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Rezensionen (Geschichte)
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Kämpf, Hellmut (Hg.) (1963), Canossa als Wende (= WdF 12), Darmstadt 31976 > I Investiturstreit

Kaesler, Dirk (2011), Max Weber (= BSR 2726), München 2011, 128 S., € 8,95. Max Weber (*1864-†1920), geboren in Erfurt, Mitglied einer westfälischen Kaufleutefamilie, aufgewachsen in Charlottenburg (bei Berlin), studierte ab 1882 Jura und Nationalökonomie in Heidelberg und promovierte 1889 in Berlin über Handelsrecht. 1890/92 arbeitete er u.a. für den "Verein für Socialpolitik" (Landarbeiter-Enquete zur wirtschaftlichen Lage von Gutsbesitzern und Landarbeitern in den ostelbisch-preußischen Gebieten). Ab 1892 war Weber Privatdozent an der Berliner Universität, zwischen 1894 und 1897 Professor an der Universität Freiburg, ab 1897 Professor in Heidelberg, doch behinderten seit 1897 auftretende Depressionen zunehmend seine Lehrtätigkeit (Beurlaubung 1900, Rücktritt vom Lehramt 1903), ohne dass seine wissenschaftliche Publikationstätigkeit wesentlich darunter litt. So erschienen: eine Abhandlung zur historischen Nationalökonomie (1903/06), "Die 'Objektivität' sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis" (1904: Kultur und wissenschaftliche Erkenntnis), Aufsätze zur Kultur des Protestantismus (1904: Calvinismus, Pietismus; Protestantismus und Kapitalismus). Weitere Studien betrafen: die 'Werturteilsfreiheit' von Wissenschaft (1909/12/17), die "Wissenschaft als Beruf" (1917: Rationalisierung, Intellektualsierung und Wissenschaft), die "Politik als Beruf" (1919). 1919 wurde Weber Professor in München, wo er auch wieder Lehrveranstaltungen durchführte. Hier befasste er sich mit der allgemeinen Soziologie und deren Begrifflichkeit (1920/23: menschliches Verhalten und Handeln; Beziehungen, Herrschaft und Bürokratie; Rationalisierung des Lebens als historischer Prozess im westlich-europäischen Kontext; Grenzen der Rationalisierung und Musik). [Buhlmann, 02.2012]

Kafka, Franz, deutschsprachiger Schriftsteller: Geboren wurde Franz Kafka am 3. Juli 1883 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns; Kafka studierte zunächst Germanistik, dann Jura, ein Studium, das er mit der Promotion abschloss (1906). Seine Anstellung als Jurist fand Kafka schließlich in der "Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt" in Prag (1907), wo er bis zu seiner durch Tuberkulose (Blutsturz 1917) bedingten Frühpensionierung (1922) arbeitete. Kafka starb am 3. Juni 1924 an der Tuberkulose. Er, der auch schriftstellerisch tätig war, verfügte dabei testamentarisch, dass seine noch nicht veröffentlichten Werke zu verbrennen seien. Doch hielt sich der Nachlassverwalter Max Brod nicht an diese Verfügung, so dass postum so bedeutende Roman(fragment)e wie Der Prozeß und Das Schloss erscheinen konnten. An Werken von Franz Kafka sind zu nennen: Kafka, Franz (1912/17), Briefe an Felice (und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit), hg. v. Erich Heller u. Jürgen Born (1976) (= Fischer Tb 1697), Frankfurt a.M. 1976, 783 S., Zeittafel, DM 9,80; Kafka, Franz (1913), Das Urteil (und andere Erzählungen) (= Fischer Tb 19), 1952, Nachdruck Frankfurt a.M.-Hamburg 1961, 203 S., DM 2,40; Kafka, Franz (1922/26), Das Schloss, Gütersloh o.J., 350 S., Illustrationen, DM N.N.; Kafka, Franz (1925), Der Prozess (= Fischer Tb 676), 1960, Nachdruck Frankfurt a.M. 1975, 201 S., DM 3,80, Nachdruck Frankfurt a.M. 1984, 231 S., DM 7,80; Kafka, Franz (1925), Der Prozess, Stuttgart-Hamburg o.J. [1980?], 230 S., DM N.N.; Kafka, Franz (1925), Der Prozess. Roman, Köln 2006, 208 S., € 2,95; Kafka, Franz (1925), Der Prozess. Roman (= Hamburger Leseheft 201), Husum 2008, 248 S., € N.N.; Kafka, Franz (1925/27), Der Verschollene (Amerika), Der Proceß, Das Schloß (= Fischer Tb 13544), Frankfurt a.M. 1997, 992 S., DM 10,-; Kafka, Franz, Gesammelte Werke: Tl.3: Der Proceß. Roman. Originalfassung (= Fischer Tb 18114), Frankfurt a.M. 2008, 297 S., € 8,95, Frankfurt a.M. 52011, 299 S., € 9,20. Interpretationen der Werke Kafkas bietet u.a.: Gräff, Thomas (1990), Franz Kafka: Der Prozeß (= Klett Lektürehilfen), Stuttgart-Dresden 31992, 127 S., DM 13,80; Große, Wilhelm (2006), Franz Kafka: Der Proceß (= Reclam Lektüreschlüssel = RUB 15371), Stuttgart 2006, 96 S., € 2,60, Nachdruck Stuttgart 2009, 96 S., € 3,-; Franz Kafka bereitet biografisch auf: Wagenbach, Klaus (1964), Franz Kafka (= rm 91), Reinbek b.H. 111973, 154 S., Schwarzweißabbildungen, DM 4,80. [Buhlmann, 11.2020, 04.2021, 06.-07.2021, 09.2021, 05.-06.2022, 10.2022, 11.2023, 01.2024]

Kahmer, Inge (2003), Die neuromanische Ausmalung von St. Suitbertus (Kaiserswerth) nach den Plänen von Kaplan Matthias Goebbels. Versuch einer Rekonstruktion, in: DJb 74 (2003), S.247-301 > K Kaiserswerth

Kaiser, Jürgen (1937), St. Aposteln (Köln) (= Schnell & Steiner, Kleine Kunstführer, Nr.744), Regensburg 102011 > K Köln: Romanische Kirchen

Kaiser, Jürgen (2004), Klöster in Baden-Württemberg. 1200 Jahre Kunst, Kultur und Alltagsleben, Stuttgart 2004 > B Buhlmann, Klöster und Stifte in Baden-Württemberg

Kaiser, Jürgen (2010), Herrinnen der Welt. Kaiserinnen des Hochmittelalters, Regensburg 2010, 255 S., Schwarzweißtafeln, 1 Stammtafel, € 22,90. Biografisch erfasst werden in ihrer Rolle als consors regni ("Gefährtin im Königtum", Mitherrscherin), Leiterin des königlichen Haushalts und eventuell Regentin für den minderjährigen Sohn die Kaiserinnen und deutschen Königinnen: Adelheid, Theophanu, Kunigunde, Agnes, Mathilde. I. Adelheid (*ca.931-†999): Die Tochter des Königs Rudolf II. von Hochburgund heiratete 947 König Lother von Italien (947-950), der aber alsbald verstarb, so dass Adelheid vor Berengar und Adalbert von Friaul zum ostfränkisch-deutschen König Otto I. (936-973) fliehen musste. Die Heirat mit Adelheid öffnete Otto den Weg nach Italien (951 italisches Königtum) und zur Kaiserkrone (962). Der gemeinsame Sohn Otto (II.) wurde 967 zum Mitkaiser gekrönt und 972 mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu verheiratet. Das Verhältnis zwischen Adelheid und Theophanu war dann während der Regierungszeit Ottos II. (973-983) von Spannungen überschattet. Nach dem frühen Tod des Kaisers übte zuerst Theophanu, dann nach deren Tod (991) Adelheid die Regentschaft für den unmündigen Otto III. (983-1002) aus. Die selbstständige Regierung (994) und die Erlangung der Kaiserkrone (996) durch Otto III. ließen dann Adelheid, die ihre beiden Ehemänner, ihren Sohn und ihre älteste Tochter, Äbtissin Mathilde von Quedlinburg, überlebt hatte, ihre (dritte) Klostergründung im elsässischen Selz (nach Peterlingen und San Salvatore) in die Wege leiten (996 Weihe der Klosterkirche). In Selz wurde Adelheid, die 999 verstarb, auch begraben. II. Theophanu (*ca.959/60-†991): Die griechische Prinzessin, verwandt mit byzantinischen Kaisern und der Kaiserin Theophanu, genoss eine sorgfältige Ausbildung, bevor sie nach langwierigen Verhandlungen in den Westen geschickt und mit dem ebenfalls gebildeten Kaiser Otto II. verheiratet (Heiratsurkunde der Theophanu) und zur Kaiserin gekrönt wurde (972). An der Seite ihres Ehemanns absolvierte Theophanu das Tagesgeschäft des Reisens und Herrschens (976 Aufstand der drei Heinriche, 978 westfränkischer Überfall auf Aachen, 982 Schlacht bei Cotrone, 983 Tod Ottos II.). Zusammen mit ihrer Schwiegermutter Adelheid setzte sie sich gegen gegen den bayerischen Herzog Heinrich den Zänker (955-976, 985-995), den Entführer des Kindkönigs Ottos III. (984-1002), durch (984/85) und führte bis zu ihrem Tod unumstritten und tatkräftig die Regentschaft (West- und Italienpolitik). Theophanu starb im Jahr 991 und wurde im Kölner Kloster St. Pantaleon begraben. III. Kunigunde (*ca.975/85-†1033): Kunigunde war die Tochter des Grafen Siegfried im Mosel- und Saargau und wohl seit dem Jahr 1000 Ehefrau des bayerischen Herzogs Heinrich IV. (995-1004), des Sohns Heinrichs des Zänkers. An der Seite ihres Manns, der sich nach dem frühen Tod Kaiser Ottos III. als König (1002-1024) durchsetzte, wurde Kunigunde - auf Grund ihrer Paderborner Krönung (1002) - zur Königin. Der durchaus tyrannische, wohl impotente Herrscher gründete "sein" Bistum Bamberg (1007) und bekämpfte in der Moselfehde die Brüder seiner Frau (1008-1015). 1014 wurde Kunigunde in Rom zur Kaiserin gekrönt, 1024 - nach dem Tod Heinrichs II. - füllte sie ihre bedeutende politische Rolle beim Übergang der Königsherrschaft auf den Salier Konrad II. (1024-1039) aus. Dieser machte allerdings die von Kunigunde verfügten Schenkungen an bayerische Kirchen rückgängig (1024/25), worauf sich die Kaiserin in das von ihre gestiftete Kloster Kaufungen zurückzog und dort als Nonne im Jahr 1033 starb. IV. Agnes von Poitou (*ca.1027/28-†1077): Agnes war eine Tochter der Agnes von Burgund (†1068), der Ehefrau des burgundischen Herzogs Wilhelm V. des Großen. Agnes von Burgund setzte sich nach dem Tod Wilhelms (1030) im Herzogtum Aquitanien und im Poitou durch, die erfolgreiche Machtpolitikerin verheiratete ihre Tochter Agnes von Poitou 1043 ebenso erfolgreich mit dem deutschen König Heinrich III. (1039-1056), dem Sohn Konrads II. Dank der Beziehungen seiner Ehefrau konnte Heinrich die Herrschaftsverhältnisse im erst 1033 neu erworbenen Königreich Burgund zu seinen Gunsten festigen. 1046 folgte nach der Synode zu Sutri die römische Krönung des Ehepaars zu Kaiser und Kaiserin, 1055 wurde Agnes bayerische Herzogin (1055-1061). Nach drei Töchtern gebar Agnes den Thronfolger Heinrich IV. (1050), der 1054 Mitkönig wurde und beim Tod seines Vaters (1056) ein Kindkönig zunächst unter der Regentschaft seiner Mutter war. Die Kaiserin handelte in der Folgezeit politisch geschickt, was die Herrschaftssicherung für ihren Sohn und die Behandlung der Krisenherde Ungarn, Bayern und Sachsen anbetraf (1057 Rudolf von Rheinfelden als schwäbischer Herzog, Sachsenaufstand, 1058 Frieden mit Ungarn, 1061 Weihe des Speyerer Doms). Ein von ihr verursachtes Papstschisma (1061-1064) belastete die Kaiserin, die Änhängerin der Kirchenreform war, schwer und bewog sie, die Rolle der gottgeweihten Witwe anzunehmen, wodurch Bischof Heinrich II. von Augsburg (1047-1063) die Leitung der Regierungsgeschäfte übernahm. Gegen diesen wandten sich der Kölner Erzbischof Anno II. (1056-1075) und eine Gruppe Mitwisser im "Staatsstreich von Kaiserswerth" (1062) mit der Entführung König Heinrichs IV. Agnes war politisch entmachtet, die Regentschaft lag in den Händen einger Bischöfe, die Kaiserwitwe hielt sich 1064/65 wieder am Königshof auf (1065 Volljährigkeit des Herrschers), bis sie nach Rom aufbrach und zwischen 1067 und 1077 als Diplomatin im Dienst von Papst und Kurie wirkte und auch öfter nach Deutschland und zu ihrem Sohn zurückkehrte (1067/68, 1070?, 1072, 1074). Kurz vor ihrem Tod holten Agnes die Anfänge des Investiturstreits (1075-1122) ein (1076 Exkommunikation des Königs, 1077 Gang nach Canossa). Ende 1077 starb die Kaiserin und wurde zu Beginn des Jahres 1078 in Rom in einer Kapelle des Petersdoms beerdigt. V. Mathilde (*1102-†1167): Die Tochter des englischen Königs Heinrich I. (1100-1135) kam infolge einer Eheverabredung achtjährig im Jahr 1110 ins deutsche Reich und heiratete 1114 Kaiser Heinrich V. (1106-1125), den Sohn Heinrichs IV. Die Ehe blieb kinderlos, Heinrich V. starb 1125, die "gute" Mathilde kehrte zu ihrem Vater zurück (1126) und musste den viel jüngeren Grafen Gottfried den Schönen von Anjou (†1151) heiraten. Nach dem Tod des Vaters (1135) kämpfte die "Kaiserin§ Mathilde um ihre Königsherrschaft in England, konnte sich aber in dieser "Zeit der Anarchie" (1139-1148) gegen König Stephan von Blois (1135-1154) nicht durchsetzen. Mehr Erfolg hatte indes Mathildes ältester Sohn Heinrich II. (1154-1189) aus der Ehe mit Gottfried von Anjou. Er konnte Stephan als König nachfolgen (1154) und herrschte - u.a. als Ehemann der Herzögin Eleonore von Aquitanien - über das angevinische Reich in England und Frankreich. Ab 1148 lebte Mathilde in der Normandie, in einem Palast nahe Rouen. Hier starb sie im Jahr 1167 und wurde im Kloster Le Bec begraben. [Buhlmann, 08.2012]

Kaiser, Michael (2014), Nachrichten aus den Haag. Johann van der Veecken als kurkölnischer Agent zur Zeit des Dreißigjährigen Krieg, in: AHVN 217 (2014), S.63-147. Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) waren die kriegführenden oder neutralen Parteien auf Informationen über politische Entwicklungen angewiesen. Johann van der Veecken war Agent des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Ferdinand von Bayern (1612-1650) im niederländischen Den Haag und versorgte kontinuierlich seinen Auftraggeber mit Informationen und Neuigkeiten, fand sich aber auch in der Rolle eines Diplomaten wieder (Belange Kurkölns, der Katholischen Liga und des Hauses Wittelsbach; böhmische Frage und Verhältnis zwischen Reich und Generalstaaten [späte 1620er-Jahre]; Neutralität Kurkölns gegenüber den Generalstaaten [1631/32]). In seiner Eigenschaft als Agent kommunizierte van der Veecken in einem "Dorf voll von Politikern, Ständevertretern und Diplomaten" (Den Haag). [Buhlmann, 01.2017]

Kaiser, Reinhold (1976), Münzprivilegien und bischöfliche Münzprägung in Frankreich, Deutschland und Burgund im 9.-12. Jahrhundert, in: VSWG 63 (1976), S.289-338. Die karolingischen Herrscher des Frankenreichs organisierten das aus der Merowingerzeit überkommene "zerrüttete" Münzwesen neu und brachten es "öffentlich-rechtlich" in ihre Verfügung. Unter den späten Karolingern kamen aus wirtschaftlichen und fiskalischen Gründen Münzprivilegien für Bischöfe/Bistümer auf. In den karolngischen Nachfolgereichen Deutschland, Frankreich und Burgund lassen sich dann unterschiedliche Entwicklungen ausmachen. Während in Deutschland unter den ottonischen und salischen Königen im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche die Vergabe von Münzprivilegien an Bischöfe auf karolingischen Bahnen ausgebaut wurde, fehlen entsprechende herrscherliche Initiativen in Frankreich und Burgund. In Frankreich und Burgund bemühten sich die Bischöfe um das Münzrecht weitgehend ohne herrscherliche Unterstützung und gerieten, was dieses Hoheitsrecht anbetraf, häufig in Gegensatz zu den Fürsten und den politisch Mächtigen auf regionaler und lokaler Ebene; in Frankreich waren Fürsten und Grafen in Bezug auf die Münzhoheit erfolgreich, die Bischöfe nur in den Städten, die ihrer Herrschaft unterstanden. Hier wie auch in Deutschland werden im hohen Mittelalter mit den Bischöfen als Münzherren auch Organisationsformen des Münzwesens erkennbar (monetarii, Münzerhausgenossenschaften, magisteria). [Buhlmann, 10.2014]

Kaiser, Reinhold (1979), Steuer und Zoll in der Merowingerzeit, in: Francia 7 (1979), S.1-17. Das komplexe spätantik-römische Steuer- und Zollsystem mit der annona (Naturalabgabe), dem iugum (Vermögenssteuer auf Landbesitz) und dem caput (Kopfsteuer), mit den munera (Dienste, Arbeitsleistungen) und den vectigalia als indirekten Steuern (Verbrauchssteuern, Zölle) kamen auch den merowingischen Königen als Rechtsnachfolgern der römischen Kaiser zugute. Bis ins 7. Jahrhundert hinein blieb im Frankenreich der Merowinger das römische Steuersystem auf der territorialen Basis von civitates und pagi und bezogen auf die Teilreiche der Merowingerkönige im Wesentlichen erhalten. Steuereinnehmer waren vicarii und exactores im Auftrag von duces, patricii und comites, die wiederum im Auftrag des Herrschers bzw. des Hausmeiers oder Pfalzgrafen handelten. Steuererleichterungen und Immunitäten konnten einzelne Städte betreffen (Auxerre, Clermont, Limoges, Lyon, Tours); König Chlothar II. (613-629) musste neu eingeführte Steuern wieder abschaffen (614), Königin Balthilde (†ca.665) soll die Steuern allgemein gesenkt haben. Steuerexemtionen betrafen bestimmte Kirchen und deren Güter (Clermonter Bischofskirche 533), Steuereinkünfte gelangten spätestens seit König Dagobert I. (623/29-639) an bestimmte Bischofskirchen und Klöster (Marmoutier, Poitiers, St. Bertin, Tours; Immunitätsurkunden, Abtretung von Steuereinkünften, Unterstellung des Grafen unter den Bischof, Kirche als Steuererheber [Reimser ordinationes, Listen von St. Martin in Tours], Leistungen der Kirche für den König im Rahmen der Reichsverwaltung). Für das 7. Jahrhundert wird daher zunehmend ein Übergang der Steuererhebung (im mittleren Gallien) von der weltlichen in die (wohl effektivere) kirchliche Verwaltung erkennbar. Eine entsprechende Entwicklung lässt sich auch in Bezug auf die Zölle feststellen. Die Übertragung von Steuern und Zöllen hat dabei zweifelsohne die Ausbildung der spätmerowingerzeitlichen "Bischofsrepubliken" befördert. [Buhlmann, 07.1988, 08.2015]

Kaiser, Reinhold (1979), Aachen und Compiègne. Zwei Pfalzstädte im frühen und hohen Mittelalter, in: RhVjbll 43 (1979), S.100-119 > A Aachen

Kaiser, Reinhold (Bearb.) (1985), Kaiserswerth (= RS 46), Köln-Bonn 1985 > K Kaiserswerth

Kaiser, Reinhold (1990), Das Ruhrgebiet im Itinerar der früh- und hochmittelalterlichen Könige, in: Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet, 2 Bde. (= Ausstellungskatalog), hg. v. Ferdinand Seibt, Essen 1990, Bd.2, S.12-19 > B Buhlmann, Hof- und Gerichtstag

Kaiser, Reinhold (1990), Der Hoftag in Steele (938), in: Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet, 2 Bde. (= Ausstellungskatalog), hg. v. Ferdinand Seibt, Essen 1990, Bd.2, S.20ff > S Steele

Kaiser, Reinhold (1993), Das römische Erbe und das Merowingerreich (= EdG 26), München 1993 > M Merowinger

Kaiser, Reinhold (1998), Churrätien im frühen Mittelalter (Ende 5. bis Mitte 10. Jahrhundert), Basel 1998, 290 S., Abbildungen, Karten, DM 78,-. Entstanden aus der römischen Provinz Raetia prima, nahm das romanische Churrätien (Raetia Curiensis, Graubünden) mit dem Vorort Chur im frühen Mittelalter eine Frontstellung zum sich nach Süden ausdehnenden alemannischen Siedlungsgebiet ein. Das sich in der Spätantike herausbildende Bistum Chur umfasste dann Churrätien. Bistumspatron war der Glaubensbote Luzius, der vielleicht aus dem Prättigau ("Britannien", Montafon) stammte und als (iro-schottisch beeinflusster?) Mönch irgendwann zwischen dem 4. und 7. Jahrhundert in Rätien die (schon oberflächlich christianisierte) Landbevölkerung missioniert haben soll. Zur Zeit des Merowingerkönigs Theudebert I. (533-547) wurde Churrätien Teil des Frankenreichs, stand aber weiterhin unter der Verwaltung eines praeses aus der einheimischen Familie der Viktoriden, denen es im Verlauf des 7./8. Jahrhunderts auch gelang, das Bischofsamt zu besetzen. In der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts waren Bischofs- und praeses-Amt in einer Person vereinigt, 773 band König Karl der Große (768-814) bei Unterstellung des Bistums unter königlichen Schutz Rätien enger an das Frankenreich. Die Jahre nach 800 sahen den ersten nichträtischen Bischof Remedius (800-820) sowie die Trennung von Bischofs- und praeses-Amt (807). Wegen der damit verbundenen "Säkularisationen" von Kirchengut und des Übergangs der gräflichen Gewalt an den nichträtischen Großen Hunfrid kam es unter Bischof Viktor III. (820-833) zu Auseinandersetzungen, in deren Zusammenhang Rechte und Besitzungen des Königs im rätischen Reichsguturbar aufgezeichnet wurden. Der rätische Dukat kam 806 an den Unterkönig Pippin von Italien, 843 im Zuge der Reichsteilung von Verdun an Ostfranken. [Buhlmann, 11.1998]

Kaiser, Reinhold, Scholz, Sebastian (2012), Quellen zur Geschichte der Franken und der Merowinger. Vom 3. Jahrhundert bis 751, Stuttgart 2012, 228 S., 4 Karten, Schwarzweißabbildungen, € 29,90. Fränkische Geschichte in Spätantike und frühem Mittelalter ist eigenständige Geschichte "zwischen Antike und Mittelalter" unter Berücksichtigung des Periodisierungsproblems des Übergangs von der Antike zum Mittelalter. Im Gegensatz zum römischen Reich entstanden die Franken (als "Kühne", als "(von römischer Herrschaft) Freie") als westgermanischer Stammesverband ("Stammesschwarm") am Niederrhein (antiqua Francia); fränkische Einfälle ins und Versuche einer "Landnahme" im römischen Reich sind dann für das (endende) 3. und das 4. Jahrhundert belegt, in der Spätantike (4./5. Jahrhundert) wandelte sich das Verhältnis zwischen Römern und Franken von einem Gegen- zu einem Miteinander (Franken als Laeten, Gentilen und Foederaten; römisch-germanische "Mischzivilisation" des 4./5. Jahrhunderts zwischen Rhein und Loire, "Reihengräberzivilisation" des 5. bis 8. Jahrhunderts). Die im 5. Jahrhundert erfolgte fränkische linksrheinische "Landnahme" ließ per pagos et civitates fränkisch-merowingische (Klein-) Königreiche entstehen (Königtum Chlogios, Childerichs; Rheinfranken), die unter dem im katholischen Glauben getauften König Chlodwig I. (482-511) zum Frankenreich der Merowinger vereint wurden. Das merowingische Frankenreich als erfolgreichstes der germanischen regna der Völkerwanderungszeit expandierte im 6. Jahrhundert erfolgreich im gallischen und ostrheinischen Raum, die wiederholten Reichsteilungen ließen in den bella civilia an der Wende vom 6. zum 7. Jahrhundert die Teilreiche Austrien, Neustrien und Burgund sich ausbilden, eine Oberschicht aus fränkischen, romanischen und burgundischen Großen bzw. ein fränkischer Adel sollten insbesondere ab dem 7. Jahrhundert die Politik im Frankenreich bestimmen. Die Machtstellung der Karolinger als Hausmeier leitete dann im 8. Jahrhundert zum Frankenreich der karolingischen Könige (und Kaiser) über. Als Vielvölkerstaat (Franken, Romanen, Burgunder, Goten, Alemannen, Bayern, Thüringer u.a. als gentes) gründete das Merowingerreich vielfach auf römischen Verwaltungsstrukturen (Kirche, Steuersystem, civitas, pagus), eingebunden in das "sakrale (Heer-) Königtum" der merowingischen Herrscher. An Quellen zur Geschichte der Franken und der Merowinger wird verwiesen auf bzw. werden beispielhaft vorgestellt: Panegyrici (auf römische Kaiser), historiografische Quellen (Stammessagen, "Zehn Bücher Geschichten" des Gregor von Tours, Fredegar-Chronik, Liber historiae Francorum, Einhard, Zosimos, Agathias), Viten (Genovefa, Desiderius von Cahors), Briefe (fränkischer Bischöfe, merowingischer Könige), Konzilsbeschlüsse und Edikte, Pactus legis Salicae, Testamente und Grabsteine, Dichtung (Venantius Fortunatus, Chilperich). Die "Quellen zur Geschichte der Franken und der Merowinger" basieren stark auf dem Buch: Kaiser, Reinhold (1997), Die Franken: Roms Erben und Wegbereiter Europas? (= Historisches Seminar. Neue Folge, Bd.10), Idstein 1997, 187 S., DM 25,80. [Buhlmann, 04.2008, 09.2012]

Kaiserchronik, mittelhochdeutsches Erzählwerk: Die Kaiserchronik, verfasst auf Mittelhochdeutsch wahrscheinlich von einem unbekannten Regensburger Geistlichen und wohl vor 1147, schildert - mit einem Exkurs zum alten Rom - die Geschichte der römischen Kaiser von Julius Caesar bis zum Staufer Konrad III. (1138-1152). Dabei stehen exempla, antike Überlieferungen (Lucretia, Mucius Scaevola u.a.), christliche Legenden (Silvester, Veronica u.a.) und (germanische) Sagen (Dietrich u.a.) im Vordergrund, die vor dem Hintergrund einer chronologisch zum Teil nur unzureichend sortierten Kaisergeschichte erzählt werden. Die Kaiserchronik unterscheidet dabei moralisierend zwischen guoten und ubelen Kaisern, der Abschnitt über Karl den Großen steht an der Schwelle zwischen antikem und mittelalterlichem Kaisertum und kennzeichnet auch einen Wechsel in der Erzählpraxis. Insgesamt ist die Kaiserchronik Beispielsammlung und Fürstenspiegel im "ideell-politischen Rahmen" des riche (römisches, deutsches Reichs). Die mittelhochdeutsche Kaiserchronik wurde vielfach rezipiert, fünfzig Handschriften sind überliefert. Sie war wegweisend für die (gereimte) deutsche Weltchronistik des späten Mittelalters (Weltchronik des Rudolf von Ems [ca.1250], Sächsische Weltchronik [ca.1230/60], Christherre-Chronik [13. Jahrhundert, 2. Hälfte], Weltchronik des Heinrich von München [14. Jahrhundert]). S. Die Kaiserchronik. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, ausgew. u. übers. v. Mathias Herweg (2014) (= RUB 19270), Stuttgart 2014, 509 S., € 14,-. [Buhlmann, 01.2015]

Kaiserswerth, Stift, Pfalz, Stadt, Stadtteil: Gegen Ende des 7. Jahrhunderts gründete der angelsächsische Missionar Suitbert (†713) ein Kloster auf einer Rheininsel am Niederrhein; der Ort wurde "Werth" (für "Insel"), später Kaiserswerth genannt. Erst aus dem letzten Viertel des 9. Jahrhunderts sind dann zwei Immunitätsprivilegien ostfränkischer Herrscher überliefert, die eine enge Beziehung der Rheininsel zum Königtum anzeigen. Zu Beginn des 10. Jahrhunderts stand Konrad, der spätere ostfränkische König (911-918), als Laienabt der geistlichen Gemeinschaft in Kaiserswerth vor. 1016 an die lothringischen Pfalzgrafen vergeben, gelangte die Rheininsel um 1045 an das salische Königtum. Die Könige Heinrich III. (1039-1056) und Heinrich IV. (1056-1106) hielten in der Kaiserswerther Pfalz Hof, der noch unmündige Heinrich IV. wurde hier von Erzbischof Anno II. von Köln (1056-1075) entführt (1062). In dieser Zeit war aus der geistlichen Kommunität in Kaiserswerth eine als Pfalzstift organisierte Kanonikergemeinschaft geworden. Mit König Konrad III. (1138-1152) setzten die Beziehungen Kaiserswerths zu den staufischen Herrschern ein. Konrad unterstellte die Königsleute, die königlichen Kaufleute und die Stiftsleute in Kaiserswerth seinem Schutz (1145), sein Nachfolger Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) verlegte die Zollstelle vom niederländischen Tiel auf die Rheininsel (vor 1174), wo er die auch heute immer noch beeindruckende staufische Pfalzanlage aufführen ließ. Die Pfalz war am Ende des 12. und in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts Zentrum einer staufischen Prokuration (Reichsprokuration), die Reichsbesitz und königliche Rechte der Umgebung zusammenfasste. Kaiserswerth wurde zu einer wichtigen Festung am Niederrhein, während sich im Schatten von Pfalz und Stift ein Ort mit durchaus reichsstädtischem Charakter entwickelte. In den Thronkämpfen des 13. Jahrhunderts wurden Pfalz und Ort zweimal belagert (1215, 1247/48), der Einfluss der deutschen Herrscher nach Kaiser Friedrich II. (1212-1250) auf den niederrheinischen Pfalzort sollte sich in den kommenden Jahrzehnten - gerade auch während des Interregnums (1245/56-1273) - beträchtlich vermindern. Pfandschaften, Auslösungen und Übergaben von Burg und Stadt Kaiserswerth (samt Zoll und Reichseinkünften) wechselten nun, 1302 erfolgte die Übertragung Kaiserswerths an die Grafen von Jülich. 1424 gelangte der Ort schließlich an das Kölner Erzstift und wurde als kurkölnisches Amt organisiert, was eine gewisse Isolierung vom Umland mit sich brachte. Die politische Bedeutung und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Kaiserswerths nahmen daher seit Ende des 13. Jahrhunderts ab. Dagegen gewann der Ort in der frühen Neuzeit zunehmend als Festung an Bedeutung. Neben der Pfalz war im späten Mittelalter die Stadt mit Mauer und Graben versehen worden. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde nun Kaiserswerth zu einer modernen Festung mit fünf Bastionen ausgebaut. Denkwürdig sind die Belagerungen des Ortes 1689 im Pfälzischen Krieg (1688-1697) und 1702 während des Spanischen Erbfolgekrieges (1700-1714), als die Stadt aufs Schwerste zerstört und schließlich erobert wurde. 1762/67/72 gelangte Kaiserswerth gemäß einem Urteil des Reichskammergerichts an das Herzogtum Jülich-Berg und wurde damit kurpfälzisch unter Kurfürst Karl (IV. Philipp) Theodor (1743-1799). Im Rahmen von Französischer Revolution (1789) und napoleonischen Kriegen besetzte Frankreich das linke Niederrheingebiet (1799) und schuf das rechtsrheinische Großherzogtum Berg (1805/06). Kaiserswerth geriet 1808 bis 1813 unter französische Herrschaft und wurde als Mairie (Bürgermeisterei) organisiert. 1815 ist der Ort dann eine preußische Stadt geworden, Teil des Düsseldorfer Landkreises in der Provinz Cleve-Berg. Wirtschaftliche Veränderungen wie der Wegfall des Treidelverkehrs auf dem Rhein trafen Kaiserswerth schwer. Doch es gab auch Neuanfänge; u.a. prägten das Diakoniewerk Theodor Fliedners (*1800-†1864) und die Frühindustrialisierung nun den Ort. 1929 ist Kaiserswerth nach Düsseldorf eingemeindet worden und seither Stadtteil einer Großstadt (> Kaiserswerther Geschichte (mit einer Bibliografie) [264 kB]).
Überblicke zur Kaiserswerther Geschichte bzw. zu Teilen davon geben: Heck, Karl (1925), Geschichte von Kaiserswerth. Chronik der Stadt, des Stiftes und der Burg mit Berücksichtigung der näheren Umgebung, Düsseldorf 21925, VIII, 484 S., RM 6,-; Kaiser, Reinhold (Bearb.) (1985), Kaiserswerth (= RS 46), Köln-Bonn 1985, 32 S., 5 Taf., DM 38,-; Lorenz, Sönke (1983), Borgh, Stat ind Landt van Keiserswerde. Ein Beitrag zur Geschichte von Kaiserswerth, Diss. Düsseldorf 1983 = Lorenz, Sönke (1993), Kaiserswerth im Mittelalter. Genese, Struktur und Organisation königlicher Herrschaft am Niederrhein (= SH 23), Düsseldorf 1993, 258 S., DM 20,10; Stick, Günther (1955), Das Kollegiatstift St. Suitbert zu Kaiserswerth (von der Gründung bis zum Ausgang des Mittelalters), Diss. Bonn 1955; Zimmermann, Christa-Maria, Stöcker, Hans (Hg.) (1981), Kayserswerth. 1300 Jahre Heilige, Kaiser, Reformer, Düsseldorf 21981, 480 S., DM 39,-. Spezielle historische Problemstellungen behandeln: Clemen, Paul (1901), Kaiserswerth. Untersuchung und Ausgrabungen der Hohenstaufenpfalz, in: BJbb 106 (1901), S.148-158; Dresen, A[rnold] (1916), Beda Venerabilis und der älteste Name von Kaiserswerth, in: DJb 28 (1916), S.211-218; Eschbach, Peter (1903), Zur Baugeschichte der Hohenstaufenpfalz Kaiserswerth, in: DJb 18 (1903), S.156-164; Großmann, Dieter (1985), HANC TEMPLI PARTEM GERNANDVS REPARAT. Zur Baugeschichte der Stiftskirche in Kaiserswerth, in: Wallraff-Richartz-Jahrbuch 46 (1985), S.367-375; Grossmann, Klaus (1992), Die mittelalterliche Gerichtsverfassung und Verwaltungsorganisation in Kaiserswerth nach dem Stadtrecht aus dem 14. Jahrhundert (= Rechtsgeschichtliche Studien, Bd.2), Köln-Weimar-Wien 1992, XXVII, 131 S., € 9,90; Kahmer, Inge (2003), Die neuromanische Ausmalung von St. Suitbertus (Kaiserswerth) nach den Plänen von Kaplan Matthias Goebbels. Versuch einer Rekonstruktion, in: DJb 74 (2003), S.247-301; Pagenstecher, Wolfgang (1947), Burggrafen- und Schöffensiegel von Kaiserswerth, in: DJb 44 (1947), S.117-154; Redlich, Otto R. (1929), Die Bedeutung von Stift und Burg Kaiserswerth für Kirche und Reich, in: AHVN 115 (1929), S.61-75; Schottmann, Jochen (2003), Der Prozess um Kaiserswerth und den dortigen Rheinzoll vor dem Reichskammergericht 1596-1767. Eine Auswertung der Prozessakten, in: DJb 74 (2003), S.105-178; Senger, Nicola (1999), St. Suitbert in Kaiserswerth (= Veröffentlichungen der Abteilung Architektur des Kunsthistorischen Instituts der Universität Köln, Nr.69), Köln 1999, 160, 44 S.; Struve, Tilmann (2006), Lampert von Hersfeld, der Königsraub von Kaiserswerth im Jahre 1062 und die Erinnerungskultur des 19. Jahrhunderts, in: AKG 88 (2006), S.251-278. Verwiesen sei noch auf das Urkundenbuch: Kelleter, Heinrich (Bearb.) (1904), Urkundenbuch des Stiftes Kaiserswerth (= Urkundenbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins, Bd.1), Bonn 1904, LXVIII, 672 S. > H Heimatkundliches in und um Kaiserswerth [Buhlmann, 08.1994, 09.1998, 11.1998, 04.1999, 06.2003, 10.2003, 09.2006, 03.2008, 10.2009, 09.2010, 03.2011, 02.2012, 02.2024]

Kalchschmidt, Karl Theodor (1895), Geschichte des Klosters, der Stadt und des Kirchspiels St. Georgen auf dem badischen Schwarzwald, Heidelberg 1895, Nachdruck Villingen-Schwenningen 1988, 174 S., € 13,-. Die Mönchsgemeinschaft in St. Georgen im Schwarzwald, gegründet im Jahr 1084 als benediktisches Reformkloster, war zunächst Priorat des Klosters Hirsau, bis es unter Abt Theoger (1088-1119) als selbstständige Abtei Beziehungen zum Papsttum und zum deutschen Königtum aufnehmen konnte. Besitzmäßig gut ausgestattet mit Gütern und Rechten auf der Baar, in Oberschwaben, am Oberrhein und im Elsass, wurde das Kloster im beginnenden 12. Jahrhundert zu einem Reformmittelpunkt benediktinischen Mönchtums; Frauen- und Männerklöster wie Lixheim, Amtenhausen, Friedenweiler, Urspring oder Rippoldsau waren St. Georgener Priorate. Wechselhaft war die Klostergeschichte unter den St. Georgener Äbten ab dem 12. Jahrhundert: 1224 wurde das Kloster durch Brand stark in Mitleidenschaft gezogen; im späten Mittelalter gelang die Ausformung eines Klostergebiets (mit St. Georgen, Brigach, Oberkirnach, Langenschiltach und Peterzell), während die Klostervogtei am Ende des Mittelalters württembergisch wurde. Die Einführung der Reformation durch den württembergischen Herzog (1536) beendete die katholische Zeit St. Georgens, die Mönche wichen nach Villingen aus, das Klostergebiet wurde als Klosteramt innerhalb der württembergischen Landesherrschaft organisiert, es gab eine evangelisches Kloster (zeitweise mit Klosterschule) unter evangelischen Äbten. Der Zerstörung des Klostergebäude im Dreißigjährigen Krieg (1633) folgte 1810 der Übergang St. Georgens an das Großherzogtum Baden. Das 19. Jahrhundert war u.a. geprägt von Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und dem Wandel in Infrastruktur und Landwirtschaft. > S St. Georgen im Schwarzwald. Aus dem Klosterdorf St. Georgen entwickelte sich die Stadt (1891). [Buhlmann, 11.1998]

Kalden-Rosenfeld, Iris (2009), Der Creglinger Altar des Tilman Riemenschneider (= Langewiesche Bücherei), Königstein i.T. 2009 > R Riemenschnieder, Tilman

Kall, Peter (1976), Mathematische Methoden des Operations Research. Eine Einführung (= Teubner Studium Mathematik), Stuttgart 1976 > O Operations Research

Kalter Krieg als Ost-West-Konflikt des 20. Jahrhunderts: Ein Ergebnis des Zweiten Weltkriegs in Europa und Asien (1939-1945) war eine ideologisch-politische Aufteilung der Welt in zwei Machtblöcke (bipolare politische Welt) unter der Führung der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) (westliche Demokratien kapitalistischen Zuschnitts) bzw. der Sowjetunion (UdSSR) (kommunistischer "Ostblock") (1947/89). Gerade die Aufteilung Europas entlang eines entstehenden "Eisernen Vorhangs" bei Teilung Deutschlands (Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik) und besonderer Stellung Berlins macht dabei den Kalten Krieg, den Ost-West-Konflikt zwischen USA und UdSSR begreifbar, der innerhalb, aber insbesondere auch außerhalb Europas politisch kritische bis "heiße" Phasen haben konnte. Erinnert sei diesbezüglich an: Irankrise (1946), Berlinblockade (1948/49), Gründung der NATO (1949), Koreakrieg (1950/53), als "Stellvertreterkrieg"), atomare Aufrüstung (Atomwaffen), Aufstand in der DDR (1953), Warschauer Pakt (1955), Aufstand in Ungarn (1956), Wettlauf in der Weltraumfahrt (1957), Berliner Mauer (1961), Kongokrise (1960/65), Kubakrise (1962), Vietnamkrieg (1964/73), Höhepunkt des Kalten Krieges (1967), "Prager Frühling" (1968), deutsche Ostpolitik (1969) und Ostverträge, Abrüstungsverhandlungen (1969), Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) (1973), Schlussakte von Helsinki (1975), NATO-Doppelbeschluss (1979), Boykott der Olympischen Spiele in Moskau (1980), Genfer Abrüstungsverhandlungen (1982), Perestroika und Glasnost in der UdSSR (1985), Gipfeltreffen von Reykjavik (1986), Start I-Vertrag (1987), Streiks in Polen (1988), Entwicklungen in Ungarn und Bulgarien (1988/89), Flüchtlings- und Ausreisewelle aus der DDR (1988/89), Sturz des rumänischen Diktators Ceausescu (1989), Fall der Berliner Mauer (1989), Wiedervereinigung Deutschlands (1990), Zerfall der UdSSR und Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) (1991). Auch in der sog. Dritten Welt Afrikas und Mittel-, Südamerikas machte sich der Konflikt des Kalten Krieges bemerkbar (Kuba, Kommunismus/Sozialismus in Mittel-, Südamerika, Angola). "Überbleibsel" des Kalten Krieges sind die kommunistischen Staaten Kuba (gegen USA) und Nordkorea (gegen Südkorea). Zudem fand während des Kalten Krieges in den westlichen Demokratien Kommunismus statt (McCarthy-Ära in den USA, kommunistische Parteien in Westeuropa, Studentenunruhen 1968). Die Jahrzehnte des Kalten Krieges können dann in verschiedene Phasen gegliedert werden: Anfangsphase Kalten Krieges (1945-1965; Niedergang Europas zwischen Pax Americana ["Golden Age"] und Pax Sowjetica), Zeit des Übergangs (1965-1975; Aufweichen der Fronten, Studentenbewegung [1968]), Ende des Kalten Krieges (1975-1990; Neoliberalismus, Zusammenbruch des realen Sozialismus) (nach: Deppe, Konfrontation der Systeme).
Zahlreich ist die Literatur zum Kalten Krieg, u.a.: Deppe, Frank (2006), Politisches Denken im Kalten Krieg (= Politisches Denken im 20. Jahrhundert, Bd.3): Tl.1: Die Konfrontation der Systeme, Hamburg 2006, 329 S., Schwarzweißabbildungen, € 24,80; Weizsäcker, Carl Friedrich von (1981), Der bedrohte Friede. Politische Aufsätze 1945-1981 (= dtv 10182), München 1983, 648 S., DM 16,80. Mit dem Ende des Kalten Krieges und des Ost-West-Gegensatzes beschäftigen sich: Rühl, Lothar (1990), Zeitenwende in Europa. Der Wandel der Staatenwelt und der Bündnisse, Stuttgart 1990, 439 S., DM 44,-; Scholl-Latour, Peter (1993), Eine Welt in Auflösung. Vor den Trümmern der Neuen Friedensordnung, Berlin 1993, 471 S., Karten, DM 44,-; Scholl-Latour, Peter (1996), Das Schlachtfeld der Zukunft. Zwischen Kaukasus und Pamir, Berlin 1996, 540 S., Karten, DM 54,-; Scholl-Latour, Peter (2008), Der Weg in den neuen Kalten Krieg, Augsburg 2009, 351 S., Farbtafeln, € N.N. [Buhlmann, 01.-02.2022, 11.2023]

Kaltwasser, Stephan, Krieg, Heinz (Hg.) (2019), Archäologie und Geschichte der Stadt in der Zähringerzeit (= FOLG 61), München 2019 > Z Zähringerstädte

Kamm-Kyburz, Christine (1983), Der Architekt Ottavio Bertotti Scamozzi 1719-1790. Ein Beitrag zum Palladianismus im Veneto, Bern 1983, 354 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, SFR 98,-. I. Person: Ottavio Bertotti Scamozzi (*1719-†1790) war ein italienischer, aus Vicenza stammender Architekt, der an der Architekturtheorie Andrea Palladios (*1508-†1580) interessiert war und diese in seinen Bauprojekten umzusetzen suchte. Scamozzis Leben spielte sich ab zwischen seinen Auftraggebern und Freunden, seinen Bauten und Architekturtraktaten (der Guidenliteratur), die er hinterließ (Descrizione dell'Arco Trionfale e della Illuminacione fatta nella Pubblica Piazza die Vicenza [1758], Il Forestiere istruito delle cose più rare de Architettura ... della Citta di Vicenza [1761], Le Fabbriche e i Disegni di Andrea Palladio [1776], L'Origine dell'Accademia Olimpica di Vicenza [1790]). II. Bauten (neben Projekten und Gutachten): Triumphbogen für Kardinal Antonio Marino Priuli (Vicenza, 1758), Villa Giambattista Valle (Vicenza, 1760/61), Casa Michele Pavanello (Vicenza, 1764/65), Palazzo Giacomo Milan (Vicenza, 1766), Villa Giangiorgio Trissino (Sandrigo, 1766/73), Galerie/Gästehaus für Giovanni Cornaro (Castelfranco Veneto, 1766), Villa Francesco Modena (Vancimuglio, 1767), Barchessa Gio Battista Orazio Porto (Vancimuglio, 1767), Villa Almerico Da Schio (Grossa di Giazo Padoveno, 1767/70), Casino Gaetano Muzzi (Vicenza, 1770), Palazzo Giovanni/Girolamo Franceschini (Vicenza, 1770), Villa Giovanni Franceschini (Arcugnano, 1770/79), Villa Bonaventura Fadinelli (Creazzo, ca.1770/80), Villa Vincenzo Capra (Marano Vicention, ca.1770/80), Loggia Carlo Vicentini Dal Giglio (Vicenza, 1772), Palazzo Giuseppe Gastaldi (Vicenza, 1773), Kirche SS. Faustino e Giovati (Vicenza, 1774), Palazzo Pietro Muzzi (Vicenza, 1774/78), Palazzo Giacomo Milan (Vicenza, ca.1776), Palazzo Giacomo Gozzani de Treville (Casale Monferrato, 1777/80), Teatro Eretenio (Vicenza, 1779/84), Loggia Giulio Ferrari (Vicenza, 1780), Palazzo Alessio Giambattista Braghetta (Vicenza, 1780), Palazzo Carlo Filippo Morozzo della Rocca (Turin, ca.1780/84), Villa Pompeo/Giacomo Rubini (S. Pietro Intrigogna, ca.1780/84), Villa Francesco Sesso (Sandrigo, ca.1780/84), Villa Gaetano Cogollo (Bolzano Vicentino, 1781), Dom SS. Prosdocimo e Donato (Cittadella, 1783/1829), Altar S. Gaetano in der Kirche S. Stefano (Vicenza, 1784), Triumphbogen für Podestà Camillo Bernandino Gritti (Vicenza, 1788), Triumphbogen für Capitano Pietro Leopoldo Curti (Vicenza, 1789). [Buhlmann, 02.2022]

Kammer, Hilde, Bartsch, Elisabet (1992), Nationalsozialismus. Begriffe aus der Zeit der Gewaltherrschaft 1933-1945 (= rororo Handbuch 6336), Reinbek b.H. 21992 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Kamphausen, Alfred (1983), Norwegen. Ein Führer, München 21985 > N Norwegische Geschichte

Kandler, Karl-Hermann (1995), Nikolaus von Kues. Denker zwischen Mittelalter und Neuzeit, Göttingen 1995 > N Nikolaus von Kues

Kanitscheider, Bernulf (1993), Von der mechanischen Welt zum kreativen Universum, Darmstadt 1993 > U Universum

Kannengiesser, Matthias, Enseleit, Damir (2004), PHP 5. Praxisbuch & Referenz, Poing 2004, 600 S., € 25,- > Kompendium Mittelalter > Geschichtsdarstellung: Homepage/Website [Buhlmann, 09.2015]

Kant, Immanuel, deutscher Philosoph: I. Immanuel Kant (*1724 in Königsberg, †1804 in Königsberg) studierte an der Universität im preußischen Königsberg Philosophie, Naturphilosophie und Mathematik (1740/55), musste aber nach dem Tod des Vaters als Hauslehrer für seine jüngeren Geschwister sorgen, so dass seine Promotion mit der Schrift De Igne erst 1755 erfolgte. Die Schrift Nova dilucidatio (1755) ermöglichte Kant die Lehrtätigkeit an der Königsberger Universität im Bereich von Philosophie, Theologie, Mathematik und Naturwissenschaften. Erste Bewerbungen auf Lehrstühle schlugen fehl, erst 1770 erhielt Kant eine Professur für Logik und Metaphysik an der Königsberger Universität (1786, 1788 Kant als Rektor; 1787 Kants Aufnahme in die Preußische Akademie der Wissenschaften, 1788 Kants Aufnahme in die Russische Akademie der Wissenschaften). Mit seiner Schrift Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee geriet Kant in Konflikt mit der preußischen Zensur (1791), 1796 schied aus der Universitätslehre aus. Privat blieb Kant unverheiratet, seine späteren Lebensjahrzehnte waren geprägt von einer durchaus rigorosen Einteilung der jeweiligen Arbeitstage. Das Grab des 1804 verstorbenen Kant befindet sich in der Stoa Kantiana am Königsberger Dom im heutigen russischen Kaliningrad. II. Kant hing zunächst (in seiner "vorkritischen Phase") der Philosophie eines Gottfried Wilhelm Leibniz (†1716) und eines Christian Wolff (†1746) an, bevor er sich mit der "rationalistischen" Denkrichtung von Leibniz und der "empiristischen" eines David Hume (†1776) kritisch auseinandersetzte. Mit Kants Kritik der reinen Vernunft (1781) ließ er durch diese "Kopernikanische Wende" die Philosophie in die Neuzeit eintreten. Auf der Grundlage von apriorischen Wahrheiten "analytischer" und "synthetischer" Art betrachtete Kant die Metaphysik durch "transzendentale Deduktion", beinhaltend die "subjektive Deduktion" des menschlichen Selbst[bewusstseins] infolge von Denken und Anschauung (Kategorien, Raum und Zeit als Anschauung), d.h. die einheitliche, objektive und subjektive Tatbestände zusammenfassende Erfahrung eines Subjekts. Menschlicher Verstand als "höchstes Erkenntnisvermögen" führt dabei - weil begrenzt - nicht immer zu objektiver Erkenntnis, wird er doch von der Anschauung beeinflusst (Erscheinung und Realität, Phaenomena und Noumena); im Bereich der Metaphysik beschäftigt sich die "reine Vernunft" innerhalb einer "transzendentalen Psychologie" mit der menschlichen Seele, in der "rationalen Kosmologie" mit der Welt insgesamt, in der Theologie mit Gott. Der Vernunft geht es also um: Gott, Freiheit (des Selbst) und Unsterblichkeit (Gottesbeweise, erste Ursache im Kosmos, Vernunftideen und "Logik des Scheins", Seele). Der kategorische (unbedingte) Imperativ beinhaltet die "Antinomie der Freiheit" des "transzendentalen Selbst" und leitet über zum Problem der praktischen Vernunft gemäß Kants Schrift >Kritik der praktischen Vernunft (1788) und zur Autonomie des menschlichen Willens, woraus wiederum moralisch-ethische Anschauungen ableitbar sind ("Objektivität der Moral"). Ergänzung fand die schon damals als herausragend empfundene Philosophie Kants in dessen Abhandlungen Kritik der Urteilskraft (1790) und Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft (1793) zu Geschichte, Religion, Aufklärung sowie Schönheit, Ordnung und Kunst (u.a. nach Scruton, Kant).
Zu Kant s.: Scruton, Roger (1982), Kant (= Herder Spektrum Meisterdenker), Freiburg [i.Br.]-Basel-Wien 1999, 140 S., DM 14,80. [Buhlmann, 03.2022]

Kapitalismus, Wirtschaftssystem menschlicher Gesellschaften: Kapitalismus ist eine in menschlichen Kulturen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, die auf wirtschaftlichen Voraussetzungen wie Geld (Kapital, Produktionsmittel), Markt (Waren, Konkurrenz) und Marktteilnehmer (Konsumenten, Produzenten, Arbeitskraft, Unternehmer) beruht. Im Europa des Spätmittelalters entstanden "Inseln" des Kapitalismus (Fernhandelskapitalismus) - grundgelegt durch den "Geist der Verschwendung" -, die europäische Expansion in die Welt seit dem Ende des Mittelalters verbreitete die kapitalistische Wirtschaftsweise über die ganze Welt, wobei es sehr wohl auch in außereuropäischen Kulturen Ansätze zum Kapitalismus gab. Die frühe Neuzeit war dann zunehmend bestimmt von einer auf den europäischen Kapitalismus beruhenden wirtschaftlichen Globalisierung hin zu einer protoindustriellen Weltwirtschaft. Die Industrialisierung ab dem 18./19. Jahrhundert brachte einen weiterer Kapitalismusschub, der Kapitalismus - vielfach auch als Ideologie empfunden - war mit dem bürgerlichen Liberalismus, der sozialen Frage und dem Freihandel verbunden; die soziale Ungleichheit in den kapitalistischen Gesellschaften wuchs (Monopolkapitalismus, Weltwirtschaftskrise), was wiederum wirtschaftliche und politische Alternativen wie den Kommunismus oder den Realsozialismus hervorrief. Die politischen Gegensätze zwischen Kapitalismus und Kommunismus mündeten ein in den Ost-West-Konflikt der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945), das Verschwinden des Kommunismus in Europa (1989/90) führte zu einem weiteren Globalisierungsschub bei Ausformung einer noch mehr verdichteten Weltwirtschaft mit neuen staatlichen Akteuren (Korea, China, Schwellenländer). Kapitalismus und Demokratie befinden sich in einem Konkurrenzverhältnis; (globalisierter) Neoliberlismus und Elitendemokratie befördern autoritär-populistische Vorstellungen innerhalb des Gesellschaftsystems der kapitalistischen Demokratie (Machtelite und Demokratiemanagement, "neoliberale Indoktrination", "massenmediale Indoktrination" und gesellschaftlicher Konsens statt Dissens, Demokratieparadoxon). Auch zerstört die kapitalistische Weltwirtschaft wegen der dabei verstärkt auftretenden Umwelt- und Klimaprobleme auf Dauer die Lebensgrundlagen der Menschheit. Schließlich wird die Frage des Kapitalismus als (reine, permanente, die Menschen nicht entsühnende Kult-) Religion, als parasitäre Fortsetzung des Christentums diskutiert. Vgl.: Baecker, Dirk (Hg.) (2003), Kapitalismus als Religion (= copyrights, Bd.9), Berlin 22004, 315 S., Farbtafeln, € 22,50 (mit den Beiträgen: Benjamin, Walter, Kapitalismus als Religion; Priddat, Birger P., "Geist als Ornamentik", Ideogrammatik des Geldes: Allegorien bürgerlicher Zivilreligion auf Banknoten des 19. und 20. Jahrhunderts; Steiner, Uwe, Die Grenzen des Kapitalismus. Kapitalismus, Religion und Politik in Benjamins Fragment 'Kapitalismus als Religion'; Ryklin, Mikhail, Der Topos der Utopie. Kommunismus als Religion; Hamacher, Werner, Schuldgeschichte. Benjamins Skizze 'Kapitalismus als Religion'; Soosten, Joachim von, Schwarzer Freitag: Die Diabolik der Erlösung und die Symbolik des Geldes; Deutschmann, Christoph, Die Verheißung absoluten Reichtums: Kapitalismus als Religion?; Haverkamp, Anselm, Geld und Geist: Die Metapher des Geldes und die Struktur der Offenbarung; Bolz, Norbert, Der Kapitalismus - eine Erfindung von Theologen?; Priddat, Birger P., Deus Creditor: Walter Benjamins 'Kapitalismus als Religion'; Rasch, Wilhelm, Schuld als Religion; Baecker, Dirk, Volkszählung); Bode, Thilo (2018), Die Diktatur der Konzerne. Wie globale Unternehmen uns schaden und die Demokratie zerstören, Frankfurt a.M. 2018, 237 S., € 18,-; Furger, Franz (1992), Moral oder Kapital? Grundlagen der Wirtschaftsethik, Zürich 1992, 329 S., DM 39,80; Kocka, Jürgen (2013), Geschichte des Kapitalismus (= BSR 2783), München 2013, 144 S., € 8,95; Kotteder, Franz (2015), Der große Ausverkauf. Wie die Ideologie des freien Handels unsere Demokratie gefährdet, München 22015, 208 S., € 14,99; Mausfeld, Rainer (2018/19), Warum schweigen die Lämmer? Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören, Frankfurt a.M. 52020, 318 S., Schwarzweißabbildungen, € 19,99; Schui, Herbert (1991), Ökonomische Grundprobleme des entwickelten Kapitalismus, Heilbronn 1991, 111 S., DM 14,80; Sombart, Werner (1922), Liebe, Luxus und Kapitalismus. Über die Entstehung der modernen Welt aus dem Geist der Verschwendung (= WAT 103), 1983, Nachdruck Berlin 1986, 203 S., Schwarzweißabbildungen, DM 14,-. [Buhlmann, 11.2013, 11.2020, 12.2021, 10.2022, 12.2022]

Kappeler, Andreas (2013), Die Kosaken. Geschichte und Legenden (= BSR 2768), München 2013, 127 S., Zeittafel, 2 Karten, € 8,95. Entlang von Flüssen, am Übergang zu den Steppen Osteuropas, an den Grenzen Polen-Litauens und in der Ukraine, bildeten sich ab der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts ethnisch und kulturell heterogene, zunächst egalitäre Verbände von Kosaken ("freie Krieger"; Ostslawen [Russen, Ukrainer, Bauern], Tartaren). Erkennbar werden bis zum Ende des 16. Jahrhunderts die Dnjepr- (Zaporozer Sic [16. Jahrhundert, Mitte]), Don-, Wolga-, Jaik- und Terekkosaken, die als freie Kosaken oder (polnische) Registerkosaken (1572) die Grenzverteidigung christlicher Staaten gegenüber Tartaren und Osmanen übernahmen. Kosaken hatten zudem einen wichtigen Anteil an der russischen Erschließung Sibiriens (Wolgakosak Ermak [†1585], Entdeckung der Halbinsel Sachalin [1645] und der Beringstraße [1648]). Sie widersetzten sich der Eingliederung nach Polen-Litauen und in den Moskauer Staat (Aufstand der Dnjeprkosaken 1591/96). Aufstände polnischer Registerkosaken (1606/07, 1630er-Jahre, 1648) führten ab 1648/49 zur Entstehung des ukrainischen Hetmanats der Dnjeprkosaken (Hetmane Bohdan Chelnyckyj [1648-1657], Ivan Mazepa [1687-1709]), das 1667 in eine polnische und eine russische Einflusszone geteilt wurde. Die Schlacht bei Poltawa (1709) und die im Verlauf des 18. Jahrhunderts stärker werdende russische Vorherrschaft beendeten die Existenz der Dnjeprkosaken und das (nur noch nominelle) Hetmanat. Auch im Bereich der Donkosaken und der Jaikkosaken war es im 17. und 18. Jahrhundert zu Aufständen gegen Russland gekommen (Aufstände des Stepan Razin 1670/71, des Kondratij Bulavin 1707/09 und des Emeljan Pugacev 1773/75); auch hier setzten sich die Zaren durch. Die freien Kosakengemeinschaften des 16. und 17. Jahrhunderts waren damit im 18. Jahrhundert in das russische Reich weitgehend eingebunden. Die (Dienst-) Kosakenheere des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts (Don-, Terek-, Astrachan-, Ural-, Orenburg-, Sibirien-, Transbajkal-, Amur-, Ussuri-Kosaken) waren nunmehr ins russische Zarenreich integriert; die Kosaken dienten militärisch und als Polizei dem Zaren. In der Folge von Erstem Weltkrieg (1914-1918), Oktoberrevolution (1917) und russischem Bürgerkrieg (1917-1921) kam es zu einer zumindest äußerlichen Renaissance in der Ukrainischen Volksrepublik (1918-1920; Dnjeprkosaken); Kosaken (Kuban-, Donkosaken u.a.) standen auf Seiten der Weißen im russischen Bürgerkrieg. Nach dem Sieg der Sowjettruppen kam es folgerichtig durch Massenterror zu "Entkosakisierung" (1919/21) und "Entkulakisierung" (1929/33); es entstand ein "sowjetisches Kosakentum", das im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) gegen das nationalsozialistische Deutschland kämpfte (Kosakeneinheiten im deutschen Heer 1941, 1943; Auslieferung von Kosaken an die Sowjetunion 1945). Mit dem Ende der Sowjetunion (1990) kam es zur Gründung kosakischer Organisationen in Russland und der Ukraine (1990); die heutige Sicht auf das historische Kosakentum ist weitgehend geprägt von Mythen und Legenden (Kosakenfrauen, kosakische Nation, Kosakenhelden). Allgemein können die Kosaken dem historischen Typus der Grenzergemeinschaften zugeordnet werden (Kosaken, Tartaren und Walachen, Pioniere des Wilden Westens). [Buhlmann, 05.2013]

Kappelhoff, Bernd, Vogtherr, Thomas (Hg.) (2002), Immunität und Landesherrschaft. Beiträge zur Geschichte des Bistums Verden (= Schriftenreihe des Landschaftsverbandes der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden, Bd.14), Stade 2002, XII, 263 S., Farb-, Schwarzweißabbildungen, Karten, € 20,-. I. Die Immunitätsurkunde von 849 (?) sowie weitere königliche Privilegierungen karolingischer und ottonischer Herrscher (Schenkungen, Markturkunde von 985) lassen die Einbindung des Bistums Verden in das ostfränkisch-deutsche Reich des 9. bis 11. Jahrhunderts erkennen (Thomas Vogtherr, Das Bistum Verden in der Reichskirchenpolitik der Karolinger und Ottonen). II. Entsprechend den Verhältnissen im Bistum Verden kann auch für das (Erz-) Bistum Bremen (-Hamburg) auf Grund von Immunitätsprivilegien und der Anbindung an das ostfränkisch-deutsche Königtum die Entwicklung des Erzstifts Bremen zur spätmittelalterlichen Landesherrschaft nachvollzogen werden (Konrad Elmshäuser, Immunitätsverleihung, Königtum und Landesherrschaft im Erzstift Bremen). III. Für die Ausbildung des Territoriums des Verdener Bischofs (Verdener Stift, Hochstift) waren landesherrschaftliche Ansätze zu Zeiten der Bischöfe Tammo (1180-1188) und Rudolf I. (1188-1205) entscheidend (misslungener Versuch der Errichtung einer Landesherrschaft in der Lüneburger Heide 1202), aber auch die erfolgreiche Einziehung der Verdener Vogtei (1223) durch Bischof Iso von Wölpe (1205-1231) und die weitere Ausbildung und Konsolidierung der Verdener Territorialherrschaft unter den Bischöfen Luder (1231-1251), Gerhard I. (1251-1269) und Konrad I. (1269-1300); den vorläufigen Schlusspunkt der Entstehung des Verdener Territoriums bildete der Erwerb von Grafschafts- und Gerichtsrechten im Jahr 1288 (Arend Mindermann, Zur Frühgeschichte des Hochstifts Verden. Grundlagen, Anfänge, Entwicklungsmöglichkeiten und Ausgestaltung der bischöflichen Landesherrschaft bis zum Ende des 13. Jahrhunderts). IV. Die römische Kurie und das Bistum Verden waren im Spätmittelalter auf vielfache Weise miteinander verflochten (päpstliche Provisionen bei Bischöfen, Verden und das Große Papstschisma [1378-1417], misslungene Verlegung des Bischofssitzes von Verden nach Lüneburg 1401/02, Errichtung einer Propstei in Lüneburg 1445, sonstige Beziehungen [Kuriale, kurialer Pfründenmarkt]) (Brigide Schwarz, Die römische Kurie und das Bistum Verden im Spätmittelalter). V. Im 16. Jahrhundert blieb auch das Bistum Verden von der protestantisch-lutherischen Reformation nicht verschont (Beschluss des Generalkapitels 1570, Aufbau einer neuen kirchlichen Ordnung, Ausbau des Schulwesens); im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde befand sich das Bistum zwischenzeitlich (1627-1632) unter kaiserlich-katholischer Kontrolle, das Hochstift Verden wurde 1632 schwedisch, im Zuge des Westfälischen Friedens (1648) wurden die Stiftsgebiete Bremen und Verden zu Herzogtümern, die mit dem Königreich Schweden durch Personalunion verbunden waren (Matthias Nistal, Verdens evangelische Bischöfe als Landesfürsten bis 1648). VI. In Verden war aus einem Gerichtsort und eventuellen Missionszentrum zur Zeit Kaiser Karls des Großen (768-814), aus einer (Siedlung oder) Gehöftgruppe (am nahe gelegenen Ringwall "Alte Burg") ab 814/15 ein mit Spitzgraben und Wall befestigter Dombezirk (Immunitätsbezirk) mit Bischofskirche und Domkloster entstanden; nördlich des Dombezirks entwickelte sich wahrscheinlich im 11. Jahrhundert eine Marktsiedlung (Vorgängerbau der Johanniskirche, ca.1030); dies ist vor dem Hintergrund des Markt- und Zollprivilegs König Ottos III. vom 30. November 985 zu sehen. Der planmäßige Ausbau der Marktsiedlung erfolgte aber erst unter dem Verdener Hochvogt Heinrich den Löwen (1150/75); weiter ist eine Kaufleutesiedlung um eine Nikolauskirche erkennbar; Dombezirk und Siedlungskerne wuchsen unter Bischof Iso von Wölpe und dessen Stadtherrschaft zusammen; der Ort Verden erhielt von Bischof Gerhard I. von Hoya Stadtrecht (Frank Wilschewski, Siedlung und Bischofssitz Verden an der Aller im frühen Mittelalter. Der archäologische Forschungsstand). VII. Die Urkunde des Verdener Bischofs Wigger (1014-1031) weist eine Siegelankündigung auf, das Siegel ist nicht erhalten; Siegel treten dann im 12. Jahrhundert ab Bischof Thietmar II. (1116-1148) in Erscheinung, von Bischof Hermann (1148-1167) sind zwei verschiedene Siegel im Original erhalten; diese wie spätere (runde, spitzovale) Siegel zeigen das Bild eines sitzenden Bischofs mit Stab und Buch, die Umschriften verweisen jeweils auf den Namen des siegelführenden Bischofs; das früheste erhaltene Siegel des Domkapitels stammt von 1230/35, eine Siegelführung der Kanonikergemeinschaft ist zu 1198 belegt (Arend Mindermann, Die Siegel der Bischöfe und des Domkapitels von Verden bis 1300). [Buhlmann, 08.2013]

  Karden: St. Castor, Stiftskirche, Kanonikerstift: Der Ort Karden an der unteren Mosel war ursprünglich ein verkehrsgünstig gelegener treverischer Straßenvicus (Moselübergang der Straße Voreifel-Hunsrück) innerhalb der römischen Provinz Germania superior bzw. prima. Der Ort erscheint in frühmittelalterlichen Geschichtsquellen als Cardena (ca.700), Caradona (837), Karadone, Cardonis (926) usw.; der Ortsname leitet sich vielleicht von einem Personennamen Cardius ab, ergänzt um das gallisch-lateinische Suffix -ena-. In Karden reichte das Christentum bis in die römische Spätantike zurück; die Person des heiligen Priesters Castor (†ca.400) ist diesbezüglich zu erwähnen. In die Zeit des merowingischen Frankenreichs, ins 6. oder 7. Jahrhundert fallen möglicherweise die Anfänge einer geistlichen Gemeinschaft von Priestern; dazu passt der archäologische Nachweis eines Friedhofs mit beigabenlosen Bestattungen aus dieser Zeit. Karden war damals auch Mittelpunkt eines Großbezirks aus Pfarreien; ab dem frühen Mittelalter gehörte der Ort zur Trierer Kirchenprovinz. Aus dem 8. Jahrhundert stammt die an neuer Stelle in Karden errichtete dreischiffige Basilika (zunächst als Paulinuskirche, dann als Kirche St. Castor), die wegen ihre Größe ebenfalls ein Hinweis auf eine geistliche Kommunität sein kann (Erhebung von Kastorreliquien 757/91; Überführung eines Teils der Überreste Castors in die Koblenzer Kastorkirche 836, Überführung von Reliquien der Heiligen Potentius, Felicius und Simplicius von Karden nach Steinfeld ca.920). Erst zum Jahr 1084 tritt das Stift vollends in Erscheinung; in einer Urkunde werden Propst, Dekan und Kanoniker genannt, der Propst hatte auch das Amt eines Archidiakons im Erzbistum Trier inne. Ein Urbar (ca.1100) und Privilegien- und Besitzbestätigungen der Päpste (1178, 1186) lassen für das hohe Mittelalter eine solide wirtschaftliche Basis erkennen, die ab dem ausgehenden 12. Jahrhundert dazu genutzt wurde, eine neue Stiftskirche mit romanischem Chor, Chorflankentürmen und Querhaus (vollendet ca.1216) sowie gotischem Langhaus (vollendet ca.1300) zu erbauen. Parallel dazu gewannen die zunehmend neben die Kapitularkanoniker tretenden Plebane und Vikare im Stift an Bedeutung besonders für den Gottesdienst. Missstände bei der Nutzung der Pfründen (1386, 1408), u.a. die päpstliche Besetzungspraxis für das Amt des Propstes und des Archidiakons sowie des Dekans (1310, 1372, 1378/1417, 1505/28), charakterisieren die Jahrhunderte des späten Mittelalters. Der bedeutende Kirchenmann Nikolaus von Kues (†1464) besaß während des Trierer Bistumsstreits (1430/35) eine Pfründe in Karden; Nikolaus unterstützte später den Trierer Erzbischof Jakob von Sierck (1439-1456) bei dessen Reformtätigkeit wohl auch am Kardener Stift. Von der Reformation ist das Kardener Stift nicht erfasst worden, nahm aber mit der Stiftsreform (1573) Impulse des Konzils von Trient (1545/63) auf. Das Stift verfügte damals über 18 Kanoniker- und fünf Prälatenpräbenden, dazu kamen 18 Stiftsvikare; wichtig waren zudem die Stiftsdignitäten des Dekans, Scholasters, Kantors und Kustos. Wirtschaftlich gesund stand die geistliche Gemeinschaft auch im 17. und 18. Jahrhundert da. Mit der französischen Besetzung des linksrheinischen Rheinlands (1794) endete indes die Geschichte des Stifts, das 1802 aufgehoben wurde.
Zum Castorstift in Karden s.: Pauly, Ferdinand, Das Stift St. Kastor in Karden an der Mosel (= GS NF 19 = Das Erzbistum Trier 3), Berlin-New York 1986, 604 S., Pläne, Karten, DM 238,-; Ritter, Helmut ([o.J.]), Kleiner Führer durch die Stiftskirche St. Castor, [Treis-Karden] 132010, Flyer, Plan, € 0,50. [Buhlmann, 10.2019, 11.2023]

Karl der Große, fränkischer König und Kaiser: Karl war der im Jahr 748 geborene älteste Sohn des ersten Karolingerkönigs Pippin des Jüngeren (741/51-768). I. Geschichte: Der frühe Tod seines Bruders Karlmann (771) machte aus Karl (dem Großen) den Alleinherrscher des Frankenreichs (768-814). Der König entfaltete eine bemerkenswerte Energie bei der Ausdehnung seiner Herrschaft. Im Sachsenkrieg (772-804) wurde Sachsen bis zur Elbe, im Langobardenkrieg (773/74) das Langobardenreich in Italien erobert. Es folgten die Eingliederung Bayerns (788) und die Zerstörung des Awarenreichs (795/96), die das Frankenreich sich bis nach Pannonien (Ungarn), Kroatien und Slowenien ausdehnen ließen. Gegenüber dem Omaijadenemirat in Spanien errichtete man die Spanische Mark zwischen Pyrenäen und Ebro (bis 812, Eroberung Barcelonas 801). In diesem Zusammenhang ist vom Feldzug von 778 zu reden, in dessen Verlauf ein fränkisches Heer bis vor die Tore des maurischen Saragoza gelangte, dies allerdings nicht einnehmen konnte. Auf dem Rückzug erlitt die fränkische Nachhut unter Graf Roland gegen die christlichen Waskonen (Basken) eine schwere Niederlage (Rolandslied). Weit über das Frankenreich hinaus hatte Karl der Große schließlich Beziehungen zum oströmisch-byzantinischen Reich (Kaisertum) und zum islamischen Kalifat von Cordoba (Gesandtenaustausch mit Kalif Harun al-Raschid [786-809] 797). Der Erwerb des Kaisertums (25. Dezember 800) mag dann als Höhepunkt der Regierung Karls des Großen gelten, ebenso die Ausgestaltung Aachens zur "Residenz" des Herrschers. Dieser "Habenseite" steht entgegen, dass besonders nach 800 das nun übergroße Frankenreich außenpolitisch zunehmend in die Defensive geriet. Die "Grenzen des Wachstums" waren längst überschritten, etwa hinsichtlich des byzantinischen Venedig und des Adriaraums, mit dem Auftreten der Normannen oder gegenüber der Bretagne, deren vollständige Unterwerfung mehrfach misslang (Bretonische Mark). Auch gestalteten sich die inneren Verhältnisse im Frankenreich schwieriger, geriet der Vielvölkerstaat doch - u.a. ausgelöst durch die andauernden Kriege - in eine soziale Schieflage, die die wirtschaftlich Schwächeren (pauperes) gegenüber den Mächtigen und Großen (potentes) benachteiligte. Da halfen denn auch eine zunehmende Schriftlichkeit in der Reichsverwaltung, die ausgeprägte Kapitulariengesetzgebung, die schriftliche Fixierung von Volksrechten, die Grafschaftsverfassung und das Herrschaftsinstrument der Königsboten (missi dominici) nicht viel, während die fränkische Kirche mit ihren Bistümern und Abteien verstärkt in Politik, Verwaltung und Kriegswesen integriert wurde. Das Eingreifen Karls in kirchlich-religiöse Bereiche belegt eindrucksvoll die Frankfurter Synode von 794 mit ihren Beschlüssen zu (spanischem) Adoptianismus und byzantinischem Bilderstreit (Libri Carolini). Dass dabei die Herrschaft Karls nicht immer unumstritten gewesen war, beweist die gegen ihn gerichtete Adelsverschwörung des Grafen Hardrad in Ostfranken (785/86). II. Rezeptionsgeschichte: Abhängig von der Begrenztheit karolingerzeitlicher Geschichtsquellen, wurde und wird die Person Karls des Großen in den historischen Wissenschaften unterschiedlich beurteilt; es ging um die "ethnische Einordnung" des Frankenherrschers als "Deutscher" und "Franzose" (deutsche, französische Geschichtsschreibung: Karl der Große <-> Charlemagne), die Herkunft Karls und der Karolinger (Arnulfinger, Pippiniden, Karl Martell), die (Fern-) Wirkungen von Karls Politik (Europa, Zufälligkeit seiner "Außenpolitik", durchdachte "Innenpolitik" [Gesetzgebung, Nachfolgeordnungen, Bildungsreform]) usw. Die Persönlichkeit Karls entfaltete zudem Wirkung in der mittelalterlichen Geschichte als politisches Kultobjekt (Öffnung des Karlsgrab durch Kaiser Otto III. 1000; heiliger Karl, Karlsverehrung: Kaiser Friedrich I. Barbarossa 1165; Karlsbüste: Kaiser Karl IV. 1349/57/61), als mythische Gestalt in Epen, Visionen und Legenden (im altfranzösischen und deutschen Rolandslied, im Zusammenhang mit der spanischen Jakobusverehrung [Pseudo-Turpin], in Jenseitsvisionen [Negativbild Karls], in der Moderne als "ideologisches Konstrukt" (Karlsbild Napoleons, Karlsfresken Alfred Rethels im Aachener Rathaus, Karl als "germanischer Europäer" im Nationalsozialismus [<-> Widukind]); nicht zuletzt hinterließ Karl in Aachen Spuren (Marienkirche, Karlsgrab, Karlsthron, mittelalterliche Königskrönungen, Reichskleinodien, Reliquien und Wallfahrt, Stadtsiegel).
An Biografien zu Karl dem Großen seien aufgeführt: Barth, Reinhard (2000), Taschenlexikon Karl der Große (= SP 3034), München 2000, 236 S., DM 16,90; Becher, Matthias (1999), Karl der Große (= BSR 2120), München 1999, 127 S., DM 14,80; Braunfels, Wolfgang (1978), Karl der Große (= rm 187), Reinbek b.H. 1978, 185 S., DM 6,80; Epperlein, Siegfried (1971), Karl der Große. Eine Biographie, Berlin 61976, 163 S., DM 2,-; Fried, Johannes (2013), Karl der Große. Gewalt und Glaube. Eine Biographie, München 2013, 736 S., Farbtafeln, Schwarzweißabbildungen, Pläne, Karten, € 29,95; Hägermann, Dieter (2000), Karl der Große. Herrscher des Abendlandes. Biographie, München 2000, 736 S., DM 68,-; Hartmann, Wilfried (2010), Karl der Große (= Urban Tb 463), Stuttgart 2010, 333 S., € 19,90; Kerner, Max (2001), Karl der Große. Entschleierung eines Mythos, Köln-Weimar-Wien 2001, 334 S., Schwarzweißtafeln, € 5,-; McKitterick, Rosamond (2008), Karl der Große (= GMR), Darmstadt 2008, 472 S., € 34,90; Wahl, Rudolph (1948), Karl der Große. Eine Historie, München 1948, 338 S., DM 2,-; Weinfurter, Stefan (2013), Karl der Große. Der heilige Barbar, München-Zürich 2013, 352 S., Farbtafeln, Farbkarte, € 22,95. Verwiesen sei auf die Ausstellung zu Karl dem Großen in Aachen im Jahr 1965: Braunfels, Wolfgang u.a. (Hg.) (1965-1968), Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben: Bd.1: Persönlichkeit und Geschichte, Düsseldorf 21966, 857 S., Bd.2: Das geistige Leben, Düsseldorf 21966, 306 S., Bd.3: Karolingische Kunst, Düsseldorf 21966, 590 S., Bd.4: Das Nachleben, Düsseldorf 21967, 484 S., Bd.5: Registerband, Düsseldorf 1968, 143 S., zus. DM 200,-. Karl der Große. Werk und Wirkung, hg. v.d. Stadt Aachen (1965) (= Ausstellungskatalog), Aachen 1965, XL, 568 S., DM N.N. sowie auf die Ausstellungen in Frankfurt a.M. 1994 und in Paderborn 1999: Fried, Johannes (Hg.) (1994), 794 - Karl der Große in Frankfurt am Main. Ein König bei der Arbeit (= Ausstellungskatalog), Sigmaringen 1994, 184 S., DM 24,-; Stiegemann, Christoph, Wemhoff, Matthias (Hg.) (1999), 799 - Kunst und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III. in Paderborn, Paderborn 1999: Bd.1: Katalog der Ausstellung [Tl.1], Bd.2: Katalog der Ausstellung [Tl.2], zus. XLI, 938 S., Bd.3: Beiträge zum Katalog der Ausstellung, X, 744 S., zus. DM 148,-, weiter auf: Karl der Große und sein Nachwirken. 1200 Jahre Kultur und Wissenschaft in Europa, 2 Bde., Bd.1: Butzer, Paul Leo, Kerner, Max, Oberschelp, Walter (Hg.) (1997), Wissen und Weltbild, Turnhout 1997, XXXI, 557 S., Abbildungen, € 24,95, Bd.2: Butzer, Paul Leo, Jongen, Hubertus T., Oberschelp, Walter (Hg.) (1997), Mathematisches Wissen, Turnhout 1997, 596 S., Abbildungen, € 24,95. Lexikalisch aufbereitet ist: Barth, Reinhard (2000), Taschenlexikon Karl der Große (= SP 3034), München 2000, 236 S., DM 16,90. Quellen bzw. quellennah sind: Die Urkunden Pippins, Karlmanns und Karls des Großen, hg. v. Engelbert Mühlbacher (1906) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der Karolinger, Bd.1), 21956, Nachdruck München 1979, XI, 581 S., DM 90,-; Die Regesten des Kaiserreiches unter den Karolingern 751-918, bearb. v. Engelbert Mühlbacher, Johannes Lechner (1908) (= RI I,1), 21908, Nachdruck Hildesheim 1966, 8, CXXII, 987 S., DM 150,-; Reindel, Kurt (1970), Die Kaiserkrönung Karls des Großen (= Historische Texte. Mittelalter, Bd.4), Göttingen 21970, 84 S., DM 4,50; Abel, Sigurd, Simson, Bernhard (1883-1888), Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen: Bd.I: 768-798, 21888, Nachdruck Berlin 1969, XVI, 698 S., Bd.II: 799-814, 1883, Nachdruck Berlin 1969, XII, 650 S., zus. DM 130,-. Spezielle Fragestellungen behandeln: Becher, Matthias, Eid und Herrschaft. Untersuchungen zum Herrscherethos Karls des Großen (= VuF, Sonderband 39), Sigmaringen 1993 > B Becher, Eid und Herrschaft; Fried, Johannes (2001), Papst Leo III. besucht Karl den Großen in Paderborn oder Einhards Schweigen, in: HZ 272 (2001), S.281-326; Hauck, Karl (1970), Die Ausbreitung des Glaubens in Sachsen und die Verteidigung der römischen Kirche als konkurrierende Herrscheraufgaben Karls des Großen, in: FMSt 4 (1970), S.138-172; Hauck, Karl (1986), Karl der Große in seinem Jahrhundert, in: FMSt 9 (1975), S.202-214; Hauck, Karl (1986), Karl als neuer Konstantin 777. Die archäologischen Entdeckungen in Paderborn in historischer Sicht, in: FMSt 20 (1986), S.513-540; Irblich, Eva, Herwig, Wolfram (Hg.) (1993), Karl der Große und die Wissenschaft (= Ausstellungskatalog Karolingische Handschriften), Wien 1993, 130 S., Abbildungen, ÖS 200,-; Langen, Ruth (1989), Die Bedeutung von Befestigungen in den Sachsenkriegen Karls des Großen, in: WZ 139 (1989), S.181-211; Müllejans, Hans (Hg.) (1988), Karl der Große und sein Schrein in Aachen. Eine Festschrift, Aachen 1988, 199 S., Abbildungen, DM 59,-; Wolf, Gunther (Hg.) (1972), Zum Kaisertum Karls des Großen (= WdF 38), Darmstadt 1972, 441 S., DM 44,80. Auch literarisch fand Karl der Große seit dem Mittelalter seinen Niederschlag: Das Rolandslied des Pfaffen Konrad. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch, hg. v. Dieter Kartschoke (1993) (= RUB 2745), Stuttgart 1993 > R Rolandslied; Mielke, Thomas R.P. (1992), Karl der Große. Der Roman seines Lebens (= rororo 13328), Reinbek b.H. 1994, 749 S., Zeittafel, Karten, DM 16,90. [Buhlmann, 07.1980, 10.1991, 09.1999, 04.2000, 05.2010, 06.2011, 02.2014, 03.2014, 04.2014, 06.2019, 08.2020]

