Jahrhundert als dem "Jahrhundert der Erniedrigung", indem China dennoch eine relative politische Selbstständigkeit behaupten konnte. Das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert sah trotz verlorener Reputation (Auflösung des Tributsystems) und verlorener Kriege (Verlust der Ryukyu-Inseln an Japan 1879, chinesisch-französischer Krieg 1883/85, chinesisch-japanischer Krieg 1894/95 und Verlust Taiwans) und Boxer-Krise (1899/1901) die Entstehung eines chinesischen Nationalismus und Militarismus, der - trotz oder gerade wegen der Reformpolitik der Qing (1900/11) - einmündete in die Xinhai-Revolution von 1911 und das Ende von Qing-Dynastie und -Reich. II. Das China des 20. Jahrhunderts war mit dem Ende des chinesischen Kaiserreichs, der chinesischen Revolution, der Durchsetzung des Kommunismus und dem Aufstieg Chinas zur militärischen und wirtschaftlichen Groß- und Weltmacht durch massive Veränderungen geprägt. An die Stelle des chinesischen Kaiserreichs trat die chinesische Republik (1912), die aber nicht lange Bestand hatte (zunächst unter der Präsidentschaft des Sun Yat-sen [†1925] 1912; Guomindang [GMD] 1912; Diktatur von Yuan Shikai 1912/16), so dass in der Folge warlords ("Kriegsherren") beherrschten China beherrschten (1916/28; Kommunistische Partei Chinas [KPCh] 1921). Die sog. 1. Einheitsfront zwischen GMD und KPCh (1923/27) ermöglichte es General Chiang Kai-shek (†1975) die Eroberung weiter Teile Chinas (1926/27), doch war die Einheit Chinas als Republik im Nanjinger Jahrzehnt (1927/37) nur eine oberflächliche, während sich chinesische Kommunisten und Guomindang immer weiter entfremdeten (Bruch der Ersten Einheitsfront 1927; "Langer Marsch" der kommunistischen Armee [Volksbefreiungsarmee, VBA] 1934/35; Mao Zedong [†1976] als Führer der KPCh 1935). Die Republik in Nanjing musste sich mit dem weiteren Vordringen des japanischen Kaiserreichs in China auseinandersetzen (Mukden-Zwischenfall und japanische Besetzung der Mandschurei 1931; japanischer Marionettenstaat Mandschukuo 1932; Kämpfe in Shanghai 1932). Im Rahmen des Zweiten Weltkriegs (chinesisch-japanischer Krieg 1937/45) eroberten die Japaner weite Teile (Ost-) Chinas (mit Japan zusammenarbeitende "Nationalregierung" in Nanjing 1940), GMD und KPCh schlossen sich zur 2. Einheitsfront zusammen (1937/45). Nach der Kapitulation Japans und dem Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) begann der chinesische Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Guomindang (1946/48); 1949 wurde die kommunistische Volksrepublik China ausgerufen, während Chiang Kai-shek sich mit seinem Truppen nach Taiwan zurückziehen musste (Republik Taiwan). Die KPCh und Mao Zedong sollten fortan die Geschicke Festlandchinas als totalitärer Einparteienstaat bestimmen (Anlehnung an die Sowjetunion [1950 Verzicht auf die Äußere Mongolei u.a.], 1950/51/59 Einbeziehung Tibets, 1950/53 Koreakrieg, 1960 Bruch mit der Sowjetunion, 1964 China als Atommacht, 1971 Beitritt Chinas zu den Vereinten Nationen; 1972 US-amerikanischer Präsident Nixon in Peking; 1950/52 Kampagnen gegen "Klassenfeinde", 1953 Fünfjahresplan [Industrialisierung], 1956 "Hundert Blumen", 1958/61 "Großer Sprung nach vorn"), die "permanente Revolution" Maos fand mit der "Kulturrevolution" (1966/69/76) ihr Ende. Nach dem Tod Maos (1976) entwickelte sich China auch zu einer wirtschaftlichen Weltmacht (Übergang vom Sozialismus zur Marktwirtschaft; Wirtschaftsreformen, Privatisierungen, Investitionspolitik, Steuerreform [1978, 1984, 1992, 1994/95] und Ära Deng Xiaopings [†1997]), wachsender innerer Probleme zum Trotz (Maokult, Einkindpolitik [1980], Proteste [1989 Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens]; Umwelt und Ökonomie); die britische Kolonie Hongkong gelangte 1997 an China, ebenso 1999 Macau. Am Anfang des 21. Jahrhunderts steht das moderne China unter kommunistischer Diktatur als ökonomische und politische Weltmacht da (2001 Beitritt zur Welthandelsorganisation [WTO]; 2001 chinesisch-russischer Freundschaftsvertrag; 2008 Olympische Spiele in Peking); ab 2012/13 wurde Xi Jinping als Generalsekretär der KPCh und Präsident der Volksrepublik zur beherrschenden politischen Größe in China (2012/13 Antikorruptionskampagne; 2015 Pariser Klimaabkommen; 2015 Renminbi als offizielle Leitwährung Chinas). Während sich China in den Jahrzehnten um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert wirtschaftlich stark wandelte, blieb bei einer weithin politisch verkrusteten KPCh die kommunistische Diktatur erhalten bzw. wurde noch intensiviert. [Buhlmann, 08.2022]

Mühlstein, Verena (1998), Helene Schweitzer Bresslau. Ein Leben für Lambarene (= BSR 1387), München [2]2001, 298 S., Schwarzweißabbildungen, DM 25,90. Helene Bresslau (*1879-†1957), geboren in Berlin, entstammte einer deutsch-jüdischen Familie; ihr Vater Harry Bresslau (*1848-†1926) war ein bedeutender Mittelalterhistoriker u.a. an der Straßburger Universität. Helene studierte u.a. Musik und Gesang in Straßburg, weiter Geschichte und Kunstgeschichte. 1898 traf sie auf den deutsch-französischen Arzt, Philosophen und Pazifisten Albert Schweitzer (*1875-†1965), mit dem sie ab 1902 intensiv befreundet wurde. Unter dem Eindruck Schweitzers wandte sich Helene Bresslau der Medizin und Krankenpflege zu. Sie gründete in Straßburg auch ein Heim für ledige Mütter (1908) und absolvierte eine Ausbildung zur Krankenpflegerin in Frankfurt a.M. (1909). 1912 heiraten Albert Schweitzer und Helene Bresslau. Ab 1913 unterstützte Helene Schweitzer Bresslau in durchaus eigenständiger Weise den Aufbau eines Krankenhauses im gabunischen Lambarene durch ihren Mann. Unterbrochen durch die französische Gefangenschaft der beiden im Ersten Weltkrieg (1914-1918) (Tuberkuloseerkrankung Helenes), gelang ihr und ihrem Mann der Wiederaufbau des Spitals. Schweitzer Bresslau hielt sich 1929/30 in Lambarene auf, sonst in Deutschland (Heilung von der Tuberkulose 1930) und Frankreich, von wo ihr und ihrer 1922 geborenen Tochter 1941 die Flucht vor Nationalsozialismus und Krieg nach Lambarene gelang. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) kehrte sie nach Europa zurück (1946), 1956/57 hielt sie sich nochmals in Lambarene auf. Am 1. Juni 1957 starb sie in Zürich. [Buhlmann, 11.2020]