Karl III. der Dicke, (ost-) fränkischer König und Kaiser: Der jüngste Sohn des ostfränkischen Königs Ludwig des Deutschen (840-876) und der Hemma, Karl III. der Dicke, geboren im Jahr 839, erhielt bei der Reichsteilung von 876 mit Alemannien (Schwaben) den kleinsten Anteil. Ab 879 war Karl König von Italien; am 12. Februar 881 wurde er in Rom zum Kaiser gekrönt. Nach dem Tod seines Bruders Ludwigs des Jüngeren (882) trat er die Herrschaft in ganz Ostfranken an. Da bald auch in Westfranken ein regierungsfähiger Karolinger fehlte (Tod Karlmanns 884), wurde Karl zudem Herrscher im westfränkischen Königreich (885) und vereinigte - abgesehen vom Herrschaftsbereich Bosos von Vienne - das Reich Karls des Großen (768-814) für kurze Zeit (885-887/88) noch einmal in einer Hand. Zunehmende außen- (Sarazenen- und Wikingereinfälle, Belagerung von Paris 885/86) und innenpolitische Schwierigkeiten (Sturz des Erzkapellans Luitward von Vercelli 887) schwächten - neben einer schweren Erkrankung - die Position des Kaisers zusehends. Hinzu kam das letzten Endes fehlgeschlagene Bemühen um einen legitimen Nachfolger: Karls illegitimer Sohn Bernhard wurde nicht anerkannt; der Trennung von seiner Ehefrau Richgardis, mit der er seit 862 kinderlos verheiratet gewesen war, folgte keine neue Ehe (887); Adoptionspläne scheiterten. Dies alles führte Ende 887 zum Sturz Karls III., als Arnulf von Kärnten, der zwar illegitime, aber regierungsfähige Sohn Karlmanns, des verstorbenen ältesten Bruders Karls III., mit Heeresmacht den Kaiser in Tribur bzw. Frankfurt absetzte und von den ostfränkischen Großen in Frankfurt zum König gewählt wurde. Karl zog sich auf ein paar Güter in Schwaben zurück, wo er schon bald am 13. Januar 888 in Neudingen verstarb; seine Grabstätte ist auf der Reichenau zu finden.
Zum fränkischen König und Kaiser Karl III. s.: Die Urkunden Karls III., bearb. v. Paul Kehr (1936/37) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der Karolinger, Bd.2), 1936/37, Nachdruck München 1984, LXIV, 422 S., DM 90,-; Borgolte, Michael (1977), Karl III. und Neudingen. Zum Problem der Nachfolgeregelung Ludwigs des Deutschen, in: ZGO 125 (1977), S.21-55 > B Borgolte, Karl III.; Ihle, Volker C. (2006), Kaiser Karl (III.) der Dicke war gar nicht dick. Vom alemannisch-schwäbischen Herrscher zum Erben Karls des Großen, in: Schwarzwälder Hausschatz 2006, Oberndorf 2005, S.69ff; Schieffer, Rudolf (1993), Karl III. und Arnolf, in: Schnith, Karl Rudolf, Pauler, Roland (Hg.), Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag (= Münchener historische Studien, Abteilung Mittelalterliche Geschichte, Bd.5), Kallmünz 1993, S.133-149 > S Schieffer, Karl III. [Buhlmann, 04.2008, 11.2013, 06.2020]

Karl IV., deutscher König und Kaiser: I. Geboren wurde Karl am 14. Mai 1316; seine Eltern waren König Johann von Böhmen (1311-1346), der Sohn Kaiser Heinrichs VII. (1308-1313), und die Premyslidin Elisabeth. Erzogen wurde Karl hauptsächlich am französischen Königshof (1323-1330); 1333 kehrte er wieder nach Böhmen zurück. Seit 1334 fungierte Karl als Markgraf von Mähren; doch hat er sich auch in Böhmen, z.B. bei der Errichtung des Prager Erzbistums (1344), eingeschaltet. Dem Papstaufruf des Jahres 1342, einen neuen römisch-deutschen König zu wählen, haben die Kurfürsten erst mit der Wahl Karls am 11. Juli 1346 entsprochen; der neue König wurde am 26. November in Bonn gekrönt; eine Nachwahl und eine Nachkrönung erfolgten zudem am 17. Juni 1349 in Frankfurt und am 25. Juli in Aachen. Nach der Wahl von 1346 war Karl mit seinem Vater Johann zur Unterstützung Frankreichs im Hundertjährigen Krieg (1339-1453) gegen England aufgebrochen. In der Schlacht bei Crécy (26. August 1346) siegten jedoch die Engländer; König Johann fiel, Karl wurde verwundet und - nach Böhmen zurückgekehrt - am 2. September 1347 in Prag zum böhmischen König gekrönt. Nach dem Tod Ludwigs des Bayern (1347) und dem Vertrag von Eltville (26. Mai 1349) mit dem Gegenkönig Günther von Schwarzburg (1349) war Karl IV. als König allgemein anerkannt. II. Im Vordergrund der Politik des Luxemburgers stand dessen erfolgreiche Hausmachtpolitik. Auch über mehrere Heiraten (mit Blanca Margareta von Valois 1329, Anna von der Pfalz 1349, Anna von Schweidnitz 1353, Elisabeth von Pommern 1365) gelang es Karl, besonders seinem Stammland Böhmen wichtige Territorien wie die Oberpfalz (1353-1358), die Niederlausitz (1367) oder Schlesien (1368) anzugliedern. Der Erwerb der 1323 an die Wittelsbacher gekommenen Mark Brandenburg gestaltete sich schwieriger und war erst nach zwei Feldzügen im Jahr 1373 abgeschlossen. Nach Osten hin versuchte Karl, durch eine geschickte Ehepolitik Polen und Ungarn für seine Dynastie zu gewinnen. In die italienischen Verhältnisse griff Karl IV. zweimal ein. Der 1. Italienzug (1354/55) brachte als Ergebnis die Königserhebung in Mailand am 6. Januar 1355 und die Kaiserkrönung in Rom am 5. April; auch der 2. Italienzug (1368/69) führte zur allgemeinen Anerkennung des Kaisers. Dagegen standen aber Verluste an der Westgrenze des deutschen Reiches, besonders im burgundischen Raum und trotz der burgundischen Krönung Karls am 4. Juni 1365. III. Mit Karl IV. wird auch die sog. Goldene Bulle in Verbindung gebracht, die - aufbauend auf den Beschlüssen des Rhenser Kurvereins (16. Juli 1338) - die Königswahl zum römisch-deutschen König regelte und auf zwei Hoftagen zu Nürnberg am 10. Januar und 25. Dezember 1356 erlassen wurde. Dank seiner Hausmacht konnte der Kaiser auch die Wahl seines Sohnes Wenzel zum deutschen König erfolgreich betreiben (10. Juni 1376). Alles dies ist Ausfluss einer Verdichtung der Zentralgewalt im spätmittelalterlichen deutschen Reich, die so nur unter Karl IV. bestanden hat. Mit dem Kaisertum Karls ist zudem die Kultur des Vorhumanismus verknüpft; Prag wurde kultureller Mittelpunkt, Karl - selbst Verfasser einer Autobiografie - war Förderer von Kunst und Kultur. Derselbe Karl hat aber auch den anlässlich der Großen Pest auftretenden Judenpogromen von 1349 nicht Einhalt geboten, vielmehr von diesen profitiert. Karl starb 29. November 1378 in Prag, wo er im Veitsdom begraben liegt.
Die Autobiografie des Kaisers ist: Kaiser Karl IV., Selbstbiographie. Ein authentisches Zeitdokument aus der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im 14. Jahrhundert, hg. v. Ottokar Menzel ([1943]), Berlin o.J. [1943], 112 S., DM 3,-. Quellennah sind: Die Regesten des Kaiserreiches unter Kaiser Karl IV. 1346-1378, bearb. v. Alfons Huber (1877) (= RI VIII), Nachdruck Hildesheim 1968, LVIII, 683 S., € 58,-. Als Biografie zu Karl IV. sei erwähnt: Stoob, Heinz (1990), Kaiser Karl IV. und seine Zeit, Graz-Wien-Köln 1990, 437 S., Abbildungen, DM 49,-. [Buhlmann, 10.1994, 01.2019]

Karl Martell, Hausmeier im merowingischen Frankenreich: Karl Martell (der "Hammer") wurde um 688 als Sohn des pippinidisch-arnulfingischen Hausmeiers Pippin des Mittleren (687-714) und der Chalpaida geboren. Die Söhne aus Pippins Ehe mit Plektrud (†725?), Drogo (†708) und Grimoald (II., †714), sollten indes dem Hausmeier politisch nachfolgen, doch überlebten sie den Vater nicht, worauf Grimoalds unmündiger Sohn Theudoald (714-715, †741?) Nachfolger Pippins wurde. Doch konnten sich Plektrud und Theudoald in der "karolingischen Sukzessionskrise" - neben den neustrischen Großen unter König Chilperich II. (716-721) - nicht gegen Karl Martell durchsetzen (Schlachten bei Amblève 716, Vinchy 717, Soissons 718). Nach Überwindung der inneren Widerstände nahm Karl Martell als maior domus des fränkischen Gesamtreiches die Außenpolitik seines Vaters wieder auf. Einer Übereinkunft mit den Aquitaniern (720) unter ihrem Herzog Eudo (714-735) folgten Feldzüge gegen Thüringen, Alemannien, Bayern und Burgund. Der Sieg in der Schlacht zwischen Tours und Poitiers (732) galt nach Aquitanien eingedrungenen Sarazenen des islamischen Omaijadenkalifats. Trotz weiterer Siege (bei Avignon und Narbonne 737) konnten die Araber nicht aus Septimanien (ehemals westgotisches Gebiet nördlich der Pyrenäen am Mittelmeer) verdrängt werden, während die karolingische Herrschaft über Burgund gefestigt werden konnte (728/39). Seit dem Tod des Merowingers Theuderich IV. (721-737) regierte Karl Martell ohne König. Er selbst ließ seinen Sohn Pippin vom Langobardenkönig Liutprand (712-744) adoptieren (737). Vor seinem Tod (741) teilte er das Frankenreich - auch hierbei königgleich - unter seine Söhne Pippin den Jüngeren (Neustroburgund) und Karlmann (Austrien, Thüringen) auf, wobei auch Grifo, der Sohn Karls aus dessen Ehe mit der bayerischen Agilolfingerin Swanahild, Berücksichtigung fand. Karl Martell verhielt sich durchaus zwiespältig, was christliche Missionierung und Kirchenorganisation anbetraf (Winfried-Bonifatius, Verhältnis zum Papsttum). Indes lastet dem Hausmeier in der späteren Überlieferung (Visio Eucherii des Erzbischofs Hinkmar von Reims) wohl weitgehend zu Unrecht das Bild eines "Kirchenräubers" an. Dem im 9. Jahrhundert hinzugekommenen Beinamen "Hammer" (tudes, martellus) entsprach hingegen die Sicht auf Karl Martell als einen erfolgreichen Krieger und Heerführer (egregius bellator), der als Stammvater der nach ihm benannten Karolinger und als erfolgreicher Kämpfer gegen die Sarazenen auch als König angesehen wurde (französisches Königtum, Grablage Karls in St. Denis). Das Bild Karls als Krieger und angeblicher Verteidiger des Christentums gegen den Islam prägt noch heute vielfach die Sicht auf den fränkischen Hausmeier.
Biografisch werden Karl Martell und das Frankenreich seiner Zeit erfasst in: Fischer, Andreas (2012), Karl Martell. Der Beginn karolingischer Herrschaft (= Urban Tb 648), Stuttgart 2012, 278 S., 3 Stammtafeln, 1 Karte, € 24,90; Jarnut, Jörg, Nonn, Ulrich, Richter, Michael (Hg.) (1994), Karl Martell in seiner Zeit (= Beihefte der Francia, Bd.37), Sigmaringen 1994, 412 S., DM 69,- (mit den Beiträgen: Nonn, Ulrich, Das Bild Karl Martells in mittelalterlichen Quellen; Heidrich, Ingrid, Die Urkunden Pippins d.M. und Karl Martells: Beobachtungen zu ihrer zeitlichen und räumlichen Streuung; Reuter, Timothy, "Kirchenreform" und "Kirchenpolitik" im Zeitalter Karl Martells: Begriffe und Wirklichkeit; Wolfram, Herwig, Karl Martell und das fränkische Lehnswesen. Aufnahme eines Nichtbestandes; Staudte-Lauber, Annalena, Carlus princeps regionem Burgundie sagaciter penetravit. Zur Schlacht von Tours und Poitiers und dem Eingreifen Karl Martells in Burgund; Goetz, Hans-Werner, Karl Martell und die Heiligen. Kirchenpolitik und Maiordomat im Spiegel der spätmerowingischen Hagiographie; Becher, Matthias, Der sogenannte Staatsstreich Grimoalds. Versuch einer Neubewertung; Joch, Waltraud, Karl Martell - ein minderberechtigter Erbe Pippins?; Brunner, Karl, Sachkultur, Kontinuität und Epoche im frühen 8. Jahrhundert; Gerberding, Richard A., 716: A Crucial Year for Charles Martell; Jarnut, Jörg, Die Adoption Pippins durch König Liutprand und die Italienpolitik Karl Martells; Collins, Roger, Deception and Misrepresentation in Early Eigth Century Frankish Historiography: Two Case Studies; Staab, Franz, Rudi populo rudis adhuc presul. Zu den wehrhaften Bischöfen der Zeit Karl Martells; Ebling, Horst, Die inneraustrasische Opposition; Schieffer, Rudolf, Karl Martell und seine Familie; Jahn, Joachim, Hausmeier und Herzöge. Bemerkungen zur agilolfingisch-karolingischen Rivalität bis zum Tode Karl Martells; Mordek, Hubert, Die Hedenen als politische Kraft im austrasischen Frankenreich; Enright, Michael J., Iromanie-Irophobie Revisited: A Suggested Frame of Reference for Considering Continental Reactions to Irish Peregrini in the Seventh and Eigth Centuries; Geary, Patrick J., Die Provence zur Zeit Karl Martells; Richter, Michael, "... quiquis scit scribere, nullum potat abere labore". Zur Laienschriftlichkeit im 8. Jahrhundert). Literarisch aufbereitet wurde die Person Karl Martells als "Romanbiografie": Mielke, Thomas R.P. (1999), Karl Martell. Der erste Karolinger (= Bastei-Lübbe Tb 14657), Bergisch Gladbach 2002, 718 S., Stammtafel, DM 19,90. [Buhlmann, 05.2010, 09.2012, 03.2013, 06.2021]

Karmasin, Matthias, Ribling, Rainer (2006), Die Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten. Ein Leitfaden für Seminararbeiten, Bachelor-, Master- und Magisterarbeiten sowie Dissertationen (= UTB 2274), Wien 52010, 168 S., Schwarzweißabbildungen, € [9,90] > Kompendium Mittelalter > Wissenschaftliche Arbeit, wissenschaftliche Präsentation, wissenschaftlicher Vortrag [Buhlmann, 01.2019]

Karolinger, Königsdynastie im Frankenreich: Die Anfänge der karolingischen Adelsfamile fallen ins 7. Jahrhundert, als der Einfluss des Adels und der Großen auf die fränkische Politik sich intensivierte. Mit dem Aufstieg der karolingischen Hausmeier in Austrien verstärkte sich der Gegensatz zwischen den Teilreichen Neustroburgund und Austrien ("Staatsstreich" Grimoalds 657/62?, Regentschaft der Königin Balthilde [†680/81] in Neustrien, Hausmeier Ebroin), der letzte regierungsfähige Merowingerkönig und Gesamtherrscher Childerich II. (673-675) wurde ermordet. Die Merowingerkönige danach waren - so will es die frühmittelalterlich-karolingische Überlieferung - "Schattenkönige", sie hatten mit den politischen Kämpfen des ausgehenden 7. und der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts nichts zu tun. Sieger der Auseinandersetzungen um die Macht im Frankenreich war der karolingische Hausmeier und princeps Pippin der Mittlere (†714; Schlacht bei Tertry 687); Pippins Enkel Pippin der Jüngere (741/51-768) sollte den letzten Merowingerkönig Childerich III. (743-751) absetzen und selber König werden (751). Auf die Merowinger folgten die Karolinger als Herrscher im Frankenreich. Beim Tod des ersten Karolingerkönigs erfolgte wiederum eine Teilung des Frankenreichs, diesmal zwischen Karl (dem Großen, 768-814) und Karlmann (768-771). Nach dem frühen Tod Karlmanns (771) war Karl der Große Alleinherrscher und erweiterte das Frankenreich beträchtlich (Eroberung des Langobardenreiches 773/74; Eroberung Sachsens 772-804; Angliederung Bayerns 788) bei Ausformung eines christlichen Reiches und Erwerb des (römischen) Kaisertums (800). Der Rahmen der "karolingischen Renaissance" bot die Möglichkeit von Reformvorhaben (Schriftlichkeit, Admonitio generalis [789], Gesetzgebung und Kapitularien), die von Karls Sohn Ludwig dem Frommen (814-840) zunächst (Aachener Reichsversammlung 818/19) und unter Betonung der Reichseinheit (Ordinatio imperii 817) konsequent weiterverfolgte. Krisenerscheinungen im Frankenreich traten im Zusammenhang mit Normanneneinfällen und Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser und seinen Söhnen auf. Im nach dem Tod des Kaisers ausbrechenden Bürgerkrieg setzten sich die jüngeren Söhne Ludwigs gegen ihren Bruder Kaiser Lothar (817-855), dem Verfechter der Reichseinheit, durch (Schlacht bei Fontenoy 841). Der Vertrag von Verdun (843) besiegelte die Teilung des Karolingerreiches in ein West-, Mittel- und Ostreich und damit das Ende aller Reichseinheitspläne. Lediglich zwischen 885 und 887 sollte noch einmal ein geeintes Reich unter Kaiser Karl III. (876-887/88) entstehen, während sich Westfranken unter Kaiser Karl II. dem Kahlen (840-877) und Ostfranken unter König Ludwig II. dem Deutschen (833/40-876) konsolidierten und das Mittelreich sich zergliederte (Teilung 855, Teilung Lotharingiens [Vertrag von Meersen] 870). Das Jahr 888 sah - bei fortschreitendem Aufstieg von Adligen und Großen als Mittelgewalten - die Ablösung der Karolinger im Westfrankenreich, Italien und Burgund. Mit Ludwig dem Kind (900-911) erlosch das karolingische Königtum im von den Ungarn heimgesuchten Ostfrankenreich (911), mit König Ludwig V. (986-987) im Westfrankenreich (987). West- und Osfrankenreich, Burgund und Italien verstanden sich bis ins 11. Jahrhundert hinein dennoch gemeinschaftlich als Nachfolgereiche des regnum Francorum.
Umfangreich ist die Literatur zu Karolingern und karolingischem Frankenreich: Busch, Jörg W. (2011), Die Herrschaften der Karolinger 714-911 (= EdG 88), München 2011, 146 S., € 21,95; Ewig, Eugen (1995), Die fränkischen Königskataloge und der Aufstieg der Karolinger, in: DA 51 (1995), S.1-28; Fried, Johannes (1982), Der karolingische Herrschaftsverband im 9. Jahrhundert zwischen "Kirche" und "Königshaus", in: HZ 235 (1982), S.1-43; Laudage, Johannes, Hageneier, Lars, Leiverkus, Yvonne (2012), Die Zeit der Karolinger, Darmstadt 2006, 208 S., Farbabbildungen, Karten, € 27,90; Mühlbacher, Engelbert (1896), Deutsche Geschichte unter den Karolingern, 2 Bde., Essen o.J. [1980], 429, 489 S., DM 39,80; Riché, Pierre (1981), Die Welt der Karolinger, Stuttgart 1981, 392 S., Abbildungen, Karten, DM 29,80; Riché, Pierre (1981), Die Karolinger. Eine Familie formt Europa, Stuttgart 1987, 480 S., Abbildungen, DM 54,-; Schieffer, Rudolf (1992), Die Karolinger (= Urban Tb 411), Stuttgart-Berlin 1992, 260 S., DM 25,-; Ubl, Karl (2014), Die Karolinger. Herrscher und Reich (= BSR 2828), München 2014, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Karten, € 8,95. > F > Frankenreich [Buhlmann, 10.1991-02.1992, 02.2007, 04.2008, 08.2015, 09.2019]

Karsch, [J.] (1881), Zur Geschichte des Stiftes Rellinghausen im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, in: EB 4 (1881), S.24-43 > R Rellinghausen

Karsch, [J.] (1892), Das Stift Rellinghausen in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts, in: EB 14 (1892), S.5-35 > R Rellinghausen

Karsch, [J.] (1892), Verzeichnis der Pröpstinnen und Dechantinnen des kaiserlich freiweltlichen Damenstifts Rellinghausen, in: EB 14 (1892), S.35-46 > R Rellinghausen

Kaschnitz, Marie Luise, deutsche Schriftstellerin: Marie Luise Kaschnitz (von Weinberg, geborene von Holzing-Berstett; *1901 in Karlsruhe, †1974 in Rom) war mit dem klassischen Archäologen Guido Kaschnitz von Weinberg (*1890-†1958) verheiratet (1925) und begann ihre schriftstellerische Karriere 1933 mit dem Roman Liebe beginnt. Es folgten in der Nachkriegszeit Erzählungen, Essays, Gedichte und Hörspiele, die Kaschnitz bekannt machten (Georg-Büchner-Preis 1955, Goethe-Plakette 1971 u.a.; Verleihung des Marie Luise Kaschnitz-Preises ab 1984). U.a. sind von Kaschnitz erschienen: Kaschnitz, Marie Luise (1966), Beschreibung eines Dorfes (= es 188), Frankfurt a.M. 1966, 73 S., DM 3,-; Kaschnitz, Marie Luise (1975), Der alte Garten. Ein Märchen (= st 387), Frankfurt a.M. 111986, 182 S., DM 10,-, (= dtv 11216), München 41993, 207 S., DM 11,90; Kaschnitz, Marie Luise, Liebesgeschichten, hg. v. Elisabeth Borchers (1986) (= st 1292), Frankfurt a.M. 1986, 344 S., DM 12,-. [Buhlmann, 03.2024]

Karsten, Arne (2012), Geschichte Venedigs (= BSR 2756), München 2012, 1 Stadtplan, 1 Karte, 128 S., € 8,95. Die Anfänge Venedigs reichen bis in die 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts zurück, seit dem sich in der Lagune am nördlichen Ende der Adria Orte und Häfen ausbildeten (Eraclea, Torcello, Malamocco), die sich vor Eroberung schützten ("Völkerwanderung") und gleichzeitig Handel trieben. Die Lagunenregion stand unter oströmisch-byzantinischer Kontrolle (byzantinischer dux, Eingreifen der byzantinischen Flotte 810), der Amtssitz des dux wurde zu Beginn des 9. Jahrhunderts nach Rialto, dem Zentrum des heutigen Venedig, verlegt. Die Entführung der sterblichen Überreste des heiligen Evangelisten Markus von Alexandrien nach Venedig (827/29; Markusdom) steht dann am Anfang des Aufstiegs Venedigs zur bedeutendsten Handelsstadt am europäischen Mittelmeer bei weitgehender Löslösung vom byzantinischen Reich (9./10. Jahrhundert). Der Konstituierung einer Bürgergemeinde unter Führung des Dogen entsprach dabei eine Ausweitung der Handels- und politischen Aktivitäten (privilegierte venezianische Kaufleute im byzantinischen Reich, Frieden von Venedig 1177, Besitz in Dalmatien, 4. Kreuzzug 1202-1204, venezianische Ägäisbesitzungen [Kreta, Peloponnes, Euböa] und stato da mar). Das 13. bis 15. Jahrhundert kann dann als Glanzzeit Venedigs gelten, was den Ost-West-Handel und die Eingriffsmöglichkeiten in die italienische Politik betraf (Auseinandersetzungen mit Genua [Chioggia-Krieg 1378/81], Eroberung der terra ferma). Venedig selbst war eine Oligarchie adliger Kaufleute [Patriziat], eine Minderheit regierte die Großstadt im Meer (1540: knapp 130000 Einwohner; consiglio [1143] und Großer Rat [Wahl, Kontrolle des Dogen], Ausschüsse und Kommissionen ["Staatsinquisition"]). Das Venedig des ausgehenden Mittelalters und der Renaissance brachte bedeutende Maler und Architekten hervor (Dogenpalast [14. Jahrhundert], Familie Bellini, Jacopo Tintoretto, Tizian), die frühe Neuzeit steht zunächst für die kulturelle Hochblüte Venedigs bei politischem Niedergang der Stadt (Mittelmeer als Randgebiet des Welthandels [Salzhandel, Glasbläserei, Schiffsbau und Arsenal], venezianische Niederlage bei Agnadello [1509], Schlacht bei Lepanto [1571], Verlust Kretas [1669]). Der im 17. Jahrhundert einsetzende wirtschaftliche und politische Verfall der Serenissima (innenpolitische Gegensätze, Niedergang des Patriziats) führte 1797/1805 zur französischen Herrschaft über Venedig (Königreich Italien, Kontinentalsperre [1806] und britische Handelsblockade [1813/14]), der 1814/15 die Einbeziehung Venedigs in das habsburgische Königreich Lombardo-Venetien (Revolution von 1848/49) und schließlich in das Königreich Italien (1866) folgte (1. Weltkrieg [1914-1918] und Venedig als Frontstadt [1917/18]). Venedig wurde im 19. und 20. Jahrhundert trotz Industrialisierung und Modernisierung (Grande Venezia, Festlandshafen [ab 1917], Mestre [1926]) zur Stadt der Touristen mit allen Vor- und Nachteilen (Biennale, Überschwemmung von 1966 und acque alte, Umweltverschmutzung, Kreuzfahrtschiffe). [Buhlmann, 12.2012]

Kartschoke, Dieter (Hg.), Geschichte der deutschen Literatur im Mittelalter (= dtv 4551-4553), 3 Bde., München 1990 > D Deutsche Literaturgeschichte

Kasper, Alfons (1968), Alt- und Neu-Otterswang. Von der Tal- und der Höhenburg vom Schweigfurt-Weiher mit Insel, in: ZWLG 27 (1968), S.135-141. Das oberschwäbische Otterswang (bei Pfullendorf) geht auf die alemannische Zeit im deutschen Südwesten zurück (5.-7. Jahrhundert); der Ortsname "Otterswang" ist daher zu interpretieren als "Siedlung des Alemannen Otolf" o.ä.; Grundwort ist "Wange" für "gerundete Erhebung". Im hohen Mittelalter war eine Burg neben dem Dorf Sitz der Edelherren von Otterswang. Zum Jahr 1083 werden die Herren von Otterswang erkennbar bei einer Gütertransaktion für das damals zu gründende benediktinische Reformkloster St. Georgen. Der dabei erwähnte Rupert von Otterswang ist noch einmal 1116 im Zusammenhang mit einer Schenkung an das Benediktinerkloster Allerheiligen (in Schaffhausen) bezeugt, er war wohl auch anwesend bei der Gründung des bedeutenden oberschwäbischen Zisterzienserklosters Salem (1134/37). Eine nächste Generation der Herren von Otterswang stellen wahrscheinlich Radpert und Manegold dar. Radpert verkaufte 1138 ein Gut in Boos an das Konstanzer Kloster Petershausen. Er tritt vielleicht noch um 1160 als Zeuge in einer Urkunde Herzog Welfs VI. von Spoleto (†1191) auf. Dazu passt, dass auch Manegold im Umfeld der welfischen Herzogsfamilie in Erscheinung trat; 1155 war er Zeuge in einer Urkunde für den Welfenherzog Heinrich den Löwen (1142/56-1180). Die Otterswanger Adligen rückten damit in die Nähe zur Ministerialität der welfischen Herzöge. Manegold war ferner Zeuge in Rechtsakten u.a. der Mönchsgemeinschaft Salem (1171, 1185). Letztmals ist Manegold zum Jahr 1187 belegt. Mit Manegold starben die Herren von Otterswang im Mannesstamm aus, eine Tochter Manegolds erbte die Herrschaften Otterswang und Otterswang-Wolfegg. Sie war verheiratet mit einem Grafen von Aichelberg, so dass Otterswang nun aichelbergisch wurde, während ein Otto, ein Ritter Heinrich und ein K(onrad) von Otterswang (1237, 1239) als Dienstleute der Grafen von Aichelberg in Erscheinung traten und Graf Egino von Aichelberg, der Enkel Manegolds, 1189 als Tradent für das Prämonstratenserstift Weißenau bezeugt ist. Vor 1240 gehörten Burg und Dorf Otterswang dem Ritter Ulrich I. von Gundelfingen, nach Ulrichs I. Tod kam Otterswang an das Bistum Konstanz, das im Jahr 1269 eine Hälfte der Herrschaft an Ulrich II., Berthold und Eberhard von Gundelfingen verlehnte. Vor 1281 erfolgte schließlich durch Ulrich II. der Verkauf von Burg und Dorf Otterswang an die Schenken von Winterstetten-Schmalegg. Mit den Schenken von Winterstetten sind die Nachkommen des berühmten Konrad von Winterstetten gemeint, des Villinger Prokurators und Stifters des Zisterzienserinnenklosters Baindt, des Wohltäters des Prämonstratenserstifts Schussenried. Die Schenken von Winterstetten erscheinen nach dem Kauf Otterswangs vor 1281 u.a. als Schenken von Otterswang. Rudolf und Hermann von Otterswang waren Söhne der Irmgard, der Tochter Konrads von Winterstetten, die mit Konrad von Schmalegg verheiratet gewesen war. In der nächsten Generation taucht ein Ulrich von Otterswang in den Geschichtsquellen auf (1339), danach sind ein weiterer Ulrich und Hermann der Ältere von Otterswang bezeugt. Hermann der Ältere hatten einen Sohn Hermann den Jüngeren (1365), der am 10. Dezember 1380 die Otterswanger Herrschaft, d.h.: Burg, Dorf, Kirche in (Neu-) Otterswang, an Heinrich von Emerkingen veräußerte. Dieser verkaufte Otterswang an Sophie von Rotenstein-Stuben weiter (1381), ein Johann Stubenberg von Stuben die Herrschaft wiederum an die Propstei Schussenried (1420). Otterswang wurde damit Teil des Schussenrieders Klosterterritoriums, Otterswang und Schussenried hatten von da an eine gemeinsame Geschichte, erkennbar an der nun propsteilichen Burg mit den zwei Meiern (1420), an den Rechten und dem Besitz der geistlichen Gemeinschaft in Otterswang oder an dem bei Otterswang gelegenen Lusthaus des Schussenrieder Großkellers Restitut Grimm auf der Schwaigfurtinsel (1777). Frühneuzeitliche Schussenrieder Quellen überliefern dann noch ein wüst gelgenes Alt-Otterswang mit einer "Talburg" und ein besiedeltes Neu-Otterswang mit der "Höhenburg". Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) und in den napoleonischen Kriegen (1793, 1798/99) war Otterswang von Kampfhandlungen betroffen, zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Ort infolge der Aufhebung und Säkularisation der Abtei Schussenried württembergisch. [Buhlmann, 09.2011]

Kastinger Riley, Helene M. (1997), Hildegard von Bingen (= rm 50469), Reinbek 1997 > H Hildegard von Bingen

Kastner, Dieter (1979), Zur Lage des Hofes Karls des Großen in Friemersheim, in: DF 27 (1979), S.1-20 > F Friemersheim

Katholische Kirche in der Moderne: Seit der Spätantike, seit der sog. Konstantinischen Wende (4./5. Jahrhundert), insbesondere seit dem Investiturstreit (1077-1122) gelang dem römischen Papsttum, das europäische Christentum mit einer auf den Papst zentrierten katholischen Kirche institutionell zu vereinnahmen. Reformation und Konfessionalisierung (16. Jahrhundert) relativierten in der frühen Neuzeit das Bild einer "allumfassenden" christlichen Kirche, die katholische Papstkirche blieb als solche aber bestehen. Im 20. und 21. Jahrhundert hatte sie sich nach außen mit den Ideologien von Nationalsozialismus und Kommunismus auseinanderzusetzen bzw. zu kooperieren. Kapitalismus, Säkularismus und Moderne lassen den Einfluss der katholischen Kirche zumindest in (West-) Europa zunehmend schwinden (Sexualfeindlichichkeit und sexueller Missbrauch, Frauenrechte und Zölibat, Konservatismus, Organisation, institutionelle Vertuschung ungesetzlicher Handlungen [u.a. bei Bischöfen und Päpsten] und Bigotterie), einem Zweiten Vatikanischen Konzil zum Trotz (1962/65).
Die Vielfalt innerhalb der katholischen Kirche, deren auch nicht nur theologischen Wege und Irrwege beleuchten: Brandenburg, Hans (Hg.) ([1979?]), Ich hatte Durst nach Gott. Aus dem Leben und Dienen von Christa von Viebahn, Aidlingen 4o.J. [1986?], 253 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, DM 12,80; Deschner, Karlheinz (1974), Kirche des Unheils. Argumente, um Konsequenzen zu ziehen (= Heyne Tb 5091), München 41977, 127 S., DM 3,80; Drewermann, Eugen (1991), Die Spirale der Angst. Der Krieg und das Christentum (= Herder Tb 4003), Freiburg i.Br. 31992, 436 S., DM 19,80; Ecclesia Catholica (1993), Katechismus der katholischen Kirche, München 1993, 816 S., DM 45,-; Escaffit, Jean-Claude, Rasiwala, Moiz (2008), Die Geschichte von Taizé, Freiburg i.Br. 2009, € 14,95; Feldmann, Christian (2000), Johannes XXIII. Seine Liebe - sein Leben, Freiburg i.Br. 2000, 237 S., Schwarzweißfotos, DM 29,80; Führer, Heidemarie (2014), Die Frau, die in kein Schema passt. Christa von Viebahn - Die Gründerin der Aidlinger Schwesternschaft, Holzgerlingen 32016, 264 S., Schwarzweißabbildungen, -tafeln, € 16,95 mit der Quellensammlung: Fürst, Gebhard (2010), Für eine bewohnbare Kirche. Perspektiven einer menschennahen Pastoral, Ostfildern 2010, 274 S., € 19,90; Küng, Hans, Denkwege. Ein Lesebuch, hg. v. Karl-Josef Kuschel (1992), München 22008, 392 S., € 9,-; May, Georg (1983), Der Glaube in der nachkonziliaren Kirche (Ein Vortrag, der ausschnittsweise am 17. Oktober 1982 in Düsseldorf gehalten wurde), Wien 1983, 270 S., DM N.N.; Rahner, Karl (1976), Grundkurs des Glaubens. Einführung in den Begriff des Christentums, Freiburg-Basel-Wien 91976, 448 S., DM 38,-; Spink, Kathryn (1997), Mutter Theresa. Ein Leben für die Barmherzigkeit. Biographie, Bergisch Gladbach 1997, 368 S., Schwarzweißtafeln, Karten, DM 39,80. Verwiesen sei noch auf die Reihe: Katholische Soziallehre (in Text und Kommentar), hg. v. Bund katholischer Unternehmer, v.d. Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, v. Kolpingwerk Deutscher Zentralverband: H.7 (1977): Streithofen, Heinrich Basilius, Der Marxismus im Urteil der katholischen Soziallehre, Köln 1977, 49 S., DM 1,-. [Buhlmann, 05.-06.2021, 10.2021, 02.2022, 07.2022, 03.2023, 10.2023, 12.2023]

Katholisches Pfarramt St. Jakobus (Hg.) (1999), Ein Wegbegleiter zu den geistlichen Stätten der Stadt Pfullendorf (= Peda-Kunstführer 448), Passau 1999 > P Pfullendorf

Kattinger, Detlef (1999), Die Gotländische Genossenschaft. Der frühhansisch-gotländische Handel in Nord- und Westeuropa (= QDHG NF 47), Köln-Weimar-Wien 1999, X, 529 S., € 19,-. Der deutsche Ostseehandel des 11. und 12. Jahrhunderts ging von Schleswig und Alt-Lübeck aus; gerade in Alt-Lübeck entstand beim slawischen Fürstensitz eine rechtlich-verfassungsrechtlich organisierte Kaufleutesiedlung (Zerstörung Lübecks 1137), am Ort sind deutsche, skandinavische, slawische und gutnische Kaufleute bezeugt (ca.1100). Das schauenburgische (Neu-) Lübeck (1143) - auch des Sachsenherzogs Heinrichs des Löwen (1158/59) - war ebenfalls durch die Kaufleute und deren gildemäßigen Organisationen bestimmt; u.a. können hier (aus zeitlich begrenzten Zusammenschlüssen von Kaufleuten) die Anfänge der Kaufmannshanse der "Gotländischen Genossenschaft" als Gilde der Gotlandfahrer vermutet werden. Die "Gotländische Genossenschaft", die universitas mercatorum Romani imperii Gotlandium frequentantium ("Gotlandfahrergesellschaft", "Kaufmannsgesellschaft in Visby") entstand somit aus einer Gemeinschaft von Kaufleuten im Gotlandhandel (Artlenburg-Privileg und Schutz des Sachsenherzogs [1161], Vertrag zwischen dem Sachsenherzog und König Knut Eriksson [1167/80], Vertrag zwischen dem Sachsenherzog und einem russischen Fürsten [v.1180]) und stellt sich spätestens seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts dar als eine rechtsfähige Kaufleuteorganisation (Siegelführung). Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen (1180) erlitt der deutsche Ostseehandel, der im Übrigen in Konkurrenz zum Gotlandhandel der Dänen stand (Knutsgilde der dänischen Gotlandfahrer 1177), Einbußen; erst die dänische Stadtherrschaft Herzog bzw. König Waldemars II. über Lübeck (1201) beförderte den Lübecker Ostseehandel (Niederlassung der deutschen Novgorodfahrer in Novgorod [ca.1190], Gründung Rigas [1201], gilda communis von Visby [1211], Rigaer ius Gotorum [1225/26]; frühhansisches Stützpunktsystem). Das frühe 13. Jahrhundert sah in Visby auf Gotland deutsche und gutnische Händler als hospites und cives/burgenses, frequentantes und manentes; dabei war die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Händlergruppen gut, u.a. was den gemeinsamen Handel mit dem Dünagebiet und Novgorod betraf (Friedensschlüsse [1210/15], Novgoroder Handelsvertrag [1268]). Das Ende der dänischen Stadtherrschaft über Lübeck (1227) leitete einen Intensivierung des Handels von Kaufleuten aus Lübeck, Visby und Riga im Ostseeraum ein, wobei seit den 1230er-Jahren deutsche Händler zunehmend den Handel dominierten (Handelsvertrag mit Smolensk [1229], Dünahandel). Auch Handelsbeziehungen von Gotland nach Westeuropa sind seit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert belegt; mercatores de Gutlandia führten - nach einer Phase der Handelsintensivierung während des deutschen Thronstreits (1198-1208) - vorzugsweise Pelze und Wachs nach England ein und standen in Konkurrenz zu den Kaufleuten von Köln und Tiel (Lübecker Englandfahrer, Kölner Hanse der Englandfahrer, Kölner Ostseehandel). Im Verlauf des 13. Jahrhunderts erfolgte gerade beim Englandhandel eine Organisationsänderung hin zur "Städtehanse" (Lübeckprivileg [1227], kommunale Vertretung bei Handelsinteressen, Privilegierungen der Handelsstädte), Lübeck übernahm die Führung der sich aus Einzelhansen herausbildenden deutschen Hanse (hansa Alemanie [1260, 1280er-Jahre]). Im Flandernhandel besaßen die Kaufleute der "Gotländischen Genossenschaft", obwohl privilegiert, keinen erkennbaren Einfluss. Im Ostseehandel geriet die "Gotländische Genossenschaft" im Verlauf des 13. Jahrhunderts immer mehr unter Lübecker Führung, sie war eine Organisationsform neben der der Livlandfahrer (Handelsblockade gegen Novgorod [1277/78], Städtebündnis zwischen Lübeck, Visby, Riga [1280/82] und deren Einfluss auf den Novgorodhandel, Bürgerkrieg zwischen der Stadt und Landgemeinde Visby [1288], lübisches Recht im Dünahandel [n.1295]). Die "Gotländische Genossenschaft" fand sich bei Herausdrängung der gutnischen Kaufleute immer mehr einbezogen in die Städtehanse der wendischen Städte bzw. auf innere Angelegenheiten beschränkt. Mit der Verlegung der Appellationsinstanz für Kaufleute von Visby nach Lübeck und der Abschaffung des Siegels der "Gotländischen Genossenschaft" hörte Letztere faktisch auf zu bestehen (1293/98). [Buhlmann, 05.2008]

Katzschmann, Dirk (Red.) (1995), Lebensalltag der Inka (= Reisen in die Vergangenheit), Nachdruck Stuttgart-Zürich-Wien 1996 > I Inka

Kaufhold, Martin (2000), Deutsches Interregnum und europäische Politik. Konfliktlösungen und Entscheidungsstrukturen 1230-1280 (= MGH. Schriften, Bd.49), Hannover 2000 > I Interregnum

Kaufhold, Martin (2002), Interregnum (= Geschichte kompakt. Mittelalter), Darmstadt 2002 > I Interregnum

Kaufmann, Ekkehard (1955), Über das Scheren abgesetzter Merowingerkönige, in: ZRG GA 72 (1955), S.177-185 > M Merowinger

Kaufmann, Thomas (2006), Martin Luther (= BSR 2388), München 2006 > L Luther, Martin

Kaus, Eberhard (1992), Zu den Liudger-Viten des 9. Jahrhunderts, in: WZ 142 (1992), S.9-55 > L Liudger

Kayalas, Christina, Fiehland van der Vegt, Astrid (Hg.) (1983/2005), Was jeder vom Judentum wissen muss, Gütersloh 102007 > J Judentum

KdL = Klassiker der deutschen Literatur

KdW = Klassiker der Weltliteratur

Ke

Keegan, John (1970), Die Waffen-SS (= Moewig Dokumentation 4303), München 1981 > Z Zweiter Weltkrieg

Keegan, John (1971), Der Fall Barbarossa (= Moewig Dokumentation 4308), München 1981 > Z Zweiter Weltkrieg

Keegan, John (2010), Der Amerikanische Bürgerkrieg (= rororo 62831), Reinbek b.H. 2012 > A Amerikanischer Bürgerkrieg

Kees, Hermann (1941), Der Götterglaube im alten Ägypten, Berlin 21956 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Kees, Hermann (1955), Das alte Ägypten. Eine kleine Landeskunde, Berlin 1955 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Kees, Hermann (1956), Totenglauben und Jenseitsvorstellungen der alten Ägypter. Grundlagen und Entwicklung bis zum Ende des Mittleren Reiches, Berlin 31977 > A Ägyptische Geschichte, 3. Jahrtausend-4./1. Jahrhundert v.Chr.

Kehl, Petra (1993), Kult und Nachleben des heiligen Bonifatius im Mittelalter (754-1200) (= Quellen und Abhandlungen zur Geschichte der Abtei und Diözese Fulda, Bd.26), Fulda 1993, 264 S., € 15,50. Mit dem Martyrium des angelsächsischen Missionars und Bischofs Winfrid-Bonifatius in Friesland (5. Juni 754) begann die Verehrung des Märtyrers als Heiliger. Der Leichnam des Bonifatius gelangte - trotz einiger Unstimmigkeiten - über Utrecht und Mainz - dem Wunsch des Heiligen gemäß - ins Kloster Fulda, wo er im Westteil der Klosterkirche bestattet wurde (Grab mit goldverziertem Altar). Im Jahr 819 erfolgte im Rahmen der neu errichteten Kirche mit Doppelchor die Erhebung der heiligen Gebeine (Grab im Westchor mit Altar und Ciborium); Todestag und Tag der Translation gehörten zur sich entwickelnden Bonifatiusverehrung und -liturgie in Fulda, Bonifatius wurde im Selbstverständnis des Klosters zu einem Heiligen, der in Fulda höchstes Ansehen genoss und zum Patron des Klosters wurde (congregatio sancti Bonifatii). Verehrt wurde Bonifatius auch in Mainz und Utrecht, weiter in Dokkum, wo der Heilige ermordet wurde, und im angelsächsischen England, schließlich im Umfeld der Missionare Alkuin und Liudger. Zur Verehrung des Heiligen gehörte nicht zuletzt die Abfassung der (ersten) Vita Bonifatii durch Willibald, wohl einen Priester der Mainzer Kirche, im Auftrag des Mainzer Bischofs Lul (754-786); die Vita ist eine Schrift der Belehrung und Erbauung und legitimiert Lul als Nachfolger des Bonifatius auf dem Mainzer Bischofssitz. Wohl in die 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts zu setzen ist die auf den Bischofssitz Utrecht und das Martyrium des Heiligen bezogene Vita altera Bonifatii, vielleicht von Bischof Friedrich von Utrecht (820-835) verfasst. Aus dem 10. oder 11. Jahrhundert (917/1075) stammt eine wahrscheinlich ebenfalls in Utrecht entstandene Vita tertia Bonifatii. Eine Vita quarta Bonifatii eines anonymen Mainzer Geistlichen (1011/66) nimmt die Vita Bonifatii Willibalds auf, die sie verkürzt und ergänzt. Wirtschaftliche und politische Krisen in der Reichsabtei Fulda im 11. und 12. Jahrhundert führten u.a. zur Abfassung der Vita Bonifatii des Otloh von St. Emmeram (1062/66), der den Bischof und Misionar Bonifatius gegen Ansprüche von Mainzer Erzbischof und König antreten lässt. Wohl ab dem endenden 8. Jahrhundert bis zum hohen Mittelalter breiteten sich Bonifatiusverehrung und -fest (Martyrologien) in Mitteleuropa weiter aus (Disentis, Einsiedeln, Ellwengen, Essen, Hersfeld, Hildesheim, Lorsch, Münster, Muri, Paderborn, Pfäfers, Prüm, Reichenau [Vita Bonifatii, Kalendarien, Gebetsverbrüderung], Rheinau, St. Emmeram [Regensburg], St. Gallen [Kalendarien, Liber confraternitatum], Trier, [Essen-] Werden, Würzburg). Bonifatiusreliquien fanden durch Vergabungen weite Verbreitung (Aschaffenburg, Bamberg, Benediktbeuern, [Münster-] Dreisen, Echternach, Erfurt, Fleury, Freckenhorst, Halberstadt, Hersfeld, Hildesheim, Hirsau, Holzkirchen, Höchst a.M., Kerspleben, Lorch, Lüneburg, Margaretenhaun, Metz, Osnabrück, Petershausen, Prüm, Regensburg, St. Amand, Schaffhausen, Springiersbach, Tegernsee, Trier, Weissenau, Zell [bei Kirchheimbollanden], Zwiefalten). Bonifatiuspatrozinien finden sich aus der Zeit bis um 1200 in Fulda, Mainz, Dokkum und Utrecht, bei den zu Fulda gehörenden Kirchen Salmünster, St. Andreas (Fulda), Schapdetten, Solnhofen, Wingershausen, Zell (bei Gethürms), weiter in Boßlehe, Weißenohe und wohl bei einer Reihe thüringischer Kirchen, deren Bonifatiusatrozinien erst ab dem Spätmittelalter bekannt sind. Vom 9. bis 12. Jahrhundert spielte die Figur des Bonifatius im politisch-kirchlichen Bereich eine wichtige Rolle (Hinkmar von Reims und Trierer Primatsansprüche, Primatsanspruch der Mainzer Erzbischöfe), in Liturgie und Gebet (Hrabanus Maurus, Hildegard von Bingen), in Hagiografie und Geschichtsschreibung (Vita Pirmini, Vita Chrodegangi, Vita Lulli, Adam von Bremen, Otto von Freising, Berichte von Klostergründungen [Altomünster, Benediktbeuern, Wessobrunn]), schließlich auch als apostolus Germaniae ("Apostel Deutschlands"). > B Bonifatius, F Fulda [Buhlmann, 05.2012]

Kehr, Paul (1937), Aus den letzten Tagen Karls III., in: DA 1 (1937), S.138-146. Das letzte Lebens- und Regierungsjahr Kaiser Karls III. (876-888) wurde überschattet von der Krankheit des Herrschers (Epilepsie?, Kopfoperation) und ist vor dem Hintergrund auch der politischen Streitigkeiten um die Ersetzung Bischofs Liutward von Vercelli (879/80-899) durch den Mainzer Erzbischof Liutbert (863-889) als wichtigsten Berater des Kaisers (Mai/Juni 887) zu sehen. Dem Zeugnis der Urkunden nach hielt Karl im Mai 887 einen Hoftag in Waiblingen ab, begab sich über (Efringen-) Kirchen (Mai/Juni) und St. Gallen ins vorarlbergische Lustenau (Juli/September). Von dort brach der Kaiser nochmals auf, um über Waiblingen Frankfurt zu erreichen. In Frankfurt verschworen sich die Großen des Ostfrankens gegen den Herrscher, der sich nach Tribur zurückzog (11. November), um dort auch von seinen Anhängern verlassen zu werden. Nun ist eine auf König Karl den Großen (768-814) gefälschte Urkunde des Klosters Reichenau vom angeblich 17. November 780 in Wirklichkeit eine überschriebenes Diplom Kaiser Karls III. vom 17. November 887 (die Datierung dieses Diploms blieb einzig teilweise erhalten). Damit ist dieses weitgehend wegrasierte Diplom die letzte erhaltene Urkunde aus der Regierungszeit des Kaisers; es soll vermutlich in Frankfurt ausgestellt worden sein [dagegen: > S Schwarzmaier, Neudingen]. Die Absetzung Karls III. als ostfränkischer Herrscher, die Erhebung Arnulfs von Kärnten zum König (887-899) und der Tod des Kaisers am 13. Januar 888 in Neudingen beendeten dann endgültig die Zeit des karolingischen Gesamtreichs; Ostfranken, Westfranken, Italien und Burgund gingen von nun an politisch eigene Wege. [Buhlmann, 11.2013]

Keitel, Christian (2000), Herrschaft über Land und Leute. Leibherrschaft und Territorialisierung in Württemberg 1246-1593 (= SSWLK 28), Leinfelden-Echterdingen 2000, X, 288 S., DM 62,-. Leibherrschaft und Ortsherrschaft waren im späten Mittelalter eine wichtige Grundlage der württembergischen Landesherrschaft, personale und territoriale Vogtei durch die Erhebung der Mannsteuer bzw. territorialer (Stadt-, Gemeinde-) Steuer gekennzeichnet, wobei die Mannsteuer z.B. dann zum Tragen kam, wenn Eigenleute des Grafen von einem württembergischen Amt ins andere zogen. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde die Mobilität der Leibeigenen, der Bauern auf dem Land und auch der Bürger in den Städten, durch Wegzugs- und Heiratsbeschränkungen (gegen horizontale Mobilität und ungenosssame Ehe) weitgehend unterbunden. Die leibeigenen Untertanen hatten Huldigung zu leisten, sie führten Rekognitionsabgaben wie Leibhennen ab und unterlagen dem Hauptrecht (Besthaupt, Bestkleid). Schwierig wurde es, wenn sich Rechte von zwei Landesherren überschnitten, etwa im Fall württembergischer Ausleute (Leibeigene außerhalb des Territoriums) auf Gütern des Spitals der Reichsstadt Esslingen in den Dörfern Vaihingen und Möhringen um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Hier wurden die Ausleute mit einer nichtjährlichen Mannsteuer von Württemberg und mit einer Steuer vom Spital belegt. Leibeigenentausch oder die Verdrängung der einen Landesherrschaft durch die andere führten in solchen Konfliktfällen zu einer Klärung. [Buhlmann, 08.2006]

Kéki, Béla (1971), 5000 Jahre Schrift (= Akzent 23), Leipzig-Jena-Berlin 1976 > S Schriftlichkeit

Keller, Gottfried, Schweizer Dichter: Geboren 1819 und gestorben 1890 in Zürich, wandte sich Gottfried Keller, dem eine höher Schulbildung versagt blieb und der sich vehement für eine politische Neuordnung der Schweiz einsetzte, ab den 1840er-Jahren der Schriftstellerei zu. Es entstanden Romane und Novellen, die Keller alsbald bekannt machten. Doch erst seine politische Stellung als Erster Staatsschreiber im Kanton Zürich (1861/76) ermöglichte Keller eine zufriedenstellende wirtschaftliche Existenz. In seinem letzten Lebensabschnitt blieb Keller ein erfolgreicher Schriftsteller und war ein wichtiger Vertreter der Literaturepoche des bürgerlichen Realismus. Als Werke Gottfried Kellers sind zu nennen: Keller, Gottfried (1850/82): Jahn, Jürgen (Hg.) (1964), Der Briefwechsel zwischen Gottfried Keller und Hermann Hettner, Berlin-Weimar 1964, XXXIX, 351 S., M 10,80; Keller, Gottfried (1853/55), Der grüne Heinrich. Erste Fassung (= dtv weltliteratur = dtv 2034), München 31983, 829 S., DM 16,80; Keller, Gottfried (1855/56), Romeo und Julia auf dem Dorfe. Novelle, hg. v. Johannes Diekhans (1999) (= Einfach Deutsch), Paderborn 52005, 151 S., Schwarzweißabbildungen, € N.N.; Keller, Gottfried (1873/74), Die Leute von Seldwyla. Erzählungen. Erster und zweiter Band, Berlin o.J. [v.1920], 264, 304 S., RM N.N.; Keller, Gottfried (1874), Kleider machen Leute. Novelle (= RUB 7470), 1959, Nachdruck Stuttgart 1968, 60 S., DM 0,90; Keller, Gottfried (1874), Kleider machen Leute (= Hamburger Leseheft 3), 1948, Nachdruck Husum 2006, 48 S., € N.N.; Keller, Gottfried, Ausgewählte Werke (= Diovis Klassiker): Bd.1 (Der grüne Heinrich [1./2. Tl.]), 296 S., Bd.2 (Der grüne Heinrich [2./3. Tl.]), 280 S., Bd.3 (Der grüne Heinrich [4. Tl.], Züricher Novellen [1. Tl.]), 280 S., Bd.4 (Züricher Novellen [2. Tl.], Die Leute von Seldwyla, Gedichte), 296 S., Leiprig 1924; Keller, Gottfried, Ausgewählte Werke: Bd.1, 296 S., Bd.2, 280 S., Bd.3, 280 S., Bd.4, 296 S., Leipzig 1924-1926, RM N.N.; Keller, Gottfried, Erzählungen (= Die große Erzähler-Bibliothek der Weltliteratur), Dortmund 1984, 333 S., Zeittafel, DM N.N. Eine Biografie zu Gottfried Keller ist: Ackerkencht, Erwin (1942), Gottfried Keller. Geschichte seines Lebens, Nachdruck Leipzig 1942, 396 S., Bildtafeln, RM 8,50. [Buhlmann, 11.2020, 07.2022, 03.2023, 05.-06.2023, 11.2023]

Keller, Hagen (1964), Ottobeuren und Einsiedeln im 11. Jahrhundert, in: ZGO 112 (1964), S.373-411 > O > Ottobeuren

Keller, Hagen (1966), Zum Sturz Karls III., in: DA 22 (1966), S.333-384. Das letzte Lebens- und Regierungsjahr Kaiser Karls III. (876-888) wurde überschattet von der Krankheit des Herrschers (Epilepsie?, Kopfoperation) und ist vor dem Hintergrund auch der politischen Streitigkeiten um die Kaisernachfolge (Bernhard als illegitimer Sohn Karls; Arnulf als illegitimer Sohn König Karlmanns [876-880]; Adoption Ludwigs, des Sohns König Bosos von Vienne [879-887], durch Karl III. [887]) und um die Ersetzung Bischofs Liutward von Vercelli (879/80-899) durch den Mainzer Erzbischof Liutbert (863-889) als wichtigsten Berater des Kaisers (Mai/Juni 887) zu sehen. Dem Zeugnis der Urkunden nach hielt Karl im Mai 887 einen Hoftag in Waiblingen ab, begab sich über (Efringen-) Kirchen (Mai/Juni) und St. Gallen ins vorarlbergische Lustenau (Juli/September). Von dort brach der Kaiser nochmals auf, um über Waiblingen Frankfurt zu erreichen. In Frankfurt verschworen sich die Großen des Ostfrankens gegen den Herrscher, der sich nach Tribur zurückzog (11. November), um dort auch von seinen Anhängern verlassen zu werden - so jedenfalls die "Fuldaer" Annalen oder die Chronik des Historiografen Regino von Prüm. Auslösende Momente für den Sturz Karls III. waren sicher die an den Tag gelegte, auch durch die schwere Erkrankung bedingte politische Unfähigkeit des Herrschers in einer krisenhaften Zeit im Frankenreich sowie - damit zusammenhängend - die vom Kärntner Herzog Arnulf und Liutward von Vercelli beförderte Opposition ostfränkischer Großer. Letztere erhoben Arnulf in Frankfurt zum König (887-899; Aufenthalt Arnulfs in Frankfurt bezeugt zum 27. November 887), politisch(-militärisch?)e Gegenmaßnahmen Karls fruchteten angesichts der Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens nichts, während der Mainzer Erzbischof Luitbert Arnulf als König anerkannte. Vielleicht fand im für Ostfranken bedeutenden Forchheim (Reichsteilung von 872, Königswahlen von 889, 911, 1077) um den oder nach dem 11./12. Dezember 887 eine formelle "Königswahl" Arnulfs statt, vielleicht in Regensburg zu Weihnachten auch eine Königskrönung, die dann Auftakt der Königskrönungen nichtkarolingischer Herrscher in den anderen fränkischen Teilreichen gewesen wäre. [Buhlmann, 01.1992, 11.2013]

Keller, Hagen (1982), Reichsstruktur und Herrschaftsauffassung in ottonisch-frühsalischer Zeit, in: FMSt 16 (1982), S.74-128 > K Keller, Ottonische Königsherrschaft

Keller, Hagen (2002), Ottonische Königsherrschaft. Organisation und Legitimation königlicher Macht, Darmstadt 2002, 319 S., Abbildungen, Karten, € 26,90. Betrachtet wird das 10. Jahrhundert und die 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts, d.h. im ostfränkisch-deutschen Reich die Königsherrschaft der ottonischen Könige Heinrich I. (919-936), Otto I. (936-973), Otto II. (973-983), Otto III. (983-1002), Heinrich II. (1002-2024) und der frühsalischen Herrscher Konrad II. (1024-1039), Heinrich III. (1024-1039). Königliche Herrschaft wurde damals wirksam im Rahmen des nachkarolingischen, mittelalterlichen Personen(gruppen)verbandsstaats ottonisch-salischer Prägung als politisches Umfeld. Besitz und Rechte, Privilegierungen und Herrschaft vor Ort waren aber nur eine Grundlage herrscherlichen Handelns. Königtum, Herzogtum und Grafschaft beruhten auf einer personalen Herrschaftsorganisation, auf die Anbindung der lokal und regional politisch Mächtigen an das Königtum, auf den u.a. dadurch resultierenden Konsens zwischen Herrscher und Adel, auf die Beteiligung bestimmter Sippen und Familien an einer durch Zuweisung von königlichen Machtmitteln ausgebildeten polyzentrischen Herrschaftsordnung, die nichtsdestotrotz politische Stabilität im Rahmen des (entstehenden) römisch-deutschen Reiches versprechen sollte. Der König wurde zum anerkannten Mittler zwischen den Großen seines Reiches, deren politische Macht auch auf (autogenen) Adelsherrschaften gründete. Das personale Grundgerüst ostfränkisch-deutscher Königsherrschaft schloss eine institutionelle Verdichtung aber nicht aus. Die Einbeziehung der Kirche, die zur ottonisch-salischen Reichskirche wurde, und die ideellen Grundlagen von Königsherrschaft mit ihrer sakralen Legitimierung des Herrschers, mit ihrem Verständnis von Königtum und Reich als Teil einer göttlichen Ordnung in der Welt gehören ebenfalls hierher. Legitimation und Repräsentation des Königtums spiegeln sich wider im Geschichtsbild etwas eines Widukind von Corvey, in den ottonischen Königssiegeln oder in ottonischen Denkmälern, die ein bestimmtes Herrscherbild vermitteln. Personelle Verflechtung und institutionelle Ansätze münden dann - nach der Zäsur des Investiturstreits (1075-1122) - in spätsalisch-staufischer Zeit ein in ein neues herrschaftliches Selbstverständnis, das auf der Grundlage eigener materieller Machtmittel die Idee einer königlichen Oberhoheit (Regalien, Lehnswesen), eine "staatliche Rechtsordnung", eine Entwicklung hin zu den absoluten Formen von Monarchie erkennen lässt. Dieser im modernen Sinne verstandenen Intensivierung königlicher Herrschaft von der "Herrschaft ohne Staat" auf dem Weg zur "Staatlichkeit" standen entsprechende oder stärkere Tendenzen bei der politisch wirksamen Oberschicht, bei Fürsten und Adel gegenüber. Damit verbunden waren eine Patrimonialisierung von (Herrschafts-) Rechten und ein Prozess der einsetzenden Territorialisierung. Vgl. noch: Keller, Hagen (1982), Reichsstruktur und Herrschaftsauffassung in ottonisch-frühsalischer Zeit, in: FMSt 16 (1982), S.74-128. [Buhlmann, 11.2002]

Keller, Hildegard Elisabeth (1998), Von ehelicher Privation zu erotischer Privatheit? Zur Allegorese der Geschlechterbeziehung in "Christus und die minnende Seele", in: Melville, Gert, Moos, Peter von (Hg.) (1989), Das Öffentliche und Private in der Vormoderne (= Norm und Struktur, Bd.10), Köln-Weimar-Wien 1998, S.461-498 > C Christus und die minnende Seele

Keller, Werner (1955), Und die Bibel hat doch recht. Forscher beweisen die historische Wahrheit, Düsseldorf 121960 > B Bibel

Keller, Werner (1978), Und die Bibel hat doch recht. Forscher beweisen die historische Wahrheit. Revidierte Neuausgabe, Nachdruck Berlin-Darmstadt-Wien o.J. > B Bibel

Keller, Werner (1989), Und die Bibel hat doch recht. Forscher beweisen die historische Wahrheit, Köln o.J. [2000] > B Bibel

Keller, Werner (1970), Denn sie entzündeten das Licht. Geschichte der Etrusker - die Lösung eines Rätsels, München-Zürich 1970 > E Etrusker

Keller, Werner (1970), Denn sie entzündeten das Licht. Geschichte der Etrusker - die Lösung eines Rätsels (= Knaur Tb 352), München-Zürich 1970 > E Etrusker

Keller, Werner (1970), Denn sie entzündeten das Licht. Geschichte der Etrusker - die Lösung eines Rätsels, Locarno 1975 > E Etrusker

Kellerhoff, Sven Felix, Anschlag auf Olympia. Was 1972 in München wirklich geschah (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2022), Darmstadt 2022 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Kellner, Beate (2004), Ursprung und Kontinuität. Studien zum genealogischen Wissen im Mittelalter, München 2004, 557 S., Schwarzweißabbildungen, € 27,90. Genealogie bezieht sich als historische Hilfswissenschaft auf die Erforschung von Individuen, Familien und (Verwandtschafts-) Gruppen innerhalb geschichtlicher Gesellschaften und Kulturen, hier der mittelalterlich-christlichen Kultur des "abendländischen" Europa. Individuen definierten sich hier (und anderswo) u.a. über ihren Namen (Namenvariation, Nachbenennung und Leitnamen, Einnamigkeit und Beinamen), (Kern-) Familien gruppierten sich um Mann und Frau als Fortpflanzungsgemeinschaft, wobei sich die zwei biologischen Geschlechter durch die (zunehmend christlich überformte) Ehe oder das Konkubinat miteinander verbanden. "Sippen" heißen kognatisch-"horizontal" organisierte Personenverbände meist des frühen Mittelalters auf der Grundlage von Blutsverwandtschaft (der zur Verwandtschaftsgruppe gehörenden Frauen und Männer). Ab dem hohen Mittelalter dominierten agnatische Familienstrukturen, die als Geschlechter "vertikal" auf die Abfolge von durch männliche Familienangehörige (Vater-Sohn) vermittelten Generationen abhoben, ohne dass kognatisch orientierte Denkweisen damit verschwanden. Genealogisches Denken hatte auch im Mittelalter seine Bedeutung. So gab es - im Umfeld von agnatischen Familienstrukturen oder Königs- und Fürstendynastien - Stammbäume und Stammtafeln. Mittelalterliche Genealogien verorten Individuen in familiäre und verwandt-schaftliche Zusammenhänge, in personale Beziehungen. Individuen - erkennbar an ihren Namen - werden einbezogen in eine Abfolge von Generationen, erhalten eine Abstammung und Herkunft. "Verwandtschaftsbäume" ("von Blutsverwandtschaft und Schwägerschaft", arbores consanguinitatis et affinitatis) definierten und widerspiegelten Verwandtschaft als eine abgegrenzte gesellschaftliche Gruppe. Verwandtschaft hatte in der europäischen Kultur des Mittelalters biologische (Abkunft von einem "Spitzenahn" o.ä.) und rechtliche Bedeutung (Erbengemeinschaft). Neben der biologischen Verwandtschaft gab es auch die der geistlichen Patenschaft, die heilige Familie der Bibel war ein Modell für Adelsfamilien (Wurzel Jesse-Stammbäume). Verwandtschaft war auch das Vorbild für die Organisation nichtverwandtschaftlicher Gruppen z.B. in Kirche und Kloster. Jenseits von Stammtafeln und Verwandtschaftstabellen schlug sich mittelalterliche Genealogie nicht zuletzt in historiografischen Texten nieder. Sehr bekannt ist die hochmittelalterliche Überlieferung zur Fürsten- und Herzogsfamilie der Welfen in ihrem süddeutschen bzw. sächsischen Umfeld. Eine Genealogia Welforum ("Genealogie der Welfen") aus der Zeit um 1120 bietet eine Generationenabfolge von dem ersten Welfen Eticho bis zum in Südwestdeutschland beheimateten Herzog Welf VI. (†1191), (verwandtschaftliche) Beziehungen der Welfen zu Königen und Kaisern werden herausgestellt. Die von einem unbekannten Autor 1167/74 wohl am Hof Herzog Welfs VI. verfasste Historia Welforum ("Welfengeschichte") schildert rund dreieinhalb Jahrhunderte "ausführliche Familiengeschichte" (welfische Dynastiegeschichte), anfangend im 9. Jahrhundert und anknüpfend an die römische Geschichte bzw. an die fränkisch-trojanische Herkunftssage; eine Stammtafel von Welf I. bis zu Welf VII. bzw. den Welfenherzog Heinrich den Löwen von Bayern und Sachsen (1142/56-1180), ein "Bilderbuch" der welfischen Genealogie ergänzt das in Worten Geschilderte. Schließlich sei noch auf ein (nicht nur) im Mittelalter vorhandenes genealo-gisches Prinzip verwiesen, das genealogische Schlussweisen auch auf andere Phänomene übertrug. Hier ist insbesondere auf die Tradierung und Strukturierung von Wissen und Wissenschaft abzuheben. Zu erkennen ist in der Genealogie ein im Mittelalter weit verbreitetes Strukturprinzip, das sich nicht nur in den Stammbäumen von Familien oder Dynastien äußert, sondern verallgemeinert im topologischen Schematismus einer "Baumsprache". Nachzuvollziehen sind genealogisches Denken und Schließen, ist eine "Grammatik des Genealogischen" (mit Regelwerk und Bauprinzipien) nicht zuletzt anhand literarischer und historiografischer Texte, die insbesondere die kulturell-politische Konstruiertheit von Genealogien (Herkunft aus Troja, welfische Genealogien, Melusinentexte) aufzeigen (Familien- und Verwandtschaftsmodelle, Selbstreflexion und memoria, literarischer Diskurs). [Buhlmann, 06.2016]

Kellner, Karl Adam Heinrich (1906), Heortologie oder das Kirchenjahr und die Heiligenfeste in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Freiburg 31911 > C Chronologie

Kellner, Thomas (1997), Die Göttergestalten in Claudians De raptu Proserpinae. Polarität und Koinzidenz als anthropozentrische Dialektik mythologisch formulierter Weltvergewisserung (= BzA 106), Stuttgart-Leipzig 1997, 341 S., € 9,95 > Lateinische Literatur > C Claudian

Kels, Manfred (1977), Alte Straßen, Plätze, Häuser und Kirchen (= Heimatkundliches in und um Kaiserswerth, Nr.1), [Düsseldorf-Kaiserswerth] 21977 > H Heimatkundliches in und um Kaiserswerth

Kelten: Die (vorrömische) Eisenzeit lässt sich in eine frühe (ca.800-ca.475 v.Chr.) und eine späte Eisenzeit (ca.475-25/15 v.Chr.) gliedern; diesen beiden Zeitabschnitten können die Hallstatt- und Latènekultur zugeordnet werden. Schriftliche Quellen aus dem Bereich der Mittelmeerzivilisationen Griechenlands und Roms bezeichnen die eisenzeitliche Bevölkerung Süddeutschlands als Kelten (griech. Keltoi, lat. Galli), ohne dass mit dieser Bezeichnung aus der griechisch-römischen Ethnografie bestimmte "Völker" oder "Stämme" (Ethnien) verbunden werden können. Vielmehr sollten die (frühen) Kelten als die Bewohner eines weiträumigen Kulturraums angesehen werden, der seit der späten Bronzezeit zunächst Rheinland-Pfalz, Südhessen, Baden-Württemberg und Bayern überzog und in dem - wahrscheinlich über die damaligen Oberschichten - eine relativ gleichförmige, "keltische" Kultur herrschte, vielleicht auch eine Gruppe zusammenhängender Sprachen vorhanden war. Es sind Handelsbeziehungen - von Etrurien, Norditalien und Südfrankreich aus -, die am Beginn solcherart definierter keltischer Geschichte stehen. So werden in der frühen Eisenzeit Handelswege vom Mittelmeer über oder westlich der Alpen nach Südwestdeutschland erkennbar entlang von Oberrhein und Neckar, entlang der (oberen) Donau, die - einer Mitteilung des griechischen Geschichtsschreibers Herodot (*ca.485-†ca.425 v.Chr.) zufolge - im Land der Kelten ihren Anfang nahm . Bernstein-, Zinn- und in zunehmenden Maße Eisenhandel verhalfen im südwestdeutschen Raum der Ranggesellschaft des Westhallstattkreises zum Durchbruch. Das 6. und 5. Jahrhundert v.Chr. war die Zeit von Produktions- und Handelszentren (Heuneburg, Hohenasperg), es war die Zeit der "Fürstensitze" und "Fürstengräber". Die zunehmende Spezialisierung und Professionalisierung in Handwerk und (Fern-) Handel führte dabei zu einer Differenzierung der Gesellschaft um den Preis ihrer sozialen Stabilität. Denn die nur lokal verankerten Rang- und Häuptlingsgesellschaften zeigten sich den zunehmenden Anforderungen nicht gewachsen, ihr politisches System war und blieb rudimentär. So begleiteten das 5. Jahrhundert v.Chr. Krisen wie etwa am Übergang von der Hallstatt- zur Latènezeit oder an der Wende vom 5. zum 4. Jahrhundert v.Chr. Um 400 v.Chr. und nochmals um 300 v.Chr. wanderten Teile der keltischen Bevölkerung - zuallererst die Eliten - aus. Somit finden sich Kelten, zumeist in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt, in Nord- und Mittelitalien, Griechenland und Kleinasien, weiter in Gallien und Spanien (Keltiberer) (um 500 v.Chr.). Die Bevölkerungsbewegungen waren aber nur ein Teil der politisch-sozialen Veränderungen, die die frühkeltische (ca.800-ca.250 v.Chr.) von der spätkeltischen Zeit (ca.250-25/15 v.Chr.) trennten. Mit dem Wandel bei den Bestattungssitten hing u.a. das Verschwinden der Grabhügel zusammen, Brandgräber dominierten nun, die Beigabensitte erlosch. An die Stelle der alten Befestigungen traten neue Zentralorte - Siedlungen mit Handwerk und Handel sowie herrschaftliche Wohnsitze, die "Viereckschanzen" - und signalisieren damit den politischen Bruch zur frühkeltischen Zeit. Eine stärkere Hierarchisierung hin zu einer Gesellschaft mit einer sich abgrenzenden Oberschicht korrespondierte mit der zunehmend wichtiger werdenden Rolle der keltischen Krieger und des Gefolgschaftswesens bis hin zur Spaltung der keltischen Gesellschaft in eine Aristokratie und eine weitgehend rechtlose gesellschaftliche Basis zur Zeit der römischen Eroberung Galliens. Schließlich entwickelte sich im Verlauf des 2. vorchristlichen Jahrhunderts mit der Oppidaziviliation eine vor- und frühstädtische Kultur, die Geld und (die lateinische und griechische) Schrift kannte und benutzte. Das oppidum war der befestigte (oder auch unbefestigte) wirtschaftliche oder administrative Mittelpunkt einer Region mit ihren gewerblich orientierten "Dörfern" (vici) und den Einzel- und Herrenhöfen für die agrarische Produktion. Auch die keltische Oppidazivilisation sollte im 2. und 1. Jahrhundert v.Chr. von Krisen nicht verschont bleiben. Zunächst ist die Bedrohung durch von Norden vordringende Germanen zu nennen. Die Kimbern, denen sich die Teutonen, vielleicht ein Teilstamm der keltischen Helvetier, angeschlossen hatten, konnten erst nach langwierigen Kämpfen von der Römern besiegt werden (113-101 v.Chr.), die Sueben (und andere Stämme bzw. Gefolgschaften) unter ihrem Heerkönig Ariovist - sie waren über den Oberrhein ins keltische Gallien eingedrungen - wurden von römischen Legionen unter C. Iulius Caesar (*100-†44 v.Chr.) zurückgeschlagen (58 v.Chr.). Caesar nutzte sein Eingreifen zur Eroberung ganz Galliens (58-51 v.Chr.) und leitete damit den Übergang der gallisch-keltischen Stämme in das römische Reich ein. Parallel dazu ist archäologisch feststellbar der Zusammenbruch der spätkeltischen Zivilisation östlich des Rheins in den Jahren 80/60 v.Chr.
Über keltische Geschichte und Kultur schreiben: Demandt, Alexander (1998), Die Kelten (= BSR 2101), München 1998, 127 S., DM 14,80; Herm, Gerhard (1975), Die Kelten. Das Volk, das aus dem Dunkel kam, Düsseldorf-Wien 1975, 438 S., Schwarzweißtafeln, Zeittafeln, Karten, DM 28,-; Herm, Gerhard (1975), Die Kelten. Das Volk, das aus dem Dunkel kam (= rororo 7067), Nachdruck Reinbek b.H. 1989, 354 S., Schwarzweißtafeln, Zeittafeln, Karten, DM 12,80; Maier, Bernhard (1994), Lexikon der keltischen Religion und Kultur (= KTA 466), Stuttgart 1994, XV, 392 S., Schwarzweißabbildungen, € 22,90; Maier, Bernhard (2000), Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 2000, 320 S., DM 58,-; Maier, Bernhard (2001), Die Religion der Kelten. Götter, Mythen, Weltbild, München 2001, 251 S., DM 68,50; Meid, Wolfgang (2007), Die Kelten (= RUB 17053), Stuttgart 2007, 210 S., € 5,-; Noelle, Hermann (1977), Die Kelten (= Bastei Tb 64001), Bergisch Gladbach 1977, 384 S., DM 8,80; Rieckhoff, Sabine, Biel, Jörg (2001), Die Kelten in Deutschland, Stuttgart 2001, 542 S., € 49,90. [Buhlmann, 11.2002, 09.2007, 06.2012, 07.2017, 11.2020, 10.2023]