Müllejans, Hans (Hg.) (1988), Karl der Große und sein Schrein in Aachen. Eine Festschrift, Aachen 1988 > A Aachen

Müllenheim-Rechberg, Burkhard Freiherr von (1981), Schlachtschiff Bismarck. Ein Überlebender seiner Zeit (= Bibliothek der Zeitgeschichte), Frankfurt a.M.-Berlin 1990, 431 S., Schwarzweißtafeln, Pläne, DM 24,80, schildert autobiografisch den ersten und gleichzeitig letzten Einsatz des deutschen Schlachtschiffs Bismarck im Zweiten Weltkrieg (1939-1945). Erbaut zwischen 1936 und 1940 in Hamburg (Stapellauf 14. Februar 1939, Indienststellung 24. August 1940; Länge: 250,5 m, Breite: 36 m, Tiefgang: 9,9 m), war das Schiff ab Januar 1941 einsatzbereit, um ab 18. Mai 1941 im Rahmen der "Operation Rheinübung" zur Störung des Schiffsverkehrs im Nordatlantik von "Gotenhafen" aus in See zu stechen. Begleitet wurde die Bismarck von Zerstörern und dem Schweren Kreuzer Prinz Eugen. Nach Durchquerung der Ostsee kam es in der Dänemarkstraße am 24. Mai zu einem Seegefecht mit britischen Einheiten, bei dem das britische Flaggschiff Hood versenkt wurde, die Bismarck beschädigt wurde (Verlust von Treibstoff, Schlagseite). Die nächsten Tage steuerte - nunmehr ohne Begleitung - das Schiff den französischen Atlantikhafen St.-Nazaire an, teilweise verfolgt von britischen Einheiten. Angriffe britischer Torpedobomber auf das von den Allierten wiederentdeckte Schiff richteten am 26. Mai einen Schaden an der Steueranlage an, so dass die Bismarck nur mehr im Kreis fahren konnte. Es kam am 26. Mai zu einem für beide Seiten erfolglosen Nachtgefecht. Ein mehrstündiges Seegefecht am Morgen des 27. Mai zwischen der Bismarck und einem britischen Schiffsverband endete mit der Versenkung des deutschen Schlachtschiffs um 10.40 Uhr rund 550 Seemeilen westlich von Brest. Von den 2221 Besatzungsmitgliedern überlebten 115. Vgl. Brennecke, Jochen (1960), Schlachtschiff Bismarck (= Moewig Tb 3122), München 1981, 411 S., Karten, DM 2,-. [Buhlmann, 02.2020]

Müller, Dieter, Nübling, Verena (2010), Die Befestigungen auf dem Dreifaltigkeitsberg bei Spaichingen (= Atlas archäologischer Geländedenkmäler in Baden-Württemberg, Bd.2, H.9), Stuttgart 2010, 63 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, Kartenbeilagen, € 15,60. Die vor- und frühgeschichtlichen Befestigungen (Wälle) auf dem fast 1000 m hohen Dreifaltigkeitsberg (bei Spaichingen) reichen zum Teil in die Jungsteinzeit (4./3. Jahrtausend v.Chr.) zurück, stammen weiter aus der Hallstatt- und Latènezeit und zeigen eine frühe Besiedlung an. Nur einzelne Funde konnten als frühmittelalterlich (Alemannenzeit, Merowingerzeit) nachgewiesen werden. Eine dauerhafte Ansiedlung hat es in dieser Zeit auf dem Berg nicht gegeben, doch ist an die Existenz einer Fluchtburg zu denken. [Buhlmann, 12.2011]

Müller, Felix (2012), Die Kunst der Kelten (= BSR 2574), München 2012, 128 S., zahlreiche Farb- und Schwarzweißabbildungen, € 8,95. Als Kelten (Keltoi um 500 v.Chr., Galli, Galatoi 3. Jahrhundert v.Chr.) werden bezeichnet Angehörige einer antiken Zivilisation (und "Randkultur"), die ihren Ursprung an der oberen Donau hatte (Hallstattzeit, 8.-5. Jahrhundert v.Chr.) und sich über das südliche Mitteleuropa, Westeuropa (Frankreich, [Spanien], britische Inseln) bis in den Karpartenraum, Norditalien, Griechenland und Kleinasien ausbreitete (Latènezeit, 5.-1. Jahrhundert v.Chr.). Der keltischen "Zivilisation" und Kultur entspricht weitgehend eine "Kunst der Kelten". Einer keltischen Oberschicht zugeordnet werden können die Grabhügel u.a. in Südwestdeutschland (Gomadingen, Hochdorf, Magdalenenberg bei Villingen; ab 7. Jahrhundert v.Chr.), die Alb-Hegau-Keramik steht für die keltische Kunst des 7. Jahrhunderts v.Chr. Griechische Kunstimporte und Einflüsse verraten die Steinplastik von Hirschlanden (6. Jahrhundert v.Chr., Mitte), die Funde im Grabhügel des burgundischen Vix, die Gestaltung von Pflanzenmotiven (5. Jahrhundert v.Chr., 1. Hälfte). Der Übergang von der Hallstatt- zur Latènezeit war gekennzeichnet durch gesellschaftliche Veränderungen (Rückgang an Urbanität [Heuneburg], Wandel bei den Bestattungen [Krieger- und Clangräber als Flachgräber]). Die keltische Ornamentik erreichte im sog. Frühen Stil (5. Jahrhundert v.Chr.), Waldalgesheimerstil (4. Jahrhundert v.Chr.) und Späten Stil (3. Jahrhundert v.Chr.) eine Hochblüte, der Grabhügel am Glauberg (5. Jahrhundert v.Chr., Mitte) steht mit seinen vier Steinfiguren für das Machtbewusstsein einer politischen Elite. Ab dem 2. Jahrhundert v.Chr. waren keltische Zivilisation und Kunst auch hellenistisch geprägt, worauf die keltischen oppida (2. Jahrhundert v.Chr., Ende), eigene Münzprägungen und eine sich in Anfängen befindende Schriftkultur hinweisen. Die Ornamentik tritt gegenüber naturnahen figürlichen Darstellungen von Mensch und Tier zurück, die Kunst erfasste breitere Kreise der Bevölkerung, regionale Stile bildeten sich heraus, ebenso eine Alltagskunst. Mit der Einbeziehung Galliens in das römische Reich (58-51 v.Chr.) entstand eine keltisch-römische (gallorömische) Mischzivilisation; Ähnliches gilt für das ab 43 n.Chr. von den Römern eroberte Britannien. In Folge der Romanisierung verschwanden zunehmend keltische Kunst und Kultur (Kultur der Spätantike 3.-5. Jahrhundert n.Chr.). Einen Ausklang keltischer Kunst stellt die (frühmittelalterliche) Kunst des christlich-klösterlichen Irlands dar (7. Jahrhundert n.Chr.); hier ist insbesondere auf die Ornamentik und die Buchmalerei zu verweisen. [Buhlmann, 03.2012]