Kemp, Wolfgang (2011), Geschichte der Fotografie. Von Daguerre bis Gursky (= BSR 2727), München 2011, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Schwarzweiß-, Farbtafeln, € 8,95. I. 1839-1913: Das moderne Medium der Fotografie hat mehrere Erfinder: die Franzosen Nicéphore Niépce (*1765-†1833), Louis Daguerre (*1787-†1851) und Hippolyte Bayard (*1807-†1887), den Engländer William Henry Fox Talbot (*1800-†1877), von dem auch die Bezeichnung "Fotografie" stammt. Vor dem Hintergrund von Industrialisierung und bürgerlicher Gesellschaft verbreitete sich die Fotografie schnell. Ziemlich von Anfang an wurde Fotografie unter dem Aspekt der "Bildtreue" und Genauigkeit einerseits und der Akzente setzenden Kunst andererseits gesehen. Fotografie als Kunst folgte dabei künstlerischen Bildmitteln wie Beleuchtung, Standpunkt, Bildausschnitt u.a. Frühe Repräsentanten der Fotokunst waren: Oscar Gustav Rejlander (*1813-†1875; The Two Ways of Life 1856), David Octavius Hill (*1802-†1870) und Robert Adamson (*1821-†1848; Hugh Miller 1843, künstlerische Unschärfe), Julia Margaret Cameron (*1815-†1879, The Mountain Nymph 1866), Peter Henry Emerson (*1856-†1936; "Naturalistische Fotografie"). Um 1900 herrschte in der Fotografie der impressionistische Piktorialismus vor, der wiederum abgelöst wurde von einer Fotografie "materieller Wahrheit", deren Wegbereiter Eugène Atget (*1856-†1927, Stillleben von Paris) war. II. 1913-1940: Paul Strand (*1890-†1976) hob "die absolute und die unbestimmte Objektivität" der Fotografie hervor, die er mit den Begriffen "Struktur, Sache, Suche, Bewegung" verband. László Moholy-Nagy (*1895-†1946) und seine Ehefrau Lucia standen für das "fotografische Sehen" (Architektur [Berliner Funkturm 1928, Bauhaus], modernes Leben), Albert Renger-Patzsch (*1897-†1967) und Edward Weston (*1886-†1958) für die "Neue Sachlichkeit"; Fotografie als Gesellschaft abbildendes Medium verfolgten August Sander (*1876-†1964; "Menschen des 20. Jahrhunderts") und Walker Evans (Allie Mae Burroughs 1936/37). Vom Dadaismus beeinflusst war die surrealistische Fotografie z.B. eines Man Ray (*1890-†1976). III. 1940-1970: Ein bedeutender Momentfotograf war André Kertész (*1894-†1985); der "entscheidende Augenblick" (z.B. in der Pressefotografie) spielte auch für Henri Cartier-Bresson (*1908-†2004) eine wichtige Rolle (The Decisive Moment 1952, Life is Good and Good for You in New York 1956, The Americans 1958), die Life-Photography verkörperten Irving Penn (*1917-†2009) und Richard Avedon (*1923-†2004). Eine andere Entwicklung nahmen die emotional-"subjektive Fotografie" eines Otto Steinert (*1915-†1978) u.a. sowie die Fotografie des Grotesken etwa einer Diane Arbus (*1923-†1971). IV. 1970-heute: In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, in der Postmoderne wurde Fotografie zunehmend in über die Fotografie hinausgehende Kunst eingebettet (serielle Fotos, Großformate, Image Recycling, Erzählen); Vertreter dieser Entwicklungen sind: Hilla und Bernd Becher (*1934 bzw. *1931-†2007; Anonyme Skulpturen 1970), Bernhard und Anna Blume (*1937; Küchenkoller 1985/86), Victor Burgin (*1941; Angelus Novus 1995), Barbara Kruger (*1945), Sherrie Levine (*1947), Les Krims (*1947; Making Chicken Soup 1972), Richard Prince (*1949; Spiritual America 1983); "Gattungsfotografie" verfolgte die Künstlergruppe um Andreas Gursky an der Düsseldorfer Kunstakademie. Postmoderne Fotografie steht dabei nicht zuletzt im Zeichen des Wandels von der analogen (auf der Lichtempfindlichkeit von Silbersalzen beruhenden) zur digitalen Fotografie (Fotografie nach der Fotografie 1995). > K Fotografie [Buhlmann, 10.2013]

Kendrick, T.D. (1927), The Druids, London 1994 > M Maier, Druiden

Kennedy, Hugh (2016), Das Kalifat. Von Mohammeds Tod bis zum "Islamischen Staat", München 2017, 367 S., Schwarzweißabbildungen, Regententabellen, Karten, € 26,95. Kalif (arabisch chalifa) ist in islamischer Tradition der "Stellvertreter Gottes" bzw. "Nachfolger des Propheten Gottes Mohammed". Geschildert werden: das (den gesamten islamischen Machtbereich umfassende) Kalifat der vier "rechtgläubigen" ["Wahl"-] Kalifen Abu Bakr, Umar, Uthman, Ali (632-661), das (ebenso globale) ["dynastische"] Kalifat der Omaijaden (661-750), das (anfangs die islamische Welt umfassende, dann machtpolitisch reduzierte) ["dynastisch"-] sunnitische Kalifat der Abbasiden (750-1258) (frühes, spätes Abbasiden-Kalifat; formelles Abbasiden-Kalifat unter den ägyptischen Mamelucken [1261-1517]), das ["dynastisch"-] schiitische Kalifat der Fatimiden (über Nordafrika, Ägypten, Syrien) (909-1171), das ["dynastisch"-] sunnitische Kalifat der spanischen Omaijaden (929-1031), das ["dynastisch"-] sunnitische Kalifat der Almohaden (in Nordafrika und Südspanien) (1130-1269), das (auf den osmanischen Machtbereich bezogene) sporadische ["dynastisch"-] sunnitische Kalifat der Osmanensultane (ca.1362-1924). Dbei wandelte sich naturgemäß das, was einen Kalifen ausmachte, von der militärischen Führerschaft bei Eroberung oder Bekämpfung der "Ungläubigen" zu einer eher geistigen Führerschaft, die den Kalifen als Sachwalter des gesamten Islam (umma) und als Repräsentant der Scharia sahen. Seit der Abschaffung des osmanischen Kalifenamtes in der türkischen Republik (1924) scheiterten Versuche einer Wiederherstellung (Kalif als politischer oder geistlicher Führer?, Kalifat und Islamismus [IS-Kalifat 2014]). Merkwürdigerweise verengt der Autor in der Einleitung seines Buches seine Vorgehensweise auf Fragestellungen hinsichtlich der (Aus-) Wahl des Kalifen, geht aber in den folgenden Kapiteln zum Glück nicht mehr weiter darauf ein. In der Tat würde dieser eine Aspekt das islamische Kalifat nur unzureichend beschreiben. Da ist das Eingehen auf die theoretischen Abhandlungen der islamischen Gelehrten Mawardi (†1058), Dschuwaini (†1085) und Ghazali (†1111) über Bedeutung und Machtstellung des Kalifats (Macht und Regierungspraxis, Kalifat und Glaube, Kalif als Quelle der Scharia) schon interessanter. Dagegen gibt es so manche historisch-chronologische Fehler (fehlende Nennung Kerbelas anlässlich von Niederlage und Tod des Muhammedenkels Husains 680, Karl Martell und ein arabischer Kriegszug ins Frankenreich 753 [!] u.a.), und auch die Übersetzung ins Deutsche ist manchen Stellen nicht so gelungen. Hier hätte ein aufmerksames Lektorat sicher Abhilfe geschaffen. [Buhlmann, 04.2020]

Kennedy, Paul M. (1981), Der Kampf im Pazifik (= Moewig Dokumentation 4311), München 1981 > Z Zweiter Weltkrieg

Kenning, David (o.J.), Bier. Brauereien und Sorten aus der ganzen Welt, Bath [2006] > B Bier

Kerényi, Karl (1966), Die Mythologie der Griechen, Bd.I: Die Götter- und Menschheitsgeschichten (= dtv 1345), München 31977, Bd.II: Die Heroengeschichten (= dtv 1346), München 31977 > M Mythos und Geschichte

Kerker, M[oritz] (1863), Wilhelm der Selige, Abt von Hirschau, Tübingen 1863 > W Wilhelm von Hirsau

Kerner, Max (2001), Karl der Große. Entschleierung eines Mythos, Köln-Weimar-Wien 2001 > K Karl der Große

Kersten, Paul (1881), Arnold von Wied, Erzbischof von Köln 1151-1156, Diss. Berlin 1881 > A Arnold II. von Wied

Kersten, Walter (1948), Die niederrheinische Grabhügelkultur. Zur Vorgeschichte des Niederrheins im 1. Jahrtausend v.Chr., in: BJbb 148 (1948), S.5-80 > V Vorgeschichte

Kessel, Johann Hubert (1877), Der selige Gerrich (Stifter der Abtei Gerresheim). Ein Beitrag zur Gründungsgeschichte des Christenthums im Bergischen Lande, Düsseldorf 1877 > G Gerresheim

Keßler, Eckhard (2008), Die Philosophie der Renaissance. Das 15. Jahrhundert, München 2008, 270 S., € 29,90. Die mittelalterliche Scholastik kam im 14./15. Jahrhundert vor dem Hintergrund von Nominalismus (der Universalien) und Voluntarismus (Gottes) zu ihrem Ende bei ihrer Zusammenschau von Theologie und Philosophie auf aristotelischer Grundlage. Im 15. Jahrhundert lassen sich dann die drei neuen, miteinander zusammenhängenden philosophischen Strömungen des Humanismus, Neuplatonismus und Aristotelismus gerade in Italien ausmachen. Nicht nur der Florentiner Bürgerhumanismus betonte von (Franceso Petrarca [†1374] bzw.) Leonardo Bruni (†1444) bis Niccolo Machiavelli (†1527) die Diesseitigkeit von Philosophie und menschlicher Vernunft, von Werden und Vergänglichkeit im Streben nach dem Guten, und dies auf der Grundlage einer weitgehend übernommenen aristotelischen Philosophie; die Moralphilosophie wurde zur prima philosophia. Der Florentiner Neuplatonismus von Georgios Gemistios Plethon (†1452, Antikenrezeption) über Marsilio Ficino (†1499, prisca philosophia) bis zu Giovanni Pico della Mirandola (†1494) und dessen kosmologische Deutung der Welt als Eines und Vieles waren Voraussetzungen für die neuplatonische Liebesphilosophie und deren Bezugnahme auf (humanistische) Ästhetik und Kunst. Auch der (Paduaner) Aristotelismus entwickelte sich weiter von Paolo Veneto (†1429) bis zu Agostino Nifo (†1538, Averroismus) und Pietro Pomponazzi (†1525, Naturalismus); er zielte ab auf das Wahre und verband dieses mit der Deutung der Realität, betonte dabei die Logik der (Natur-) Wissenschaften und die Seelenlehre des menschlichen Intellekts. Die humanistischen Philosophieströmungen des 15. Jahrhunderts bildeten dann mit ihrer inhaltlichen Erneuerung eine wichtige Voraussetzung für die frühneuzeitliche Philosophie. [Buhlmann, 08.2013]

Kessler, Hans-Wolfram, Kessler, Konrad (Hg.) (2013), Ritter im Heiligen Land - Kreuzfahrerstätten in Israel, Darmstadt 2013, 168 S., Farbabbildungen, Glossar, Karte, € 9,95. Die europäisch-christlichen Kreuzzüge des Hochmittelalters schufen im islamisch geprägten vorderasiatischen Mittelmeerraum die "fränkischen" Kreuzfahrerstaaten des Heiligen Landes: Königreich Jerusalem, Fürstentum Antiochien, Grafschaft Edessa, Grafschaft Tripolis. Als historische Stätten der Kreuzfahrer im Heiligen Land sind feststellbar: Akkon (1104-1291; Fliegenturm, Hafenbefestigung, Hospitaliterkomplex [Gänge, Säle, Säulensaal, Tore], Tunnel); Aqua Bella (ca.1150; fränkischer Landsitz); Arsuf (1101-1187, 1191-1265; [Kern-] Burg [Donjon, Refektorium, Ring- und Grabenmauer, Wasserbecken], Hafen, Stadtmauer, Stadttor); Askalon (1153-1187, 1192-1270; St. Maria Viridis, Stadtmauer, Zitadelle); Banyas (1129-1164; Haus auch mit fränkischer Bauphase); Belmont (12. Jahrhundert, Mitte-?; Johanniterburg); Belvoir (ca.1140-1189, 1241-1263; Kreuzfahrerburg, Johanniterburg); Bethsan (1099-1187, 1240-1260; Stadt, Kreuzfahrerburg); Cachon (v.1123-1187, 1191-1265; Templerburg); Caesarea (1101-1187, 1191-1220, 1229-1275; Befestigungen, Kathedrale, Tore); Cafarlet (?-1291; Kreuzfahrerburg, Templerburg); Calanson (1128-1187, 1191-1265; Johanniterburg); Casal Imbert (v.1123-1187, 1191-1271; Kreuzfahrerburg, Deutschordensburg); Castellum Beroardi (n.1153, 1169; Kastell); Castellum Regis (v.1160-1266/71; Kreuzfahrerburg, Kreuzfahrerherrschaft, Deutschordensburg); Castrum Dumi (1172; Templerburg); Chastel Neuf (1106-1167/87, 1240-1266; Kreuzfahrerburg); Chastellet (1177-1179; Templerburg); Château Pèlerin (1218-1291; Templerburg); Friedhöfe (Beinhäsuer, Grabstätten); Gibelin (ca.1135-1187, 1240-1244; Johanniterburg); Hospitäler; Ibelin (1141-?; Kastell, Kreuzfahrerkapelle); Iudin (1220-1268/71; Deutschordensburg); Jerusalem (1099-1187, 1229-1244; sakrale Bauwerke: Al-Aqsa-Moschee, Felsendom, Grabeskirche, Marienkirche, St. Anna-Kirche und Kreuzfahrerkapelle; Stadtmauer, Verteidigungsanlagen: Davidsturm, Gerbertor, Tankredturm, Zitadelle, Zionstor; Stadtviertel; Handel und Gewerbe: Gewölbe, Hospitaliterkomplex, fränkische überdachte Ladenstraße); Le Destroit (12. Jahrhundert, Anfang-ca.1220; Templerburg); Manuet (1169, 1220, -1270; Zuckerrohranbau, Zuckerproduktion); Mirabel (12. Jahrhundert, Anfang-1187; Kreuzfahrerburg, Kreuzfahrerherrschaft); Mons Gaudii (1157, -1187, -1244; Kirche, Kloster, Kreuzfahrerburg); Montfort (1220-1271; Deutschordensburg als Deutschordenszentrale); Nimrod (1139-1164; Kreuzfahrerburg); Recordana (ca.1150; Wassermühle); Safed (1101-1188, 1240-1266; Kreuzfahrerburg, Templerburg); Toron des Chevaliers (Latrun; v.1170-1187, 1229-1244; Templerburg); Tiberias (1099-1187, 1240-1247; [archäologischer Park], fränkische Gebäudereste, Zitadelle). [Buhlmann, 09.2016]

Ketterer, Hartmut (2018), Die Uracher Kirche ein Blickfang. Zähringer gründeten Kirche und Pfarrei auf dem wichtigen Handelsweg, in: Schwarzwälder Hausschatz 2018, S.136-140. Am Handelsweg Freiburg i.Br.-Villingen entstand - nach Nachweis der ältesten Bauteile der Kirche (Chorraum) - vor tausend [?] Jahren das Gotteshaus von Urach im Schwarzwälder Urachtal (bei Vöhrenbach-Hammereisenbach). Kirche und Pfarrei werden erstmals 1274/75 im Liber decimationis des Bistums Konstanz genannt; als Gründer von Siedlung, Pfarrei und Pfarrkirche gelten [angeblich?] die Zähringerherzöge (ca.1150). In der Kirche mit Allerheiligen-Patrozinium - zurückreichend ins hohe Mittelalter (cluniazensische Reform, Kreuzzüge) - wurden und werden auch die drei Könige als "Kaufmannsheilige" verehrt (Dreikönigsaltar 1747). Die barocke Neuformung des Gotteshauses betraf die Innenausstattung (Hochaltar im Chor, rechter Marienaltar [der Maria-Trost-Bruderschaft 1673], Wand- und Deckengemälde, Kanzel, Kassettendecke im Langschiff) und den Turmabschluss (Zwiebelturm ca.1770). Die Glocken der Pfarrkirche reichen bis ins späte Mittelalter zurück (1454, Herz-Jesu-Glocke 1883, Verlust der Glocken 1942, Installation eines neuen Glocken-Ensembles in den 1950er-Jahren). [Buhlmann, 12.2020]

Kettermann, Günter (2001), Atlas zur Geschichte des Islam, Darmstadt 2001 > A Atlas, historischer Atlas

Keupp, Jan, Schwarz, Jörg (2013), Konstanz 1414-1418. Eine Stadt und ihr Konzil, Darmstadt 2013, 184 S., Schwarzweißabbildungen, € 14,90. I. Als Folge des Großen Papstschismas (1378-1417) und des Konzils von Pisa (1409), wodurch es drei rivalisierende Päpste an der Spitze der katholischen Kirche(n) gab, trat 1414 das Konzil von Konstanz zusammen (Generalversammlungen im Münster, Konklave im Kaufhaus [Konzilshaus]). 600 bis 700 Geistliche, darunter 300 Bischöfe, und ebenso viele weltliche Große und Gesandte berieten unter der Leitung des römisch-deutschen Königs und Kirchenvogts Sigismund (1411-1437) in Konstanz über: 1) die Einheit der Kirche (causa unionis): das Konzil beanspruchte die Entscheidung im Papstschisma (Dekret Haec sancta synodus, 6. April 1415), so dass es zum Rücktritt bzw. zur Absetzung der drei Päpste im Großen Papstschisma (1378-1417) kam und am 11. November 1417 mit Martin V. (1417-1431) ein neuer Papst gewählt wurde; 2) die Einheit im Glauben (causa fidei): das Konzil verbot und verurteilte die Lehren des Böhmen Jan Hus, der als Ketzer verbrannt wurde (6. Juli 1415); 3) die Reform der Kirche (causa reformationis) hinsichtlich Benefizienverteilung und Abgaben an die Kurie bei Forderung der periodischen Abhaltung weiterer Konzilien (Dekret Frequens, 17. Oktober 1417). Am 22. April 1418 kam die Kirchenversammlung zu ihrem Ende. II. Jenseits von Kirchenpolitik und Konzil musste aber in Konstanz das alltägliche Leben der städtischen Bewohner und der Gäste weitergehen. Konstanz empfing die Konzilsteilnehmer - neben den geistlichen Personen auch weltliche mit deren Anhang - nicht unvorbereitet. Letztlich kamen alle, die Konzilsväter und die anderen Gäste, in der Stadt, den Vorstädten und der Umgebung unter. Auch die Versorgung der Städter und der Gäste mit Nahrungsmitteln war gewährleistet, wobei Garküchen, rollende Bäckereien oder auch gewöhnungsbedürftige Speisen in Konstanz Einzug hielten oder der Handel mit osteuropäischen Rindern den Nachschub an Fleisch sicherstellte. Im Großen und Ganzen kamen Städter und Gäste, auch die Konzilsnationen gut miteinander aus, sprachliche Verständigungsprobleme oder Verbrechen (wie Mord) mit eingeschlossen. Händler, fahrendes Volk (Gaukler, Musikanten, Spielleute) und Huren bevölkerten die Stadt (öffentliche, heimliche, Kinderprostitution, Frauenhäuser), Prozessionen und Festlichkeiten belebten den Alltag. Politik wurde auch öffentlich inszeniert wie bei den Herrscheradventus oder bei der Belehnung des Nürnberger Burggrafen Friedrich VI. (I.) von Hohenzollern (1397-1440) mit der Markgrafschaft Brandenburg (30. April 1415). Dies alles spielte sich ab vor der Kulisse einer ständisch gegliederten städtischen Gesellschaft ab, die alle Schichten von Arm bis Reich mit einbezog (Unterschichten, Handwerker und Zünfte, Oberschicht und Patriziat). [Buhlmann, 08.2014]

Keyes, Nelson Beecher (1959), Vom Paradies bis Golgatha. Die Geschichte der biblischen Welt in Wort und Bild, Stuttgart-Zürich-Wien 1964 > B Bibel

KGAW = Kulturgeschichte der antiken Welt

KGRQ = Konstanzer Geschichts- und Rechtsquellen

KHA = Kölner Historische Abhandlungen

Ki

Kiechle, Franz (1969), Sklavenarbeit und technischer Fortschritt im römischen Reich (= Forschungen zur antiken Sklaverei, Bd.3), Wiesbaden 1969 > S Sklaverei (Geschichte)

Kielinger, Thomas (2019), Die Königin. Elisabeth I. und der Kampf um England. Biographie, München 2019, 375 S., Schwarzweißabbildungen, Stammtafel, Zeittafel, € 24,95. I. Die englische Tudor-Königin Elisabeth I. (1558-1603) war die Tochter König Heinrichs VIII. (1509-1547) und der Anne Boleyn (1533 Heirat, 1536 hingerichtet). Geboren wurde Elisabeth am 7. September 1533. Ihre ältere Halbschwester war die 1516 geborene Maria die Katholische als Tochter Heinrichs mit Katharina von Aragon, ihr jüngerer Bruder der 1537 geborene Eduard als Sohn Heinrichs mit Jane Seymour. Elisabeth genoss in ihrer Jugend - unterstützt u.a. von Catherine Parr, der letzten Ehefrau Heinrichs VIII. - eine gelehrte Erziehung. Vom Vater als unehelich gebrandmarkt, folgte nach dem Tod Heinrichs (1547) dessen unmündiger Sohn Eduard VI. (1547-1553) nach, für den ein Regentschaftsrat die Regierung führte und der alsbald an Tuberkulose starb. Elisabeth überstand damals eine durch Thomas Seymour, dem Bruder Jane Seymours und zweiten Ehemann Catherine Parrs, verursachte Affäre und auch Verhöre durch Vertreter des Kronrats (1548/49). Nach dem Tod Eduards (1553) und dem Zwischenspiel der "Neuntagekönigin" Jane (1553) wurde Maria (Mary) I. die Katholische (1553-1558) als älteste Tochter Heinrichs VIII. englische Königin. Mary verfolgte eine Politik der Rekatholisierung Englands, das unter König Heinrich VIII. wegen seines Zerwürfnisses mit dem Papsttum die anglikanisch-protestantische Kirche erhielt (Suprematsakt 1534). Mary überstand die Wyatt-Rebellion (1554), in deren Folge die junge Elisabeth eine Zeit lang im Londoner Tower festgesetzt wurde. Marys Heirat mit dem späteren spanischen König Philipp II. (1556-1598) (1554) verstärkte noch die von der katholischen Königin durchgeführten Maßnahmen gegen die protestantische "Häresie" (Verbrennung protestantischer Geistlicher und Bischöfe). Mary geriet dabei noch mehr in einen Zustand psychischer Labilität (Depressionen, eingebildete Schwangerschaften), während Elisabeth ihre protestantischen Ansichten als "Nikodemit" vor Mary verstecken musste. Die schwierige innenpoltische Lage Englands verschärfte sich noch durch den Verlust von Calais als einzigen englischen Besitz auf dem europäischen Festland (1558). Als Mary "die Blutige" endlich starb (1558), erlangte Elisabeth ohne Probleme das englische Königtum (17. November). II. Stützen konnte sich die neue Königin Elisabeth in ihrer Regierungsarbeit von Anfang an auf verlässliche Berater wie William Cecil (später: Lord Burghley, †1598), (besonders) Robert Dudley (apäter: Lord Leicester, †1588), Francis Walsingham (†1590) oder Robert Cecil (Sohn William Cecils). In der für England vordringlichen Religionsfrage schlug Elisabeth eine pragmatische Vorgehensweise ein, die aber die anglikanische Kirche und den englischen Protestantismus eindeutig bevorzugte, den Katholiken dennoch (zunehmend enger werdernde) Spielräume beließ (Supremats- und Uniformitätsgesetze 1559, Puritaner). Hinsichtlich ihrer Nachfolge vermied die Königin während ihrer ganzen Regierungszeit eindeutige Aussagen unter Vermeidung einer Heirat (<-> Heiratspläne mit dem französischen Herzog von Alencon 1578/81?; Rolle des englischen Parlaments); so wurde sie in ihrer Außendarstellung zur "jungfräulichen Königin" mit einer besonderen Nähe zum englischen Volk und einem die "eigene Lebensleistung" betonenden Charisma ("zwei Körper" der Königin, Porträts einer jugendlichen Königin, Kleidung und Schmuck, Elisabeth als "Gloriana" in "The Faerie Queene" Edmund Spensers, teilweise ambulante Herrschaftsausübung). 1562 erkrankte Elisabeth schwer an Pocken, überstand aber die Infektion ohne Nachwirkungen. Auch vermied Elisabeth - von wenigen Ausnahmen abgesehen (misslungene Le Havre-Intervention 1560/61, misslungener Einsatz englischer Truppen in den aufständischen Niederlanden 1585, Überfall englischer Schiffe auf Cádiz 1596) - außenpolitisch-kriegerische Unternehmungen. Ihre Politik beschränkte sich auf die Stabilisierung Englands im politischen Kräftedreieck Spanien-Frankreich-(spanische) Niederlande, wobei ihr besonderes Augenmerk den Verhältnissen am Kanal, der engsten Stelle zwischen Festland und britischen Insel, galt. Dabei wurde die englische Flotte zunehmend wichtiger (Weltumseglung von Francis Drake 1577/80). Der 1568 beginnende (zunächst nur latente) Konflikt mit Spanien steigerte sich bis zur erfolgreichen Abwehr der spanischen Armada durch die englische Flotte (spanischer Invasionsversuch 1588, Elisabeths Tillbury-Rede 1588). Nach innen war die Regierung Elisabeths zeitweise gefährdet durch Aufstände wie die Northern Rebellion (1569), die Ridolfi-Verschwörung (1571) oder Throckmorton-Verschwörung (1583) (Aufbau eines Geheimdienstes durch Walsingham 1573). Eine Gefahr stellte auch die nach ihrem Sturz (1567; Schottland und Frankreich, Frieden von Edinburgh 1560, Aufstand und protestantisches Schottland) nach England geflohene (1568) schottische Königin Maria Stuart (†1587) dar, die nach einem Prozess wegen ihrer vermeintlichen Beteiligung an der Ermordung ihres Ehemanns (1568) in Gefangenschaft gehalten wurde; Unterstützer Marias und von deren Anspruch auf den englischen Thron waren die englischen Katholiken und katholische Mächte außerhalb Englands, allen voran Spanien (päpstliche Exkommunikation Elisabeths 1570, Jesuitenmissionare 1580). Die Babington-Verschwörung (1586) führte zur Verurteilung Marias wegen Hochverrats und zu ihrer Hinrichtung (8. Februar 1587, Exekutionsbefehl Elisabeths <-> Elisabeths Auffassung eines von Gott hergeleiteten Königtums). Marias Sohn, der schottische König James (I.), sollte dann die Nachfolge Elisabeths in England antreten. Die letzten Regierungsjahre Elisabeths waren überschattet von der schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der sich England befand (Missernten ab 1594, königliche Monopolvergaben), vom irischen Aufstand Hugh O'Neills (1595/1603) oder dem Aufstieg, dem Fall und der Hinrichtung des Earls von Essex (1596/1601). Ein letzter Höhepunkt war noch die Golden Speech der Königin vor dem englischen Parlament (1601), in der sie die Grundsätze ihrer Poltik nochmals festhielt. Am 24. März 1603 ist Elisabeth I. nach kurzer Krankheit verstorben, ihr Leichnam wurde am 28. April in der Westminster Abbey bestattet. [Buhlmann, 04.2020]

Kienast, Dietmar, Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie, Darmstadt 1990 > B > Burgess, Roman Imperial Chronology

Kilian, Ulrich, Aschemeier, Rainer, Das große Buch vom Licht (= Besondere Wissenschaftliche Reihe), Darmstadt 2012, 176 S., zahlreiche Farbabbildungen, ca. € 12,-. Schon seit der Vorzeit beschäftigten sich die Menschen mit dem Naturphänomen (Feuer und) Licht, die antiken (Rand-) Kulturen kannten Lichtgötter, auch das Christentum weist vielfältige Bezüge zum Licht auf. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Licht begann in der antik-griechischen Kultur (Euklid), die islamische und christliche Kultur des Mittelalters erweiterte die Kenntnis über Optik und menschliches Auge (Alhazen, Roger Bacon; Erfindung der Brille). Christian Huygens begründete im 17. Jahrhundert die Wellentheorie des Lichts, Isaac Newton vertrat eine Teilchentheorie ("Theorie über Licht und Farben" 1662), Thomas Young wies 1801 durch sein Experiment mit dem Doppelspalt den Wellencharakter des Lichts nach. Die Entdeckungen des 19. Jahrhunderts bzgl. Elektrizität und Magnetismus mündeten ein in die Forschungen James Clerk Maxwells zum Elektromagnetismus (Maxwellsche Gleichungen 1862) und in die Erkenntnis, dass Lichtwellen elektromagnetische Wellen verschiedener Wellenlänge und Frequenz sind (Heinrich Hertz; Nachweis elektromagnetischer Wellen 1886). Die spezielle Relativitätstheorie Albert Einsteins (1905) und der misslungene Nachweis eines Lichtäthers durch das Lichtexperiment Albert Michelsons (1887) brachten die Erkenntnis der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit (c = 299792,458 km/s) und rückten das Licht in eine zentrale Position innerhalb der Raumzeit der modernen Physik. Die Arbeit Einsteins über den photoelektrischen Effekt (1905), die allgemeine Relativitätstheorie (1915) und die Forschungen von Max Planck (Schwarze Körper und Plancksches Wirkungsquantum) ließen das Licht als Welle und Teilchen (Quanten, Photonen; moderne Quantentheorie) erscheinen, das in der Kosmologie eine bedeutende Rolle spielt (Georges Lemaître, Edwin Hubble; Rotverschiebung des Lichts und expandierendes Universum 1929). Parallel zu diesen wissenschaftlich-physikalischen Erkenntnissen sind die technischen Entwicklungen des 19. bis 21. Jahrhunderts um das künstliche Licht zu nennen (elektrische Glühbirne und Nachfolger, Maser und Laser, LEDs). [Buhlmann, 04.2012]

Killian, Hans (1971), Totentanz auf dem Hartmannsweilerkopf (1914-1947), Neckargemünd [21977] > E Erster Weltkrieg

Kimpen, Emil (1933), Ezzonen und Hezeliniden in der rheinischen Pfalzgrafschaft, in: MÖIG Ergänzungsbd.12, Innsbruck 1933, S.1-91 > E Ezzonen

Kinder, Hermann, Hilgemann, Werner (1967), Pipers Weltgeschichte in Karten, Daten, Bildern, München 1970 > W Weltgeschichte

Kindermann, Udo (Hg.) (2013), Satiren des Mittelalters. Lateinisch und deutsch (= TzF 105), Darmstadt 2013, 219 S., € 29,90 > Lateinische Literatur > S Satiren des Mittelalters

King, Stefan, Klos, Hermann (Hg.) (2012), Industriekultur im Neckartal Rottweil. Vom Pulver zur gewerblichen Vielfalt, Rottweil-Villingen 2012 > R Rottweil

Kinzig, Wolfram (2019), Christenverfolgung in der Antike (= BSR 2898), München 2019, 128 S., Karten, Zeittafel. I. Grundlegend für eine Darstellung der Christenverfolgungen im römischen Reich sind die aus vielerlei Gründen (christliche Identitätsstiftung, Stärkung des christlichen Klerus, ökonomische Faktoren [Wallfahrten]) parteiischen Geschichtsquellen: griechische, koptische, lateinische Märtyrerakten, "Kirchengeschichte" des Eusebius von Caesarea (313/25), anonyme Schrift "Über die Märtyrer in Palästina" (311/16), "Von den Todesarten der Verfolger" des Laktanz (ca.313/16) sowie die Sachquellen: Papyri, Münzen, archäologische Funde. Es entsteht das Bild einer christlichen Religion in einer heidnischen Umwelt, das auch Rückschlüsse auf die innere Entwicklung des Christentums zulässt. II. Der Aufstieg des ("hellenistischen", "heidenchristlichen") Christentums war zunächst geprägt durch die marginalisierende Trennung vom Judentum und dem Judenchristentum, was nicht ohne Konflikte geschah ("jüdische" Verfolgungen: "Protomartyrium" des Stephanus ca.35, Verfolgung der Jerusalemer Urgemeinde, Übergriffe auf den Apostel Paulus 56/58; jüdisch-christliche Auseinandersetzungen: Smyrna, Philadelphia 2. Jahrhundert, Ephesos 132). Hinzu kamen Feindseligkeiten aus der heidnischen Umwelt (heidnische Vorurteile [christlicher Monotheismus, Person Jesu, christliche Negation heidnischer Kulte, den Heiden unbekannte christliche Riten], heidnischer Konformitätsdruck, Kritik heidnischer Philosophen [Kelsos ca.170, Porphyrios von Tyros ca.300]). Die Christen versuchten dementsprechend defensiv-zurückhaltend in der heidnischen (öffentlichen, privaten) Umwelt des römischen Reiches aufzutreten (christliche Ethik [Feindesliebe], christliche Loyalität gegenüber Kaiser und Reich, christliche Apologien [Quadratus, Aristides, Justin, Tatian, Tertullian, Minucius Felix). Knackpunkt war indes die heidnische Götter- und Kaiserverehrung als alle Reichsbewohner vereinigender Kult, der von den Christen ein klares Bekenntnis zum römischen Kaisertum verlangte. Demgegenüber stand die zunehmende Verbreitung des christlichen Glaubens in der Reichsbevölkerung, die staatliche Eingriffe schwieriger machte. Zudem konnten Christen innerhalb der staatlich-kaiserlichen Verwaltung in hohe Ämter aufsteigen; besonders prekär blieb die Lage der Christen im Militärdienst. Vor der sich ausbildenden Struktur einer christlichen Kirche (Ortsbischöfe, Geistlichkeit, Laien) nahm eine besondere Rolle - mit der Hinrichtung Jesu Christi als Vorbild - in der Zeit der Christenverfolgungen (und danach) das aus dem Glauben folgende Martyrium von Christinnen und Christen ein, wie die sich entwickelnde christliche Märtyrerverehrung und die Hochachtung der gläubigen Christen vor den Märtyrern (als "(Blut-) Zeugen", martyres) zeigten. "Bekenner" (confessores) waren Personen, die in den Verfolgungen gelitten und sich dabei zum Christentum bekannt hatten. Die "Standhaften" (stantes) hielten auch am christlichen Glauben fest, ohne allerdings verfolgt worden zu sein. Über den Wiedereintritt der vom Glauben "Abgefallenen" (lapsi [sacrificati], turificati, libellatici) der decischen Christenverfolgung (249/51) in die christliche Kirche gab es Streitigkeiten. III. An zunächst nur lokalen, dann reichsweiten Christenverfolgungen im römischen Reich sind - neben Zeiten relativer Ruhe zwischen Christen und Heiden - auszumachen: Christenverfolgungen in Rom unter den Kaisern Nero (54-68) und Domitian (81-96) (64: Brand Roms, brutale Hinrichtung von Christen, Tod der Apostel Petrus und Paulus [?]; v.96: Judensteuer [im Anschluss an den jüdischen Aufstand 66/70], [nicht unbedingt religiös begründete] Gewaltmaßnahmen gegen Juden [auch Christen?] und römische Aristokraten); Verfolgungen in Kleinasien unter Kaiser Trajan (98-117) (111/12: Anfrage des Statthalters Plinius de Jüngeren und Reskript Trajans, verfahrensrechtliche Vorgehensweise der Statthalter einer Provinz gegen angezeigte Christen [Konfrontation der Angeklagten mit dem römischen Götter- und Kaiserkult als Indikator für das Christsein], prekäre Lage der Christen); wohl nur wenige Anzeigen von Christen unter den Adoptivkaisern Hadrian (117-138) und Antoninus Pius (138-161) (117/38: Möglichkeit der Appellation von angeklagten Christen an den Kaiser, Möglichkeit von Verleumdungsklagen gegen den Denunzianten); Martyrien unter Kaiser Marc Aurel (161-180) (165/66: Prozess gegen Justin und Gefährten in Rom und Hinrichtung der angeklagten Christen; 167/68: Martyrium des Bischofs Polykarp von Smyrna; 177: Pogrom in Lyon gegen Christen, Verteidigung des Vettius Epagathus, Fahndung nach Christen, Folterung und [im Amphitheater erfolgte] Hinrichtung der Märtyrer Sanctus, Blandina, Attalos, Biblis und von Apostaten ["(Blut-) Zeugen", "Bekenner"], Verbrennung der Leichen, Ausstreuen der Asche in die Rhone; 180: Märtyrer von Scilli und deren Enthauptung); kaum Übergriffe auf Christen unter Kaiser Commodus (180-192) (180/85: Prozess und Hinrichtung des Apollonios in Rom; 187/89: Prozess gegen den Bankierssklaven Calixt, dessen Verurteilung zu Zwangsarbeit, dessen Aufstieg als "Bekenner" in der christlichen Kirche bis zum römischen Bischof [217-221]; 190/91: Freilassung von angeklagten Christen in Thysdrus); uneinheitliches Vorgehen gegen Christen unter den Kaisern Septimius Severus (193-211), Caracalla (211-217), Elagabal (218-222) und Severus Alexander (222-235) (2. Jahrhundert, Ende: Prozess und Hinrichtung von karthagischen Christen, u.a. Perpetua und Felicitas; 202/03: Christenpogrome in Ägypten; 211/17: Kodifizierung von Gesetzen gegen Christen durch den Hofjuristen Domitius Ulpianus; 222/35: Nähe der Iulia Mamaea, der Mutter Kaiser Severus Alexanders, zum Christentum [?]); einzelne Martyrien unter Kaiser Maximinus Thrax (235-238) (235: Verbannung der römischen Bischöfe Pontianus und Hippolyt nach Sardinien; 235: massive Christenverfolgungen in Kleinasien nach einem Erdbeben); relative Ruhe unter Kaiser Philippus Arabs (244-249) (Kaiser als Christ (?), Beziehungen zwischen Christen und kaiserlicher Familie; 248/49: Christenpogrom in Alexandrien); reichsweite Christenverfolgung unter Kaiser Decius (249-251) (249: Edikt zur kultischen Verehrung der heidnischen Götter durch alle Reichsbewohner; Märtyrer, Bekenner, Geflohene und lapsi u.a. in Karthago, Alexandrien und Ägypten); reichsweite Christenverfolgung unter Kaiser Valerian (253-260) (257: 1. Edikt gegen die Christen [Beschränkung der christlichen Religionsausübung]; 258: 2. Edikt gegen die Christen [Maßnahmen gegen die Geistlichkeit]; 258: Martyrium des Bischofs Cyprian von Karthago, Martyrium des römischen Bischofs Sixtus II.; 259: Passionen des Montanus, Lucius, Marianus, Jakobus, Fructous, Augurius, Eulogius usw.); faktische Anerkennung des Christentums durch Kaiser Gallienus (253/60-268) (260: Edikt zur Wiederherstellung der christlichen Religion, Anerkennungsreskript) und Blütezeit der christlichen Kirche (260-303) (wohl meist indifferente Haltung der römischen Kaiser zum Christentum; kaum Martyrien); reichsweite Christenverfolgung unter den Kaisern Diokletian (284-305), Maximian (286-305), Galerius (293/305-311) und Maximinus Daia (305-313) (303: Edikte gegen Christen und christliche Geistlichkeit; 304: Zwang zu allgemeinem Götteropfer; 303-311: diokletianische Christenverfolgung [zunächst pragmatisch-mildes Vorgehen der römischen Bürokratie, aber auch Martyrien; Einstellung der Christenverfolgung im Westen des Reiches 306/07; gesteigerte Durchführung der Verfolgung im Osten mit zahlreichen Martyrien wie denen des Bischofs Irenäus von Sirmium, der Agape, Irene, Chione, des Soldaten Dasius (304), des Apphianos, der Asketin Theodosia, des Bischofs Silvanus von Gaza (304-308); erneuerte Verfolgung durch Maximinus Daia (309-311) mit Martyrien wie denen des Asketen Petrus Apselamos, des Priesters Pamphilos von Caesarea usw.]; 311: Toleranzedikt des Galerius [Tod des Galerius 311, Kaiser Licinius 311-324, Christenverfolgung im Reichsteil des Maximinus Daia 311/12]; 312: Schlacht an der Milvischen Brücke [und "Konstantinische Wende"?], Toleranzbeschluss des Maximinus Daia; 313: Mailänder Toleranzedikt der Kaiser Konstantin I. des Großen [306-337] und des Licinius); zunehmende Begünstigung der christlichen Kirche durch Kaiser Konstantin und dessen Nachfolger bei Verfolgung von Anhängern christlicher Häresien (Donatisten: erste Übergriffe 316/17, Unionsedikt 405, Verbot 411/12; Pricillianisten: Hinrichtung von Anhängern des Bischofs Pricillian von Ávila 385/86). IV. Auch außerhalb des römischen Reiches hat es Christenverfolgungen gegeben, weil sich das Christentum auch dahin ausbreitete: persisches Sassanidenreich (3. Jahrhundert: Zoroastrismus als Reichreligion; ausgehendes 3., 4. Jahrhundert: Verfolgung von Manichäern und Christen, Sondersteuern für Christen; Martyrien 341/44; Christenverfolgungen 446, 455); Armenien (306/07: Christenverfolgung unter dem armenischen König Tiridates IV. [298-330]; 316/17: Bekehrung des Königs zum Christentum durch Gregor dem Erleuchter; 449: erzwungener sassanidischer Zoroastrismus; 485: freie christliche Religionsausübung); Goten (4. Jahrhundert: gotische Bischöfe Theophilos [ca.325] und Wulfila [†383), Verfolgungswellen [340er-Jahre, 369/72], Martyrium des Missionars Sabas 372); Georgien (5./6. Jahrhundert: durch die Sassaniden bewirkte Christenverfolgungen, Martyrium der Schuschanik [ca.466/74]). [Buhlmann, 08.2020]

Kinzl, Konrad H. (Hg.) (1979), Die ältere Tyrannis bis zu den Perserkriegen. Beiträge zur griechischen Tyrannis (= WdF 510), Darmstadt 1979 > G Griechische Geschichte, 12.-6. Jahrhundert v.Chr.

Kipling, Rudyard, indisch-britischer Schriftsteller: (Joseph) Rudyard Kipling (*1865 in Bombay, † 1936 in London) verließ mit sieben Jahren Indien und hielt sich danach in England auf, wo er nach dem Studium als Journalist arbeitete. Mit der Rückkehr nach Indien (1882) begann seine schriftstellerische Karriere, die ihn für sein "Dschungelbuch" (1894/95) zum Nobelpreis für Literatur führte (1907) und ihn zu einem der meistgelesenen englischen Autoren machte. Ab 1889 - unterbrochen von Aufenthalten in den Vereinigten Staaten von Amerika (1892/96) und in Südafrika (1899/1902) - lebte Kipling, Freimaurer und Imperialist, wieder in England. Literarische Werke Kiplings sind: Kipling, Rudyard (1901), Kim. Roman (= dtv 1672), München 41986, 327 S., DM 9,80; Kipling, Rudyard (1901), Kim. Roman, München 2015, 511 S., € 29,90; Kipling, Rudyard (N.N.), Das Haus der Wünsche (= Die Bibliothek von Babel, Bd.13), Frankfurt a.M.-Wien-Zürich 2007, 168 S., € N.N. (enthaltend die phantastischen Erzählungen: Das Haus der Wünsche, Ein Krieg der Sahibs, Eine Madonna im Schützengraben, Das Auge Allahs, Der Gärtner). [Buhlmann, 07.2016, 11.2022]

Kippenhahn, Rudolf (1987), Unheimliche Welten. Planeten, Monde und Kometen, Stuttgart 1987 > A Astronomie

Kirchen, Klöster, Konzil, hg. v. Jasmin Hummel (2004), Konstanz 2014 > K Konstanz: Konzil von Konstanz

Kirchgässner, Bernhard, Baer, Wolfram (Hg.) (1988), Stadt und Bischof (= Stadt in der Geschichte, Bd.14), Sigmaringen 1988 , 190 S., 2 Karten, € 10,-. I. Das Christentum war (nicht nur) in der Antike eine städtische Religion, der Bischof residierte in der Stadt (oppidum, municipium) und übernahm im spätantiken christlichen Imperium Romanum auch über den christlichen Kult hinausgehende, aus der Persönlichkeit und der sozialen Stellung resultierende öffentliche Funktionen (Kirche als Staatskirche, Verwaltungs- und Finanzaufgaben [Fürsorge, Xenodochien, kirchliche arca], bischöfliche Bautätigkeit [Kirchen, Taufkapellen], bischöfliche Residenz [Bischofshaus]) (Wilhelm Gessel, Die spätantike Stadt und ihr Bischof). II. Die Bistümer im mittelalterlichen Europa waren je nach Urbanisierungsgrad unterschiedlich verteilt. In Italien wird in der Zeit vom frühen zum hohen Mittelalter der Bischof aus der (entstehenden) Stadt herausgedrängt, Bischofsherrschaft war nurmehr ein Zwischenzustand historischer Entwicklung. Im spätmerowingischen Frankenreich bildeten sich "Bischofsrepubliken" aus, die mit der Entstehung des karolingischen Gesamtreichs nach und nach verschwanden. Im frühmittelalterlichen Frankreich gab es Regionen mit (Südwest-, Ostfrankreich) und ohne bischöflicher Stadtherrschaft (Bretagne, Normandie, kapetingische Krondomäne); ab dem hohen Mittelalter erfuhr die bischöfliche Stadtherrschaft durch die Entstehung von Kommunen (Bürgergemeinden) mitunter massive Veränderungen und Einschränkungen. In Deutschland war bischöfliche Stadtherrschaft bei einem zunächst geringen Stand städtischer Entwicklung eingebunden in die ottonisch-salische Reichskirche; im hohen und späten Mittelalter betrieben z.B. der Kölner und der Trierer Erzbischof eine aktive Städtepolitik (Edith Ennen, Bischof und mittelalterliche Stadt. Die Entwicklung in Oberitalien, Frankreich und Deutschland). III. Konstanz: Zur Zeit Bischof Salomos III. (890-919) bestand der Ort aus dem Münsterhügel (evtl. mit Niederburg), erweitert um einen Fernhandelsakt; im 10. Jahrhundert kam u.a. das Kloster Petershausen hinzu, im 12. Jahrhundert entstanden vorstädtische Siedlungen (Fronhof Stadelhofen, Stadtmauer), die cives Constantienses sind für die Mitte des 12. Jahrhunderts bezeugt, ab ca.1215 ein Konstanzer Rat; für das 13. Jahrhundert ist eine Verselbstständigung der Bürgergemeinde festzustellen (Schiedsspruch von 1255), die Bischöfe zogen sich aus Konstanz zurück, während dort neue Klöster u.a. der Bettelorden und eine Judengemeinde entstanden. Augsburg: Unter Bischof Ulrich (923-973) wurden die Siedlungskerne um Dom und Kloster St. Afra befestigt, die Augsburger "Kirchenlandschaft" verdichtete sich im Laufe des 10. und 11. Jahrhunderts, Stadterweiterungen gab es weiter im 12. Jahrhundert (Pfarreien St. Afra, St. Moritz), hinzu kamen im 13. Jahrhundert Klöster u.a. der Bettelorden; die Erwähnung von Bürgern zum Jahr 1129, das sog. 1. Stadtrecht von 1156 und die Streitigkeiten der Bürger mit Bischof Hartmann von Dillingen (1250-1286) offenbaren dann ein gestiegenes Selbstbewusstsein und die gewachsene Selbstständigkeit der Bürgergemeinde, die 1234 erstmals ein eigenes Siegel führte. Das Mit- und Gegeneinander von Bischof und Stadt war insgesamt geprägt von der topografischen Entwicklung (bischöfliche Pfalz, Stadterweiterung), von der Rolle des (staufischen) Königtums (Königsaufenthalte), vom Aufbau von bischöflichen Ausweichresidenzen (Georg Kreuzer, Das Verhältnis von Stadt und Bischof in Augsburg und Konstanz im 12. und 13. Jahrhundert). IV. Das Augsburg der frühen Neuzeit war konfessionell gespalten, die protestantische Stadt besaß ein katholisches Umland und in ihren Mauern eine katholische fürstbischöflich-hochstiftische Enklave. Von daher kam es auch noch im 17. und 18. Jahrhundert immer wieder zu Streitigkeiten zwischen der Stadt und den bischöflichen Behörden; die Streitpunkte umfassten dabei: das Burggrafenamt, die Stellung der Domherren, der Dombediensteten und der bischöflichen Leibgarde in der Stadt, das Ungeld, den bischöflichen Zoll, Jagd- und Forstrechte, den bischöflichen Stierhof in Augsburg, bischöfliches Obereigentum und bürgerlicher Besitz im hochstiftischen Umland (Wolfgang Wüst, Augsburger Bürgerschaft, Domkapitel und Fürstbischöfe im 17. und 18. Jahrhundert: geistlich-weltliche Allianz oder politisch-ständischer Gegensatz?). V. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 veränderte die politische Landkarte im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation und hatte vermöge (kirchlicher) Säkularisation und Mediatisierung auch Auswirkungen auf die Bischofsstädte (Auflösung der Hochstifte, Verlust der bischöflichen Residenzen [Bamberg, (Basel), (Konstanz), Passau, Salzburg, Würzburg]; Augsburg und Regensburg als Bischofs- und Reichsstädte; Wandel bei Frömmigkeitsformen und Bildung, Mentalitätswandel; Aschaffenburg und Regensburg als fürstbischöfliche Residenzen des Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg [1803-1814]) (Laetitia Böhm, Säkularisation und Stadtkultur. Zur Auswirkung des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 auf süddeutsche Bischofsstädte). VI. Das Spannungsfeld von Stadt und Bischof in der konfessionell bestimmten frühen Neuzeit ist bestimmt: topografisch (geistliche Stadt [Dom, Kirchen, Bischofsresidenz] <-> bürgerliche Stadt [Rathaus, Bürgerhäuser]), verfassungsgeschichtlich (Reichsstädte, freie Städte), konfessionell (katholische, protestantische Städte [Reformation], Mischformen [Augsburg, Erfurt]), territorial (Reichsstädte, freie Städte <-> Landstädte; Landesherrschaft und "Absolutismus" [Hildesheim, Osnabrück]) (Volker Press, Bischof und Stadt in der Neuzeit). [Buhlmann, 11.2012]

Kirchhoff, Karl-Heinz, Forschungen zur Geschichte von Stadt und Stift Münster. Ausgewählte Aufsätze und Schriftenverzeichnis, hg. v. Franz Petri, Peter Schöller, Heinz Stoob u. Peter Johanek (1988), Warendorf 1988 > M Münster

Kirchner, Gero (1953), Die Steuerliste von 1241. Ein Beitrag zur Entstehung des staufischen Königsterritoriums, in: ZRG GA 70 (1953), S.64-104 > Lateinische Literatur > R Reichssteuerliste

Kirchner, Gottfried (1986) (Hg.), Terra-X. Rätsel alter Weltkulturen. Neue Folge, Frankfurt a.M. 21986 > T Terra X

Kirchschlager, Michael (Hg.) (2015), Mörder, Räuber, Menschenfresser. Einhundert Biographien und Merkwürdigkeiten deutscher Verbrecher, Arnstadt 2015 > S Schuster, Verbrecher, Opfer, Heilige

Kirmeier, Josef, Brockhoff, Evamaria (Hg.) (1993), Herzöge und Heilige. Das Geschlecht der Andechs-Meranier im europäischen Hochmittelalter (= Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur, Nr.24 = Ausstellungskatalog), Regensburg 1993, 272 S., zahlreiche Abb. und Karten, Stammtafel, € 12,-. Die Andechser bildeten neben den Welfen, Babenbergern und Wittelsbachern eines der wichtigsten hochmittelalterlichen Adelsgeschlechter in Bayern. Am Ende des 10. Jahrhunderts werden im Raum um Tegernsee und Isar die Grafen von Dießen-Andechs erkennbar, die in der Folgezeit bis zu sieben Grafschaften in Südostdeutschland innehaben sollten. In enger politischer Anbindung an die staufischen Könige Konrad III. (1138-1152) und Friedrich I. (1152-1190) gelang es ihnen, ihrem Haus reichsfürstlichen Rang zu verleihen: 1173 wurde Graf Berthold II. (III., 1151-1188) Markgraf von Istrien, 1180 Berthold III. (IV., 1188-1204) Herzog von Meranien (Dalmatien, Kroatien). Zu Beginn des 13. Jahrhunderts besaßen die Andechs-Meranier - auch als Pfalzgrafen von Burgund - europaweite Verbindungen u.a. zum französischen und ungarischen Königshaus. Die Beteiligung an der Ermordung des deutschen Königs Philipp von Schwaben (1198-1208) leitete letztendlich den Niedergang des Fürstengeschlechts ein, zumal dieses mit Graf (Pfalzgraf, Herzog) Otto II. (VIII., 1234-1248) im Mannesstamm ausstarb. Auch konnten die Andechser Bistümer durch Familienmitglieder besetzen bis hin zu Patriarch Berthold von Aquileja (1218-1251). Auch zwei Heilige - nämlich Hedwig von Schlesien (†1243) und Elisabeth von Thüringen (†1231) - gehörten zur Familie der Grafen. Das 1438/55 gegründete Benediktinerkloster Andechs verwahrte den bedeutenden Reliquienschatz der Andechser. [Buhlmann, 10.2011]

Kirsch, Wolfgang (Übers.) (1996), Chronik vom Petersberg. Genealogie der Wettiner, Halle 1996, 287 S., Abbildungen, € 14,95 > Lateinische Literatur > C Chronica Montis Sereni

Kissling, Hermann (1975), Das Münster in Schwäbisch Gmünd. Studien zu Baugeschichte, Plastik und Ausstattung, Schwäbisch Gmünd 1975 > S Schwäbisch Gmünd

Kist, Johannes (1953), Fürst- und Erzbistum Bamberg. Leitfaden durch die Geschichte von 1007 bis 1943 (= BHVB 92), Bamberg 1953 > B Bamberg, Bistum

Kitchen, Martin (1973), August Thalheimer's Theory of Fascism, in: Journal of the History of Ideas 34 (1973), S.67-78. August Thalheimer (*1884 in Affaltrach, †1948 in Havanna) war ein deutscher Kommunist, Mitglied im Spartakusbund und in der Kommunistischen Partei, ein kommunistischer Faschismustheoretiker. Als Letzterer stellte er in den 1920er-/1930er-Jahren Thesen zum Aufkommen des Faschismus gerade in Italien auf. Thalheimer übertrug dabei Thesen von Karl Marx über den Bonapartismus des Louis-Napoléon Bonaparte vom Präsidenten der französischen Republik (1848-1852) zum Kaiser Napoléon III. (1852-1870) auf den italienischen Faschismus des Benito Mussolini (1922/25-1945). War der Bonapartismus die "ultimate" Form der Bourgeoisie, die sich vor Sozialismus und Kommunismus in eine Diktatur (französisches Kaiserreich) flüchtete, so war der Faschismus laut Thalheimer ebenfalls "ultimativ"-bürgerlich, diktatorisch, antiparlamentaristisch, antikommunistisch und -sozialistisch bei vermeintlicher Überbrückung der Klassengegensätze (Bürgertum-Proletariat), bei Betonung von law and order, bei Herausstellung von Nationalismus. Der Faschismus drückte mithin das Proletariat politisch an den Rand, zehrte aber auch das Bürgertum aus unter der Herrschaft von (Einheits-) Partei und (Partei-) Bürokratie (Staat und Partei). Gepaart war der (italienische) Faschismus - anders als der um 70 Jahre ältere Bonapartismus - mit einem modernen (Industrie-) Kapitalismus und (Kolonial-) Imperialismus, weiter entstand der Faschismus aus einer Massenbewegung. Thalheimer ordnete den Faschismus damit ein als "offene Diktatur der Bourgeoisie". Auch den deutschen Faschismus eines Adolf Hitler (1933-1945) innerhalb der Demokratie der Weimarer Republik (1919-1933) fand Thalheimer bedrohlich und unterschätzt, er warf der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) mit ihrer Koalitionspolitik und wegen ihrer fehlenden "proletarischen Abgrenzung" Versagen und "Verrat" vor, der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) eine Realitäten verkennende ideologische Abgrenzung vor; beide Parteien würden die vom deutschen Nationalsozialismus ausgehende Gefahr unterschätzen, zumal laut Thalheimer Hitler die politische Macht in Deutschland legal erlangen würde. [Wie bei allen historischen Theorien sind in Hinblick auf die darin vertretenen Thesen Abstriche hinsichtlich der allgemeinen Aussagen, der den kausalen historischen Ablauf beeinflussenden Faktoren und der durch den Historiker gestaltenden Parallelität von Entwicklungen zu machen; Geschichte wiederholt sich nicht und ist nicht wiederholbar.] [Buhlmann, 06.2023]

KiWi = Kiepenheuer & Witsch (Taschenbuch)

KK = Kraichtaler Kolloquien

Kl

Klaemmt, Martin [o.J.], Diakoniewerk Kaiserswerth (= Heimatkundliches in und um Kaiserswerth, Nr.8), [Düsseldorf-Kaiserswerth] o.J. > H Heimatkundliches in und um Kaiserswerth

Klapheck, Thomas (2008), Der heilige Ansgar und die karolingische Nordmission (= VHKNB 242), Hannover 2008, 217 S., Zeittafel, Karten, € 7,50. Die Vita Anskarii des Corveyer Mönchs (und Bremer Erzbischofs) Rimbert informiert hagiografisch und mit Schwerpunkt auf den Mönch vom Leben des heiligen Ansgar, dem "Apostel des Nordens". Geboren gegen Ende des 8. Jahrhunderts, wurde der Sachse Ansgar in jungen Jahren als puer oblatus dem Kloster Corbie übergeben, wo er eine geistliche Ausbildung erhielt. Ernsthaftigkeit, Disziplin und Bildungseifer sollen den Jungen ausgezeichnet haben (puer senex). Als Mönch wurde er Lehrer in der Corbeier Klosterschule (816), dann - ins sächsische Corvey (Nova Corbeia) entsandt - Leiter der dortigen Klosterschule (823). Der geografische Wechsel nach Corvey kennzeichnet dabei den eigentlichen Eintritt Ansgars in die karolingische Nordmission um Kaiser Ludwig den Frommen (814-840) und Erzbischof Ebo von Reims. Ansgar begleitete den Dänenkönig Harald Klak nach dessen Taufe (Ingelheimer Hoftag 826) nach Dänemark, zu 830/31 ist die erste Schwedenreise Ansgars nach Birka bezeugt. Doch blieben die Missionserfolge in Nordeuropa gering. Auch die Gründung des Missionsbistums Hamburg (Diedenhofener Hoftag 831), das (dem Bischof) Ansgar zusammen mit dem Kloster Torhout unterstellt wurde, brachte die christliche Mission nicht voran, zumal der Einfluss Hamburgs zwischen Frankenreich, Abodriten und Dänemark eingeschränkt blieb. Nach der weitgehenden Zerstörung der Hamburger Bischofsburg durch die Wikinger (845) wich Ansgar nach Bremen aus (Erzbistum Bremen-Hamburg 847/49). Es folgten Gesandtschafts- bzw. Missionsreisen Ansgars nach Dänemark (849) und Schweden (852); 858 wurde Bremen von Dänen geplündert, 864 die Vereinigung von Bremen und Hamburg auch päpstlicherseits gebilligt. Am 3. Februar 865 starb Ansgar nach einem von Mönchtum und Askese einerseits, von reichsbischöflicher Stellung und Repräsentation andererseits geprägten Leben. [Buhlmann, 07.2014]

Klauck, Hans-Josef (1995/96), Die religiöse Umwelt des Urchristentums, 2 Bde., Bd.I: Stadt- und Hausreligion, Mysterienkulte, Volksglaube (= Studienbücher Theologie, Bd.9,1), Stuttgart-Berlin-Köln 1995, Bd.II: Herrscher- und Kaiserkult, Philosophie, Gnosis (= Studienbücher Theologie, Bd.9,2), Stuttgart-Berlin-Köln 1996 > S Schnelle, Die ersten 100 Jahre des Christentums

Klawun, Ruth (1995), St. Ludgerus in Essen-Werden als Beispiel für preussische Denkmalpflegekonzepte im 19. Jahrhundert (= QuS 5), Münster 1995 > W > Werdener Kirchenlandschaft

Klee, Paul, deutscher Maler und Grafiker: I. Lebenslauf: 18. Dezember 1879: Geboren im schweizerischen Münchenbuchsee; Primarschule, Gymnasium, Geigenunterricht in Bern (Matura 1898); 1898-1901 Kunststudium in München, eigenes Atelier; 1901/02 Italienreise; 1904/06 Kunststudien in München, Paris, Berlin; 1908 Teilnahme an der Ausstellung der "Münchener Secession"; 1911 Alfred Kubin, August Macke, Wassily Kandinsky, Mitredakteur am Almanach "Der Blaue Reiter"; 1912 2. Aufenthalt in Paris; 1912 Teilnahme an der "Internationalen Kunstausstellung des Sonderbundes Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln"; 1913 Teilnahme an der Berliner Ausstellung des "Ersten Deutschen Herbstsalons"; 1914 Tunisreise; 1916 Galerie "Der Sturm"; 1916/18 Soldat im Ersten Weltkrieg; 1918 Durchbruch als Maler und Grafiker; 1919 Beteiligung an der Münchener Räterepublik; 1920 Zürich, DADA-Gruppe, Einzelausstellung in München; 1920/31 Arbeit am Bauhaus in Weimar (1921/25) und Dessau (1926/31); 1921 Beteiligung an einer Gruppenausstellung in New York; 1924 "Die blauen Vier"; 1925 Teilnahme an einer Pariser Surrealistenausstellung; 1928/29 Ägyptenreise; 1931/33 Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie; 1933 Emigration in die Schweiz; 1935 Klee-Retrospektive in Bern; 1937 Nazi-Ausstellung "Entartete Kunst"; 1939 Ausstellung in Seattle; 1940 Einbürgerungsersuchen, Ausstellung "Paul Klee. Neue Werke", Krankheit, Sanatoriumsaufenthalt; 29. Juni 1940: Gestorben in Locarno-Muralto. II. Als Maler und Grafiker nutzte Klee die vielfältigen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten seiner Zeit (Expressionismus, Konstruktivismus, Kubismus, Primitivismus, Surrealismus). - Werke: "Jungfrau im Baum/Jungfrau (träumend)" (1903), "Begattung in der Luft" (1912), "Vor den Toren von Kairuan", "Erinnerung an einen Garten" (1914), "Himmelsblüten über dem gelben Haus" (1917), "Sumpflegende" (1919), "Angelus Novus" (1920), "Die Zwitscher-Maschine" (1922), "Necropolis", "Hauptweg und Nebenwege" (1929), "Hat Kopf, Hand, Fuss und Herz" (1930), "Diana" (1931), "O! die Gerüchte!", "Engel, noch tastend" (1939), Stilleben (1939/40) u.a.
Zu Paul Klee s.: San Lazzaro, G. di (1957), Paul Klee. Leben und Werk, München-Zürich 1958, 311 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 12,80. [Buhlmann, 12.2019]

Kleemann, Georg (1986), Der Schwarzwald, Künzelsau 1986 > S > Schwarzwald

Klein, Kurt (2001), O Mädchen, o Mädchen, wie lieb ich dich! Goethes erste große Liebe. Zum 250. Geburtstag von Friederike Brion, in: Schwarzwälder Hausschatz 2002, Oberndorf [2001], S.62ff > G > Goethe, Johann Wolfgang

Klein, Wassilios (Hg.), Syrische Kirchenväter (= Urban Tb 587), Stuttgart 2004, 256 S., € 20,-. An syrischen Kirchenvätern christlichen Glaubens werden genannt: I. Barsauma von Nisibis (*n.400-†495) war Bischof von Nisibis und zählt zu den "syrischen Kirchenvätern" der nestorianischen Kirche des Ostens. Barsauma, der Syrisch, Griechisch und Persisch beherrschte, studierte an der Theologenschule von Edessa. 435 wurde er zum Bischof von Nisibis geweiht. Als solcher vertrat er die "nestorianisch-diophysitische" Lehre des Theodor von Mopsuestia (*ca.350-†428) und damit die Lehrmeinung des antiochienischen Patriarchats über die zwei Naturen Christi, die auf den Konzilien von Ephesos (431) und Chalkedon (451) zurückgewiesen bzw. relativiert wurde. Bei dem zunehmenden Gegensatz zwischen der griechisch-orthodoxen Kirche im Oströmischen Reich und der antichalkedonischen ostsyrischen Kirche im sasanidischen Perserreich verwundern die guten Beziehungen des Barsauma zum persischen Großkönig Peroz (457-484) nicht. Hingegen geriet der Bischof in Gegensatz zum Oberhaupt der nestorianischen Kirche, zum Katholikos Babowai; Konfliktpunkte waren das autoritäre Gebaren des Katholikos und dessen fehlende Loyalität gegenüber dem persischen Herrscher. Das Konzil von Bet Lapat, einberufen wohl 486, soll jedenfalls unter Barsaumas Leitung gestanden und dessen Kirchenpolitik gestärkt haben. Um diese Zeit hatte Barsauma, über 80-jährig, die ehemalige Nonne Mamai geheiratet. Über Barsaumas Tod hinaus wirkte seine Gründung einer Theologenschule in Nisibis, die der Bischof reichlich mit finanziellen Mitteln ausstattete und die bis zu 800 Studierende aufnehmen konnte. Leiter der Akademie wurde der berühmte Kirchenlehrer Narsai von Nisibis (*n.410-†503), der zwischen 471 und 489 aus Edessa fliehen musste und willkommene Aufnahme in Nisibis fand. II. Ibas von Edessa (†457) war zwischen 437 und 457 Bischof der Stadt Edessa im syrischen Grenzgebiet des oströmischen Reiches gegen das Perserreich. Das 5. Jahrhundert im oströmischen Reich war mit seinen Ausdeutungen über die zwei Naturen Christi ein theologisch höchst produktives Zeitalter. Auch der Bischof Ibas von Edessa gehört hierher, als sich die antiochienische und die alexandrinische Glaubensrichtung innerhalb der christlichen Reichskirche bekämpften. Der Patriarch von Konstantinopel, Nestorios (†450/51), und der Patriarch Kyrillos von Alexandrien (†444) waren die herausragenden Vertreter dieser Lehrmeinungen. Vor Ort, d.h. in Edessa, entzündeten sich die Gegensätze während des Pontifikats des Bischofs Rabbalu von Edessa (412-435/36), als Rabbalu nach dem Konzil von Ephesos (431) u.a. gegen die Theologenschule von Edessa die alexandrinische Ausrichtung der Christologie vertrat. Der Streit um den "richtigen Christus" steht damit ziemlich am Anfang einer Entwicklung, die die syrische Christenheit in eine syrisch-orthodoxe (alexandrinisch-chalkedonensiche) Kirche und eine ostsyrisch-nestorianischee "Kirche des Ostens" teilte. Ibas, der Lehrer an der Perserschule in Edessa war, war nun gegen Rabbalu eingestellt, er hielt es mit den nestorianischen Lehren des Theodor von Mopsuestia (*ca.350-†428), dessen Werke er ins Syrische übersetzte, und wurde deswegen 431 aus Edessa vertrieben. Nach dem Tod des Rabbalu 435 oder 436 gelang es Ibas, Bischof von Edessa zu werden. Doch war er in der Folge - gerade wegen seiner nestorianischen Sicht der christologischen Dinge - nicht unumstritten. Ab 438 wurde er von Kyrillos von Alexandrien und dessen Anhängern heftigst bekämpft, 449 kam es in Edessa zu Tumulten der orthodoxen Bevölkerung, die seine Absetzung forderte. Ein Eingreifen des comes Chareias verhinderte zunächst Schlimmeres, Ibas wurde indes auf dem Zweiten Konzil von Ephesos, der "Räubersynode" (449), für abgesetzt erklärt, gelangte aber nach seiner Rehabilitierung auf dem Konzil von Chalkedon (451) wieder auf den Bischofsstuhl von Edessa, den er bis zu seinem Tod 457 innehatte. In seine zweite Amtszeit fiel auch die Übernahme der Leitung der theologischen Schule von Edessa durch Narsai von Nisibis (*nach 410-†503). Ibas von Edessa wurde nochmals aktuell, als sein Brief an den Perser Mari zur Zeit Kaiser Justinians I. (527-565) im Dreikapitelstreit auf dem Zweiten Konzil von Konstantinopel (553) verurteilt wurde. Der Brief ist übrigens als einziges von Ibas' Werken überliefert, doch verfasste der Bischof auch Bibelkommentare, Homilien und Hymnen. III. Jakob Baradai (†578) war der "Begründer" der monophysitischen syrisch-orthodoxen Kirche. Jakob stammte aus der Stadt Tella (in der heutigen Südosttürkei) und wurde früh Mönch im Kloster Fsilta (bei Tella). 527 ging Jakob nach Konstantinopel, wo er als strenger Asket lebte. 542 wurde er auf Befehl der oströmischen Kaiserin Theodora zum Bischof von Edessa geweiht. Doch reiste Jakob in der Folgezeit nicht an seinen Bischofsort, sondern weihte im gesamten Verbreitungsgebiet der Monophysiten Priester und auch Bischöfe, um die Organisation der verfolgten Kirche aufzubauen und gleichzeitig die Seelsorge vor Ort sicher zu stellen. Dabei wusste sich Jakob, der auf Grund seiner Verkleidung "Baradai" ("der Zerlumpte") genannt wurde, auf seinen Reisen dem Zugriff der oströmischen Behörden immer wieder zu entziehen. Zunächst bereiste Jakob den syrisch-nordirakischen Raum, dann Kleinasien. 557 weihte Jakob zusammen mit zwei weiteren Bischöfen Sergios von Tella zum Patriarchen von Antiochia (557-560), 564 dessen Nachfolger Paulos von Antiochia (564-572, 575-581). Zu dieser Zeit kam der Tritheismus auf, der die monophysitische Kirche stark gefährden sollte. Jedenfalls gelang es Jakob nicht, die neue "Drei-Götter-Lehre" wirksam einzudämmen, zumal auch die Unionsversammlung von Kallinikon im Jahr 567 und spätere Verhandlungen keine Annäherung zwischen den Anhängern des Konzils von Chalkedon (451) und den Monophysiten brachte. Der an prominenter Stelle tätige Paulos von Antiochia wurde von Jakob bei dessen alexandrinischem Aufenthalt 575 fallen gelassen, was zunächst zu einer Spaltung der monophysitischen Kirche in "Pauliten" und "Jakobiten" (im engeren Sinne) führte, während die kirchliche Einheit mit den ägyptischen Monophysiten (Kopten) weiter ungesichert blieb. Ein zweites Mal reiste Jakob 578 nach Ägypten, starb jedoch am 30. Juli desselben Jahres im Kloster am Berg Kasion. Jakob Baradai wurde bald hoch verehrt, seine Gebeine wurden 622 ins Kloster Fsilta gebracht. IV. Narsai von Nisibis (*n.410, †503) war ein bedeutender Kirchenlehrer in Edessa und Nisibis und zählt zu den "syrischen Kirchenvätern" der nestorianischen Kirche des Ostens. Wahrscheinlich wurde Narsai von Nisibis nach dem Jahr 410 geboren und erlebte als Schüler die Christenverfolgungen im Perserreich um 420 mit. Beim Tod seiner Eltern übernahm sein Onkel Emmanuel, Abt des Klosters Kefar Mari in Bet Zabdai, die Erziehung Narsais, Narsai wirkte als Lehrer am Kloster und studierte an der berühmten Theologenschule der Perser in Edessa. Die Schule vertrat dabei - trotz des alexandrinisch eingestellten Bischofs Rabbalu von Edessa (412-435/36) - die antiochienische Kirchenlehre des Theodor von Mopsuestia (*ca.350-†428). Unter Rabbalus Nachfolger Ibas von Edessa (437-457) wurde der somit nestorianisch ausgebildete Narsais nach 451 Leiter der Theologenschule, der er mindestens zwanzig Jahre vorstand. Unter Bischof Qura (471-498) kam die antiochienische Glaubensrichtung bei der christlichen Orthodoxie im oströmischen Reich wieder und weiter in Misskredit, Narsai floh nach Persien, nach Nisibis, und wurde von Bischof Barsauma von Nisibis zum Leiter der dort neu gegründeten Theologenschule bestimmt. Die Schule in Nisibis übernahm nach der von Kaiser Zeno (474-491) im Jahr 489 veranlassten Schließung der Schule in Edessa die Ausbildung der Theologen und Priester der ostsyrischen Kirche in Lesen, Schreiben, Liturgie, Gesang, Rhetorik, Philosophie und Exegese. Unterbrochen wurde das Wirken Narsais in Nisibis nur durch eine Auseinandersetzung mit Bischof Barsauma; Narsai kehrte für sechs Jahre in das Kloster Kefar Mari zurück, fand sich danach aber wieder in Nisibis ein. Narsai war der wichtigste Dichter-Theologe der ostsyrischen Kirche. 360 Vershomilien, von denen 80 erhalten sind, werden ihm zugeschrieben, darunter die Vershomilie an das persische Reich, die Narsai 503 verfasste, um seine Loyalität gegen den persischen Großkönig Kawad I. (488-531) zu zeigen. Als Bibelexeget bereitete Narsai so die biblischen Stoffe in seiner Dichtkunst auf, thematisierte Ereignisse aus dem Alten Testament wie dem Turmbau zu Babel oder aus der christlichen Heilsgeschichte wie Auferstehung und Himmelfahrt Christi. In seinen Homilien wirkte Narsais als bedeutender Vertreter der ostsyrischen Kirche über viele Jahrhunderte nach. V. Rabbalu von Edessa (*ca.350, †435/36) war zwischen 412 und 435/36 Bischof der Stadt Edessa im syrischen Grenzgebiet des oströmischen Reiches gegen das Perserreich und zählt zu den "syrischen Kirchenvätern]" der syrisch-orthodoxen Kirche. Geboren wurde Rabbalu um das Jahr 350 in Chalkis, südlich von Aleppo], der Vater war heidnischer Priester, die Mutter Christin, Rabbalu wurde erst infolge eines Bekehrungserlebnisses am Wallfahrtsheiligtum der Heiligen Kosmas und Damian in Kyros Christ. Von da an führte er ein asketisches Leben und wurde im März/April 412 auf einer Synode in Antiochia zum Bischof von Edessa gewählt. Rabbalu organisierte das Bistum neu, eine aus seinem Pontifikat stammende Sammlung von 59 Kanones gibt Einblick in seine reformerische Tätigkeit gegenüber Priestern, Mönchen und Asketen. Außerdem grenzte sich Rabbalu mit seinen Ansichten von Orthodoxie stark gegenüber (christlichen) Häretikern ab, von denen es im syrischen Raum eine Reihe von Gruppen gab: Arianer, Markioniten, Manichäer, Borborianer, Audianer, Messalianer und nicht zuletzt die Nestorianer. Am Ende seines Pontifikats, vielleicht aber schon vor dem Konzil von Ephesos (431) engagierte sich Rabbalu bei der Frage um die zwei Naturen Christi im Fahrwasser des Patriarchen Kyrillos von Alexandrien (†444) für die alexandrinischen Christusvorstellungen gegen den Patriarchen Nestorios von Konstantinopel (†450/51) und dessen Lehrer Theodor von Mopsuestia (*ca.350-†428). Rabbalu ging es dabei um die Bekämpfung der nestorianischen Lehre nicht nur in Edessa - hier wären die Theologenschule am Ort und Ibas von Edessa zu nennen -, er vertrat seinen Standpunkt auch in einem Brief an Bischof Andreas von Samosata und gegenüber den armenischen Kirchenoberen. Rabbalu starb am 8. August 435 oder 436, vielleicht erlebte er noch die Verurteilung des Nestorios durch den oströmischen Kaiser Theodosius II. (408-450) am 3. August 435 mit. - Zu christlich-dogmatischen Themen aus der Zeit der syrischen Kirchenväter sei noch angemerkt: VI. Im Versuch, auch die antichalkedonensischen Kirchengemeinschaften im oströmischen Reich in die christliche Orthodoxie einzubinden, bemühte sich Kaiser Justinian I. (527-565) ab 532 um die Verurteilung der Hauptverursacher der nestorianischen Häresie aus der Zeit vor dem Konzil von Chalkedon (451). Doch wehrte sich besonders die nordafrikanische Kirche gegen das Vorgehen des Kaisers, Papst Vigilius (537-555) musste nachgeben, in Nord- und Mittelitalien sprachen sich die Bischöfe gegen den Papst und gegen die Entscheidung im Dreikapitelstreit auf dem Zweiten Konzil von Konstantinopel (553) aus, was zu einem lang dauerndem Kirchenschisma (bis zum Ende des 7. Jahrhunderts) führte. Beschlossen wurde auf dem Zweiten Konzil von Konstantinopel die Verurteilung der Schriften von drei Theologen, der "Drei Kapitel": der Schriften des Theodor von Mopsuestia, der Schriften des Theodoret von Kyrrhos, des Briefes des Ibas von Edessa an den Perser Mari. Zudem wurde der "Vater des Nestorianismus" Theodor von Mopsuestia als Person verurteilt. Durch die Beschlüsse der Synode konnte aber auch in der Folgezeit die Kircheneinheit im oströmischen Reich nicht wiederhergestellt werden. VII. Der Tritheismus war eine "Erfindung" des Johannes Asotzanges, der im Konstantinopel des Jahres 557 hinsichtlich Gott und Christus die Naturenlehre neu mit der Trinitätslehre kombinierte. Danach gab es in Gott drei Wesen, drei Substanzen, drei Naturen. Der Tritheismus rief gerade in den monophysitischen Kirchen im oströmischen Reich als "Dreigötterglauben" heftigen Widerstand hervor und konnte von den syrisch-orthodoxen Christen und Jakob Baradai (†578) nur unzureichend eingedämmt werden. [Buhlmann, 05.2005]

Kleine Enzyklopädie: Technik, hg. v. Erich Lüder, Benno Beer, Valentine Linsbauer, Gerhard Niese (1963), Leipzig 41965 > T Technik, Technikgeschichte

Kleine Landesbibliothek, hg. v. Hermann Bausinger, Friedemann Schmoll u.a., stellt literarische Werke aus der Geschichte der Landes Baden-Württemberg vor, u.a.: Bd.12 (2010): Wickram, Jörg (ca.1555), Das Rollwagenbüchlein, hg. v. Werner Witt, Tübingen 2010, 259 S., € 8,- (als um das Jahr 1555 erschienene Sammlung des Burkheimer Stadtschreibers Jörg Wickram [*ca.1505-†ca.1551/60] von 111 deutschen Schwänken, die Einblick geben in Alltag und Leben der damaligen städtischen und bäuerlichen Bevölkerung). [Buhlmann, 05.2020]

Kleine Schriften des Stadtarchivs Rottweil ist eine Reihe mit historischen Themen, die Stadt Rottweil betreffend. U.a. sind erschienen: Bd.7 (2001): Hecht, Winfried, Bausteine zur Geschichte der Familie Möck von Balgheim, Rottweil 2001, 40 S., Abbildungen, € 6,- (zur Rottweiler Patrizierfamilie des 15.-17. Jahrhunderts); Bd.23 (2013): Strasser, Rudolf, Leibniz ist mehr als ein Keks! Zur Geschichte des Leibniz-Gymnasiums Rottweil, Rottweil 2016, 72 S., Abbildungen, € 7,- (von der Rottweiler Realschule [1838] über die Oberrealschule [1924] mit "Aufbauschule" und nationalsozialistischer Dietrich-Eckart-Oberschule [1938] bis zum Leibniz-Gymnasium [1953]). [Buhlmann, 03.2023]

Kleine Schriftenreihe des Stadtarchivs Konstanz, hg. v. Jürgen Klöckler behandelt auch historische Themen, die Stadt Konstanz und den Bodensee betreffend. U.a. ist erschienen: Bd.20 (2019): Bosch, Manfred, Konstanz literarisch. Versuch einer Topografie, Konstanz 2019, 351 S., Schwarzweißabbildungen, € 22,- (stellt nach Straßennamen geordnet Örtlichkeiten [Gebäude, Häuser] und Personen vor, die im kulturell-literarischen Konstanzer [Buch-] Millieu der letzten fünfhundert Jahre [ab Beginn des Buchdrucks] eine Rolle spielten [u.a.: Martin Andersen Nexö, Willy Andreas, Ilse Bartels, Erich Bloch, Arno Borst, Norbert Einstein, Joseph Fickler, Hermann Kinder, Heinrich Ernst Kromer, Golo Mann, Viktor Mann, Fritz Mühlenweg, Fritz Picard, Theodor Plievier, Ilse Schneider-Lengyel, Wilhelm von Scholz, Jan Thorbecke, Max Uebelhör, Martin Walser, Ignaz Heinrich von Wessenberg, Oskar Wöhrle, Carl Zuckmayer]). [Buhlmann, 06.2023]

Kleinschmidt, Christian (2017), Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit. Die Weltwirtschaft 1500-1850 (= BSR 2869), München 2017, 128 S., Schemata, Karte, € 8,95. Die Weltwirtschaft des 16. bis 19. Jahrhunderts war durch den politisch-wirtschaftlichen Aufstieg Europas bestimmt. Zunächst Portugal und Spanien, dann auch England/Großbritannien, Frankreich und die Niederlande gelang, auch in Konkurrenz zu den jeweils anderen europäischen (Wirtschafts-) Mächten sich über die gesamte Welt erstreckende Handelsbeziehungen aufzubauen. Dabei wurde Europa - obwohl (zunächst) nicht die größete Wirtschaftsregion auf der Welt (China, Indien, Osmanisches Reich) - durch (interkontinentale) Vernetzung von Handel, Gewerbe und (später) Industrie (atlantischer Dreieckshandel u.a.) zum Mittelpunkt einer sich entwickelnden, Kontinente verknüpfenden Weltwirtschaft zu werden (Protoglobalisierung, Globalisierung). Die europäische Expansion in die Welt ließ damit zusammenhängend den Rest der Welt wirtschaftlich hinter Europa zurückfallen ("Great Divergence" zwischen Europa und Asien). Fünf Faktoren(bündel) waren für den Aufstieg Europas in der (frühen) Neuzeit entscheidend: 1) Die "malthusianische Wirtschaft" der frühen Neuzeit war - bei mäßigem Wachstum der Weltbevölkerung - dennoch geprägt von weltweiter Migration (europäische Kolonien und Kolonisierung [Nord-, Südamerika], Arbeitskräftemigration [Europa, China], Sklavenhandel [Atlantik, islamische Welt]), was zu einer gewissen Angleichung der Weltbevölkerung(en) führte ("Kolumbischer Austausch", Ernährungsgewohnheiten, Anbaumethoden). 2) Es fand ein kultureller Transfer von Ideen und Einstellungen statt (europäische "Neu-Gier", christliche Mission, Wissensaustausch, Liberalismus, "Freihandelsliberalismus"), besonders von europäischer Seite ("Kultur der Offenheit", kulturelle Öffnung, Fremdheit), während manche außereuropäische Gesellschaften eher Abschließungstendenzen zeigten (China, Japan, Osmanisches Reich). 3) Innovation und technischer Fortschritt, Industrialisierung ("industrielle Revolution") und Wissenschaft beförderten die europäische Dominanz im Welthandel; an die Stelle technischen Austauschs zwischen Kontinenten und Kulturen trat zunehmend ein europäisches "Innovationspotential" (Schiffbau, Navigation, "militärisch-technischer Komplex", Industrieprodukte, Techniktransfers), das sich nicht zuletzt 4) in einer technisch-militärischen Überlegenheit europäischer Mächte äußerte (gewaltsame Unterdrückung von Entwicklungen [Indien], "Geist und Gewalt"). 5) Europäische Staatlichkeit der frühen Neuzeit (Staatsbildungsprozesse) begünstigten die europäische (Handels-, Wirtschafts-) Expansion in die Welt (Handelskompanien, Finanzinstitutionen [Banken], [Merkantilismus], [Kapitalismus]). In Konsequenz der die europäische Expansion prägenden Faktoren(bündel) ergab sich für die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine europäisch dominierte Weltwirtschaft des Zeitalters des Imperialismus, des Nationalismus und der industriellen Revolution als "erste Globalisierungsphase", die einherging mit einem Wechsel von einer polyzentrischen zu einer europazentrischen Weltwirtschaft. [Buhlmann, 03.2018]

Kleinschmidt, Harald (2011), Die Angelsachsen (= BSR 2728), München 2011, 128 S., Karten, € 8,95. Das römische England, die spätantiken Provinzen vom Hadrianswall bis zur Südküste der britischen Hauptinsel, kam im Verlauf der "Völkerwanderungszeit" zu seinem Ende, als die römische Truppen am Anfang des 5. Jahrhunderts (nach 409) von dort endgültig abzogen. In der Folge bildeten sich auf der Insel britische Königreiche aus, einzelne Kleinkönige werden sich bei ihrer Herrschaft auf angeworbene germanische Söldner vom europäischen Festland gestützt haben, wobei es übrigens schon seit dem 3. Jahrhundert immer wieder zu germanischen Übergriffen auf das römische England gekommen war. Die Präsenz hauptsächlich von Angeln, Sachsen und Iutae (Jüten?) in Britannien verstärkte sich ab der Mitte des 5. Jahrhunderts, die Briten wurden durch die "angelsächsische Landnahme" bis um 580 aus dem Süden und Osten der Insel abgedrängt, wobei der germanische Siedlungsprozess auch immer wieder retardierende Momente hatte und es Phasen friedlichen Kontakts zwischen Briten und eingewanderten Angelsachsen gab. Angelsächsische Königreiche bildeten sich in der Folge der Landnahme aus, etwa spätestens im 6. Jahrhundert die Königreiche von Surrey, Middlesex und Lindsay, spätestens im frühen 7. Jahrhundert die der Iutae in Kent, die der Sachsen in Sussex, Essex und Wessex sowie der Angeln in Ostanglien, Mittelanglien, Mercia und Northumbrien. Das 7. Jahrhundert stand im Zeichen einer romorientierten christlichen Missionierung bei den Angelsachsen (Missionar Augustinus, Erzbistum Canterbury), wobei zwischenzeitliche Rückschläge nicht ausblieben. Von Kent aus verbreitete sich das Christentum, in den 650er-Jahren gelang die Missionierung des Königreichs Mercia, gegen Ende des 7. Jahrhunderts waren alle angelsächsischen Königreiche christlich geworden. Das 8. Jahrhundert stand unter der Vorherrschaft Mercias unter dessen Königen Aethelbald (716-757) und Offa (757-796). Mit dem Beginn der "Wikingerzeit" (ab 793) beherrschten und besiedelten Wikinger ab der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts den Nordosten Englands (Danelaw), Northumbrien und Mercia spielten seit den 860er-Jahren politisch keine Rolle mehr, während die Könige von Wessex - unter ihnen Alfred der Große (871-899), Edward (899-924) und Edgar (959-974) - zunächst den Süden und die Mitte Englands, dann auch das Wikingergebiet beherrschten und somit ein einheitliches angelsächsisches Königreich (England) schufen. Grundlagen des Aufstiegs von Wessex bildeten dabei die im 8. Jahrhundert vielfach einsetzenden gesellschaftlichen Wandlungen auf dem Gebiet von Herrschaft ("staatliche Verdichtung", Königserbfolge, Königtum und christliche Kirche), Wirtschaft (Kaufleute, Handelsplätze) und Religion. [Buhlmann, 11.2011]

Kleist, Heinrich von, deutscher Dichter: Heinrich von Kleist, geboren am 18. (10.) Oktober 1777, aus einer brandenburgischen Adels- und preußischen Offiziersfamilie stammend, war nach Schule (1780er-Jahre), Militär (1793-1799), Universität (1799-1800) und Staatsdienst (1805) als Schriftsteller nur im "Jahrzehnt der Dichtung" zwischen 1801 und 1811 tätig. Als Folge von Lebenskrisen (1801, 1803/04, 1809/10, 1811) beging Kleist am 21. November 1811 am Kleinen Wannsee bei Berlin Selbstmord. Kleists literarisches Werk besteht aus (frühen) Gelegenheitsschriften ("Der höhere Frieden", "Hymne an die Sonne", "Nicht aus dem Herzens bloßen Wunsche" (?), "Die beiden Tauben", "Aufsatz, den sicheren Weg des Glücks zu finden", "Geschichte meiner Seele", literarische Briefe), Dramen ("Die Familie Schroffenstein" [1802/03], "Robert Guiskard, Herzog der Nordmänner" [1804], "Amphitryon" [1807], "Der zerbrochene Krug" [1807], "Penthesilea" [1808], "Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe" [1808/09], "Die Herrmannsschlacht" [1809], "Prinz Friedrich von Homburg" [1809/10]), Publizistisches (Phöbus [1808-1809], Germania [1809], Berliner Abendblätter [1810-1811]) und Erzählungen ("Das Erdbeben in Chili" [1807], "Die Marquise" [1808], "Michael Kohlhaas" [1808/10], "Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik" [1810], "Das Bettelweib von Locarno" [1810], "Der Findling" [1810], "Die Verlobung in St. Domingo" [1811]); geplant hatte Kleist 1811 zudem einen Roman (nach: Kreutzer, Heinrich von Kleist).
Zu Heinrich von Kleist s. noch: Brinkmann, Karl (Bearb.), Erläuterungen zu Kleists Prinz von Homburg (= Dr. Wilhelm Königs Erläuterungen zu den Klassikern, Bd.151), Hollfeld o.J., 84 S., DM N.N.; Pelster, Theodor (2008), Heinrich von Kleist: Michael Kohlhaas (= Reclam Lektüreschlüssel = RUB 15334), Stuttgart 2008, 77 S., € 3,-; Semdner, Helmut (2005), Heinrich von Kleist: Der zerbrochne Krug (= Erläuterungen und Dokumente = RUB 8123), Stuttgart 2005, 159 S., € 1,- (Inhaltsangabe: Dorfrichter Adam bedrängt sexuell die junge Eve; dabei geht der wertvolle Krug von Eves Mutter Martha Rull entzwei, der Dorfrichter, der unerkannt bleibt, wird durch Ruprecht, dem hinzugekommenen Verlobten Eves, am Kopf verletzt. Tags darauf kommt es vor Gericht unter dem Vorsitz Adams zum Prozess um den zerbrochenen Krug. In Anwesenheit des Gerichtsrats Walter stellt sich trotz Adams Versuchen, seine Täterschaft zu verheimlichen, die Schuld des Dorfrichters heraus. Er verliert seine Stelle, das Verlöbnis zwischen Ruprecht und Eve hat weiter Bestand.). Literatur als Geschichtsquelle stellen weiter dar: Heinrich von Kleist. dtv-Gesamtausgabe: Bd.3: Kleist, Heinrich von (1964), Dramen. Dritter Teil: Das Käthchen von Heilbronn, Die Hermannsschlacht, Prinz Friedrich von Homburg (= dtv HvK 3), München 31975, 311 S., DM 5,80; Kleist, Heinrich von (1807), Der zerbrochne Krug. Ein Lustspiel (= RUB 91), Nachdruck Stuttgart 2010, 118 S., € 2,-; Kleist, Heinrich von (1808/11), Die Marquise von O... Die Verlobung in St. Domingo. Erzählungen (= RUB 1957), Stuttgart 1965, 95 S., DM 1,20, Stuttgart 1968, 95 S., DM 1,60; Kleist, Heinrich von (1809/10), Prinz Friedrich von Homburg (= RUB 178), Stuttgart 1966, DM 0,90; Kleist, Heinrich von (1809/10), Prinz Friedrich von Homburg. Ein Schauspiel, bearb. v. Roland Croemer u. Christa Melli (2009) (= EinFach Deutsch), Braunschweig-Paderborn-Darmstadt 32011, 185 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, € 5,95; Kleist, Heinrich von (1810/11), Michael Kohlhaas (= Hirts Deutsche Sammlung - Literarische Abteilung: Gruppe II: Novellen und Erzählungen), Breslau o.J. [1929], 95 S., Frontispiz, RM 0,50; Kleist, Heinrich von (1810/11), Michael Kohlhaas. Aus einer alten Chronik (= RUB 218), Stuttgart 1973, 127 S., DM 1,20, Stuttgart 1976, 127 S., DM 1,60, Stuttgart 2009, 135 S., € 2,60; Kleist, Heinrich von (1810/11), Michael Kohlhaas. Aus einer alten Chronik (= Hamburger Leseheft 35), Husum 2008, 95 S., € 1,60; Kleist, Heinrich von (1959), Prosastücke (= RUB 7670), Nachdruck Stuttgart 1964, 80 S., DM 0,80; Kleist, Heinrich von (1980), Sämtliche Erzählungen (= Goldmann Klassiker 7532), München 21982, 250 S., DM 7,80 (mit den Erzählungen: Michael Kohlhaas, Die Marquise von O..., Das Erdbeben von Chili, Die Verlobung in St. Domingo, Das Bettelweib von Locarno, Der Findling, Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik, Der Zweikampf); Kleist, Heinrich von, Sämtliche Werke, eingel. v. Erwin Laaths ([1957]) (= Knaurs Klassiker), München [1957], 918 S., DM 11,80. Zur Person Heinrichs von Kleist s.: Kreutzer, Hans Joachim (2011), Heinrich von Kleist (= BSR 2716), München 2011 > K Kreutzer, Heinrich von Kleist. [Buhlmann, 03.2011, 07.2013, 11.2015, 03.2018, 07.2020, 04.-05.2021, 01.2023, 08.2023, 11.2023]

Klemettilä, Hannele (2012), Das Mittelalter-Kochbuch. Mit Rezepten zum Nachkochen, Köln 2013, 256 S., Farbabbildungen, Rezepte, € 14,95. I. Essen und Trinken im europäischen Mittelalter war einmal abhängig vom jahreszeitichen Angebot von Früchten, Gemüsen, Fleisch und Fisch (jahreszeitlicher Überfluss und Mangel, Missernten und Hungersnöte, Nahrungskonservierung), zum anderen von sozialen Faktoren: vom Stand derjenigen, die die Speisen verzehrten (Herren- und Bauernspeise, Festessen), vom Tag innerhalb des christlichen Festkalenders (Alltags- und Festspeise, Fastenspeise). Fast jeder im Mittelalter erfuhr Mangel- und Hungersituationen, so dass Essen und Trinken eine umso größere Bedeutung für das Überleben der Menschen hatte. Das betraf die Unterschichten und die Abhängigen (Bauern als Nahrungsproduzenten) besonders; hier herrschten als Grundnahrung Getreideprodukte (Brot und Breie aus [Buchweizen,] Dinkel, Gerste, Hafer, Hirse, Roggen), Gemüse ([dicke] Bohnen, Erbsen, Fenchel, Gurken, Hanf, Kohl, Kürbis, Lauch, Möhren, Rapunzel, Rettich, Rüben, Salate, Zwiebel), Eier, Fette (Schweineschmalz, Speck), Fisch (Hering, Kabeljau, Stockfisch), Fleisch (Ente, Gans, Huhn), (heimische) Früchte (Apfel, Birne, Blaubeere, Erdbeere, Hagebutte, Haselnuss, Holunder, Johannisbeere, Kirsche, Pfirsich, Pflaume, Quitte, Schlehe, Stachelbeere), Kräuter und Gewürze (Anis, Dill, Fenchel, Kerbel, Kresse, Kümmel, Liebstöckel, Meerrettich, Minze, Petersilie, Raute, Salbei, Salz, Sellerie, Senf, Wacholder) und Milchprodukte vor, die natürlich auch als (Herren-) Speise der begüterten und mächtigen (Grund-) Herren einschließlich der Geistlichkeit und der Nonnen und Mönche Verwendung fanden. Die (höherwertige) Herrenspeise zeichnete sich dabei auch aus durch die Verwendung von Weißbrot (Weizen), das Verzehren von Fleisch (Kalb, Pfau, Rind, Schwan, Schwein; Innereien), auch Wild (Bär, Dachs, Drossel, Eichhorn, Fasan, Gemse, Hase, Hirsch, Igel, Kiebitz, Krammetvogel, Kranich, Rebhuhn, Reh, Reiher, Sperling, Steinbock, Taube, Wachtel, Wildschwein) und Fisch (Aal, Äsche, Barsch, Forelle, Hausen, Hecht, Lachs, Neunauge), die Verwendung von Fett (Butter, Öl) und von nach Europa importierten Produkten (Früchte: Datteln, Feigen, Limonen, Mandeln [marzapan], Pomeranzen; Getreide: Reis; Gewürze: Galgant, Ingwer, Kardamon, Muskat, Nelke, Pfeffer, Safran, Zimt; Süßmittel: Honig, Rohrzucker). An Getränken gehörten zum Essen: Wasser, Bier, Met, Obstsaft/-wein, (gewürzter) Wein. Mit Herrenspeise und Herrenmahl verbunden war ein der Repräsentation dienender Speiseluxus, der bei Festessen (in Anwesenheit hochgestellter Personen wie Königen, Fürsten oder Bischöfen) in Erscheinung trat (Hochzeitsmähler im städtischen Patriziat, Verbot des [ruinösen] Speiseluxus und Einhalten von Speisenormen). Zu unterscheiden ist zwischen Essen und Trinken im Alltag und an (kirchlichen) Festtagen. Kalendarisch waren zudem die Fastenzeiten in der christlichen Religion des Mittelalters mit ihrer religiös bedingten Speiseverboten zu beachten (Fasttage [vorösterliche Zeit, Bitttage vor Christi Himmelfahrt, Quatember, Vorabende von Heiligenfesten, Freitag, Samstag], Fleischtage; Mönchtum). Hinsichtlich der Konservierung von Lebensmitteln war es um diese im Winter natürlich günstiger bestellt als in den warmen Jahreszeiten; daneben wurden Lebensmittel getrocknet oder (im Ofen) gedörrt (Fisch, mageres Fleisch, Gemüse [Bohnen, Erbsen, Linsen], Obst [Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen]), geräuchert (Fisch, fetteres Fleisch, Würste), eingesalzen und gepökelt (Bohnen, Erbsen, Fleisch, Seefische), gesäuert (Kohl [Sauerkraut]), gebeizt (in Essig oder Wein: Fisch, Fleisch), eingekocht (Obst als cumpost [<- compositus]). Gegessen wurden täglich zwei (Frühmittelalter) bis vier Mahlzeiten (Frühstück [ientaculum], Frühmahl [prandium], Vesper [merenda], Abendessen [cena]); gespeist wurde mit Vorlegeschüsseln, als Teller dienten Brotfladen, als Essbesteck fanden (ab dem 13. Jahrhundert) Löffel und Messer Verwendung, über Tischsitten ließ sich streiten. Auf das Verzehren von gutem Essen wurde in allen Gesellschaftsschichten Wert gelegt (menschliches Wohlbefinden); dabei diente das Essen der Oberschicht als Vorbild für die Mittel- und Unterschicht. Zudem lassen sich europäische Essenskulturen ausmachen; Spezialitäten waren mit geografischen Regionen verbunden, es gab Einflüsse von Frankreich auf England, von Mitteleuropa auf Skandinavien, altbewährte Gerichte fanden sich in ganz Europa, neue Gerichte mit neuen Zutaten fanden immer wieder Eingang in die Essenskulturen. Verbreitet waren im Spätmittelalter auch Kochbücher, angefangen bei der aus der Antike überlieferten Rezeptsammlung des Marcus Gavius Apicius (1. Jahrhundert n.Chr.) bis zu: Buoch von guoter spise 1345/52, Forme of Cury (ca.1390), Le Viandier (v.1392/94), Ménagier de Paris (1392/94), Tractatus de modo preparandi et condiendi ominia cibaria (14. Jahrhundert), Du fait de cuisine (1420), Registrum coquine (ca.1430), A Boke of Kokery (ca.1450), A Noble Boke off Cookryn (ca.1460), Libro de arte coquinaria (15. Jahrhundert), De honesta voluptate et valetudine (1475), "Küchenmeisterei" als gedrucktes Buch [Nürnberg, ca.1485] usw. II. Rezepte des (Spät-) Mittelalters betrafen: Getreidespeisen, Gemüse, Fleisch, Fisch, Soßen und Gewürze, Milchprodukte und Eierspeisen, Nachtische, Getränke. [Buhlmann, 04.2023]

Klepper, Dieter (1985), Die "translatio monasterii Sancti Georgii". Bemerkungen zur Bedeutung der Politik des Hauses Zähringen für die "Verlegung des Klosters St. Georgen" zur Zeit des Investiturstreits, St. Georgen-Villingen-Schwenningen 1985 > S St. Georgen im Schwarzwald

Klepper, Dieter (1987), Nur ein wüster Steinhaufen?, St. Georgen 1987 > S St. Georgen im Schwarzwald

Klepper, Dieter (2006), Wetterwendisch. Glaube und Aberglaube um Donner, Blitz und Feuer, Villingen 2006, 114 S., € 22,-. I. Das Buch hat – wie der Untertitel aufweist – den „Glauben und Aberglauben um Donner, Blitz und Feuer“ in Mittelalter und (früher) Neuzeit zum Inhalt. Ausgangspunkt der mentalitätsgeschichtlichen Studie sind die Abbildungen auf Eisengussplatten der frühen Neuzeit, die im Sinne des „Wetterwendisch“ Martin Luthers interpretiert werden. Der Autor geht danach ein auf die Rolle der christlichen Heiligen beim Schutz vor Unwetter und Feuer, auf Wetter- und Hagelkreuze, Wetter- und Feuersegen, Gebete und Formeln, Feuerglocken und Löscheimer, Belemniten und Bäume. Dies alles wird relativ zusammenhanglos nebeneinander gestellt, neuere mentalitätsgeschichtliche Forschungen der Geschichte und Volkskunde fließen meines Erachtens nicht ein. Immerhin nimmt der Autor seine Beispiele aus St. Georgen und Umgebung (Buchenberg, Villingen, Fürstenberg, Oberrhein) und verfolgt in etwa eine chronologische Linie, indem er seine Untersuchung mit der naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise von Wetter und Feuer im 19. und 20. Jahrhundert enden lässt. Eine Zusammenfassung von Ergebnissen fehlt indes. - II. Der Text ist wenig strukturiert, eine Einteilung in Kapitel und Abschnitte fehlt oder ist für mich nicht durchschaubar, gerade auch wegen des "Inhaltsverzeichnisses" am Schluss des Buches. Formale Fehler häufen sich zudem. So gibt es Endnoten und gleichzeitig Anmerkungen im Text. Die Endnoten sind mitunter zu umfangreich; hier wäre eine Einbeziehung der dort beheimateten Texte in den Haupttext besser gewesen (wie etwa bei der Erklärung von "Wetterwendisch", aus der man gut eine Einleitung zum Thema hätte machen können). Zudem ist der Endnotenteil zweigeteilt in Endnoten für den Haupttext und die für die zwei Anhänge, was unübersichtlich und nicht notwendig ist. Literatur wird auf unterschiedliche Weise zitiert; so fehlt einmal der Verlagsort, ein anderes Mal ist er vorhanden; Seitenzahlen fehlen ebenfalls mitunter. - III. Der Haupttext wird teilweise sehr verwirrend dargeboten. Schuld daran sind die manchmal unglücklich platzierten Abbildungen mit ihren zumeist überlangen Erläuterungen. Abbildungstexte und Haupttext werden in derselben Schriftgröße dargeboten, was die Verwirrung ebenso steigert wie die durch *, ** oder gar *** eingeleiteten Anmerkungen in den Abbildungstexten oder die Abbildungsnachweise. Was nun den Haupttext anbetrifft, so sind zuallererst die Quellenzitate schlecht erkennbar, "Überschriften", Wörter im Fettdruck und fettgedruckte Wörter/Passagen in größerer Schrifttype - Letztere für mich unerfindlich - strukturieren den Text nur schlecht. Hier hätte - wie gesagt - eine Kapiteleinteilung des Textes geholfen. Dagegen ist das nachstehend Aufgeführte fast vernachlässigbar und dennoch störend: Unterschiedliche Überschrift "Anmerkungen/Literaturverzeichnis" bei den Endnoten für den Hauptteil und den Anhang, unterschiedliche Verwendung von "Jahrhundert" und "Jh.", unterschiedliche Datierungsweisen, einige Fehler in der Zeichensetzung, ungenauer Gebrauch des Trennungsstrichs, ungenauer Abschluss des Textspiegels am unteren Rand. Der Bucheinband ist etwas zu dunkel geraten, es fehlt ein Klappentext auf dem hinteren Umschlag. - IV. Insgesamt bringt das Buch inhaltlich wenig Neues außer einer mehr oder weniger gelungenen, sehr beispielhaften Zusammenfassung von Aberglauben in Mittelalter und Neuzeit in St. Georgen und Umgebung. Die vielen formalen Mängel und die Unübersichtlichkeit beeinflussen das Lesen in negativer Weise. [Buhlmann, 03.2007]

Kley, Siegfried (1968/69), Der Besitz der Abtei Werden im Bereich der ehemaligen Herrlichkeit Hardenberg vom 9. bis zum 17. Jahrhundert, in: ZBGV 84 (1968/69), S.159-211 > W Werden

Klingenberg, Wilhelm, Klein, Peter (1971/72), Lineare Algebra und analytische Geometrie, Bd.1 (= BI 748), Mannheim-Wien-Zürich 1971, Bd.2 (= BI 749), Mannheim-Wien-Zürich 1972 > M Mathematik

Klingner, Friedrich (1967), Virgil. Bucolica, Georgica, Aeneis, Zürich-Stuttgart 1967 > V Vergil

KLK = Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung

Kloster in der christlichen Religion (des Mittelalters und der frühen Neuzeit): I. Der Begriff "Kloster" stammt vom lateinischen bzw. mittellateinischen claustrum (von lateinisch claudere, "verschließen") und findet in den Worten abbatia, cella, coenobium, monasterium seine weitere Entsprechung. Das Kloster ist der Aufenthaltsort der Mönche bzw. Nonnen (Männer-, Frauenkloster), die dort in der Klausur weitgehend ungestört von den Abläufen "in der Welt" leben sollten (vita communis als Lebensform). Das Kloster als Mönchsgemeinschaft wurde damit zu einem sozialen System mit Innen- und Außenbeziehungen. Zu den Innenbeziehungen gehörten: die Mönche (Chormönche, Konversen) in ihrer Hierarchie (Abt, Klosterämter), der Gottesdienst und das Stundengebet, die Handarbeit und die geistig-geistliche Lektüre, zu den Außenbeziehungen: das Verhältnis zu anderen Klöstern (Gebetsverbrüderung, abhängige Klöster), das (sich wandelnde verfassungsrechtliche) Verhältnis zu den Herrschenden (Adel, Stifter, Tradenten, Vogt, König, Bischof, Papst; Klosterreform), die Grundherrschaft, die familia als der zum Kloster gehörende, nach Aufgaben und Arbeiten vielgliedrig abgestufte Personenkreis von den Mönchen bis hin zum abhängigen Bauern. II. Das Kloster ist auch eine Ansammlung von Gebäuden, die den Mönchen als "von der Welt" abgeschirmter Aufenthaltsort dienen. Die Klosteranlage besteht aus dem oratorium ("Betraum", Kirche), dem refectorium (Speisesaal) und dem dormitorium (Schlafsaal) für die Mönche, gleichsam als Grundgegebenheiten mönchischen Lebens im Sinne von Gebet und Dasein. Hinzu kommt der Bereich der Organisation und Arbeit: Kapitelsaal, parlatorium (Sprech- und Besucherraum), Abtshaus, Küche, Bibliothek, Garten, calefactorium (als einziger beheizbarer Raum des Klosters), Infirmerie (als Krankenhaus der Mönche), Novizengebäude, Schule, Speicher, Scheunen, Stallungen, Werkstätten, Mühlen. Der Kreuzgang (ambitus) verbindet die Räumlichkeiten der Klausur, das Skriptorium war die Schreib- und Malschule des Klosters. Der St. Galler Klosterplan (ca.820) gibt das Ideal eines karolingerzeitlichen Großklosters wieder. III. Die Klöster definieren also den organisatorischen und architektonischen Rahmen einer Mönchs- oder Nonnengemeinschaft. Dieser Rahmen ist abhängig von der coenobitischen oder eremitischen Lebensweise der Klosterinsassen, unterscheidet sich auch entsprechend dem Mönchsorden, zu dem das Kloster gehört (benediktinisches Mönchtum, Zisterzienserorden, Franziskaner, Dominikaner usw.), und lässt sowohl eine mönchische als auch stiftische Lebensweise zu (Kloster, Stift).
Zu Klöstern s.: Buhlmann, Michael (2009), Klöster und Stifte in Baden-Württemberg - Geschichte, Kultur, Gegenwart, Tl.1: Mönchtum im deutschen Südwesten, Tl.2: Einzelne Klöster und Stifte (= VA 45/1-2), St. Georgen 2009; Gleba, Gudrun (2004), Klosterleben im Mittelalter, Darmstadt 2004, 239 S., Abbildungen, € 15,-; Untermann, Matthias, Bek, Dorothee, Hahn, Kristina, Wipfler, Katrin (2008), Klöster in Deutschland. Ein Führer, Stuttgart 2008, 519 S., Schwarzweißabbildungen, Glossar, Karte, € 19,90. [Buhlmann, 09.2004, 11.2004, 07.2018]

Klosterbücher: Bei den Klosterbüchern handelt es sich um eine relativ neue Entwicklung in der historischen Forschung, alle geistlichen Gemeinschaften (Klöster, Stifte, Kapitel, Beginenhäuser u.a.) einer Region und einer Zeitepoche (Mittelalter, frühe Neuzeit) überblickshaft und nach gleichem inhaltlichen Schema unter Verweis auf die Geschichtsquellen und die Forschungsliteratur darzustellen.
Klosterbücher sind: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810 (= Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen, Bd.56), hg. v. Josef Dolle, Dennis Knochenhauer: Tl.1 (2012): Abbingwehr bis Gandersheim, Bielefeld 2012, Tl.2 (2012): Gartow bis Mariental, Bielefeld 2012, Tl.3 (2012): Marienthal bis Zeven, Bielefeld 2012, Tl.4 (2012): Literatur und Register, Bielefeld 2012, zus. LXVII, 2211 S., Karten, € 116,-; Nordrheinisches Klosterbuch. Lexikon der Stifte und Klöster bis 1815, hg. v. Manfred Groten, Georg Mölich, Gisela Muschiol, Joachim Oepen, Redaktion: Wolfgang Rosen (= Studien zur Kölner Kirchengeschichte, Bd.37): Tl.1 (2009): Aachen bis Düren, Siegburg 2009, 576 S., € 39,90, Tl.2 (2013): Düsseldorf bis Kleve, Siegburg 2013, 741 S., € 39,90; Westfälisches Klosterbuch. Lexikon der vor 1815 errichteten Stifte und Klöster von ihrer Gründung bis zur Aufhebung, hg. v. Karl Hengst (= VHKW XLIV: Quellen und Forschungen zur Kirchen- und Religionsgeschichte, Bd.2): Tl.1 (1992): Ahlen - Mülheim, Münster 1992, 641 S., DM 68,-, Tl.2 (1994): Münster - Zwillbrock, Münster 1994, 800 S., Karten, DM 78,-. > G Germania Benedictina [Buhlmann, 07.2014]

Kluckert, Ehrenfried (2001), Reise nach Mömpelgard. Kulturgeschichtliche Streifzüge ins schwäbische Frankreich, Stuttgart 2001 > M Mömpelgard

Klug-Treppe, Jutta (2003), Einzigartige Funde aus Holz in Gräbern des merowingerzeitlichen Friedhofes von Trossingen, in: TutHbll NF 66 (2003), S.96-107. Der merowingerzeitliche alemannische Ortsfriedhof von Trossingen besteht aus ungefähr 70 Gräbern aus dem 6. Jahrhundert. Grab 58 ist das Grab eines 20-40jährigen, 1,76m großen Mannes (Skelett). Eine 3m lange und 1,2m breite Holzkammer enthielt ein Bett, auf dem der Tote lag, sowie als Beigaben verschiedene gut erhaltene Holzgegenstände wie: ein zerlegter dreibeiniger Rundtisch, ein zerlegter Stuhl, Holzteller, eine Feldflasche aus Ahornholz, ein Leuchter aus Eichenholz, eine sechssaitige verzierte Leier. Das Holz der Holzkammer wird dendrochronologisch auf das Jahr 580 n.Chr. datiert, die Holzgegenstände auf 576 n.Chr. Dem Toten wurde eine zerbrochene Lanze und eine Spatha beigelegt. Weiter wurden Textilreste festgestellt (grober Wollstoff, rotes Leinengewebe, Lederarmbändchen, Hosen- oder Schuhreste). Der Bestattete war augenscheinlich eine hochgestellte Persönlichkeit, ein alemannischer Adliger, vielleicht ein Sänger. [Buhlmann, 01.2013]

Klug-Treppe, Jutta (2009), Frühmittelalterliche Bestattungsplätze in Nendingen und Bärenthal. Archäologische und anthropologische Auswertung, in: TutHbll NF 72 (2009), S.176-183. I. Bei Nendingen sind drei frühmittelalterliche Friedhöfe/Bestattungsplätze bekannt: "Auf Lett", "Brenner/Hinter Hexern", "Am Galgen/Haselstein". Zwei unmittelbar benachbart liegende Gräber des Friedhofs "Auf Lett" enthielten die von Krankheiten gezeichneten Skelette eines 40-Jährigen und einer 30/40-Jährigen. Der 40-Jährige war wohl von Geburt an körperlich und geistig behindert, die Verstorbene vielleicht die für sein Überleben notwendige Bezugsperson. II. Der frühmittelalterliche Friedhof "Eschle" bei Bärenthal umfasst 33 Gräber mit 39 Individuen, darunter 15 Neugeborene, Säuglinge oder Kleinkinder. Bei den im frühen Kindesalter Verstorbenen lassen sich - resultierend aus einem entbehrungsreichen Leben - Krankheiten, Mangelerscheinungen und Wachstumsstörungen feststellen. Der Friedhof war vom 7. bis 10. Jahrhundert belegt. [Buhlmann, 01.2013]

Kluge, Bernd (2016), Münzen. Eine Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart (= BSR 2861), München 2016, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Tabelle der heutigen Währungen, Zeittafel, € 8,95. I. Münzen (lat. moneta) als Geldstücke ermöglich(t)en den Kauf und Verkauf von Wirtschaftsgütern als Einvernehmen herstellende Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer; in ihrer Funktion als Geld dien(t)en sie der Vermögensbeschaffung und dem Vermögensaufbau. (Kursfähige [gute, schlechte, mit Kontermarken versehene]) Münzen sind/waren nur eine Form von Geld, nämlich (staatliches) geprägtes Metallgeld mit Vorder- und Rückseite ([hoheitsrechtliches] Avers, Revers; Bild und Umschrift [Legende] als Gepräge). Das zur Prägung verwendete Metall konnte Gold, Silber (Münzfuß, Feingewicht), Elektron (als Gold-Silber-Legierung), Billon (als Silber-Kupfer-Legierung), Kupfer, Bronze (als Kupfer-Zinn-Legierung), Messing (als Kupfer-Zink-Legierung), Neusilber (als Kupfer-Nickel-Zink-Legierung). Hergestellt werden/wurden Münzen in Münzstätten (Herstellung der Legierung -> Schrötlinge -> Prägung [Unter-, Oberstempel]). Münzen besitzen/besaßen einen bestimmten Wert (Münznominale [ab 17. Jahrhundert], Münznamen), den Münzfälschungen nachahmten (Falschmünzerei [u.a. des Münzherrn]; plattierte Münzen <-> Münzkerbungen u.ä.). Numismatik ist Lehre von den Münzen (als zahlenmäßig umfangreichsten Sachüberresten von vergangenen menschlichen Gesellschaften; Münzfunde, Münzsammeln, Münzhandel). Die Geschichte der Münzen als Geldform beginnt im westlichen Kleinasien irgendwann im 7. Jahrhundert v.Chr. II. Münzen der griechisch-römischen Antike: griechische Archaik (Stater [Elektron, 7.Jh. v.Chr.], Kroisus-Stater [Gold], Silberstatere von Ägina, korinthische Silberstatere [Pegasusmotiv], athenische Silberstatere [Eulenmotiv] [6.Jh. v.Chr.]); griechische Klassik (athenische Tetradrachmen [Stater], Didrachmen, Drachmen [Silber], sizilisches Demareteion [Dekadrachme] [5.Jh. v.Chr.]); Perser, Parther, Sassaniden (Dareikos [Gold, 6.Jh. v.Chr.], parthische Silber- und Kupfermünzen [3.Jh. v.Chr.], sassanidische Drachmen [Silber, 3.Jh. n.Chr.]); Hellenismus (Philipeoi [Goldstatere], Tetradrachmen [Silber], [Doppel-, Halb-] Stater, Bronzemünzen [4.Jh. v.Chr.], seleukidische Gold-, Silber- und Bronzemünzen, ptolemäische Gold-, Silber- und Bronzemünzen, pergamonesische Cistophoren [Silber] [3.Jh. v.Chr.], griechische, athenische Tetradrachmen [Silber], griechische Stephanophoren [Silber] [2.Jh. v.Chr.]); Kelten ("Regenbogenschüsselchen" [Gold, 2.Jh. v.Chr.]); römische Republik (As, Semis, Triens, Quadrans, Sextans, Uncia [als Teile von 12 Unzen, Bronze, 3.Jh. v.Chr.]; Denar, Quinar, Sesterz, Victoriat [Silber], römische Gold-, Kupfer-, Bronzemünzen [ab 211/10 v.Chr.]); römische Kaiserzeit (Aureus [Gold], Denar [Silber] Sesterz [Messing], Dupondius [Messing], As [Kupfer], Quadrans [Kupfer] [um Christi Geburt]; Provinzial-, Lokalprägungen, u.a. Alexandriner [Tetradrachmen]; Aureus [Gold], Argenteus [Silber], Follis [Kupfer] [294 n.Chr.], Solidus, Semis/Semissis, Triens [Gold, 309 n.Chr.], Miliarense, Siliqua [Silber], Centionalis, Maiorina [Bronze] [4.Jh. n.Chr.]). III. Münzen des europäisch-islamischen Mittelalters: Germanenreiche im Übergang von der Antike zum Mittelalter (pseudoimperiale Münzprägungen [Solidus, Triens; 4.-7.Jh. n.Chr.]); überregionale und regionale Denar-/Pfennigwährung (Schilling, Denar/Pfennig [Silber], Sceattas, Pennies [Silber] [8.-11.Jh. n.Chr.]); Feodalmünzen [Silber] [10.-12.Jh. n.Chr.]); Brakteaten, Hohl-/Schüsselpfennige, Heller [Silber], Sterling [Silber] [12.-13. Jh. n.Chr.]); Spätmittelalter (Grossus/Groschen, Liliatus, Kreuzer, Turnose, Weißpfennig/Witte/Vierpfenniggroschen, Sechsling, Doppelkschilling [Silber], Augustale, Florin, Dukat, Gulden, rheinischer Goldgulden, Écu, Noble [Gold] [13.-15.Jh. n.Chr.], Testone, Pfundner, Guldiner, Taler [Silber] [15.Jh. n.Chr.]); byzantinisches Reich (Nummus, Follis [Kupfer; 6.Jh. n.Chr.], Hexagrammon [Silber; 7.Jh. n.Chr.], Solidus [Gold], Miliaresion [Silber], Follis [Kupfer] [9.Jh. n.Chr.]; Hyperperon [Gold], Elekron-Trachy [Gold], Billon-Trachy/Stamenon [Silber-Kupfer] [1092 n.Chr.]; Basilicon/Stavraton [Silber, 15.Jh. n.Chr.]); Islam (Dinar [Gold], Dirham [Silber] [696/98 n.Chr.]; Gold-, Silber-, Kupfermünzen der Abbasidenzeit [8.-13.Jh. n.Chr.]; ägyptische Gold-, Silber-, Kupfermünzen u.a. der Fatimiden und Mamluken [9.-16.Jh. n.Chr.]; Gold-, Silber-, Kupfermünzen des Maghreb [8.-15.Jh. n.Chr.]). IV. Münzen der europäischen Neuzeit: Altes Reich (Dukat, rheinischer Goldgulden [Gold], [Reichs-] Taler, Halbtaler, Vierteltaler, Achteltaler [Silber], Kreuzer, Groschen, Albus [Silber] [16.-18. Jh. n.Chr.]; Kipper- und Wipperzeit [1619/23 n.Chr.]; preußischer Reichstaler [Silber; 1750], österreichischer Konventionstaler/Doppelgulden [Silber; 1750]); Deutscher Bund (Krone [Wiener Münzvertrag 1857]); Deutschland (Mark, Pfennig [1871/73]; Inflation [1922/23], Rentenmark/Reichsmark [1923], Deutsche Mark [1948]); Österreich (Kronenwährung [1892], Schilling, Groschen [1925]); Schweiz (Talerwährung [16.-18.Jh. n.Chr.], Franken, Batzen, Rappen [1798/1825/48]); Italien (Dukat, Doppia/Doppeldukat, Tallero/Ducatone/Scudo [-1797], Lira, Centisimo [1816/60/1945]); Spanien (Dukat/Excelente [Gold], Real [Silber], Maravedo [Kupfer] [1497], Escudo [Gold] [1537], Dublone/Dublon [Gold] [1566], moneda de Vellon [16.Jh. n.Chr.]; Escudo, Real, Maravedo [1729]; Escudo, Real [Silber, 1854/56]; Peseta, Centimo [1870]); Portugal (Potuguez [Gold] [1499-1557], Cruzado [Silber], Real [Silber bzw. Kupfer] [15.-17.Jh. n.Chr.]; Engenheso [1561/63], Moidor [1663-1772], Escudo [1722], Dobrao [Gold] [18.Jh. n.Chr.]; Doppelescudo, Peca [1822]; Coroa/Krone [Gold, Silber], Real [1822/35/54]; Escudo, Centavo [1911]); (spanische, habsburgische) Niederlande (Philippstaler [1559], Sovereign, Dukaton, Patagon [1612], Kronentaler [1755]); Belgien, Luxemburg (Frank, Centime [1830/90]); Niederlande (Dukat, Rijksdaaler, Stuiver [16-18.Jh. n.Chr.]; Guldens, Cent [1830]); Frankreich (Franc [1575], Écu blanc, Louisdor, Sol [1641], Écu neuf [1726]; Franc, Centime [1795]; Frank [Lateinische Münzunion 1865]); England, Großbritannien (Crown [Gold] [1527], Crown [Silber] [1551]; Sovereign, Ryal, Angel, Half-angel, Quarter-angel, Pound Sovereign, Half-pound, Crown, Half-crown [Gold], Crown, Halfcrown, Shilling, Sixpence, Groat, Threepence, Half-Groat, Three-halfpence, Penny, Three-farthings, Halfpenny [Silber] [1588/1603]; Unite [Gold] [1604], Farthing [Kupfer] [1613]; Guinee [Gold] [1663]; Sovereign [Gold] [1821]; Pound, Pence [1971, "D-Day"]); Schweden (Riksdaler, Mark, Öre, Örtung [1523/60]; Daler [Kupfer] [1611/32], Plaotmynt [Kupfer] [1644], Notdaler [Kupfer] [1701/21]; Riksdaler, Skilling, Runtstyk, Öre [1744]); Dänemark, Norwegen (Rigsdaler, Mark, Skilling [1537]; Krone [1618]; Krone, Rigsdaler, Mark, Skilling [1625]; Speziestaler, Rigsbankdaler, Rigsbankschilling [1813]); nordische Münzunion (Krone, Öre [1875/1924]); Finnland (Marrka, Pennia [1860]); Polen (Dukat, Taler, Gulden [Zloty], Groschen [Groszy] [1526, 1578]; Taler, Doppelgulden, Gulden, Groschen [1765]; Dukaten, Taler [1807]; Zloty, Kopeke [1832]; Zloty, Groszy [1923]); Ungarn (Pengö [1925]; Forint, Filler [1946]); Siebenbürgen (Zehndukatenstück [16./17.Jh. n.Chr.], Hundertdukatenstück [1661/90]); Griechenland (Drachme, Lepta [1827]); Rumänien (Leu, Bani [1877]); Bulgarien (Lev, Stotinki [1879]); Serbien (Dinar, Para [1887]); Montenegro (Perper, Para [1910]); Albanien (Lek, Quindar [1912]; Lek Franka Ari [1925]); Jugoslawien (Dinar, Para [1929]); Russland (Denga, Kopeke [16./17.Jh. n.Chr.]; Rubel, Kopeke [1700]; Poltina, Polupoltina [Silber] [18.Jh.], Imperial, Halbimperial [Gold] [1755], Platinmünzen [1828/44]; Rubel, Kopeke [1961]). V. Münzen der amerikanischen Neuzeit: Mittel-, Südamerika (spanisch-portugiesische Münzsysteme, u.a.: Piaster); Nordamerika, Vereinigte Staaten (Boston-/Bayshilling [1652]; Dollar, Dime, Cent [1792/94], Eagle [1795], Duoble-Eagle [1850]); Nordamerika, Kanada (Dollar, Cent [1858]). VI. Münzen der afrikanischen Neuzeit: Ägypten (Piaster, Para [1835]; Pfund, Piaster [1885]; Pfund, Piaster, Millieme [1917]); Maghreb (französisches Münzysystem). VII. Münzen des Nahen, Mittleren Osten in der Neuzeit: Osmanisches Reich, Türkei (Akce [Silber] [16./17.Jh. n.Chr.], Para [Silber] [1623], Kurusch/Piaster, Para [Silber] [1687], Altun [Gold] (1711]; Piaster, Para [1844]; türkische Lira, Kurusch [1919]); Syrien, Libanon (Pfund, Piaster [1921/24]); Irak (Dinar, Riyal, Dirham, Fils [1931]); Persien, Iran (Ashrafi [Gold], Scharis [Silber] [16./17.Jh. n.Chr.]; Abbasi [1587/1629], Rupie [1736/47]; Riyal, Dinar [1799/1826]; Toman, Kran, Dinar [1826]; Pahlevi, Riyal, Dinar [1931]); Afghanistan (Rupee [1747]; Tilla, Rupee, Qiran, Abbasi, Senar, Schahi, Paisa [1891]; Afghani/Amani, Puls [1925]). VIII. Münzen des Fernen Ostens: Indien (Gold-, Silber-, Kupfermünzen [4.Jh. v.Chr.-6.Jh. n.Chr.; 13.-16.Jh. n.Chr.]; Pagoda, Fanam [9.Jh. n.Chr.?], Tangka [1211/36], Rupee [1538/1605], Mohur/Mohar/Muhr [1556/1605]; Mohur, Rupee, Anna, Paisa, Pies [1835]; Rupie, Paisa [1945/57]); Vietnam (Lang [1832]; Piaster, Centieme [1879]; Dong, Xu [1946]); Burma, Brunei, Hongkong, Indonesien, Kmabodscha, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand (europäische Münzsysteme); China (Gerätemünzen [Bromze] [6.Jh. v.Chr.], Käschmünzen [Bronze] [3.Jh. v.Chr.]; Dollar, Cent [1879/85, 1911]; Yuan, Jiao, Fen [1955]); Japan (Oban/Koban [Gold] [1592/1860]; Yen, Sen, Rin [1870]); Korea (Bronzemünzen [996], Tschon [1882]; Whan, Yang, Fun [1892/93]); Nordamerika (Won, Jeon/Chon [1959]); Südkorea (Won, Hwan [1966]). IX. Münzen des 20./21. Jahrhunderts: Gedenkmünzen, Anlagemünzen [Feingold], Pseudomünzen, Münzmedaillen, Euro der Europäischen Union (€). [Buhlmann, 10.2016]

Klüppel, Theodor (1980), Reichenauer Hagiographie zwischen Walahfrid und Berno, Sigmaringen 1980 > R Reichenau

Knapp, Ulrich (2003), Salem. Münster (= Schnell (& Steiner) (Kleine) Kunstführer, Nr.875), Regensburg 22003 > S Salem

Knapp, Ulrich (2008), Stätten deutscher Könige und Kaiser im Mittelalter, Darmstadt 2008, 160 S., zahlreiche Farbabbildungen, € 5,-. Herrschaftsorte fränkischer, ostfränkischer und deutscher Könige und Kaiser des frühen, hohen und späten Mittelalters waren - weitgehend einem Reisekönigtum (ambulante Herrschaftsausübung) geschuldet - Pfalzen, Königshöfe, Bischofssitze, Klöster, Grablegen, Memorialstätten und dynastische Residenzen. Sie fungierten als Aufenthaltsort und zur Versorgung von Herrscher und Hof, als Versammlungsort bei Hoftagen und Reichsversammlungen, als Gerichtsort und zur Herrschaftsrepräsentation z.B. an kirchlichen Feiertagen. Den (städtischen) Pfalzen der fränkisch-merowingischen Könige (6.-8. Jahrhundert) folgten zeitlich die karolingischen Pfalzanlagen (aula, Pfalzkapelle) gerade im Nordosten des Frankenreichs. Paderborn (Aula, Salvatorkirche), Ingelheim (Exedrahalbkreis, Aula), Aachen (Aula, oktogonale Pfalzkapelle) und Nimwegen entstanden als Pfalzen unter König Karl den Großen (768-814). Karolingerzeitlich (8.-9./10. Jahrhundert) ist auch die Nutzung von Bischofssitzen (Bistumsgründungen in Sachsen [Paderborn, Hildesheim, Osnabrück, Verden, Bremen], Reichskirche) und Reichsklöstern (Reichenau [Pfalzanlage des Königs], Hersfeld, Fulda, Lorsch, St. Gallen, Corvey [Westbau], Weißenburg, Murbach); in ostfränkischer Zeit wurde die Abtei Lorsch (Torhalle) als königliche Grablege genutzt. Für die ottonisch-sächsische Kaiserzeit (10.-11. Jahrhundert) sind dann die Pfalzen und Königshöfe Quedlinburg (Frauenstift), Aachen (Krönungsort) und Ingelheim (Beziehungen zu den Mainzer Erzbischöfen) zu nennen, weiter die neu gegründeten Bistümer Magdeburg (962), Merseburg (mit Königspfalz) und Bamberg (1007; Grablege Kaiser Heinrichs II., mit Königspfalz) sowie die Klöster und Stifte Gandersheim (Westbau), Essen (Westbau) und Memleben. In frühsalischer Zeit (11. Jahrhundert) gehörten Bamberg (Oktogonkapelle) und Nimwegen (Oktogonkapelle) zu den bevorzugten Aufenthaltsorten der Herrscher, die Goslarer Pfalz (als Nachfolgerin des Königshofs Werla; Aula, Doppelkapelle, Pfalzstift St. Simon und Juda) wurde ausgebaut; Grablegen und Memorialstiftungen der Herrscher(familie) der Salierzeit (11.-12. Jahrhundert) waren Limburg a.d. Haardt (Klosterkirche) und das als Königsgrablege so wirkungsmächtige Speyer (Neubau des Speyrer Doms). König Lothar von Supplinburg (1125-1137) besaß (nach Süpplingenburg) seine Grablege in Königslutter (Klosterkirche). Mit den staufischen Kaisern und Königen (12.-13. Jahrhundert) sind die dynastischen Grablegen in Walburg (Klosterkirche), Lorch (Klosterkirche) und Ebrach (Klosterkirche) und die Königsgrablegen Bamberg (Konrad III.) und Speyer (Philipp von Schwaben) verbunden. Wichtige Königspfalzen waren Hagenau (Heiliger Forst, Stadt, Klöster Walburg und Neuburg), Gelnhausen (Aula, Torhalle, Pfalzkapelle), Kaiserswerth (Zollstelle), Nürnberg (palatium/castrum, Burgkapelle, Palas) und Wimpfen (Roter Turm, Palas, Blauer Turm, Reichsforst, Ministerialenburgen der Umgebung [Ehrenburg, Guttenberg, Minneberg, Reichenstein, Stolzeneck]; Bistum Worms); die Burg Trifels (Bergfried, Palas, Brunnenturm) diente u.a. der Aufbewahrung der Reichskleinodien; mit ihr waren (die Stadt) Annweiler und die Zisterzienserabtei Eußerthal (Kapellendienst auf der Trifels) verbunden. Beteiligt war das staufische Königtum am Neubau des Wormser Doms (staufische Hochvogtei). Im Interregnum (1245/56-1273) gingen viele Herrschaftsorte für das deutsche Königtum verloren. Die frühen habsburgischen Könige (13./14. Jahrhundert) stützten sich bei ihrer Herrschaftsausübung auf die Klöster der neuen Orden (Ottmarsheim, Maulbronn, Colmar, Klingenthal), auf die Reichsstädte (Straßburg); König Rudolf I. (1273-1291) fand in Speyer seine Grablege. Für das späte Mittelalter (13.-15/16. Jahrhundert) ist dann eine dynastisch-territoriale Verankerung des Königtums feststellbar: König Ludwig der Bayer (1314-1347) bewahrte die Reichskleinodien in der Münchener Frauenkirche auf, König Karl IV. (1346-1378) schuf mit Prag eine moderne Residenzstadt (Veitsdom, Karlshofer Kapelle), mit der Burg Karlstein einen Ort zur Unterbringung der Reichskleinodien. Vor dem Hintergrund des spätmittelalterlichen Wahlkönigtums (Goldene Bulle 1356) ließ Karl IV. zudem in einem "königlichen Bauprogramm" das Frankfurter Bartholomäusstift (nördlicher Querhausarm, 1353) und das Aachener Marienstift (Chorneubau, ca.1350?/1411) erweitern und veranlasste mit den Bau der Nürnberger Frauenkirche (1350/52/58; Vorhalle mit Empore und Balkon, Skulpturenprogramm); auch der steinerne Königsstuhl bei Rhens (1398 erstmals bezeugt, 1795/1806 zerstört) soll auf Kaiser Karl IV. zurückgehen. [Buhlmann, 05.2013]

Knapp, Ulrich (2009), Auf den Spuren der Mönche. Bauliche Zeugen der Zisterzienserabtei Salem zwischen Neckar und Bodensee, Regensburg 2009 > S Salem

Knapp, Ulrich (2015), Birnau am Bodensee. Basilika Unsere Liebe Frau (= Schnell & Steiner, Große Kunstführer, Nr.10), Regensburg 62015 > S Salem

Knappert, Jan (1990), Lexikon der afrikanischen Mythologie, hg. v. Michael Görden u. Hans Christian Meiser (1995) (= Heyne Sachbuch 338), München 1995 > M Mythos und Geschichte

Knauer, Norbert (1981), Vegetationskunde und Landschaftsökologie (= UTB 941), Heidelberg 1981 > L Landschaft

Knaurs Große Kulturen in Farben ist eine europäische und Weltgeschichte umfassende Reihe zu Menschheitskulturen. U.a. ist erschienen: Die Welt der Antike. Kulturgeschichte Griechenlands und Roms, hg. v. Michael Grant (1964), München-Zürich 1980, 216 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Karten, DM N.N.; Morgen des Abendlandes. Von der Antike zum Mittelalter, hg. v. David Talbot Rice (1965), München-Zürich 1980, 215 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Karten, DM N.N.; Blüte des Mittelalters. Die Welt der Ritter und Mönche, hg. v. Joan Evans (1966), München-Zürich 1980, 220 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, DM N.N. [Buhlmann, 05.2023]

Knaurs Großer Historischer Weltatlas, hg. v. Geoffrey Barraclough (1978), Nachdruck München-Zürich 1982 > A Atlas, historischer Atlas

Knaurs Kulturführer in Farbe, hg. von Marianne Mehling bzw. Franz N. Mehling, führen - geordnet nach den heutigen Staaten der Erde - in alphabetischer Reihung der Orte die jeweiligen kulturellen Höhepunkte aus Vorgeschichte, Antike, Mittelalter, Neuzeit und Moderne auf. U.a. sind erschienen: Ägypten, München 1987, 419 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 39,80; China, München 1989, 387 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 19,80; Deutsche Demokratische Republik, München 1989, 515 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 38,-; Deutschland, München 1985, 836 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM N.N., [Nachdruck] Gütersloh 1993, 1283 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 39,90; Frankreich, München 1979, 832 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 22,-; Griechische Inseln, München 1987, 323 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 32,-; Italien, München 1987, 832 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 44,-; London und Umgebung, München 1987, 324 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 32,-; Norwegen, München 1989, 260 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 36,-; Paris und Ile de France, München 1986, 259 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 26,80; Der Rhein, München 1990, 387 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 36,-; Rom und Latium, München 1985, 323 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 29,80; Schleswig-Holstein, Nachdruck München 1990, 260 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 32,-; Sizilien, München 1988, 260 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 29,80; Spanien, Nachdruck Augsburg 1998, 768 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM N.N.; Tschechische Rapublik und Slowakische Republik, München 1993, 580 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 44,-; Tessin, München 1985, 260 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 26,80; Thailand, München 1994, 292 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 38,-; Türkei, München 1987, 580 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM 39,80; Wachau (- Nibelungengau - Waldviertel), hg. v. Marianne Mehling (1985), Berlin-Darmstadt-Wien [1986], 260 S., Farbfotos, Pläne, Karten, DM N.N. [Buhlmann, 1987-1992, 06.-07.2022, 09.2022, 04.2023, 06.2023, 12.2023]

Knaurs Weltatlas, hg. v. Giuseppe Motta (1988), München 1988 > A Atlas, geografischer Atlas

Knichel, Martina (2004), Das Memorienbuch von St. Florin in Koblenz. Edition und Erläuterung (= QAMRhKG 110), Mainz 2004, 269 S., Farb- und Schwarzweißabbildungen, € 19,90 > Lateinische Literatur > L Lahnstein, Peter

Knichel, Martina (2009), Gilles von Daun (1318-n.1353), Ritter und Räuber. Aus der Geschichte des Wanderns, in: JbwdtLG 35 (2009), S.73-86. Die Burg Daun, gelegen an der "Weinstraße" Köln-Trier und der "Ferkelstraße" Bonn-Wittlich, 1107 erstmals erwähnt, im Spätmittelalter verbunden mit dem "Kröver Reich", stand im 14. Jahrhundert (zum Teil) unter der Herrschaft des Reichsministerialen Ägidius/Gilles von Daun (1318-1358). Gilles war zunächst Trierer Domherr, dann (ca.1318) verheiratet mit Kunigunde von Virneburg, mal Parteigänger des Trierer Erzbischofs Balduin (1307-1354) u.a. im "Kröver Reich" und hinsichtlich von Burg und Offenhaus Altendaun, mal politisch dem Kölner Erzbistum zugewandt. Zahlreiche Fehden bestimmten das Leben des Dauners, 1352 schloss sich Gilles dem damals geschlossenen rheinischen Landfrieden an, nachdem die Burg Daun schon 1350 von kurtrierischen und kurkölnischen Truppen eingenommen worden war. Ein Bündnis zwischen Kurtrier und Kurköln vom 23. September 1352, dessen als Konzept überlieferter Vertrag u.a. Übergriffe des Dauners auf kaufluden, pilgerimme, wandelern erwähnt, zwang Gilles von Daun zur Unterwerfung und zu Schadensersatzleistungen gegenüber den Erzbistümern Trier und Köln, der Markgrafschaft Jülich und der Grafschaft Luxemburg (1353). Erzbischof Balduin wurde mit der Burg Daun belehnt (1354); unter Erzbischof Boemund von Trier (1354-1362) konnte Kurtrier weitere Rechte im "Kröver Reich" erwerben (1355); Heinrich von Daun, Sohn des Gilles, wurde mit der Burg und Herrschaft Daun als Reichslehen sowie der Vogtei Kröv und Reil belehnt (1356). Alles in allem zeigen die Vorgänge um Gilles von Daun eine weitgehende Unabhängigkeit der Reichsministerialität zwischen Kurtrier und Kurköln, resultierend u.a. aus den vielfältigen, sich überschneidenden Lehensbindungen der Reichsministerialen von verschiedenen Lehnsherren. [Buhlmann, 05.2013]

Knipp, Kersten (2018), Im Taumel. 1918 - Ein europäisches Schicksalsjahr (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2018), Darmstadt 1918, 422 S., ca. € 12,-. Das Jahr 1918, das Jahr des Endes des Ersten Weltkriegs (1914-1918), ist zweifelsohne ein Epochenjahr europäischer Geschichte. Die letzten Kriegstage waren im deutschen Kaiserreich bestimmt von revolutionären Unruhen, von der Ausrufung der Republik und dem erzwungenen Rücktritt Kaiser Wilhelms II., die Habsburgermonarchie als Vielvölkerstaat in Mittel- und südöstlichem Europa sollte zerfallen, neue Nationen sollten (daraus) entstehen: Polen, Ungarn, Tschechoslowakei, Jugoslawien. Die Versailler Friedenskonferenz und der Versailler Friedensvertrag (28. Juni 1919) trugen als "Quellen des Hasses" den Keim neuer Zwietracht in sich, der Untergang der Imperien (Österreich-Ungarn, osmanisches Reich) und die Grenzen der neuen Nationen schufen neue (insbesondere Minderheiten-) Probleme, die die neuen mittel- und osteuropäischen Staaten im Zeichen eines Nationalismus nicht lösen wollten und konnten (fehlende Integration, fehlende Loyalitäten, autoritäre Regime). Auch außerhalb Europas hinterließ die neue Weltordnung Narben, etwa in Bezug auf die entstehende türkische Republik, die Armenien- und Kurdenfrage (Vertrag von Sèvres 1920), im griechisch-türkischen Krieg (Untergang des multiethnischen Smyrna 1922). Zurück blieben die Wunden des Weltkriegs, in der Politik hatte der Nationalismus "transnationale Ordnungsvorstellungen" (Imperien) vollends verdrängt, eine nationalistische Ideologie setzte sich nicht zuletzt in Deutschland durch mit fatalen Folgen für die nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Staaten Mitteleuropas im Zweiten Weltkrieg (1939-1945). [Buhlmann, 06.2018]

Knipping, Andreas (2004), Das große Buch der Reichsbahnzeit. Deutsche Eisenbahnen zwischen 1920 und 1945, München 2004 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Knipping, Andreas (2007), Schnellverkehr der Reichsbahnzeit. "Ziel 200 km/h": Schneller auf deutschen Schienen 1900 bis 1945, München 2007 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Knipping, Andreas (2010), 175 Jahre Eisenbahn in Deutschland. Die illustrierte Chronik, München 2010 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Knipping, Andreas, Schulz, Reinhard (2006), Die Deutsche Reichsbahn 1939-1945. Zwischen Ostfront und Atlantikwall, Stuttgart 2006 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Knörle, Rainer (2008), Kirchen, Klöster und Kapellen auf Tuttlinger Gemarkung vor dem Stadtbrand, in: TutHbll NF 71 (2008), S.79-99. Tuttlinger Besitz kam im Jahr 799 durch Schenkung des fränkisch-alemannischen Grafen Gerold an das Bodenseekloster Reichenau. Anzunehmen ist, dass die Tuttlinger Martinskirche auf eine Stiftung der Familie Gerolds zurückgeht. Die Reichenau gehörende Kirche war Mittelpunkt der Tuttlinger Pfarrei im Bistum Konstanz (Liber decimationis von 1275: Erzdiakonat ante nemus) und Schauplatz der Ermordung des Reichenauer Abtes Ludwig von Pfullendorf (1131-1135) am 28. Januar 1135. Durch Verlagerung der Siedlung Tuttlingen ab 1200 verlor die nunmehr außerhalb der Stadtmauer der entstehenden Stadt gelegene Martinskirche an Bedeutung; 1643 wurde sie weitgehend zerstört und die Ruine im 19. Jahrhundert als Steinbruch genutzt. Die Peter- und Paulskirche in der Stadt Tuttlingen, zunächst Filialkirche der Martinskirche, wurde 1006 erbaut und war die mit zwei Altären versehene spätmittelalterliche und frühneuzeitliche (Pfarr-) Kirche der ab der Reformation protestantischen Stadtbewohner (Taufbuch von 1558, Baumaßnahmen von 1584, Plünderungen und Schäden im Dreißigjährigen Krieg [1618-1648], Orgel von 1684, Erweiterung von 1699, Zerstörung beim Stadtbrand von Tuttlingen 1803). Zu nennen ist noch die spätmittelalterliche Bruderhauskapelle St. Johannes auf Aichhalden (auf die Reichenau oder die Johanniter zurückgehend?) auf der Tuttlinger Gemarkung, bestehend bis zur Reformation. Daneben gab es bis ins 16. Jahrhundert Kapellen am Siechenhaus (?), an der Ziegelhütte und an der Kirchgasse, eine 1320 erwähnte Kindsklause sowie vielleicht eine Reichenauer Bruderschaft am unteren Kelhof. [Buhlmann, 02.2013]

Knopp, Guido (1998), Unser Jahr 100. Deutsche Schicksalstage, München 1998 > D Deutsche Geschichte, 1870/71-heute

Knopp, Guido (1999), Kanzler. Die Mächtigen der Republik, München 1999 > D Deutsche Geschichte, 1949-heute

Knopp, Guido, Brauburger, Stefen, Deick, Christian, Müllner, Jörg, Schlosshan, Ricarda, Wiehler, Stephan (2000), Hitlers Kinder (= Anne-Frank-Shoah-Bibliothek), München 2000 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Knopp, Guido (2003), Die Gefangenen (= Goldmann Tb 15323), München 2005 > Z Zweiter Weltkrieg

Knopp, Guido (2011), Der Wettlauf zum Südpol. Das größte Abenteuer der Geschichte (= btb 74450), München 2012, 335 S., Fotos, Karten, € 12,99, schildert das aufregende Wettrennen zwischen den Südpolexpeditionen unter der Führung des Norwegers Roald Amundsen (*1872-†1928; Amundsen-Fram-Expedition 1910-1912) und der des Briten Robert Falcon Scott (*1868-†1912; Terra Nova-Expedition 1910-1913). Bekanntlich erreichte Amundsen den geografischen Südpol der Erde am 17./18. [14.?] Dezember 1911 und damit mehr als einen Monat früher als Scott (18. Januar 1912), der auf dem Rückweg vom Südpol mit seinen Begleitern verstarb. [Buhlmann, 10.2021]

Ko

Koch, Hans Albrecht (2008), Die Universität. Geschichte einer europäischen Institution (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2008), Darmstadt 2008, 320 S., € 10,-. Die Universität ist als europäische Institution dem Bildungssystem und den höheren Schulen des 12. und 13. Jahrhunderts entwachsen (Pariser Professorenuniversität, Studentenuniversitäten Bologna und Padau, collegia in Oxford und Cambridge). Im späten Mittelalter entfaltete sich das Universitätswesen weiter (Universitäten im römisch-deutschen Reich), Humanismus und Reformation führten am Beginn der frühen Neuzeit zur Konfessionalisierung und Regionalisierung bei den Universitäten. Dabei wurden die Artes (liberales), Theologie, Recht und Medizin gelehrt. Akademien und Universitäten unterlagen im Zeitalter der Aufklärung etwa durch Erweiterung ihres Fächerkanons Wandlungen, doch erst die Reformen des 19. Jahrhunderts (Reformmodelle Kants, Humboldts u.a.) veränderten die deutschen Universitäten (Burschenschaften und Revolution von 1848/49, Althoffsche Reformen, Gelehrte als "Mandarine"), ebenso die technischem Hochschulen die Universitätslandschaft (Polytechnika). Das 20. Jahrhundert sah die deutschen Universitäten zwischen dem Zugriff des Staates (Nationalsozialismus) und den Studentenunruchen von 1968. [Buhlmann, 12.2011]

Koch, Hansjoachim W. (1980), Hitlerjugend (= Moewig Dokumentation 4312), München 1981 > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Koch, Josef (Hg.) (1959), Artes liberales. Von der antiken Bildung zur Wissenschaft des Mittelalters (= Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, Bd.5), Leiden-Köln 1959 > A Artes liberales

Koch, Karl (1935), Hildegard von Bingen und ihre Schwestern, Leipzig 1935 > H Hildegard von Bingen

Koch, Laurentius (1989), Basilika Ettal. Kloster-, Pfarr- und Wallfahrtskirche, Ettal 1989, 21996 > E Ettal

Koch, Wilfried (1982), Baustilkunde. Das große Standardwerk zur europäischen Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart, München 1991 > A Architekturgeschichte

Kocka, Jürgen (2013), Geschichte des Kapitalismus (= BSR 2783), München 2013 > K Kapitalismus

Kodalle, Klaus-M. (1978), Unbehagen an Jesus. Eine Herausforderung der Psychologie an die Theologie, Olten-Freiburg i.Br. 1978 > J Jesus Christus

Köhler, Anne-Kathrin (2003), Geschichte des Klosters Nimbschen. Von der Gründung 1243 bis zu seinem Ende 1536/1542, (= Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte, Bd.7), Leipzig 2003, 318 S., € 35,50. Im Jahr 1243 gründete der Wettiner Markgraf Heinrich der Erlauchte (1221-1288) wohl bei Torgau das Nonnenkloster Marienthron als Seelstiftung seiner kurz zuvor verstorbenen Ehefrau Constantia von Österreich. Das Kloster erhielt eine umfangreiche Erstausstattung: Grundbesitz, die zwei Pfarreien Altbelgern und Weßnig und die Torgauer Kirche, u.a. aus wettinischen Besitz, der einmal 1119 für das Benediktinerkloster Reinhardsbrunn vorgesehen gewesen war. Neben der materiellen Absicherung gelang es dem Markgrafen, das Nonnenkloster rechtlich zu verankern. Dies geschah durch Inkorporation in den Zisterzienserorden (1244), wobei als Mutterkloster für die Nonnen das Männerkloster Pforte bestimmt wurde. Mönche von Pforte sollten in den folgenden Jahrhunderten Beichtväter der Marienthroner Nonnen werden, die Äbte das Frauenkloster visitieren und in Seelsorge und wirtschaftlichen Belangen unterstützen. Im Jahr 1250 erhielten die Nonnen von Papst Innozenz IV. (1243-1254) das privilegium commune des Zisterzienserordens, doch erlangten die Nonnen keine Exemtion vom Merseburger Diözesanbischof. Das Nonnenkloster ist zweimal umgezogen. Um 1250 siedelten die Sanktimonialen in die Stadt Grimma, der wettinischen Gründung aus der Zeit um die Wende zum 13. Jahrhundert, und wurden dort mit der Pfarrei und dem Hospital ausgestattet. Die Hospitalgebäude dienten den Nonnen wohl zum Aufenthalt und wurden zwischen 1250 und 1270 um- und ausgebaut. Noch vor 1291 bezogen die Sanktimonialen indes ein neu errichtetes Kloster bei Nimbschen und stärkten damit in diesem Gebiet auch die Stellung ihres wettinisch-markgräflichen Territorialherren. Die Zisterze Nimbschen besaß im späten Mittelalter umfangreichen Besitz an Elbe und Mulde, doch stagnierte der Aufbau der klösterlichen Grundherrschaft seit dem 14. Jahrhundert, gegen Ende des 15. Jahrhunderts werden finanzielle Schwierigkeiten erkennbar. Die Wettiner als sächsische Kurfürsten und Landesherren und die Äbte von Pforte bemühten sich um Reformen, die nur insofern gelangen, als dass die Gemeinschaft der Nonnen trotz umfangreicher Umbauarbeiten der Klostergebäude am Beginn des 16. Jahrhunderts in den 1520er-Jahren wirtschaftlich gesundet dastand. Das geistlich-religiöse Leben der Nonnen blieb aber von den Reformen wohl unberührt. Nur so ist das Eindringen von reformatorischem Gedankengut in Nimbschen erklärbar. Die Flucht von neun Nonnen aus dem Kloster im Jahr 1523, darunter von Katharina von Bora, der späteren Ehefrau Martin Luthers, gehört hierher. Von 40 Frauen waren noch neun Nonnen im Kloster übrig, als mit Margaretha (II.) (1509-1536) die letzte Marienthroner Äbtissin starb. Das Kloster als geistliches Institut wurde daraufhin aufgelöst (1536), der Wirtschaftsbetrieb noch von dem Klosterverwalter fortgeführt, bis im Jahr 1542 der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen (1525-1554) das Klostergut verpachtete. [Buhlmann, 06.2004]

Köhler, Joachim (1982/83), Abt Wilhelm von Hirsau 1069-1091. Heiliger, Reformer, Politiker, in: Der Landkreis Calw 1982/83, S.3-22 > W Wilhelm von Hirsau

Köhler, Joachim, Müller, Karl (1991), Hirsau. St. Aurelius (= Schnell & Steiner Kunstführer, Nr.705), Regensburg 131991 > H Hirsau

Köhler, Mathias (Bearb.) (1995), Die Bau- und Kunstgeschichte des ehemaligen Zisterzienserklosters Bebenhausen bei Tübingen (= VKGLBW B 124), Stuttgart 1995 > B Bebenhausen