Müller, Felix, Lüscher, Geneviève (2004), Die Kelten in der Schweiz, Stuttgart 2004, 200 S., zahlreiche Farb- und Schwarzweißabbildungen, Pläne, Karten, € 9,95. I. Die Anfänge keltisch-vorgeschichtlicher Zivilisation liegen vielleicht in der ausgehenden mitteleuropäischen Bronzezeit, als Kelten - der Eisenzeit - werden bezeichnet Angehörige der vorgeschichtlich-frühgeschichtlich-antiken Zivilisation, die ihren Ursprung an der oberen Donau hatte (Hallstattzeit, 8.-5. Jahrhundert v.Chr.) und sich - unter Einschluss der Schweiz - über das südliche Mitteleuropa, Westeuropa (Frankreich, [Spanien], britische Inseln) bis in den Karpartenraum, Norditalien, Griechenland und Kleinasien ausbreitete (Latènezeit, 5.-1. Jahrhundert v.Chr.). Keltische Gesellschaften waren sozial gegliedert (Oberschicht [Adel], Krieger/Bauern, Unterschicht/Sklaven), sie waren arbeitsteilig organisiert (Landwirtschaft, Gewerbe [Kunst], Handel); der Übergang von der Hallstatt- zur Latènezeit war gekennzeichnet durch gesellschaftliche Veränderungen (Wandel bei der Oberschicht und im Bestattungswesen), in der späteren Latènezeit trat mit den keltischen oppida (2. Jahrhundert v.Chr., Ende) eine durchaus städtische, mediterran geprägte keltische Hochkultur in Erscheinung, die u.a. durch die römische Eroberung ihr Ende fand ("Gallischer Krieg" des Gaius Julius Caesar, keltvische Helvetier; 58-50 v.Chr.). II. Keltische Fundorte im Gebiet der heutigen Schweiz sind: Avenches (römische Tempel als galloromanische Umgangstempel in keltischer Tradition); Bas Vully (- Mont Vully: spätlatènezeitliche Wallanlage); Basel (-Münsterhügel: spätlatènezeitliche Wallanlage; -Gasfabrik: latènezeitliche Siedlung mit Gräberfeld); Bern (-Engehalbinsel: keltisches oppidum); Boudry (- Grotte du Four: Grotte mit keltischen Knochen- und Keramikfunden); Bourg-Saint-Pierre (Heiligtum am Großen St. Bernhard); Brig-Glis (- Gamsen-Waldmatte: hallstatt-latènzeitliches Dorf); Cornol (- Mont Terri: keltisches oppidum); Gressy (- Sermuz: spätlatènezeitliche Wallanlage); Ins (- Schaltenrain: hallstattzeitliche Grabhügelgruppen); Marin-Epagnier (- La Tène: "Pount Vouga", "Pount Desot", keltische Fundobjekte); Meikirch (- Grächwil: zwei Grabhügel, Hydria); Münsingen (-Rain: latènezeitliches Gräberfeld); Muttenz (- Hardhäuslischlag: hallstattzeitliches Körpergräberfeld); Oberriet (- Montlingerberg: hallstattzeitliche Siedlungsfunde); Posieux (- Châtillon-sur-Glâne: hallstattzeitliche Besiedlung, Wallanlage); Rheinau (-Au: keltisches oppidum, Wälle); Sissach (- Burgenrain: hallstattzeitliche Befestogun; - Brühl: Siedlungsspuren); Subingen (- Erdbeereinschlag: hallstattzeitliches Grabhügelfeld); Üetliberg (- Uto-Kulm, Aegerten: Wallanlage, Siedlung; - Aegerten: frühlatènezeitliches Gräberfeld; - Sonnenbühl: Grabhügel); Unterlunkhofen (- Bärhau: frühhallstattzeitliches Grabhügelfeld aus mindestens 63 Hügeln); Wittnau (- Horn: hallstattzeitliche Höhensiedlung, Befestigung); Zürich (- Lindenhof: spätlatènezeitliche Siedlung). [Buhlmann, 01.2016]

Müller, Friedrich, Valentin, Gerold (1957), Deutsche Dichtung. Kleine Geschichte unserer Literatur, Paderborn-München 1966 > D Deutsche Literaturgeschichte

Müller, Hans (Red.) (1969), Denkmale der Geschichte und Kultur. Ihre Erhaltung und Pflege in der Deutschen Demokratischen Republik, hg. v. Institut für Denkmalpflege, Berlin 2[1974] > A Architekturgeschichte

Müller, Heribert (1995), Kreuzzugspläne und Kreuzzugspolitik des Herzogs Philipp des Guten von Burgund (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd.51), Göttingen 1995, 188 S., € 3,10. Der Burgunderherzog Philipp der Gute (1419-1467) verfolgte während seiner Herrschaftszeit weitgehend nicht realisierte Kreuzzugspläne, wobei er sich mit den Königreichen Portugal und Aragón-Neapel verband. Politische Kontakte gab es diesbezüglich auch mit dem römisch-deutschen König Friedrich III. (1440-1493) - hier sind die Reichstage von Frankfurt a.M. 1454 und Wiener Neustadt 1455 zu nennen - und dem Papsttum unter Calixt III. (1455-1458) und Pius II. (1458-1464). Auch suchte die burgundisch(-portugiesisch)e Politik nach dem sagenhaften Priesterkönig Johannes von Äthiopien-Indien (1443/46). Basis für Kreuzzug (croisade bourgoignonne) und Türkenkrieg waren in Burgund u.a. die Gründung des Ordens vom Goldenen Vlies (Toisson d'Or) sowie fiskalische Maßnahmen zur Finanzierung der militärischen Unternehmen. Durchgeführt wurden letztendlich als Teil einer auch kommerziellen burgundischen Mittelmeerpolitik: Flottenunternehmungen vor Rhodos (1441/42), im Schwarzen Meer (1444/46) und vor Ceuta (1464). Letztlich scheiterten die Kreuzzugspläne Philipps an wechselnden politischen Konstellationen und insbesondere am hinhaltenden Widerstand des Königreichs Frankreich unter Karl VII. (1422-1461) und Ludwig XII. (1498-1515) nach Beendigung des Hundertjährigen Krieges (1339-1453). [Buhlmann, 09.2011]