Köln, Erzbistum: I. Spätantike: Vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Christentums im römischen Reich bildeten sich in der Spätantike auch in den germanischen Provinzen Bistümer heraus; erstmals ist der Kölner Bischof Maternus anlässlich einer Synode in Arles (313/14) bezeugt. II. Mittelalter: In der Merowingerzeit war die durch die "Völkerwanderung" bestimmte Zäsur und Diskontinuität im Kölner Bistum überwunden worden. Bischöfe wie Ebergisel (ca.590), Kunibert, Berater König Dagoberts I. (623/29-639), oder Giso und Anno I. (gegen 700) sind hier zu nennen. Die Kölner Diözese befand sich damals am Rand des Frankenreichs, den noch heidnischen gentes der Friesen, Boruktuarier oder Sachsen benachbart. Mission und Christianiserung sollten dann im Verlauf des 7. und 8. Jahrhunderts das Bistum Köln, das Winfrid-Bonifatius (†754) als Metropolitansitz für die rechtsrheinische Germania ohne Erfolg ausgewählt hatte, aus der Randlage befreien. Mit dem archiepiscopus Hildibald (787-818) ist dann die Ausformung der Kölner Kirche zur erzbischöflichen Metropolitankirche verbunden. Als Kölner Diözese kristallisierte sich dabei das Gebiet zwischen unterem Niederrhein bzw. Lippe und Vinxtbach, zwischen Mönchengladbacher Raum und Westfalen heraus. Der Kölner Metropolitankirche sind die gegen Ende des 8. Jahrhunderts in Sachsen eingerichteten Missionssprengel bzw. (werdenden) Bistümer Minden, Osnabrück und Münster unterstellt worden. Der Werdener Klostergründer Liudger (†809) ist von Hildibald zum ersten Bischof von Münster geweiht worden (805), Hildebald wird auch in irgendeiner Form an der Errichtung des Klosters Werden an der unteren Ruhr beteiligt gewesen sein (um 800). Die karolingische Teilungspraxis nach dem Tod Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) brachte auch die zeitweise Zergliederung des Kölner Bistums in einen rheinisch-lothringischen und einen westfälisch-ostfränkischen Teil mit sich und damit - insbesondere um die Mitte des 9. Jahrhunderts und beim Normanneneinfall von 881 - eine Schwächung der erzbischöflichen Stellung. Ab 923/25 gehörten dann der Niederrhein und das Kölner Bistum zum Ostfrankenreich der sächsischen Könige. Der archidux Brun(o I., 953-965), Bruder König Ottos des Großen (936-973), Erzbischof und lothringischer Herzog, zeigt dann den ersten Höhepunkt der Einflussnahme deutscher Herrscher auf das Kölner Erzbistum an. Im Rahmen der ottonisch-salischen Reichskirche wurde die Kölner Prälaten, nicht zuletzt als königliche Kanzler für Italien, zu Stützen des Königtums am Niederrhein, später - unter Erzbischof Anno II. von Köln (1056-1075) - auch im Widerstand gegen die rheinischen Pfalzgrafen. Im Investiturstreit (1075-1122) zeichneten sich die Erzbischöfe bis zu Friedrich I. (1100-1131) durch Neutralität bzw. Königsnähe aus. Dieses Bild ändert sich mit dem niederrheinischen Aufstand des Erzbischofs, der Stadt Köln und lothringischer Großer gegen Kaiser Heinrich V. (1106-1125) ab 1114, ein Aufstand, der die damalige Brüchigkeit der königlichen Herrschaft über die Reichskirche offenbart und die herrscherliche Verfügbarkeit über Reichskirchengut in Frage stellte. Die lehnsrechtliche Einbindung der Reichskirchen im Wormser Konkordat (1122) ermöglichte den deutschen Königen, gerade Friedrich I. Barbarossa (1152-1190), in der Folgezeit wieder einen verstärkten Einfluss auch auf das Kölner Erzbistum zu gewinnen. Rainald von Dassel (1159-1167) und Philipp von Heinsberg (1167-1191) waren Exponenten der (Italien-) Politik des Stauferkaisers, das Ende des 12. Jahrhunderts sah den Kölner Erzbischof im Besitz des ribuarischen (1151) und des westfälischen Dukats (1180), lehnsrechtlich gebunden an das staufische Königtum bei Landfriedenswahrung und Territorialpolitik. Die Organisiertheit im Kölner Erzbistum wuchs mit der Zeit. Da war zunächst der Erzbischof mit seinen Aufgaben auch im Dienst des Königs, dem er seine Stellung in der Reichskirche (u.a. erzbischöfliches Krönungs- und Salbungsrecht in Bezug auf den König), eventuell auch seine Wahl verdankte, gegenüber seinen Suffraganen, den Bischöfen von Utrecht, Lüttich und der sächsischen Kirchenprovinzen, gegenüber dem Papsttum, das das Pallium vergab und im Rahmen von Kirchenreform und Investiturstreit (11./12. Jahrhundert) zunehmend die Kirche zu einer römischen Kirche machte. Geistliche Tätigkeiten bei Predigt, Weihe und Liturgie und erzbischöfliche Herrschaft bei kirchlichem Gericht, Steuern und Abgaben und in Zusammenhang mit Provinzialsynoden, Visitation und Send betrafen die Gläubigen und die Geistlichkeit. Grundlage der erzbischöflichen Verwaltung war der ausgedehnte, mit Immunität begabte bischöfliche Besitz. Im Laufe der Zeit kristallisieren sich ab dem 11. Jahrhundert die Archidiakonate und die Dekanate als innere, räumlich ausgedehnte Strukturen des Bistumssprengels heraus. Das Kölner Domkapitel ist schon im 10. Jahrhundert bezeugt, daneben gab es wohl ab der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts ein Priorenkolleg; Ministerialität und Hofämter als Verwaltungsträger der Kölner Erzbischöfe werden gegen Ende des 11. Jahrhunderts deutlich für uns erkennbar. Die (rheinische) Herzogsgewalt des Erzbischofs und der kölnische Lehnhof waren eine wesentliche Machtgrundlage des entstehenden Kölner Erzstifts. Diesen Prozess der Territorialisierung wird besonders beim Hof, in der Vogtei- und Burgenpolitik, in der Städtepolitik und den Marktrechtsverleihungen der Kölner Erzbischöfe während des 12. Jahrhunderts fassbar, während auf der Ebene der erzbischöflichen Grundherrschaft ein Wandel hin zu "Modernität" nicht feststellbar ist. Die politisch-terrtoriale Position der Kölner Erzbischöfe verstärkte sich noch im deutschen Thronstreit (1198-1208), der Erzbischof war Wähler und Anhänger des welfischen Königs Otto IV. (1198-1218). Erzbischof Engelbert I. von Berg (1216-1225) stand auf der Seite des staufischen Königtums und war Reichsverweser (1220-1225) für den unmündigen König Heinrich (VII., 1220-1235), bevor er bei Gevelsberg getötet wurde. Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238-1261) verfolgte hingegen eine Politik gegen die Staufer; ihm gelang es, das Königtum am Niederrhein weitgehend auszuschalten und die erzbischöfliche Vormachtstellung weiter auszubauen. Letztere brach mit der Niederlage Erzbischof Siegfrieds von Westerburg (1275-1297) in der Schlacht bei Worringen (1288) in sich zusammen. III. Im Spätmittelalter - nach der Schlacht bei Worringen - stellte sich das Kölner Erzbistum mit dem Erzbischof und Kurfürsten (deutsche Königswahl) an der Spitze dar als ein geistliches Territorium unter den niederrheinischen weltlichen Grafschaften und Herzogtümern Berg, Geldern, Jülich, Kleve, Mark u.a. Hinzu kam das Herzogtum Westfalen mit dem Vorort Soest sowie das ebenfalls kölnische Vest Recklinghausen. Die Vogtei des Essener Frauenstifts war an die Grafen von der Mark gelangt, so dass ein direkte Verbindung zwischen dem Kurfürstentum im Rheinland und dem westfälischen Herzogtum nicht bestand. Die Erzbischöfe waren loyale Anhänger auch des avignonesischen Papsttums, das über die Besetzung des Erzbistums seit 1274 bestimmte. Die spätmittelalterliche Organisation der Kölner Diözese ist dem Liber valoris des Kölner Erzbistums (1308, 1378) zu entnehmen, einem Steueranschlag, wie er seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts in der Erzdiözese Köln üblich wurde; besteuert wurde die Geistlichkeit, d.h. die als "Pfarrer" bezeichneten Inhaber einer Pfarrpfründe oder deren Stellvertreter als "Vikar" in Höhe des "Zehnts" (decima) und entsprechend einem geschätzten Jahreseinkommen (taxus). Im 14. und 15. Jahrhundert wechselten Phasen politischen Engagements der Erzbischöfe auf Reichsebene (Kurkollegium, Goldene Bulle 1356, Kurverein von Bingen 1424) mit denen politischer Abstinenz. Unter Dietrich II. von Moers (1414-1463) kam es zu einer weiteren Erosion der politischen Machtstellung der Kölner Erzbischöfe (Soester Fehde [1444-1449], Münstersche Stiftsfehde [1450-1456]). IV. Frühe Neuzeit, Moderne: Das Kölner Erzbistum stand der am Niederrhein eindringenden Reformation durchaus offen, wie die versuchte Einführung der Reformation durch Erzbischof Hermann V. von Wied (1515-1547) und der Truchsessische Krieg (1583/88) zeigen. Indes behaupteten sich Erzbistum und Kurfürstentum - gestützt durch gegenreformatorische Maßnahmen - in ihrer katholisch-konfessionellen Stabilität, wenn es auch am Niederrhein zur Ausbildung protestantischer Territorien kam. Die Jahrhunderte der bayerisch-wittelbachischen Erzbischöfe auf dem Kölner Bischofssitz (1583-1761) brachte dem Erzbistum zusätzlich eine Verstetigung in Politik und Religion. Französische Revolution (1789) und Rheinlandbesetzung (1794/1813) führten zum Ende des (territorialen) Erzbistums als Teil des Alten Reiches (Säkularisation, Bistum Aachen), ab 1815 gab es ein Kölner Erzbistum im preußischen Königreich (rheinischer Katholizismus), im deutschen Kaiserreich, in der Weimarer Republik und in der Bundesrepublik Deutschland ("Ruhrbistum" Essen).
An Quellen zur Geschichte des Erzbistums Köln seien genannt: Oediger, Friedrich Wilhelm (Hg.) (1967), Der Liber Valoris (= PubllGesRheinGKde XII: Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinlande, Bd.9: Die Erzdiözese Köln um 1300, H.1), Bonn 1967, 143 S., DM N.N.; Oediger, Friedrich Wilhelm (Bearb.) (1969), Die Kirchen des Archidiakonats Xanten (= PubllGesRheinGKde XII: Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinlande, Bd.9: Die Erzdiözese Köln um 1300, H.1), Bonn 1969, 370 S., DM 30,-; Weber, Dieter (Bearb.) (1981), Die Weistümer der kurkölnischen Ämter Kempen und Oedt, des Landes Geisseren sowie der Herrlichkeiten Hüls und Neersen-Anrath (= PubllGesRheinGKde XVIII: Rheinische Weistümer, 2.Abt.: Die Weistümer des Kurfürstentums Köln, Bd.3), Düsseldorf 1981, 253 S., Karte, DM 45,-. Quellennah sind die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter (= PubllGesRheinGeschkde XXI): Bd.1: 313-1099, bearb. v. Friedrich Wilhelm Oediger (1954/61), Bonn 1954-1961, 443+48 S., Bd.2: 1100-1205, bearb. v. Richard Knipping (1901), 1901, Nachdruck Bonn 1964, XXVI, 400 S., Bd.3: 1205-1304, bearb. v. Richard Knipping (1909/13), Bonn 1909-1913, 422 S., Bd.4: 1304-1332, bearb. v. Wilhelm Kisky (1915), Bonn 1915, XXXIII, 564 S., XX, 508 S., Bd.5: 1332-1349 (Walram von Jülich), bearb. v. Wilhelm Janssen (1973), Köln-Bonn 1973, XIX, 477 S., Bd.6: 1349-1362 (Wilhelm von Gennep), bearb. v. Wilhelm Janssen (1977), Köln-Bonn 1977, Bd.7: 1362-1370 (Adolf von der Mark, Engelbert von der Mark, Kuno von Falkenstein), bearb. v. Wilhelm Janssen (1982), Bonn 1982, XVII, 364 S., zus. DM 700,-, Bd.8: 1370-1380 (Friedrich von Saarwerden), bearb. v. Norbert Andernach (1981), Bonn 1981, XXVIII, 644 S., DM 80,-, Bd.9: 1381-1390 (Friedrich von Saarwerden), bearb. v. Norbert Andernach (1983), Bonn 1983, XXVI, 549 S., DM 80,-, Bd.10: 1391-1400 (Friedrich von Saarwerden), bearb. v. Norbert Andernach (1987), Düsseldorf 1987, XXIX, 804 S., DM 80,-. Die Geschichte des Erzbistums Köln besteht aus: Bd.1: Oediger, Friedrich Wilhelm (Bearb.) (1964), Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, Köln 21972, 461 S., Abbildungen, Karten, DM 60,-, Bd.2,1: Janssen, Wilhelm (Bearb.) (1994), Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191-1515, Tl.1, 612 S., Abbildungen, Karten, DM 125,-. Darstellungen zur Geschichte des Erzbistums Köln sind: Ewig, Eugen (1954), Das Bistum Köln im Frühmittelalter, in: AHVN 155/56 (1954), S.205-243; Ley, Conrad Albrecht (1883), Kölnische Kirchengeschichte (von der Einführung des Christentums bis zur Gegenwart), Essen 21917, X, 621 S., DM 50,-, Oediger, Friedrich Wilhelm, Die bischöflichen Pfarrkirchen des Erzbistums Köln, in: DJb 48 (1956), S.1-37; Zilliken, Georg, Der Kölner Festkalender. Seine Entwicklung und seine Verwendung zu Urkundendatierungen. Ein Beitrag zur Heortologie und Chronologie des Mittelalters, in: BJbb 119 (1910), S.13-157. [Buhlmann, 08.2017]

  Köln: Romanische Kirchen: Die Stadt Köln ist auch bekannt durch ihre Vielzahl von romanischen Kirchengebäuden und Gotteshäusern. Genannt seien: I. St. Aposteln: Die Kirche St. Aposteln bzw. ein Vorgängerbau reicht mindestens bis ins 10. Jahrhundert zurück; hier - in der erzbischöflichen Eigenkirche vor dem westlichen römischen Stadttor - war im Jahr 965 der Kölner Erzbischof Bruno I. (953-965) aufgebahrt worden. 980 kam St. Aposteln an die Kölner Frauengemeinschaft St. Ursula, zu Beginn des 11. Jahrhunderts gründete Erzbischof Pilgrim (1021-1036) ein Kanonikerstift, das an den ebenfalls damals entstanden Neumarkt anschloss. Pilgrim ließ sich in seiner Stiftung, im Westchor der salischen (Pilgrim-) Basilika bestatten (Grab und Bleitafel des Stifters). Die Kirche wurde durch die Überführung der Gebeine der römischen Heiligen Felix und Adauctus aufgewertet (mittelalterlicher Prachtschrein), sie war - wie der damalige Kölner Dom - der heiligen Maria, den Aposteln und dem Apostelfürsten Paulus ("St. Paul vor den Mauern", Köln als "Rom des Nordens") geweiht. Das Stift beherbergte anfangs 40 Kanoniker, von den Stiftsgebäuden (Kreuzgang und Wohngebäude südlich, Friedhof und Pfarrhalle nördlich der Kirche) ist nichts erhalten geblieben. Das Gotteshaus erfuhr mehrfache Um- und Neubauten: der Westchor wurde nach einem Brand (ca.1100) umgestaltet, der 67 Meter hohe Westturm (als höchster mittelalterlicher Kirchturm Kölns) in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts unter Abtragung von salischer Krypta und salierzeitlichem Westchor angefügt; ein zweiter Brand führte an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert zur Neugestaltung des Ostabschlusses der Kirche als "zentralbauartiger" Dreikonchenchor mit Vierung, dem die Einwölbung von Lang- (1219/20) und Querhaus (ca.1225/30) folgten. Kleinere bauliche Veränderungen betrafen das Zeitalter des Barock (Krypta unter dem Westchor 1643/44, barocke Fresken im Ostchor 1762/68, barocke Vorhalle 1786), Restaurierungen ab dem 19. Jahrhunderten sicherten den Baubestand von St. Aposteln auch im Sinne von Historismus und Neuromanik. Die mittelalterliche romanische Kirche der Stauferzeit (12./13. Jahrhundert) strahlte dabei durch ihre Architektur eine Symbolik des Göttlichen aus (Zahlensymbolik). Zur heutigen Innenausstattung des Gotteshauses gehören: zwölf Eichenholzfiguren der Apostel (ca.1330/50), Reliquienschrank mit Armreliquiar (13. Jahrhundert) und Heiligenbüsten (14./15. Jahrhundert), Kelch des heiligen Erzbischofs Heribert (frühes 13. Jahrhundert), Holzstatue des heiligen Georg (ca.1450), Gemälde "Aussendung der Apostel" (ca.1510) im Chor, Grabplatten im südlichen Seitenschiff, Teilstück der nördlichen Seitenschiffmauer der salierzeitlichen Basilika, romanisches Taufbecken (ca.1200) in der Vierung, barocke Statuen der Apostel Paulus und Petrus, Orgelwerk von 1735 bzw. 1996, spätmittelalterliche Glocken (1507), Glocke von 2005. II. St. Severin: Ein Vorgängerbau der heutigen romanisch-spätgotischen Kirche verweist in die spätrömische Zeit; im 4. Jahrhundert gab es innerhalb eines frühchristlichen Gräberfelds vor der Stadt Köln einen Saalbau mit Westapsis als Kirchengebäude; der heilige Kölner Bischof Severin soll dieses zu Ehren der Märtyrer Cornelius und Cyprian geweiht haben. Die spätrömische Kirche wurde in der Merowingerzeit (5./6. Jahrhundert) durch seitliche Nebenräume und eine östliche Vorhalle erweitert; seit dem 6. Jahrhundert wurde hier der heilige Severin verehrt. Im 9. Jahrhundert (v.866) wurde die Pfeilerbasilika nach Westen ausgedehnt, 948 wurden von Erzbischof Wichfried von Köln (924-953) die Überreste des Severin in eine Grablege mit Stollenkrypta übertragen (Erweiterung des Chorraums). Damals wird an der Kirche eine Kanonikergemeinschaft bestanden haben. Erzbischof Hermann II. (1036-1056) weihte 1043 einen gegenüber der bisherigen Kirche größeren Nachfolgebau, Erzbischof Hermann III. (1089-1099) stattete das Chorherrenstift mit einem Goldschrein für den heiligen Severin aus. Am Anfang des 13. Jahrhunderts erhielt die Kirche einen polygonalen Ostabschluss sowie zwei den Chor flankierende Türme (Weihe des Hochaltars 1237). Gotische Umbauten und Ergänzungen des Kirchengebäudes betrafen die Zeit vom späten 13. bis 16. Jahrhundert: doppelgeschossige Sakristei als Nebenkrypta südlich des Chors (ca.1300), gotische Umgestaltung des Langhauses (bis n.1500), Errichtung des Westturms (1393-16. Jahrhundert, Mitte). Kleinere Umbauten des Innenraums folgten in der frühen Neuzeit, der Goldschrein musste 1798 eingeschmolzen werden (Emaillemedallion des Schreins). Nach Aufhebung des Stifts (1802) dient St. Severin als Pfarrkirche, im 19. Jahrhundert folgten der weitgehende Abriss der Stiftsgebäude (bis auf den Südflügel des Kreuzgangs), Restaurierungsarbeiten und eine teilweise neogotische Umgestaltung z.B. des Westturms. Im Kircheninneren stechen der salische Bereich des Hochchors und die gotische Gestaltung des Langhauses hervor, die Krypta ist eine dreischiffige Halle mit Confessio. Zur Innenausstattung des Langhauses gehören: Crucifixus dolorosus (ca.1350), Alabasterreliefs (ca.1600), frühneuzeitliche Grab- und Denkmäler, zu der des Querhauses und der Vierung: Madonnenfigur (ca.1270/80), Leinwandbilder, Triptychon des Bartholomäus Bruyns d.Ä. (ca.1550/55), zu der des Hochchors: Hochaltar mit den Gebeinen des Severin, Chorgestühl (13. Jahrhundert, Ende), Thesaurarium (1383), Bilderzyklus (ca.1500), Altartafeln, zu der (nördlichen, südlichen) Krypten: Wandmalereien (15. Jahrhundert, Anfang), Taufbecken (15. Jahrhundert), Sacrarium (ab 2005).
Vgl. dazu: Kaiser, Jürgen (1937), St. Aposteln (Köln) (= Schnell & Steiner, Kleine Kunstführer, Nr.744), Regensburg 102011, 27 S., Farbfotos, Pläne, Zeittafel, € 2,50; Schaden, Christoph (2006), St. Severin (Köln) (= Schnell & Steiner, Kleine Kunstführer, Nr.2623), Regensburg 2006, 31 S., Farbfotos, Plan, Zeittafel, € 2,-. [Buhlmann, 04.2023]

Kölzer, Theo (2002), Der Koblenzer Zoll im 11. und 12. Jahrhundert. Eine diplomatisch-paläographische Studie, in: RhVjbll 66 (2002), S.39-73. 1018 schenkte Kaiser Heinrich II. (1002-1024) dem Trierer Erzbischof Poppo (1016-1047) den Hof Koblenz mit der Kirche St. Florin sowie Zoll und Münze. Fortan gehörte Koblenz zum Einflussbereich der Trierer Erzbischöfe, die bis ins 14. Jahrhundert hinein durch eine nach Osten gerichtete Territorialpolitik den Ort zu einem wichtigen Zentrum ihrer Landesherrschaft machen konnten. Poppo selbst gründete in Trier das Simeonstift (Porta Nigra) (n.1035), das er mit dem Koblenzer Zoll begabte (1042). Die diesbezügliche Urkunde ist eine Fälschung des 12. Jahrhunderts, die jedoch den Rechtsakt im Großen und Ganzen richtig wiedergibt. Der Behauptung des Zolls durch das Stift und die Erzbischöfe auch gegenüber der sich entwickelnden Stadt Koblenz dienten dann eine Reihe von gefälschten erzbischöflichen Urkunden (1042, 1138, 1162) und Diplomen (1098, 1195) des 12. Jahrhunderts bzw. aus der Zeit um 1200. Sie lassen den Koblenzer Zoll als Schiffszoll mit angehängtem Marktzoll erkennen; die Koblenzer Zolltarife (11. Jahrhundert, 3. Drittel; kurz nach 1104; 1209) behandeln in erster Linie den Schiffszoll. Dabei diente u.a. die auf Kaiser Heinrich VI. (1190-1197) gefälschte Urkunde von 1195 als Beleg für den Zolltarif von 1209. [Buhlmann, 10.2002]

Kölzer, Theo (2005), Kaiser Ludwig der Fromme (814-840) im Spiegel seiner Urkunden (= Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften. Geisteswissenschaften. Vorträge G 401), Paderborn-München-Wien-Zürich 2005, 34 S., Schwarzweißabbildungen, Urkundentabelle, € 18,90. Von Kaiser Ludwig den Frommen (814-840) sind überliefert insgesamt 417 Urkunden, die von dessen aquitanischer Zeit (794) bis zu dessen Tod (840) reichen. Hinzu kommen 52 Urkundenformulare (Formulae imperiales), die Urkunden Ludwigs als Vorlage haben, weiter Briefe und Kapitularien, schließlich rund 200 verloren gegangene Diplome. Knapp ein Viertel der überlieferten Urkunden sind Fälschungen, rund ein Viertel (98) Originale, der Rest der Diplome ist abschriftlich (kopial) überliefert. Von Kaiser Ludwig dem Frommen sind pro Regierungsjahr durchschnittlich knapp 16 Urkunden auf uns gekommen, rund 45 Prozent stammen aus den ersten sieben Regierungsjahren (814-820), rund 20 Prozent aus den letzten sieben (834-840). Als Ausstellungsort rangiert Aachen als sedes regni ("Sitz des Königtums") mit weitem Abstand vor Frankfurt a.M. und Ingelheim; hinzukommen Diedenhofen, Worms, die Merowingerpfalzen Compiègne und Quierzy sowie Nimwegen. Insgesamt werden die Francia und der Nieder- und Mittelrhein als Gebiete des politischen Handelns des Kaisers sichtbar. Die Urkunden vermitteln damit einen Eindruck vom politischen Auf und Ab des Frankenreichs gerade während der Alleinherrschaft Ludwigs. Die Urkunden Ludwigs und auch deren Vielzahl (etwa im Vergleich zur Zahl Urkunden Karls des Großen) lassen dann etwas von der (stark) zunehmenden Schriftlichkeit im fränkischen Gesamtreich erahnen, waren letztlich Ausfluss eines Phänomens, das von der historischen Forschung "karolingische Renaissance" genannt wird. Alle Urkunden sind auf Latein verfasst, das ein etwa gegenüber der Merowingerzeit verbessertes Latein war. Den Urkunden lagen auch häufig Formularsammlungen zugrunde, die Urkundenaufbau und -inhalt, mithin das Urkundenformular präziser darzulegen wussten. So veränderten sich die Arengen, während das merowingerzeitliche H-Monogramm in den Urkunden Ludwigs wieder Einzug hielt; schließlich verweist "Ludwig" auf (den Merowingerkönig) "Chlodwig" (I., 482-511), womit die Karolinger sich an die ältere fränkische Königsdynastie "ansippten". Empfänger der Urkunden Ludwigs des Frommen waren zum überwiegenden Teil geistliche Institutionen wie Klöster (Aniane, Corbie, Corvey, Ebersmünster, Ellwangen, Farfa, Fulda, Hersfeld, Hornbach, Kempten, Kremsmünster, Lorsch, Pfäfers, Prüm, Reichenau, St.-Bertin, St. Gallen, Schwarzach, Stablo-Malmedy, Tours) und Bistümer (Angers, Aquileia, Bordeaux, Cambrai, Chur, Eichstätt, Langres, Le Mans, Paris, Passau, Piacenza, Straßburg, Worms, Würzburg), doch stehen den (somit) rund 170 geistlichen Empfängern immerhin auch 50 weltliche entgegen. Die Empfänger kamen dabei aus allen Teilen des fränkischen Gesamtreichs; gemäß der Invocatio der Ludwig-Diplome (In nomine domini dei et salvatoris nostri Iesu Christi) waren alle in Christus und im christlichen Frankenreich vereint. Auf Diplomen befindliche tironische Noten (eine Kurzschrift), die im Rekognitionszeichen oder am Ende des Urkundenmittelteils zu finden sind, sind Vermerke zum Umfeld der Urkundenausstellung; in den Noten werden Schreiber, Petenten oder ambasciatores (vielleicht einflussreiche Personen am Königshof, vielleicht zur Übermittlung des Beurkundungsbefehls) genannt. Inhaltlich geht es für die Empfänger in den Diplomen um Gütertransaktionen (Schenkung, Wiederherstellung, Tausch, Bestätigung), um Vergünstigungen und Rechte. Insbesondere ist diesbezüglich an die (nun in einer Urkunde vollzogene) Verleihung von Immunität und Königsschutz für geistliche Kommunitäten zu erinnern; die freie Abtswahl kam den Königsklöstern, die zusammen mit den Bistümern die karolingerzeitliche Reichskirche ausmachten. Insgesamt gestalteten die Diplome Kaiser Ludwigs des Frommen herrscherliches Handeln mit, in dem sie auch eigene Rechtsverhältnisse schufen. Das Formular der Diplome entwickelte sich dabei unter den ostfränkisch-deutschen Herrschern der nachfolgenden Jahrhunderte weiter, beeinflusste aber erst seit der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert den Bereich der "Privaturkunden" von weltlicher Großen oder von Vorstehern geistlicher Institutionen. > L Ludwig der Fromme [Buhlmann, 12.2013]

Kölzer, Theo (2018), Ein "überforderter Erbe"? Kaiser Ludwig der Fromme (814-840), in: AfD 64 (2018), S.1-17 > L Ludwig der Fromme

König, Helmut (1992), Zivilisation und Leidenschaften. Die Masse im bürgerlichen Zeitalter (= re 513), Reinbek b.H. 1992, 288 S., DM 22,90. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert wird die Rolle der "Masse" als Gruppe von wirtschaftlich, kulturell und/oder sozial Benachteiligten innerhalb einer Gesellschaft beschrieben. Die Masse als Menge der "Stand- und Besitzlosen" war ein Resultat der sich entwickelnden bürgerlichen Gesellschaft (Bevölkerungswachstum, Urbanität), als "Triebmacht" mit "roher, unberechenbarer Leidenschaft" sollte sie immer wieder die "Zivilisation" und Bildung der bürgerlichen Gesellschaft gefährden (Massengesellschaft [Georg Friedrich Wilhelm Hegel, Alexis de Tocqueville], Massendiskurs in der bürgerlichen Bildungselite, Zivilisationstheorien [Sigmund Freud]). Die Folge dieser Gefährdungen waren politisch-gesellschaftliche Krisen und Konflikte (1848er-Revolution, Revolution von 1918/19, politische Mobilisierung der Masse[n]) bei Einbeziehung der Masse in Politik und Gesellschaft (Demokratien, Nationalsozialismus, Wohlfahrtsstaat). [Buhlmann, 05.2019]

König, Ingemar (2001), Kleine römische Geschichte, Stuttgart 2001, 509 S., DM 36,80, und König, Ingemar (2007), Der römische Staat. Ein Handbuch (= RUB 18668), Stuttgart 2009, 456 S., € 11,80, geben einen umfangreichen und präzisen Überblick zu römischer Geschichte und Staatsaufbau (Republik und Kaiserzeit bzw. römische Frühzeit bis Spätantike). Im Einzelnen werden im ereignisgeschichtlichen Teil angeführt: Frühzeit/Königszeit, frühe, mittlere und späte römische Republik, Prinzipat, Dominat/Spätantike. Innerhalb des römischen Staates werden dann die ihn gestaltenden gesellschaftlichen Kräfte sichtbar; dies waren in der Zeit der Republik: Senat (und nobilitas), Ritter, Bürgerschaft, Magistraturen, in der Kaiserzeit: Kaiser, Verwaltung, Provinzen, Militär, Rechtswesen. [Buhlmann, 01.2002, 07.2011]

König, Ingemar (2007), Die Spätantike (= Geschichte kompakt), Darmstadt 2007, 125 S., € 9,90. I. Spätantike - ursprünglich eine Bezeichnung aus der Kunstgeschichte - bezeichnet die Geschichte des römischen Reiches im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr., beginnend mit den Kaisern Diokletian (284-305) und Konstantin I. dem Großen (306-337). Es ist eine Zeit großen politischen und gesellschaftlichen Wandels im Übergang von der Antike zum (frühen) Mittelalter bzw. zum oströmisch-byzantinischen Reich. II. Die politischen, militärischen, judikativen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen der beiden vorgenannten Kaiser bewirkten u.a. eine Neuorganisation des römischen Reiches (Vergrößerung der Anzahl der Provinzen, Diözesen, Präfekturen), eine Neuaufstellung des römischen Heeres (Grenzverteidigung und Limitantruppen, Bewegungsheer und comitatensische Legionen) sowie die Anerkennung des noch unter Diokletian verfolgten christlichen Glaubens (Konstantinische Wende) bei Gründung einer zweiten römischen Hauptstadt Konstantinopel (330). Die Dynastie Konstantins, repräsentiert durch die Kaiser Konstantin II. (337-340), Constans (337-350), Constantius II. (337-361) und Julian (361-363), konnte (im Wesentlichen) ihre Macht im römischen Reich bis zum Tod Julians behaupten. Im dabei zeitweise faktisch geteilten Imperium Romanum der drei augusti und Konstantinsöhne Konstantin II., Constans und Constantius II. (Westen, Mittelteil, Osten des römischen Reichs) kämpften diese um die Macht (Einfall Konstantins II. ins Italien Kaiser Constans' 340; Constans als Kaiser des Westens nach Konstantins II. Tod 340/50; Usurpation des Magnentius, Ermordung des Constans 350; Schlacht bei Mursa 351; Selbstmord des Magnentius, Constantius II. als Alleinherrscher 353; Caesar Gallus 351/54; Usurpation des Silvanus 355; Caesar Julian 355/60; Usurpation Julians 360, dessen Feldzug gegen Constantius II. 361; Tod Constantius' II. 361). Auch ging es um die Verteidigung der römischen Außengrenzen; Bruderkämpfe und Usurpationen hatten selbstverständlich negative Auswirkungen darauf. Im Westen bedrohten Sachsen, Franken und Alemannen die Grenzen (Kämpfe am Rhein; Britannienfeldzug Constans' 343; Schlacht bei Straßburg gegen die Alemannen 357; Krieg Julians gegen die salischen Franken 358), im Osten war es das sassanidische Perserreich unter Großkönig Schapur II. (†379) (geplanter Feldzug Konstantins des Großen; Armenien unter römischem Einfluss 338; persischer Angriff auf Nisibis 338; römische Niederlage bei Singara 344; persische Angriffe auf Nisibis 346, 350; persische Eroberung Amidas 359; Perserfeldzug Julians 363), entlang der Donau Quaden und Sarmaten (erfolgreiche Kriege Constantius' II. gegen Quaden 358 und Sarmaten und Limiganten 359). Die Kaiser wirkten - wie Konstantin I. auch (Konzil von Nikaia 325) - mit ihrer je katholischen oder arianischen Politik auf die in verschiedene Glaubensrichtungen gespaltene christliche Kirche ein (Bischof Athanasius von Alexandrien; Enkämien-Synode von Antiochien 341; Konzil von Serdica 342/43; Donatisten in Nordafrika, Synode von Karthago 348; Synode von Mailand 355; Synoden von Sirmium 357, 358; Wiederbelebung heidnischer Kulte unter Julian, Philosophengesetz 362). Nicht nur hinsichtlich des Christentums, sondern generell erhöhte sich der Einfluss von Kaisertum und kaiserlicher Bürokratie in vielen Lebensbereichen der Bevölkerung des Imperium Romanum (Idealisierung des Kaisertums [Rombesuch Constantius' II. 357, Roma aeterna], administrative Intensivierung [zivile, militärische Ämter], Wirtschaft und Finanzen, Steuererhebung [Dekurionen] und Münzwesen; Senatoren, honestiores/potentes, humiliores/humiles, coloni, ["barbarische"] Soldaten). III. Nach dem Tod Kaiser Julians auf dem Perserfeldzug (363) und der kurzen Regierung Kaiser Jovians (363-364) (römisch-persischer Friedensvertrag und Aufteilung Armeniens 363; Aufhebung des Philosophengesetzes 364) wurden Valentinian I. (364-375, Westen) und dessen Bruder Valens (364-378, Osten) zu neuen augusti und begründeten damit die valentinianische Herrscherdynastie (Erhebung des Valentiniansohns Gratian zum augustus 367; Kaiser Valentinian II. [375-392]). Die beiden Herrscher setzten sich gegen innere (Usurpation des Procopius 365; Schaffung des Amtes des defensor plebis 368; "Studentengesetz" 370; Aufstand des Firmus in Nordafrika 373/75) und äußere Feinde (Alemmannenkriege Valentinians I. 365/67; Kämpfe Valens' gegen die Goten 369) durch, an der Ostgrenze gegenüber dem Perserreich blieb u.a. in der Frage der Stellung Armeniens als Pufferstaat die politischen Verhältnisse unentschieden. Das Eindringen der Hunnen in Europa und das Ende des nördlich des Schwarzen Meers gelegenen Ostgotenreichs (375) sollten dann den Druck gotischer Völkerschaften auf die römische Grenze entlang der unteren Donau erhöhen (römische Niederlage in der Schlacht bei Adrianopel und Tod des Valens 378). Der von Kaiser Gratian (367/75-383) für den Osten des römischen Reichs zum augustus ernannte Thoedosius I. der Große (379-395) konnte die Verhältnisse indes noch einmal stabilisieren (foedus mit den Westgoten 382; römisch-persischer Frieden 384), machte das nikaianische Christentum zur Staatsreligion (Edikt Cunctos populos von 380; Konzil von Konstantinopel 381 [nikaianisch-konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis]; Ambrosius von Mailand, Damasus von Rom, Martin von Tours als Vertreter der westlichen, Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa als Vertreter der östlichen Kirche; Priscillianismus) und setzte sich auch gegen den Usurpator des westlichen Kaisertums, Magnus Maximus (383-388), durch (Ermordung des Maximus in Aquileia 388; Rombesuch des Theodosius 389 [heidnische Senatoren in Rom]) sowie gegen den von dem Franken Arbogast erhobenen Usurpator Eugenius (393-394) durch (Schlacht am Frigidus, Tötung des Eugenius, Selbstmord des Arbogast 394). Theodosius war damit Alleinherrscher (Verbot der Olympischen Spiele 394), starb jedoch alsbald unter Hinterlassung seiner Söhne Arcadius (395-408) und Honorius (395-423) als augusti im Osten und Westen des römischen Reiches. IV. Es folgte im 5. Jahrhundert eine fortbestehende faktische Teilung des römischen Reichs in einen West- und einen Ostteil, wobei insbesondere der Westen unter verheerenden Germaneneinfällen und feindlichen Invasionen zu leiden hatte. Hier entfalteten die nun in Ravenna residierenden weströmischen Kaiser (Honorius, Valentinian III. [423/25-455], Petronius Maximus [455], Avitus [455-456], Maiorian [457-461], Libius Severus [461-465], Anthemius [467-472], Olybrius [472], Glycerius [473-474], Nepos [474-475], Romulus Augustulus [475-476] kaum noch politisch-militärisches Gegenspiel, was z.B. die Bedrohung Italiens durch die Westgoten unter Alarich anbetraf (Heermeister Stilicho und Alarich; Feldzug Stilichos gegen Vandalen und Alanen 401; Ermordung Stilichos 408; militärische Aufgabe Britanniens 410; westgotische Eroberung Roms 410; Westgotenreich im südlichen Gallien 416) oder die zunehmende Ablösung Britanniens und Galliens von der römischen Herrschaft (Abzug römischer Truppen aus Britannien 401; Eindringen von Sueben, Alanen, Burgundern und Vandalen nach Gallien; Usurpationen in Gallien [Konstantin III. 407, Jovinus 411, Constantius III. 421]). Auch Spanien und Nordafrika war von den geramanischen Invasionen betroffen (Vandalen unter König Geiserich in Nordafrika, Belagerung von Hippo Regius 430, vandalische Eroberung von Karthago 439, vandalische Plünderung Roms 455). Lediglich in Gallien gelang es dem römischen Heermeister Aetius (†454) zwischenzeitlich und mit fränkischer, burgundischer und westgotischer Hilfe, sich in der Schlacht auf den "Katalaunischen Feldern" (451) gegen ein hunnisch-ostgotisches Heer unter Attila (†453) durchzusetzen. In Gallien fanden dennoch unvermindert die fränkische Landnahme (Norden, Nordosten), die Ausdehnung des Westgotenreichs (Süden) und die Ausdehnung des (zweiten) Burgunderreichs (Niederlage und Umsiedlung der Burgunder in die Sapaudia 435/36) statt. Vom Eindringen äußerer Feinde in das Reichsgebiet war der Osten des römischen Reichs weit weniger betroffen. Mit Kaiser Theodosius II. (408-450) ("Zitiergesetz" 426; Konzil von Ephesus 431; Codex Theodosianus als Gesetzbuch 435; latrocinium von Ephesus 449) endete die theodosianische Kaiserdynastie. Ihm folgten die (auf den Osten beschränkten) Kaiser Marcian (450-457) (Konzil von Nikaia-Chalkedon 451), Leon I. (457-474) und Zenon (474-491). Mit dem Ende des westlichen Kaisertums (Ricimer als germanischer Heermeister in Italien; König Odoaker in Italien [476-493] als römischer patricius) kamen römische Staatlichkeit (auf der Ebene des Kaisertums <-> lokale römische Verwaltung) und Spätantike zu ihrem Ende. V. Resümierend lässt sich für das römische Reich im 4. Jahrhundert festhalten: die Christianisierung des Reiches unter christlichen (katholischen, arianischen) Kaisern bei christlich-kirchlichen Glaubensstreitigkeiten und bei einer teilweise toleranten, teilweise gemäßigten antipagane Religionspolitik, die Bürokratisierung des Reiches, der Aufstieg Konstantinopels als eine Reichshauptstadt, das Nebeneinander von meist miteinander verwandten Kaisern in der Herrschaft über das Reich, die Eindämmung von Usurpationen, die weitgehende Stabilisierung der römischen Grenzen bei Einbeziehung "barbarischer" Völkerschaften (Germanen, Goten) in römisches Reich und römische Armee (foederati, laeti, hospitalitas). Für das 5. Jahrhundert kann gelten: die Erosion römischer Herrschaft im Westteil des Reiches ("weströmisches Reich", germanische Königreiche auf römischem Boden) als Folge militärischer Niederlagen und wirtschaftlichem Niedergangs (abnehmende Bedeutung der Städte, Rolle der gallorömischen Senatorenschicht), die Stabilisierung des Ostteils ("oströmisches Reich") auch auf wirtschaftlicher und kultureller Basis (Bedeutung des Städtewesens, hellenistische Traditionen). Die Teilung des römischen Reichs in eine lateinische West- und eine griechische Osthälfte kann so unabhängig von äußeren Bedrohungen und militärischen Gegebenheiten auch als ein allmähliches (die Spätantike durchziehendes) Auseinandertreten von West und Ost im ökonomischen und kulturell-geistigen Bereich interpretiert werden. [Buhlmann, 06.2018]

König, Ingemar (2009), Caput mundi. Rom - Weltstadt der Antike (= Besondere Wissenschaftliche Reihe 2009), Darmstadt 2009 > R Rom

König, René (1974), Die Familie der Gegenwart. Ein interkultureller Vergleich (= BSR 116), München 21977 > F Familie und Verwandtschaft

Koenig-Warthausen, Wilhelm Freiherr von (1967), Die Herren von Warthausen und Habsberg, in: ZWLG 27 (1968), S.117-134, 1 Karte. I. Methodik: Die Erforschung von Adelsfamilien im hochmittelalterlichen deutschen Südwesten wird erschwert durch die ungenügende Quellenlage und die aus den Geschichtsquellen vielfach nur zu vermutende Zuordnung einzelner Adliger zu Familien bei fehlender Abgrenzung der Geschlechter voneinander (Benennung nach Burg oder Ort, "Mobilität" des Adels). - II. Herren von Warthausen (nördlich Biberach): Mit Liutpold von Warthausen und seiner Güterschenkung an das ostschwäbische Augustinerchorherrenstift Rottenbuch (1110/20) treten die Herren von Warthausen als nobiles und liberi erstmals in Erscheinung, wohl verwandtschaftlich verbunden mit Graf Heinrich I. von Berg a.d. Donau (†1116/27) und den im Ostschwäbischen beheimateten Herren von Habsberg, weiter in Beziehung stehend zu den geistlichen Gemeinschaften Zwiefalten und Ochsenhausen (Adalbert von Warthausen, 1128, †ca.1138) sowie Schönau im Odenwald (Ulrich von Warthausen, 1152). Ulrich von Warthausen war 1157 Zeuge in einer Urkunde Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (1152-1190); nach 1167, nach dem 4. Italienzug des Kaisers erwarben die Staufer auch den Besitz der Herren von Warthausen. Grundbesitz der (älteren) Herren von Warthausen lag entlang der Riß bei Warthausen, Röhrwangen, Alberweiler, Altheim und Biberach. 1299 sind noch Ministeriale (als jüngere Herren) von Warthausen bezeugt, die jüngeren, niederadligen Herren von Warthausen erscheinen ab der Mitte des 14. Jahrhunderts in Alberweiler, ein Sifrid von Warthausen (1228/38) kann nicht eindeutig zugeordnet werden. Die Herrschaft Warthausen gelangte vor 1234 an die Truchsessen von Waldburg (-Warthausen), 1331 an die Habsburger (Vorderösterreich), 1806 an das Königreich Württemberg. - III. Herren von Habsberg: Die Brüder Konrad (1092, 1116, 1127), Adalbert (1114?, 1116), Heinrich (1127, ca.1150) und Ulrich von Habsberg (ca.1150) treten in Zusammenhang mit den Klöstern Zwiefalten und Ochsenhausen auf, auch im Umkreis der Großen Schwabens (allgemeine Zusammenkunft von Rottenacker 1116); Konrad war verheiratet mit Sophie, der Witwe Graf Eginos von Achalm. Die nächste Generation der Habsberger wird durch Bertolf (ca.1150, 1203), Werner und Ulrich repräsentiert (Güterschenkung an das Prämonstratenserstift Ursberg ca.1150). Ein Otto von Habsberg war bei der Weihe der Holzheimer Kirche (bei Dillingen?) anwesend (1163), ein Konrad von Habsberg Zeuge in einer Urkunde betreffend den Verzicht des Bistums Konstanz auf ein dem Kloster St. Georgen im Schwarzwald geschenktes Gut (1163). Bertolf war Urkundenzeuge bei Rechtsakten der Klöster St. Blasien, Ochsenhausen und Bebenhausen (1164, 1187, 1200), er selbst schenkte 1203 dem Kloster St. Blasien die Kirche in Loppenhausen (bei Mindelheim). Für die letzte Generation der (älteren) Habsberger steht Ulrich, der Propst des Stifts Ursberg (1180-1203). - IV. Folgerungen: Die Herren von Warthausen-Habsberg könnten vielleicht von dem fränkischen Grafen Warin und Hatto von Kesselburg (†902) abstammen und/oder von den bayerischen Liutpoldingern, den schwäbischen Herzögen Ernst I. (1012-1015) und Hermann IV. (1030-1038) bzw. den oberpfälzischen Herren von Kastl-Habsberg. Zudem wird auf Grund von Besitzverzahnung (Warthausen, Ehingen) und gemeinsamen Leitnamen (Ulrich, Heinrich, Konrad, Otto) eine gleiche Herkunft der Herren von Warthausen-Habsberg und der Grafen von Berg-Wartstein angenommen. [Buhlmann, 01.2012]

Königsfeld, Stadt, Kurort am östlichen Rand des mittleren Schwarzwalds: Kontakte der pietistisch-evangelischen Herrnhuter Brüdergemeine zur Geistlichkeit im protestantischen Herzogtum Württemberg im 18. Jahrhundert (Nikolaus Ludwig Graf von Zinsendorf [*1700-†1760]) führten schließlich zur Errichtung eines Gemeinortes im zukünftigen Königsfeld (württembergischer Plan der Herrhuter Diasporaarbeiter, Rundbriefe der Brüdergemeine, Verhandlungen mit der württembergischen Staatsverwaltung, Herrnhuter Gruppen in Schwenningen, Mönchweiler, Weiler, Peterzell und St. Georgen, Erwerb des Gutes "Hörnlishof" 1804/05, Fundationsurkunde des württembergischen Königs 1806, Ortsgründung 1806/07). Es entstand eine spätbarocke Stadtanlage in Schachbrettform (Planentwurf von Johann Gottfried Schulz 1807), die von Mitgliedern der Brüdergemeine besiedelt wurde (Kolonie), als unabhängige Gemeinde besondere Vorrechte besaß und gemäß Anordnung des württembergischen Königs "Königsfeld" genannt wurde (1809). 1810 kam Königsfeld durch Gebietstausch an das Großherzogtum Baden, Königsfeld wurde in den folgenden Jahrzehnten zu einer prosperierenden Kolonie der Herrnhuter (Mädchen-, Jungenschule, Zinsendorfplatz als Ortszentrum, Handel, Gewerbe). 1901 entstand die politische Landgemeinde Königsfeld, die die Herrnhuter Kolonie ablöste. Zwischen 1922 und 1957 besaß der Mediziner, Theologe und Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer (*1875-†1965) ein Haus in Königsfeld. Seit der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts stellt sich Königsfeld als Kurort (Kliniken, Kindersanatorium, Freibad) und Bildungszentrum (Zinzendorfschule). 1973/74 wurden die umliegenden Orte Weiler, Burgberg und Erdmannsweiler Königsfeld eingemeindet, 1975 kam es zum Zusammenschluss zwischen den Gemeinden Königsfeld, Buchenberg und Neuhausen.
Königsfelder Geschichte beschreibt: Rockenschuh, Wolfgang (1999), Königsfeld. Beiträge zur Geschichte, Königsfeld 1999, 272 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Pläne, (€ 20,-). [Buhlmann, 03.2016]

Königslutter, Benediktinerabtei und Stadt am Elm: I. Der Ort Lutter, benannt nach dem dort vorbeifließenden Bach (Ortsname: Lutter [1135], Lûtere [1138], Luthara [1143], Konnigesluttere [14. Jahrhundert, Ende]), gelegen an der wichtigen West-Ost-Verbindung (Heerstraße) zwischen Braunschweig und Magdeburg, reicht mindestens bis ins 11. Jahrhundert zurück, als Graf Bernhard von Haldensleben (†1044/51) hier eine geistliche Frauengemeinschaft gründete. Der römisch-deutsche König Lothar von Supplinburg (1125-1137) wandelte die Kommunität in ein Benediktinerkloster um und ließ dort - in Königslutter - eine romanische Basilika errichten, die als bedeutender Kirchenbau (dreischiffige Basilika mit aus zwei Türmen bestehenden Westriegel, mit Querhaus und Querhausturm, mit Chor, Hauptapsis und Nebenapsiden sowie mit einer herausragenden Ausstattung [Jagdfries der Hauptapsis, Löwenportal des Langhauses, Wandmalerei, Innenraumkapitelle, Osterleuchter, Kaisergrab mit Inschrifttafel aus Blei], daneben der [nördliche, westliche] Kreuzgang [-Flügel] mit Kreuzgangsäulen und -kapitellen) für den sächsischen Raum eine Vorbildfunktion besaß. Der Kaiserdom wurde zur Grablege Lothars und von dessen Ehefrau Richenza; das Benediktinerkloter - versehen mit umfangreichem Besitz als Grundausstattung - blühte im 12. und 13. Jahrhundert, das späte Mittelalter sah den wirtschaftlichen Verfall der Abtei, die 1542 von der protestantischen Reformation erfasst wurde. Die geistliche Kommunität bestand als evangelisches Stift unter lutherischen Äbten fort. Aus dem Stift wurde 1861/65 ein Landeskrankenhaus. II. Im Schatten der Benediktinerabtei entwickelte sich der Ort Lutter zur Stadt (forum Luttere 1318); daneben gab es das Dorf Oberlutter zwischen Stadt und Abtei, weiter eine Wasserburg des sächsischen Herzogs, entstanden an der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert. Für Königslutter war der Handel mit Kalkstein wichtig, ebenso der Export von Ducksteinbier bis nach Holland bzw. bis zur Oder (Brauhäuser in der Stadt). Noch heute zeichnet sich der Ort durch eine Vielzahl von (frühneuzeitlichen) Fachwerkhäusern aus (Deutsche Fachwerkstraße).
Zu Königslutter s.: Gosebruch, Martin, Gädeke, Thomas (1985), Königslutter. Die Abtei Kaiser Lothars (= Die Blauen Bücher), Königsstein i.T. 31998, 80 S., Abbildungen, Schwarzweiß- und Farbtafeln, Plan, DM 24,80; Grote, Rolf-Jürgen, Königfeld, Peter (Red.) (1996), Der Kaiserdom in Königslutter. Ein Kulturdenkmal auf dem Prüfstand (= Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, H.14), Hannover 1996, 127 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, Pläne, Karten, DM N.N.; Soffner, Monika (1996), Der Kaiserdom zu Königslutter (= Peda Kunstführer 361), Passau 1996, 30 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, DM N.N. [Buhlmann, 02.2018]

Koens, Olaf (2021), Pferde fliegen Business-Class. Was Tiere, Menschen und Gesellschaft im Nahen Osten verbindet, München 2021, 270 S., Farbabbildungen, € 22,-. Kamelrennen, Falkenjagden sowie die Pferdezucht genießen im Nahen und Mittleren Osten seit Generationen einen legendären Ruf und sind als fester Bestandteil der arabischen Kultur auch Europäern bekannt. Welche wichtigen Rollen Kamelen, Falken, Rennpferden sowie anderen wilden und domestizierten Tiere in der Kultur, Religion, Politik, Tradition, aber auch im Sport vieler Völker und Stämme des Vorderen Orients zufallen, blieb westlichen Betrachtern bislang weitestgehend verborgen. Der niederländische Journalist Olaf Koens beleuchtet in seinem 13 Reportagen umfassenden Buch "Pferde fliegen Business-Class" bizarr anmutende Tierliebe zwischen Mittelmeer und Persischem Golf. Er sucht dabei nicht nur in den Ställen "spleeniger Scheichs" nach den besonderen Mensch-Tierverhältnissen, sondern findet sie auch an Orten, wo sie wohl nur von wenigen vermutet werden. So traf er sich in einem Kibbuz mit begeisterten Schweinefleischessern, die ihre - eigentlich in Israel verbotene - Leidenschaft unter dem Deckmantel der Wissenschaft pflegen, als Schweinezüchter gegen den wachsenden Einfluss orthodoxer Juden opponieren und so das Braten und Essen von Schnitzeln als Ausdruck zivilen Ungehorsams verstanden wissen wollen. Doch werden nur die wenigsten Tiere im Nahen Osten zum Zwecke der Jagd, des Reitsports oder der Nährmittelerzeugung gezüchtet, gepflegt und gehegt. Oft geht es auch darum, Tiere als Lebewesen ohne eine von diesen erbrachte "Gegenleistung" zu schätzen. Tiere, so Koens, führen in den meisten Teilen des Orients ein weitaus besseres Leben und genießen einen höheren Stellenwert als (die meisten) Menschen. Dies wird auf besonders erschreckende Weise in der Tatsache deutlich, dass zwei Löwen aus dem Zoo von Aleppo in den Niederlanden schneller und unkomplizierter Asyl fanden als syrische Flüchtlinge, was freilich nicht ohne die Vermittlung mächtiger Männer aus der arabischen Welt möglich gewesen wäre. Man wundert sich bei der Lektüre auch nicht mehr darüber, dass die einzige Feuerpause in der frühen Phase des syrischen Bürgerkriegs nur eingelegt wurde, um sämtliche Tiere aus dem Zoo von Aleppo zu evakuieren und nicht etwa um Frauen und Kinder zu schützen. Olaf Koens beschränkt sich aber nicht nur auf das bloße "Zurschaustellen" arabischer Tierliebe, die für westliche Betrachter oft die Grenzen zur Besessenheit überschreitet. Er liefert in seinem Buch auch Erklärungsversuche und sieht die Ursachen für das besondere Mensch-Tier-Verhältnis in der Geschichte der Region. Koens konstatiert: "Es gibt keine alten Städte mit bedeutenden Monumenten, es gibt kein kollektives Gedächtnis. Die Haltung von Tieren ist vielleicht noch das Einzige, das die Menschen mit ihrem Land, ihrem Volk, ihrem Stamm, ja der eigenen Geschichte verbindet." So kommt es für ihn nicht von ungefähr, dass sowohl Araber als auch Israelis in den Ländergrenzen überfliegenden Zug- und Wandervögeln mit Spionagekameras versehene gegnerische Agenten vermuten, die beständig in der Gefahr schweben, eingefangen, festgesetzt oder getötet zu werden. Im Wesentlichen geht es aber beim Thema des Buchs um die gängigen Klischees arabischer Prunksucht und Übertreibung, für die besonders Abu Dhabi sprichwörtlich geworden ist. Im dortigen Falcon Hospital wird jagdlich ausgebildeten Greifvögeln modernste veterinärmedizinische Behandlung zuteil. Der Autor fand auch eine pädiatrische Abteilung, in der frisch geschlüpfte Küken in Brutkästen gehalten werden, wie man sie in der westlichen Welt nur in der Humanmedizin verwendet. In einem Radiointerview berichtete Olaf Koens, dass es in weiten Teilen des Orients nicht viel für ihn als Journalisten zu tun gäbe, weshalb er auf die Idee zu diesem Buch gekommen sei. Leider kann er diese Inspirationsquelle auf weiten Strecken nicht verleugnen, sodass weniger Kapitel durchaus eine Bereicherung dargestellt hätten. [Bötefür, 11.2021]

Kötzschke, Rudolf (1904), Die Anfänge der Stadt Werden, in: WB 10 (1904), S.1-69 > W Werden

Kötzschke, Rudolf (1904), Das Gericht Werden im späteren Mittelalter und die Ausübung der Landesgewalt im Stiftsgebiet, in: WB 10 (1904), S.70-126 > W Werden

Kötzschke, Rudolf (1904), Die älteste Landkarte des Stifts aus Abt Heinrich Dudens Zeit, in: WB 10 (1904), S.127-136 > W Werden

Kogon, Eugen (1946), Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager, Gütersloh o.J. [1976] > D Deutsche Geschichte, 1933-1945

Kohl, Christian Thomas (2005), Buddhismus und Quantenphysik. Schlussfolgerungen über die Wirklichkeit (= Windpferd Auroris Tb), Oberstdorf 32013 > S Sieroka, Philosophie der Physik

Kohler, Alfred (2006), Columbus und seine Zeit, München 2006 > K Kolumbus, Christoph

Kohler, Hubert (Hg.) (1983), Bad Schussenried. Geschichte einer oberschwäbischen Klosterstadt. Festschrift zur 800-Jahrfeier der Gründung des Prämonstratenserstifts, Sigmaringen 1983, 268, [48] S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 40,-. Die Brüder Beringer und Konrad, Ministerialen Herzog Welfs VI. (†1191), gründeten 1183 das Prämonstratenserstift Schussenried in Oberschwaben. Sie selbst traten in die Gemeinschaft ein, nach ihrem Tod musste sich ab 1191 der Schussenrieder Konvent gegenüber Ansprüchen ihrer Verwandten behaupten. Dies gelang erst 1205, als eine Kompromisslösung die Rückkehr der Prämonstratenser nach Schussenried ermöglichte. Schon früh baute die Kommunität Beziehungen zu Reich und staufischem Königtum auf (Schutzurkunden von 1183 und 1227), 1440 wurde aus der bisherigen Propstei eine Abtei, die Privilegien Kaiser Friedrichs III. (1440-1493) und Maximilians I. (1493-1519) von 1487 und 1512 machten aus Schussenried endgültig ein schwäbisches Reichsprälatenkloster, das in seinem aus fünf bzw. sieben Dörfern bestehenden Territorium auch über die Hochgerichtsbarkeit verfügt. Nach den Zäsuren von Bauernkrieg, Reformation und Dreißigjährigem Krieg (Niederbrennung Schussenrieds 1647) begann unter Abt Didacus Ströbele (1719-1733) die Phase der Barockisierung des Klosters. Zwischen 1728 und 1733 wurde die barocke Wallfahrtskirche St. Peter und Paul in Steinhausen erbaut, es folgte der barocke Konventsbau mit dem prunkvollen Bibliothekssaal von 1754/61. Hingegen wurde die mittelalterliche Stiftskirche St. Magnus, ursprünglich die Pfarrkirche Schussenrieds, nicht neu erbaut, sondern nur barock umgestaltet. 1802/05 wurde die Abtei aufgehoben, Kloster und Territorium gelangten zunächst an die Reichsgrafen von Sternberg-Manderscheid, bevor Schussenried 1806 württembergisch wurde. Der sich im Schatten des Klosters entwickelnde Ort Schussenried machte die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts mit und ist heute ein Kurort (Hüttenwerk 1837, psychiatrisches Krankenhaus 1875, Stadt 1946, Bad 1966, Eingemeindungen [Otterswang, Steinhausen 1972; Reichenbach 1974]). [Buhlmann, 10.2006]

Kohlheim, Rosa, Kohlheim, Volker (2004), Duden: Lexikon der Vornamen. Herkunft, Bedeutung und Gebrauch von über 6000 Vornamen, Mannheim-Leipzig-Wien-Zürich (4)2004 > N Namenkunde

Kohlmann, Carsten, Hehr, Annette (2022) (Hg.), Alte Funde in neuem Licht. Burgenarchäologie um Schramberg. Begleitbuch und Objektkatalog zur Sonderausstellung im Stadtmuseum Schramberg vom 15. Mai bis 30. Oktober 2022 (= Schriftenreihe des Stadtarchivs und Stadtmuseums Schramberg, Bd.31), Schramberg 2022, 212 S., Farbabbildungen, Tabellen, Pläne, Karten, € 29,80. I. Der Ort Schramberg taucht erst spät, zum Jahr 1251 in den historischen Quellen auf als Shrannenberc. Im hohen und späten Mittelalter sind zahlreiche Adelsfamilien in und Schramberg nachweisbar: Herren von Ramstein, Herren von Falkenstein (Burgen Ramstein, Falkenstein), Ritter von Schilteck, Herren von Wartenberg-Wildenstein, von Ow, von Neuneck auf Schilteck, von Emershofen (Burg Schilteck), Herren von Rechberg (Burg Schilteck, Hohenschramberg). Die Herrschaft Schramberg wurde von Hans von Rechberg (†1464) begründet, der aus den ehemaligen Herrschaftsgebieten der Falkensteiner, Ramsteiner und Schiltecker ein reichsunmittelbares Territorium formte. Letzteres hatte auch nach 1464 Bestand, als Hans' Sohn Ludwig von Rechberg (†1503/04) und seine Brüder dieses uneinheitliche Herrschaftsgebiet behaupteten und erweiterten, etwa im Gebiet der ehemaligen Ritterherrschaft Schilteck (1496) oder mit dem Ausbau der Burg Hohenschramberg. Ludwigs Sohn Hans (II.) (1504-1526) bemühte sich nach Auseinandersetzungen mit der Reichsstadt Rottweil (1512/13) seit 1514 indes um den Verkauf der Herrschaft, die schließlich im Jahr 1526 an seinen Schwager Hans von Landenberg (1526-1540) für 11000 Goldgulden veräußert wurde. Die sog. Landenbergische Fehde der Landenberger mit der Reichsstadt Rottweil (1538-1541) leitete das Ende der landenbergischen Herrschaft über Schramberg ein, das an Rochus Merz von Staffelfelden (†1563) gelangte (1547; Merzsches Urbar 1547/49). Zwischen 1571 und 1583 war die Herrschaft Schramberg im Besitz von Sebastian und Gottfried Zott von Berneck, im Jahr 1583 erfolgte der Übergang Schrambergs an das Haus Habsburg-Österreich; Graf Wilhelm von Zimmern (1583-1594) wurde mit der nun vorderösterreichischen Herrschaft belehnt. Politisches Zentrum der Herrschaft Schramberg war die Burg Hohenschramberg. Daneben gab es die Streusiedlungen der Talschaften, die sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts zunehmend als Gemeinden organisierten. Lauterbach und Sulzbach sind hier zu nennen (1497). Aichhalden und Mariazell - Letzteres Lehen des Klosters Reichenau - waren zur Herrschaft Schramberg gehörende Gemeinden mit (zeitweise klein-) städtischem Charakter. Die innere Gliederung des Territoriums in fünf bzw. sechs "Ämter und Vogteien" wurde von Rochus Merz grundgelegt, das Merzsche Urbar zum "Grundgesetz" der Landesherrschaft, die sich als "ritterschaftlicher Miniaturstaat" in Organisation und Verwaltung den anderen Territorien anpasste. (Michael Buhlmann, Adelsherrschaft im mittelalterlich-frühneuzeitlichen Schramberg). II. Um Schramberg sind entlang der Schiltach (bis zum Ort Schiltach) einige mittelalterliche Burgen bzw. frühneuzeitliche Schlösser nachzuweisen, die im Rahmen der neuzeitlichen Burgenarchäologie untersucht wurden: Altenburg, Ramstein, Berneck, Ober-/Unterfalkenstein, Hohenschramberg, Schilteck, Klingenburg, Willenburg, Schiltach (Moritz Seeburger, Alte Funde in neuem Licht? - Eine Einführung; Carsten Kohlmann, Ad muros! - Anfänge der Burgenforschung in Schramberg; Moritz Seeburger, Es begann mit einer Schatzsuche - Die Schramberger Schlossbergpioniere 1957-1985; Bertram Jenisch, Das archäologische Erbe der "Burgenstadt" Schramberg im Spiegel der Entwicklung der Mittelalterarchäologie in Baden-Württemberg; Moritz Seeburger, Mittelalter en miniature - Modellrekonstruktionen der Burgen um Schramberg; David Kuhner, Die Burgen meiner Heimatstadt). Burg und Schloss Schramberg nehmen als Herrschaftsmittelpunkt der spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen "Ritterherrschaft" Schramberg eine besondere Stellung ein. Die auf Hans von Rechberg (†1464) zurückgehende Hohenschramberg, gelegen am Zusammenfluss von Schiltach und Lauterbach, war eine "Familienfestung" der Herren von Rechberg, wurde unter Rochus Merz von Staffelfelden (†1563) ausgebaut und war ein Schloss der Freiherren von Bissingen, bis dieses im Rahmen des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) zerstört wurde (1688/89) (Moritz Seeburger, Burg Hohenschramberg - Eine südwestdeutsche Frühfestung; Oliver Heyn, Nichts als ein alter Steinhaufen? - Übergabe und Zerstörung des Schlosses Schramberg (1688/89); Ines Petri, Vom Grundriss zum 3D-Modell - Das Neue Haus auf Burg Hohenschramberg als digitale Rekonstruktion). III. Archäologische Funde geben Einblick in den reichhaltigen Burgenalltag in Mittelalter und früher Neuzeit, angefangen bei den Befestigungsanlagen und der Wasserversorgung bis hin zu den kleinteiligen Gegenständen wie Gefäße und Keramik, Küchen- und Haushaltsgegenstände, Spielfiguren, christlich-religiöse Gegenstände, Zier- und Türbeschläge, Türschlösser, Ofenkacheln, Werkzeuge aller Art, Waffen- und Rüstungsteile (Moritz Seeburger, Von Brunnen, Deicheln und Wassereseln - Überlegungen zur Wasserversorgung der Burgen um Schramberg; Johanna Pröbstle, Restaurierung der Schramberger Burgenfunde und konservatorischer Zustand der Sammlung; Moritz Seeburger, Unverhofft kommt oft - Neuzugänge der archäologischen Sammlung in Schramberg; Moritz Seeburger, Objektkatalog: Die Burg als Wohnbau, Die Burg als Wirtschaftsbau, Die Burg als Wehrbau). > S Schramberg [Buhlmann, 09.2022]

Kohrs, Peter (2014), Deutsch. Kompaktwissen Oberstufe (= Pocket Teacher Abi), Berlin 2014 > D Deutsche Sprache

Kolb, Anne, Fugmann, Joachim (2008), Tod in Rom. Grabinschriften als Spiegel römischen Lebens (= KGAW 106), Mainz 2008, 232 S., Schwarzweißabbildungen u.a. von 58 Grabinschriften, € 12,95 > Lateinische Literatur > R Römische Grabinschriften

Koller, Heinrich (2005), Kaiser Friedrich III. (= GMR), Darmstadt 2005, 311 S., € 27,90. Nach dem Tod König Albrechts II. (1438-1439) wählten die Kurfürsten am 2. Februar 1440 in Frankfurt den habsburgischen Herzog Friedrich V. (1435-1493) zum König; die Krönung wurde erst am 17. Juni 1442 in Aachen vollzogen. Friedrich wurde am 21. September 1415 in Innsbruck als Sohn des Erzherzogs Ernst von Österreich und der Cimburgis geboren. Nach dem Tod seines Vaters (1424) übte sein Onkel Friedrich IV. (1386/1402-1439) für ihn die Regentschaft aus; er übernahm 1435 aber die Herrschaft in Steyr, Kärnten und Krain. Todesfälle bei Habsburgern, u.a. der Tod Albrechts II. (1439), ermöglichten es Friedrich, faktisch in allen habsburgischen Stammländern zu herrschen. Doch sollte es zwischen dem König, seinem Bruder Albrecht VI. (†1463) und dem habsburgischen Adel in der Folgezeit öfter zu Differenzen kommen (1443/46, 1462; Baumkircher Fehde 1469-1471), denen Friedrich mit einer umfassenden europäischen Politik, aber auch mit Passivität begegnete. Im Reich bemühte sich der König um weitere Reformen und wandte sich gegen das Baseler Konzil (1439). Mit Papst Nikolaus V. (1447-1455) schloss er das Wiener Konkordat (1448), das Friedrich letztlich den Weg zur (übrigens letzten) römischen Kaiserkrönung durch den Papst ebnete (19. März 1452). In Rom heiratete Friedrich auch Eleonore von Portugal (16. März 1452). Friedrichs Eingreifen in Böhmen und Ungarn und das Vordringen der Osmanen schwächten die habsburgische Position im Osten des Reiches; erinnert sei an die Niederlage gegen den ungarischen König Matthias Corvinus (1458-1490), der Teile der habsburgischen Stammlande besetzen konnte (1477-1490). Dagegen errang Friedrich gegen den burgundischen Herzog Karl den Kühnen (1467-1477) bei der Belagerung von Neuß (1474) einen Sieg und mit Karl einen Ausgleich (1475), der in der Heirat Marias, der Erbtochter des 1477 gefallenen Karls des Kühnen, mit Maximilian, dem Sohn Friedrichs, gipfelte. Die Habsburger gewannen so gegen den französischen König einen Großteil der ehemals burgundischen Gebiete. Außerdem gelang es, Maximilian 1486 zum römisch-deutschen König wählen und krönen zu lassen. Bei Friedrichs Tod am 19. August 1493 in Linz waren jedenfalls die Weichen für die Übernahme der böhmischen und ungarischen Krone durch die Habsburger gestellt. Begraben liegt Friedrich III. im Wiener Stephansdom. [Buhlmann, 06.2006]

Kollmann, Bernd, Deuse, Werner (2022), Die Schrift des Alexander Monachus über die Kreuzauffindung (De inventione sanctae crucis). Einleitung, Übersetzung und Kommentar (= Anthusa 1), Stuttgart 2022, 128 S., € 34,-. I. Die auf Griechisch verfasste Schrift De inventione sanctae crucis stammt von einem Mönch Alexander, der auf Anordnung der Leitung eines im oströmisch-byzantinischen Herrschaftsbereich liegenden Klosters den wohl auf liturgische Zwecke ausgerichteten literarischen Text auf jeden Fall zwischen 553 (5. Ökumenisches Konzil) und 614 (Raub des Kreuzes durch die Perser), wahrscheinlich in den beginnenden 560er-Jahren verfasste. Alexander Monachus mag dabei mit dem Mönch Alexander als Autor der Laudatio Barnabae identisch sein. Der erste sichere Hinweis auf die Schrift über die Kreuzauffindung stammt allerdings erst aus dem 12. Jahrhundert, doch könnten diese auch die Historiografen Theophanes (9. Jahrhundert, Anfang) und Georgios Monachus (9. Jahrhundert, Ende) verwendet haben. De inventione sanctae crucis ist in den Münchner Handschriften Cgm 271, 273 aus dem 16. Jahrhundert überliefert, gedruckte Editionen setzen mit der frühen Neuzeit ein. II. Inhaltlich besteht De inventione sanctae crucis aus: Prolog; Geschichte von der Schöpfung bis Kaiser Tiberius; römische Kaisergeschichte von Caligula bis Konstantin den Große; Konzil von Nizäa, Kreuzauffindung, heilige Stätten in Jerusalem; Tod Konstantins, Kreuzerscheinung in der Zeit Kaiser Constantius' II.; Enkomion auf das heilige Kreuz; Epilog. Dabei betont Alexander Monachus in seinen theologiegeschichtlichen Einordnungen die Richtigkeit der Beschlüsse der Ökumenischen Konzilien von Nizäa (325) und Chalcedon (451) gegen den Arianismus, den Nestorianismus und die Lehren des Origines. Zentral für die Darstellung des Alexander ist die Kreuzauffindungslegende um Helena, die Mutter Kaiser Konstantins des Großen (306-337). Die Überlieferung zur Kreuzauffindung setzt um die Mitte des 4. Jahrhunderts ein, um 390 bzw. 395 ist die Kreuzauffindung mit der Person der Helena verbunden (Bericht des Gelasius von Cäsarea; Leichenrede des Mailänder Bischofs Ambrosius auf Kaiser Theodosius I.). Auch die griechischen Kirchengeschichten des Rufinus, Socrates, Sozomenus oder Theodoret (5. Jahrhundert) führen die Kreuzauffindung-Helena-Legende auf, wonach im Auftrag des Kaisers Konstantin dessen Mutter mit Unterstützung des Jerusalemer Bischofs Macarius drei Holzkreuze im Boden Golgotas fand, von denen eins - zusammen mit den Nägeln und der (wohl unechten römischen) Kreuzestafel (in Santa Croce in Gerusalemme) - als das heilige Kreuz, an dem Jesus Christus starb, identifiziert werden konnte. Seit der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert ist dann die liturgische Praxis eines Fests der Kreuzerhöhung (13. September) in Jerusalem bezeugt, das zu Beginn des 7. Jahrhunderts auch in Konstantinopel, vor der Mitte des 7. Jahrhunderts wohl auch in Rom gefeiert wurde. 614 kam in Folge der persischen Eroberung Jerusalems das heilige Kreuz aus der Jerusalemer Grabeskirche in den Besitz des Großkönigs Chosraus II. (590-628; Schrift Reversio sanctae crucis des Hrabanus Maurus) und kehrte nach der persischen Niederlage wieder ins byzantinische Reich zurück (Eintreffen in Konstantinopel 629, Triumphzug in Jerusalem 630). Um 635 wurden das heilige Kreuz und andere Reliquien wegen der Gefahr arabisch-muslimischer Einfälle nach Konstantinopel verbracht. Mit der islamischen Eroberung Jerusalems (638) wurde Konstantinopel zum Zentrum der Kreuzverehrung (Kreuzpartikel als kostbar eingefasste Reliquien); Teile des heiligen Kreuzes könnten dennoch in Jerusalem verblieben sein (dort 1099 aufgefundenes Kreuzfragment der fränkischen Kreuzfahrer). Das heilige Kreuz in Konstantinopel fiel 1203 schließlich den Kreuzfahrern in die Hände, als diese die byzantinische Hauptstadt in Besitz nahmen, und wurde - in Splitter zerlegt - unter die Eroberer aufgeteilt. [Buhlmann, 06.2023]

Kollmar-Paulenz, Karénina (2011), Die Mongolen (= BSR 2730), München 2011, 128 S., 3 Karten, Zeittafel, € 8,95. Mongolische Völker bzw. Stämme sind als Nomaden erstmals zurzeit der chinesischen Tang-Dynastie (618-906) bezeugt. Unter (Temüjin-) Dschingis Khan (1206-1227) kam es zur Einigung der Mongolen und zur Entstehung eines mongolischen Großreichs (1209 Unterwerfung der türkischen Uiguren, 1215 Eroberung Pekings, 1219/23 Eroberung Transoxaniens, 1223 Schlacht an der Kalka), das unter den Nachfolgern Dschingis Khans, den Großkhanen Ögedei (1227-1241), Güyügs (1246-1248), Möngke (1251-1259) und Qubilai (1264-1294), weiter ausgedehnt wurde (1234 Eroberung des Jin-Reiches in Nordchina, 1235 Hauptstadt Karakorum, ab 1240 Einbeziehung Tibets, 1241 Schlacht bei Liegnitz, 1252/76 Eroberung des Song-Reiches in Südchina, 1253 Mongolen im Iran, 1258 Eroberung Bagdads, 1260 Eroberung von Aleppo und Damaskus, 1274/78 Feldzüge gegen Japan, 1292 Angriff auf Java). Mit dem Großreich in Beziehung steht das "lange mongolische Jahrhundert" (13./14. Jahrhundert; administrative Strukturen des Vielvölkerstaats [quiriltai, Gesetzgebung, Armee, Steuern], Religionen, Kultur [Kleiderordnungen] und Wissenschaft, Handel und Verkehr, Pax Mongolica, europäische Gesandtschaften). Ab den 1260er-Jahren zerfiel das Großreich, es bildeten sich die Nachfolgereiche aus: die Goldenen Horde in Osteuropa (ab 1240er-Jahre; 1313/41 Herrschaft Özbegs und Islamisierung der Goldenen Horde, 1382 Zerstörung Moskaus, ab 1438 Teilung in Kazan-Khanat, Große Horde, Khanat von Astrachan und Krim-Khanat, 1552/54 Khanate von Astrachan und Kazan russisch, 1783 Krim-Khanat russisch), der ulus Caghatai mit Transoxanien (vor 1242; 13./14. Jh. Islamisierung, ab 1338 [türkische] Nachfolgekhanate, u.a. Mogulistan, 1370/1405 Timur Lenk und Timuridenreich [1399 Eroberung Delhis, 1400 Eroberung von Damaskus und Aleppo]; 16. Jh., Anfang Mogulreich), das Il-Khanat im Iran (1256-1335; ca.1300 Islamisierung, ab 1335 Zerfall und Timuridenreich) sowie die mongolische Yuan-Dynastie in China (1260-1368; 1264/94 Qubilai, ab 1323 Zerfall, 1368 Vertreibung der Mongolen bei mongolischen Ansprüchen auf China). Nach dem Ende des Yuan-Reiches dominierten in den Steppengebieten nördlich von China im 15. Jahrhundert politisch zunächst die mongolischen Oiraten (bis 1455 Kriege Esen Khans gegen die chinesische Ming-Dynastie), bis sich die Nachfahren Dschingis Khans unter Dayan Khan durchsetzten (1483/88) und die Mongolen unter der Herrschaft von Großkhanen geeint waren (Neuordnung der Mongolen in sechs Tümen und der Oiraten in vier Oyirad, 16. Jh. Durchsetzung des Buddhismus, kulturelle Blütezeit, 17. Jh. Mongolen und Tibet); mit Ligdan Khan ging das Großkhanat auch in Kämpfen gegen die Jürchen (Mandschu) unter (1634). Ab dem 17. Jahrhundert fanden sich die Mongolen zwischen Russland und China wieder, die Mongolen der "inneren" Mongolei gehörten zum chinesischen Qing-Reich der Mandschu (1644-1911), u.a. im Gefolge der Kriege von Khalkha-Mongolen und Chinesen gegen die Dzungaren (1718/39, 1754/59) führte auch zur Eingliederung der "äußeren" (Khalkha-) Mongolei in das Qing-Reich (Einrichtung des Bannersystems). Auch die Torgud-Mongolen (an unterer Wolga und Kaspischem Meer) wichen unter russischen Druck nach China aus (1771/77). Die Mongolei wurde im 19. Jahrhundert vielfach von Chinesen besiedelt, die Mongolen zunehmend unterdrückt (Widerstand und mongolische Reformbewegungen). Das Ende der Qing-Dynastie (1911), die chinesische Republik und die kommunistische Revolution in Russland (1917) führten zur Abtrennung der "äußeren" Mongolei von China, die unter (russisch-) sowjetischem Einfluss (mongolische Revolution von 1921) zur Mongolischen Volksrepublik wurde (1924; kommunistische [Allein-] Herrschaft und Wirtschaft, 1937/39 "Große Säuberung", ab 1948 Fünf-Jahres-Pläne, 20. Jh., 2. Hälfte starkes Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Hauptstadt Ulanbator). Im Zuge der Demokratisierung der Mongolei (ab 1989/90) folgte auf die Volksrepublik die heute bestehende Mongolische Demokratische Union (politische Parteien, Wirtschaftskrisen). Die zu China gehörende "innere" Mongolei stand in den 1920er-Jahren zwischen mongolischen Kommunisten und Nationalisten, Mongolen schlossen sich in den Jahren ab 1932 den japanischen Besatzern der Mandschurei an (Autonomie, Reformen, Kultur; 1940er-Jahre chinesischer Bürgerkrieg). Das Ende des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) bedeutete durch das militärische Eingreifen von Mongolischer Volksrepublik und Sowjetunion auch das Ende der japanischen Besatzung (1945); ab 1949 sollten die chinesischen Kommunisten die "innere" Mongolei (als Innermongolische Autonome Region) kontrollieren (Säuberungen und Verfolgungen auch im Rahmen der Kulturrevolution von 1966/76, chinesische Einwanderung, Umsiedlungen, ab 1990 demokratische Tendenzen unter den Mongolen). [Buhlmann, 10.2011]

Kolumbus, Christoph, Entdecker Amerikas: Christoph Kolumbus (Columbus) (*ca.1451 in Genua, †1506 in Valladolid), Sohn eines Wollwebers aus Genua, studierte vielleicht in Pavia, was seine Kenntnisse in Latein, Mathematik und Geografie erklären könnte, war zeitweise Korsar und an der Seeschlacht vor dem portugiesischen Kap St. Vincent beteiligt (1476). Er überlebte und nahm in der Folge an Seeexpeditionen im Nordatlantik (1477) und entlang der afrkanischen Westküste (1482/83) teil. In Portugal entwickelte er in den 1480er-Jahren Pläne zu einer Indienfahrt über den Atlantik und knüpfte diesbezüglich Kontakte zum spanischen Königspaar Ferdinand II. von Aragón (1479-1516) und Isabella I. von Kastilien (1474-1504) (ab 1485; Kolumbuskarte [ca.1490], Kapitulation von Santa Fe [17. April 1492]). Bei der Entwicklung seiner Pläne war es für Kolumbus von vornherein klar, dass Ostasien auch durch eine Fahrt nach Westen erreicht werden konnte. Somit wurde bei den Verhandlungen um die Entdeckungsreise nach Westen auch nicht die Kugelgestalt der Erde in Frage gestellt, sondern die Durchführbarkeit des Unternehmens, war man sich doch im Unklaren darüber, welches die Größe des Erdumfangs war. Am 3. August 1492 begann die erste der vier Entdeckungsreisen des Christoph Kolumbus mit drei Schiffen, die am 12. Oktober 1492 eine Bahamasinsel (San Salvador?) erreichten, um dann nach Kuba und Hispaniola weiterzusegeln (Verlust der Karacke Santa Maria; Rückkehr der Karavellen Nina und Pinta nach Europa [15. März 1493]). Es folgten: die zweite Reise (September 1493-Juni 1496; Kuba, Hispaniola, Antillen), die dritte Reise (Mai 1498-November 1500; Hispaniola, Trinidad und Tobaga, Orinoco-Mündung), die vierte Reise (Mai 1502-November 1504; Hispaniola, Küste des mittelamerikanischen Festlands). Der europäischen Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus schloss sich die Einteilung der Welt in eine portugiesische und spanische Einflusszone durch päpstliches Dekret und Vertrag von Tordesillas (1494) an. Die Entdeckungsreisen des Kolumbus waren zudem der Ausgangspunkt für die Eroberung des spanischen Kolonialreichs in (Mittel-, Süd-) Amerika durch die Konquistadoren. Im Auftrag und mit teilweiser materieller Unterstützung des spanischen Königtums hauptsächlich Karls I. (1516-1556; als Karl V. römisch-deutscher König und Kaiser) führten diese (eigentlich nichtstaatliche) Expeditionen, Kriegszüge und Eroberungen aus zur Gewinnung von materiellem Reichtum und sozialem Prestige. Dies geschah imm Rahmen der Conquista, der Eroberung großer Teile des amerikanischen Kontinents.
Zu Christoph Kolumbus s.: Dreyer-Eimbcke, Oswald (1991), Kolumbus. Entdeckungen und Irrtümer in der deutschen Kartographie, Frankfurt a.M. 1991, 311 S., Abbildungen, Karten, DM 49,80; Fischer-Fabian, S[iegfried] (1991), Um Gott und Gold. Columbus entdeckt die neue Welt, Bergisch Gladbach 1991, 384 S., Schwarzweißtafeln, Karten, DM 38,-; Kohler, Alfred (2006), Columbus und seine Zeit, München 2006, 220 S., Abbildungen, Karten, € 18,90; Madariaga, Salvador de (1966), Kolumbus. Entdecker neuer Welten (= Heyne Biographien, Bd.19), München 21978, 542 S., Abbildungen, Karten, DM 2,-; Verlinden, Charles (1962), Kolumbus. Vision und Ausdauer (= Persönlichkeit und Geschichte, Bd.25), Göttingen 1962, 102 S., Karte, DM 2,-. [Buhlmann, 03.1992, 07.2021]

Komlosy, Andrea (2011), Globalgeschichte. Methoden und Theorien (= UTB 3564), Wien-Köln-Weimar 2011 > W Weltgeschichte