Müller, Heribert (2017), Köln und die Lande an Rhein und Maas zur Zeit Plektruds und Pippins des Mittleren: Am Rande des Frankenreichs?, in: Francia 44 (2017), S.1-28. I. Nach dem Tod des fränkischen Hausmeiers und princeps Pippin des Mittleren (687-714) (Ermordung des Pippinsohnes Grimoald, Tod Pippins in Jupille 714) geriet das Frankenreich durch die Herrschaftskämpfe zwischen Plektrud, der Ehefrau Pippins, und Karl Martell (714-741), dem Sohn Pippins (und Chalpaidas), in eine Krise. Neben den Parteiungen in Austrien beteiligten sich alsbald auch die Neustrier unter dem Hausmeier Raganfred und die Friesen unter Herzog Radbod an den Auseinandersetzungen (Schlacht bei Compiègne, neustrisches Vorrücken auf Köln und [zeitweise] Entmachtung Plektruds, Sachseneinfall nach Hattuarien 715). Erst der aus der Haft entflohene Karl Martell konnte die Machtstellung der Arnulfinger-Pippiniden wiederherstellen (Niederlage gegen Radbod, Sieg bei Amblève 716, Sieg bei Vinchy 717, Sieg bei Soissons 718). Über Plektruds weiteres Schicksal ist nichts bekannt; hoch- bis spätmittelalterlicher Überlieferung zufolge soll sie die Kölner Kirche Maria im Kapitol gegründet haben (merowingerzeitlicher Plektrudissarkophag), auch eine vielleicht selbstständige Herrschaft Plektruds in Köln und im Kölner Gebiet kann bis zu derem Tod (723?) angenommen werden. Danach bemächtigte sich Karl der Kölner Plektrudherrschaft und heiratete die Agilolfingerin Swanahild (725), verband sich also mit jener in Austrien mächtigen Adelsfamilie, der auch Plektrud entstammte. II. Das merowingische Köln besaß für Austrien eine Vorortfunktion, zumal als Bischofssitz (Bischof Kunibert [623?-663?] und die Christianisierung des Rheinlandes; antik-frühmittelalterliche Gebäudereste, römisches Praetorium und Kapitol). Köln war gerade auch Herrschaftsschwerpunkt, Aufenthaltsort und Residenzsitz des Hausmeiers Pippin, lag dabei aber außerhalb des arnulfingisch-pippinidischen Kernbesitzes im Lütticher Raum im Einflussgebiet der Familie Plektruds (Irmina-Hukbert-Sippe), das u.a. nördlich von Köln den Rhein entlang reichte. Jedenfalls kann Plektrud als eine treibende Kraft bei der Gründung des (Düsseldorf-) Kaiserswerther Klosters durch Suitbert gesehen werden (n.695); Teile des Plektrudbesitzes (als Erbe von Plektruds Vater, dem Seneschall und Pfalzgrafen Hukbert) um (Krefeld-) Gellep (Lank, Kierst, Ilverich, Gellep) gelangten als Gründungsausstattung an die geistliche Gemeinschaft auf der Rheininsel. Die solcherart durch die Heirat mit Plektrud erlangte Präsenz Pippins im nördlichen Rheinland war Grundlage z.B. für das erfolgreiche Ausgreifen des Hausmeiers nach Friesland. Das Rheingebiet blieb auch für die Politik Karl Martells gegenüber Friesen und Sachsen zentral, die arnulfingisch-pippinidische Sukzessionskrise (714/17) mündete ein in den endgültigen politischen Aufstieg der Karolinger im Frankenreich. [Buhlmann, 07.2018]

Müller, Ingo (2020), Furchtbare Juristen. Die unbewältigte Vergangenheit der deutschen Justiz (= Edition TIAMAT = Critica Diabolis 216), Berlin 2020 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Müller, Iso (1980), Die Herren von Tarasp, Disentis 1980 > M Marienberg, in Südtirol

Müller, Karl Otto, Necrologium Alpirsbachense (1133), in: WVjhLG 39 (1943), S.185-231 > Lateinische Literatur > N Necrologium Alpirsbachense

Müller, Miriam (2012), On dit. Die Nachrichtenrezeption des Krefelders Abraham ter Meer im Siebenjährigen Krieg, in: AHVN 215 (2012), S.73-96. Das (zweite) Tagebuch des liberalen Krefelder Mennoniten, Sayettwebers, Buchhändlers und Verlegers Abraham ter Meer (*1729) umfasst den Zeitraum von Juli 1758 bis Juli 1769. Die Nachrichten über den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) (z.B. Schlacht bei Torgau 1760) werden im Tagebuch unter Benutzung verschiedenartiger Quellen (Zeitungen [Gazette des Cologne], Kontakte zu französischen Besatzungstruppen) kritisch ausgewählt, aufbereitet und kommentiert, mithin auf ihre Glaubwürdigkeit geprüft (Beglaubigungsstrategien). [Buhlmann, 06.2013]

Müller, Peter Franz Josef (1816), Von dem Güterwesen, Düsseldorf 1816 > G Grundherrschaft

Müller, Robert (1983), Mathematik verständlich. Zahlenbereiche, Mengenlehre, Algebra, Geometrie, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Kaufmännisches Rechnen, Niedernhausen 1983/85 > M Mathematik

Müller, Rolf-Dieter (2015), Der Zweite Weltkrieg (= Geschichte kompakt), Darmstadt 2015 > Z Zweiter Weltkrieg

Müller, Stephan (Hg., Übers.) (2007), Althochdeutsche Literatur. Eine kommentierte Anthologie. Zweisprachig (= RUB 18491), Stuttgart 2007 > A Althochdeutsch