Konrad I., ostfränkischer König: Geboren wurde Konrad als Sohn des Grafen Konrad des Älteren und der Glismoda um 880/85. Als Mitglied der zwischen Franken und Niederrhein politisch mächtigen und reichbegüterten Adelsfamilie der Konradiner sehen wir Konrad schon in der Regierungszeit seines Vorgängers in wichtigen politischen Funktionen, etwa als Laienabt des Klosters Kaiserswerth am Niederrhein (904) oder in einer herzogsgleichen Stellung im östlichen Franken (ab 906). Die Konradiner waren auch an der Regentschaft für Ludwig das Kind beteiligt, und so ist es kein Wunder, dass nach dem Tod des letzten ostfränkischen Karolingers bei der Königserhebung in Forchheim die Wahl der Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern auf Konrad fiel (911). Lothringen hingegen ging einen anderen Weg und wandte sich dem Karolinger Karl dem Einfältigen (898-923) zu; es sollte erst 925 wieder an das Ostreich fallen, den Versuchen Konrads zum Trotz, das Gebiet westlich des Rheins zurückzugewinnen (912/13). Regionales Machtstreben verdichtete sich indes auch in anderen Gebieten des ostfränkischen Reiches. Die aufkommenden Mittelgewalten, die sog. jüngeren Stammesherzogtümer, waren es, die dem König zu schaffen machten. Konflikte mit den Liudolfingern Otto und Heinrich von Sachsen (912/13, 914/15) und dem Liutpoldinger Arnulf von Bayern (913/14, 916, 918) brachten Konrad nichts weiter ein; vielmehr konsolidierten sich die Mittelgewalten oder bildeten sich erst aus, wie in Schwaben nach dem Ungarnsieg der gräflichen Brüder Erchangar und Berthold (913) und nach erfolgreich überstandener Auseinandersetzung mit Konrad I. (914/15), der die Grafen erst 917 in seine Hand bekam und hinrichten ließ. Da half es auch wenig, dass Konrad seit 913 mit Kunigunde, der Mutter Arnulfs von Bayern und der Schwester Erchangars und Bertholds, verheiratet war. Auf Seiten des Königs standen hingegen die Bischöfe, wie die Synode von Hohenaltheim (20. September 916) bewies. Doch hatte Konrad schon längst nicht mehr die notwendige Durchsetzungskraft - weder gegen die Ungarn, die 917 nach Süddeutschland einfielen, noch gegen die ostfränkischen Herzogtümer. Am 23. Dezember 918 starb Konrad I.; er liegt im Kloster Fulda begraben. Alles in allem gilt: Nicht mehr zu den Karolingern gehörig, aber Franke, war König Konrad I. noch weitgehend der spätkarolingischen Politik in Ostfranken verhaftet.
An Quellen und Literatur sind zu nennen: Die Urkunden Konrads I., Heinrichs I. und Ottos I., hg. v. Theodor Sickel (1879/84) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.1), 1879-1884, Nachdruck München 1980, XX, 740 S., DM 108,-; Buhlmann, Michael (2011), Der Kaiserswerther Laienabt und ostfränkische König Konrad I. (= BGKw MA 12), Düsseldorf-Kaiserswerth 2011, 28 S., € 4,-; Goetz, Hans-Werner (Hg.) (2006), Konrad I. Auf dem Weg zum "Deutschen Reich"?, Bochum 2006, 478 S., € 49,90 (u.a. mit den Beiträgen: Gerd Althoff, König Konrad I. in der ottonischen Memoria; Matthias Becher, Von den Karolingern zu den Ottonen. Die Königserhebungen von 911 und 919 als Marksteine des Dynastiewechsels im Ostfrankenreich; Franz-Rainer Erkens, Konrad I. als christus domini; Hans-Werner Goetz, Einführung: Konrad I. - ein König in seiner Zeit und die Bedeutung von Geschichtsbildern; H. Hartmann, König Konrad I. und die Kirche; Ingrid Heidrich, Das Adelsgeschlecht der Konradiner vor und während der Regierungszeit Konrads I.; T. Heller, Das Grab König Konrads I.; Jörg Jarnut, König Konrad I. und die Entstehung des mittelalterlichen deutschen Reiches; Brigitte Kasten, Der Kampf um die wirtschaftlichen Ressourcen zur Zeit König Konrads I.; Karl Heinrich Krüger, Konrad I. im sächsisch-fränkischen Grenzraum; Johannes Laudage, Konrad I. in der früh- und hochmittelalterlichen Geschichtsschreibung; Verena Postel, Nobiscum partiri: Konrad I. und seine politischen Berater; J. Römer, Der vergessene König: Das Nachleben Konrads I. im Spätmittelalter; Rudolf Schieffer, König Konrad I. in der modernen Geschichtswissenschaft; Wilhelm Störmer, Die konradinisch-babenbergische Fehde um 900. Ursachen, Anlass, Folgen; Thomas Vogtherr, Das Nachleben Konrads I. in dokumentarischen Quellen; Thomas Zotz, König Konrad I. und die Genese des Herzogtums Schwaben ). > K Konradiner [Buhlmann, 03.2011]

Konrad II., deutscher König und Kaiser: Geboren wurde Konrad der Ältere, der erste salische Herrscher im deutschen Reich, um das Jahr 990 als Sohn Ottos von Kärnten und der Lothringerin Adelheid. 1016 heiratete er gegen den Willen König Heinrichs II. (1002-1024) Gisela, die verwitwete Herzogin von Schwaben. Nach seiner Wahl zum König empfing Konrad II. im Herrscherumritt die Huldigung der deutschen und lothringischen Großen (1024/25). Sein 1. Italienzug (1026/27) - vorbereitet durch die Designation seines Sohnes Heinrichs (III.) zum Nachfolger - machte Konrad bei Niederkämpfung der oberitalienischen Opposition (Kapitulation Pavias 1027) zum König von Italien (1026) und zum Kaiser (26. März 1027). Nach Deutschland zurückgekehrt, vergab er Bayern an seinen Sohn Heinrich (1027), der im Laufe von Konrads Regierungszeit auch noch Herzog von Schwaben (1038) und Kärnten (1039) wurde; die süddeutschen Herzogtümer waren damit fest in königlicher Hand. Heinrich (III.) wurde zudem am 14. April 1028 in Aachen zum Mitkönig gewählt und gekrönt. Außenpolitisch standen um 1030 Kämpfe gegen Polen und Konflikte mit Ungarn im Vordergrund; der Thronfolger Heinrich brachte Böhmen und Mähren in stärkere Lehnsabhängigkeit vom deutschen Reich (1035). Mit dem Tod Rudolfs III. von Burgund (993-1032) war schließlich 1032/33 der sog. burgundische Erbfall eingetreten. Schon Heinrich II. hatte mit Rudolf einen Vertrag abgeschlossen, der im Falle des Todes des burgundischen Herrschers ihm die Nachfolge in Burgund sicherte (1006, 1016, 1018). Konrad II. erzwang dann von Rudolf die Anerkennung dieser Ansprüche (1027) und konnte sich nach Abwehr einer französischen Intervention in den Besitz des burgundischen Reiches setzen (1033). Damit bestand das Reich der deutschen Könige nun aus der "Trias" Deutschland, Italien und Burgund. In Oberitalien war es unterdessen zu Unruhen gekommen (Valvassorenaufstand 1035), die der Kaiser auf seinem 2. Italienzug (1036-1038) durch die Absetzung des Mailänder Erzbischofs Aribert und durch den Erlass des sog. Valvassorengesetzes (Erblichkeit der kleinen Lehen) weitgehend beilegen konnte (1037). Ein Feldzug nach Unteritalien musste wegen einer Seuche im Heer abgebrochen werden. Am 4. Juni 1039 ist Konrad II. in Utrecht gestorben; er wurde im Dom zu Speyer, der seit ca. 1030 im Bau befindlichen Grablege der salischen Könige, bestattet.
Zu nennen sind die Biografie zu Konrad II.: Erkens, Franz-Reiner (1998), Konrad II. (um 990-1039). Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers, Darmstadt 1998, 245 S., DM 39,80, sowie die Urkunden des Kaisers: Die Urkunden Konrads II., hg. v. Harry Bresslau (1909) (= MGH. Diplomata. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.4), 1909, Nachdruck München 1980, XXVI, 554 S., DM 90,-, weiter: Bresslau, Harry (1879-1884), Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II.: Bd.I: 1024-1031, 1879, Nachdruck Berlin 1967, XII, 491 S., Bd.II: 1032-1039, 1884, Nachdruck Berlin 1967, XI, 603 S., zus. DM 90,-. [Buhlmann, 05.2011]

Konrad III., deutscher König: Geboren wurde Konrad 1093 als jüngerer Sohn des Stauferherzogs Friedrich I. (1079-1105) und der Hildegard von Bar-Mousson. 1114/15 heiratete Konrad Gertrud von Comburg, die Tochter und Erbin des Grafen Heinrich von Comburg-Rothenburg, nach deren Tod um 1131/32 Gertrud von Sulzbach. Aus der zweiten Ehe stammten Heinrich (VI.) und Friedrich von Rothenburg. Das mit der Wahl Konrads am 18. Dezember 1127 etablierte staufische Gegenkönigtum war spätestens 1135 gescheitert. Erst nach dem Tod Lothars III. wurde Konrad am 7. März 1138 in Koblenz zum König gewählt und wenig später in Aachen gekrönt. Konrad III. verlangte nun von Heinrich dem Stolzen die Rückgabe der Herzogtümer Bayern und Sachsen. Dieser weigerte sich und kam in Reichsacht, doch konnte sich die staufische Partei gegen die Welfen nur schwer durchsetzen. Heinrich der Löwe, der Sohn Heinrich des Stolzen, wurde 1142 von Konrad III. mit dem sächsischen Herzogtum belehnt; Welf VI., der Bruder Heinrichs des Stolzen, beanspruchte weiterhin Bayern, wo die stauferfreundlichen Babenberger Leopold (1138/39-1141) und Heinrich II. Jasomirgott (1141-1156) ihre Herrschaft aber behaupten konnten. Der Fall der Kreuzfahrerfestung Edessa (1144) machte unterdessen einen 2. Kreuzzug notwendig, an dem sich auch Konrad III. beteiligen sollte. Enge Kontakte konnte der König zudem zum byzantinischen Kaiser Manuel I. Komnenos (1143-1180) knüpfen; dieser heiratete Konrads Schwägerin Bertha von Sulzbach (1145). Auf dem Reichstag zu Frankfurt im März 1147 wurden dann für die Teilnahme von König und Adel am Kreuzzug die Weichen gestellt: Ein insbesondere Staufer und Welfen betreffender Landfrieden wurde vereinbart, Heinrich (VI.) zum König gewählt. Der Kreuzzug (1147-1149) scheiterte aber kläglich (Niederlage bei Dorylaion; erfolglose Belagerung von Damaskus 1148). Auch ein gleichzeitig von deutschen Fürsten unternommener Wendenkreuzzug blieb im Großen und Ganzen ohne Ergebnis. Nach der Rückkehr Konrads III. vom Kreuzzug (März 1149) lebte der staufisch-welfische Konflikt wieder auf. Der welfischen Niederlage bei Flochberg (8. Februar 1150) folgte der misslungene sächsische Feldzug Konrads (1151). Der schon seit Längerem erkrankte König starb am 15. Februar 1152 in Bamberg, wo er auch im Dom begraben liegt. Zuvor hatte Konrad seinen Neffen, Herzog Friedrich III. von Schwaben, zu seinem Nachfolger designiert.
Zu den Urkunden König Konrads III. s.: Die Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrich, hg. v. Friedrich Hausmann (1969) (= MGH. Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser, Bd.9), Nachdruck München 1987, XXX, 824 S., DM 120,-. Zur Geschichte Konrads III. s.: Bernhardi, Wilhelm (1883), [Jahrbücher des deutschen Reiches/der deutschen Geschichte unter] Konrad III., 1883, Nachdruck Berlin 1975, XXVIII, 968 S., DM 100,-. [Buhlmann, 10.2009]

Konrad IV., deutscher König: Konrad wurde am 25. April 1228 als Kind Kaiser Friedrichs II. (1212-1250) und der Isabella von Brienne, der Erbin des Königreichs Jerusalem, geboren; Isabella starb unmittelbar darauf an den Folgen der Geburt. Im Februar 1237 wurde Konrad in Wien zum römischen König gewählt, die Wahl wurde Pfingsten in Speyer bestätigt; Konrad ist aber nie gekrönt worden. Für den unmündigen Kaisersohn regierten der Erzbischof Siegfried III. von Mainz (1230-1249) bis 1241, danach der thüringische Landgraf Heinrich Raspe (1241-1247) als Reichsverweser in Deutschland. Die Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich II. und Papst Innozenz IV. hatten dabei auch Auswirkungen nördlich der Alpen, so dass sich Konrads Position zunehmend verschlechterte (Kampf gegen die rheinischen Erzbischöfe; Opposition des Reichsverwesers Heinrich Raspe 1244). Das Gegenkönigtum Heinrich Raspes (1246-1247) brachte Konrad sogar im staufischen Kernland in Bedrängnis (Parteiwechsel des württembergischen Grafen 1246). Auch gegenüber dem Gegenkönig Wilhelm von Holland (1247-1256) konnte sich Konrad nicht durchsetzen, wenn es ihm auch gelang durch die Heirat mit Elisabeth, der Tochter des Herzogs Otto II. von Bayern (1231-1253), die mächtigen Wittelsbacher auf seine Seite zu ziehen (1246). Unterstützung gegen die geistlichen und weltlichen Fürsten fand Konrad auch in den Städten Deutschlands. Im Oktober 1250 kam es zwischen den rheinischen Erzbischöfen und dem König zu einem Waffenstillstand. Mit dem Tod des Vaters (1250) war Konrad IV. auch König von Sizilien geworden. Unterstützt von seinem Halbbruder Manfred, konnte er sich nach der Einnahme des aufrührerischen Neapels (10. Oktober 1253) gegen den Papst in Sizilien behaupten. Konrad starb jedoch bald an einer ausbrechenden, alten Fiebererkrankung im Lager bei Lavello am 21. Mai 1254. Der von Innozenz IV. Exkommunizierte konnte erst 1259 im Dom zu Messina beigesetzt werden, doch wurde die Kirche später vom Blitz getroffen, und der Leichnam des Königs verbrannte.
Zur Geschichte Konrads IV. s.: Hugelmann, Karl Gottfried (1914), Die Wahl Konrads IV. zu Wien im Jahre 1237, Weimar 1914, XII, 91 S., DM 25,-. [Buhlmann, 10.2009]

Konrad von Konstanz, Bischof von Konstanz: I. Eine prominente Persönlichkeit war in Reichskirche und Politik im ostfränkisch-deutschen Reich der ottonischen Kaiser und Könige (919-1024) war zweifelsohne der Konstanzer Bischof Konrad I. (934-975). Der Welfe Konrad wird um das Jahr 900 geboren worden sein, er erhielt am Konstanzer Domkapitel seine geistliche Ausbildung, trat in die Kanonikergemeinschaft ein und wurde 934 von seinen Mitkanonikern und unter Einflussnahme des Augsburger Bischofs Ulrich (923-973) zum Bischof gewählt. Als Bischof und somit als Teil der ottonischen Reichskirche stand Konrad zumindest sporadisch in Beziehungen zum Königtum Ottos I. des Großen (936-973). So war Konrad an der Romfahrt und Kaiserkrönung des Herrschers im Winter 961/62 beteiligt, auch die von ihm Konstanz erbaute Mauritiusrotunde verweist auf den Reichsheiligen des 10. Jahrhunderts. Weitere. Mehr persönlichere Reisen führten Konrad wiederum nach Rom sowie nach Jerusalem und dienten u.a. der Einbringung von Reliquien. Rom- und Jerusalemidee bestimmten dann das Bauprogramm, das der Bischof in seiner Stadt durchführte, deren Gründung er zu Recht für die römische Zeit annahm. So entstanden in Konstanz zur Zeit Bischof Konrads die schon erwähnte Mauritiusrotunde unmittelbar beim Chor der Domkirche als dritte Kanonikergemeinschaft neben Münster und Stephanskirche, eine Johannes dem Täufer gewidmete Kirche ebenfalls beim Münster, eine Pauluskirche vor der Stadt, während die auch vor der Stadt gelegene Laurentiuskirche erneuert und eine Peterskirche auf der anderen Seite des Rheins in Petershausen errichtet wurde. Das Kirchenbauprogramm schuf damit eine Kirchenlandschaft in und um Konstanz, die besonders der mittelalterlichen Romidee verpflichtet war. Doch weisen, wie eben angedeutet, die Heiligen Mauritius und Laurentius - Letzterer war der Tagesheilige der berühmten Ungarnschlacht auf dem Lechfeld (10. August 955) - auch hin auf das ostfränkisch-deutsche Reich. Der Kaiser revanchierte sich in einer Urkunde vom 21. Februar 962, wenige Tage nach seiner Krönung zum Kaiser, mit einer Stiftung an Bischof und Bischofskirche zum Seelenheil des Herrschers und auch des Bischofs. Das damit verbundene gemeinsame Gebetsgedenken offenbarte die doch engen Bindungen zwischen Bischof und Kaiser, die mit dem Aufenthalt Ottos in der Bischofsstadt Konrads im August 972 und zum Pelagiusfest am 28. dieses Monats ihren Höhepunkt fanden. Konrad verstarb dann am 26. November 975. II. In Konstanz ist die Verehrung zur Zeit Bischof Gebhards III. (1084-1110) belegt, die Verwendung von Konradsreliquien im schweizerischen Kloster Muri wird sogar kurz nach dem Tod des Heiligen eingesetzt haben. Nach der Elevation wurde Konstanz zum Zentrum und Ausgangsort des Konradskultes, jährlich kehrte des Konradsfest wieder und wurde im Verlauf des Mittelalters zu einem der Hochfeste im Ort am Bodensee, neben den Herrenfesten und den Festtagen der beiden anderen Konstanzer Patrone Maria und Pelagius. In der Münsterkirche des Bischofs gab es Konradspfründen und -altäre, ein 1299 gestiftetes Spital hatte mindestens seit 1469 Konrad als Patron, eine von Konrad selbst eingerichtete Spitalstiftung wurde unter Gebhard III. nach Münsterlingen südöstlich von Konstanz verlegt. Selbst die Konstanzer Bürger führten seit 1324 jeweils am Montag nach Fronleichnam eine eigene Konradsprozession durch. Angestoßen durch die Elevation im Rahmen des Konstanzer magnus conventus von 1123 fand der Kult um den Konstanzer Bischof im 12. Jahrhundert wohl seine stärkste Verbreitung. Von Konstanz aus hat sich der Konradskult dann hauptsächlich über Schwaben, d.i. im Bistum Konstanz ausgebreitet. Erkennbar wird dies an den Konradstagen in Kalendarien von geistlichen Institutionen, etwa im spätmittelalterlichen St. Georgener Kalendarium, und in den Kalendern von Laien, an der Verbreitung von Konradsreliquien, etwa auch im Augsburger Bischofsdom oder in Klöstern wie Weingarten, Einsiedeln, St. Gallen, Petershausen oder Salem, an den an vielen Kirchen hängenden Konradspatrozinien. Insgesamt war der Konradskult, der neben Konstanz in Weingarten und Einsiedeln Mittelpunkte der Verehrung fand, besonders im Gebiet des Konstanzer Hochstifts vertreten, des Weiteren im Bodenseeraum allgemein, dann bei benediktinischen Klöstern auch des Schwarzwalds. Auch außerhalb des Bistums Konstanz, in den Diözesen Straßburg, Basel, Chur und Augsburg, finden wir den Konradskult, wenn auch in abgeschwächter Form. Im Bistum Konstanz wurde Konrad hauptsächlich als Patron der Diözese verehrt, andere Kultformen treten kaum in Erscheinung. Wie jeder Heiligenkult hatte auch die Konradsverehrung im Laufe der Jahrhunderte ihre Höhen und Tiefen. Angestoßen durch die Elevation von 1123 fand der Kult um den Konstanzer Bischof im 12. Jahrhundert wohl seine stärkste Verbreitung. Die meisten Zeugnisse zum Konradskult stammen indes aus dem 15. und beginnenden 16. Jahrhundert. Die Reformation, zumal in Konstanz, führte dann mitunter zu massiven Einbußen, mit der Überwindung der Reformation in Konstanz und der Gegenreformation setzte der Kult um den Heiligen auch außerhalb der Bodenseestadt wieder ein und hatte im 17. und 18. Jahrhundert in den katholischen Territorien Südwestdeutschlands wieder einen Höhepunkt erreicht.
Zu verweisen ist auf: Der heilige Konrad - Bischof von Konstanz. Studien aus Anlaß der tausendsten Wiederkehr seines Todesjahres, hg. v. Helmut Maurer, Wolfgang Müller, Hugo Ott (1975) (= FDA 95), Freiburg i.Br. 1975, 371 S., Karte, DM 35,-, mit den Beiträgen: Helmut Maurer, Bischof Konrad von Konstanz in seiner ottonischen Umwelt; Renate Neumüllers-Klauser, Zur Kanonisation Bischof Konrads von Konstanz; Walter Berschin, Odalscalcs Vita S. Konradi im hagiographischen Hausbuch der Abtei St. Ulrich und Afra; Walter Berschin, Historia S. Konradi; Wolfgang Müller, Studien zur Geschichte der Verehrung des heiligen Konrad, u.a. [Buhlmann, 04.2005, 06.2014]

Konradiner, (ost-) fränkische Adelsfamilie: I. Ob sich die Konradiner auf einen Grafen Udo von Orleans (†834) zurückführen lassen und damit zur karolingischen Reichsaristokratie im fränkischen Gesamtreich Kaiser Karls des Großen (768-814) und Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) gehörten, sei dahingestellt. Sicheren genealogischen Boden betritt mann mit Graf Gebhard (†n.879?) im hessischen Lahngau. Er war der Urgroßvater König Konrads I. (911-918) und damit der "erste" Konradiner. Das Ostfrankenreich der Sachsen, Franken, Alemannen (Schwaben) und Bayern, um die "Hauptstämme" dieses karolingischen Herrschaftsbereichs zu nennen, bildete also weitgehend den politischen Hintergrund für den Aufstieg des Adelsgeschlechts der Konradiner im Raum östlich des Rheins, aber auch in Lothringen (regnum Lotharii), einem Teil des ehemaligen fränkischen Mittelreichs, dessen Zugehörigkeit bis ins 10. Jahrhundert hinein zwischen West- und Ostfrankenreich schwankte. Die Söhne des genannten konradinischen Grafen Gebhard waren Udo (†n.879?), der Großvater König Konrads, Berthold (†n.879?), Berengar (†n.879?), der Graf des Hessengaus, sowie Waldo, der im Trierer Kloster St. Maximin die Abtswürde bekleidete (839?, 868/79). Die Konradiner waren besitzmäßig und als Grafen amtsrechtlich verankert in Hessen und im daran anschließenden lothringischen Raum. Für die Generation vor König Konrad (den Jüngeren) stehen dessen Vater Konrad der Ältere (†906) und dessen Onkel Eberhard (†902), Gebhard (†910) und Rudolf. Rudolf I. war Bischof des fränkischen Bistums Würzburg (892-908). Politisch einflussreich waren die vier Brüder zu Beginn des 10. Jahrhunderts, also in der Regierungszeit des Karolingerkönigs Ludwigs des Kindes (900-911), in Hessen, Franken (Mainfranken, Francia orientalis), Schwaben, Lothringen, Thüringen und teilweise in Sachsen. Konrad der Ältere und Gebhard engagierten sich in Lothringen, wie ihre Interventionen in Königsurkunden für die Bischofskirchen in Trier, Lüttich und Toul sowie die geistlichen Gemeinschaften in Echternach und Chèvremont zeigen; Gebhard wird in einer Königsurkunde von 903 sogar als dux ("Herzog") bezeichnet, ansonsten ihm und Konrad der Titel comes ("Graf") beigelegt. So war Gebhard Graf der Wetterau, sein Bruder Eberhard Graf im (Nieder-) Lahngau, Konrad der Ältere fungierte als "Chef" der Konradinerclans. Die Diplome Ludwigs des Kindes belegen schließlich noch die Königsnähe der konradinischen Adelsfamilie, die an den Schaltstellen der (allerdings beschränkten) königlichen Macht saß. Im südlichen Hessen wurde der konradinische Einfluss zusätzlich noch durch die Stiftung geistlicher Kommunitäten gesichert. So soll St. Peter in Kettenbach von Graf Gebhard im Jahr 845 gegründet und später (879) ins Westerwälder Gemünden verlegt worden sein. 897 entstand das Wetzlarer Marienstift, 910 die dem heiligen Georg geweihte Klerikergemeinschaft in Limburg a.d. Lahn. Auch soll König Konrad um 912 die Kommunität von St. Walpurgis in Weilburg a.d. Lahn gestiftet haben, wo neben anderen Familienangehörigen Konrad der Ältere seine letzte Ruhestätte fand. Die Einsetzung des Konradiners Rudolf als Bischof von Würzburg (892) beförderte - neben anderem - jene herausragenden Ereignisse, die das ostfränkische Reich in Hessen und Mainfranken um die Jahrhundertwende erschütterten und die als konradinisch-babenbergische (bzw. Babenberger-) Fehde (897-906) bekannt sind. Die Konradiner standen damals dem mächtigen Adelsclan der (älteren) Babenberger (oder Popponen) gegenüber. Der babenbergische princeps militiae Heinrich (†886) war ein ostfränkischer Heerführer, der u.a. bei Duisburg erfolgreich gegen die Normannen kämpfte (883/84), Heinrichs Bruder Poppo II. Markgraf der Sorbenmark (880-892). Unter König Arnulf von Kärnten (887/88-899) sanken die Babenberger in der herrscherlichen Gunst, 897 kam es zu einem Vorfall, bei dem die Söhne Heinrichs, Adalhard, Heinrich und Adalbert, den königlichen Beauftragten Trageboto in Prosselsheim (bei Würzburg) umbrachten. Adalbert und Heinrich stellten sich damit gegen den König, der verstärkt auf die Konradiner gesetzt hatte und weiter setzen sollte. Königsferne zeichnete die Babenberger auch in der Regierungszeit Ludwigs des Kindes aus, in der die Fehde mit den Konradinern voll entbrannte. Dabei war zunächst das Würzburger Bistum Schauplatz der Kampfhandlungen, in deren Verlauf Eberhard und Konrad der Ältere ihren Bruder, Bischof Rudolf, unterstützten. Nach einer Schlacht bei der Burg Babenberg (Bamberg, 902) gerieten die Konradiner ins Hintertreffen (903), der König griff auf der Seite der Letzteren ein; schließlich eroberte der Babenberger Adalbert die Wetterau und wandte sich gegen Fritzlar (906). Die Konradiner waren unterlegen, Eberhard war im Jahr 902, Konrad der Ältere im Jahr 906 in den Kämpfen umgekommen. Das Blatt wendete sich, als ein königliches Heer die Burg Theres (bei Schweinfurt) belagerte, in der sich Adalbert verschanzt hatte. Adalbert ergab sich und wurde nach einem gegen ihn geführten Prozess hingerichtet (906). Die Konradiner konnten nun ihre Machtstellung im Ostfrankenreich bedeutend erweitern und auch Einfluss auf Schwaben und Bayern gewinnen. Konrad der Jüngere rückte in Mainfranken in eine herzogsgleiche Stellung ein; 910 wird er als egregius dux ("vorzüglicher Herzog") bezeichnet. Dennoch blieben Rückschläge nicht aus wie die Niederlage und der Tod des Würzburger Bischofs Rudolf im Kampf gegen die Ungarn (908). Und der Schlachtentod von Rudolfs Bruder Gebhard im Jahr 910 hatte nachteilige Folgen für die Konradiner im lothringischen Raum. II. König Konrad I. hatte zwar keine Nachkommen - dasselbe gilt auch für seine Brüder -, doch bestanden die weit verzweigten "Nebenlinien" der Konradiner bis ins 1. Drittel des 11. Jahrhunderts (im Mannesstamm) fort. Eberhard, der Bruder König Konrads I., war der dux Francorum, der Herzog von Franken (911-939). Eberhard hatte seinen königlichen Bruder in dessen Politik unterstützt, nach dem Tod Konrads soll er Herzog Heinrich von Sachsen (919-936) den Weg zum Königtum freigemacht haben. Eberhard selbst blieb als Herzog in gewisser Weise selbstständig, er war Beauftragter und Richter des Königs in Lothringen nach dem Anfall der Gebiete westlich des Rheins an das Ostreich (925). Mit Heinrichs I. Sohn Otto I. dem Großen (936-973) kam es ab 937 zu Konflikten, 939 fiel der rebellierende Eberhard in der Schlacht bei Andernach, Franken als Herzogtum wurde aufgelöst. Dem ersten König aus ottonisch-sächsischem Hause, Heinrich I., gelang die Integration der süddeutschen Herzogtümer in sein Reich. Mit der Einsetzung Hermanns I. (926-949) als Herzog versuchte der ostfränkische König erfolgreich, erstmals gestaltend in Schwaben einzugreifen. Hermann I. war dabei ein Konradiner, der Sohn des lothringischen Herzogs Gebhard. Konstituierend für das ostfränkisch-deutsche Reich wirkte nun die Italienpolitik König Ottos I., die das schwäbische Herzogtum (neben Bayern) wie schon in der Karolingerzeit als einen Verbindungsraum zwischen "Deutschland" und Italien sah. Hierbei spielte die schwäbische Herzogsherrschaft Liudolfs (950-954), des ältesten Sohnes Ottos I., eine gewisse Rolle. Liudolf, der mit der Konradinerin Ida, der Tochter Herzog Hermanns I., verheiratet war, hatte sich 953/54 allerdings gegen seinen Vater aufgelehnt - ein Indiz dafür, dass es damals noch allgemein an der Einordnung der ostfränkischen Herzogtümer in die ottonische Herrschaft mangelte. Von den vom Königtum eingesetzten Herzögen Otto I. (973-983) und Konrad (983-997) war Konrad - wohl gleichzusetzen mit Kuno von Öhningen - ein Neffe Hermanns I. über dessen Bruder Udo I. (†949), dem Grafen der Wetterau und des Rheingaus, Otto der Sohn Liudolfs und der Ida; Ottos Schwester Mathilde wurde Äbtissin der Essener Frauengemeinschaft (971-1011). Die Zeit der sächsischen Könige Otto III. (983-1002) und Heinrich II. (1002-1024) sah ein wiederum verstärktes Eingreifen des Königtums in die machtpolitischen Verhältnisse des schwäbischen Herzogtums. Umgekehrt verstärkte Herzog Hermann II. (997-1003), der Sohn Konrads und damit ebenfalls ein Konradiner, seinen Einfluss in Schwaben. Hermann war es auch, der nach dem Tod Ottos III. seinen Anspruch auf das ostfränkisch-deutsche Königtum durchzusetzen versuchte, letztlich aber dem Bayernherzog Heinrich (II.) unterlag. Hermanns II. Sohn Herzog Hermann III. (1003-1012) verstarb kinderlos und war daher der letzte Konradiner in Schwaben, Hermanns III. Schwester Gisela ehelichte den Salier Konrad (II.), den späteren Kaiser (1024-1039) und Begründer der salischen Königsdynastie im deutschen Reich. Von dem mittelrheinischen Grafen Udo I. stammte schließlich Graf Otto von Hammerstein (†1036) ab. Otto war mit Irmingard von Verdun verheiratet, wegen zu naher kanonischer Verwandtschaft wurde die Ehe aber u.a. von Kaiser Heinrich II. und dem Mainzer Erzbischof Aribo (1021-1031) angefochten ("Hammersteiner Ehestreit", 1018-1027). König Konrad II. verfolgte indes die Sache seines Verwandten nicht weiter. Mit Otto von Hammerstein starben die Konradiner im Mannesstamm aus.
An Literatur zu den Konradinern sei erwähnt: Dietrich, Irmgard (1953), Die Konradiner im fränkisch-sächsischen Grenzraum von Thüringen und Hessen, in: HessJbLG 3 (1953), S.57-95; Hlawitschka, Eduard (2003), Konradiner-Genealogie, unstatthafte Verwandtenehen und spätottonisch-frühsalische Thronbesetzungspraxis. Ein Rückblick auf 25 Jahre Forschungsdisput (= MGH. Studien und Texte, Bd.32), Hannover 2003, XX, 220 S., € 30,-; Jackman, Donald C. (1990), The Konradiner. A Study in Genealogical Methodology (= Ius commune, Bd.47), Frankfurt a.M. 1990, XV, 315 S., DM 92,-; Struck, Wolf-Heino (1972), Die Stiftsgründungen der Konradiner im Gebiet der mittleren Lahn, in: RhVjbll 36 (1972), S.28-52; Wolf, Armin (1980), Wer war "Kuno von Öhningen"? Überlegungen zum Herzogtum Konrads von Schwaben (†997) und zur Königswahl vom Jahre 1002, in: DA 36 (1980), S.25-83. > K Konrad I. [Buhlmann, 03.2011]

Konsistorum, Natascha (2004), Der Komponist Nikolaj Medtner. Ein Porträt, Berlin 2004, 96 S., Schwarzweißtafeln, 2 CDs, € 24,90. Das Leben des Russen Nikolaj Karlowitsch Medtner (*1879-†1951) war ein Leben für die Musik. Ausgebildet am Moskauer Konservatorium (1892-1900), war er Pianist und Komponist, Professor für Klavier am Moskauer Konservatorium (1909-1910, 1915-1919), ein Emigrant vor der Russischen Revolution (1921; Aufenthalte in Berlin, bei Paris, in London; Konzertreisen in die USA und nach Großbritannien). Seine Werke, geschrieben hauptsächlich für Klavier, waren Klavierkonzerte und -sonaten, Kammer- und Vokalmusik. Nach seiner persönlichen Aussage "schwamm" Medtner "gegen den Strom der gegenwärtigen Musikströmungen", ein "letzter Spätromantiker" der europäischen Musik. [Buhlmann, 03.2021]

Konstantinopel: Eroberung (1453): I. In der oströmisch-byzantinischen Geschichte bis ausschließlich 1453 wurde Konstantinopel, die Stadt Kaiser Konstantins des Großen (306-337), 23 Mal belagert und einmal erobert (4. Kreuzzug 1204). Die türkisch-osmanische Eroberung im Jahr 1453 war ein Kampf der Religionen Christentum und Islam, wie er schon bei den Belagerungen Konstantinopels 674/78 und 717/18 in Erscheinung trat. Geschützt wurde die Stadt zur Meerseite hin von Goldenem Horn und Bosporus sowie den Seemauern, zur Landseite hin von der unter Kaiser Theodosius II. (408-450) erbauten mächtigen Landmauer (Graben, niedrige Mauer, Paratechion, äußere Mauer, Peribolos, innere Hauptmauer). II. Im 6. Jahrhundert traten Türken erstmals im Umfeld des oströmisch-byzantinischen Reiches in Erscheinung, das 11. Jahrhundert sah das seldschukische Eindringen ins byzantinischen Kleinasien (Schlacht bei Mantzikert 1071), im 14. und beginnenden 15. Jahrhundert stand das byzantinische Reich als Kleinstaat dem Reich der türkischen Osmanen gegenüber. Ein byzantinisches Eingreifen in die osmanischen Thronstreitigkeiten nach dem Tod Mehmeds I. bestrafte Sultan Murad II. (1421-1451), indem er Konstantinopel - wenn auch erfolglos - belagerte (1422). Murad eroberte das 1423 an Venedig gelangte Thessalonike (1430), wodurch das byzantinische Reich auf die Größe eines Stadtstaats schrumpfte. Manuels Sohn und Nachfolger Johannes VIII. (1425-1448) setzte die Politik seines Vaters gegenüber dem Westen und die Kirchenunion fort (Kirchenunion auf dem Konzil von Ferrara-Florenz 1438/39 und deren Verkündigung 1439, [zunächst erfolgreicher] christlicher Kreuzzug gegen die Osmanen 1443/44, Niederlage der Kreuzfahrer bei Varna 1444 und Scheitern der Politik Johannes' VIII.). Als Johannes starb (1448), folgte ihm als letzter byzantinischer Kaiser sein Halbbruder Konstantin XI. Palaiologos (1448-1453) nach. Unter ihm sollte sich das Schicksal Konstantinopels und des Reichs erfüllen. Sultan Mehmed II. (1451-1481) schnitt die Stadt, deren Bevölkerungszahl stark gesunken war, zunehmend von der Außenwelt ab und ging im Frühjahr 1453 zur Belagerung Konstantinopels über, das am 29. Mai 1453 schließlich erobert wurde. Mit der Eroberung endete das byzantinische Reich der Rhomäer; Morea mit Mistras wurde 1460 türkisch. III. Dem faktischen Beginn seiner Herrschaft nach dem Tod des Vaters Murad II. (1451) folgte schon bald der Entschluss Sultan Mehmeds II., Konstantinopel zu erobern, das wie ein Riegel den kleinasiatischen vom europäischen Teil des Osmanenreiches voneinander trennte. Vorbereitungen dazu wurden getroffen mit dem Aufbau einer osmanischen Flotte und dem Bau der Festung Rumeli Hisari auf europäischer Seite des Bosporus, die die gegenüberliegende asiatische Festung Abadolu Hisari ergänzte. Als entscheidend erwies sich auch die Herstellung von Bronzekanonen (großen Kalibers) (durch den Ungarn Urban). Byzantinische Gegenmaßnahmen Kaiser Konstantins XI. (1449-1453) blieben weitgehend erfolglos (nur wenig Hilfe aus dem christlichen Europa), so dass als einziger substantieller militärischer Zuwachs der Genuese Giovanni Giustiniani Longo (†1453) mit 700 Bewaffneten nach Konstantinopel kam (Januar 1453). Anfang April 1453 bezog das (wohl 80000 Mann starke) osmanische Heer (europäisches Heer, Janitscharen, anatolisches Heer) vor der Landmauer Konstantinopels Stellung, die osmanische Flotte bei den Doppelsäulen (nördlich von Konstantinopel); die Belagerung der Stadt in Anwesenheit des Sultans begann (6./11. April), wobei der andauernde osmanische Artilleriebeschuss der Landmauer an wichtigen Stellen (Lykostal, Blachernenpalast) zusetzte. Das Goldene Horn war dabei durch die Sperrkette zwischen Konstantinopel und der gegenüberliegenden genuesischen Kolonie Galata (Pera) geschützt. Erste osmanische Angriffe auf die Landmauer (12./19. April) wurden unter starken osmanischen Verlusten abgewehrt, genuesische Schiffe erreichten gegen die osmanische Flotte Konstantinopel (Seeschlacht am 20. April), während umgekehrt Teile der osmanischen Flotte hinter Galata über das Tal der Quellen über Land ins Goldene Horn gezogen wurden (22. April). Der von Seiten der Christen eingeleitete Versuch, die osmanische Flotte im Goldenen Horn zu zerstören, scheiterte (28. April), und so waren in den letzten Wochen der Belagerung auch die nördlichen Seemauern Konstantinopels bedroht. (Geheim-) Verhandlungen zwischen Sultan und Kaiser in dieser Zeit blieben erfolglos, die Beschießung der Stadt hielt unvermindert an, die christlichen Schiffe im Goldenen Horn waren gefährdet, osmanische Versuche, die Landmauer zu unterminieren, scheiterten. Die Mondfinsternis vom 22. Mai und ungünstige Wetterlagen drückten bei Belagerten und Belagerern auf die Stimmmung, letzte Unterhandlungen scheiterten am 25. Mai. Am Abend des 28. Mai fand der letzte christliche Gottesdienst in der Hagia Sophia statt. Am 29. Mai um 1.30 Uhr begann der osmanische Angriff auf die Landmauer und die nördliche Seemauer (irreguläre, reguläre Kämpfer), den Janitscharen gelang schließlich um Sonnenaufgang die Besetzung der Landmauer am Romanustor, auch bei der Kerkoporta waren osmanischen Truppen eingedrungen. Schnell brach die christliche Verteidigung zusammen, Kaiser Konstantin XI. starb wohl noch in den Kämpfen an der Landmauer. Es folgten Flucht der Verteidiger und der Zivilbevölkerung, Übergaben von (befestigten) Stadtvierteln (Petrion, Studion), Kämpfe, Plünderungen, Übergriffe auf Zivilisten und die erfolgreiche Flucht der christlichen Schiffe, voll beladen mit Flüchtlingen, aus dem Goldenen Horn. Die Nachricht vom Fall von Konstantinopel verursachte im christlichen Europa Unglauben, Entsetzen und Trauer (Konstantinopel als bis dahin christliche Stadt, symbolische Wirkung der Eroberung).
Zur Eroberung Konstantinopels vgl. die Geschichtsquellen: Ivanka, Endre von (Übers.) (1954), Die letzten Tage von Konstantinopel. Der auf den Fall Konstantinopels 1453 bezügliche Teil des dem Georgios Phrantzes zugeschriebenen "Chronicon Maius" (= Byzantinische Geschichtsschreiber, Bd.1), Graz 41973, 102 S., Karte, DM 2,-; Krikorian, Mesrob K., Seibt, Werner (Übers.) (1981), Die Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 aus armenischer Sicht. Drei Elegien von Abraham von Ankyra, Arak'el von Bitlis und Eremia Dpir Kömürcian. Ein Kolophon des Bischofs Dawit' von Xarberd (= Byzantinische Geschichtsschreiber, Bd.13), Graz 1981, 117 S., DM 25,-; Reinsch, Diether Roderich (Übers.) (1986), Mehmet II. erobert Konstantinopel. Die ersten Regierungsjahre des Sultans Mehmet Fatih, des Eroberers von Konstantinopel 1453. Das Geschichtswerk des Kritobulos von Imbros (= Byzantinische Geschichtsschreiber, Bd.17), Graz 1986, 338 S., DM 19,95, weiter die Darstellungen: Crowley, Roger (2005), Konstantinopel 1453. Die letzte Schlacht, Darmstadt 52020, 284 S., Karten, € 20,-; Runciman, Steven (1965), Die Eroberung von Konstantinopel 1453 (= BS), München 1969, XIV, 266 S., Abbildungen, Karten, DM 16,80. [Buhlmann, 1976, 11.2021]

Konstanz, Stadt am Bodensee, in Baden-Württemberg: Die Anfänge von Konstanz liegen, sieht man von vor- und frühgeschichtlichen Hinweisen einmal ab, in einer keltischen Siedlung des 1. vorchristlichen und im römischen Reich des 1. nachchristlichen Jahrhunderts. In der Spätantike mag Konstanz, dessen Name sich wahrscheinlich von Kaiser Constantius II. (337-361) her ableitet, auf Grund seiner Lage gegenüber den Alemannen als Grenzkastell gedient haben. Der Ort überstand mit Brüchen und Kontinuitäten (romanische Bevölkerung, Ortsname) die alemannische "Landnahme" (4./5. Jahrhundert). In das 7. Jahrhundert gehören die Anfänge als Bischofssitz, 762 wird Konstanz als civitas bezeichnet. Bischöfliche Münsterkirche und die Pfarrkirche St. Stephan bildeten hier ein erstes "Kirchenensemble", das in der Karolingerzeit durch Handwerkerviertel und Markt eine Erweiterung fand. Vom 9. bis zum 12. Jahrhundert wurde aus dem Bischofssitz dann eine Bischofsstadt im spätkarolingischen Ostfranken- bzw. im ostfränkisch-deutschen Reich. Das Wirken Bischof Salomos III. (890-919) und die Kirchengründungen des heiligen Konrad (I., 935-975) gehören hierher, ebenso die Stiftung des Klosters Petershausen durch Bischof Gebhard II. (979-995). Spätestens um 900 wurde aus Konstanz auch ein bedeutender Ort des Fernhandels, wie Markt und Kaufleute sowie eine bischöfliche Münzstätte belegen. In Konstanz nahmen deutsche Könige bis weit in die Stauferzeit Aufenthalt, der Ort wurde gleichsam zu einer "Hauptstadt" in Schwaben. Als solche überstand Konstanz die Wirren des Investiturstreits (1075-1122) unter Bischof Gebhard III. (1084-1110) und auch die 1128 erfolgende Belagerung durch den welfisch-bayerischen Herzog Heinrich X. den Stolzen (1126-1139). Die Stadt war in spätsalischer Zeit Kulisse für den magnus conventus vom November 1123 und in staufischer Zeit für den Konstanzer Vertrag vom 23. März 1153 zwischen König Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) und Papst Eugen III. (1145-1153) sowie für den Konstanzer Frieden vom 25. Juni 1183 zwischen dem Stauferkaiser und dem lombardischen Städtebund. Ab dem Ende des 12. Jahrhunderts verstärkte sich der Einfluss des Königtums auf Konstanz (königliche Vogtei). Im Reichssteuerverzeichnis von 1241 teilten sich Bischof und König die von der Stadt erhobene Steuer, 1246 ist erstmals das Stadtsiegel mit dem Reichsadler belegt. Doch verzögerte sich in der Folgezeit die Loslösung der Bürgergemeinde vom bischöflichen Einfluss. Im 13. Jahrhundert bildete sich der städtische Rat, im 14. das Bürgermeisteramt heraus. Die Anerkennung der 19 Zünfte (1342) und deren Beteiligung am kleinen und großen Rat (1370, ca.1400) sowie die Formierung und Ausdehnung des Stadtrechts gehören ebenfalls zur spätmittelalterlichen Entwicklung, die Konstanz als Reichsstadt sah. Indes scheiterte nicht zuletzt im Schwabenkrieg (1499) die Ausbildung eines städtischen Territoriums. Konstanz übernahm die Reformation (1524/25), musste sich aber 1548 Österreich und damit dem katholischen Glauben unterwerfen. In der (seit dem 15. Jahrhundert auch die Vorstädte einbeziehenden) Stadtmauer fand sich im späten Mittelalter eine Kirchen- und Klosterlandschaft mit Münster (und Domimmunität), Pfarr- und Stiftskirchen, den Stadtklöstern der Dominikaner (1236), Franziskaner (1250) und Augustinereremiten (1268), den Schwestersammlungen und Brüderhäusern. Hinzu kamen das 1225 gestiftete Heiliggeistspital und die Stiftungen für Kranke und Leprose. Markt und Bürgerhaus verweisen auf die städtische Wirtschaft, etwa auf Konstanz als Zentrum des Leinwandexports, auf den Handel mit Seewein, auf die Konstanzer Handelsgesellschaften. In der frühen Neuzeit war Konstanz mithin Landstadt innerhalb der vorderösterreichischen Territorien, erlebte im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) eine schwedische Belagerung (1634) und in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts die Umgestaltung der noch auf mittelalterlichen Grundlagen fußenden Rats- zur Magistratsverfassung. Im Jahr 1806 fiel Konstanz an das Großherzogtum Baden; 1821 fand das Konstanzer Bistum sein Ende; das 19. und das 20. Jahrhundert waren geprägt von sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen u.a. in Folge der Industrialisierung und von der Rolle Konstanz' als Grenzstadt in den deutschen Nationalstaaten Kaiserreich, Weimarer Republik, "Drittes Reich" und Bundesrepublik.
An Literatur zu Konstanz seien genannt: Geschichte der Stadt Konstanz: Bd.1 (1989): Maurer, Helmut, Konstanz im Mittelalter: I. Von den Anfängen bis zum Konzil, Konstanz 21996, 296 S., Abbildungen, Karten, DM 72,-; Bd.2 (1989): Maurer, Helmut, Konstanz im Mittelalter: II. Vom Konzil bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, Konstanz 21996, 304 S., Abbildungen, Karten, DM 72,-; Kramml, Peter F. (1985), Kaiser Friedrich III. und die Reichsstadt Konstanz (1440-1493). Die Bodenseemetropole am Ausgang des Mittelalters (= KGRQ 29), Sigmaringen 1985, 556 S., € 25,-; Zimmermann, Wolfgang (1994), Rekatholisierung, Konfessionalisierung und Ratsregiment. Der Prozeß des politischen und religiösen Wandels in der österreichischen Stadt Konstanz 1548-1637 (= KGRQ 34), Sigmaringen 1994, 328 S., € 7,95. [Buhlmann, 10.2006, 06.2014]

Konstanz: Konzil von Konstanz (1414-1418): Das spätmittelalterliche Konstanz war das Umfeld, als 1414 das Konzil von Konstanz zusammentrat (Generalversammlungen im Münster, Konklave im Kaufhaus [Konzilshaus]). 600 bis 700 Geistliche, darunter 300 Bischöfe, und ebenso viele weltliche Große und Gesandte berieten unter der Leitung des römisch-deutschen Königs und Kirchenvogts Sigismund (1411-1437) in Konstanz über: 1) die Einheit der Kirche (causa unionis): das Konzil beanspruchte die Entscheidung im Papstschisma (Dekret Haec sancta synodus, 6. April 1415), so dass es zum Rücktritt bzw. zur Absetzung der drei Päpste im Großen Papstschisma (1378-1417) kam und am 11. November 1417 mit Martin V. (1417-1431) ein neuer Papst gewählt wurde; 2) die Einheit im Glauben (causa fidei): das Konzil verbot und verurteilte die Lehren des Böhmen Jan Hus, der als Ketzer verbrannt wurde (6. Juli 1415); 3) die Reform der Kirche (causa reformationis) hinsichtlich Benefizienverteilung und Abgaben an die Kurie bei Forderung der periodischen Abhaltung weiterer Konzilien (Dekret Frequens, 17. Oktober 1417). Am 22. April 1418 kam die Kirchenversammlung zu ihrem Ende. Sie fand ab 1431 in der Basler Synode seine Fortsetzung. Die kirchlichen Versammlungen in Pisa, Konstanz und Basel gelten dann als Höhepunkte des (spätmittelalterlichen) Konziliarismus.
Zum Konstanzer Konzil s.: Das Konzil von Konstanz (1414-1418). Weltereignis des Mittelalters (= Ausstellungskatalog) (2014), 2 Bde.: Katalog, hg. v. Badischen Landesmuseum, Darmstadt 2014, 392 S., Farbabbildungen, Karten; Essays, hg. v. Karl-Heinz Braun, Matthias Herweg, Hans W. Hubert, Joachim Schneider, Thomas Zotz, Darmstadt 2014, 247 S., Schwarzweißabbildungen, zus. € 49,95 (Essayband mit den Beiträgen: Jürgen Miethke, Das Konstanzer Konzil in Überlieferung und Wirkung; Thomas Martin Buck, Der Konzilschronist Ulrich Richental; Gerrit Jaspar Schenk, Zeremonielle und Rituale auf dem Konstanzer Konzil; Kurt Weissen, Die Päpste und ihre Bankiers; Dieter Mertens, Das Konzil und der Humanismus; Joachim Schneider, Sigismund. Römisch-deutscher König auf dem Konstanzer Konzil; Ansgar Frenken, Johannes XXIII.; Joachim Schneider, Eberhard Windeck, König Sigismund und das Konstanzer Konzil; Matthias Herweg, Oswald von Wolkenstein. Ein Sängerleben auf Reisen; Peter Elbel, Die Delegation der Prager Kirchenprovinz und die böhmischen Gegner des Jan Hus in Konstanz; Daniela Dvoraková, Die Delegation der ungarischen Kirche und des ungarischen Adels in Konstanz; Jürgen Miethke, Konziliarismus; Karl-Heinz Braun, Die Konstanzer Dekrete Haec sancta und Frequens; Peter Hilsch, Die Theologie des Jan Hus; Pavel Soukup, Die Maßnahmen des Konzils gegen die Hussiten; Karel Hruza, Hussitische Propaganda gegen das Konstanzer Konzil; Peter Hilsch, Das Hus-Bild in der geschichtlichen Erinnerung; Jürgen Miethke, Die Polen auf dem Konstanzer Konzil. Der Konflikt um den Dominikaner Johannes Falkenberg; Sophie Vallery-Radot, Die Causa Jean Petit und das Problem des Tyrannenmordes; Ansgar Frenken, Gregor XII.; Britta Müller-Schauenburg, Benedikt XIII.; Birgit Studt, Martin V. Überwindung des Schismas und Kirchenreform; Birgit Studt, Das Konstanzer Konzil und die Ordensreformen; Thomas Zotz, Der deutsche Südwesten. Regionales Gefüge und Adelslandschaft in der Zeit um 1400; Peter Niederhäuser, Fürst und Fluchthelfer. Herzog Friedrich IV. von Österreich und das Konzil von Konstanz; Helmut Maurer, Die Stadt Konstanz und das Konzil; Dorothea Weltecke, Juden im Bodenseeraum; Felix Thürlemann, Von Konstantinopel nach Konstanz. Zwei lateinische Inschriften im Kontext des Konzils; Marc Carell Schurr, Der "Schöne Stil" in der Architektur um 1400; Ernö Marosi, Die Skulpturen von Buda im europäischen Kontext; Matthias von der Bank, Klaus Gereon Beuckers, Zur südwestdeutschen Skulptur und ihren Einflüssen um die Zeit des Konstanzer Konzils; Milena Bartlová, The Beautiful Style in Bohemia. An Argument in the Controversy of Christian Images; Barbara Schellewald, Das östliche Bild im Westen. "Karriereverläufe"; Jana Lucas, Spätmittelalterliche Buch- und Tafelmalerei im Bodenseeraum. Die Geschichte eines Verlustes; Harald Derschka, Die Wandbilder in der Konstanzer Dreifaltigkeitskirche (Augustinerkirche). Entstehung, Wiederentdeckung und Deutung; Hans W. Hubert, Papstgrabmäler während der Zeit von Schisma und Konzil; Arnold Nesselroth, Martin V. Restaurator Urbis. Konstanz und Folgen für die Ewige Stadt); Kirchen, Klöster, Konzil, hg. v. Jasmin Hummel (2004), Konstanz 2014, 104 S., Farbabbildungen, Chronologie, Glossar, Karten, € 5,-; Schindler, Dietmar (2014), Konzil beendet Kirchenspaltung. Einziges Konklave nördlich der Alpen vor 600 Jahren, in: Schwarzwälder Hausschatz 2014, S.127-134; Schindler, Jan (2016), Konzilsstadt begeht "Jahr der Gerechtigkeit". Vor 600 Jahren wird der böhmische Reformator Jan Hus in Konstanz verbrannt, in: Schwarzwälder Hausschatz 2016, S.145-149. Vgl. noch: > B Buck u.a., Konstanzer Konzil. [Buhlmann, 07.2014, 12.2018, 01.2019]

Konstanz: magnus conventus von 1123: Im Jahr 1123 fand in Konstanz unter reger Teilnahme der Bevölkerung die vom Konstanzer Bischof Ulrich I. (1111-1127) in die Wege geleitete Erhebung der Gebeine des heiligen Konstanzer Bischofs Konrad (934-975) statt. Zu dieser (wohl letzten) gesamtschwäbischen Zusammenkunft, einem magnus conventus, kamen auch die Äbte vom Schwarzwaldkloster St. Georgen und von der Bodenseeabtei Reichenau; sie vereinbarten am 26. November, dem Tag des Konradsfestes, urkundlich einen Gütertausch, wobei die Schwarzwälder Mönchsgemeinschaft u.a. Besitz in Friedenweiler erlangte.
An Literatur zum Konstanzer magnus conventus von 1123 sei aufgeführt: Bihrer, Andreas (2000), Bischof Konrad als Patron von Konstanz. Zur Stiftung städtischer Identität durch Bischof Ulrich I. (1111-1127), in: ZGO 148 (2000), S.1-40; Buhlmann, Michael (2005), Das Kloster St. Georgen und der magnus conventus in Konstanz im Jahr 1123 (= VA 17), St. Georgen 2005, 24 S., € 3,50. > K Konrad von Konstanz [Buhlmann, 04.2005, 10.2006, 06.2014]

Konzelmann, Gerhard (1980), Mohammed. Allahs Prophet und Feldherr, Bergisch Gladbach 1980 > I Islam, Frühgeschichte

Konzelmann, Gerhard (1982), Der Nil. Heiliger Strom unter Sonnenbarke, Kreuz und Halbmond, Hamburg 41987, 502 S., Karten, DM 38,-; Konzelmann, Gerhard (1982), Der Nil. Heiliger Strom unter Sonnenbarke, Kreuz und Halbmond (= dtv 10432), München 61988, 519 S., Karten, DM 14,80. Die Geschichte des afrikanischen Flusses Nil bzw. der am Nil liegenden Länder Ägypten, Sudan, Äthiopien beginnt mit der Entstehung der ägyptischen Hochkultur (Pyramiden, Pharao, Kleopatra). Gegen Ende der Antike verbreitete sich das Christentum am Nil, im 7. Jahrhundert n.Chr. der Islam (Saladin, Mamluken, Osmanen). Die Öffnung (nicht nur) Ägyptens zum Westen begann mit der militärischen Expedition Napoleons nach Ägypten (1798; europäische Ausplünderung ägyptischer Kulturschätze), das 19. Jahrhundert sah den Nil als Ziel von Entdeckungsreisen britischer, französischer und deutscher Forscher und Geografen (Blauer Nil, Nilbassin, Nilquellen, Mondgebirge). Ägypten und Sudan wurden in dieser Zeit zu Manövriermassen des britischen Imperialismus und Kolonialismus. Das 20. Jahrhundert war am Nil geprägt durch einen arabisch-islamischen Nationalismus (Tuchenchamun) und die äygptische Revolution (Nasser, Assuanstaudam), während Äthiopien zeitweise von Italien besetzt war (1935/41). [Buhlmann, 04.2023]

Konzelmann, Gerhard (1990), Der Jordan. Ur-Strom zwischen Heil und Haß, Gütersloh o.J. > I Israelische Geschichte

Konziliengeschichte, begr. v. Walter Brandmüller, hg. v. Walter Brandmüller, Peter Bruns, Thomas Prügl, ist eine Reihe zur wissenschaftlichen Erforschung der Konzilien der christlichen Kirche von den Anfängen bis in die Gegenwart. Die Reihe unterteilt sich in: Konziliengeschichte. Reihe A: Darstellungen: [787, 8./9. Jahrhundert]: Thümmel, Hans Georg (2005), Die Konzilien zur Bilderfrage im 8. und 9. Jahrhundert. Das 7. Ökumenische Konzil in Nikaia 787, Paderborn-München-Wien-Zürich 2005, XXIV, 319 S., € 29,-; [1049-1123]: Gresser, Georg (2006), Die Synoden und Konzilien in der Zeit des Reformpapsttums in Deutschland und Italien von Leo IX. bis Calixt II. 1049-1123, Paderborn-München-Wien-Zürich 2006, LXIV, 604 S., € 45,-; [1423/24]: Brandmüller, Walter (2002), Das Konzil von Pavia-Siena 1423-1424, Paderborn-München-Wien-Zürich 2002, XXIV, 371 S., € 29,90; Reihe B: Untersuchungen. [Buhlmann, 09.2018]

Kootz, Wolfgang ([2004]), Dresden. Bildführer durch die Landeshauptstadt und ihre Umgebung, [Nachdruck] Dresden o.J. [2011] > D Dresden

Kopp, Georg (1959), Die Stiftskirche in Stuttgart, neu bearb. v. Theo Sorg, [Stuttgart] 61979 > S Stuttgart

Koran als heilige Schrift der muslimischen Religion: I. Der Islam als Religion entstand im spätantiken Umfeld monotheistischer Erlösungsreligionen (Judentum, Christentum, Zoroastrier) sowie im politischen Spannungsfeld der Weltreiche von (ost-) römischem Reich und Sassanidenreich. Die arabischen Stämme standen teilweise auf Seiten Roms, teilweise auf persischer Seite, waren auch auf der Arabischen Halbinsel eingebunden in die Politik der Großmächte. Insofern versprach die Kreierung des Islam als prestigeträchtiger neuer Erlösungsreligion auf Basis der arabischen Kultur durch den Mekkaner Mohammed (*570/73-†632) den Vorteil der religiösen und politischen Unabhängigkeit bei Vereinigung der arabischen Stämme (innere Befriedung durch Islam). Dabei hatte der charismatische Mohammed freilich einige Widerstände zu überwinden (Auftreten als Prophet 610, Hedschra 622, Schlacht bei Badr 624, satanische Verse des Koran, Einnahme Mekkas 630, Mekka und Kaaba). Das gelang ihm und seinen Nachfolgern, den Kalifen, nicht zuletzt durch Kriege gegen äußere Feinde, die auf der Grundlage von neuer Religion und Ideologie erfolgreich durchgeführt werden konnten (Beuteerwerb, fath ["Öffnung, Unterwerfung" der Welt] als religiöses Gebot). Die muslimische Eroberung wurde sehr begünstigt durch die politische Lage im oströmischen und Sassanidenreich nach dem großen römisch-persischen Krieg (602-628); die lokalen Eliten in den beiden Großreichen insbesondere verloren zu Gunsten der Zentralen (Konstantinopel, Ktesiphon) zunehmend an Macht (Zentralisierungstendenzen), die muslimischen Eroberer profitierten somit von dieser politischen Zerrissenheit, wohl weniger von der im oströmischen Reich verbreiteten religiösen Spaltung im Christentum (Orthodoxe, Monophysiten, Kopten). II. Der Islam als Erlösungs- und "Buch"religion hat seine Grundlage im von Mohammed vermittelten, im 7. Jahrhundert (unter den Kalifen Abu Bakr und Uthman) ausgestalteten Koran als in Worten gegossene "Offenbarung (Rede) Gottes". Der auf Arabisch verfasste Koran ist eingeteilt in 114, etwa der Länge nach geordneten Suren (aus Versen), beginnend mit der Eingangssure (al-Fatiha). Inhaltlich orientiert sich der Koran u.a. an religiösen (gnostischen, jüdischen, christlichen) Texten der damaligen Zeit, die Suren können unterschiedlich einer frühesten, mittleren und späten mekkanischen Zeit Mohammeds zugeordnet werden. Die Rezeption des Koran jenseits des Textes als Glaubensinstrument gestaltete sich vielfältig: Übersetzungen aus dem Arabischen, wissenschaftliche Auseinandersetzung (Entstehung des Koran, theologische Diskussionen) im Rahmen der islamischen Koranwissenschaften und Religionswissenschaften.
Strittig sind u.U. Koran-Übersetzungen ins Deutsche wie: (Die ungefähre Bedeutung des) Al Qur'an Al Karim (in deutscher Sprache), übers. v. Muhammad ibn Ahmad ibn Rassoul (2009), Köln 172014, 479 S., kostenlos; Der Koran (arabisch-deutsch), übers. v. Max Henning (1901), hg. v. Murad Wolfried Hofmann (1999), Kreuzlingen-München 2001, 636 S., DM 39,80. An Darstellungen zum Koran sind zu nennen: Bobzin, Hartmut (1999), Der Koran. Eine Einführung (= BSR 2109), München 1999, 127 S., Schwarzweißabbildungen, DM 14,80; Paret, Rudi (1957), Mohammed und der Koran. Geschichte und Verkündigung des arabischen Propheten (= Urban Tb 32), Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 61985, 176 S., DM 16,-. [Buhlmann, 10.1994, 04.1999, 02.2021, 10.2021]

Korenjak, Martin (2016), Geschichte der neulateinischen Literatur, München 2016, 304 S., Schwarzweißabbildungen, Zeittafel, € 26,95. Neulatein ist die lateinische Sprache der europäischen Neuzeit und Forschungsgegenstand der Neulatinistik. Die Anfänge des Neulatein liegen im spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Humanismus mit dessen Abkehr vom Mittellatein als Latein des europäischen Mittelalters und dessen Rückbesinnung auf das klassische Latein der römischen Antike. Neulatein war als Sprache der Literatur, der Dichtung wie der Gelehrsamkeit, erfolgreich in der frühen Neuzeit, trat hingegen bis zur Gegenwart hinter den sich auch im schriftlichen Bereich entwickelnden Volkssprachen immer mehr zurück. Dank der Erfindung des Buchdrucks hat eine Vielzahl von neulateinischen Werken überlebt. Neulatein durchlebte dabei die Epochen von Humanismus und Renaissance (1300-1520), das Zeitalter der Konfessionen (1520-1618), das 17. Jahrhundert, das (18.) Jahrhundert der Aufklärung und die Moderne (19.-21. Jahrhundert). Themen neulateinischer Literatur sind: Pädagogik/Didaktik der Renaissance, Übersetzungen ins Latein, Briefliteratur, Geschichtsschreibung, religiöse Literatur, Politik/Utopie, Naturwissenschaften. Bedeutende Autoren und Werke repräsentieren die neulateinische Literatur, angefangen von den Humanisten Francesco Petrarca, Lorenzo Valla oder Erasmus von Rotterdam über die Reformatoren wie Philipp Melanchton, über Thomas Morus (Utopia), die Jesuiten (ratio studiorum), Athanasius Kircher, Jacob Balde, die Bollandisten (acta sanctorum), Gottfried Wilhelm Leibniz, die katholische Kirche (Kirchenrecht, Enzykliken, Zweites Vataikanisches Konzil) bis hin zu Autoren der modernen Neolatinistik. S. dazu: Korenjak, Martin (Hg.) (2019), Neulatein. Eine Textsammlung. Lateinisch-Deutsch (= RUB 19610), Stuttgart 2019, 444 S., € 15,-. > Lateinische Literatur > N Neulatein [Buhlmann, 07.2016, 11.2019]

Korinth, Helmut ([o.J.]), Dr. Martin Luther. Lebenslauf, Reformation und Augsburgische Konfession, Hamburg o.J. [5ca.1988] > L Luther, Martin

Korn, Karl ([1957]), Der Rheingau (= Langewiesche-Bücherei), Königstein i.T. o.J. [1957] > L Langewiesche-Bücherei

Korn, Lorenz (2012), Die Moschee. Architektur und religiöses Leben (= BSR 2573), München 2012, 128 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, 2 Karten, € 8,95. Seit den Anfängen des Islam dienten Moscheen (masjid = "Ort, an dem man sich niederwirft") als Versammlungsgebäude, Gebets- und Predigträume (Freitagspredigt, Freitagsmoscheen). Die typischen architektonischen Elemente einer Moschee bildeten sich seit dem 7. Jahrhundert heraus; die Gebetsrichtung (qibla), die Gebetsnische (mihrab), die Predigtkanzel (minbar), evtl. die Abschrankung um den Platz des Herrschers (maqsura), das Minarett (manara, [midhana]) waren eingebunden in verschiedenste Bauformen: a) Frühzeit (622-750): Moscheen des beginnenden Islam (Prophetenmoschee in Medina, Kaaba in Mekka), Moscheen der Umayyadenzeit (Felsendom, Herrschermoschee in Damaskus); b) Klassische Zeit (750-1400): Moscheen der Abbasidenzeit (Große Moschee von Kairouan, Moschee in Samara, Ibn Tulun-Moschee in Kairo), Moscheen des islamischen Westens (in Sevilla, Cordoba), iranische Kuppel- und Iwan-Moscheen (in Isfahan, Buchara), Moscheen in Anatolien und der Jazira; c) Zeit der Moscheen als Kuppelbauten (1400-1750): Kuppel- und Iwan-Anlagen, osmanische Moscheen (in Istanbul); d) Kolonialzeit, Moderne und Postmoderne (1750-heute) (Moscheen in Jakarta, Visoko, Riyad, Jidda). [Buhlmann, 08.2013]

Kornemann, Ernst (1938/39), Römische Geschichte, 2 Bde., Bd.I: Die Zeit der Republik (= KTA 132), Stuttgart (6)1970, Bd.II: Die Kaiserzeit (= KTA 133), Stuttgart (6)1970 > R Römische Geschichte, 15.-6. Jahrhundert v.Chr.

Kortüm, Hans-Henning (2010), Kriege und Krieger 500-1500, Stuttgart 2010 > A Adel

Kosch, Clemens (2010), Die romanischen Kirchen von Essen und Werden. Architektur und Liturgie im Hochmittelalter, Regensburg 2010, 64 S., Farbabbildungen, Pläne, Karten, € 12,80. I. Essen: Die gestiegene Bedeutung der um die Mitte des 9. Jahrhunderts entstandenen Essener Frauengemeinschaft in der Zeit der ostfränkisch-deutsch-ottonischen Könige und Kaiser offenbarte sich auch in der Bautätigkeit besonders des 10. und 11. Jahrhunderts. In den Jahrzehnten ab der Mitte des 9. Jahrhunderts erfolgte der Bau der ersten (spätkarolingischen), den Heiligen Cosmas und Damian geweihten Kirche, die aber um 944/46 durch Brand (teilweise) zerstört wurde. Frühottonische Erweiterungsbauten aus der Zeit kurz danach waren ein Westwerk mit vorgelagertem Atrium, das das Münster mit der wohl damals errichteten Vorgängerin der heutigen Johanneskirche verband, und eine Außenkrypta. Gründungsbau und Erweiterungen verschwanden aber mit dem Neubau der Kirche ab der Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert. Es entstand nun die dreischiffige romanische Basilika mit Westbau, Querhaus, Nebenchören und Krypta, wie wir sie in den wichtigsten Teilen auch heute noch sehen können; am beeindruckendsten war und ist dabei sicher das mehrstöckig angelegte Oktogon mit seinen Emporenräumen, das sich harmonisch zum Langhaus hin öffnet. Vor dem Westbau erhielt zudem das Atrium eine neue Gestalt. Im 12. Jahrhundert kam auf der Südseite des Querhauses eine Vorhalle hinzu, Querhaus und Vorchor wurden eingewölbt. Der Brand der Münsterkirche im Jahre 1275 machte dann aber den Neubau des Langhauses und des Chores im gotischen Stil erforderlich, so dass nun die erste gotische Hallenkirche des Rheinlandes entstand. Im 15. Jahrhundert war mit der Errichtung eines spätgotischen Vierungsturms die mittelalterliche Bautätigkeit am Essener Münster weitgehend abgeschlossen. Für die (nicht nur) mittelalterliche Liturgie im Essener Frauenstift spielten eine Rolle der bedeutende Münsterschatz mit wichtigen Kunstwerken aus ottonischer Zeit (Vortragekreuze wie älteres Mathildenkreuz und Theophanukreuz, Lilienkrone, Evangeliar der Theophanu, siebenarmiger Leuchter, Kreuzsäule) sowie das älteste vollplastische Marienbild im Abendland, die mehr als tausend Jahre alte Goldene Madonna, ebenso die umfangreichen Reliquienbestände der geistlichen Gemeinschaft (Reliquiensepulcrum des romanischen Hochaltars 1054). Die über das Atrium mit dem Essener Dom verbundene Johanneskirche war wohl von Anfang an Taufkapelle. Ebenfalls vielfachen architektonischen Veränderungen unterworfen, stellt sie sich heute im Wesentlichen wie nach dem Neu- bzw. Umbau im Jahre 1471 dar. Die Anfänge der kleinen, dem Münster benachbarten Quintinuskapelle wird man frühestens in das 11. Jahrhundert datieren können; von der Kapelle ist heute nichts mehr erhalten. II. Stoppenberg: Durch die Essener Äbtissin Swanhild (1058-1085) ist (wohl) 1073 in (Essen-) Stoppenberg eine Frauengemeinschaft als Tochtergründung des Essener Frauenstifts eingerichtet worden. Noch heute besteht die dreischiffige romanische Pfeilerbasilika St. Maria und Nikolaus aus dem 11. Jahrhundert, die damals ältere Bauteile aufnahm. An ein zweijochiges Langhaus schließen sich ein Chorquadrat und eine halbrunde Apsis an, die Kirchendecke betsand aus (heute nicht mehr erhaltenen) gotischen Gewölbekappen, es gab ein westliches Turmpaar, zwischen dem im Innern der Kirche die Empore der Stiftsfrauen lag. Die Kirche war auch Pfarrkirche, wie nicht zuletzt Außenzugänge und ein romanisches Taufbecken (12. Jahrhundert) zeigen. Ein romanisches Kapitelhaus (1826 abgebrochen) und ein Stiftsfriedhof - jeweils in einiger Entfernung von der Kirche - ergänzten topografisch das Ensemble der Stoppenberger Frauenkommunität. III. Werden, Ludgerusbasilika: Die Hauptkirche des ehemaligen Benediktinerklosters in (Essen-) Werden war zweifellos die vom heiligen Liudger (†809) als basilica sancti Salvatoris gegründete Kirche des Klosters. Dies bestätigt auch die archäologische Forschung, die eine 38 m lange, dreischiffige Basilika ausmachen kann; sie soll von West nach Ost erbaut worden sein. Ab 840 wurde Liudgers Grab in den Neu- und Umbau der Abteikirche unter Abt Altfrid (839-849) mit einbezogen. Die so entstandene Hallenkrypta beim Hochaltar im Chor erwähnt auch die Werdener Tradition als crypta nova necdum peracta ad pedes sacri sepulcri Liudgeri. Daneben gab es eine Außenkrypta, die die Gräber der Äbte aus der Verwandtschaft Liudgers enthielt; vier Grabinschriften der liudgeridischen Klosterleiter Hildigrim I. (809-827), Gerfrid (827-839), Altfrid und Hildigrim II. (853/64-886) sind überliefert. Der erweiterte Ostbau und das Langhaus sind als "Kirche des heiligen Liudger in Werden" dann im Jahr 875 geweiht worden. Es folgte die Weihe des noch heute bestehenden Westwerks der Basilika (943), das im Mittelalter als Marien- oder Peterskirche bezeichnet wurde und von dem es einen direkten Zugang zur Abteikirche gab. Vor dem Westwerk wurde im 11. Jahrhundert und später eine Vorhalle mit Portalnische, im 12. Jahrhundert ein Paradies in T-Form geschaffen, im östlichen Teil des Gotteshauses die umgebaute Hallen- als Außenkrypta 1059 geweiht. Vielleicht schon um 1230 ist die spätromanische Abteikirche entstanden, die im Jahre 1255 oder 1256 teilweise Opfer eines Brandes geworden ist. Mit der Wiederherstellung der Kirche zwischen Westwerk und Hallenkrypta muss aber bald begonnen worden sein. Darauf weisen zumindest die Sammlungsaufrufe und Ablässe für die Kirche aus dem Jahr 1256 und vom 10. Mai 1258 hin. In fast 20-jähriger Arbeit entstand bis zur Weihe der Abteikirche durch Albertus Magnus (*ca.1200-†1280) im Jahr 1275 ein spätromanisches Gotteshaus mit gotischen Formen, das bis heute nur wenige Veränderungen erfahren hat. Im unter Einbeziehung des Westwerks und der Krypta rund 100 m langen Bauwerk besteht der Mittelteil aus einer dreischiffigen Anlage mit Langhaus, Seitenschiffen und Querschiff, über dessen Mitte sich ein achteckiger Vierungsturm erhebt; Vierungsturm und Westturm - die einzigen Türme der (Doppel-) Kirche - stehen so in gewisser Polarität nebeneinander. Im Innern münden die niedrigeren Seitenschiffe mit dem darüber liegenden Emporengeschoss in das hohe Langhaus; über den Doppelöffnungen der Emporen sind Rosettenfenster zu sehen, die harmonisch zur kreuzrippengewölbten Decke des Langhauses mit den vier Jochen hinüberleiten. Der Chor im Anschluss des Querschiffs nimmt die Gliederung des Langhauses wieder auf; er wird von einem sechsteiligen Rippengewölbe überdacht und ist von den Chornebenräumen umgeben; eine halbrunde Apsis schließt den Chor zur Hallenkrypta hin ab, wobei Letztere über vom Chor ausgehende Seiteneingänge betreten werden kann. Für die Neuzeit sind dann nur noch wenige Baumaßnahmen wie die Erhöhung des Westwerkturms (1840/50) bezeugt. Dies geschah im Zusammenhang mit Restaurierungsmaßnahmen der preußischen Denkmalpflege im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (1837/50, 1884/93, 1901/09). IV. Werden, Luciuskirche: Baubeginn der Luziuskirche soll das Jahr 995 gewesen sein. Der Gründungsbau war ein einschiffiger Saalbau mit rechteckigem Chor, anschließender Apsis und einer Vorhalle. Er ist im 11. Jahrhundert erweitert worden, als bis zur Weihe am 1. Oktober 1063 (oder 1065) beim Chor Querhausflügel hinzukamen und das Querhaus verändert wurde. Die 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts brachte die umfassende Erweiterung der Kirche zu einer dreischiffigen Basilika mit Stützenwechsel, Haupt- und Nebenchören. Ein Westturm mit wuchtigen Kreuzgratgewölben entstand um die Mitte des 12. Jahrhunderts (vielleicht in der Nachfolge eines früheren Turms), ergänzt um die vorgelagerte apsidiale Eingangshalle mit Nischenportal; zwei Chorwinkeltürme waren ebenfalls vorhanden. Aus der Mitte oder der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammen auch die Wandmalereien in der Kirche. An den Chorwänden sind oberhalb der Arkaden, die die Nebenchöre vom Hauptchor trennen, Nischen angebracht, die den heiligen Luzius, den Kirchenpatron, und fünf Äbte zeigen. Daneben müssen Bögen, Fensterlaibungen und Gesimse ausgemalt gewesen sein, so dass allein durch die Bemalung das Kircheninnere einen prunkvollen Eindruck auf die Gläubigen gemacht hat. Die in antikisierendem Blattwerk gestalteten Pilaster der Chorwände, die Pfeiler- und Würfelkapitelle der Langhaus- und Chorarkaden taten sicher ihr Übriges. Für das späte Mittelalter ist der Umbau des südlichen Chors durch den Einbau eines gotischen Fensters festzuhalten (1487). Um das Jahr 1780 wurden dann die baufälligen Seitenschiffe zusammen mit den Chorwinkeltürmen niedergelegt. Die Nutzung der Kirche zu Wohnzwecken schädigte das Gebäude im Verlauf des 19. Jahrhunderts schwer, mit der Wiederherstellung des Gotteshauses wurde 1958 begonnen. > E Essen; > W Werden, Werdener Kirchenlandschaft [Buhlmann, 05.2017]