Müller, Thomas T., Schmies, Bernd, Loefke, Christian (Hg.) (2008), Für Gott und die Welt. Franziskaner in Thüringen (= Mühlhäuser Museen. Forschungen und Studien, Bd.1), Paderborn-München-Wien-Zürich 2008, 356 S., Schwarzweißabbildungen, Farbabbildungen im Katalogteil, Karten, € 9,95. Spiritualität und Lebensweise des Ordens des heiligen Franziskus von Assisi (†1226) sollten sich im 13. Jahrhundert im christlichen Europa rasch verbreiten; Bettelordenbrüder fanden auch den Weg nach Deutschland ([1217], 1221) (Arens, Heribert, Franziskus und die Franziskaner) und - unter Bruder Jordan von Giano (†n.1262; Chronica Fratris Jordani) - nach Thüringen (1221) (Schlageter, Johannes, Die Anfänge der Franziskaner in Thüringen). Mit Erfurt als Ausgangspunkt entstanden zunächst franziskanische Niederlassungen in den kirchlich-politischen Vororten Eisenach, Mühlhausen, Nordhausen (bis ca.1231), Arnstadt, Saalfeld und Coburg (bis ca.1280); dabei ersetzten Klöster und Kirchen die zunächst provisorischen Niederlassungen. Die thüringischen Niederlassungen waren eingebunden in eine Saxonia genannte Franziskanerprovinz (1230, 1239; Erfurt als Zentrale der Provinz [Provinzkapitel u.a.]) mit bis zu 100 Konventen (1316), unterteilt in Kustodien, u.a. die thüringische Kustodie. Im 14. Jahrhundert entstanden nur noch wenige neue Franziskanerkonvente, der Orden teilte sich in Observanten (Franziskaner) und Konventuale (Minoriten) (1517; Ordensprovinzen Saxonia sanctae crucis 1518, Saxonia sancti Johannis Baptistae 1523, Thuringia 1523), die Reformation schädigte den Orden schwer (Schmies, Bernd, Aufbau und Organisation der Sächsischen Franziskanerprovinz und ihrer Kustodie Thüringen von den Anfängen bis zur Reformation; Weigel, Petra, Die franziskanische Observanzbewegung in Thüringen; Springer, Klaus-Bernward, Die Franziskaner in Thüringen zur Reformationszeit: ein Überblick). Die Ordensprovinz Thuringia entfaltete sich erst nach dem Dreißigjährigen (1618-1648); Niederlassungen waren Erfurt, Worbis, Dermbach und Schmalkalden, Seelsorge (Predigt, Gebet, Bruderschaften, Gemeinschaften des Dritten Ordens) und Laienfrömmigkeit (Prozessionen, Wallfahrten) bestimmten das Leben der Brüder, ebenso Bildung und Wissenschaft (Schulen, Bibliotheken) (Plath, Christian, Aufbau und Entwicklung der Thüringischen Franziskanerprovinz (Thuringia)). Ausfluss der mittelalterlich-(früh-)neuzeitlichen franziskanischen Ordenskultur waren dann: (Honemann, Volker,) Ein spätmittelalterliches Visionen- und Mirakelbuch der Sächsischen Franziskanerprovinz, entstanden um 1300, eine Sammlung von Erzählungen, Wunder und Visionen aus dem Umfeld des Ordens (Seelsorge, Tod, Gott, Alltag); (Loefke, Christian,) Das Totenbuch (Liber mortuum) der Franziskaner in Mühlhausen aus der Zeit um 1300 mit Kalendarium und Nekrolog, insbesondere Mitglieder des Mühlhäuser Franziskanerkonvents betreffend; das franziskanische Bildungswesen mit Erfurt als Bildungszentrum (studium particulare; Universität 1392), Studienhäusern in Coburg, Meiningen, Mühlhausen, Nordhausen und Saalfeld (Bibliotheken) (Bretschneider, Jana, Predigt, Professur und Provinzleitung - Funktion und Struktur des franziskanischen Bildungswesens im mittelalterlichen Thüringen); die Architektur der Franziskanerklöster und -kirchen im städtischen Umfeld im Mittelalter (Pieper, Roland, Die Architektur der Franziskaner in Thüringen im Mittelalter - ein Überblick), im Barock und im 19. und 20. Jahrhundert (Pieper, Roland, Franziskanische Baukunst vom 17. bis zum 19. Jahrhundert); (Einhorn, Jürgen Werinhard,) Die Kunst der Franziskaner in Thüringen, gerade auch mit ihrer Christusverbundenheit im Dienst der franziskanischen Predigt (Wort, Bild, Zeichen [Kirchenausstattung]) und Seelsorge stehend (Heiligenverehrung, Totengedenken). Mehr oder weniger vielfältig waren die Beziehungen der Franziskaner zu religiösen oder geistlichen Gemeinschaften, und zwar: (Schmies, Kirsten,) Bruderschaften an Franziskanerklöstern und -kirchen in Thüringen, für die - falls es sie im Umfeld der Franziskaner gab - Letztere hauptsächlich seelsorgerisch tätig waren; (Voigt, Jörg,) Religiöse Frauengemeinschaften und Franziskaner - Klarissen, Beginen und Tertiarinnen in der Sächsischen Franziskanerprovinz, u.a. die Klarissenkloster in Seußlitz (1268), Weißenfels (1284), Hof (14. Jahrhundert, Mitte) und die Tertiarinnenkonvente Langensalza (v.1466), Halle (1468) und Weimar (v.1499); die Termineien als klösterliche Außenstationen (z.B. Termineien um Nordhausen), besetzt mit Franziskanermönchen, zur flächendeckenden Seelsorgetätigkeit innerhalb des terminus, aber auch zur Verbesserung der wirtschaftlichen Basis (etwa durch Almosensammeln) (Mindermann, Arend, Das Termineiwesen der Franziskaner in Thüringen). Im 19. Jahrhundert gründeten deutsche Franziskaner, u.a. auch Thüringer Franziskanerbrüder, Missionsstationen im Mittleren Westen der USA für deutsche Auswanderer (Scherfenberg, Stephan, Thüringische Franziskaner in den USA im 19. Jahrhundert); (Richardt, Franz,) Franziskanisches Leben und Wirken in Thüringen in der Gegenwart beschränkt(e) sich während der DDR-Zeit und nach der Wiedervereinigung Deutschlands (1990) auf wenige Orte (Erfurt, Schmalkalden, Dingelstädt, Hülfensberg als einziges Franziskanerkloster, Franziskanerinnengemeinschaften u.a. in Dingelstädt, Eisenach, Erfurt, Weimar). Konvente der Franziskaner in Thüringen bestanden in: Altenburg (v.1238-1529), Arnstadt (13. Jahrhundert, Mitte-1538), Coburg (1270er-1543), Dingelstädt (Kerbscher Berg; 1666-1667, 1864-1994), Eisenach (St. Michael; 1225-1525; Zelle der heiligen Elisabeth), Erfurt (1224-1525), Hülfensberg ([1740-1747], 1860-heute), Langensalza (1453-1540), Meinigen (1239?-1543), Mellenbach (St. Maria und Katharina; 1383-1525/33), Mühlhausen (1225/31-1542/66; Müller, Thomas T., Das doppelte Ende des Mühlhäuser Franziskanerklosters), Nordhausen (St. Maria und Franziskus; 1226-1525), Saalfeld (13. Jahrhundert, Mitte-1534), Schleusingen (1476, 1502-1545), St. Jobst (Bayreuth; 1514-1528/29), Weida (v.1267-1527/28), Weimar (1453-1525/33), Worbis (1667-1802/24). [Buhlmann, 05.2013]

Müller, Ulrike (2009), Bauhaus-Frauen. Meisterinnen in Kunst, Handwerk und Design (= it 4284), Frankfurt a.M.-Leipzig 62019 > B Bauhaus

Müller, Walter (1961), Die Abgaben von Todes wegen in der Abtei St. Gallen. Ein Beitrag zur Rechtsgeschichte des sanktgallischen Klosterstaates (= Rechtshistorische Arbeiten, Bd.1), Köln-Graz 1961 > S St. Gallen

Müller-Beck, Hansjürgen (2005), Die Eiszeiten. Naturgeschichte und Menschheitsgeschichte (= BSR 2363), München 2005 > E Eiszeiten