Kossert, Andreas (2014), Ostpreußen. Geschichte einer historischen Landschaft (= BSR 2833), München 2014, 128 S., Karten, € 8,95. Am Anfang (ost-) preußischer Geschichte stehen die baltischen Prußen zwischen Weichsel und Memel, bezeichnet als Bruzi (9. Jahrhundert, Mitte), vergeblich missioniert (Tod Adalberts von Böhmen 997), organisiert in Stammes- und Familienverbänden, dem Heidentum verhaftet (Götter Perkuns [Kriegsgott], N/Patrimpe, Patollu; heilige Haine, Berge [Rombinus] und Gewässer). Mit dem Auftreten des Deutschen Ordens in Preußen (seit 1225) begannen Unterwerfung und Christianisierung der (ca. 220000) Prußen, die sich im Laufe der nachfolgenden Jahrhunderte kulturell assimilierten (Verschwinden der prußischen Sprache [17. Jahrhundert]). Das bis 1283 vollständig eroberte Preußen wurde zum Kernraum des Deutschordensstaates (Städtegründungen von Kulm und Thorn 1233, Elbing 1237, Königsberg 1255; Residenz Marienburg 1308). Konflikte mit dem Königreich Polen-Litauen blieben nicht aus (Krieg von 1409/11, Schlacht bei Tannenberg 1410, Erster Thorner Frieden 1411; Dreizehnjähriger Krieg von 1454/66, Zweiter Thorner Frieden 1466 und Abtretung von Pommerellen, Ermland, Kulmer Land u.a. bei Lehnsabhängigkeit von Polen). Unter dem Hochmeister Albrecht von Brandenburg (1511/25-1568) wurde aus dem Deutschordensstaat Preußen ein weltliches evangelisches Herzogtum (1525) mit kultureller und religiöser Vielfalt (Königsberger Universität 1544, kulturelle Blüte Königsbergs [17. Jahrhundert; Simon Dach, Ännchen von Tharau], katholisches Ermland). Innerhalb der Hohenzollerndynastie gelangte Preußen an die (calvinistischen) Brandenburger (1603/18) bei Anerkennung der preußischen Lehnsunabhängigkeit von Polen im Zweiten Nordischen Krieg (1655-1660) und in den Verträgen von Wehlau, Bromberg und Oliva (1657, 1660) sowie bei Durchsetzung des absolutistischen Machtanspruchs des Herzogs. Kurfürst Friedrich III. (1688-1713) wurde "König in Preußen" (1701), aus dem Länderkomplex Brandenburg-Preußen sollte schließlich das Königreich Preußen enstehen (1806). Der hohenzollerische Länderkomplex hatte etwa unter König Friedrich II. (1740-1786) die militärische Krise des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) zu bestehen, Brandenburg-Preußen dehnte sich auf Kosten Polens aus (polnische Teilungen von 1772, 1793, 1795), aus Preußen wurde verwaltungstechnisch Ostpreußen (1773). Durch Krieg (1656/57), Pest (1709/11), Hunger und wirtschaftliche Ausbeutung wurde (Ost-) Preußen im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert schwer geschädigt, "Repeuplisierungs"politik und Reformen auf der Grundlage eines protestantischen aufgeklärten Absolutismus besserten immerhin zunächst die sozialen Verhältnisse etwas (Zuwanderung, religiöse Toleranz, Königsberg als Zentrum der preußischen Toleranz [Immanuel Kant, Aufklärung]). Das beginnende 19. Jahrhundert brachte für Ostpreußen die Bauernbefreiung und die Katastrophe der napoleonischen Kriege (Frieden von Tilsit 1807, Russlandfeldzug 1812, Konvention von Tauroggen 1812). Vom Deutschen Bund (1815) war Ostpreußen ausgeschlossen, bürgerlich-liberale Tendenzen zeigten sich besonders in Königsberg und in der Revolution von 1848/49, während das Scheitern der Revolution und der Austritt der Provinz (West- und Ost-) Preußen aus dem Deutschen Bund (1850) das konservative preußische Junkertum beförderte. Der Konservatismus in Ostpreußen bestimmte auch die sozialen und wirtschaftlichen Missverhältnisse dort, die Gründung des Deutschen Kaiserreichs (1871) bei Einbeziehung Ostpreußens brachte durch die sich verstärkende Industrialisierung eine wirtschaftliche Besserung (Eisenbahnbau [Bahnhof Eydtkuhlen], verhaltene Verstädterung [Großstadt Königsberg, größere Städte Tilsit, Allenstein, Insterburg, Memel], verhaltene Bevölkerungsentwicklung). Zu Beginn des Ersten Weltkriegs (1914-1918) war Ostpreußen Kampfgebiet (Schlacht bei "Tannenberg" 1914), der Versailler Vertrag (1919) brachte die Abtretung des polnischen Korridors und die Trennung Ostpreußens vom restlichen Reichsgebiet der Weimarer Republik, schließlich die Abtrennung des Memelgebiets an Litauen (1920/23). In der Weimarer Republik wurde aus dem wirtschaftlich und kulturell geschwächten und schwachen Ostpreußen der Mythos eines fremden östlichen Landes, das trotz wirtschaftlicher Maßnahmen kaum gesundete und sich stark dem Nationalsozialismus öffnete (ab 1925). Im "Dritten Reich" (1933-1945) stand das germanische Grenzland Ostpreußen (unter dem Gauleiter Erich Koch) zunächst wirtschaftlich im Mittelpunkt von Ostpreußenplan (1933) und Masurischer Arbeitsschlacht (1934/36), wurde ethnisch "flurbereinigt" (Umbenennung von Orten, Germanisierung) und erlebte die Heimkehr des Memelgebiets (1939), Terror, Verfolgung und Zweiten Weltkrieg (1939-1945). Zunächst Aufmarschgebiet im Krieg gegen Polen (1939) und die Sowjetunion (1941), dann territorial vergrößert durch polnische Gebiete (1939), wurde Ostpreußen Sitz des Führerhauptquartiers "Wolfsschanze" (ab Juli 1940, Attentat auf Adolf Hitler 20. Juli 1944), dann hart umkämptes Kampfgebiet gegen die eindringende Sowjetarmee (ab Juni 1944/Januar 1945, Luftangriffe, Konzentrationslager Stutthof, Todesmarsch vom Januar 1945; Flucht der deutschen Bevölkerung [Wilhelm Gustloff], Kessel Königsberg und Samland). Die Nachkriegsordnung sah die "Westverschiebung" Polens bei Teilung Ostpreußens unter ein südlich-polnisches und nördlich-sowjetisches Herrschaftsgebiet vor (1945); die Besetzung Ostpreußens ging einher mit Vertreibung, Hunger, Seuchen und Tod. Dabei wurde aus dem sowjetischen Teil Ostpreußens (Oblast Kaliningrad) ein "Land ohne Geschichte", nach den europäischen Umbrüchen von 1989/90 letztlich eine russische Enklave innerhalb der Europäischen Union. Das polnische Ostpreußen gehörte zu den "Wiedergewonnenen Gebieten", zu den "urpolnischen" Ländern, heute organisiert in der Wojewodschaft Ermland und Masuren. Das Memelgebiet wurde der Sowjetrepublik Litauen zugeschlagen und gehört heute zum litauischen Staat. Vertriebene in der Bundesrepublik Deutschland der Nachkriegszeit organisierten sich in der Landsmannschaft Ostpreußen (1948), politisch geleitet vom Wunsch nach Rückkehr, kritisch eingestellt gegenüber der Ostpolitik des Kanzlers Willy Brandt und sich dadurch politisch isolierend. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde indes die Problematik um die "Umsiedler" totgeschwiegen. Das in der Europäischen Union vereinte Europa erlaubt heutzutage aber den Blick auf Ostpreußen als "fernes nahes Land". [Buhlmann, 10.2014]

Kossok, Manfred (1992), 1492 - Die Welt an der Schwelle zur Neuzeit, Leipzig 1992, 212 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Karten, DM 78,-, gibt einen geschichtlichen Überblick über die "eine" Welt am Ende des Mittelalters und am Beginn der Neuzeit. Betrachtet werden das China der Mingzeit, der Feudalstaat Japan, die islamischen Reiche (Osmanen, Iran, Sultanat von Delhi bzw. Mogulreich), der angeblich "geschichtslose Kontinent" Afrika (Maghrebstaaten, Reich von Mali bzw. Songhai, Reich von Benin, Kongoreich, Simbabwe, Reich von Aksum bzw. Äthiopien, Handelsstädte an der ostafrikanischen Küste), Altamerika (Aztekenreich, Maya, Inkareich), schließlich Europa und dessen Expansion in die Welt ("von der Peripherie zum Zentrum der Weltgeschichte"; Venedig, Genua, Florenz, Portugal, Spanien, Eroberungen und Kolonialreiche, Renaissance). [Buhlmann, 10.2019]

Kothe, Irmgard (1938), Der fürstliche Rat in Württemberg im 15. und 16. Jahrhundert (= DWG 29), Stuttgart 1938, [IV], 199 S., Verzeichnis der württembergischen Räte (1450-1468), Stammtafel, RM 7,50. Im Zuge derspätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Territorialentwicklung kam auch dem Ratsgremium des Landesherrn eine zunehmend wichtigere Rolle zu. Das galt auch für die württembergische Grafsachft bzw. das württembergische Herzogtum. Die Anfänge eines gräflich-herzoglich-fürstlichen Rates reichen in Württemberg bis ins 13. Jahrhundert zurück (consilarii, 1269, 1273, 1280; Hofbeamte Truchsess [1262] und Marschall [1273]; Schreiber, 1254). Um die Mitte des 14. Jahrhunderts erscheint das Amt des württembergischen Hofmeisters (Übernahme der Aufgaben des Marschalls), 1357 das Amt des Landhofmeisters; daneben gab es den Haushofmeister (15. Jahrhundert, 2. Viertel). In Problemsituationen (Beschlüsse über Krieg und Frieden, Vormundschaften) vermochte ein Rat als Gremium der Räte maßgeblich auf die württembergische Politik einzuwirken (1419/21 u.a.). Im Verlauf des 15. Jahrhunderts spielte der Landeshofmeister in Landesverwaltung und Gerichtsbarkeit eine immer größer werdende Rolle; ein sich ausbildendes Finanzwesen wird erkennbar, die Kanzlei (protonotarius, 1397) stand für die Verschriftlichung der Verwaltung (Urbare, Lehnbücher). Mitglieder des sich ausbildenden Rates waren ministerialischen, aber auch zunehmend adligen und bürgerlichen Ursprungs, waren Laien- und geistliche Räte, waren (Rechts-) Gelehrte. In der Zeit der Urach-Stuttgarter Landesteilung (1442-1482) und danach kam es zu einer weiteren Verfestigung von Rat und Finanzverwaltung (Kanzlei unter dem Kanzler, 1478; Kammermeisteramt, 1481; Stellung des Landhofmeisters; Münsinger Vertrag 1482). Unter Graf/Herzog Eberhard V./I. (1459-1496) spielte die Vielzahl von Räten und Dienern eine große Rolle (Dienerbücher, 1488, 1490/92, 1495), Rat und Kanzlei standen für die kollegial organisierten obersten Regierungs- und Finanzbehörden. Vor dem Hintergrund des Esslinger Vertrags (1492) behaupteten sich Rat und Stände gegen Herzog Eberhard II. (1480/96-1498), die desolate Herrschaft von Eberhards Sohn Ulrich (1498-1550) mündete im Tübinger Vertrag (1514) und der habsburgischen Eroberung Württembergs (1520). Württemberg unterstand der habsburgischen Herrschaft König Ferdinands I. (1522-1534) und von dessen Regiment (unter der Leitung eines Statthalters), das die Kompetenzen des Rates regelte (Instruktionen nach österreichischem Vorbild, 1531) und eine selbstständige Finanzbehörde (Kammer) schuf (Instruktion, 1520), mithin die württembergische Verwaltung auf andere, zukunftsorientierte Grundflagen stellte. Der 1534 in sein Herzogtum zurückgekehrte Herzog Ulrich und insbesondere sein Sohn Christoph (1550-1567) bauten auf den habsburgischen Verwaltungsmaßnahmen auf, wobei sich indes aus dem nicht abgegrenzten Miteinander von Hof- und Kanzleiräten unter Herzog Ulrich verwaltungstechnische Missstände ergaben. Erst die Kanzleiordnungen Herzog Christophs (1550/53) organisierten einen Oberrat mit den teilweise davon abhängigen Institutionen Kammer und Kirchenrat (protestantische Reformation 1534, Augsburger Interim 1548; Kirchenordnung 1559), während in diese Zeit die Anfänge eines Geheimen Rates verortet werden können. Eine Gerichtsbarkeit von Landhofmeister und Räten stellte schließlich das 1474 erstmals erwähnte Hofgericht (Hofrichter, Beisitzer) dar (Hofgerichtsordnungen, 1540, 1587). [Buhlmann, 05.2015]

Kotteder, Franz (2015), Der große Ausverkauf. Wie die Ideologie des freien Handels unsere Demokratie gefährdet, München 22015 > K Kapitalismus

Kottje, Raymund (1992), Die niederrheinischen Zisterzienser im späten Mittelalter. Reformbemühungen, Wirtschaft und Kultur (= Zisterzienser im Rheinland, Bd.3), Köln-Bonn 1992 > Z Zisterzienser

Kottmann, Ingeborg (Hg.) ([1998]), Die Revolution 1848/49 in der Baar. "Freiheit, Bildung, Wohlstand für alle" (= Ausstellungskatalog = Veröffentlichungen des Stadtarchivs und der städtischen Museen Villingen-Schwenningen, Bd.17), Villingen-Schwenningen [1998], 220 S., Farbabbildungen, € 5,-. Mit dem Ende des römisch-deutschen Alten Reiches (1806), der napoleonischen Neuordnung Europas und dem Wiener Kongress (1814/15) wurde das Großherzogtum Baden Teil des Deutschen Bundes (1815-1866), eine Phase der politischen Restauration und Reaktion drängte auch in Mitteleuropa die (ideellen) Errungenschaften der Revolutionszeit zurück, die Bevölkerung in den deutschen Fürstenstaaten fand sich als Untertanen repressiver Obrigkeiten wieder. Die politische, wirtschaftliche und geistige Krise des Vormärz der 1830er- und 1840er-Jahre entlud sich schließlich in der bürgerlichen Revolution von 1848/49, die - in vielen Teilen Europas spürbar - besonders in den Gebieten des Deutschen Bundes um sich griff. Gefordert wurden von Seiten eines liberalen Bürgertums, aber auch von Seiten anderer Gesellschaftsschichten individuelle demokratische Freiheitsrechte und ein nationaler deutscher Verfassungsstaat. Eine in Frankfurt a.M. tagende Nationalversammlung suchte die revolutionären Forderungen in eine Verfassung umzusetzen, doch scheiterten Parlament und Revolution letztlich am reaktionären Widerstand der Fürsten und an der Verschiedenartigkeit der aufkommenden politischen Strömungen. Von der revolutionären Bewegung in Deutschland war auch und gerade das Großherzogtum Baden betroffen. Die badische Revolution prägten zudem "Heckerzug" und "Struveputsch" (1848) sowie die versuchte Errichtung einer badischen Republik (1849). Die revolutionären Ereignisse auf der Baar, in Villingen und Schwenningen 1848/49 waren eng verzahnt mit den Geschehnissen in Baden und im Deutschen Bund, beanspruchen aber auch einen eigenen Blickwinkel, den die folgenden Beiträge im Buch bieten: Roland Peter, Die Revolution von 1848/49 in Baden; Paula Lutum-Lenger, Thomas Schnabel, Das dezentrale Konzept zum Gedenken an die Revolution von 1848/49; Ingeborg Kottmann, Feste, Erinnerungen, Gedenktage, Wertungen - Die Schwierigkeitn im Umgang mit der Revolution von 1848/49; Paul Revellio, Die Revolution der Jahre 1848 und 1849; Erwein Eltz, Standesherrschaft, Bürger und Bauern - Revolution in Donaueschingen und Umgebung; Ingeborg Kottmann, Revolutionäre Ereignisse in einem württembergischen Dorf: Schwenningen; Beatrice Scherzer, Die Jahre 1848 und 1849 in Hüfingen und Umgebung. Eine Chronik der laufenden Ereignisse; Wolfgang Hilpert, "indem Sie durch Ihre bisher an den Tag gelegte volksfeindliche und jesuittische Richtung das allgemeine Vertrauen gänzlich verwirkt haben ...". Insgesamt erweist sich die deutsche bürgerliche Revolution von 1848/49 als Teil der deutschen Demokratiegeschichte und als ein Anker der demokratischen Erinnerungskultur innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. [Buhlmann, 02.2023]

Kotzur, Hans-Jürgen (Hg.) (1998), Hildegard von Bingen 1098-1179 (= Ausstellungskatalog), Mainz 1998 > H Hildegard von Bingen

Kotzurek, Annegret (2003), Kleine Geschichte des Alten Schlosses in Stuttgart, Leinfelden-Echterdingen 2003 > S Stuttgart

Koziol, Klaus (1987), Badener und Württemberger. Zwei ungleiche Brüder, Stuttgart 1987 > B Baden-Württemberg

Kr

Krägeloh, Konrad (1930), Die Lehnkammer des Frauenstifts Essen. Ein Beitrag zur Erforschung des Essener Kanzleiwesens, in: EB 48 (1930), S.99-278. Anfänge einer Kanzlei (und deren urkundlicher Tätigkeit) von Essener Äbtissin und Frauenstift reichen wahrscheinlich ins 12., auf jeden Fall ins 13. Jahrhundert zurück. Das älteste Essener Lehnbuch des 15. Jahrhunderts (Urkundenregister, Lehnaktprotokolle) stellt dann einen Zusammenhang zwischen der Kanzlei und einer sich entwickelnden Lehnkammer her (Kanzleineuordnung des 2. Viertel des 14. Jahrhunderts). In der frühen Neuzeit (Neuorganisation der Kanzlei in den 1550er-Jahren) bildete sich unter dem Einfluss juristisch geschulter Berufsbeamten die neuzeitliche Kanzlei mit der um Zuständigkeiten (Dienstmannengericht als Lehngericht, Räte als Richter, Einziehung der Lehngebühren und sonstige Einnahmen) erweiterten Lehnkammer als Behörde. Stiftische Kanzlei und Lehnkammer kamen dann mit der Aufhebung des Frauenstifts Essen zu ihrem Ende (1803). [Buhlmann, 07.2013]

Krah, Adelheid (2000), Die Entstehung der "potestas regia" im Westfrankenreich während der ersten Regierungsjahre Kaiser Karls II. (840-877), Berlin 2000, 346 S., € 19,80. Nach dem Tod Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) gelang es dem jüngsten Sohn dieses Herrschers, Karl II. (840-877), in stetiger politischer Aufbauarbeit der ersten Regierungsjahre seine potestas regia zu begründen. Der Bruderkrieg im Frankenreich insbesondere zwischen Karl und Kaiser Lothar I. (817/40-855) insbesondere um den Raum zwischen Seine und Maas beeinflusste dabei das sich entwickelnde Königtum Karls. Nach der Niederlage Lothars bei Fontenoy (841) war dann der Weg frei für Verhandlungen zwischen Karl, Lothar und König Ludwig dem Deutschen (840-876), die nach vorausgegangener descriptio regni schließlich im Vertrag von Verdun einmündeten. Wie schon die Straßburger Eide zwischen Karl und Ludwig (841) offenlegen, kam den Gefolgschaftsverbänden der Herrscher (Treuegedanke [gesellschafspolitische Ordnung und christliches Handeln]) bei dieser politischen (Neu-) Entwicklung ("Wandel der Ordnungsstrukturen") eine besondere Rolle zu. So war Karls Gefolgschaftsverband aus Magnaten und kirchlicher Führungsschicht (fideles, vasalli, foederati, amici) auch konstitutiv für Bildung und Neustrukturierung von Karls regnum gerade in Neustrien und Teilen Austriens; ebenso haben die wirtschaftlichen Grundlagen des karolingischen Königtums u.a. bei der Ausstattung von Parteigängern sowie die Stellenbesetzungen bei Bistümern und Abteien eine Rolle gespielt. Der Vertrag von Verdun sah dann ein stark vergrößertes Westfrankenreich Karls, eingebunden in das Kaisertum Lothars und in die Brüdergemeinschaft der fränkischen Könige (fraternitas als politisches Konzept); grundlegend für die Aquitanien- und Kirchenpolitik Karls in den Folgejahren war zudem der "Gesellschaftsvertrag" von Coulaines (843; ordinatio regni und Herrschaftskonzept). Daraus erschließt sich das stilisierte theologisch-sakrale Herrscherbild Karls mit den Herrschertugenden (ius, iustitia, fortitudo, virtus, misericordia, benignitas, clementia; Herrscherparänesen des Lupus von Ferrières) zwischen Gott und Welt (gelasianische Zweigewaltenlehre), mit hegemonialem politischen Anspruch (Thronbild Karls der Viviansbibel). Dem entsprach nicht zuletzt die Sorge Karls um das dynatische Gebetsgedenken (memoria), das den König, seine Ehefrau, die Kinder und seinen Vater miteinbezog. [Buhlmann, 01.2014]

Krämer, Gerd (1984), Dampflok. Die populärsten Dampflokomotiven Deutschlands, Leonberg 1984 > E Eisenbahn(en) in Mitteleuropa

Kramer, Wolfgang (1992), Bärenthal - "die Idylle im Bäratal?", in: TutHbll NF 55 (1992), S.104-108. Am Anfang stehen zwei Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit Gütertransaktionen des Klosters St. Georgen im Schwarzwald (1092), im späten Mittelalter war Bärenthal hohenbergisch bzw. vorderösterreichisch, 1751 erlangte das Augustinerchorherrenstift Beuron das Dorf durch Kauf. Die Beuroner Herrschaft ging dann 1802 an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen über. Das 18., 19. und beginnende 20. Jahrhundert war in Bärenthal durch Armut geprägt (Bevölkerungswachstum, Auswanderung), das Dorf war landwirtschaftlich geprägt, Industrialisierung fand kaum statt; ab 1832 entstand der Teilort Bäraweiler oder Gnadenweiler (als "Luftkurort"). [Buhlmann, 01.2012]

Kramer, Wolfgang (1992), Hausen ob Verena und der Karpfen, in: TutHbll NF 55 (1992), S.109-115. Der Ort Hausen ob Verena erscheint erstmals in der Überlieferung des Klosters Zwiefalten vor 1092 (Verkauf von Besitz an Egilward von Karpfen). Die Überlieferung des Klosters St. Georgen im Schwarzwald nennt zu 1089 und 1092 einen Ulrich von Husin, doch ist nicht klar, welcher Ort Hausen damit gemeint ist. 1275 wird Hausen ob Verena als Hausen apud Kalphen ("beim Karpfen") erwähnt, 1403 erscheint der Zusatz "uff Freena" (ob Verena), der wahrscheinlich auf die heilige Verena von Zurzach zurückzuführen ist (Verenakapelle?). Eine ältere edelfreie Familie der Herren von Karpfen (11. Jahrhundert, Ende - 13. Jahrhundert, Mitte) ist von einer jüngeren (ab endendem 15. Jahrhundert) zu unterscheiden. Ein Vertreter der älteren Herren von Karpfen war Abt Heinrich von Reichenau (1206-1234). Die hoch- und spätmittelalterliche Burg Karpfen war dabei Herrschaftsmittelpunkt der Karpfener, kam an die Grafen von Lupfen-Stühlingen u.a. und wurde 1444 württembergisch (Mittelpunkt des sich ausbildenden Amtes Tuttlingen 1444-1460). Die spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Herren von Karpfen stammen von Hans Wirtemberger ab, einem illegitimen Sohn des württembergischen Grafen Eberhard im Bart (1450-1496), der Hans I. um 1491 mit der Burg Karpfen belehnte. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) ist das Schloss Karpfen zerstört worden (1634, vgl. auch die Tagebücher des Abtes Georg II. Gaisser von St. Georgen im Schwarzwald), die Karpfener starben 1663 aus, der Karpfen wurde 1681/86 von der Familie Wiederhold erworben. Die Karpfener (Unter-) Herrschaft mit Hausen war als württembergisches Lehen eingebunden in das württembergische Herzogtum und von daher evangelisch. Das Dorf Hausen machte vom 19. bis 21. Jahrhundert die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen vom Königreich Württemberg bis zum Land Baden-Württemberg der Bundesrepublik Deutschland mit. [Buhlmann, 01.2012]

Kramml, Peter F. (1985), Kaiser Friedrich III. und die Reichsstadt Konstanz (1440-1493). Die Bodenseemetropole am Ausgang des Mittelalters (= KGRQ 29), Sigmaringen 1985 > K Konstanz

Kranz, Horst (2002), Von Werden an der Ruhr nach Lucca. Ein rheinischer Ingenieur und Autor im spätmittelalterlichen Italien, in: AHVN 205 (2002), S.49-64 > L Lohrmann u.a., Konrad Gruter von Werden

Kranzhoff, Maria (1929), Aachen als Mittelpunkt bedeutender Straßenzüge zwischen Rhein, Maas und Mosel in Mittelalter und Neuzeit, in: ZAGV 51 (1929), S.1-63 > A Aachen

Kratz, Reinhard G. (2022), Qumran, Die Schriftrollen vom Toten Meer und die Entstehung des biblischen Judentums, München 2022, 320 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Zeittafel, Karten, € 26,-. Zwischen 1947 und 1956 wurden in Qumran ("Salzstadt" [8./7. Jahrhundert v.Chr.]; Siedlungslücke; Besiedlungsphasen: I [ca.150/100-4 v.Chr.], Erdbeben 31. v.Chr., II [4 v.Chr.-68 n.Chr.], römische Einnahme im Jüdischen Krieg [66-70 n.Chr.], III [68-73/74 bzw. -132/35 n.Chr.]), zusammen mit En Feschcha und En el-Ghuweir (einen Siedlungskomplex bildend?) unmittelbar westlich des Toten Meeres gelegen, in elf Höhlen (I-XI) rund 1000 Überreste von hebräischen, aramäischen und griechischen Schriftrollen entdeckt, die in vielfacher Weise Bezüge zur jüdischen Bibel und zum damaligen Judentum aufweisen. Die aufgefundenen schriftlichen Dokumente stehen in Verbindung mit einer jüdischen "Gemeinschaft von Qumram" (Essener?) und verweisen auf biblische Bücher, parabiblische Bücher (Apokryphen, Pseudepigraphen), Schriften der Qumran-Gemeinschaft, urkundliche Zeugnisse (Verträge, Briefe, Rechnungen, Schreibübungen u.a.). Die Texte wurden auf Leder- oder Papyrusrollen niedergeschrieben (Schreiber und Schreibgewohnheiten, Fehler und Varianten) und vermitteln Einsichten zur Entstehung der Texte zwischen Pluralität und Autorität, zur Auslegung der Tora (mosaischer Diskurs) und Kommentierung der biblischen Werke der Propheten (prophetischer Diskurs), zur Aneignung heiliger biblischer Geschichte (bis hin zu endzeitlichen Überlegungen und apokalyptischer Naherwartung), zu Gebet (davidischer Diskurs) und Weltsicht (salomonischer Diskurs). Dabei lassen die Texte, die unmittelbar die Qumran-Gemeinschaft (als Jachad, "neuer Bund", mit dem "Lehrer der Gerechtigkeit") betreffen (Gemeinschaftsregel, Damaskusschrift), deren Entwicklung als Teil einer Entwicklung zum biblischen Judentum erkennen: von den "Frommen/Gerechten/Erwählten" (Chasidim) des 4./3. Jahrhunderts v.Chr. über eine Vielzahl sich im 2. Jahrhundert v.Chr. ausbildender, vielleicht sich institutionalierender jüdischer Bewegungen wie (Proto-) Essener, Pharisäer oder Sadduzäer als religiöse Opposition gegen Tempelkult und Priestertum bis hin zu Gemeinschaften wie der von Qumran ab dem 1. Jahrhundert v.Chr., die auf Lernen und (gemeinsamem) Beten gründete und in der Befolgung der Tora und der biblischen Überlieferung eine Facette eines biblischen Judentums darstellte - im Unterschied zum ethnischen Judentum mit Opferpraxis, Festtagen, religiösen Riten und Bräuchen abseits der biblischen Texte, auch wenn diese unter dem jüdisch-hasmonäischen Königtum eine immer größer werdende Rolle spielten. Die Qumran-Gemeinschaft, "abgesondert" und (in Verfolgung?) marginalisiert von den Völkern und wohl der Mehrheit der Juden, sah sich als "Israel", "Tempel Gottes" und religiöse Elite. Parallelen und auch Unterschiede lassen sich ausmachen zwischen Qumran, dem sich aus Pharisäertum entwickelnden rabbinischen Judentum und dem frühen Christentum. Nach Jüdischem Krieg (66-70/73 n.Chr.) und Bar-Kochba-Aufstand (132-135 n.Chr.) gab es nur noch das rabbinische und christliche Judentum als auf biblische Texte gründende (Welt-) Religionen. [Buhlmann, 06.2023]

Krauftal, Benediktinerinnenkloster: Krauftal war wohl eine Gründung des 10. Jahrhunderts, und zwar ein Kloster benediktinischer Prägung. Auf nicht mehr nachzuvollziehende Weise waren die Grafen von Metz an der Gründung maßgeblich beteiligt gewesen. Nur so - und über Abt Theoger (1088-1119), dem Klosterleiter der Mönchsgemeinschaft St. Georgen im Schwarzwald - sind jedenfalls spätere Besitzrechte des Klosters im Saargau und die Verfügung Graf Folmars V. von Metz über das Kloster zu Beginn des 12. Jahrhunderts verständlich. Denn der Graf übertrug der Mönchsgemeinschaft in St. Georgen die geistliche Oberaufsicht über das Nonnenkloster (1124/30), wie es der Humanist und Benediktinermönch Johannes Trithemius (*1462-†1516) erstmals formulierte. Immerhin gibt es mit einem Privileg Papst Innozenz' II. vom wahrscheinlich 12. März 1138 die Bestätigung des Aufsichtsrechts St. Georgens über Krauftal. Vogt des Nonnenklosters war zum Zeitpunkt der Urkundenausstellung Graf Peter von Lützelburg, der zusammen mit seiner Frau Ida und seinem Sohn Reginald unter Zustimmung des Bischofs Stephan von Metz (1120-1163) und der Krauftaler Äbtissin Hazzecha das Seelsorgerecht St. Georgens anerkannte und um Wiederherstellung der religio, also der richtigen klösterlichen und gottesdienstlichen Ordnung bat. Bezüglich der Seelsorge im Kloster wandte sich Hazzecha in einem Schreiben auch an die berühmte Hildegard von Bingen (*1098-†1179), jene prophetissa teutonica, die nicht zuletzt durch ihre Visionsliteratur und durch natur- und heilkundliche Schriften bekannt wurde. Hazzecha bezieht sich in ihrem Schreiben auf den Besuch Hildegards in Krauftal, der gemäß der Vita Hildegardis im Jahr 1160 stattgefunden haben soll. Viel hatte sich seit dem Aufenthalt Hildegards in Krauftal allerdings nicht zum Guten geändert, und so war die Antwort der Äbtissin vom Rupertsberg eine Ermahnung zur Selbsthilfe. Noch 1389 ist ein St. Georgener Mönch als Prior in Krauftal bezeugt, das Kloster wurde 1488 von Nonnen aus Sindelsberg (bei Marmoutier) neu besiedelt. Im Bauernkrieg von 1524/25 wurde das Kloster zerstört, die geistliche Kommunität kurz darauf aufgehoben. Die Klostergebäude zerfielen im 16. Jahrhundert.
An älterer Literatur zum Nonnenkloster Krauftal seien genannt: Cuny, Fr. (1936), Zur Geschichte der Abtei Graufthal im Mittelalter, in: ArchKGElsaß 11 (1936), S.107-118; Fischer, Dagobert (1875), Die ehemalige Abtei Craufthal, Zabern 1875, 26 S. Zu nennen ist ferner: Buhlmann, Michael (2009), Das St. Georgener Priorat Krauftal (Graufthal) im Elsass. St Georgener Tochterklöster und Priorate in Mittelalter und früher Neuzeit (= VA 46), St. Georgen 2009, 56 S., € 4,-. [Buhlmann, 05.2009]

Kraus, Karl, österreichischer Schriftsteller: Karl Kraus (*1874-†1936), jüdischer Herkunft (römisch-katholische Taufe 1911), wuchs im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn auf und wandte sich früh als Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker, Dramatiker, Literaturkritiker der Schriftstellerei zu. Seit 1899 war er Herausgeber der von ihm begründeten Literaturzeitschrift Die Fackel als Schriftsteller polarisierte er; er war z.B. ein scharfer Kritiker des Ersten Weltkriegs (1914-1918) (Die letzten Tage der Menschheit) und des deutschen Nationalsozialismus (Dritte Walpurgisnacht), wandte sich auch gegen den Zionismus Theodor Herzls. An literarischen Werken von Karl Kraus sind u.a. zu nennen: Kraus, Karl, Schriften, hg. v. Christian Wagenknecht (1986/94): Bd.10 ([1926]): Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog (= st 1320), Frankfurt a.M. 112003, 848 S., Abbildungen, € 16,-, Bd.12 (1933/52): Dritte Walpurgisnacht (= st 1322), Frankfurt a.M. 1989, 390 S., € 3,-; Das Karl Kraus Lesebuch, hg. v. Hans Wollschläger (1980) (= detebe 20781), Zürich 1980, 419 S. Foto, DM 14,80. [Buhlmann, 02.2021]

Kraus, Thomas R. (1980), Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225 (= Bergische Forschungen, Bd.16), Neustadt a.d. Aisch 1980 > B Berg, Grafen von

Krause, Günter (1982), Die vor- und frühgeschichtliche Besiedlung von Duisburg-Ehingen, in: Krause, Günter (Hg.), Vor- und Frühgeschichte des unteren Niederrheins. Rudolf Stampfuss zum Gedächtnis (= Quellenschriften zur westdeutschen Vor- und Frühgeschichte, Bd.10), Bonn 1982, S.91-134. Römisch-kaiserzeitliche Bestattungen sind in der unmittelbar am Rhein gelegenen Dünenlandschaft von (Duisburg-) Ehingen festzustellen. Insgesamt 13 Brandgrubengräber, davon mindestens zwei Bestattungen von Frauen, datieren in die Zeit zwischen 180 und 220 n.Chr. Ab der mittleren Kaiserzeit, dem 2. Jahrhundert ist im Norden des Dünengebiets eine germanische Siedlung feststellbar, eine weitere Siedlungsstelle reicht ins 3. oder beginnende 4. Jahrhundert zurück. Dann brechen die Siedlungsfunde ab, fränkisch-merowingerzeitlich ist ein Grab des endenden 7. oder gar 8. Jahrhunderts. Die kaiserzeitliche germanische Siedlung des 2. Jahrhunderts im unmittelbaren Vorfeld des römischen Limes und des römischen Kastells Gelduba (Krefeld-Gellep) war im Einvernehmen mit den Römern entstanden, zumal die Dünen im rechtsrheinischen Vorgelände wahrscheinlich auch eine die Limeszone sichernde Funktion besaßen. Das Ende der Siedlung - wohl zu Beginn des 4. Jahrhunderts - ist zweifelsohne auf die damaligen römisch-fränkischen Auseinandersetzungen zurückzuführen. Somit ist auch eine Siedlungskontinuität bis hin zum Frühmittelalter eher unwahrscheinlich. [Buhlmann, 10.2003]

Krause, Hans-Georg (Hg., Übers.) (2007), Die Touler Vita Leos IX. (= MGH. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi, Bd.70), Hannover 2007, 314 S., € 35,- > Lateinische Literatur > T Touler Vita Papst Leos IX.

Krebernik, Manfred (2012), Götter und Mythen des Alten Orients (= BSR 2708), München 2012, 128 S., 2 Übersichten, 2 Karten, € 8,95. Der Kulturraum des Alten Orients umfasst geografisch Mesopotamien zwischen Kleinsasien und Mittelmeer im Westen sowie Persischem Golf im Osten, historisch die Kulturen, Stadtstaaten und Reiche der Sumerer, Akkader, der 3. Dynastie von Ur, des altbabylonischen Reiches, der Hethiter und Kassiten, von Mitanni, der Assyrer, des neubabylonischen Reiches sowie des Perserreiches. Die Schrifkultur der Keilschrift entstand um 3300 v.Chr. und klang im 1. Jahrhundert n.Chr. aus; an Keilschrifttexten sind überliefert: Wirtschaftstexte und -urkunden, Inschriften, Formeln, Geschichtsschreibung, Wissenschaft, Lieder, Mythen, Epen, lexikalische Texte, Namen. Die polytheistische Religion(en) des Alten Orients zeichnet sich durch ein Vielfalt von Göttern, Kulten und Mythen aus. Die bedeutendsten Götter, in sumerische, akkadische oder altbabylonische Zeit zurückgehend, waren: An (Himmelsgott), Enlil (Schöpfergott), Enki/Ea (Gott des Wassers und der Fruchtbarkeit), Digirnah/Nimmah/Nindigirene (Muttergöttin), Inanna/Ischtar (Göttin der Liebe, Sexualität und des Krieges), Nanna/Sin (Mondgott), Schamasch (Sonnengott), Ninurta (Erd- und Ackerbaugott), Ninissina (Heilgöttin), Dumuzi/Tammuz (Gefährte der Ischtar), Ischkur/Adad (Wettergott), Ereschkigal und Nergal (Unterweltsgötter), Marduk (Stadtgott von Babylon, Götterherr), Nabu (Gott der Gelehrsamkeit), Assur (Stadtgott von Assur, Reichsgott). Im Zusammenhang mit Religion und Göttern bildeten sich zahlreiche Mythen aus: Mythen der Weltschöpfung und -ordnung (Enlil, An, Enki, "Ninurta und die Schildkröte"), Götterkämpfe ("Kumarbi-Zyklus"), Mythen um die Schöpfung des Menschen ("Preislied auf die Hacke", Atrahasis-Epos), Mythen um Götterhochzeiten, -zeugungen und verschwundene Götter ("Enlil und Ninlil", "Enki und Ninhursaga", "Nergal und Ereschkigal", "Inannas Gang in die Unterwelt", "Dumuzis Traum"), Sintflutmythen ("Sumerische Sintfluterzählung"), Mythen um Götter, Könige und Menschen (Emmerkat-, Lugalbanda-, Gilgamesch-Epos, "Inanna und Schukalletuda", Adapa-Mythos, Etana-Mythos, "Erra-Epos"). Schließlich war das religiöse Leben im Alten Orient geprägt von Kult, Weissagung und Prophetie, von Totenpflege und Ahnenkult ("Königslisten"), von Tempel und Königtum (Kultbau [Zikkurrat], Tempelhaushalt und -ausstattung [Statuen von Gottheiten], Kultpersonal und Priesterschaft), von Fest und Kalender (babylonischer Standardkalender als Mondkalender mit Schaltmonaten, akiti-Feste, "Heilige Hochzeit" (?), babylonisches Neujahrsfest). [Buhlmann, 03.2012]

Kreiser, Klaus (2012), Geschichte der Türkei. Von Atatürk bis zur Gegenwart (= BSR 2758), München 2012, 128 S., Zeittafel, 2 Karten, € 8,95. Mit dem Waffenstillstand von Mudros (30. Oktober 1918) endete für das osmanische Reich der Erste Weltkrieg (1914-1918). In der Folge reduzierte es sich auf die ("Nussschale") Türkei, aliierte Interventionen (England, Frankreich, Italien) bzw. griechische Besetzungen betrafen das kleinasiatische Kernland, Thrakien und Istanbul. Während die osmanische Regierung unter Sultan Mehmed VI. Vahdeddin (1918-1922) den Friedensvertrag von Sèvres schloss (10. August 1920), organisierte sich der türkische Widerstand unter Mustafa Kemal Atatürk (*1881-†1938) in der Großen Nationalversammlung von Ankara (23. April 1920) und dem Krieg gegen die griechischen Invasoren (Unabhängigkeitskrieg, Schlacht von Dumlupinar 1922). Der griechisch-türkische Waffenstillstand von Mudanya vom 11. Oktober 1922 brachte eine "ethnische Entflechtung" hinsichtlich der Griechen und Türken, mit dem Friedensvertrag von Lausanne vom 24. Juli 1923 und der damit einhergehenden Übereinkunft zwischen der Türkei und den allierten Mächten des Ersten Weltkriegs endete die Phase der türkischen "Republik vor der Republik"; zuvor (1922) war das osmanische Sultanat abgeschafft worden, am 3. März 1924 endete das osmanische Kalifat. Die türkische Republik unter ihrem ersten Präsidenten Atatürk und der "Republikanischen Volkspartei" (CHF, CHP) mit Hauptstadt Ankara hatte sich der sog. Scheich Said-Rebellion zu erwehren (1925), im Osten der Türkei blieben die ethnischen Spannungen zwischen Türken, Kurden und Armeniern virulent. Vor diesem Hintergrund vollzogen sich in den folgenden Jahren politisch-gesellschaftliche Reformen auf den Gebieten des Rechts (europäische Gesetzbücher), der Bildung (Schulen, Universitäten, lateinische Schrift) oder der Stellung der Frau (Laizismus). Die Reformen mündeten ein in den eher doktrinären "Kemalismus" der 1930er-Jahre ("Sechs Pfeile" des Parteiprogramms der CHP). Mit dem Vertrag von Montreux vom 20. Juli 1936 erhielt die Türkei die Souveränität über die Meerengen von Bosporus und Dardanellen zurück; 1938 fiel der "Sandschak von Alexandrette" an die Türkei. 1937/38 erschütterte der Dersim-Aufstand die Republik. Nach dem Tod Atatürks (11. November 1938) wurde Ismet Inönü Staatspräsident (1938-1950). Die Türkei betrieb während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) eine erfolgreiche Neutralitätspolitik, nach dem Krieg orientierte sich die Türkei stärker nach dem Westen (Marshall-Plan 1948, Koreabrigade 1950/53, NATO-Mitgliedschaft 1952, Assoziierungsabkommen mit der EWG 1963/64). Die 1950er-Jahre standen unter der Ägide Adnan Menderes' (1950-1960) und seiner "Demokratischen Datei" (DP), mit dem Militärputsch vom 27. Mai 1960 begann die "Zweite Republik", ein Regime (Nationaler Sicherheitsrat) mit einer neuen Verfassung (1961) und u.a. einer von der "Gerechtigkeitspartei" (AP) geführten Regierung unter Süleyman Demirel (1965-1974, 1979-1980). Die CHP-geführte Regierung unter Bülent Ecevit (1974, 1977, 1978-1979) ließ 1974 Nordzypern militärisch besetzen (Zypernfrage, Republik Nordzypern), die schlechte wirtschaftliche Lage und innere Unruhen (Terroraktionen der "Grauen Wölfe", "Nationale Aktionspartei" [MHP]) riefen im Putsch vom 12. September 1980 nochmals die türkischen Streitkräfte unter General Kenan Evren auf den Plan. Propagiert wurde in der Folge ein "dritter Weg" des "Atatürkismus", 13 Zivilregierungen z.B. unter Turgut Özal (1983-1989) und seiner "Vaterlandspartei" (ANAP) regierten das Land, das im Osten von Terrorakten der "Kurdischen Arbeiterpartei" (PKK) erschüttert wurde (1984-2000, ab 2003). Religiös orientierte Parteien wie die "Wohlfahrtspartei" (RP) (Necmettin Erbakan, 1996-1997) und die "Tugendpartei" (FP) wurden verboten (1997/98), das Marmara-Erdbeben vom August 1999 verursachte große Zerstörungen und forderte 17000 Menschenleben. Seit dem ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends besitzen die "Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung" (AKP) und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (ab 2002) die politische Führerschaft in der Republik. Ein starkes Wirtschaftswachstum (Industrie, Bodenschätze, Tourismus) hielt bis zum Jahr 2011 an, Verfassungsreformen (Referendum 2010) drängten die innenpolitische Machtstellung der Streitkräfte zu Gunsten einer "autoritären Demokratie" zurück. Nicht zuletzt stieg zwischen 1920 und 2010 die Bevölkerungszahl der Türkei von 17 auf 73 Millionen Einwohner an. [Buhlmann, 04.2013]

Kreiser, Klaus, Diem, Werner, Majer, Hans Georg (Hg.) (1974), Lexikon der Islamischen Welt, 3 Bde. (= Urban Tb 200/1-200/3), Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1974 > I Islam

Kreiser, Klaus, Neumann, Christoph K. (2003), Kleine Geschichte der Türkei, Stuttgart 22009, 529 S., Zeittafeln, Stammtafeln, Karten, € 11,80. I. Vor- und Frühgeschichte: Türken (Name abgeleitet wohl von türk für "Adel unter einem kagan") treten erstmals in chinesischen Geschichtsquellen des 2. und 3. Jahrhunderts n.Chr. in Erscheinung. Ab der Mitte des 6. Jahrhunderts sind türkische Föderationen und Kaganate (der West- und der Osttürken) nördlich bis nordwestlich des chinesischen Reiches auch im Bereich der Seidenstraße (Sieg über Hephtaliten 554/58) bezeugt; diplomatische Beziehungen zwischen Westtürken und oströmischem Reich setzten 568/69 ein, das osttürkische Reich ging in den Kämpfen mit China unter (ca.630), ein zweites östtürkisches Kaganat bestand zwischen 682 und 745 (Kül Tegin-Inschrift 732). An türkischen Ethnien werden "Orchon-Türken" (Osttürken) und Uiguren (uigurisches Kaganat 745-840; islamischer Sieg über ein chinesisches Heer am Talas [751] und chinesisch-uigurisches Bündnis) erkennbar, ebenso die Ogusen (ca.780). Die Westbewegung türkischer Völker sah die Uiguren nach 840 in Ostturkestan, die Ogusen in Grenzkriege gegen die Transoxanien und Chorasan regierende muslimische Dynastie der Samaniden verwickelt. Türkische Militärsklaven (gulâm) dienten zunehmend in islamischen Herrschaften und begründeten auch türkische Herrschaften innerhalb des islamischen Machtbereichs (Alp Tegin in Ghasni; Sebük Tegin und die Ghasnawidendynastie; Nasr Ilig,die Karachanidendynastie und Buchara [999]). Im Umfeld des Islams wurden die Türken selbst zu Muslimen (Islamisierung ab 10. Jahrhundert, 2. Hälfte, Abkehr vom Schamanismus und von buddhistischen Einflüssen), wenn dies auch bei Kirgisen und Kasachen erst im 14./17. Jahrhundert geschah. Aus den mittelasiatischen "Neuner Ogusen" (Tokuz Oguz) sollten sich über einen Zeitraum von über zwei Jahrhunderten die türkischen Seldschuken bilden, die zunächst in Chorasan herrschten (Schlacht bei Dandânakân 1040), dann den Iran unterwarfen (1040er-Jahre), um schließlich Bagdad einzunehmen (1049; Anerkennung durch den abbasidischen Kalifen). Das großseldschukische Reich Alp Arslans (1063-1072) und Malik Schahs (1072-1092) griff nach Armenien, Georgien und Kleinasien aus (byzantinische Niederlage in der Schlacht bei Mantzikert 1071). In der Nachfolge der Großseldschuken etablierten sich in Kleinasien die Rumseldschuken unter Kilic Arslan I. (1092-1107; 1. Kreuzzug 1096/99, Hauptstadt Konya) und Kilic Arslan II. (1156-1192; byzantinische Niederlage in der Schlacht bei Myriokephalon 1176), der Höhepunkt seldschukischer Macht wurde unter den Sultanen Izz ad-Dîn Kaykâvûs I. (1211-1220) und Alâ ad-Dîn Kaykubâd I. (1220-1237) erreicht (seldschukische Herrschaft zwischen Ägäis und Euphrat; Einnahme von Sinope [1214] und Alanya [1220]). Nach der Niederlage in der Schlacht am Kösedagi gegen die eingedrungenen Mongolen (1243) wurde aus dem Reich der Rumseldschuken ein von den Mongolen abhängiger Staat als mongolisches Protektorat (Eroberung Bagdads durch den Mongolen Hülâgû 1258, Mamlukensieg über die Mongolen bei Elbistan 1277, monogolische Ilchaniden im Iran). Die Macht der Seldschukensultane ging zunehmend in innermongolischen Auseinandersetzungen zurück, um im Jahr 1304 völlig zu verschwinden. Die Ilchaniden übten noch im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts eine Oberherrschaft über Anatolien aus, bis auch ihre Dynastie im Iran im Jahr 1335 endete. Nutznießer der Schwäche der Großmächte waren kleinere türkische Herrschaften (beglik, Emirate) besonders in den Küstengebieten Kleinasiens, die sich seit dem späten 11. Jahrhundert in Grenzlage u.a. zum byzantinischen Reich und zum Machtbereich der Seldschuken ausbildeten. Unter den meist ogusisch-turkmenischen (teilweise auch Küsten-) beglik ragten hervor: Artukiden, Aydin, Candali, Danischmendiden, Esref, Germiyan, Hamid, Karaman, Karesi, Mentesche, Qarasi, Salub Ata, Saruhan, Teke, Tschandar und Osmanen. II. Osmanisches Reich: Unter den beglik der seldschukischen und nachseldschukischen Zeit sollte sich letztlich die Dynastie der Osmanen durchsetzen und ein osmanisches Weltreich begründen. Die Anfänge der Osmanen lassen sich unter den Emiren bzw. Sultanen Osman (†(v.) 1324?) und Orhan (1324?-1361?) verorten. Erfolgreiche Kämpfe u.a. gegen Byzanz begründeten die Macht der Osmanen zunächst als Führer einer Kriegergesellschaft (gazi und gaza/djihad) (Sieg bei Nikomedia/Izmit 1302, Eroberung von Prusa/Bursa 1326, Eroberung von Nikaia/Iznik 1331, Eroberung von Bithynien 1337, byzantinischer Bürgerkrieg 1341/47, Einbeziehung des Emirats Karesi in die osmanische Herrschaft 1345/46, Pest 1347, Eroberung von Gallipoli 1354/73). Unter Orhans Sohn Murad I. (1361?-1389) weitete sich die Macht der Osmanen in Europa (Rumeli) beträchtlich aus (Einnahme von Adrianopel/Edirne 1369, Sieg über die Serben in der Schlacht an der Marica 1371, Besetzung Thessaliens 1385, Sieg über die Serben in der Schlacht auf dem Amselfeld/Kosovo Polje und Tod Murads 1389; Vasallen und Janitscharen [devschirme als "Knabenlese"]), unter Murads Sohn Bayezid I. (1389-1402) dehnte sich die osmanische Herrschaft bis zur unteren Donau aus (Sieg über ein christliches Kreuzfahrerheer in der Schlacht von Nikopolis 1396), Konstantinopel wurde belagert (1394), das wichtige (karamanidische) Konya erobert (1397). Indes folgte auf Niederlage und Tod Bayezids in der Schlacht von Ankara gegen die eingedrungenen Mongolen unter Timur (1402) der Erbfolgekrieg unter den Söhnen des umgekommenen Sultans Isa, Musa und Mehmed (1403/13), in dem sich schließlich Mehmed I. (1413-1421) als Sultan durchsetzte. Ihm gelang die Wiederherstellung der osmanischen Machtstellung gegenüber den beglik in Kleinasien (bis 1420). Der endgültige Aufstieg der Osmanendynastie zur Großmacht erfolgte unter (padischah) Murad II. (1421-1451), Mehmed II. "den Eroberer" (1451-1481) und Bayezid II. (1481-1512) (Eroberung von Saloniki 1430, osmanischer Sieg über ein Kreuzfahrerheer bei Varna 1444, Schlacht von Kosovo 1448, Belagerung und Eroberung von Konstantinopel 1453, osmanische Peleponnes 1460, Eroberung des Kaiserreichs Trapezunt 1461, "langer Krieg" gegen Venedig 1463/79, Einbeziehung Albaniens 1466/68 [Skanderbeg], Einbeziehung Karamans 1468, osmanische Vorstöße nach Kroatien, Krain, Kärnten 1473, Einbeziehung der genuesischen Handelskolonien auf der Krim 1475, osmanischer Apulienfeldzug und Otranto 1480/81, osmanische Flottenübergriffe auf Spanien 1486). Konstantinopel wurde nach der Eroberung zur Hauptstadt des Reiches ([Topkapi-] Palast des osmanischen Sultans, Großwesirat, Diwan) und löste damit Edirne ab, das Reich war in Provinzen (jeweils unter einem beglerbegi) und Sancaks ("Banner"; sancakbey/sancakbegi als "Bannerherr") gegliedert, diese wiederum in vilayets (jeweils unter einem subasi); die Timar-Verfassung sicherten die Einkünfte der (muslimischen, christlichen) Soldaten (Sipahis, Ritter), die (muslimischen, nichtmuslimischen) Untertanen wurden besteuert, u.a. die Nichtmuslime durch eine Kopfsteuer (cisye), die osmanische Verwaltung beruhte auf ausgeprägter Schriftlichkeit (Steuerpacht, Register, Erfassung und Kontrolle der Einkünfte, Palastapparat, Haushalt des Sultans und des Reiches [beytü'l-mal als "Staatskasse"]; Silberwährung akce); wirtschaftlich beruhte das osmanische Reich auf der Agrarwirtschaft, auf Gewerbe und (Fern-) Handel (Seidenstraße), ein ausgedehntes Stiftungswesen war Grundlage auch der osmanischen Kultur (Moscheen, Medresen, [Sufi-] Tekken, Spitäler, öffentliche Bauten; Wissenschaft, Literatur, Kunst). Unter Selim I. (1512-1520) dehnte sich das osmanische Reich gegen die persisch-schiitischen Safawiden (Kizilbasch, Safawidenorden in Ardabil; osmanischer Sieg über die Safawiden bei Caldiran 1514) über Syrien (1516) und Ägypten (Ende des Mamlukenreichs 1517) aus, unter Süleyman I. "dem Prächtigen" ("dem Gesetzgeber" [Kanun-Legalismus] 1520-1566) kamen in Europa Serbien (1521) und Ungarn (Schlacht bei Mohacs 1526, 1. Belagerung Wiens 1529, Eroberung Budas 1541) hinzu, ebenso das bis dahin durch den christlichen Johanniterorden gehaltene Rhodos (1522) oder der Irak (Eroberung Bagdads 1534); einbezogen war auch die Westküste der Arabischen Halbinsel mit dem heiligen Stätten (Mekka und Medina) des Islam (Hidschra) bis zum Jemen (1545/46), Nordafrika bis nach Marokko wurde vom osmanischen Reich abhängig (1549/54), ebenso abhängig waren die Donaufürstentümer Walachei und Moldawien, das Krimkhanat und das Khanat von Astrachan nördlich von Schwarzem bzw. Kaspischem Meer. Auch konnte die osmanische Flotte im 16. Jahrhundert gegenüber den Venezianern Erfolge erzielen (Seeschlacht bei Prevesa 1538, Eroberung von Chios 1566), während unter Sultan Selim II. (1566-1574) die Seeschlacht bei Lepanto (1571) verloren ging (osmanische Einnahme Zyperns 1571, Eroberung von Tunis 1574). Mit der Eroberung Ägyptens kam zum osmanischen Wirtschaftssystems nördlich des Taurusgebirges ein auf Ägypten zentriertes Wirtschafts- und Währungssystem (Silberpara). Auch an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert - unter den Sultanen Murad III. (1574-1595), Mehmed III. (1595-1603) und Ahmed I. (1603-1617) - konnte sich das osmanische Reich behaupten (osmanisch-safawidischer Krieg 1578/90, Währungsmaßnahmen und Janitscharenaufstand 1589, "langer" osmanisch-habsburgischer Krieg 1593/1606, Finanzreform). Dynastisch gerieten die Osmanen mit dem Tod Mehmeds III. (1603) und dem Tod Ahmeds I. (1617) in Bedrängnis, als geeignete Nachfolger fast nicht zur Verfügung standen (psychische Labilität, Minderjährigkeit der Nachkommen). Aus diesem Sachverhalt resultierten die dynastischen Streitigkeiten zwischen Mustafa I. (1617-1618, 1622-1623) und Osman II. (1618-1622), die das Reich auch noch unter Sultan Murad IV. (1623-1640) schwächten (Celâli-Aufstand 1607/09, Aufstände in Syrien 1613/35, safawidisches Bagdad 1623/38, osmanisch-safawidischer Krieg 1623/39, vorübergehende kosakische Besetzung von Asow 1624/40). Die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts sah außenpolitisch unter den Sultanen Ibrahim (1640-1648) und Mehmed IV. (1648-1687) ein (nur teilweise) weiteres türkisches Vordringen im osmanisch-venezianischen Krieg (1645/70; Eroberung Kretas bis 1669), im unentschiedenen osmanisch-habsburgischen Krieg (1663/64) und im osmanisch-polnischen Krieg (1672; Gebietsgewinne in der Ukraine und in Podolien), während der mit der 2. Belagerung Wiens (1683) beginnende osmanisch-habsburgische Krieg (1683/99) mit dem Verlust ungarischer, dalmatischer und podolischer Gebiete sowie der Peleponnes endete (Frieden von Karlowitz 1699); außen- und innenpolitisch konnten dabei die Großwesire aus der albanischen Familie Köprülü die politische Macht auf sich konzentrieren, nach der Absetzung Mehmeds IV. (osmanische Niederlage[n] bei Mohacs 1687 [, Slankamen 1691, Senta 1697]) regierten dessen Nachfolger Süleyman II. (1687-1691), Ahmed II. (1691-1695) und Mustafa II. (1695-1703) nur kurz. Immerhin brachten die 1695 erfolgten Finanzreformen (Weiterentwicklung des Steuerpachtsystems) eine gewünschte Stabiltät und wirtschaftlichen Aufschwung. So konnte das zwischenzeitlich (1695/1700) an Russland verlorengegangene Asow wieder erobert werden (1711), ebenso die Peleponnes (1715; osmanisch-venezianischer Krieg 1714/18). Im Krieg gegen Habsburg (1716/18) ging indes Belgrad verloren (1717). Während aber das benachbarte Safawidenreich unterging (1722), bestand die Osmanendynastie weiter (dynastisches Ideal und Charisma): Ahmed III. (1703-1730; osmanische Besetzung des westlichen Iran 1723/27, Aufstand Patrona Halils 1730 und Absetzung des Sultans), Mahmud I. (1730-1754) (iranische Kriege 1730/36, 1743/46), Osman III. (1754-1757), Mustafa III. (1757-1774). Im osmanisch-russisch-habsburgischen Krieg (1736/39) und anschließendem Frieden von Belgrad (1739) wurden Belgrad und Serbien wieder osmanisch, Asow ging hingegen endgültig an das russische Zarenreich verloren. Der nächste osmanisch-russische Krieg (1768/74) endete unter Sultan Abdülhamif I. (1774-1789) im Frieden von Kücük Kaynarci (1774) wieder mit osmanischen Gebietsverlusten und ein paar Jahre später mit der russischen Annexion der Krim (1783), an der nunmehr zutage tretenden militärischen Unterlegenheit des osmanischen Reiches änderte auch der folgende osmanisch-russisch-habsburgische Krieg (1787/92) nichts (Frieden von Sistova 1791, Frieden von Iaschi 1792). Stattdessen wurde die Zentralgewalt der zentrifugalen Tendenzen im Reich nicht mehr Herr, ablesbar an Aufständen (Aufstand Osman Paschas 1797/99, serbischer Aufstand 1804/06), der französischen Militärexpedition unter Napoleon nach Ägypten (1798/1801), der Wahhabitenkrise um die heiligen Stätten (Eroberung von Medina und Mekka 1804/06), den (weitgehend) selbstständigen Herrschaften des Ali Pascha von Janina (1788-1822) und des (Khediven) Mehmed Ali in Ägypten (1805-1849), der Autonomie bzw. Souveränität Serbiens (1815/17/30). Osmanische Reformen kamen langsam voran (Marineingenieursschule 1776, osmanische Botschaften in Europas Hauptstädten [London, Wien, Paris, Berlin] ab 1793) oder scheiterten wie die Nizâm-i cedid Sultan Selims III. (1789-1807). Im osmanisch-russischen Krieg (1806-1812) erschien eine englische Flotte vor Istanbul (1807; Aufstand, Absetzung des Sultans; Sultan Mustafa IV. [1807-1808], Ermordung Selims III. 1808). Unter Sultan Mahmud II. (1808-1839) endete der Krieg gegen Russland im Frieden von Bukarest (1812), in dem das osmanische Reich die Kontrolle über die Donaufürstentümer behielt, Bessaravien allerdings an das Zarenreich abtrat. Mit Unterstützung Mehmed Alis behauptete sich das osmanische Reich im griechischen Unabhängigkeitskrieg (1821/30) zumindest teilweise (Eingreifen äygptischer Truppen auf der Peleponnes 1824, Janitscharenaufstand und Auflösung der Janitscharen 1826, Seeschlacht von Navarino 1827, russische Eroberung von Kars 1828, Friede von Edirne 1829, französische Besetzung Algiers 1830, unabhängiges griechisches Königreich 1832, Unabhängigkeit von Samos 1832). Mahmud II. hatte umfangreiche innenpolitische Reformen auf den Weg gebracht, die den osmanischen Staat, der immer mehr in Abhängigkeit der europäischen Großmächte geriet (Russland und die christliche Orthodoxie, Frankreich und die Katholiken; ausländische Kreditvergaben; militärisches Eingreifen), (europäisch) modernisieren sollten und nach dem Tod des Sultans von dessen Nachfolgern Abdülmecid I. (1839-1861) und Abdülaziz (1861-1876) als die Tanzimat (Tanzimat-i Hayriye 1839/76) auf dem Weg gebracht und weitergeführt wurden (Reformdekrete von 1839 und 1859, Verfassung von 1876). Der vom Sultan geplante zentralisierte "Zwangsstaat" sah eine moderne Bürokratie und eine modernes Rechtswesen vor, bei Aufteilung der Glaubensgemeinschaften in millets, einer Verwestlichung der Wissenschaften (wissenschaftliche Gesellschaft Encümen-i Danisch 1851) und einer fortschreitenden Industrialisierung (Eisenbahnbau u.a.); doch war der Finanzierungsbedarf hoch und warf auf die Dauer massive Probleme auf, die schließlich zum Finanzkollaps führten (1873/82). Auch die zentrifugalen Tendenzen im osmanischen Reich blieben, besonders auf dem Balkan (Montenegrokrise 1853, bulgarischer Aufstand 1876, habsburgische Okkupation Bosnien-Herzegowinas 1878), aber auch in Asien (Autonomie für den Libanon 1861), während das osmanische Reich im Krimkrieg (1853/56) zu den Gewinnern zählte (Frieden von Paris 1856). Nach der kurzen Regierung Murads V. (1876) wurde der "aufgeklärte Despot" Abdülhamid II. (1876-1909) Sultan, der ein säkular-modernes Kalifat propagierte und zahlreichen innenpolitischen Schwierigkeiten begegnen musste (Jungtürken, armenischer Terrorismus und Massaker an Armeniern, armenischer Aufstand in Van 1896). Abdülhamid erkannte die britische Besetzung Kuwaits (1907) und die österreich-ungarische Annexion von Bosnien-Herzegowina (1908) an; Kreta wurde griechisch (1908; Kretekrise 1897), Bulgarien völlig unabhängig (1908). Nach Abdülhamids Absetzung (1909) auf Grund der in der Provinz Mazedonien ausgebrochenen, auf Istanbul übergreifenden jungtürkischen Revolution (1908/09) bestieg Mehmed V. (1909-1918) den Osmanenthron. Mehmed musste im osmanisch-italienischen Krieg (1911/12) sowie in den zwei Balkankriegen (1912/13, 1913) den Zerfall des osmanischen Staatsgebiets auf dem Balkan in nationalistischen Kämpfen aller gegen aller ("ethnische Säuberungen") hinnehmen (Frieden von London 1913, Frieden von Konstantinopel 1913) (Dodekanes an Italien 1912, Loslösung Albaniens 1912, Verlust und Rückeroberung von Edirne 1913). 1914 trat das osmanische Reich auf der Seite Deutschlands in den Ersten Weltkrieg (1914-1918) ein (Völkermord an den Armeniern 1914/15, britische Niederlage in Gallipoli 1915, osmanischer Vorstoß zum Suezkanal, arabischer Aufstand 1916, Fall Bagdads und Jerusalems 1917, Frieden von Brest-Litwosk 1918, Sultan Mehmed VI. [1918-1922], Waffenstillstand von Mudros 1918) (nach: Howard, Douglas A. (2017), Das Osmanische Reich (1300-1924), Darmstadt 2018; Kreiser u.a., Kleine Geschichte der Türkei). III. Neue Türkei: Mit dem Waffenstillstand von Mudros (30. Oktober 1918) endete für das osmanische Reich der Erste Weltkrieg (1914-1918). In der Folge reduzierte es sich auf die ("Nussschale") Türkei, aliierte Interventionen (England, Frankreich, Italien) bzw. griechische Besetzungen betrafen das kleinasiatische Kernland, Thrakien und Istanbul. Während die osmanische Regierung unter Sultan Mehmed VI. Vahdeddin (1918-1922) den Friedensvertrag von Sèvres schloss (10. August 1920), organisierte sich der türkische Widerstand unter Mustafa Kemal Atatürk (*1881-†1938) in der Großen Nationalversammlung von Ankara (23. April 1920) und dem Krieg gegen die griechischen Invasoren (Unabhängigkeitskrieg, Schlacht von Dumlupinar 1922). Der griechisch-türkische Waffenstillstand von Mudanya vom 11. Oktober 1922 brachte eine "ethnische Entflechtung" hinsichtlich der Griechen und Türken, mit dem Friedensvertrag von Lausanne vom 24. Juli 1923 und der damit einhergehenden Übereinkunft zwischen der Türkei und den allierten Mächten des Ersten Weltkriegs endete die Phase der türkischen "Republik vor der Republik"; zuvor (1922) war das osmanische Sultanat abgeschafft worden, am 3. März 1924 endete das osmanische Kalifat. Die türkische Republik unter ihrem ersten Präsidenten Atatürk und der "Republikanischen Volkspartei" (CHF, CHP) mit Hauptstadt Ankara hatte sich der sog. Scheich Said-Rebellion zu erwehren (1925), im Osten der Türkei blieben die ethnischen Spannungen zwischen Türken, Kurden und Armeniern virulent. Vor diesem Hintergrund vollzogen sich in den folgenden Jahren politisch-gesellschaftliche Reformen auf den Gebieten des Rechts (europäische Gesetzbücher), der Bildung (Schulen, Universitäten, lateinische Schrift) oder der Stellung der Frau (Laizismus). Die Reformen mündeten ein in den eher doktrinären "Kemalismus" der 1930er-Jahre ("Sechs Pfeile" des Parteiprogramms der CHP). Mit dem Vertrag von Montreux vom 20. Juli 1936 erhielt die Türkei die Souveränität über die Meerengen von Bosporus und Dardanellen zurück; 1938 fiel der "Sandschak von Alexandrette" an die Türkei. 1937/38 erschütterte der Dersim-Aufstand die Republik. Nach dem Tod Atatürks (11. November 1938) wurde Ismet Inönü Staatspräsident (1938-1950). Die Türkei betrieb während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) eine erfolgreiche Neutralitätspolitik, nach dem Krieg orientierte sich die Türkei stärker nach dem Westen (Marshall-Plan 1948, Koreabrigade 1950/53, NATO-Mitgliedschaft 1952, Assoziierungsabkommen mit der EWG 1963/64). Die 1950er-Jahre standen unter der Ägide Adnan Menderes' (1950-1960) und seiner "Demokratischen Datei" (DP), mit dem Militärputsch vom 27. Mai 1960 begann die "Zweite Republik", ein Regime (Nationaler Sicherheitsrat) mit einer neuen Verfassung (1961) und u.a. einer von der "Gerechtigkeitspartei" (AP) geführten Regierung unter Süleyman Demirel (1965-1974, 1979-1980). Die CHP-geführte Regierung unter Bülent Ecevit (1974, 1977, 1978-1979) ließ 1974 Nordzypern militärisch besetzen (Zypernfrage, Republik Nordzypern), die schlechte wirtschaftliche Lage und innere Unruhen (Terroraktionen der "Grauen Wölfe", "Nationale Aktionspartei" [MHP]) riefen im Putsch vom 12. September 1980 nochmals die türkischen Streitkräfte unter General Kenan Evren auf den Plan. Propagiert wurde in der Folge ein "dritter Weg" des "Atatürkismus", 13 Zivilregierungen z.B. unter Turgut Özal (1983-1989) und seiner "Vaterlandspartei" (ANAP) regierten das Land, das im Osten von Terrorakten der "Kurdischen Arbeiterpartei" (PKK) erschüttert wurde (1984-2000, ab 2003). Religiös orientierte Parteien wie die "Wohlfahrtspartei" (RP) (Necmettin Erbakan, 1996-1997) und die "Tugendpartei" (FP) wurden verboten (1997/98), das Marmara-Erdbeben vom August 1999 verursachte große Zerstörungen und forderte 17000 Menschenleben. Seit dem ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends besitzen die "Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung" (AKP) und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (ab 2002) die politische Führerschaft in der Republik. Ein starkes Wirtschaftswachstum (Industrie, Bodenschätze, Tourismus) hielt bis zum Jahr 2011 an, Verfassungsreformen (Referendum 2010) drängten die innenpolitische Machtstellung der Streitkräfte zu Gunsten einer "autoritären Demokratie" zurück. Nicht zuletzt stieg zwischen 1920 und 2010 die Bevölkerungszahl der Türkei von 17 auf 73 Millionen Einwohner an. [Buhlmann, 07.2019]

Kremer, Bruno P. (2016), Die Wiese (= Besondere Wissenschaftliche Reihe), Darmstadt 2016, 192 S., Farbabbildungen, ca. € 14,-. Weiden heißen Landflächen, die durch Abweidung direkt der Ernährung von Haustieren dienen; Wiesen sind Landflächen zur Futtermittelgewinnung, von denen etwa der Wintervorrat für Haustiere durch Abmähen gewonnen wird. Für den mitteleuropäischen Raum der Vorgeschichte und der mittelalterlichen und neuzeitlichen Geschichte sind Wiesen und Weiden daher (hauptsächlich) Teile der durch den Menschen geschaffenenen Kulturlandschaft. Im Postglazial der (letzten) Weichsel/Würm-Eiszeit (ab ca.8000 v.Chr.) bedeckte lichter Wald (Großfauna) Mitteleuropa (Eindringen von Birke, Kiefer [ca.8000-5000 v.Chr.], Eiche, Hasel, Buche [ca.1000 v.Chr.]), im Zuge der neolithischen Revolution (v.5000 v.Chr.), von Ackerbau und Viehzucht, wurde der Wald gerodet und als (extensive) Waldweide für die domestizierten Tiere (Ziege, Schaf, Schwein) genutzt. Die Beweidung und eine Klimaverschlechterung führten ab Beginn der Bronzezeit (Subboreal, ca.2000 v.Chr.) zur Schneitelwirtschaft und schließlich zur Feld-Gras-Wirtschaft etwa der Eisenzeit mit den Wiesen als Freiflächen zur Aberntung des Viehfutters. Die Feld-Gras-Wirtschaft des europäischen Mittelalters spiegelt sich in der Dreifelderwirtschaft wieder. Modernisierungsschübe gab es dann im 20. Jahrhundert (Düngemittel) z.B. ab den 1950er-Jahren im Zuge der Umstellung von der Extensiv- zur Intensivweideform einschließlich einer damit einhergehenden Verarmung von Flora und Fauna innerhalb der Kulturlandschaft. [Buhlmann, 02.2016]

Kreuzberg, P.J. (1910), Die Anfänge der Stadt Ratingen, Ratingen 1910 > R Ratingen

Kreutzer, Hans Joachim (2011), Heinrich von Kleist (= BSR 2716), München 2011, 128 S., € 8,95. Heinrich von Kleist, geboren am 18. (10.) Oktober 1777, aus einer brandenburgischen Adels- und preußischen Offiziersfamilie stammend, war nach Schule (1780er-Jahre), Militär (1793-1799), Universität (1799-1800) und Staatsdienst (1805) als Schriftsteller nur im "Jahrzehnt der Dichtung" zwischen 1801 und 1811 tätig. Als Folge von Lebenskrisen (1801, 1803/04, 1809/10, 1811) beging Kleist am 21. November 1811 am Kleinen Wannsee bei Berlin Selbstmord. Kleists literarisches Werk besteht aus (frühen) Gelegenheitsschriften ("Der höhere Frieden", "Hymne an die Sonne", "Nicht aus dem Herzens bloßen Wunsche" (?), "Die beiden Tauben", "Aufsatz, den sicheren Weg des Glücks zu finden", "Geschichte meiner Seele", literarische Briefe), Dramen ("Die Familie Schroffenstein" [1802/03], "Robert Guiskard, Herzog der Nordmänner" [1804], "Amphitryon" [1807], "Der zerbrochene Krug" [1807], "Penthesilea" [1808], "Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe" [1808/09], "Die Herrmannsschlacht" [1809], "Prinz Friedrich von Homburg" [1809/10]), Publizistisches (Phöbus [1808-1809], Germania [1809], Berliner Abendblätter [1810-1811]) und Erzählungen ("Das Erdbeben in Chili" [1807], "Die Marquise" [1808], "Michael Kohlhaas" [1808/10], "Die heilige Cäcilie oder die Gewalt der Musik" [1810], "Das Bettelweib von Locarno" [1810], "Der Findling" [1810], "Die Verlobung in St. Domingo" [1811]); geplant hatte Kleist 1811 zudem einen Roman. [Buhlmann, 03.2011]

Kreutzer, Thomas (2008), Verblichener Glanz. Adel und Reform in der Abtei Reichenau im Spätmittelalter (= VKGLBW B 168), Stuttgart 2008 > R Reichenau

Kreuzzüge: Eine Geschichte der Kreuzzüge bewegt sich ereignisgeschichtlich vom 1. (1096-1099) bis zum 7. Kreuzzug (1270), umfasst den geografischen Raum vom christlichen Westeuropa über das byzantinische Reich bis zur Levante (Kreuzfahrerstaaten in Syrien und Palästina [sowie in Griechenland und der Ägäis]), umfasst [eingeschränkt] weiter die mit der Kreuzzugsidee mehr oder weniger in Verbindung stehenden Kriege gegen die Muslime in Spanien, gegen Heiden in Europa (Wendenkreuzzug, Deutscher Orden in Preußen) und innerchristliche Konflikte (Albigenserkreuzzug, Krieg gegen das sizilische Reich Kaiser Friedrichs II.). Vor dem Hintergrund der hochmittelalterlichen Veränderungen in Europa (Klimaoptimum, Bevölkerungswachstum, Entstehung von Städten, Ausweitung von Handel und Verkehr, verstärktes Aufkommen der Geldwirtschaft, grundherrschaftlicher Wandel) und von gregorianischer Kirchenreform und Investiturstreit (1075-1122) kam es im Zuge der Kreuzzüge zum "Aufbruch Europas" über Europa hinaus, setzten sich das Papsttum (von Urban II. [1088-1099] bis Pius II. [1458-1464]) sowie christliche Könige (Konrad III. [1138-1152] und Ludwig VII. von Frankreich [1137-1180], Friedrich I. Barbarossa [1152-1190] und Richard I. Löwenherz von England [1189-1199], Friedrich II. [1212-1250], Ludwig IX. der Heilige von Frankreich [1226-1270], [Sigismund von Ungarn (1387-1437)]) an die Spitze der Kreuzzugsbewegung und entstanden in der Levante im Gefolge des 1. Kreuzzugs (Eroberung Antiochias 1098, Eroberung Jerusalems 1099) die Kreuzfahrerstaaten Grafschaft Edessa, Fürstentum Antiochia, Königreich Jerusalem und Grafschaft Tripolis (Outremer). Im Mit- und Gegeneinander mit den muslimischen Herrschaften des Vorderen Orients waren die Kreuzfahrerstaaten immer auf kriegerischen Nachschub aus dem christlichen Westen angewiesen - hierbei spielten die italienischen Seefahrerstädte Venedig und Genua eine zunehmend wichtigere Rolle -, die Ritterorden der Templer, Johanniter und (seit dem Ende des 12. Jahrhunderts) der Deutschordensritter bestimmten mit ihren Rittern und Burgen gerade im 13. Jahrhundert die militärische Ausrichtung Outremers. Wirtschaftliche Grundlage der Kreuzfahrerstaaten war das Zusammenleben von Muslimen, orientalischen Christen, Juden und sich ansiedelnden bzw. herrschenden "Franken" (meist aus dem westeuropäisch-französischen Raum), im 13. Jahrhundert besaß der Handel über die Küstenstädte Outremers eine große Bedeutung. Gesellschaftlich-politisch war Outremer nach europäisch-lehnsrechtlichen Maßstäben organisiert (König bzw. Fürst, Barone). In Kriegen mit den muslimischen Zengiden und Aijubiden gingen die Grafschaft Edessa (1147) bzw. der Großteil des Königreichs Jerusalem (Schlacht bei Hattin, Eroberung Jerusalems durch Saladin 1187) verloren, die Belagerung und letztendliche (Wieder-) Eroberung von Akkon (1189-1191) leitete zeitlich die 2. Hälfte der Existenz Outremers als Küstenregion mit muslimischem Umfeld ein. Zwar gelang durch den gebannten Kaiser Friedrich II. auf diplomatischen Weg die Zurückgewinnung der heiligen Stätten Jerusalem und Bethlehem (1228/29), doch wurde Jerusalem 1244 wieder muslimisch. Das Ausgreifen von Mamelucken und Mongolen nach Syrien und Palästina beendete dann die Existenz der Kreuzfahrerstaaten in der Levante (Eroberung Antiochias 1268, Eroberung Akkons 1291). [Die Kreuzfahrerstaaten in Griechenland und der Ägäis (Lateinisches Kaiserreich, Fürstentum Achaia, Herzogtum Athen, Herzogtum Naxos, venezianische Besitzungen), entstanden in der Folge des 4. Kreuzzugs (1202-1204), überlebten teilweise bis zum 15. Jahrhundert und bis in die frühe Neuzeit hinein. Das Spätmittelalter sah Kreuzzüge gegen die osmanischen Türken (osmanisches Reich) (Schlacht bei Nikopolis 1396, Schlacht bei Varna 1444). Der (angebliche) "Kreuzfahrtgedanke" wurde bis ins 21. Jahrhundert immer wieder neu und verändert rezipiert sowie politisch-ideologisch missbraucht.]
Quellen zur Geschichte der Kreuzzüge bieten: Bühler, Arnold (Hg.) (2002), Der Kreuzzug Friedrich Barbarossas. Bericht eines Augenzeugen (= Fremde Kulturen in alten Berichten, Bd.13), Sigmaringen 2002, 191 S., € 24,90; Pernoud, Régine (Hg.) (1971), Die Kreuzzüge in Augenzeugenberichten (= dtv dokumente = dtv 763), München 31975, 374 S., DM 6,80; Schmale, Franz-Josef (1986), Italienische Quellen über die Taten Kaiser Friedrichs I. in Italien und der Brief über den Kreuzzug Kaiser Friedrichs I. Ottos Morenas und seiner Fortsetzer Buch über die Taten Kaiser Friedrichs. Eines unbekannten Mailänder Bürgers Erzählung über die Unterdrückung und Unterwerfung der Lombardei. Aus Oberts Genueser Annalen. Aus der Chronik des Erzbischofs Romoald von Salerno. Brief über den Kreuzzug Kaiser Friedrichs I. (= FSGA A 17a), Darmstadt 1986, 422 S., DM 48,-. Darstellungen zur Geschichte der Kreuzzüge sind: Ashbridge, Thomas (2010), Die Kreuzzüge, Stuttgart 2010, 807 S., € 39,90; Jaspert, Nikolas (2003), Die Kreuzzüge (= Geschichte kompakt. Mittelalter), Darmstadt 2003, 180 S., € 9,90; Prawer, Joshua (1974), Die Welt der Kreuzfahrer (= Bastei Tb 64025), Bergisch Gladbach 1979, 282 S., Abbildungen, Karten, DM 2,-; Riley-Smith, Jonathan (Hg.) (1999), Illustrierte Geschichte der Kreuzzüge (= Oxford Illustrated History), Frankfurt a.M.-New York 1999, 488 S., DM 98,-; Runciman, Steven (1975), Geschichte der Kreuzzüge, München 1975, 1338 S., DM 48,-; Thorau, Peter (2003), Die Kreuzzüge (= BSR 2338), München 2003, 128 S., € 7,90; Tyerman, Christopher (2009), Die Kreuzzüge. Eine kleine Einführung (= RUB 17058), Stuttgart 2009, 208 S., € 5,40; Zöllner, Walter (1975), Geschichte der Kreuzzüge, Berlin 1990, 271 S., DM 7,95. [Buhlmann, 09.1981, 07.1995, 11.2003, 05.2004, 09.2009, 12.2011]

Krieger, Karl-Friedrich (1994), Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III. (= Urban Tb 452), Stuttgart-Berlin-Köln 1994 > H Habsburger

Krieger, Karl-Friedrich (2003), Rudolf von Habsburg (= GMR), Darmstadt 2003 > R Rudolf I. von Habsburg