Müller-Brandeck-Bocquet, Gisela u.a. (2002), Deutsche Europapolitik von Konrad Adenauer bis Gerhard Schröder, Opladen 2002 > E Europäische Union

Müller-Karpe, Hermann (1974), Geschichte der Steinzeit, München 1974, Nachdruck Augsburg 1998 > U Ur-, Früh-, Vorgeschichte

Müller-Merbach, Heiner (1969), Operations Research. Methoden und Modelle der Optimalplanung, München 31973 > O Operations Research

Münster, Stadt in Westfalen: I. Für das mittelalterliche und frühneuzeitliche Münster lassen sich zwei Entwicklungen, das Bistum und die Stadt betreffend, festhalten. Das durch den friesischen Missionar und Klostergründer Liudger (*ca.742-†809) begründete Bistum blieb zunächst in der Verfügung der liudgeridischen, mit dem Kloster Werden a.d. Ruhr verbundenen Bischöfe Gerfrid (809-839) und Altfrid (839-849). Der Ausbildung einer umfassenden Pfarrorganisation bis zum 10. Jahrhundert standen adlige und königliche (Frauen-) Stifte wie das in Freckenhorst, gegründet um 856, gegenüber. Das Hochmittelalter sah die münsterischen Bischöfe weitgehend auf der Seite des deutschen Königtums - Münster ist in den Wirren des Investiturstreits (1075-1122) Opfer eines Angriffs des sächsischen Herzogs (und späteren Königs) Lothar von Supplinburg (1106-1137) geworden (1121) -, im späteren Mittelalter und der frühen Neuzeit wurden die Bischöfe zu Landesherren eines Territoriums zwischen Ems und Hünte, des (Hoch- und Nieder-) Stifts Münster, das auch die Grafschaft Ravensberg umfasste und mit der Unterordnung des stiftischen Adels und der Ausbildung der drei Landstände von Domkapitel, Rittern und Städten zunehmend fester organisiert war. Erschütterungen blieben dennoch nicht aus, wie die Münsterische Stiftsfehde (1450-1458), bei der sich zwei Kandidaten und deren Parteien im Kampf um den Bischofsstuhl gegenüber standen, die Einführung der Reformation (1524) oder das Täuferreich von Münster (1533/34-1535) zeigen. II. Im Schatten von Bischof und Bistum entwickelte sich die Stadt Münster. Das monasterium (geistliche Gemeinschaft) auf dem Domhügel, die vorgelagerte civitas (Siedlung) sowie marktähnliche Siedlungskerne verschmolzen im hohen Mittelalter zu einem Ort, den wir noch vor 1180 als Stadt ansprechen können. Ab dem 13. Jahrhundert werden ein Rat aus Schöffen, ein Stadtsiegel, Bürgermeister für uns erkennbar, Rechte des Bischofs und seines Vogts in der Stadt wurden zurückgedrängt, die Markt- und Wehrhoheit der bedeutenden Handelsstadt geriet in die Verfügung des Rats (1278), städtische Repräsentanten nahmen an den Landtagen im bischöflichen Territorium teil. Ein städtisches "Patriziat" aus ratsfähigen Familien und eine von zwei Olderluden geführte Gesamtgilde (Gemeinheit, universitas) der nicht im Rat vertretenen Vollbürger bestimmten das politische, 17 Gilden der Handels- und Handwerksberufe das wirtschaftliche Geschehen in der Stadt, die um 1500 wohl mehr als 10.000 Einwohner zählte und in der Bischof und Domkapitel schon längst nicht mehr die ausschlaggebende Rolle spielten. Die frühe Neuzeit in Münster war nach Reformation und Täuferreich geprägt durch die Rückkehr der Bevölkerung zum katholischen Glauben (1607/21) und durch die Einordnung der Stadt in das Territorium der absolutistisch regierenden Fürstbischöfe (1661). Dem Münster als Schauplatz eines den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) beendenden Friedenskongresses (1644-1648) stand dabei ein bis ins 18. Jahrhundert anhaltender wirtschaftlicher Niedergang der nunmehr bischöflichen Residenzstadt gegenüber. III. 1802 wurde Münster preußisch, 1806 französisch besetzt, 1810 Teil des Großherzogtums Berg, 1811 Teil des franzöischen Kaiserreichs. Nach dem Wiener Kongress (1814/15) fiel Münster wieder an das Königreich Preußen und machte daher die preußisch-deutschen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen des 19. bis 21. Jahrhunderts mit (Deutscher Bund, deutsches Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalssozialismus, Bundesrepublik Deutschland/Bundesland Nordrhein-Westfalen). Bedeutend ist die "Westfälische Wilhelms-Universität" (1902/25). Münster ist heute ein wichtiges Zentrum innerhalb des nordrhein-westfälischen Landesteils Westfalen.
Zu Münster s.: Kirchhoff, Karl-Heinz, Forschungen zur Geschichte von Stadt und Stift Münster. Ausgewählte Aufsätze und Schriftenverzeichnis, hg. v. Franz Petri, Peter Schöller, Heinz Stoob u. Peter Johanek (1988), Warendorf 1988, VII, 290 S., Abbildungen, Karten, DM 40,-; Krüger, Gerd (1992), 'Treudeutsch allewege!' Gruppen, Vereine und Verbände der Rechten in Münster (1887-1929/30) (= QFGMs NF 16), Münster 1992, VII, 323 S., DM N.N.; Prinz, Joseph (1960), Mimigernaford - Münster. Die Entstehungsgeschichte einer Stadt (= VHKW XXII: Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung, Bd.4), Münster 21976, XVI, 250 S., Abbildungen, Karten, DM 65,-; Tiefenbach, Heinrich (1984), Mimigernaford - Mimigardeford. Die ursprünglichen Namen der Stadt Münster, in: BNF NF 19 (1984), S.1-20. [Buhlmann, 11.2003-02.2004, 07.2019]

Münsteraner Bischofschroniken des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit: I. Münsteraner Bischofschroniken heißen eine Reihe von spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Geschichtswerken aus dem Bistum Münster. II. Die früheste Bischofschronik für Münster ist die des spätmittelalterlichen münsterischen Bischofs Florenz von Wevelinghoven (1364-1379). Florenz hat die lateinische Chronik, wie er in der Vorrede schreibt, als Bischof von Münster anfertigen lassen. Sie muss daher vor seiner Versetzung nach Utrecht 1379 entstanden sein, wenn auch die erhaltenen Abschriften aus dem 17. Jahrhundert und später - das Original fehlt - den Leser über den Schluss der Chronik im Unklaren lassen. Der historiografische Text ist ein Bischofskatalog, der das Leben der Bischöfe von Münster in "Biografien" vorstellt. Jeder dieser "Biografien" sind am Schluss (zumeist) zwei Verse über den entsprechenden Prälaten beigefügt. Aus welchen Quellen die Chronik dabei geschöpft hat, ist meistens kaum noch nachzuvollziehen. Die chronologische Anordnung der historischen Ereignisse ist noch bis ins 14. Jahrhundert fehlerhaft und wird durch Wundergeschichten und Sagen ergänzt. Das gilt auch für die "Biografie" des ersten Bischofs Liudger (†809), bei der vieles aus der Liudgervita Altfrids übernommen wurde. Die Chronik des Florenz von Wevelinghoven wurde dann bis zum Jahr 1424 fortgesetzt. Eine niederdeutsche Chronik ist eine Umarbeitung dieser Bischofsgeschichte, die auch die Fortsetzung bis 1424 mit berücksichtigte. III. Melchior Röchell (†7. Dezember 1606) war Domkantor in Münster und verfasste auf Deutsch eine umfangreiche münsterische Chronik - der Folioband enthält 681 nummerierte Papierblätter -, die ab 1553 selbstständig erarbeitet ist. Röchell ergänzte die älteren, mittelalterlichen Überlieferungen. Von Melchior Röchell ist z.B. die Gänselegende des heiligen Liudger von der Erft ins Münsterland verpflanzt worden. III. Der Chronist Lambert Friedrich von Corfey (*11. Oktober 1668-†18. Februar 1733) war "Curkölnischer und fürstlich Münsterischer General-Major, Chef und Kommandant der Artillerie" sowie Ingenieur, u.a. bei der Belagerung und Eroberung Belgrads (1688), und Leiter bei den Arbeiten zur Anlage des Max-Clemens-Kanals bei Münster (1724). In der von ihm erbauten Münsteraner Dominikanerkirche ist er nach seinem Tod beigesetzt worden. Corfey hat in seiner Zeit in Münster das "Chronicon Monasteriense" verfasst, vollständig: "Chronicon Monasteriense mit vielen chronologischen annotationibus, wappen, genealogien, müntzen, elogiis, epitaphiis etc. mit sonderbaren fleiss aus vielen authoribus und manuscriptis colligirt durch L.F.C.".
Die Münsteraner Bischofschroniken sind ediert in: Ficker, Julius (Hg.) (1851), Die Münsterischen Chroniken des Mittelalters (= Geschichtsquellen des Bist(h)ums Münster, Bd.1), Münster 1851, LVI, 407 S., DM 250,-; Janssen, Johann (Hg.) (1856), Die Münsterischen Chroniken von Röchell, Stevermann und Corfey (= Geschichtsquellen des Bist(h)ums Münster, Bd.3), Münster 1856, XXIV, 358 S., DM 240,-. [Buhlmann, 02.2003]

Mütz, Karl (2007), Das Kalenderwerk (1404) im Tübinger Handbuch, Handschrift Md 2, Universitätsbibliothek Tübingen, in: ZWLG 67 (2008), S.27-43. Das sog. Tübinger Hausbuch, eine astronomisch-astrologische Sammelhandschrift, enthält auf den Blättern f.1r bis 50r u.a. ein Kalenderwerk von 1404. Der Aufbau des Kalenderwerks ist der folgende: 1r-6v: Kalenderseiten der zwölf Monate (mit deutschen Monatsnamen und Erläuterungen; Spalten: Tag / Neumondtag / Neumondzeitpunkt / Cisiojanus / Tages-, Sonntagsbuchstabe / Heiligentag / Lassbuchstabe / römisches Datum / Tierkreiszeichen der Sonne / Tierkreiszeichen des Mondes / Tagesdauer); f.7r: Tabelle der (Ader-) Lassbuchstaben (Tierkreiszeichen des Mondes, Goldene Zahl); f.7v, 8r, 22v, 33vb, 43vb: Stellung des Mondes im Tierkreis; f.10r-10v, 46v: Berechnung der Neumondtermine (Metonperioden und realer Mond, Sonnenfinsternisse); f.30vb-31vb: Erläuterungen zum Sonnen- und Kalenderjahr sowie zum Schalttag (Fehler des Julianischen Jahres gegenüber dem tropischen Jahr); f.44rb-45vb: Wechsel des Tierkreiszeichens beim Mond; f.46v: Tageslänge und geografische Breite; f.46vb, 47r-48r: Dauer des Mondscheins, Wochentags- und Stundenregenten; f.48vb-50r: Bemerkungen zu Ostern und den beweglichen Festtagen, Computus-Rosette (Goldene Zahl, Sonntagsbuchstabe). [Buhlmann, 08.2011]

Mundelfingen, Ort auf der Baar: Urkunden der St. Galler Mönchsgemeinschaft nennen Mundelfingen zum Jahr 802 (?), 803 (?) und 816. Die alemannisch-alemannenzeitliche Siedlung wurde benannt nach einem gewissen Munolf als "Sippenvorsteher" von Mun(d)elfingen. Bis zum 11. Jahrhundert erfahren wir nichts weiter über die Siedlung. Im hohen Mittelalter gab es in Mundelfingen einen Ortsadel, der erstmals (1086) in der Überlieferung des damals neu gegründeten benediktinischen Reformklosters St. Georgen im Schwarzwald erscheint und dessen letzte Vertreter ncoh im 14. und beginnenden 15. Jahrhundert greifbar sind. Im hohen und späten Mittelalter war Mundelfingen Mittelpunkt eines dem Kloster St. Gallen gehörenden Hofverbands (Heberegister, Einkünfteverzeichnisse u.a. von um 1200 und 1265), das Mundelfinger Gotteshaus stand als Pfarrkirche unter dem Patronat der Mönchsgemeinschaft (1225). Die Mundelfinger Ortsherrschaft besaßen die Grafen von Fürstenberg (1283) und als fürstenbergisches Lehen die Herren von Schellenberg (1380-1619). 1750/51 entstand die Barockkirche St. Georg des Architekten Peter Thumb als Pfarrkirche, daneben gibt es im auch in der Neuzeit weitgehend agrarisch orientierten Ort eine Margaretenkapelle sowie das Rathaus, das seine Funktion mit der Eingemeindung Mundelfingens nach Hüfingen (1975) verlor.
Zu Mundelfingen s.: Buhlmann, Michael (2016), Das Kloster St. Gallen, die Baar und Mundelfingen im frühen Mittelalter (= VA 98), Essen 2016, 60 S., Karte, € 4,-. [Buhlmann, 10.2016]

Mundhenk, Christine (1997), Der "Occultus Erfordensis" des Nicolaus von Bibra. Kritische Edition mit Einführung, Kommentar und deutscher Übersetzung (= Schriften des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, Bd.III), Weimar 1997, 395 S., DM 68,- > Lateinische Literatur > N Nicolaus von Bibra