Krimm-Beumann, Jutta (Bearb.) (2011), Die ältesten Güterverzeichnisse des Klosters St. Peter im Schwarzwald (= VKGLBW A 54), Stuttgart 2011 > S St. Peter im Schwarzwald

Krings, Bruno (2009), Die Frauenklöster der Prämonstratenser in der Pfalz, in: JbwdLG 35 (2009), S.113-202 > P Prämonstratenser

Krins, Hubert (2001), Könige und Königinnen von Württemberg, Lindenberg 2001 > W Württemberg

Krönungen. Könige in Aachen - Geschichte und Mythos, hg. v. Mario Kramp (2000) (= Ausstellungskatalog), 2 Bde., Mainz 2000 > A Aachen

Krohn, Niklot (Hg.) (2013), Das Brigachtal im frühen Mittelalter. Begleitheft zur Ausstellung der Gemeinde Brigachtal in Brigachtal-Kirchdorf, 8. September bis 16. November 2013 (= AIBW 67), Esslingen 2013, 133 S., Farbabbildungen, Karten, € 8,50: Die Orte (Brigachtal-) Klengen und Kirchdorf, gelegen auf der Westbaar an der Brigach, zeichnen sich für das frühe Mittelalter durch eine gute archäologische und historische Überlieferung aus. Archäologisch nachweisbar ist aus der Merowinger- und Karolingerzeit nun eine Reihe von wichtigen Fundplätzen: die Bestattungsplätze "In der Wanne" und "Zwischen den Dörfern" (Reihengräberfriedhöfe des 5./6. bis 7./8. Jahrhundert) in Klengen, zwei Gräbergruppen in (Brigachtal-) Überauchen ("Eggwald" [Bestattungen an hallstattzeitlichen Grabhügeln], "Belli" [Bestattungen in einer römischen villa rustica]), die Martinskirche von Kirchdorf (frühmittelalterlicher Separatfriedhof [Kirchenbestattung], Kultbauten des 7./8., karolingische Kirche des 8./9., romanische Kirche des 12./13. Jahrhunderts) (Kurt W. Alt, Andrea Scheunemann, Die Bevölkerung des Brigachtals im Spiegel von Anthropologie und Paläomedizin; Sebastian Brather, Matthias Friedrich, Das frühmittelalterliche Reihengräberfeld von Klengen "Zwischen den Dörfern"; Jennifer Deible, Frühmittelalterliche Bestattungen in prähistorischen Grabhügeln: Die Gräber im Eggwald bei Überauchen; Hannes Eckert, Kirchdorf, St. Martin: Bauliche Entwicklung und denkmalpflegerisches Konzept; Jutta Klug-Treppe, Ein frühmittelalterlicher Bestattungsplatz im römischen Gutshof von Brigachtal-Überauchen; Niklot Krohn, Zwischen Ahnengrab und Urpfarrei: St. Martin in Kirchdorf im frühen Mittelalter). Die Urkunden des Klosters St. Gallen zu den Jahren 764/68, 793, 817, 821, 881 und 888 geben Einblicke in die besitzrechtlichen und politischen Verhältnisse in Klengen, auf der "Klengener Mark" und in Kirchdorf. Erkennbar wird eine Adelsfamilie um die Grafen Nebi (†v.769/73) und Ruodbert (769/73, 797/801), Vater und Sohn; Nebi soll der Großvater der Hildegard (†783), der alemannischen Ehefrau Kaiser Karls des Großen, gewesen sein, ein weiterer Ruodbert wird zu 793 genannt, ein Priester und ministerialis Ruodbert zu 881 und 888 (Schenkung der Kirchdorfer Kirche durch Kaiser Karl III. [876-887/88]), eine Kirchdorfer Seitenlinie der Adelsfamilie ist auszumachen (Eiginhova [Kirchdorf] und Agino), das Kirchdorfer Gotteshaus war auf Grund von frühkarolingischer Besitzkonfiskation im endenden 8. und im Jahrhundert in Besitz der karolingischen Könige. (Thomas H.T. Wieners, Cheneinga marca & capella sancti Martini. Die Urmark Klengen und die Urkirche Kirchdorf im Spiegel der frühmittelalterlichen Urkundenüberlieferung des Klosters St. Gallen). Vgl. Buhlmann, Michael (2015), Das Kloster St. Gallen, das Königtum, die Baar, Klengen und Kirchdorf im frühen Mittelalters (= VA 80), Essen 2015, 72 S., € 5,-. [Buhlmann, 07.2015]

Kronenberg, Friedrich (1995), Online Surfing im Internet (= Econ Computer Taschenbücher, Nr. 28078), Düsseldorf-Wien 1995, 397 S., Schwarzweißabbildungen, DM 19,90 > Kompendium Mittelalter > Wissenschaftsbetrieb: Computertechnologie [Buhlmann, 04.1995]

Krüger, Gerd (1992), 'Treudeutsch allewege!' Gruppen, Vereine und Verbände der Rechten in Münster (1887-1929/30) (= QFGMs NF 16), Münster 1992 > M Münster

Krüger, Jürgen, Wallraff, Martin (2010), Luthers Rom. Die Ewige Stadt in der Renaissance, Darmstadt 22015, 176 S., Farbabbildungen, Karten, € 14,95. I. Im Herbst 1511 besuchte Martin Luther (*1483-†1546) in Angelegenheiten seines Ordens der Augustinereremiten und im Auftrag des Leiters der sächsischen Kongregation, Johannes von Staupitz, Rom. Nur Weniges kann konkret zum Lutheraufenthalt in "Luthers Rom" gesagt werden, vieles muss vermutet werden, was den damals unbekannten Mönch betrifft. Metahistorisch betrachtet, verband das Rom des 15. und 16. Jahrhunderts immerhin einiges mit der Reformation Martin Luthers. II. Luther wird sich wahrscheinlich auf der Via Francigena (teilweise als Via Cassia, Via Flamina) über Acquapendente (nördliche Grenze des Kirchenstaats, Kathedrale S. Sepolcro), Bolsena (frühes Christentum, Kirche S. Cristina), Montefiascone (Kirche S. Flaviano, Farnese), Viterbo (Papstresidenz), Sutri (Synode von 1046) und La Storta (Kapelle und Vision des Ignatius von Loyola) nach Rom begeben haben. Dort war er wohl im Augustinerkloster an der Kirche S. Maria del Popolo (Renaissancebau, Cappella del Crocifisso, Tafelbilder [Bekehrung des Paulus]; Piazza del Popolo; Porta del Popolo) untergebracht (daneben Augustinerkirche S. Agostino). Von dort wird er sicher Kirchen und Paläste, auch die Katakomben erkundet haben, soweit dies seine dienstlichen Aufgaben zuließen, auf jeden Fall die deutsche "Nationalkirche" S. Maria dell'Anima. Luther sah im abitato (<-> disabitato) zudem ein Rom des Adels (Adelstürme, Paläste), des Handels (Läden, Bottegen) und der Finanzen (päpstliche Münzstätte); zudem gab es in Rom ein große jüdische Gemeinde (Ghettoisierung 1555). III. Das Rom der Renaissance war - nach "Babylonischer Gefangenschaft" (1309-1378) und Großen Papstschisma (1378-1417) - eine Stadt auch im architektonischen Aufbruch. Der Papst als "Urbanist" durchzog Rom mit neuen Straßen, u.a. der Via Papalis ("Papststraße") und der Via dei Pellegrini ("Pilgerstraße"; Pilgerviertel, Ponte Sisto). Kirchen und Palazzi wurden neu gestaltet und erbaut, angefangen bei den Hauptkirchen der Päpste, Lateranbasilika (Papst Martin V.) und Peterskirche des Vatikans (Neubau). Mit der katholischen Reform des 16. Jahrhunderts - und damit indirekt mit der Reformation - zu tun haben: S. Maria sopra Minerva (Dominikanerkirche und -kloster, römische Inquisition), Palazzo della Cancellaria (Kurie, päpstliche Kanzlei), S. Pietro in Montorio (Theologie der katholischen Reform). IV. Spuren des Reformators Martin Luther (als "Erzketzer") finden sich noch heute in Rom: Graffito "LUTHERus" (Stanzen des Raffael, 1527 ["Sacco di Roma"]), Grabmal des Ignatius von Loyola (Jesuitenkirche Il Gesù, Figur der Häresie), Ölgemälde "Mariä Himmelfahrt" in der Kirche S. Maria in Monserrato, Statue des Giordano Bruno (1889, Emblem Luthers), nichtkatholische Kirchen Roms. [Buhlmann, 08.2015]

Krüger, Thomas Michael (2002), Persönlichkeitsausdruck und Persönlichkeitswahrnehmung im Zeitalter der Investiturkonflikte. Studien zu den Briefsammlungen des Anselm von Canterbury (= SB 22), Hildesheim 2002, 270 S., € 14,80. Anselm von Canterbury (*ca.1030-†1109) war Prior (1063-1078) und Abt des normannischen Klosters Bec (1078-1092) bzw. Erzbischof von Canterbury Anselm (1092-1109), Verfasser von zahlreichen theologisch-philosophischen Werken (Dialog Cur deus homo u.a.), der (sog.) "Vater der Scholastik", Verfechter der libertas ecclesdie im kirchlichen Reformzeitalter und im Investiturstreit. Die Briefsammlung des Priors, Abtes und Erzbischofs Anselm von Canterbury ist entstanden aus einem durch Anselm initiierten Sammlungsprozess. Anselm edierte und komponierte seine Briefsammlung didaktisch als ein Sammlung von Musterbriefen, inhaltlich als eine Briefsammlung mit pastoraler, wissenschaftlicher und dokumentarischer Funktion (memoria). Die Briefe können von daher als "autobiografisch" gelten, aber auch als "amtlich" und "privat" sowie "literarisch" stilisiert. Sie sind Ausdruck von (gesteigerter) (entwicklungspsychologisch zu deutender) Persönlichkeit und Individualität innerhalb der intellektuellen kirchlich-politischen Elite in einer "Wendezeit" des Mittelalters. Die Briefsammlung, die Freundschaft und ethische Verhaltensweisen zum Ausdruck bringt, ist damit - mentalitätsgeschichtlich gesehen - ein Baustein in der historischen Entwicklung zum neuzeitlich-europäischen Individualismus. > Lateinische Literatur > A Anselm von Canterbury. [Buhlmann, 04.2013]

Krüger, Thorsten (Hg.) (2010), O vitae philosophia dux! Lateinische Texte zum Thema "Philosophie in Rom" (= RUB 19784), Stuttgart 2010, 160 S., € 4,40. I. Die Römer der frühen und mittleren Republik bis zum 2. vorchristlichen Jahrhundert hatten unter Verweis auf die römischen Tugenden (virtutes) und auf die "Sitte der Vorfahren" (mos maiorum) wenig mit der griechischen Philosophie gemeinsam. Mit der Einbeziehung der Magna Graecia Unteritaliens und Griechenlands in das römische Weltreich drang dennoch griechisches Gedankengut nach Rom ein ("Philosophengesandtschaften" ab 173 v.Chr., Vorträge griechischer Philosophen [Krates von Mallos, 168 v.Chr.], griechische Geiseln [168 v.Chr.] und "Scipionenkreis", P. Scipio Africanus und Q. Tubero [129 v.Chr.]). Doch erst mit dem Politiker, Redner und eben Philosophen und "Anwalt der Philosophie" Marcus Tullius Cicero (†42 v.Chr.) wurde auch die griechische (nicht-epikuräische) Philosophie im Rom der späten Republik wichtig. Die Philosophie der römischen Kaiserzeit, vornehmlich die Stoa, prägte Dichter (Vergil, Horaz) und Kaiser (Marc Aurel), Lucius Annaeus Seneca (†65 n.Chr.) war der wichtigste römische Philosoph der frühen Kaiserzeit. II. Ein Spiegelbild römischer Philosophie bieten Texte von Cicero, Lukrez, Seneca und Augustinus. > Lateinische Literatur [Buhlmann, 10.2013]

Krumme, Erich (1969), Alte Namen im Höseler Raum, in: Unser Hoyselt 3 (1969), S.15-25 > D Derks, Siedlungsnamen Ratingen

Krumme, Hans U., Die Säkularisation im ehemaligen Herzogtum Berg (= Libelli Rhenani, Bd.27), Köln 2008, 254 S., Quellenanhang, € N.N. Infolge der Französischen Revolution (1789) und im Vorfeld der napoleonischer Neuordnung Deutschlands (Frieden von Lunéville 1801) kam es im wittelsbachisch-pfälzischen Herzogtum Berg des pfälzisch-bayerischen Kurfürsten Maximilian IV. Joseph (1799-1825) nach Vorarbeiten u.a. unter dem Minister Maximilian Joseph Freiherr von Montgelas (Erhalt einer päpstlichen Breve für Pfalz-Bayern vom 7. September 1798, landesherrliche Verfügung vom 22. März 1800, landesherrliches Reskript vom 15. März 1802 [als Beginn der Säkularisation], Erstellen eines Überblicks über die geistlichen Institutionen im Herzogtum Berg [Gratialien, Verpflichtungen, Personalbestand, wirtschaftlicher Zustand], Münchner Säkularisationsreskript vom 17. Februar 1803, Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803) zur Säkularisation folgender geistlicher Kommunitäten: Zisterzienserkloster Altenberg, Kreuzherrengemeinschaft Beyenburg, Augustinerchorherrenstift Bödingen, Prämonstratenserstift Dünnwald, Annuntiatinnenkloster Düsseldorf, Cellitinnenkloster Düsseldorf, Franziskanerkloster Düsseldorf, Jesuitenkongregation Düsseldorf, Kapuzinerkloster Düsseldorf, Karmelitissenkloster Düsseldorf, Lambertusstift Düsseldorf, Ursulinenkloster Düsseldorf, Frauenstift Gerresheim, Augustinerinnenstift Gräfrath, Franziskanerkloster Hardenberg, Zisterzienserkloster Heisterbach, Johanniterkommende Herrenstrunden, Kanonikerstift Kaiserswerth, Frauenkloster (Gerresheim-) Katharinenberg, Minoritenkloster Lennep, Augustinereremitinnenkloster Merten, Karmeliterkloster Pützchen, Deutschordenskommende Ramersdorf, Franziskanerinnenkloster Rath, Minoritenkloster Ratingen, Augustinereremitenkloster Rösrath, Zisterzienserinnenkloster Saarn, Minoritenkloster Seligenthal, Benediktinerkloster Siegburg, Minoritenkloster Siegburg, Franziskanerkloster Wipperfürth (1803/07). [Buhlmann, 04.2020]

  Kruse, Karl Bernhard (2000), Der Hildesheimer Dom. Von der Kaiserkapelle und den Karolingischen Kathedralkirchen bis zur Zerstörung 1945. Grabungen und Bauuntersuchungen auf dem Domhügel 1988 bis 1999, Hannover 2000, 517 S., Abbildungen, Tabellen, Pläne, Karte (auch als Beilagen), € 9,-. Die (Bau-) Geschichte des Hildesheimer Dom stellt sich wie folgt dar: Marienkapelle Kaiser Ludwigs des Frommen (814-840) als einschiffige Kirche mit quadratischem Chor, Halbkreisapsis und Chorscheitelkapelle (als Ort des Marienwunders) (v., ca.815; Fundatio ecclesie Hildesemensis); Dombau des Hildesheimer Bischofs Gunthar (815-834) südlich der kaiserlichen Kapelle auf dem Domhügel (an der Fernhandelsstraße Rheinland-Ostsachsen, Domburg der Bischöfe) als dreischiffig-basilikale Kathedralkirche St. Caecilia mit Westquerhaus und zwei Türmen (815-v.822/23?), daneben ein festes Haus mit Versorgungsbau, daneben eine Steinmauer als Schutz vor der Treibe; Dombau des Hildesheimer Bischofs Altfrid (847-874) unter Überbauung der kaiserlichen Marienkapelle als dreischiffige Marienbasilika mit Querhaus, Vierungs- und Apsischor, Umgangskrypta und Scheitelkapellen, Westchor, Westkrpyta und Westtürmen (851-872), geweiht 872, daneben die Klausurgebäude für die Geistlichkeit; Epiphaniuskapelle des Hildesheimer Bischofs Othwin (954-984; Raub der Gebeine des Epiphanius in Pavia 962) südlich des Altfrid-Doms (n.962); Verfall und Abriss des Gunthar-Doms (10./11. Jahrhundert); kostbare Ausstattung des Altfrid-Doms (Westkrypta) und Neuerrichtung einer Westvorhalle (Bronzetüren) durch den Hildesheimer Bischof Bernward (993-1022); Umbau des Westchores und Westbau (Westriegel) durch den Hildesheimer Bischof Godehard (1022-1038); Brand des Altfrid-Doms (1046) und unvollendeter Neubau des Hildesheimer Bischofs Azelin (1044-1054) unter Abriss von Teilen des Langschiffs und Beibehaltung von Ostchor, Querhaus und Westriegel; Wiederaufbau des Mariendoms unter dem Hildesheimer Bischof Hezilo (1054-1079) mit Vierungs- und Chorkrypta in den Grundmaßen des Altfrid-Doms, geweiht 1061 (Marienaltar im Hochchor); daneben die ursprüngliche Scheitelkapelle als freistehende Rundkapelle (1078); Baumaßnahmen am Dom (im Bereich des Kreuzgangs Errichtung der Laurentiuskapelle durch den Hildesheimer Bischof Udo [1079-1114], Umgestaltung der Domapsis unter dem Hildesheimer Bischof Berthold [1119-1130]) und Erweiterungen des Doms (12./13. Jahrhundert); Erweiterungen des Doms durch gotische Kapellenbauten (14. Jahrhundert, 1. Hälfte; Bartholomäuskapelle, Annenkapelle, Erweiterung der Laurentiuskapelle, Erneuerung des Marienbrunnens); wenige frühneuzeitliche Baumaßnahmen, umfangreiche Barockisierung der Innenausstattung des Doms; Abriss und Neubau des Westriegels und der Domtürme (1841/50); Zerstörung des Doms beim Luftangriff auf Hildesheim am 22. März 1945 und Wiederaufbau (ab 1949). [Buhlmann, 01.2017]

KSKG = Kölner Schriften zu Geschichte und Kultur

KTA = Kröner Taschenausgabe

Ku

Kuchenbuch, Ludolf (1991), Grundherrschaft im früheren Mittelalter (= Historisches Seminar. Neue Folge 1), Idstein 1991 > G Grundherrschaft

Kuckenburg, Martin (1993), Siedlungen der Vorgeschichte in Deutschland, 300000 bis 15 v.Chr. (= DuMont Tb 298), Köln 21994 > V Vorgeschichte

Kuczkay, Dorothee, Brummer, Guntram, Adler, Susanne, Braus, Johannes u.a. (1989), Überlingen. Schlüssel zum Bodensee, Heidelberg 1989 > U Überlingen

Kuczynski, Jürgen (1985), Abraham Lincoln. Eine Biographie, Berlin 1985, 183 S., Schwarzweißtafeln, Zeittafel, Karte, M 11,80. I. Geboren am 12. Februar 1809 bei Hodgenville im US-amerikanischen Bundesstatt Kentucky, entstammte Abraham Lincoln einer aus England wahrscheinlich 1637 in die amerikanischen Kolonien eingewanderten Grundbesitzer- und Handwerkerfamilie. Lincoln arbeitete auf der Farm der Familie, war Händler, Postmeister, Farmarbeiter, auch Landvermesser, schließlich auch juristischer Berater und Anwalt (1836). Parallel dazu begann er eine politische Karriere, er bewarb sich - zunächst (1832; Teilnahme am Indianerkrieg) vergeblich, dann (1834) erfolgreich - als Abgeordneter der Whigs im Parlament von Illinois (1834/44). 1846 wurde Linoln zum Abgeordneten im Bundesparlament in Washington gewählt. Dabei spielte für den politischen Lincoln die damals virulent werdende Sklavenfrage zunächst nur eine untergeordnete Rolle (Aufhebung des Missouri-Kompromisses und Nebraska-Bill 1854, Nationalkongresse der Demokraten und Republikaner 1856, Entscheidung des Obersten Gerichts im Dred-Scott-Fall 1857); im Rahmen der "großen Debatte" mit dem demokratischen Politiker Stephen A. Douglas (in Ottawa) unterlag Lincoln im Wahlkampf um einen Senatssitz des Bundesstaats Illinois (1858). Das auch in der Debatte hervortretende Rednertalent Lincolns ebnete diesem aber den Weg zur von den Republikanern unterstützten Präsidentschaftskandidatur (Beschlüsse vom 9. und 18. Mai 1860, Wahlkampf gegen John C. Breckinridge, Stephen A. Douglas), mit der sich Lincoln bei der Präsidentschaftswahl am 6. November 1860 durchsetzte. II. Nur sieben Wochen nach Beginn von Lincolns Präsidentschaft (4. März 1861) brach am 12. April 1861 der amerikanische Bürgerkrieg aus. Denn nach der Präsidentschaftswahl Lincolns hatten sich, insbesondere wegen der Frage der Sklavenbefreiung und trotz des Bemühens um einen (auch verfassungsgemäßen) Ausgleich, die nördlichen und südlichen Staaten der Vereinigten Staaten von Amerika politisch voneinander entfernt. Ende 1860 hatte sich die Könfoderation der Südstaaten mit (Gegen-) Kongress und (Gegen-) Präsident Jefferson Davis in Richmond konstituiert. Zu den Nordstaaten der Union gehörten neben den Neuengland- und nördlichsten Staaten: Pennsylvania, Ohio, Indiana, Illinois, Missouri, Kansas, zur Konföderation der Südstaaten: Virginia, North und South Carolina, Georgia, Florida, Alabama, Mississippi, Arkansas, Louisiana, Texas, Nevada, Utah, Colorado, zwischen Nord und Süd umstritten waren (zunächst): Kentucky, Tennessee, West-Virginia spaltete sich als eigener (Unions-) Staat von Virginia ab. U.a. mit dem erzwungenen Abzug der Unionstruppen aus Fort Sumter (12./13. April 1861) und der Niederlage der Union in der 1. Schlacht von Bull Run/Manasses (21. Juli 1861) begann der Bürgerkrieg mit zunächst improvisierten Armeen zu Land, während die im April 1861 einsetzende Seeblockade der Südstaaten durch die Union (Anakonda-Plan) trotz Blockadebrecher und dem weltweiten Einsatz von konföderierten Kriegsschiffen gegen Handels- und Kriegsschiffe der Union (z.B. Cherbourg 19. Juni 1864) schon bald beim Baumwollexport des Südens Wirkung zeigte. Im Jahr 1862 rückte der Unionsgeneral Ulysses S. Grant gegen den Mississippi vor (Fort Henry, Fort Donelson 6. Februar 1862; Shiloh 6./7. April 1862; Memphis 6. Juni 1862), New Orleans ging am 1. Mai 1862 an den Norden verloren. Unterdessen scheiterte das Vorrücken von Unionstruppen unter George McClellan gegen Richmond (Seven Days 25. Juni - 1. Juli 1862), im Gegenzug rückte der Südstaatengeneral Robert E. Lee mit seiner Armee nach Pennsylvania vor (Antietam 17. September 1862; Lincolns Emanzipationsgesetz für Schwarze vom 22. September 1862) und siegte bei Fredericksburg (11.-15. Dezember 1862), von wo er die Nordstaaten Maryland und Delaware bedrohte. Die geografische Zerteilung der Konföderation entlang des Mississippi gelang schließlich mit der für den Kriegsverlauf zentralen Einnahme von Vicksburg (18. Mai - 4. Juli 1863) und Port Hudson (21. Mai - 9. Juli 1863; "Kirby-Smith-Südstaaten-Reich" der westlichen Konföderation), während Lees Armee bei Gettysburg besiegt wurde (1.-3. Juli 1863). Im Jahr 1864 trat das wirtschaftliche Übergewicht des Nordens über den wenig industrialisierten Süden militärisch vollends zu Tage, als der Nordstaatengeneral William T. Sherman Georgia (Atlanta 20. Juli - 2. September 1864; "Marsch zum Meer"; Savannah 22. Dezember 1864) und die beiden Carolinas (Raleigh 15. April 1865) durchzog und das Kerngebiet der Konföderation in einem Vernichtungsfeldzug weiter zerteilte. Grant gelang es im "Überland-Feldzug" (Mai - Juli 1864), sich mit seiner Armee vor Petersburg und Richmond zu positionieren (Juli 1864 - März 1865). Nach der Wiederwahl Lincolns als Präsident (8. November 1864) kamen diplomatische Bemühungen um einen Verhandlungsfrieden (verstärkt) in Gang, ab Ende März 1865 begann Grant wieder anzugreifen, Lees stark geschwächte Nord-Virginia-Armee wich unter Aufgabe Richmonds zurück (Flucht des Südstaatenpräsidenten Davis). Lee kapitulierte in Appomattox am 9. April 1865, womit der Bürgerkrieg zu Ende war; Lincoln wurde am 14. April 1865 ermordet. [Buhlmann, 09.2022]

Kühn, Dieter (1977), Ich Wolkenstein. Eine Biographie (= it 497), Frankfurt a.M. 71989 > O Oswald von Wolkenstein

Kühn, Dieter (1986), Der Parzival des Wolfram von Eschenbach (= it 1328), Frankfurt a.M. 1991 > W Wolfram von Eschenbach

Kühn, Herbert (1958), Die Entfaltung der Menschheit (= BdWi 221 = Fischer Tb 221), Frankfurt a.M. 1958 > V Vorgeschichte

Kühne, Udo (1999), Engelhus-Studien. Zur Göttinger Schulliteratur in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (= Scrinium Friburgense, Bd.12), Freiburg/Schweiz 1999, 195 S., Schwarzweißtafeln, € 9,90. I. Geboren wurde Dietrich Engelhus um 1362 im niedersächsischen Einbeck, studierte u.a. Theologie in Prag (1381/93), Erfurt (1393/1410) und Leipzig (ab 1410). Danach war Engelhus Lehrer und Rektor an den Lateinschulen in Bamberg, Einbeck, Göttingen und Magdeburg. 1434 trat Engelhus ins Wittenburger Augustinerchorherrenstift ein, wo er am 5. Mai 1434 starb. Neben historischen Werken hat Engelhus Texte für den Schulgebrauch - Ausfluss seiner praktischen Lehrtätigkeit - und geistliche Schriften anfertigte. II. An Werken des Dietrich Engelhus sind überliefert: ein deutsch-lateinisches Vokabular (v.1422), die lateinische Enzyklopädie Promptus, die lateinische Weltchronik Speculum seu imago mundi bzw. nova chronica (1419/29), der Psalmenkommentar Expositio psalterii, die Postilla Engelhusen (als Predigtsammlung?), vielleicht auch die Lilienallegorie Lilium virginitatis. > Lateinische Literatur > E Engelhus, Dietrich [Buhlmann, 05.2017]

Kühnl, Reinhard, Hardach, Gerd (Hg.) (1977), Die Zerstörung der Weimarer Republik (= prv 88), Köln 21979 > D Deutsche Geschichte, 1918/19-1933

Künzl, Ernst (2013), Die Thermen der Römer, Darmstadt 2013, 160 S., Farbabbildungen, Pläne, Karten, € 12,95. Die republik- und kaiserzeitlichen Thermen der Römer waren Teil der antiken Badekultur, hatten im griechischen Badewesen ihren Vorgänger und besaßen auch eine religiöse Grundlage (Heiligkeit von Wasser, Quellheiligtümer: Clitumnusquelle, Münzopfer, Wasserorakel, Heilbäder, Wassergötter und Quellnymphen). Die Badeanstalten der römischen Zeit setzten eine geregelte Wasserversorgung voraus; für Rom und andere Städte im römischen Reich stellten diese Äquadukte (Rom: Aqua Appia [312 v.Chr.], ... Aqua Alexandrina [226 n.Chr.]; Nimes: Pont du Gard [um Christi Geburt]), unterirdische Wasserleitungen (Köln: Eifelwasserleitung) sowie die Wasserverteilung in der Stadt (Zweigleitungen, Wasserverteiler, Brunnen, Nymphäen) sicher. Thermen waren dann der architektonische Rahmen des römischen Badewesens: von einfachen Bädern über die Privatbäder der Reichen und Mächtigen bis hin zu den Kaiserthermen Roms (Agrippa-, Nero-, Titus-, Trajansthermen [Letztere als Prototyp], Caracalle-, Diokletiansthermen) oder Triers (Barbara-, Kaiserthermen). Die Kaiserthermen besaßen im Badebereich: Caldarium, Tepidarium, Frigidarium, Palästren, Natatio, Apodyterium, im Außenbereich: Nymphäen, Exedren, Bibliothek, Vortragssäle, versehen mit einer besonderen Ausstattung (Bilder, Statuen, Brunnen); Fensterglas und Hypokaustenanlagen sicherten die Beheizbarkeit von Wasser und Räumen; öffentliche Toilettenanlagen waren vorhanden. Thermen waren im ganzen römischen Reich vorhanden (Gymnasium-Thermen-Komplexe: Vediusgymnasium in Ephesos, Faustinathermen in Milet; Militärbäder; Thermen römischer Gutshöfe). Der Badebetrieb stellte sich dar als meist eintrittspflichtiges (Eintrittsgeld als balneaticum; tessara als Bleimarke von Bäderstiftungen) Dienstleistungsunternehmen mit Bademeister, Badepersonal und Sklaven sowie geregelten Öffnungszeiten. Die Kunden, Männer und Frauen gleichermaßen nackt oder mit einem Schurz bekleidet (bei Frauen), badeten wohl meist gemischt und absolvierten das Badegeschehen von der Garderobe (Apodyterium) über Schwitzbad (Laconicum, Sudatorium) und Heißbaderaum (Caldarium) bis hin zum Tepidarium (Bad mit lauwarmen Wasser) und Frigidarium (Kaltbad) bzw. zur Natatio (Ruhebecken); es ging dabei um die Reinigung des Körpers, daneben aber auch um Unterhaltung (Gespräche, Vorträge, Bibliothek, Essen und Trinken) oder um die ärztliche Versorgung (Chirurgie, Operationsräume). Genutzt wurden insbesondere im Rahmen des römischen Badewesens die Heilquellen und Thermalbäder, etwa die campi flegrei bei Neapel (Baiae) oder Quellen bei Rom (Aquae Albulae, Aquae Apollinares), die Heilquelle im südwestenglischen Aquae Sulis (Bath), die Seinequellen (als Akratopege) oder die Quellen in den germanischen Provinzen des römischen Reiches (Aachen, Baden-Baden, Badenweiler, Bad Bertrich, Bad Cannstatt, Bad Gögging, Bad Niedernau, Nierstein, Bad Vilbel, Wiesbaden u.a.). Vgl. dazu: Brödner, Erika (1983), Die römischen Thermen und das antike Badewesen. Eine kulturhistorische Betrachtung, Darmstadt 1983, XI, 306, 80 S., Schwarzweißabbildungen, Tafeln, DM 2,-. [Buhlmann, 09.2016]

Küppers-Braun, Ute (1997), Frauen des hohen Adels im kaiserlich-freiweltlichen Damenstift Essen (1605-1803). Eine verfassungs- und sozialgeschichtliche Studie, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Stifte Thorn, Elten, Vreden und St. Ursula in Köln (= QuS 8), Münster 1997, 483 S., DM 75,-. Zeitlich steht die frühe Neuzeit und hier das 17. und 18. Jahrhundert im Mittelpunkt der Darstellung über Stiftsfrauen und Äbtissinnen des ins 9. Jahrhundert zurückreichenden hochadligen, freiweltlichen Stifts Essen. Das Leben der Stiftsfrauen war geprägt vom Verfassungsgefüge des Stifts und der Landesherrschaft Essen, vom Netzwerk der Hochadelsfamilien, aus dem sich die Mitglieder des gräflichen Domkapitels in Essen rekrutierten (Voraussetzungen, Aufnahmeverfahren, Residenzpflicht, Dignitäten), von der Stellung der Fürstinnen-Äbtissinnen innerhalb und außerhalb des Stifts (Wahl, Konfirmation und Belehnung, Handlungsweisen), vom Alltagsleben zwischen Chordienst, Bildung und Welt, von den Funktionen, die das Frauenstift im adlig-gesellschaftlichen Gefüge seiner Zeit hatte. Eine Prosografie der Stiftsfrauen gibt dabei einen umfangreichen Überblick über Leben und Lebensgestaltung der einzelnen hochadligen Mitglieder des Essener Stifts. Alles in allem kann hinsichtlich des Essener Frauenstifts daher festgestelt werden: In der frühen Neuzeit war das Frauenstift eine ständisch-adlig legitimierte Einrichtung, die neben der Funktion als Versorgungsinstitut der weiblichen Sozialisation sowie dem Selbstverständnis und der Selbstbestätigung des Adels diente. [Buhlmann, 04.2010]

Küppers-Braun, Ute (2002), Macht in Frauenhand. 1000 Jahre Herrschaft adeliger Frauen in Essen, Essen 2002, 42008, 224 S., Abbildungen, Karten, € 17,90. Die Anfänge Essens reichen bis in die Mitte des 9. Jahrhunderts zurück. Doch machen es die Ergebnisse neuester archäologischer Untersuchungen sehr wahrscheinlich, dass schon weit vor der Gründungszeit der Frauengemeinschaft (Vorgänger-?) Siedlungen in Essen bestanden haben (6./7. Jahrhundert). Auch weist der Ortsname "Essen" (Astnide u.ä.) - was soviel wie "Gegend nach Osten" bedeuten soll - auf eine frühmittelalterliche Grundherrschaft hin, deren Mittelpunkt vielleicht in Altenessen zu suchen ist. Man wird die Grundherrschaft um Altenessen mit dem umfangreichen Erbbesitz der Gründer Gerswid und Altfrid in Verbindung bringen können. Denn als der Sachse Altfrid und dessen Verwandte Gerswid die Frauengemeinschaft in Essen errichteten, taten sie dies der Essener Überlieferung nach auf ihren eigenen Gütern und vielleicht im Jahr 852. Die sich ausbildende geistliche Gemeinschaft benötigte eine umfangreiche, möglichst in der Umgebung vorhandene materielle Ausstattung, und so kamen neben den Besitztiteln der Altfrid-Familie auch die Schenkungen ostfränkisch-deutscher (und lothringischer) Könige des 9. bis 11. Jahrhunderts hinzu. Es entstand die Grundherrschaft der Essener Frauengemeinschaft mit den Haupthöfen Viehof und Eickenscheid und vielen Hofverbänden (einschließlich der über 1000 abhängigen Bauernhufen), die - zumeist als Streubesitz - sowohl in der Nähe lagen, als auch weiter entfernt (Niederlande, Westfalen, Rur-Erft-Raum, Breisig). Seit dem 10. Jahrhundert stellt sich die Essener Gemeinschaft religiöser Frauen als ein unter Königsschutz stehendes und mit Immunität begabtes kirchliches Institut dar. Die Äbtissin war Immunitätsherrin und ernannte in dieser Eigenschaft den Vogt als öffentlichen Richter für die Kommunität und deren Besitz. Die Verfügung über den Zoll und die unter Äbtissin Theophanu (1039-1058) erfolgte Einrichtung eines Jahrmarktes an Cosmas und Damian (1041) stärkten die Gemeinschaft ebenso wie der Besitz des Kirchenzehnten zwischen Ruhr und Emscher, Leithebach und Oberhausener Gebiet oder die Unterstellung unter die päpstliche Gerichtsbarkeit. Die gestiegene Bedeutung der Frauenkommunität offenbarte sich auch in der Bautätigkeit besonders des 10. und 11. Jahrhunderts (Basilika mit Westwerk und Atrium), aber auch nach der Brandkatastrophe von 1275 des 13. bis 15. Jahrhunderts (gotisches Langhaus mit Chor und Vierungsturm). Schon für das 11. Jahrhundert muss von einer Marktsiedlung im topografischen Vorfeld des Stifts ausgegangen werden. Dienstleute der Äbtissin und Wachszinsige der stiftischen Grundherrschaft spielten im Stadtwerdungsprozess Essens eine wichtige Rolle. Im 13. Jahrhundert begann die Trennung von Stift und Stadt Essen. Parallel zur Ausbildung der Stadt verdichteten sich Rechte und Besitz des Stifts in der Essener Umgebung zur Landesherrschaft der Äbtissin zwischen Ruhr und Emscher. Doch blieb diese im Verhältnis zur Stadt einerseits und zur Stiftsvogtei andererseits nicht unumstritten (Essener Vogteifrage). Die Äbtissin erlangte zwar den Status einer Reichsfürstin, doch war ihre Herrschaft durch mächtige Vögte bedroht. Versuche der Kölner Erzbischöfe, im Rahmen des kölnisch-klevischen Gegensatzes die Essener Vogtei wiederzugewinnen, scheiterten im 1. Äbtissinnenstreit (1290-1309) und mussten spätestens mit der für Köln unglücklich verlaufenden Soester Fehde (1445-1449) endgültig aufgegeben werden. Streitigkeiten innerhalb des Hauses Kleve-Mark (1423-1429) und der damit verbundene 2. Äbtissinnenstreit (1426-1429) belasteten Stift und Stadt Essen ebenfalls. Wiederholte Konflikte zwischen Stift und Stadt wurden im sog. Großen Schied vom 20. Februar 1399 durch einen Kompromiss beigelegt. In der frühen Neuzeit kamen im Verlauf des 16. Jahrhunderts reformatorische Bestrebungen in Stadt und Stift Essen auf, die Stifsfrauen gehörten im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert zum Teil der katholischen, zum Teil der protestantisch-lutherischen Konfession an. Unter Äbtissin Elisabeth von Berg (1605-1614), die gegen den Widerstand des Konvents Leiterin der Frauengemeinschaft wurde, begann im Essener Territorium die Zeit der Gegenreformation. Jesuiten und Kapuziner wurden ins Land geholt. Die Spannungen verschärften sich mit dem Religionsedikt der Äbtissin Maria Clara von Spaur (1614-1644) von 1616, das eine Rückkehr zum katholischen Glauben auch für die Stadt Essen vorsah. Die 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts stand dann aber unter dem Vorzeichen eines gewissen konfessionellen Ausgleichs. Ein 1568 beim Reichskammergericht begonnener und bis 1670 dauernder Prozess zwischen Stadt und Stift Essen endete damit, dass die Äbtissin weiterhin Landesherrin im Territorium war, der Stadt hingegen deren Freiheiten und Rechte wie die freie Ratswahl oder die Freiheit von Steuern der Landesherrschaft bestätigt wurden. Das 18. Jahrhundert sah unter Fürstäbtissin Franziska Christina von Pfalz-Sulzbach (1726-1776), die gleichzeitig (ab 1717) auch Leiterin des Frauenstifts in Thorn war, durchaus absolutistische Tendenzen im Verhältnis zwischen der Äbtissin und den ebenfalls die Landesherrschaft tragenden Ständen. Maria Kunigunde von Sachsen und Polen (1776-1803) war dann die letzte der Essener Fürstäbtissinnen. Im Zuge der Industrialisierung entwickelte sie "weibliches Unternehmertum" (Beteiligung an Eisenhütten, Chausseenbau). Für das Ende der frühen Neuzeit ist noch auf den Landesgrundvergleich von 1794 zu verweisen, der als "Verfassung" und "Grundgesetz" für Stift und Landesherrschaft Essen gelten kann. 1802 wurde die Essener Landesherrschaft durch Truppen des preußischen Königs, immerhin dem Schutzherrn der Frauengemeinschaft, besetzt. Im Jahre 1803 erfolgte die Säkularisation des Frauenstifts. Alles in allem kann hinsichtlich des Essener hochadligen, freiweltlichen Frauenstifts festgestelt werden: Aus einem wie auch immer gearteten Sanktimonialentum des früheren Mittelalters entstand spätestens in der frühen Neuzeit das Frauenstift als ständisch-adlig legitimierte Einrichtung, die neben der Funktion als Versorgungsinstitut der weiblichen Sozialisation sowie dem Selbstverständnis und der Selbstbestätigung des Adels diente. [Buhlmann, 04.2010]

Küster, Hansjörg (2019), Der Wald. Natur und Geschichte, München 2019, 128 S., Schwarzweißabbildungen, € 9,95. I. Wald ist eine Ansammlung von Bäumen mit einem Ökosystem aus Pflanzen und Tieren, das ein besonderes Waldbinnenklima erzeugt und von Menschen in vielfältiger Art und Weise genutzt wird. Die Nutzung stellt die "Kultur des Waldes" neben die "Natur des Waldes" ("natürliche, kulturelle Prozesse" von Wald). Wald existiert, wo ausreichend Wasser vorhanden ist, d.h. in den Tropen und den gemäßigt-borealen Zonen der Nord- und Südhalbkugel der Erde. Bäume (als Landpflanzen [Kormophyten = "Gefäßpflanzen"]: Wurzel, Spross/Stamm, Blätter; Wasser, Mineralstoffe, Kohlendioxid, Sonne -> Pflanzenzellen [Meristeme, Parenchymzellen, Xylemzellen], Fotosynthese -> Zucker, Nährstoffe, Sauerstoff, organische Substanz) machen den Wald vorzugsweise aus. II. Geologie: Im Rahmen der Evolution von Pflanzen und Tieren auf der Erde (Pflanzeneinzeller, Pfalnzen im Meer und an Land, Ausbildung von aufragenden Gewächsen und Bäumen) entstanden erste Wälder im ausgehenden Devon (vor 370 Millionen Jahren) und verbreiteten sich im Karbon. Die damaligen Wälder (Siegel-/Schuppenbäume [Bärlappgewächse], Schachtelhalme, Farne) produzierten den Sauerstoff der Erdatmosphäre und reduzierten deren CO2-Gehalt (Senkung der Durchschnittstemperatur der Erde); dies geschah bei Speicherung von kohlenstoffhaltiger Substanz an der Erdoberfläche durch die Wälder. Vorläufer von Nadelbäumen enstanden an der Wende vom Karbon zum Perm, von Laubbäumen an der Wende vom Jura zur Kreidezeit. Nicht zuletzt durch die Kontinentalverschiebung entstanden in den geologischen Epochen immer neue Typen von Wäldern (Evolution gemäß größter Fotosyntheserate und bester Wasserversorgung bei Bäumen). An heutigen Wäldern sind zu nennen: Die Laubwälder (Buchen-, Eichen-, Buchen-Eichenwälder) Mitteleuropas, die Nadelwälder (Tannen-Buchen-, Fichtenwälder) der mitteleuropäischen Mittelgebirge, nordische (Fichten-) Wälder, weiter Erlen-Eschenwälder, Auenwälder (Hartholz- [Stieleichen, Ulmen, Ahorn], Weichholzauenwälder [Weiden]) an Gewässern, Bruchwälder (mit Moorbirken, Schwarzerlen), Kiefernwälder; mediterrane immergrüne Hartlaubwälder (Eichenwälder); immergrüne Lorbeerwälder in Asien und Amerika; immergrüne tropische Regenwälder entlang des Äquators, Regenzeitenwälder in den Zonen nördlich und südlich des Äquators. Neben den hier aufgeführten (klima-) zonalen Wäldern gibt es - besonderen geografischen Bedingungen geschuldet - extra- und azonale Wälder. III. Ökosystem: Wald ist ein Ökosystem mit Pflanzen und Tieren, ablesbar an den Stockwerken des Waldes (unten: Moosschicht - Krautschicht - Strauchschicht - oben: Baumschicht) sowie an der (auch symbiotischen) Interaktion zwischen Pflanzen, Bakterien, Pilzen und Tieren (Vögel, Wiederkäuer [Rehe, Hirsche], Insekten). Ökosysteme veränderen sich im Laufe der Zeit, bedingt durch Primärsukzessionen (starke Klimaschwankungen [Eiszeiten, Warmzeiten]) und Sekundärsukzessionen (Sturmereignisse, Windwurf, Waldbrand, Erdrutsch, Wachstum und das Absterben von Bäumen -> Enstehen und Wiederbwaldungen von Lichtungen). IV. Nutzung: Wald und Waldnutzung spielten und spielen auch in der menschlichen Geschichte eine wichtige Rolle, wenn auch der jagende Mensch des Eiszeitalters (bei vielfach fehlender Waldbedeckung Europas) kaum etwas mit Wäldern zun tun hatte. Erst durch die nacheiszeitliche Wiederbewaldung Europas (zeitliche Abfolge vom Paläolithikum bis zum Beginn des Mittelalters in Mitteleuropa: Birke, Haselnuss, Eiche/Linde/Ulme/Esche, Buche) geriet Menschen in stärkerer Beziehung zum Wald, ohne dass es im europäischen Mesolithikum zu Rodungen gekommen wäre. Erst das im Zuge der "neolithischen Revolution" aufgekommene Landnutzungssystem von früher Landwirtschaft und Viehzucht kannte in größerem Ausmaß die Rodung von Wald zur Gewinnung von Ackerflächen bei Ausnutzung der Waldressourcen für den Haus- und Siedlungsbau, für Gerätschaften und (Herd-) Feuer; der Wald selbst wurde als Weide für die Haustiere genutzt. Wandernde Besiedlung führte dazu, dass Wälder im Rahmen der Sekundärsukzession auf den aufgegebenen Rodungen sich wieder entwickeln konnten, wobei Buchen sich besonders gut ausbreiten konnten. Mit ortsfesten Siedlungen als Grundlage menschlicher Landnutzung ab der Antike bzw. dem Mittelalter gab es keine neuen Wälder mehr, es breiteten sich im Mittelalter in Mitteleuropa Heideflächen und Hudewälder (als Viehweiden), Nieder- und Mittelwälder aus, die den Bedürfnissen der Landwirtschaft und Viehzucht betreibenden Menschen entsprachen. Ab dem Hochmittelalter steigerte sich der Nutzungsdruck auf die Wälder nochmals, die entstehenden Städte und deren Handwerk benötigten Holz als Bau- und Rohstoff, wobei besonders dem Nadelholz (auch Eichenholz) in Flößerei und Handel eine besondere Bedeutung zukam (Schiffsbau, Bauholz, Fassbau, Brennholzversorgung). Viel Holz und Holzkohle (Köhlerei) kamen bei der Metallgewinnung und Glasherstellung zum Einsatz. Eingeforstete Wälder dienten der (landesherrlichen) Jagd. Der Wald fand sich also im Schnittpunkt unterschiedlicher Interessen wieder und wurde durch Übernutzung zunehmend knapp, so dass schon im Spätmittelalter die Regulierung der Waldnutzung einsetzte (Stadtwald), in der frühen Neuzeit etwa Forstordungen erlassen und Waldinventare aufgestellt wurden; auch (künstliche) Wiederaufforstungen (Fichtenplantagen) wurden betrieben. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts kamen forstliche Ausbildungsstätten auf, man studierte Forstwissenschaften, Förster wurden zu staatlichen Beamten. Bald - vor dem Hintergrund des "Zeitalters der (Wald-) Reformen" im 18. und 19. Jahrhundert und der Bauernbefreiung hauptsächlich des 19. Jahrhunderts - wurde der Wald als Viehweide verboten (Verkoppelung, Acker- und Viehkoppeln; Auflösung der Allmenden), ebenso die Holzentnahme durch Unbefugte (Holz von Hecken). Die auf Dampfmaschine und Steinkohle beruhende Industrialisierung benötigte Holz als Brennstoff zur Energiegewinnung nicht mehr. Die ausgehende frühe Neuzeit und die Moderne betrachtete den Wald auch in ästhetisch-künstlerisch-politischer Hinsicht ("Germania" des Tacitus, Wald und Natur, Romantik, Symbol der "deutschen Eiche", "deutscher Wald", Grimms Märchen, Weihnachtsbräuche). Waldnutzung setzt heutzutage, veranlasst nicht zuletzt durch den menschengemachten Klimawandel (Waldsterben), den Schutz des Waldes z.B. durch Waldumbau (veränderte Waldzusammensetzung) als Teil klimapolitischer Maßnahmen voraus. [Buhlmann, 08.2020]

Küster, Hansjörg (2020), Die Alpen. Geschichte einer Landschaft (= BSR 2909), München 2020, 127 S., Schwarzweißabbildungen, Karte, € 9,95. Die europäischen Alpen gehören geografisch-geologisch dem "Alpidischen Gebirgsgürtel" an, zu dem auch die Pyrenäen, Karpaten, der Kaukasus und der Himalaya in Eurasien zu zählen sind. Entstanden seit der Wende von der Jura zur Kreidezeit (vor ca. 135 Millionen Jahren) aus der Kollision von eurasiatischer und afrikanischer Kontinentalplatte durch Gebirgsfaltung in einem Zeitraum von über 100 Millionen Jahren, bilden die Alpen, d.h. die Vielzahl von Bergketten, die die Alpen ausmachen, heute ein Hochgebirge (Mont Blanc: 4810 m über NN, Matterhorn: 4478 m, Eiger: 3967 m, Großglockner: 3798 m, Großvenediger: 3666 m, Zugspitze: 2962 m), das sich in überwiegend öst-westlicher Richtung hauptsächlich zwischen Mitteleuropa und der Appenin-Halbinsel hinzieht [Länge der Alpen: 1200 km, Breite: 150-200 km]. Dabei unterlag die Aufwölbung der Alpen auch immer der Erosion mit der Folge des Abtrags von Kalkschichten in den hochgelegenen Zentralalpen und der Verkarstung in den Nord- und Südalpen (gerade von Gipskarstgebieten). Besonders die (ca. 30) Eiszeiten des Quartärs formten die Morphologie der Alpen (Gletscher, Trogtäler, Moränen, Zungenbeckenseen) genauso wie der Abfluss von Regen- und Schmelzwässern (Kerbtäler, Klamme, Schwemmfächer, Muren, Griese). Die Vegetation der Alpen in der Nacheiszeit des Holozäns richtet sich insbesondere an den Baumarten aus, die es im Mittelmeerraum bzw. im Europa nördlich der Alpen gibt; Nadel- und Laubbaumarten sind in unterschiedlichen Alpengebieten und in unterschiedlichen Höhenlagen (bis zur Baumgrenze von 2000 m [Nord-] bzw. 2400 m [Südalpen]) unterschiedlich verbreitet; der Vegetation untergeordnet ist die Alpenfauna mit ihren Groß- und Kleintieren. Menschliche Besiedlung ist für die Alpen seit Beginn der Nacheiszeit (8000 v.Chr.) nachgewiesen; Ackerbau setzte dabei in der Jungsteinzeit ein (6000 v.Chr.); u.a. sind hier Pfahlbausiedlungen am Süd- und Nordrand der Alpen zu nennen (5. Jahrtausend v.Chr.). Die aufgefundene Mumie des "Ötzi" ist an das Ende des 4. Jahrtausends v.Chr. zu stellen ("Kupferzeit", Kupferabbau am Hochkönig). Die Alpen als Abbaugebiet für Kupfer spielten seit dem 2. Jahrtausend v.Chr. eine wichtige Rolle; die Gewinnung von Kochsalz kam im 1. Jahrtausend v.Chr. hinzu (keltische Hallstatt-, Laténekultur), ebenso der Abbau und die Verhüttung von Eisenerz. Mit dem Bergbau in den Hochlagen der Alpen entstanden auch die Almsiedlungen und die Almwirtschaft als besondere Art der Viehwirtschaft. Seit dem Mittelalter verändern sich die Alpen zu einer von Menschen geformten Alpenlandschaft mit Siedlungen (Hausbau, Gärten), Verkehrswegen (Pässe, Straßen, Brücken), Land-, Vieh- und Almwirtschaft (hochmittelalterlicher Landesausbau [Schweigen/Schwaigen]). Die dichtere Besiedlung der Alpen führte in der Folgezeit zur Ausbildung von Herrschaft und Staatlichkeit, wie gut an der Entstehung und Entwicklung der Schweizer Eidgenossenschaft erkennbar wird. Die Alpen in der modernen Zeit sind geprägt vom Tourismus (Wintersport) und einer besonderen Sicht auf eine mit den Alpen in Verbindung gebrachte "Folklore" (Musik, Kleidung, Literatur). Heutzutage gilt der Bewahrung der (wenn auch meist menschengemachten) Alpenlandschaft in Zeiten von westlich-kapitalistischer Wirtschaft und Klimawandel. [Buhlmann, 02.2021]

Kuhn, Hans (1968), Die Nordgrenze der keltischen Ortsnamen in Westdeutschland, in: BNF NF 3 (1968), S.311-334 > N Namenkunde

Kuhnert, Hannes (2001), Wo das Märchen vom "Kalten Herz" lebendig wird. Schwarzwälder Heimatgeschichte im besten Sinne. Hauffs Märchen-Museum in Baiersbronn, in: Schwarzwälder Hausschatz 2002, Oberndorf [2001], S.58ff > H Hauff, Wilhelm

Kunisch, Johannes (2011), Friedrich der Große (= BSR 2731), München 2011, 127 S., Zeittafel, € 8,95. Der preußische König Friedrich der Große (*1712, 1740-1786), Sohn des brandenburgisch-preußischen Herrschers Friedrich Wilhelm I. (1713-1740), hatte eine auf Militär, Disziplin und Gehorsam beruhende Erziehung (Flucht Friedrichs, Hinrichtung Kattes und Kronprinzenprozess 1730, Heirat mit Wilhelmine von Bayreuth 1733, Rheinsberger Herrschaft 1733-1740) hinter sich, als er 1740 seinem Vater in der Herrschaft über den Länderkomplex Brandenburg-Preußen (als hohenzollerisches Kurfürstentum vom Niederrhein bis nach Prueßen, Verwaltung, Heer und Finanzen, Bevölkerung und Gesellschaftsschichten) nachfolgte. Die preußischen Truppen unter Führung Friedrichs eroberten im 1. Schlesischen Krieg (1740-1742) das österreichisch-habsburgische Schlesien, das der König im nachfolgenden 2. Schlesischen Krieg (1743-1744) und im Frieden von Aachen (1748) behaupten konnte. Es folgten die Jahre der Herrschaftskonsolidierung (Schloss Sanssouci 1745/48, königliche Sammlungen, Landesausbau, Finanzen und Justiz). Der Siebenjährige ("Welt-") Krieg (1756-1763, auch als 3. Schlesischer Krieg, Frieden von Hubertusburg 1763) hinterließ nach Siegen und Niederlagen bei Behauptung Schlesiens ein vielfach verwüstetes preußisches Territorium (Bevölkerungsverluste, Münzverschlechterung und Inflation, Kriegszerstörungen), das im Zuge des rétablissement wiederaufgebaut wurde (Politisches Testament Friedrichs 1768, Essay Friedrichs über die Regierungsformen 1777). Friedrich (der "Alte Fritz") und Preußen beteiligten sich im diplomatischen Mit- und Gegeneinander der europäischen Großmächte (Kabinettsdiplomatie) an der 1. Polnischen Teilung (1772, Erwerb von Ermland und Teilen von Großpolen). Im Gegenspiel zum Haus Habsburg-Österreich konnte Friedrich den Anfall Bayerns an die österreichische Monarchie verhindern (wittelsbachischer Erbfall 1777, Bayerischer Erbfolgekrieg als "Kartoffelkrieg" 1778/79, Frieden von Teschen 1779). Ein Gegengewicht zu Österreich bildete auch der von Preußen maßgeblich mitinitiierte Fürstenbund von 1785. An Gicht und schwerem Asthma erkrankt, starb Friedrich am 16. August 1786, der Leichnam fand seine Grabstätte in der Potsdamer Garnisonskirche, dann auf der Burg Hohenzollern, schließlich doch noch im Schlosspark von Sanssouci (1991). Friedrich gilt der Nachwelt als aufgeklärt-absolutistischer Herrscher, als Eroberer und Feldherr, als Kunstmäzen und Schriftsteller, der u.a. mit dem französischen Philosophen Voltaire korrespondierte. Vgl. noch: Friedrich der Große, hg. v. Otto Bardong (1982) (= FSGA B 22), Darmstadt 1982, XXI, 580 S., € 20,-; Kurth, Willy (1956), Sanssouci. Seine Schlösser und Gärten, hg. v.d. Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Berlin 91971, 112 S., Schwarzweißabbildungen, M 8,50 (betreffend die Schloss- und Gartenanlage Sanssouci: eingeschossiges Rokokoschloss, erbaut von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff [*1699-†1753] 1745-1747, als Lustschloss und Sommerresidenz [Vorsaal, Marmorsaal, Audienzzimmer, Konzertzimmer, Arbeitszimmer], an der Hinterfront versehen mit den Ehrenhof umfassenden Kolonnaden 1747/48 und erweitert um die Bildergalerie und die Neuen Kammern 1747 [Innenraum der Bildergaleri, Ovidsaal], eingebunden in eine umfangreiche terrassierte [Holländische Parterre] Gartenanlage [Obeliskportal, Brunnen, Marmorkolonnade, Neptungrotte, Musenrondell, Chinesisches Teehaus, Marmor-/Plastiken], erweitert nach Westen hin [Hauptallee] um das Neue Palais mit Communs und Kolonnade 1763-1769 [Gartenseite, Hoffassade, Obere Galerie als Tanzsaal, Marmorgalerie, Grottensaal, Konzertzimmer] sowie Gartenanlagen [Antikentempel, Freundschaftstempel, Drachenhaus, Belvedere], erweitert von Karl Friedrich Schinkel [*1781-†1841] um den Charlottenhof 1826 [Westfront, Ostfront, Pergolatreppe, Vestibül, Römische Bäder, Fasanerie], erweitert um Orangerie 1851-1860 [Mittelbau, Raphaelsaal] und Friedenskirche 1845-1848). [Buhlmann, 11.2011, 11.2023]

Kunst umfasst die verschiedenartigsten (handwerklich-) künstlerisch-kulturellen Tätigkeiten von Menschen und deren Ergebnisse. Sie gliedert sich in: bildende Kunst (Architektur, Skulptur, Malerei), Literatur (Dramatik, Epik, Lyrik u.a.), Musik (Komposition, Interpretation), darstellende Kunst (Theater, Tanz, Film). U.a. die bildende Kunst wird in verschiedene Kunstepochen unterteilt: Vorgeschichte, Antike (altorientalische, griechische, römische Kunst), Mittelalter (altchristliche, byzantinische, karolingische, romanische, gotische Kunst), Neuzeit (Renaissance, Barock, Rokoko), Moderne. Im Bereich der Malerei gliedert sich die Moderne in: Romantik, Realismus und (Nach-) Impressionismus, klassische Moderne, Expressionismus, abstrakte Malerei, Malerei der Phantasie usw.
Allgemeine Einführungen zur Kunst bieten: > A Archaeologica Mundi; Braun, Heinz (1974), Formen der Kunst. Eine Einführung in die Kunstgeschichte, München 1974, 523 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, Glossar, DM 23,80; Broby-Johansen, Rudolf (1965), Kunst- und Stilfibel, [Bayreuth] 1983, 356 S., DM 12,80; > E Enzyklopädie der Weltkunst; Janson, Horst W. (1960), Malerei unserer Welt. Von der Höhlenmalerei bis zur Moderne (= dumont Tb 2), Köln 1973, 313 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, DM 8,80; > K Kunst der Welt; Malerei. Lexikon von A bis Z. Geschichte der Malerei von den Anfängen bis zur Gegenwart, Köln 1986, 768 S., Farbabbildungen, DM N.N.; Müller, Werner, Vogel, Günther (1974/81), dtv-Atlas zur Baukunst. Tafeln und Texte, 2 Bde., Bd.1: Allgemeiner Teil. Baugeschichte von Mesopotamien bis Byzanz (= dtv 3020), München 1974, DM 12,80, Bd.2: Baugeschichte von der Romanik bis zur Gegenwart (= dtv 3021), München 1981 > D dtv-Atlas, dtv-Atlanten; die Kunstreihe Orbis Pictus, u.a. mit: Nr.14: Boller, Willy ([1953]), Japanische Farbholzschnitte von Katsukawa Shunsho, Bern [1953], 9 S., Farbtafeln mit Erläuterungen, DM 2,-, Nr.15: Cetto, Anna Maria ([1953]), Mosaiken von Ravenna, Bern [1953], 9 S., Farbtafeln mit Erläuterungen, DM 4,50, Nr.33: Goepper, Roger ([1967]), Chinesische Malerei. Die ältere Tradition, Bern-Stuttgart [1967], 9 S., Farbtafeln mit Erläuterungen, DM 2,-; Pischel, Gina (1982), Große Weltgeschichte der Skulptur, München 1982, 735 S., Schwarzweiß-, Farbfotos, DM 39,- (umfassend: Vorgeschichte, ägyptische, altorientalische, griechische, römische Kunst, indische, chinesische, japanische Kunst, europäisch-mittelalterlich-romanische, gotische Kunst, Renaissance-Kunst, Kunst des Barock und Rokoko, präkolumbianische Kunst und Kunst der "Naturvölker", moderne Kunst; Skulptur [Plastik] als Ausfluss von Bildhauerei und bildender Kunst in den Epochen menschlicher Geschichte); > P Propyläen Kunstgeschichte; Schaffran, Emerich (1953), Taschenlexikon der Kunst (= HT 13), Stuttgart-Wien 1953, 176 S., Einführung, Zeittafeln, Lexikon, Schwarzweißabbildungen, DM 1,95; Stadler, Wolfgang (1958), Führer durch die europäische Kunst. Von der griechischen Kunst bis zum Anbruch der Moderne, Freiburg-Basel-Wien 1968, 224 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, € 10,-; Thomas, Karin (1973), DuMont's kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts (= DuMont Tb 6), Köln 51985, 260 S., Schwarzweißabbildungen, Farbtafeln, DM 16,80; die Wie erkenne ich ...?-Kunstreihe, u.a. mit den Bänden: Conti, Flavio (1978), Wie erkenne ich Ägyptische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Conti, Flavio (1978), Wie erkenne ich Griechische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Staccioli, Romolo, A. (1978), Wie erkenne ich Etruskische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Tarella, Alda (1978), Wie erkenne ich Römische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Mandel, Gabriele (1978), Wie erkenne ich Islamische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Conti, Flavio (1978), Wie erkenne ich Romanische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Conti, Flavio (1978), Wie erkenne ich Gotische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Conti, Flavio (1978), Wie erkenne ich Renaissancekunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Conti, Flavio (1978), Wie erkenne ich Barockkunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Betz, Gerd (1982), Wie erkenne ich Klassizistische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1982, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Betz, Gerd (1982), Wie erkenne ich Jugendstilkunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1982, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95, Bedin, Franca (1978), Wie erkenne ich Chinesische Kunst? Architektur, Skulptur, Malerei, Stuttgart-Zürich 1979, 64 S., Schwarzweiß- und Farbabbildungen, DM 6,95; Wirth, Ingo (Hg.), Kunst. Kompaktwissen Oberstufe (= Pocket Teacher Abi), Berlin 2014, 239 S., Diagramme, Tabellen, Zeittafel, € 8,99. Zur Symbol- und Zeichensprache menschlicher Kunst s.: Cooper, J.C. ([1986]), Illustriertes Lexikon der traditionellen Symbole, Wiesbaden o.J., 240 S., Schwarzweißabbildungen, DM 19,80. Zu einzelnen Kunstrichtungen gerade der Moderne s.: > J Jugendstil. [Buhlmann, 04.2017, 01.2018, 03.2018, 08.2019, 04.-05.2020, 10.2020, 06.2021, 10.-11.2021, 05.2022, 12.2022, 05.2023]

Kunst, Christiane (2005), Römische Adoption. Zur Strategie einer Familienorganisation (= FAB 10), Hennef 2005, 351 S., € 58,-. I. Arrogatio bedeutete in römisch-frührepublikanischer Zeit im Rahmen der patria potestas die Unterordnung eines Familien-/Herrschaftsverbands eines pater familias unter einen oder im Falle des Zusammenschlusses mit einem anderen (Verwandtschaft und Loyalität). Die arrogatio war faktisch den patrizischen Adelsgeschlechtern im alten Rom vorbehalten (Kontrolle durch die pontifices); Patrizier verschafften sich damit und durch Beschluss in den comitia curiata einen Sohn und Erben. Vererbung konnte auch über die Rechtsform des testamentum calatum stattfinden. Im 3. Jahrhundert v.Chr. bildete sich zudem die adoptio zunächst als privatrechtliche Verfügung heraus. Die Adoption verschaffte dem Adoptierenden den (meist jugendlichen) Adoptierten als Sohn und Erben. Zudem gab es das Mittel der Sklavenadoption. Adoption und arrogatio waren in der ausgehenden späten römischen Republik in der römischen Oberschicht verbreitet. Der Philosoph und Schriftsteller Cicero (†43 v.Chr.) sprach von einem ius adoptionis, das in der Form der arrogatio politisch instrumentalisiert wurde. II. Adoption diente zum einen dem Familienerhalt bei den - auch auf Grund von Selbstbeschränkung - mit männlichem Nachwuchs nicht allzu reichlich versehenen Familien des römisch-republikanischen Adels. Zum Zweiten brachte die Adoption von Mitgliedern aus anderen Oberschichtenfamilien, die über mehr politisch-soziales Prestige verfügten, Teilhabe an ebendiesem Prestige. Adoption war also auch eine Frage von Rang und Stellung, die es zu vergrößern galt; sie schmiedete poltische Bündnisse zwischen Familien oder stärkte die Stellung einer gens, innerhalb der Adoptionen unter Umgehung von Heiratsverboten stattfinden konnten. III. In der römischen Kaiserzeit des Prinzipats verloren Adoptionen ihre prestigebildende Funktion, da Senatoren- und Ritterstand kaum noch über politische und gesellschaftlich-soziale Macht verfügten (Kaisertum). Die Regeladoption republikanischer Tradition trat nun hinter die Testamentsadoption zurück. Bis in die Spätantike hinein unterlagen die Adoptionsregeln einem Rechts- und Wertekonservatismus, der zum Zusammenhalt der sich selbstvergewissernden und legitimierenden Oberschicht im römischen Reich beitrug. Auch der Kaiser (als eine Quelle römischen Rechts) gestaltete u.a. durch Ausnahmen und Einzelprivilegierungen das kaiserzeitliche Adoptionsrecht (ius trium liberorum, Bruderadoption, Frauenadoption, Quasiadoption). Bei den Mittelschichten im römischen Reich gab es vielfach die Adoption ersetzende Strategien (informelle Adoption). In den Mittelpunkt der Adoptionsvorstellungen gerieten auch stärker die ethischen Normen, die der zu Adoptierende bzw. Adoptierte gegenüber dem Adoptierenden einzuhalten hatte; statt gesellschaftlicher Selbstkontrolle regelten seit dem 2. Jahrhundert n.Chr. zunehmend (restriktive) rechtliche Bestimmungen die Adoption (Wertebewahrung). Seit dem 2. und 3. Jahrhundert wandelte sich - auch durch das Adoptionsrecht - die patria potestas, ohne ihre für die römische Gesellschaft wichtige Rolle zu verlieren. Als [mit dem Christentum und] im Übergang zum Mittelalter Vaterschaft zunehmend über den Zeugungsakt definiert wurde, verloren Adoption und soziale Sichtweise auf die Familie an Bedeutung. [Buhlmann, 12.2016]

Kunst der Welt. Die Kulturen des Abendlandes. Ihre geschichtlichen, soziologischen und religiösen Grundlagen, ist: Eine Buchfolge in 8 Serien zu 3 Bänden. U.a. erschienen ist: 2. Serie: Grabar, Andrè (1964), Byzanz. Die byzantinische Kunst des Mittelalters (vom 8. bis zum 15. Jahrhundert), Baden-Baden 1964, 238 S., Schwarzweißtafeln, Farbabbildungen, Pläne, Karte, DM 20,-. [Buhlmann, 06.2021]

Kunst im Bild. Der neue Weg zum Verständnis der Weltkunst ist eine 18-bändige Reihe zur Kunstgeschichte, u.a.: Backes, Magnus, Döllng, Regine (1969), Die Geburt Europas, München o.J. [1987], 263 S., Schwarzweiß-, Farbabbildungen, Karten, DM 17,80. [Buhlmann, 08.2019]

Kunst-Epochen ist eine Geschichte der europäischen Kunst; die Bände sind jeweils untergliedert in eine geschichtliche Darstellung, nach Gattungen (Architektur, Skulptur, Malerei), mit Werkbeispielen, Materialien (Geschichtsquellen) und Künstlerbeispielen. U.a. ist in der Reihe erschienen: Bd.6 (2004): Wundram, Manfred, Renaissance (= RUB 18173), Stuttgart 2004, 313 S., Schwarzweißabbildungen, € 7,60, definiert die Kunst der Renaissance als Kunst, die sich - hauptsächlich im 15. und 16. Jahrhundert (Früh-, Hochrenaissance, Renaissance nördlich der Alpen) - der Antike, der Natur und dem Menschen zuwendet, führt als Werkbeispiele u.a. auf: Ospedale dei Innocenti (Florenz, Brunelleschi), Palazzo Medici (Florenz, Bartolommeo), Palazzo Rucellai (Florenz, Alberti), Palazzo Ducale (Urbino, Laurana), S. Andrea (Mantua, Alberti), S. Maria presso S. Satiro (Mailand, Bramante), Petersdom (Rom, Bramante), Paradiestür (Florenz, Ghiberti), Cantoria (Florenz, Donatello), Reiterdenkmal des Bartolommeo Colleoni (Venedig, Verrocchio), David (Florenz, Michelangelo), Heilige Dreifaltigkeit (Florenz, Masaccio), Heiliger Sebastian (Venedig, da Messina), La Primavera (Florenz, Botticelli), Abendmahl (Florenz, Ghirlandio), Abendmahl (Mailand, da Vinci), Mona Lisa (Florenz, da Vinci), Isenheimer Altar (Colmar, Grünewald), Vier Apostel (Nürnberg, Dürer), Alexanderschlacht (München, Altdorfer), als Beispiele von Künstlern u.a.: Alberti, Altdorfer, Bellini, Botticelli, Bramante, Brunelleschi, Castagno, Donatello, Dürer, Gerhaert van Leyden, Ghiberti, Giorgione, Gozzoli, Grünewald, Leonardo da Vinci, Lippi, Mantegna, Masaccio, Michelangelo, Pacher, Perugino, Pisanello, Raffael, Riemenschneider, Rossellino, Stoß, Uccello, Verrocchio. [Buhlmann, 08.2008, 08.2015]

Kunze, Karl, Wolff, Karl ([1964]), Das historische Grundwissen, Stuttgart o.J. [1964] > U Überblicke zur Geschichte

Kunze, Karl, Wolff, Karl (1970), Grundwissen Geschichte, Stuttgart 21973, Stuttgart 31977 > U Überblicke zur Geschichte

Kunze, Stefan, Mozarts Opern, Stuttgart 1984 > M Mozart

Kurfürsten als Wähler des römisch-deutschen Königs in Mittelalter und früher Neuzeit: Zur Entstehung des Kurkollegs, der Gruppe der Königswähler des römisch-deutschen Königs, gibt es eine Anzahl von Theorien und Vermutungen: Nach der "Erzämtertheorie" waren die weltlichen Kurfürsten von Anfang an mit den Erzämtern im deutschen Reich verbunden, ja das Wahlrecht über das Erzamt definiert und legitimiert. Insbesondere spielt hierbei dcer Sachsenspiegel Eikes von Repgow eine Rolle, der laut "Konstruktionstheorie" das (Vor-) Wahlrecht des sächsischen Herzogs und des brandenburgischen Markgrafen "konstruierend feststellte". Hingegen soll es einer "Versachlichung" des Wahlrechts gedient haben, dass die Erzämter erst spät (nach 1257) den Wählern zugeordnet wurden. Die mittelalterliche "Kurfürstenfabel" geht gemäß der "Einsetzungstheorie" von einer Einsetzung der Kurfürsten (durch Karl den Großen, Otto III., das Papsttum?) aus, die "Reichsgesetztheorie" führt das Gremium der Kurfürsten auf einen 1256 erfolgten Verzicht der anderen Fürsten an der Königswahl zurück. Die "Entwicklungstheorie" sieht das Wahlrecht der Kurfürsten "zufällig" und aus vielerlei Gründen entstanden. Die "erbrechtliche Theorie" führt die (weltlichen) Kurfürsten auf die "ottonisch-salischen Tochterstämme" zurück.
Den Theorien entsprechend vielfältig ist die Literatur zur Kurfürstenproblematik, u.a.: Giese, Wolfgang (1984), Der Reichstag vom 8. September 1256 und die Entstehung des Alleinstimmrechts der Kurfürsten, in: DA 40 (1984), S.562-590; Wolf, Armin (1998), Die Entstehung des Kurfürstenkollegs 1198-1298. Zur 700-jährigen Wiederkehr der ersten Vereinigung der sieben Kurfürsten (= Historisches Seminar NF 11), Idstein 1998, 224 S., Schwarzweißabbildungen, DM 29,80. [Buhlmann, 07.2017]

Kurrus, Theodor (1976), St. Trudpert/Münstertal (= Schnell & Steiner Nr.1081), Regensburg 152006 > S St. Trudpert

Kurt, Fred (1985), Das Management von Mutter Natur. Eine Einführung in die Ökologie (= dtv 10502), München 1985 > U Umweltgeschichte der Moderne

Kurth, Willy (1971), Sanssouci. Seine Schlösser und Gärten, hg. v.d. Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Berlin 1971 > K Kunisch, Friedrich der Große

Kurze, Wilhelm (1965), Adalbert und Gottfried von Calw, in: ZWLG 24 (1965), S.241-308 > C Calw, Grafen von

Kurzke, Hermann (1999), Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk. Eine Biographie, Nachdruck München 2006, 672 S., Schwarzweißabbildungen, € 22,90. I. Thomas Mann wurde am 6. Juni 1875 als Sohn des Lübecker Kaufmanns und Senators Thomas Johann Heinrich Mann in Lübeck geboren. Er lebte dort zusammen mit seinen vier Geschwistern und den Eltern; der Vater starb, als Thomas sechszehn war. Thomas war Schüler im Katharineum, einem Lübecker Gymnasium. Schon früh verfasste er Aufsätze für Zeitschriften, interessierte sich darüber hinaus für Kunst, Literatur und Philosophie. Nach Beendigung der Schule (1894) wurde er Volontär bei einer Versicherungsgesellschaft, eine Stelle, die er alsbald (1895) aufgab, als seine erste Novelle Gefallen (1894) erschien. Der volljährige Thomas Mann (1896) wandte sich nun vollends der Schriftstellerei zu. Er veröffentlichte Beiträge für konservative Zeitschriften, u.a. für die Zeitschrift Das zwanzisgste Jahrhundert, deren Herausgeberschaft kurzzeitig sein älterer Bruder Heinrich Mann innehatte. Die erste Novellensammlung Der kleine Herr Friedemann sollte folgen (1897). 1901 erschien sein erfolgreicher Gesellschaftsroman Buddenbrooks, aufgeteilt in zwei Bände; für die Buddenbrooks erhielt er den Nobelpreis für Literatur (1929). Thomas Mann heiratete seine damalige Freundin Katia Pringsheim, mit der er sechs Kinder hatte (1905). Als weitere Erzählungen sind für die wohl wichtigsten Jahrzehnte von Manns schriftstellerischem Schaffen zu nennen: Tonio Kröger (1903), Tristan (1903), Das Eisenbahnunglück (1909), Der Tod in Venedig (1911), Tristan und Isolde (1923), Der Zauberberg (1924), Mario und der Zauberer (1930). Auch war Mann in der Weimarer Republik als (politischer) Essayist erfolgreich ("Deutsche Ansprache" 1930). Die nationalsozialistische "Machtergreifung" (1933) traf Thomas Mann auf einer Europareise; er beschloss, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren (Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft 1933, Reisen in die USA 1934/35, Verleihung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft 1936). Die endgültige Übersiedlung in die USA erfolgte 1938; Thomas Mann arbeitete u.a. als Gastprofessor an der Universität Princeton und führte Leserreisen durch. Nach einer weiteren Europareise (1939) konnte Mann seinen Goethe-Roman Lotte in Weimar veröffentlichen. Zwischen 1940 und 1945 - während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) - hielt der Schriftsteller gegen die nationalsozialistische Regierung in Deutschland Radioreden unter dem Titel "Deutsche Hörer!", die über die BBC nach Deutschland hin ausgestrahlt wurden. Ab 1941 wohnten Mann und seine Familie an der kalifornischen Pazifikküste. 1944 wurde Thomas Mann US-amerikanischer Staatsbürger, 1946 konnte sein Lungenkrebsleiden operativ kuriert werden. Währenddessen entstand Manns Roman Doktor Faustus (1947). Das Ende des Zweiten Weltkriegs (1945) ermöglichte Mann die Rückkehr nach Europa. Nach einem ersten Besuch im Nachkriegsdeutschland (1949) siedelte der Schriftsteller - auch als Opfer des "Komitees für unamerikanische Umtriebe" (1951) - nach Zürich, wo er ein Haus in Kilchberg erwarb (1952/54). Thomas Mann starb dort am 12. August 1955, sein Roman Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull blieb Fragment. Zahlreich waren die Literaturpreise und Ehrungen, die Thomas Mann im Laufe seines Lebens erhielt, u.a.: Ehrendoktorwürde der Universität Bonn (1919, 1936 aberkannt, 1946 erneuert), Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft (1932), Ehrendoktorwürden der Harvard, Columbia, Yale, Princeton University (1935/39), Ehrendoktorwürde der University of Oxford und der Universität Lund (1949), Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main (1949), Ehrenbürger der Stadt Weimar (1949), Goethe-Nationalpreis (1949), Premio Feltrinelli (1952), Ehrenmitglied der Deutschen Akademie der Künste (1955), Ehrenbürger der Stadt Lübeck (1955), Pour le Mérite/Friedensklasse (1955), Ehrendoktorwürde der ETH Zürich (1955). Wirkung und Renommee Thomas Manns als Person und Schriftsteller blieben zu seinen Lebzeiten und nach seinem Tod umstritten. II. Nicht zuletzt die Werke von Thoams Mann geben Auskunft über die "intime" Person des Autors: die (unterdrückten) homoerotischen idealisierten Beziehungen der frühen Jahre (Armin Martens, Williram Timpe, Paul Ehrenberg), die Werbung um und die Verlobung und Heirat mit der vermögenden Katia Pringsheim (1904/05; Kinder: Erika, Klaus, Golo, Monika, Elisabeth, Michael), das mitunter schwierige Verhältnis von Thomas Mann zu seinem älterem Bruder Heinrich, das Eisenbahnunglück (1906), die Treue Manns zum deutschen Kaiserreich (Zensurbeirat, Kriegsschriften [zum 1. Weltkrieg 1914/18]), sein Verhältnis zu jüdischer Kultur und Juden (Maximilian Harden, Alfred Kerr, Theodor Lessing), sein zwiespältiges Verhältnis als "Unpolitischer" zur Weimarer Republik, das Leben in der Familie Thomas und Katia Mann, Homoerotik in Thomas Manns Lebensmitte (Oswald Kirsten, Carl Maria Weber, Klaus Heuser; Eheessay), "Undeutschheit", Ausbürgerung und Emigration (1933/38), USA und 2. Weltkrieg (1939/45), Nachkriegszeit und Manns Verhältnis zu Deutschland, Sterben und Tod (1955). Nach außen hin lebte Thomas Mann ein "Leben als Kunstwerk". > M Mann, Thomas [Buhlmann, 02.2024]

Kuschert, Rolf, Nordfriesland in der frühen Neuzeit (= Geschichte Nordfrieslands, Tl.3), Bredstedt 2007 > N Nordfriesische Geschichte

KVR = Kleine Vandenhoeck-Reihe

Intro A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z