Mundy, Liza (2008), Michelle Obama, Köln 32009 > U US-amerikanische Geschichte

Muschg, Adolf, Schweizer Schriftsteller: Adolf Muschg (*1934 in Zollikon) studierte Germanistik, Anglistik und Psychologie in Zürich und schloss sein Studium mit Promotion ab (1959). Es folgten Lehrtätigkeiten in Zürich, Tokio, Göttingen, Ithaca (New York) und Genf; zwischen 1970 und 1999 war Muschg Professor für deutsche Literatur an der ETH Zürich. Daneben war/ist er schriftstellerisch tätig; er veröffentlichte Romane und Erzählungen sowie Theaterstücke, u.a.: Muschg, Adolf (1974), Albissers Grund. Roman (= st 334), Frankfurt a.M. 41982, 380 S., DM 12,-; Muschg, Adolf (2012), Löwenstern. Roman, München 2012, 330 S., € 19,95. [Buhlmann, 04.2023]

Muschg, Walter (1929/60), Die Zerstörung der deutschen Literatur (und andere Essays), hg. v. Julian Schütt u. Winfried Stephan (2009), Zürich 2009 > D Deutsche Literaturgeschichte

Museum Folkwang (Hg.) (2018), Klaus Staeck. Sand fürs Getriebe, Göttingen 2018 > S Staeck, Klaus

Musil, Robert, österreichischer Schriftsteller: Robert Musil (*1880-†1942), geboren in Klagenfurt, gestorben in Genf, aufgewachsen in verschiedenen Ländern der k.u.k.-Monarchie, Maschinenbaustudium in Brünn (1898/1901), Abitur (1902), Psychologie- und Philosophiestudium in Berlin (1902/08), Dissertation (1908), Bibliothekar in Wien (1911), Teilnahme am Ersten Weltkrieg (1914/16), entwickelte sich nach dem Anfangserfolg seines Romans Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906) zum hauptberuflichen Schriftsteller, der nach dem nationalsozialistischen "Anschluss Österreichs" (1938) ins Exil in die Schweiz ging. Bedeutende Werke des Schriftsstellers sind u.a.: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (1906, Roman), Drei Frauen (Tonka, Grigia, Die Portugiesin; 1922/24, Novellenzyklus), Der Mann ohne Eigenschaften (1930/43, Roman), Nachlaß zu Lebzeiten (1936).
Zu Robert Musil s.: Frisé, Adolf (Hg.) (1992), Wege zu Musil. Eine Auswahl aus seinen Texten (= rororo 13107), Reinbek b.H. 1992, 381 S., DM 10,-, zu seinen Romanen s.: Schröder-Werle, Renate (2001), Robert Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (= Erläuterungen und Dokumente = RUB 16019), Stuttgart 2001, 204 S., DM 9,-. [Buhlmann, 08.2020, 09.2021]

Musset, Lucien (1974), Analyse socio-economique de quelques recueils de miracles dans la Normandie du XIe au XIIIe siècle, in: Annales de Normandie 24,1 (1974), S.3-36, 287-290 > N Normandie

Mutke, Eduard (1913), Helmstedt im Mittelalter. Verfassung, Wirtschaft, Topographie (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte, Bd.IV), Wolfenbüttel 1913 > H Helmstedt

Mythos und Geschichte: Mythen sind Erzählungen, die menschlichen Gruppen, Gesellschaften oder Kulturen auf übergreifende Art und Weise identifizierende Orientierungen und Welterfahrungen vermitteln. Kosmogene und anthropogene Schöpfungs- und Begründungsmythen erklären das Eingebundensein von Menschen in der Welt (Götterglauben), sie stiften zudem gesellschaftliche Traditionen (Rituale, soziale Legitimation); Ursprungs- und Gründungsmythen stehen am Anfang von "Geschichte", eschatologische Mythen zielen auf das Ende von "Geschichte" und Welt ab. Mythen wurden (und werden) schriftlos überliefert oder schriftlich niedergeschrieben, u.a. von Geschichtsschreibern, die Mythen in ihren Geschichtswerken rezipierten, überlieferten und (aus-, um-) formten. Mythen sind historisch einordbarer Ausfluss der kulturellen, auch religiösen Identität einer Gesellschaft bzw. eines Volkes und wirken auf diese bzw. dieses identitätsstiftend zurück. So lassen sich bestimmte Mythen bestimmten Kulturen zuordnen (Alter Orient [Ägypten, Mesopotamien], griechisch-römische Antike, keltische und germanischen Mythen, Indien, China, Japan, Afrika, Amerika, Pazifik), so gibt es den Mythos vom "Zivilisationsprozess" (Hans Peter Duerr), so kann aber auch der moderne Nationalstaat als politischer Mythos interpretiert werden (Nation als "vorgestellte Gemeinschaft", Staat und Nation als unterschiedliche politische Ordnungsvorstellungen) usw. Mythologie ist die Gesamtheit der Mythen einer Kultur oder auch Mythenforschung. Mit den Mythen verwandt sind die Erzählformen der Sagen, Legenden, Märchen und Fabeln.
Vgl.: Davis, Kenneth C. (2005), Wo hat Promethus das Feuer versteckt. Alles, was Sie über die Mythen der Welt wissen sollten (= Bastei-Lübbe Tb 60603), Bergisch Gladbach 2008, 700 S., € 9,90; Gottschalk, Herbert (1979), Lexikon der Mythologie (= Heyne Tb 7096), München 21982, 592 S., Abbildungen, DM 2,-; Graves, Robert (1955/57), The Greek Myths, Bd.1, 370 S., Harmondsworth 31957, Bd.2, 412 S., Harmondsworth 71969, zus. DM 3,20; Jens, Hermann (1958), Mythologisches Lexikon. Gestalten der griechischen, römischen und nordischen Mythologie (= Goldmann Tb 490), München 1958, 173 S., DM 1,-; Kerényi, Karl (1966), Die Mythologie der Griechen, Bd.I: Die Götter- und Menschheitsgeschichten (= dtv 1345), München 31977, 243 S., Bd.II: Die Heroengeschichten (= dtv 1346), München 31977, 340 S., zus. DM 5,-; Knappert, Jan (1990), Lexikon der afrikanischen Mythologie, hg. v. Michael Görden u. Hans Christian Meiser (1995) (= Heyne Sachbuch 338), München 1995, 368 S., Schwarzweißabbildungen, DM 19,90; Matthews, John u. Caitlin (1994), Lexikon der keltischen Mythologie, hg. v. Michael Görden u. Hans Christian Meiser (1994) (= Heyne Sachbuch 280), München 1994, 192 S., Abbildungen, DM 2,95; Ranke-Graves, Robert von, Patai, Raphael, Hebräische Mythologie. Über die Schöpfungsgeschichte und andere Mythen aus dem Alten Testament (= re 411), Reinbek b.H. 1986, 380 S., DM 19,80; Stoll, H[einrich] W[ilhelm] (1853), Mythologie der Griechen und Römer. Die Götter des klassischen Altertums, [Essen-] Kettwig 1990, 368 S., Schwarzweißabbildungen, DM 24,80. [Buhlmann, 02.2021, 07.2021]

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